wissenschaft & praxis Entwicklung einer Kidd, Duffy und MNSs PCR Auszug aus der Diplomarbeit „Entwicklung und Validierung einer Kidd, Duffy und MNSs PCR“. # Einleitung Blutgruppen sind antigene Strukturen, die sowohl auf Erythrozyten als auch auf andewissenschaft & praxis ren Zelloberflächen exprimiert werden. Kodiert werden sie durch genau definierte Genabschnitte. Die Allele der verschiedenen Blutgruppen unterscheiden sich durch eine oder mehrere Punktmutationen. Diese Polymorphismen bewirken eine Veränderung des Proteins durch einen Austausch von Aminosäuren. Besonders vor Transfusionen und Transplantationen ist das Aufdecken der Blutgruppenmerkmale von SpenderIn und EmpfängerIn von großer Bedeutung. Durch das Aufschlüsseln der Antigene, denen ein Genotyp zugrunde liegt, kann die Bildung von Antikörpern und in Folge lebensbedrohliche Transfusionsreaktionen verhindert werden. Die Antigene des Kidd-, Duffy- und MNSs-Systems werden routinemäßig serologisch oder mittels Sequenzspezifischer-Primer-PCR (SSP-PCR) bestimmt. Da die SSP-PCR für die Genotypbestimmung ein zeitaufwändiges Verfahren ist, eignet sich die Real-Time-PCR zur Detektion der Blutgruppenpolymorphismen sehr gut. Im Vergleich zu anderen Methoden ist die Real-Time-PCR ein rasches, kostengünstiges, spezifisches Verfahren und für die Routinearbeit sehr gut geeignet. Molekularbiologische Grundlagen Glykoprotein in anderen Organen nachgewiesen werden. Jedoch im Unterschied zu FY*A- und/oder FY*BPositiven tritt das Duffy-Antigen quantitativ vermindert auf. MNSs Das MN-System wird durch das Gen GYPA kodiert. Man unterscheidet die beiden Allele M und N. Lokalisiert ist dieser Komplex am langen Arm des Chromosoms 4 (4q28.2-q31.1). Die beiden häufigsten Allele M und N unterscheiden sich durch drei Nukleotidsubstitutionen (C59T, G71A, C72T). Auf Proteinebene wirken sich diese Nukleotidsubstitutionen in einer Änderung der Aminosäuresequenz aus. Das Allel M bildet die Aminosäuren Serin und Glycin, im Gegensatz dazu werden vom Allel N die Aminosäuren Leucin und Glutamin gebildet. Das Ss-Antigen wird durch das Gen GYPB kodiert. Es sind die beiden häufigsten Allele S und s bekannt. Dieses Gen ist auf dem langen Arm des Chromosoms 4 (4q28-q31) lokalisiert. Sie unterscheiden sich durch eine Basensubstitution (C143T). Dieser Basenaustausch wirkt sich im Protein durch eine Änderung der Aminosäuren aus. Es kommt zum Austausch von Methionin (Met) zu Threonin (Thr). Methodik Extraktion Als Proben dienten Nukleinsäure-Eluate, welche mit MagNA Pure Compact Kit extrahiert wurden. Das Ausgangsmaterial für die Entwicklung der vorliegenden Methode war EDTA-Vollblut. Kidd-System Im Kidd Blutgruppensystem sind acht Allele (lt. BGMUT) beschrieben. Die häufigsten Allele sind JK*A und JK*B. Dieses Gen (SLC14A1) befindet sich am langen Arm des Chromosoms 18 (18q12-q21). Die Allele JK*A und JK*B unterscheiden sich durch eine G › A Substitution im Nukleotid 838. Durch diese Substitution kommt es im Protein zu einem Austausch der Aminosäure Aparaginsäure (Asp) zu Alanin (Asn). Lokalisiert ist diese Aminosäuresubstitution extrazellulär in der vierten Schleife des Ureasetransporters. Duffy-System Im Duffy-System unterscheidet man neun verschiedene Allele (lt. BGMUT), wobei in der kaukasischen Bevölkerung FY*A sowie FY*B und in der westafrikanischen Bevölkerung FY*null am häufigsten vorkommen. Das Duffy-Gen (DARC) befindet sich am Chromosom 1 (1q21-q22). Dem Polymorphismus der Duffy-Allele liegt eine Missense Punktmutation im Nukleotid 159 zugrunde. FY*A und FY*B unterscheiden sich durch eine G › A Substitution. Im Protein wirkt sich diese Substitution in einem Austausch von Glycin (Gly) zu Asparaginsäure (Asp) aus. Dieser Aminosäurenaustausch betrifft die 42te Aminosäure des Glykoproteins. Ein weiteres Allel im Duffy-System ist das FY*null-Allel. Es unterscheidet sich von FY*B durch eine Punktmutation (T33C) im proximalen GATA Motif des Promotors. Weil durch diese Basensubstitution das Duffy-Protein nicht an Erythrozyten exprimiert werden kann, spricht man vom Phänotyp Fy(a-b-). Trotz Vorhandenseins eines FY*null-Allels kann das Duffy- Amplifikation Als molekularbiologische Methodik wird für die Genotypbestimmung von Kidd, Duffy und MNSs die Real-TimePCR am LightCycler angewendet. Durch Anwendung einer Real-Time-PCR ist es möglich die gesuchte DNA-Sequenz zu amplifizieren und gleichzeitig die Entstehung des PCRProduktes zu detektieren. Das wird durch Anwendung eines Fluoreszenzsignals (Hybridisierungssonden) ermöglicht, das während der PCR emittiert wird und proportional zur Menge des PCR-Produkts steht. Der Verlauf der PCR kann über eine Fluoreszenzkurve direkt verfolgt werden. Zusammensetzung Mastermix: n Primer: Definierte DNA-Sequenzen, die sich an TemplateEinzelstrang anheften. n Hybridisierungssonden: markierte Oligonukleotide z.B. Fluorescein, LCRed-640, die für die Detektion der Amplifikation sowie Mutationsanalyse mittels Schmelzkurve nötig sind n Fast Start DNA Master Hybridization Probes Kit (DNAPolymerase und Nukleotide) n Magnesium (Mg2+): Die Polymerase benötigt für die optimale Amplifikation einen definierten PH-Wert n H2O Ein Amplifikationszyklus der DNA-Sequenzen erfolgt in den Schritten Denaturierung, Annealing und Elongation. Die Amplifikation erfolgt pro Zyklus exponentiell. Der Genotyp kann anschließend mittels einer Schmelzkurvenanalyse definiert werden. 13 14 wissenschaft & praxis Detektion Eine Schmelzkurve ermöglicht die Detektion von Basensubstitutionen, Deletionen oder Insertionen. Im Anschluss an die Amplifikation im LightCycler®System wird die Temperatur in einem definierten Intervall erhöht. Das Fluoreszenzsignal der Sonden wird während der Temperaturerhöhung ständig gemessen, um die genaue Schmelztemperatur bestimmen zu können. Als Schmelztemperatur definiert man jene Temperatur, bei der die Hälfte der amplifizierten DNA einzelsträngig, die andere Hälfte doppelsträngig vorliegt. Eine homozygote Probe ergibt nun einen definierten Schmelzpunkt, heterozygote Proben zwei definierte Schmelzpunkte. Eine Mutation in der Basensequenz führt zu einer Änderung der Schmelztemperatur. Abhängig ist diese Temperaturänderung von der Art des Basenaustausches und der daraus resultierenden Bindungsstärke der Sonden. Die Darstellung der Schmelztemperatur erfolgt mit Hilfe der LightCycler®Software. Anhand der 2. Ableitung des entstandenen Funktionsgraphen wird die Schmelztemperatur als Peakspitze sichtbar und gut ablesbar. primer und für beide Sonden richten sich auch nach deren Lage sowie auch nach der Lage der Sonden zueinander. Optimierung des Laufprotokolls In den einzelnen Phasen der PCR können durch eine Änderung der Dauer und Temperatur die Ergebnisse der Amplifikation sowie der Schmelzkurve verbessert werden. Denaturierung Da ein Fast Start DNA Master Enzym verwendet wurde, wird eine initiale Denaturierung von zehn Minuten bei 95°C benötigt. Während der Denaturierungsphase werden durch eine Temperaturerhöhung auf 95°C die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den DNA-Strängen des Doppelstranges gelöst. Am Ende dieser Phase müssen zwei DNA-Einzelstränge vorhanden sein. Die Dauer und Temperatur dieses PCR-Abschnittes ist abhängig von der Komplexität der DNA, dem Probenvolumen und der verwendeten Polymerase. Annealing Entwicklung einer PCR Bei der Entwicklung einer PCR sollen folgende Komponenten optimiert werden: Mastermix Spezifische Primer Primerkonzentration Sondenkonzentration Mg2+-Konzentration Laufprotokoll Amplifikation Annealingtemperatur Zyklenzahl Schmelzkurve Optimierung des Mastermixes Der erste Schritt ist die Auswahl der Primer und Hybridisierungssonden. Das Designen ermöglicht dadurch die Differenzierung der Allele JK*A und JK*B, FY*A, FY*B und FY*null, M und N, S und s. Um Primer und Sonden für bestimmte Sequenzen zu entwickeln, müssen die Allele dieser Regionen bekannt sein. Als Referenzsequenzen dienten in der Genbank (NCBI) publizierte DNA-Sequenzen. Die Primer wurden teilweise selbst designed oder aus Publikationen entnommen. Für jede PCR zur Mutationsdetektion mittels Hybridisierungssonden werden zwei Sonden verwendet. Der Signalentstehung liegt das FRET-Prinzip (Fluoreszenz-ResonanzEnergie-Transfer) zu Grunde. Es wird je eine Sensor-Sonde, die den Polymorphismus umfasst, und eine Anchor-Sonde, die in räumlicher Nähe zur Sensor-Sonde gelegt wird, verwendet. Neben der Auswahl der optimalen Primer und Sonden ist auch die Optimierung der Konzentrationen dieser sowie des Mg2+ von großer Bedeutung. Ziel der Optimierung ist es, durch optimale Konzentrationseinstellung der MastermixKomponenten einen niedrigen Crossing-Point, höchste Fluoreszenzintensität sowie einen steilen Kurvenanstieg zu erreichen. Mit Hilfe einer Titration von Sonden, Primern und Mg2+ können die verschiedenen Amplifikations- wie auch Schmelzkurvenergebnisse miteinander verglichen werden. Die Anfangskonzentrationen wurden mit 0,25mM für Sonden/Primer und 4mM für Mg2+ festgelegt. Je nach Ergebnis des ersten Versuchs wurden die Mastermix Komponenten gegeneinander titriert. Die Konzentrationen für Vor- und Rückwärts- In der Annealingphase müssen optimale Bedingungen für die Anlagerung von Primern und Sonden geschaffen werden. Der beste Temperaturbereich für diese Phase bewegt sich zwischen 50°C und 65°C. Die Annealingtemperatur befindet sich immer unterhalb der Schmelztemperatur der Sonden und richtet sich nach dem GC-Gehalt der Primer. Nur so ist eine Bindung der Sonden und somit eine Signalentstehung zur Messung der Fluoreszenzintensität möglich. Die Fluoreszenz wird am Ende der Annealingphase photometrisch gemessen. Elongation Die Temperatur richtet sich nach der verwendeten Polymerase. Die optimale Temperatur des Fast Start DNA Masters Hybridization Probes Kit liegt bei 72°C. Die Dauer dieser Phase ist abhängig von der Länge der DNA-Sequenz. Die Polymerase kann in einer Sekunde 25bp synthetisieren. Die Zyklenzahl ist abhängig von der Applikation der DNA (z.B. genomischer Assay oder Virusnachweis) und wurde auf 45 Zyklen festgelegt. Das Ziel der Optimierung der Amplifikation ist es, am Ende dieser Phase ein robustes Amplifikat zu erhalten. Die Größe und Spezifität des Amplifikats wird mit Hilfe einer Gelelektrophorese überprüft. Es wird ein geeigneter Standard mitgeführt, um die Größe des Amplifikats bestimmen zu können. Anschließend kann die Anpassung der Schmelzkurve erfolgen. Schmelzkurve Die erste Phase der Schmelzkurve ist eine Denaturierung, in der die vorliegende doppelsträngige DNA in zwei Einzelstränge getrennt wird. In der Annealingphase lagern sich die Oligonukleotide an die komplementäre Basensequenz an. Da jedes Sondensystem (je eines für Kidd, Duffy, MN und Ss) ein anderes optimales Abschmelzverhalten aufweist, werden drei verschiedene Annealingtemperaturen hintereinander verwendet. Nach der Annealingphase erfolgt eine kontinuierliche Messung der Fluoreszenz bei gleichzeitiger Erhöhung der Temperatur. Der Temperaturbereich, in dem das Signal gemessen wird, ist abhängig vom Schmelzverhalten der Sonden. Bei einem „perfect match“ der Sonden (Basensequenz ist genau komplementär zur Sondensequenz) liegt die Schmelztemperatur höher als bei einem „mismatch“ der Sonden (Basensequenz nicht vollständig komplementär). Ist die Probe nun Fluorescence –d(F2/F1)/dT wissenschaft & praxis 0,0105 0,01 0,0095 0,009 0,0085 0,008 0,0075 0,007 0,0065 0,006 0,0055 0,005 0,0045 0,004 0,0035 0,003 0,0025 0,002 0,0015 0,001 0,0005 0 -0,0005 -0,001 -0,0015 15 Probe 1 Probe 3 Probe 2 56 58 60 62 64 66 68 70 72 74 Temperature (°C) Abb. 1: Schmelzkurve Duffy-System homozygot, erhält man in der Auswertung einen Peak; ist sie heterozygot werden eindeutig zwei Peaks dargestellt. Aufgrund des unterschiedlichen Schmelzverhaltens wird für das Kidd- und Duffy-System ein anderes Schmelzkurvenprotokoll verwendet als für das MNSs-System. Das Laufprotokoll wurde so konzipiert, dass für alle Systeme dasselbe Amplifikationsprogramm verwendet werden kann. Da unterschiedliche Schmelzkurvenprogramme angewendet werden müssen, werden zwei Schmelzkurven hintereinander geschaltet, so können in einem Lauf alle fünf verschiedenen Blutgruppengenotypen bestimmt werden. JK*A Amplifikate werden durch einen Peak bei 69,52°C charakterisiert, JK*B Amplifikate stellen sich mittels eines Peaks bei 65,99 +/-1,5°C dar. FY*A weist einen Peak bei 64,88 +/-1,5°C auf, FY*B bei 69,59 +/-1,5°C. Das FY*0 Allel wird anhand eines Peaks bei 64,96 +/-1,5°C charakterisiert. Die M und N Genotypen weisen Schmelzpunkte bei 69,83 und 54,77 +/-1,5°C auf. Diese Schmelztemperaturen weisen den größten Unterschied auf, bedingt durch das Vorliegen von drei Punktmutationen. Die beiden Genotypen S und s sind durch Schmelzpunkte bei 47,63 und 56,99 +/-1,5°C charakterisiert. Validierung Ergebnis Für die Abklärung von serologisch nicht eindeutig definierbaren Genotypen der Blutgruppensysteme Kidd, Duffy sowie MNSs wurden fünf Real-time PCRs zur Amplifikation und Detektion der häufigsten Genotypen bei gleichen Amplifikationsbedingungen entwickelt und validiert. Das Ziel war, anhand unterschiedlicher Schmelzpunkte die Allele JK*A und JK*B, M und N, S und s als auch FY*A, FY*B und FY*null zu detektieren. Die Amplifikation bzw. Detektion erfolgte am LightCycler®1.0 in Kapillaren mit 20µl Fassungsvermögen. Das Vorliegen von Punktmutationen im Bereich der Sondenregionen ermöglichte nach durchgeführter Schmelzkurvenanalyse eine Unterscheidung der Genotypen JK*A und JK*B, M und N sowie S und s. Die Duffy Genotypisierung umfasst die Allele FY*A und FY*B in einem Reaktionsansatz und das in der schwarzafrikanischen Bevölkerung häufige FY*null Allel in einem zusätzlichen Reaktionsansatz. Als Beispiel für eine entwickelte Schmelzkurvenanalyse dient die Genotypbestimmung vom Duffy-System. In der Abbildung 1 sind deutlich drei verschiedene Genotypen sichtbar. Die erste Probe ist homozygot FY*A, die zweite Probe besitzt den Genotyp FY*A und FY*B und die letzte Probe ist homozygot FY*B. Durch die Validierung der fünf entwickelten Real-TimePCRs hinsichtlich Spezifität, Sensitivität und Robustheit und Erstellung von QM-Dokumenten konnten die PCRs in die Routinetestung zur Abklärung des Genotyps der Blutzentrale Linz eingeführt werden. Die vorliegenden Methoden zur Detektion der häufigsten Genotypen von Kidd, Duffy und MNS lieferten in allen Kriterien der Validierung ausgezeichnete Ergebnisse und bestechen durch ihre hohe Robustheit, Präzision und Reproduzierbarkeit. Die genaue Methodik wird mittels wissenschaftlicher Publikation veröffentlicht. n Agnes Johanna Zopf Biomedizinische Analytikerin Die Diplomarbeit zum Thema „Entwicklung und Validierung einer Kidd, Duffy und MNSs PCR“ wurde im Herbst 2006 an der Akademie für den medizinisch-technischen Laboratoriumsdienst am AKH Linz abgeschlossen und in der Blutzentrale Linz des OÖ Roten Kreuzes durchgeführt. Diplomarbeitsbetreuung: Dr.a Mag.a Helene Polin