Häufigkeit von transienten Objekten bei Patienten mit

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UNIVERSITÄTSKLINIKUM ULM
KLINIK FÜR PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE III
Ärztlicher Direktor Professor Dr. med. Dr. phil. M. Spitzer
Häufigkeit von transienten Objekten
bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung
und deren diagnostische Aussagekraft
Dissertation
zur
Erlangung des Doktorgrades der Medizin
der
Medizinischen Fakultät
der
Universität Ulm
vorgelegt von
Inga Keterling
aus Semipalatinsk
2010
Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth
1. Berichterstatter: PD Dr. Carlos Schönfeldt-Leucuona
2. Berichterstatter: PD Dr. Johannes Brettschneider
Tag der Promotion: 09.06.2011
III
Inhaltsverzeichnis
1
Abkürzungsverzeichnis
V
2
Einleitung
1
2.1
Borderline Persönlichkeitsstörung
1
2.2
Transientes Objekt
6
2.2.1 Transiente Objekte in der Kindheit
6
2.2.2 Transiente Objekte bei Erwachsenen
7
2.3
Dimensionale Diagnostikkriterien in der Persönlichkeitsforschung
9
2.4
Nicht-suizidale Selbstverletzung
10
2.5
Resümee der Studienziele
11
3
Patienten und Methoden
12
3.1
Patienten
12
3.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien
12
3.1.2 Rekrutierung des Patientenkollektivs und Datenerhebung
12
3.2
14
Erhebungsinstrumente
3.2.1 Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV Achse II
14
3.2.2 Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire
15
3.2.3 Self-Harm Behavior Questionnaire
17
3.2.4 Transitional Object Questionnaire
17
3.2.5 Erhebung der Achse I und II Diagnosen
18
3.3
19
Statistische Auswertung
3.3.1 Deskriptive Analyse
19
3.3.2 Induktive Statistik
20
4
Ergebnisse
22
4.1
Vergleich der Studienteilnehmerinnen mit der Nicht-Teilnehmer-Gruppe
22
4.1.1 Vergleich von Alter und Schulbildung
22
4.1.2 Vergleich der Diagnose und Aufenthaltsdauer
23
4.2
Beschreibung der Stichprobe
25
4.3
Transiente Objekte
28
IV
4.4
Studienteilnehmerinnen und emotional bedeutsame Objekte
29
4.4.1 Achse-II-Störungen und emotional bedeutende Objekte
30
4.4.2 Emotional wichtige Gegenstände in der Kindheit
34
4.5
36
Studienteilnehmerinnen und Selbstverletzungen
4.5.1 Achse-II-Störungen und Selbstverletzung
36
4.6
Vergleich der Merkmale: transientes Objekt und Selbstverletzung
38
4.7
Auswertung des DAPP-Modells
39
4.7.1 DAPP-Charaktereigenschaften bei den Probandinnen
39
4.7.2 Assoziation bestimmter DAPP-Merkmale mit transienten Objekten
39
4.7.3 DAPP-Charaktermerkmale und nicht-suizidale Selbstverletzungen
42
5
Diskussion
45
5.1
Formulierung der Themafragen
45
5.2
Interpretierbarkeit der Studienergebnisse
45
5.3
Aussage der Studienergebnisse in Bezug auf die BPS
46
5.3.1 Assoziation der BPS mit TO im Erwachsenenalter
46
5.3.2 Transiente Objekte im Kindesalter
48
5.3.3 Erklärungsansatz der Hypothese: Warum sind BPS und TO assoziiert?
Weiterführende Gedanken
49
5.3.4 Selbstverletzung und BPS
52
5.3.5 Vergleich: Transientes Objekt versus wiederholte Selbstverletzung
53
5.4
54
Interpretation der Ergebnisse des DAPP-Fragebogens
5.4.1 DAPP-Merkmale und TO
54
5.4.2 DAPP-Charaktereigenschaften und wiederholte Selbstverletzung
55
5.5
Schlussfolgerung
56
6
Zusammenfassung
57
7
Literatur
59
8
Anhang
63
9
Danksagung
76
V
1 Abkürzungsverzeichnis:
AWMF
Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften
ADHS
Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom
APA
American Psychiatric Association
BPS
Borderline Persönlichkeitsstörung
DAPP-BQ
Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic
Questionnaire
DSM-III-R
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Third
Edition, Revision
DSM-IV(-TR)
Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fourth
Edition (Text Revision)
FFM
Five-Factor-Model, Big-Five-Modell
ICD-10
International Classification of Diseases, Tenth Edition
IPDE
International Personality Disorder Examination
PS
Persönlichkeitsstörung
SCID-II
Structured Clinical Interview for DSM-VI Personality Disorder
(angloamerikanische Version)
SHBQ
Self-Harm Behavior Questionnaire
SKID-II
Strukturiertes klinisches Interview zur Diagnostik von
Persönlichkeitsstörungen nach DSM IV Achse II (deutsche Version)
TCI
The Temperament and Character Inventory
TO
Transientes Objekt
TOQ
Transitional Object Questionnaire
1
2 Einleitung
2.1 Borderline Persönlichkeitsstörung (BPS)
Die Borderline Persönlichkeitsstörung (BPS) ist eine von insgesamt 10 dysfunktionalen
Persönlichkeitsprofilen, die in die beiden gängigen Klassifikationssysteme psychiatrischer
Krankheiten ICD-10 [51] und DSM-IV-TR [45] Eingang gefunden hat. Es handelt sich um
ein schwerwiegendes Krankheitsbild, das mit einer Punktprävalenz von 1-4% in der
Allgemeinbevölkerung zu finden ist [29, 19, 31]. In der ambulanten psychiatrischen
Betreuung treffen sogar bis zu 9,3% der Patienten die diagnostischen Kriterien dieser
Störung [53, 18], mit einem Gipfel von bis zu 20% im stationären psychiatrischen Setting
[31, 18]. Gesundheitsökonomisch präsentiert sich die BPS als eine außerordentlich
relevante Erkrankung, die etwa 30% der Gesamtkosten für stationäre psychiatrische
Behandlungen in Deutschland beansprucht [11].
Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen und Medizinischen Fachgesellschaften
(AWMF) definiert die Persönlichkeitsstörungen in ihrer S2-Leitlinie, analog zu den beiden
Klassifikationssystemen DSM-IV bzw. ICD-10, als bestimmte unflexible und wenig
angepasste Verhaltens-, Gefühls- und Denkmuster einer Person, die den soziokulturellen
Erwartungen ihrer Umwelt widersprechen und zu ausgeprägten persönlichen Leiden sowie
zu Problemen in der zwischenmenschlichen Interaktion führen [1].
Zu den wesentlichen Charakteristika der BPS zählt heute die emotionale Dysregulation in
Kombination mit einem hohen Ausmaß an Impulsivität, die häufig suizidale Handlungen
und Selbstverletzungen dieses Patientenkollektivs bedingen. Die zwischenmenschlichen
Beziehungen der Betroffenen zeichnen sich durch ein gestörtes interpersonelles
Funktionsniveau aus und werden durch Hypersensitivität der sozialen Umwelt gegenüber
und überaus schmerzhaft empfundene Einsamkeit noch zusätzlich belastet. Die BPSPatienten begegnen misstrauisch ihren Mitmenschen, da sie ihnen eine feindselige
Grundeinstellung in Bezug auf die eigene Person unterstellen und berichten deutlich
seltener von positiven Erinnerungen an dyadische Interaktionen. Weiterhin werden häufig
dissoziative Symptome und gravierende Identitätsstörungen bei diesen Patienten
beobachtet, die oft mit intensivsten inneren Schmerzzuständen vergesellschaftet sind [22].
Die
spezifische
Definition
der
Borderline-Diagnostikkriterien
in
den
beiden
Klassifikationssystemen beschränkt sich indessen auf einige wenige Kennzeichen. Die
2
Prüfsteine im DSM-IV-TR (American Psychiatric Association) [45] für die BorderlinePersönlichkeitsstörung (DSM-IV-TR 301.83) lauten hierzu wie folgt:
„Ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen,
im Selbstbild und in den Affekten sowie von deutlicher Impulsivität. Der Beginn
liegt im frühen Erwachsenenalter und manifestiert sich in den verschiedenen
Lebensbereichen. Mindestens 5 der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:
1. Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu
vermeiden. Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden
Handlungen berücksichtigt, die im Kriterium 5 enthalten sind.
2. Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das
durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung
gekennzeichnet ist.
3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder
der Selbstwahrnehmung.
4. Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen
(Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren,
„Fressanfälle“). Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden
Handlungen berücksichtigt, die im Kriterium 5 enthalten sind.
5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder –drohungen
oder Selbstverletzungsverhalten.
6. Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z.B.
hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese
Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur sehr selten mehr als einige
Tage andauern).
7. Chronische Gefühle von Leere
8. Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren (z.B.
häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen).
9. Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder
schwere dissoziative Symptome.“
Dazu muss vermerkt werden, dass psychiatrische Störungskomplexe im DSM-System auf
verschiedenen diagnostischen Achsen untergebracht sind. Die Achse I beherbergt die
akuten, episodisch auftretenden, den Patienten stark einschränkenden Gefühls- und
Gemütszustände, wie beispielsweise die affektiven und die schizophrenen Störungen, aber
auch die Substanzabhängigkeiten. Demgegenüber sind die langanhaltenden, häufig
lebensbegleitenden Störungen im Bereich des Verhaltens und der Intelligenz, wie die
Persönlichkeitsstörungen und die mentale Retardierung, auf der Achse II lokalisiert [39].
3
Die ICD-10 (International Classification of Diseases, Tenth Edition) [51]
unterscheidet indessen in ihrer Klassifikation den Borderline-Typus vom impulsiven
Typus
und
fasst
beide
unter
dem
Begriff
der
emotional
instabilen
Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.3) zusammen:
Emotional instabile Persönlichkeitsstörung
Impulsiver Typus (ICD-10 F60.30):
A. Die allgemeinen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung müssen erfüllt sein
B. Mindestens drei der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen
vorliegen:
1. Deutliche Tendenz, unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu
handeln
2. Deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen, vor allem dann,
wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden
3. Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt mit Unfähigkeit zur Kontrolle
explosiven Verhaltens
4. Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar
belohnt werden
5. Unbeständige und launische Stimmung
Borderline-Typus (ICD-10 F60.31):
A. Die allgemeinen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung müssen erfüllt sein.
B. Mindestens drei der oben unter F60.30B erwähnten Kriterien müssen vorliegen
und zusätzlich mindestens zwei der folgenden Eigenschaften und Verhaltensweisen:
1. Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und „inneren
Präferenzen“(einschließlich sexueller)
2. Neigung, sich in intensive, aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der
Folge von emotionalen Krisen
3. Übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden
4. Wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstschädigung
5. Anhaltende Gefühle von Leere
Wie aus diesen Ausführungen ersichtlich wird, stimmen die beiden Klassifikationssysteme
in ihren deskriptiven und phänomenologisch orientierten Diagnosekriterien größtenteils
überein. Dennoch gestaltet sich die Diagnosebildung ungeachtet dieser Übersicht als nicht
ganz einfach. Einen wichtigen Grund stellt hierbei die hohe Komorbiditätsrate dieser
Erkrankung
dar.
Etwa
60-90%
der
BPS-Patienten
weisen
gleichzeitig
Symptomenkomplexe anderer Persönlichkeitsstörungen auf [31, 54]. Eine der aktuellen
Studien zeigt, dass bei 53,3% der Betroffenen zugleich eine ängstlich vermeidende
Persönlichkeitsstörung besteht [54]. Weitere Überschneidungen ergeben sich mit der
paranoiden und der dependenten Persönlichkeitsstruktur, die bei 36,7% bzw. bei 32,2%
liegen, sowie im großen Umfang auch mit allen anderen Achse-II-Persönlichkeitsstörungen
[54, 39].
4
Bei der Komorbidität mit Achse-I-Diagnosen kommen mit einer Häufigkeit von bis zu
94,4% zeitgleich mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung affektive Störungen und mit
66,7%
Angststörungen
sowie
mit
53,3%
Dissoziative
Störungen
vor.
Von
Substanzmissbrauch bzw. -abhängigkeit sind etwa 35,6% der BPS-Patienten betroffen
[54].
Eine
weitere
Besonderheit
der
Borderline-Persönlichkeitsstörung
betrifft
die
Geschlechterverteilung. Mit 70-80% wird diese Störung deutlich häufiger bei Frauen als
bei Männern diagnostiziert [11, 41, 28, 7]. Einige Autoren sehen den Grund für diese
Beobachtung in der Annahme, dass männliche Patienten mit dieser Erkrankung vermehrt
zu Fremdaggressionen, anstatt zu Selbstverletzungen neigen und somit häufiger mit
forensischen Institutionen und der Justiz in Berührung kommen [11]. Diese Hypothese
konnte jedoch durch die Ergebnisse einer aktuellen Studie widerlegt werden. Hier wurde
gezeigt, dass auch in forensischen Einrichtungen der Prozentsatz von Frauen, die BPSKriterien erfüllen mehr als doppelt so hoch ist wie der von Männern [9].
Zur Entstehungstheorie der Borderline-Persönlichkeitsstörung werden heute mehrere
Ursachen diskutiert. Die meisten Forscher argumentieren für ein Modell, das genetische
Komponenten,
traumatische
Erfahrungen
und
dysfunktionale
Verhaltensmuster
miteinbezieht [11]. In einer Zwillingsstudie, die auf DSM-IV Diagnostikkriterien basierte,
fanden sich Konkordanzraten von 35% bzw. 7% für monozygote bzw. dizygote
Zwillingspaare [34]. Diese Daten deuten auf einen starken genetischen Einfluss bei der
Entstehung der Borderline-Störung hin.
Bei 40-80% der BPS-Patienten lassen sich in der biographischen Aufarbeitung Hinweise
auf eine in der Kindheit stattgefundene Traumatisierung finden, die in Form von
Vernachlässigung, körperlicher bzw. emotionaler Misshandlung oder sexueller Gewalt
stattfand [11, 28, 24]. Nach dem heute weitverbreiteten Konsens scheint die Anwesenheit
von sexueller Gewalterfahrung in der Kindheit jedoch keine zwingende Voraussetzung für
die Entstehung einer BPS zu sein [11, 29]. Dennoch haben solche Erlebnisse mit ihrer
destabilisierenden
Wirkung
auf
eine
sich
entwickelnde
Persönlichkeit,
einen
weitreichenden, negativen Einfluss auf das spätere Outcome des Betroffenen [26].
Ohne den Baustein der dysfunktionalen Verhaltensmuster wäre die Entstehungstheorie der
BPS jedoch unvollständig. Diese sind das Produkt von misslungenen Versuchen erlebte
aversive Gefühlszustände oder Situationen zu bewältigen. Lerntheoretisch handelt es sich
dabei um eine negative Verstärkung, die am Beispiel des selbstschädigenden Verhaltens
veranschaulicht werden kann. Nach einer Selbstverletzung empfinden die meisten BPS-
5
Patienten eine Reduktion der initial vorherrschenden, unangenehmen Anspannung, sodass
diese unangemessene Copingstrategie bei den Betroffenen immer wieder zum Einsatz
kommt [11].
In Bezug auf die Therapie der BPS haben sich in den letzten Jahren neue Ansichten
ausgebildet. Während für die pharmakologische Behandlung der BPS keine spezifische
Therapie existiert [11], bildet die Verhaltens- und tiefenpsychologische Therapie die
Grundlage
der
modernen
Intervention.
Heute
stehen
für
die
Borderline
Persönlichkeitsstörung mindestens zwei Psychotherapieformen zur Verfügung, die im
streng wissenschaftlichen Sinne ihre Wirksamkeit erbracht haben. Zum einen handelt es
sich um die „Dialektisch Behaviorale Therapie“ (DBT) nach Linehan, die sich im
ambulanten und stationären Bereich als effektiv erwiesen hat. Die andere Therapieform,
deren Wirksamkeit bisher nur im teilstationären Setting gezeigt wurde, sog. „Mentalization
Based Therapie“ (MBT) wurde von Bateman und Fonagy entwickelt [22]. Leider sprechen
auch bei diesen aussichtsreichen Verfahren nur etwa 50% der behandelten Patienten auf
die angebotene Therapieform an [11].
Die Studien der letzten Jahre brachten die Erfahrung mit sich, dass die BorderlinePersönlichkeitsstörung eine vergleichsweise optimistische Prognose aufweist. Es konnten
Remissionsraten von 85% über 10 Jahre beobachtet werden [19], bzw. etwa 75% der
Betroffenen bis zum Alter von 35-40 Jahren erfüllten die diagnostischen Kriterien für diese
Störung nicht mehr [41]. Auf der anderen Seite wurde die initial positive Bewertung durch
die Erkenntnisse relativiert, dass vorrangig die akute BPS-Symptomatik von dieser
Heilung betroffen war, während das Funktionsniveau eines Gesunden auch im Verlauf
vieler Jahre nicht erreicht werden konnte [42, 31].
Überdies gibt es einen weiteren Aspekt, der die Prognose dieser Patientengruppe
einschränkt. Eine hohe Suizidrate von bis zu 10% wurde bei den Patienten mit einer
Borderline-Störung beobachtet. Dieser Prozentsatz entspricht einem 50mal höheren Risiko,
als bei der Allgemeinbevölkerung [28]. Weitere epidemiologische Daten belegen ferner,
dass 40-65% der Personen mit erfolgtem Selbstmord Kriterien einer Persönlichkeitsstörung
aufweisen, wobei die BPS die häufigste Störung in dieser Gruppe darstellt [34]. Diese
Erkenntnisse machen deutlich, dass gerade diese stark gefährdete Patientengruppe aus dem
umfangreichen psychiatrischen Kollektiv verlässlich und rasch identifiziert werden sollte,
damit ihr rechtzeitig eine geeignete Therapie zugeführt werden kann.
6
2.2 Transientes Objekt (TO)
Bei der klinischen Arbeit mit psychiatrischen Patientinnen wurde wiederholt die
Beobachtung gemacht, dass einige der Frauen besondere Gegenstände mit sich führten,
deren Gegenwart sie als sehr bedeutsam beschrieben. Sie dienten zur Beruhigung und
Angstreduktion,
hatten eine
Beschützerfunktion oder
stammten von wichtigen
Bezugspersonen, die sie repräsentierten. Beim genauen Vergleich der Patientinnen fiel die
Eigenheit auf, dass ein großer Anteil von ihnen eine BPS-Diagnose aufwies, woraufhin die
Hypothese entstand, dass das Vorhandensein eines besonderen Objektes mit der Diagnose
einer Borderline-Persönlichkeitsstörung assoziiert sein könnte.
Ein Erklärungsversuch dieser Hypothese könnte aus der Objektbeziehungstheorie
abgeleitet werden. Melanie Klein entwickelte als Erste die Vorstellung, die abweichend
von Freud, nicht die Triebe, sondern zwischenmenschliche Beziehungen als entscheidend
für die menschliche Entwicklung betrachtet. Von vielen anderen Wissenschaftlern wurde
diese These aufgegriffen und erweitert, wie auch von Kernberg, der den Affekt in
zwischenmenschlichen
Interaktionen
als
den
notwendigen
Impuls
für
die
Objektrepräsentanz ansah. Kernberg postuliert, dass das Individuum in der Kindheit durch
interpersonelle Interaktion eine stabile mentale Repräsentation von Beziehungspersonen
ausbildet. Die dadurch erzeugte „emotionale Objektkonstanz“ ist die notwendige
Voraussetzung für ein stabiles Selbstbild und solide zwischenmenschliche Beziehungen.
Bei BPS-Patienten fehlen gerade diese Grundzüge der Persönlichkeit, die aufgrund der
mangelhaften Objektpermanenz und einer inkonstanten Objektrepräsentation nicht
entstehen. Dies könnte die Ursache für die instabilen zwischenmenschlichen Beziehungen
der BPS-Patienten darstellen [30].
2.2.1 Transiente Objekte in der Kindheit
Winnicott, ein englischer Kinderarzt und Psychoanalytiker, entwickelte die Theorie von
einem Übergangsobjekt – einem sog. „Transitional Object“. Es bezeichnet ein Phänomen,
das während der frühkindlichen Entwicklung auftritt, in der ein Kleinkind starke
Anhänglichkeit zu einem meist weichen Gegenstand (Kuscheltier, Stoffwindel,
Schmusedecke) zeigt. Dieser Gegenstand begleitet das Kind die ersten Lebensjahre
ausnahmslos überallhin, wobei der Geruch und das Material die entscheidenden Kriterien
7
für das Kind darstellen [4, 2, 46]. Im physiologischen Verlauf der wachsenden
Selbständigkeit verliert dieses Übergangsobjekt langsam an Bedeutung und wird
letztendlich im Alter von 6 bis 7 Jahren gänzlich abgelegt [4].
Die Theorie, die dahinter steht, geht von einer „good enough mother“ aus – also keiner
idealisierten Mutterperson, sondern einer Mutter, die ausreichend gut für die Bedürfnisse
ihres Kindes sorgt. Das Übergangsobjekt
übernimmt
die Repräsentanz dieser
Bezugsperson, die als externes Objekt bezeichnet wird, und besänftigt die aversiven
Gefühle des Kindes bei deren physischer Abwesenheit. Dieser Vorgang funktioniert indem
das Übergangsobjekt die Entstehung eines sog. internen Objektes bewirkt, einer
verinnerlichten Repräsentanz der Bezugsperson, die vom externen Objekt, also der realen
Mutter, und ihrer Umsorgung des Säuglings abhängig ist. Das interne Objekt kann für das
Kind seine Bedeutung vorzeitig verlieren, wenn über längere Zeit das Versagen der Mutter
in Bezug auf die Bedürfnisse des Kindes auftritt [4]. In diesem Fall verliert auch das
Übergangsobjekt seine Wichtigkeit und Funktion.
Die tiefere Bedeutung dieses Vorgangs findet ihren Niederschlag in der Ausbildung des
eigenen Bewusstseins des Kindes und der Emotionsregulation. Weiterhin fördert das
transiente Objekt den Prozess der kognitiven Loslösung des Säuglings von der Mutter und
seine Erkenntnis des eigenen, individuellen Selbst, indem eine innere Repräsentanz für
äußere Gegenstände durch das Übergangsobjekt bewirkt wird. Eine intakte Mutter-KindInteraktion stellt die entscheidende Voraussetzung bei der erfolgreichen Bewältigung
dieser Reifeleistung dar [12].
2.2.2 Transiente Objekte (TO) bei Erwachsenen
Bereits ab der Pubertät muss beim Gebrauch von transienten Objekten (TO) die Frage nach
Dysfunktionalität gestellt werden. Untersuchungen auf diesem Gebiet konnten nachweisen,
dass Jugendliche, die transiente Gegenstände benutzen, vermehrt depressive Symptome
und auch häufiger Anzeichen einer angegriffenen mentalen Gesundheit aufweisen als
Gleichaltrige ohne solche Objekte. Ebenso war das allgemeine Wohlbefinden der
Betroffenen gegenüber den Kontrollen deutlich reduziert, sodass einige Autoren das
Vorhandensein von transienten Gegenständen als Marker für innerlichen Kummer in dieser
Altersgruppe deuteten [4, 20].
Analoge Schlüsse können für den Objektgebrauch bei Erwachsenen gezogen werden, wie
8
eine Studie innerhalb einer nicht-psychiatrischen medizinischen Einrichtung zeigte. Bei
den darin untersuchten Patienten mit TO-Gebrauch konnte häufiger ein dysfunktionaler
Persönlichkeitsstil nachgewiesen werden, als bei ihren Alters- und Geschlecht-gematchten
Kontrollen [46]. Inmitten von psychiatrischen Kollektiven konnten bei Patienten mit
transienten Gegenständen vermehrt Anzeichen für Achse-II-Störungen beobachtet und
besonders auf eine spezielle Persönlichkeitsstörung, die BPS, fokussiert werden. Bereits
1986 zeigten Morris, Gunderson und Zanarini, dass Borderline-Patienten häufiger TO
besaßen als Patienten mit anderen Persönlichkeitsstörungen. Aus diesen Ergebnissen
nahmen sie eine Verknüpfung zwischen dieser Achse-II-Störung und dem Objektgebrauch
an, der sich möglicherweise als ein nützlicher Marker für die BPS erweisen könne [38]. 10
Jahre später erfassten Labbate und Benedek in einem psychiatrischen Kollektiv von 447
weiblichen, erwachsenen Patienten bei 61% der Stofftierbesitzerinnen die Diagnose einer
BPS [33].
Auch die aussagekräftige Studie von Cardasis et al. aus dem Jahr 1997 beschäftigte sich
mit der Fragestellung des transienten Objektgebrauchs und dessen Assoziation mit der
Borderline-Persönlichkeitsstörung. Im Unterschied zu seinen Vorgängern wurden hier die
Persönlichkeitsdiagnosen bereits nach den damals gültigen Kriterien des DSM-III-R
gestellt. Dies bietet eine gewisse Vergleichbarkeit zu den heutigen diagnostischen
Richtlinien, da sie weitestgehend mit den aktuellen BPS-Kriterien des DSM-IV-TR
übereinstimmen. Die Ergebnisse der Studie zeigten eine beachtliche Korrelation von BPSDiagnosen und TO-Gebrauch. So hatten etwa 63% der BPS-Patienten einen wichtigen
Gegenstand verwendet, während diese Zahl bei den Nicht-Borderline-Patienten bei 27%
lag [14].
Nachfolgend zu den beschriebenen Studien, insbesondere zu der von Cardasis et al., lassen
sich jedoch keine weiteren aufschlussreichen Untersuchungen nachweisen, die sich
abschließend mit dieser Problematik beschäftigt hätten. Dementsprechend sind viele
Fragen in diesem Zusammenhang noch immer als offen zu werten.
Beispielsweise die Frage, ob das betrachtete Merkmal als Diagnostikkriterium für die
Borderline-Störung geeignet ist oder nicht, wurde von keiner der angeführten Studien
reflektiert.
Ferner
besteht
auch
Charaktereigenschaften,
weiterhin
die
zu
die
einem
Ungewissheit
Objektgebrauch
über
im
die
relevanten
Erwachsenenalter
prädisponieren. Bei einer eindeutigen Identifizierung dieser, wäre die Möglichkeit gegeben
die Hypothese der Assoziation der BPS mit dem transienten Objekt über den Umweg der
9
Charaktermerkmale zu bestätigen und damit die Schlüssigkeit dieser Annahme zu
beweisen. Auf dieser Grundlage könnten dann Bemühungen unternommen werden den
Zweck bzw. die eigentliche Aufgabe eines transienten Objektes herauszufinden, die
möglicherweise die Chance eröffnen würden therapierelevante Erkenntnisse für die
betroffene Personengruppe zu gewinnen.
Um Antworten auf einige dieser Fragen zu finden, wurde die vorliegende Studie
konzipiert.
2.3 Dimensionale Diagnostikkriterien in der Persönlichkeitsforschung
Wie aus den oben genannten Überlegungen hervorgeht, könnte durch eine alternative
Herangehensweise anhand der Charaktermerkmale die gleiche These auf ihre Richtigkeit
überprüft werden. Dies ist durch den Zugriff auf die Erkenntnisse der modernen
Persönlichkeitsforschung möglich, die aus der Unzufriedenheit mit dem kategorialen
Diagnostiksystem ein neues Forschungsfeld der dimensionalen Persönlichkeitsmerkmale
eröffnet hat [16, 50]. Dieses zeigte deutliche Vorteile gegenüber dem Vorgänger-System
und hat sich in der evidenzbasierten Überprüfung bewährt [16]. Nicht nur sind die
Ergebnisse dieses Systems besser reproduzierbar und damit besser für die Forschung
geeignet, es liefert auch ein Erklärungsmodell für zahlreiche bisher ungelöste Phänomene,
wie beispielsweise die Heterogenität und die fehlenden harten Grenzen bei den
verschiedenen kategorialen Diagnosen [50].
Zu den anerkannten Persönlichkeitsmodellen, die die Basis dieser Forschung bilden, zählen
beispielsweise das „Five-Factor-Modell“ (FFM), das „7-Faktoren-Modell“ (sog. TCIModell), aber auch das „Dimensional Assessment of Personality Pathology-Modell“
(DAPP-Modell), die trotz unterschiedlicher Entwicklungsmodalitäten einander erstaunlich
ähneln [50, 52].
Die Erkenntnisse der dimensionalen Persönlichkeitsforschung besagen, dass sowohl die
gesunde als auch die gestörte Persönlichkeit die gleichen qualitativen Charaktermerkmale
besitzen. Der Unterschied besteht lediglich in der Stärke der Ausprägung dieser Merkmale,
was in der Kontinuitätshypothese veranschaulicht wird. Sie beschreibt den Übergang einer
Charaktereigenschaft zwischen einem Persönlichkeitsgesunden und –kranken als fließend
auf einem Kontinuum [50, 39]. In der Zwischenzeit bezeichnet auch die American
Psychiatric Association (APA) die Entwicklung des dimensionalen Konzepts als eine
10
Alternative zu dem aktuell gültigen kategorialen Persönlichkeitskonzept des DSM
(Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) [50].
Für die Belange dieses Projekts wurde das DAPP-Modell ausgesucht. Es definiert
insgesamt 18 verschiedene Charaktereigenschaften, die sich nur wenig überlappen und
möglichst vollständig die verschiedenen Facetten einer Persönlichkeit erfassen sollen.
Nicht nur, dass dieses Modell in Form eines 290-Item-Fragebogens auf Deutsch verfügbar
war, Studien haben mit diesem Instrument bereits eine gute Reproduzierbarkeit und
Validität nachweisen können [44].
Das Ziel des aktuellen Projekts bestand auch darin herauszufinden, welche von den 18
Charaktereigenschaften des DAPP-Modells häufiger bei den Besitzern von transienten
Gegenständen nachweisbar sind. Somit bestünde die Möglichkeit eine Assoziation von TO
und einzelnen Charaktereigenschaften zu erfassen, was eine Ergänzung des TO-Gebrauchs
bei BPS-Patienten darstellt.
2.4 Nicht-suizidale Selbstverletzung (NSSV)
Die wiederholte Selbstverletzung, die meistens in einer nicht-suizidalen Absicht begangen
wird, ist ein etabliertes Diagnostikkriterium in der psychiatrischen Praxis. Viele Patienten
setzen diese Art der Selbstschädigung ein, um überwältigende negative Gefühlszustände zu
überwinden [32, 10]. Besonders bei Borderline-Patienten kann diese Art des erworbenen,
[35] unproduktiven Copings häufig beobachtet werden [32]. Aus diesem Grunde ist dieses
Merkmal auch als ein diagnostisches Kriterium für diese Persönlichkeitsstörung in den
DSM-IV-TR bzw. in seine Vorgängerkataloge aufgenommen worden [1]. Um die
wiederholte Selbstverletzung von einer gelegentlichen zu unterscheiden, wurde die Grenze
für die erstere bei mindestens vier erfolgten Schädigungen, in Anlehnung an eine aktuelle
Studie zu Selbstverletzungen bei Jugendlichen, festgesetzt [13].
In diesem Projekt wird das selbstverletzende Verhalten in die gleichen Fragestellungen,
wie auch das TO eingesetzt, um die Vergleichbarkeit und den Wert des TO als
diagnostisches Mittel zu evaluieren. Anders gesagt - jede Hypothese, die in Bezug auf das
TO getestet wurde, wurde ebenso hinsichtlich der Selbstverletzung betrachtet.
11
2.5 Resümee der Studienziele
Das Ziel dieser Untersuchung lässt sich zusammenfassend folgendermaßen definieren:
Die Häufigkeit von emotional bedeutsamen Gegenständen („Transitional Objects“) bei
stationären Patientinnen mit Persönlichkeitsstörungen, insbesondere Borderline-Patienten
(ICD10-Code: F60.31 bzw. DSM IV-TR-Code: 301.83), sollte untersucht werden.
Darüber hinaus sollte die Frage geklärt werden, ob bestimmte Persönlichkeitsmerkmale
besonders dazu prädisponieren ein emotional wichtiges Objekt zu gebrauchen.
Das Kriterium der Selbstverletzung dient in dieser Studie als Vergleichsvariable.
In Anbetracht der Umstände, dass die BPS in überwiegendem Maß bei Frauen
diagnostiziert wird (s.o.), wurde im Rahmen dieser Untersuchung auf die Rekrutierung von
Männern verzichtet.
12
3 Patienten und Methoden
Die Studie wurde im Einvernehmen mit der Ethikkomission der Universität Ulm
durchgeführt (Antrag-Nr. 346/08; Jahr der Antragsstellung 2008) und entspricht somit den
Grundsätzen der Deklaration von Helsinki für die medizinische Forschung am Menschen.
3.1 Patienten
3.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien
Alle weiblichen Patienten im Alter zwischen 18 und 50 Jahren, die sich auf einer der
beiden offenen Stationen (Jaspers oder Beringer) der Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie III der Universität Ulm im Zeitraum vom 1. November 2008 bis 27. Juli
2009 in stationärer Behandlung befanden, wurden in diese prospektive Studie
eingeschlossen. Zum Erhebungszeitpunkt sollten die Teilnehmerinnen keine ausgeprägten
psychotischen Symptome aufweisen. Dies war auch der Anlass die beschützte Station der
Psychiatrie nicht als Erhebungsort mit auszuwählen, da hier viele Patienten im Rahmen
akuter wahnhafter Symptomatik, Suizidalität oder Fremdgefährdung nicht einwilligungsund kooperationsfähig sind. Als weitere Einschlusskriterien galten eine normale Intelligenz
sowie angemessene Kenntnisse der deutschen Sprache.
3.1.2 Rekrutierung des Patientenkollektivs und Datenerhebung
Die Teilnehmerinnen der Studie wurden allesamt in der psychiatrischen Klinik für
Psychiatrie
und
Psychotherapie
III
der
Universität
Ulm
rekrutiert,
die
zusammengenommen 54 vollstationäre und 20 tagesklinische Behandlungsplätze für die
psychiatrische Versorgung der Region Ulm/Neu-Ulm zur Verfügung stellt. Sie alle
erhielten ein Informationsschreiben, welches die Studie und ihre Forschungsziele
vorstellte. Darin wurde erläutert, dass im Rahmen dieses Projektes eine Assoziation
zwischen bestimmten Charaktereigenschaften und emotional wichtigen Objekten gesucht
wird. Auf die spezifischen Zusammenhänge zwischen der Diagnose der Borderline
13
Persönlichkeitsstörung und transienten Objekten wurde bewusst nicht hingewiesen, um die
Patientinnen bei ihren Angaben nicht im Vorfeld zu beeinflussen („subject-expectancyeffect“).
Außerdem legte das Schreiben ausführlichst dar, dass jedwede Teilnahme auf freiwilliger
Basis beruhte und auch die Verweigerung der Mitarbeit bzw. der Abbruch nach
anfänglicher Zusage keine Konsequenzen für die Patientinnen nach sich zog. Gleichzeitig
mit dem Informationsblatt wurden auch die Erhebungsinstrumente verteilt. Insgesamt
wurden den Patientinnen 4 Fragebögen ausgehändigt: Strukturiertes klinisches Interview
zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen nach DSM IV Achse II (SKID-II),
Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire (DAPP-BQ),
Self-Harm Behavior Questionnaire (SHBQ), Transitional Objekt Questionnaire (TOQ)
(siehe 3.2 „Erhebungsinstrumente“ zur genauen Beschreibung).
Patientinnen, die mit der Teilnahme einverstanden waren (N=104), füllten innerhalb einer
Woche die Fragebögen aus, wobei die Nettobearbeitungszeit etwa 1,5 bis 2 Stunden in
Anspruch nahm. Einmal wöchentlich wurden die ausgefüllten Bögen im Zimmer der
Patientinnen abgeholt und zugleich bei Vorhandensein, die emotional wichtigen
Gegenstände mit ihrem Einverständnis dokumentiert und fotografiert. Die Auswertung des
SKID-II-Fragebogens wurde sofort vorgenommen und bei auffälligem Ergebnis an einen
nicht in die Therapie der Patientinnen involvierten Diplompsychologen weitergeleitet, der
dann zeitnah ein SKID-II-Interview zur Diagnosesicherung durchführte. Weder die
psychiatrische Vorgeschichte der Patientinnen, noch die bereits gestellten Diagnosen
seitens der Ärzte waren dem interviewenden Kollegen bekannt. Ebenso auf das
Vorhandensein des transienten Objektes hin war der Psychologe verblindet und konnte
somit die SKID-II-Diagnose unter Vermeidung des sog. „Concealment Bias“ stellen.
Die gestellten Diagnosen der Patientinnen wurden aus den Entlassbriefen (fachärztliche
Einschätzung) übernommen. Die beteiligten Ärzte waren über die Existenz von emotional
bedeutsamen Objekten bei ihren Patientinnen nicht informiert und stellten die Diagnosen
im Rahmen des stationären Settings. Dabei wurden neben der eingehenden Exploration in
Einzel- und Gruppengesprächen, sowie unter Zuhilfenahme der Verhaltensbeobachtung
auf Station, viele etablierte Methoden angewandt um Diagnosen entsprechend den
Kriterien nach DSM-IV zu generieren.
14
3.2 Erhebungsinstrumente
3.2.1 Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV Achse II
Um bei Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung eine reliable Diagnose zu vergeben, wird
heute neben den üblichen diagnostischen Maßnahmen, wie der psychiatrischen Exploration
und der stationären Verhaltensbeobachtung, auch ein Screening mit Hilfe eines
strukturierten Interviews in den aktuellen Leitlinien (Stand 2007) der Arbeitsgemeinschaft
der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) empfohlen. Die
hierfür am häufigsten eingesetzten Interviewverfahren sind das International Personality
Disorder Examination (IPDE) und das Strukturierte Klinische Interview zur Diagnostik
von Persönlichkeitsstörungen (SKID-II). In dieser Studie wurde der SKID-II unter dem
Gesichtspunkt ausgewählt, ein valides Instrument (Kappa 0,48 – 0.98) darzustellen [37],
das in unserer Klinik seit vielen Jahren etabliert und im praktischen Gebrauch von vielen
psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychologen gründlich erprobt ist. Das
Originalinterview wurde von First et al. publiziert, seine deutsche Übersetzung erschien
1997 von Fydrich et al. im Hogrefe Verlag in Göttingen.
Der Anwendung des Interviews geht ein SKID-II-Selbstbeurteilungsfragebogen voraus,
der 117 Items enthält und als Screening vor dem eigentlichen strukturierten Interview
erfolgt. Alle Fragen zu den entsprechenden Items sind dichotom gestellt, sodass die JaAntworten zu spezifischen Scores für jede Persönlichkeitsstörung zusammengezählt
werden können. Bei der Überschreitung der Cutt-off Werte können die auffälligen
Persönlichkeitsmerkmale identifiziert und zu einer weiteren Beurteilung an einen
Psychologen weitergereicht werden. Somit können die Angaben des Patienten im Rahmen
des strukturierten SKID-II-Interviews durch die Fremdbeurteilung eines erfahrenen
Psychologen ergänzend evaluiert werden. Mittels dieser Methode lassen sich insgesamt
zehn
verschiedene
Persönlichkeitsstörungen
und
zusätzlich zwei
dysfunktionale
Persönlichkeitsprofile nach DSM-IV erfassen. Dazu zählen die selbstunsichere
(asthenische), die dependente (abhängige), die zwanghafte (anankastische), die paranoide,
die schizotypische, die schizoide, die histrionische, die narzisstische, die Borderline, die
antisoziale, die negativistische und die depressive Persönlichkeit.
15
3.2.2 Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire
Das Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Qestionnaire (DAPP-BQ)
ist das Selbstbeurteilungsinstrument zu dem gleichnamigen Persönlichkeitsmodell, das
über einen klinischen Bottom-Up-Ansatz etwa ab der Mitte der 80er Jahre von Livesley
entwickelt wurde. Es stellte einen Versuch dar die menschliche Persönlichkeit bzw. deren
Störungen auf der Basis von allgemeinen Verhaltenskonstrukten (z. B. Promiskuität) und
„traits“, also Persönlichkeitseigenschaften, die über die Zeit stabil bleiben (z. B.
Narzissmus), zu definieren [36]. Trotz vollkommen unterschiedlicher Herangehensweise
lieferte das neue Persönlichkeitsmodell vergleichbare Erkenntnisse, wie schon mithilfe des
Big-Five-Modells beschrieben wurden und bestätigte dadurch die Universalität der
Persönlichkeitsstrukturen.
Im Endergebnis entstand das dazugehörige Erhebungsinstrument (DAPP-BQ) aus 290
Fragen, die 18 Basisdimensionen umfassen, welche wiederum vier übergeordneten, robust
belegten
Generalfaktoren
Verhalten“,
unterstehen:
„Gehemmtheit“
und
„Emotionale
Dysregulation“,
„Zwanghaftigkeit“.
Abgefragt
„Dissoziales
werden
die
untergeordneten 18 Traits mit je 16 bis 12 Fragen, während die zusätzliche Lügenskala
anhand von lediglich 8 Items geprüft wird. Bei jeder Frage kann der Proband zwischen 5
abgestuften Antwortmöglichkeiten wählen: „Starke Ablehnung - Ablehnung - Neutral Zustimmung - Starke Zustimmung“. Bei der Auswertung werden auf diese Weise für jede
Antwort 1 bis 5 Punkte vergeben und ein Gesamtscore für jede einzelne
Charaktereigenschaft erzielt. Für jede Dimension muss eine Mindestanzahl von Fragen
beantwortet sein, (z. B. müssen bei 16 Fragen zu einem Merkmal, mindestens 14
beantwortet sein) um eine Auswertung vornehmen zu können.
Folgende Charaktereigenschaften wurden mittels des DAPP-Basic Questionnaires getestet,
die zu den oben genannten, übergeordneten Traits dazugehören:
Emotionale Dysregulation:
1. Unterwürfigkeit (Submissivness/Diffidence): SUBMIS
2. Kognitive Verzerrung (Cognitive Distortion): COGDIS
3. Identitätsprobleme (Identity Problems): IDENT
4. Affektive Labilität (Affective Lability): AFFSTAB
5. Oppositionshaltung (Passive-Aggressivity/Oppositionality): PASSAGG
6. Ängstlichkeit (Anxiousness): ANXIETY
16
7. Argwohn (Suspiciousness): SUSPIC
8. Kontaktvermeidung (Social Avoidance): SOCA
9. Narzissmus (Narcissism): NARCIS
10. Unsichere Bindung (Insecure Attachment): INSECATT
11. Selbstschädigung (Self Harm/Suicide): SUICIDE
Dissoziales Verhalten:
1. Reizsuche (Stimulus Seeking): STIMSEEK
2. Herzlosigkeit (Callousness/Interpersonal Disesteem): CALLOUS
3. Ablehnung (Rejection): REJECT
4. Verhaltensprobleme (Conduct Problems): CONDUCT
Gehemmtheit:
1. Ausdrucksarmut (Restricted Expression): RESTEXP
2. Intimitätsprobleme (Intimacy Problems): INTPROB
Zwanghaftigkeit:
1. Zwanghaftigkeit (Compulsivity): COMPULS
Lügenskala (Lie scale): LIE
Dieser Fragebogen ist inzwischen an verschiedenen Populationen der Welt getestet und
zeigte sich in diesem Zusammenhang auch in der deutschen Version als kulturübergreifend
stabil [47]. Im Vergleich zu den zwei anderen heute anerkannten, dimensionalen
Persönlichkeitsmodellen
(Big-Five-Modell
nach
Costa
und
McCrae
und
psychobiologisches 7-Faktoren-Modell nach Cloninger et al., sog. TCI-Modell) kann mit
dem DAPP-BQ nicht nur der Persönlichkeitskranke vom -gesunden am sensitivsten
unterschieden werden [48], sondern auch die einzelnen Persönlichkeitsstörungen unter dem
Aspekt der Spezifität voneinander differenziert werden. Die Zuverlässigkeitsparameter
dieses Messinstruments erwiesen sich in vorangegangenen Studien als zufriedenstellend,
wie die Test-Retest-Reliabilität, die nach 3 Wochen im Range 0,83 bis 0,93 lag und die
interne Validität, die die Werte 0,80 bis 0,93 erreichte, zeigten [44]. Auch in einer neueren
Vergleichsstudie bewährte sich der DAPP-Fragebogen erneut als das beste der dort
17
untersuchten Instrumente, mit deren Hilfe Charaktereigenschaften, die mit Psychopathie
assoziiert werden, sinnvoll evaluiert werden können [44].
3.2.3 Self-Harm Behavior Questionnaire
Self-Harm Behavior Questionnaire (SHBQ) ist ursprünglich ein englischsprachiger
Fragebogen, der im Jahre 2001 von Guttierez [27] konzipiert und publiziert wurde.
Inzwischen ist dieses Instrument auch in die deutsche Sprache übersetzt und erfolgreich
validiert
worden
Selbstverletzungen,
[21].
Es
ist
ein
Suizidversuche,
vierteiliges
Selbsterhebungsinventar,
Suizidandrohungen
und
das
Suizidgedanken/-
vorstellungen abfragt. Dieses Messinstrument ist so verfasst, dass nicht nur die Art der
suizidassoziierten Handlungen erfasst werden kann, sondern auch die Häufigkeit und
Schwere des verletzenden Verhaltens mitberücksichtigt wird. Zusätzlich werden
verschiedene traumatische Ereignisse, die mit Selbstverletzungen im Zusammenhang
stehen könnten, wie z. B. zeitliche Nähe zu einem schweren Unfall, gewalttätigen
Angriffen durch Fremde oder Bekannte und andere traumatisierende Vorfälle abgefragt,
sowie bei suizidalen Handlungen der tatsächliche Wille zu sterben. Fast alle Fragen
werden mit vorgegebenen Auswahlantworten dargeboten, außer der Frage nach der Art der
nicht-suizidalen Selbstverletzung, die eine offene Antwort zulässt. Alles in allem werden
auf diese Weise mit Hilfe von 60 Fragen die wichtigsten Fakten rund um den Suizid/die
Selbstverletzung abgehandelt.
In aktuellen Publikation, wie z.B. in der von Cloutier und Humphreys aus dem Jahr 2008,
empfehlen die Autoren diesen Fragebogen als ein geeignetes Verfahren zum kurzen
Screening für nicht-suizidale Selbstverletzungen [43, 17].
3.2.4 Transitional Object Questionnaire
Das Transitional Object Questionnaire (TOQ) ist ein Selbsterhebungsinventar, das bereits
für eine Studie zur Borderline Persönlichkeitsstörung und der Verwendung von transienten
Objekten von den Autoren Cardasis et al. [14] zusammengestellt wurde. Er ist in drei
Sektoren gegliedert, die Auskunft über das Vorhandensein von emotional bedeutsamen
Objekten einholen und zwar in drei verschiedenen Settings – in der Klinik, zu Hause und
18
in der Kindheit. Der Proband soll neben der eigentlichen Beschreibung des Gegenstandes
auch seine Wichtigkeit beurteilen, ebenso wie dessen Erfordernis in einer Notsituation oder
zum Einschlafen. Die meisten der hier gestellten Fragen sind offen formuliert und lassen
dem Patienten viel Freiraum in der Beantwortung. Einige wenige Fragen jedoch sind um
der Vergleichbarkeit Willen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten ausgestattet, wie
z.B. die Frage nach der Wichtigkeit des Gegenstandes, die in den Nuancen „nicht wichtig ein bisschen - ziemlich - sehr wichtig“ abgestuft dargeboten werden.
Mit einem solchen Erhebungsinstrument schien es am wirksamsten, ein emotional
wichtiges Objekt von anderen Gebrauchsgegenständen der Teilnehmerinnen zu
differenzieren, was dazu Anlass gab gerade diesen Fragebogen für die Studie auszuwählen.
Dafür wurde das englischsprachige Instrument in die deutsche Sprache übersetzt und bei
allen teilnehmenden Frauen angewendet. (Die deutsche Version dieses Fragebogens kann
im Anhang eingesehen werden.)
Obwohl in diesem Bogen auch die Möglichkeit besteht das transiente Objekt anhand von
Farbe, Form und Textur zu beschreiben, wurde dennoch zusätzlich nach einer objektiveren
Alternative die Gegenstände zu veranschaulichen gesucht. Aus diesem Grunde fiel die
Entscheidung mit der Erlaubnis der Teilnehmerinnen ihre emotional wichtigen Objekte
fotografisch festzuhalten. Dies ermöglichte einen rein optischen Vergleich, der
unbeeinflusst von der emotionalen Komponente der schriftlichen Beschreibung blieb.
3.2.5 Erhebung der Achse I und II Diagnosen
Um ein vollständiges Bild der untersuchten Stichprobe zu erhalten, sollten auch die
klinischen Diagnosen der Teilnehmerinnen mitberücksichtigt werden. Diese konnten den
Entlassbriefen entnommen werden, wobei das Augenmerk ausschließlich auf den
psychiatrischen Erkrankungen lag. Alle hier erhobenen Diagnosen wurden nach den
gültigen DSM-IV-Kriterien von den zuständigen Oberärzten gestellt. Sie und auch das
übrige ärztliche Personal waren nicht in die vorliegende Studie involviert und hatten
deshalb keinerlei Kenntnisse über das Vorhandensein von emotional wichtigen Objekten
oder die Teilnahme der Patientinnen an diesem Projekt.
Um eine gute Vergleichbarkeit der Teilnehmer-Gruppe mit der Nicht-Teilnehmer-Gruppe
zu gewährleisten, mussten auch ihre Diagnosen für die Studienauswertung herangezogen
werden.
19
Ferner wurden von allen Frauen, die die Einschlusskriterien der Studie erfüllten, das Alter,
die stationäre Aufenthaltsdauer und die Schulbildung, soweit nachvollziehbar, bestimmt.
Mit Hilfe dieser Informationen ließ sich feststellen, ob die Teilnehmerinnen (v.a. mit
Persönlichkeitsstörungen) repräsentativ für alle Patientinnen mit diesem psychiatrischen
Krankheitsbild rekrutiert werden konnten und ob andere Kriterien, wie die Schulbildung
oder eine kurze Aufenthaltsdauer oder auch das Alter einen Einfluss auf die Teilnahme an
der Studie ausübten.
3.3 Statistische Auswertung
3.3.1 Deskriptive Analyse
Zur Beschreibung der Stichprobe und deren Eigenschaften wurden im Ergebnisteil die
absoluten und relativen Häufigkeiten der relevanten Merkmale berechnet und graphisch
dargestellt. Auch eine Flowchart wurde zur besseren Übersichtlichkeit konstruiert, die dem
Betrachter bereits auf den ersten Blick die relevanten Gruppen der Stichprobe
veranschaulichen soll.
Bei der Bearbeitung des letzten Teilaspekts der Fragestellung wurden Boxplots zur
Illustration der Verteilung von Summenscores der einzelnen DAPP-Eigenschaften
verwendet. Dabei wurden die Gruppen jeweils mit und ohne ein wichtiges transientes
Objekt miteinander verglichen. In dieser Darstellung repräsentieren die Kästen die
Summenscores zwischen der 25. und der 75. Perzentile, während die Endpunkte der
Whiskers den minimalen und den maximalen Summenwert, der bei der jeweiligen
Charaktereigenschaft erreicht wurde, darstellen. Auch der Median ist bei dieser
Darstellungsform von Relevanz und wird als die Unterteilung innerhalb des Kastens
vermerkt. Auf diese Weise kann die Verschiedenheit der verglichenen Gruppen bezüglich
der Summenscoreverteilung sowie deren zentraler Tendenz optisch erfassbar dargestellt
werden.
20
3.3.2 Induktive Statistik
Dieser Teil der Statistik wurde durchgeführt, um den Rückschluss der erhobenen Daten
über die Stichprobe hinaus auf alle Frauen innerhalb eines psychiatrischen Kollektivs zu
ermöglichen.
Eine der Methoden, die hierbei Anwendung fand, war die Bestimmung von sogenannten
Bereichsschätzern für Anteile. Diese, auch als Konfidenzbereiche bezeichneten Intervalle,
überdecken mit einer Sicherheit von 95% den wahren Anteilswert, der im interessierenden
Kollektiv vorherrscht. Analog dazu wird eine 5%ige Irrtumswahrscheinlichkeit α
angenommen, die das Restrisiko dafür beschreibt, dass das ermittelte Intervall den wahren
Wert nicht enthält. Auf dieser Grundlage können zwei Gruppen mit abweichenden, wahren
Anteilswerten mit hoher Sicherheit korrekt voneinander differenziert werden. Bei den
betrachteten Gruppen konnten die exakten Werte mit Hilfe der Wissenschaftlichen
Tabellen von Geigy ermittelt werden.
Zusätzlich wurde der χ²-Test (sog. χ²-Unabhängigkeitstest) durchgeführt, in dem die
beiden interessierenden Hypothesen H₀ (Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem TOGebrauch und dem Persönlichkeitsprofil) und H₁ (die das Gegenteil besagt) gegeneinander
getestet wurden. Für die Berechnung musste zunächst eine Kontingenztafel (siehe Anhang)
mit den absoluten Häufigkeiten für alle Merkmalskombinationen erstellt werden. Auf
dieser Basis wurde der χ²-Wert berechnet, dem abhängig von den Freiheitsgraden der
Aufgabenstellung eine Wahrscheinlichkeit p zugeordnet werden kann. Wenn diese kleiner
ist, als das zuvor festgelegte Signifikanzniveau α (α=0,01), muss die H₀- zugunsten der H₁Hypothese abgelehnt werden.
Weiterhin wurde aufgrund der Fragestellung (Welche DAPP-Charaktereigenschaften
unterscheiden die Frauen mit einem wichtigen transienten Objekt von denjenigen ohne
einen solchen Gegenstand?) bei der Auswertung der Daten, die mittels dem DAPP-Bogen
erhoben wurden, der explorative Ansatz der Datenanalyse gewählt. Hierbei war
entscheidend, dass aus einem Pool von 18 Eigenschaften (und der Lügenskala) die
Charakterzüge herausgefiltert werden, die für die interessierende Gruppe typisch sind.
Auch hier wurde das Signifikanzniveau α auf 0,05 festgesetzt. Zur statistischen Prüfung
dieser Charakterzüge wies der Mann-Whitney-U-Test die notwendigen Kriterien auf, die
eine sinnvolle Verarbeitung der erhobenen Daten gewährleisten, und wurde aus diesem
Grunde auch eingesetzt. Dieser Rangtest, der auch als Wilcoxon-Test für unabhängige
21
Proben bezeichnet wird, arbeitet nicht direkt mit den Originaldaten, sondern mit ihren
Ordnungsstufen. Es ist ein Verfahren, das ordinalskalierte Daten in Form von Rängen für
den Vergleich der zentralen Tendenz verwendet und sich deshalb durch Unempfindlichkeit
gegenüber von Ausreißern und extremen Werten auszeichnet. Ferner ist der MannWhitney-U-Test ein Verfahren, das keine Normalverteilungsannahme der Daten erfordert
und dennoch eine sehr gute Trennschärfe für zwei unabhängige Gruppen bietet [3, 23].
22
4 Ergebnisse
Im Rahmen der Rekrutierung entschieden sich 40 von 153 angesprochenen Frauen gegen
eine Teilnahme an der Studie. 8 (5,2%) mussten aufgrund festgelegter Ausschlusskriterien
abgelehnt werden und zusätzlich wurden die Daten einer Frau nachträglich aus einem Teil
der Auswertung entfernt, da bei ihr aufgrund der kurzen stationären Verweildauer (<24h),
keine verlässliche Entlassdiagnose gestellt werden konnte. Dementsprechend konnten
insgesamt 104 Frauen, also 68,0 % der Befragten, als Teilnehmerinnen für die Studie
gewonnen werden (Abb.1).
Abb.1: Flowchart: Zusammensetzung der Testpersonengruppe aus den Patientinnen
der Psyhiatrischen Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09
4.1 Vergleich der Studienteilnehmerinnen mit der Nicht-Teilnehmer-Gruppe
4.1.1 Vergleich von Alter und Schulbildung
Vor der Vorstellung der Ergebnisse aus der Probandengruppe, sollte die Gruppe der Frauen
betrachtet werden, welche eine Teilnahme an diesem Forschungsprojekt ablehnte. Dabei ist
zu beachten, ob sich die beiden Gruppen aus Teilnehmerinnen und Nicht-Teilnehmerinnen
23
im Wesentlichen voneinander unterschieden und ob dadurch ein Auslesefehler entstanden
sein könnte.
Von insgesamt 144 Frauen, die sowohl die Einschlusskriterien der Studie erfüllten, als
auch sich zum Erhebungszeitraum in der Klinik befanden, lehnten 40 Frauen die
Teilnahme ab, bzw. füllten die Fragebögen in der vorgesehenen Zeit nicht aus, sodass sie
aus der Datenerhebung ausgeschlossen werden mussten. In Bezug auf Alter und
Schulbildung fanden sich keine relevanten Unterschiede zwischen ihnen und den
Teilnehmerinnen. Die 104 Studienteilnehmerinnen waren im Durchschnitt 34,8±9,7 Jahre
alt und damit im Mittel nahezu genau so alt wie die nicht teilnehmenden Frauen (37,3±9,2
Jahre). Auch der Vergleich der Schulbildung zeigte, dass die beiden Gruppen über ein
ähnliches Bildungsprofil verfügten, sodass auch dieses Merkmal keinen bedeutenden
Einfluss auf die Mitwirkung in der Studie bzw. die Verweigerung der Teilnahme ausübte.
4.1.2 Vergleich der Diagnose und Aufenthaltsdauer
Beim Vergleich der beiden Gruppen anhand von Patientendiagnosen und des
Klinikaufenthalts zeigte sich eine Korrelationen zwischen diesen Merkmalen und der
Bereitschaft der Patientinnen Fragebögen zu bearbeiten.
Da die Bearbeitungszeit entsprechend der Aufenthaltsdauer in der Klinik verlängert
werden konnte, nahmen mehr Frauen mit einem längeren Klinikaufenthalt an der Studie
teil. Denn während die Testpersonen durchschnittlich 36,8 Tage in der Klinik verbrachten
(und so lange auch die Möglichkeit zum Beantworten der Fragebögen hatten), blieben die
Nicht-Teilnehmerinnen im Mittel deutlich kürzer stationär (nur 25,1 Tage), sodass
gelegentlich trotz anfänglicher Teilnahmeabsicht die Fragebögen aufgrund einer
kurzfristigen Entlassung unvollständig abgeliefert wurden.
Überdies fanden sich Unterschiede in den Gruppen in Bezug auf die Entlassdiagnosen.
Dabei muss positiv vermerkt werden, dass insbesondere die für die Studie bedeutsame
Teilgruppe mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung mehrheitlich, nämlich zu 94,4%,
in der Studie als Teilnehmerinnen vertreten ist. Deshalb sind die Ergebnisse in Bezug auf
diese Untergruppe gut auf die Gesamtheit der persönlichkeitsgestörten Patienten in
stationärer Behandlung übertragbar.
Insgesamt lag der Anteil der Patientinnen mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung in
unserem stationären Setting bei 36 von 144 Frauen, was prozentual 25% entspricht.
24
Wie in der Abb. 2 ersichtlich, verteilten sich die weiteren Entlassbriefdiagnosen mit
folgenden relativen Häufigkeiten in den beiden Gruppen:
70
prozentualer Anteil einer Diagnose
in der jeweiligen Gruppe
60
50
40
30
20
10
0
PostSchizotraumaDepressi- Persön- SubsBipolartische AngstEssphrener
Sonstige
ve
lichkeits- tanzmißaffekti-ve
Formenstörung Belas- störung
Störung störung brauch
Störung
kreis
tungsstörung
Teilnehmerinnen(n=104)
60,6
32,7
22,1
17,3
8,7
5,8
3,8
2,9
5,8
Nicht-Teilnehmerinnen(n=40)
41
5,1
20,5
38,5
7,7
2,6
0
7,7
5,1
Abb.2: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Gegenüberstellung der Teilnehmer- und Nicht-Teilnehmergruppe
in Bezug auf die Entlassdiagnose (Mehrfachdiagnose möglich)
Die Studienteilnehmerinnen litten mit 60,6% am häufigsten unter depressiven Störungen,
mit Abstand gefolgt von Persönlichkeitsstörungen mit 32,7% und Substanzmissbrauch mit
22,1% an dritter Stelle. Verglichen dazu, wies die Gruppe der nicht-teilnehmenden
Patientinnen mit 41% weniger depressive Störungen auf und beinhaltete auch bedeutend
weniger Persönlichkeitsstörungen (5,1%). In Bezug auf den Substanzmissbrauch waren die
beiden Gruppen nahezu identisch, während Frauen mit Erkrankungen des schizophrenen
Formenkreises eher eine Studienteilnahme ablehnten. Infolgedessen wiesen die
Teilnehmerinnen nur zu 17,3% diese Diagnose auf, im Vergleich zu 38,5% bei den Nicht-
25
Teilnehmerinnen. In der Verteilung der weiteren Entlassdiagnosen fanden sich keine
weiteren charakteristischen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen.
In der Zusammenschau dieser Daten lässt sich feststellen, dass bei der Entscheidung einer
Patientin für bzw. gegen die Teilnahme an der Studie vor allem die Aufenthaltsdauer in der
Klinik eine nicht-beeinflussbare Variable darstellte. Denn diejenigen Patientinnen, denen
mehr Zeit zur Bearbeitung der Fragebögen zur Verfügung stand (etwa 11,7 Tage mehr),
gehörten häufiger den Teilnehmerinnen an.
4.2 Beschreibung der Stichprobe
Insgesamt 104 von 144 Patientinnen wurden in die Studie aufgenommen. Der
Altersdurchschnitt befand sich bei 34,9±9,8 Jahren, der häufigste Schulabschluss war die
mittlere Reife mit 41,3%, an zweiter Stelle vom Hauptschulabschluss mit 29,8% und an
dritter vom Abitur mit 19,2% gefolgt. Die übrigen Probandinnen hatten entweder keinen
Schulabschluss oder sogar ein abgeschlossenes Studium vorzuweisen.
Die wesentlichen Entlassdiagnosen dieser Gruppe bildeten die depressiven Störungen, die
Persönlichkeitsstörungen, der Substanzmissbrauch und die Störungen des schizophrenen
Formenkreises. (Die genauen Prozentangaben können der Abb. 2 entnommen werden.)
Die depressive Störung und die Persönlichkeitsstörung stellen mit 61% und 33% die
beiden häufigsten Diagnosen des Teilnehmerinnenkollektivs dar. Sie kommen beide nicht
unabhängig voneinander vor, sondern zeigen eine hohe Komorbiditätsrate. Mit einem
beachtlichen Anteil von 73% leiden Frauen mit dysfunktionaler Persönlichkeitsstruktur
zusätzlich an einer depressiven Erkrankung. Der Prozentsatz der Patientinnen mit
depressiven Störungen und einer Persönlichkeitsstörung betrug rund 40% (Tabelle 1).
26
Tabelle 1: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Komorbiditätsrate der Studienteilnehmerinnen – intraachsial
und achsenübergreifend
Zahlen repräsentieren absolute Häufigkeiten; Mehrfachnennungen der Komorbiditäten zugleich möglich
Veranschaulichung: Beispielsweise taucht eine Patientin mit der Hauptdiagnose einer Persönlichkeitsstörung
und gleichzeitig vorliegender Ess- und Angststörung entsprechend ihrer zweifachen Komorbidität doppelt in
der Graphik auf, während eine Person mit nur einer (Haupt-)Diagnose nur in der Gesamtzahl (n)
berücksichtigt wird.
Da Erkrankungen bzw. Diagnosen der Persönlichkeitsstörung besonders relevant für die
Fragestellung dieser Studie sind, ist die Komorbidität innerhalb der Achse II nochmals
gesondert dargestellt (siehe Abb. 3).
Bei
insgesamt
34
Persönlichkeitsstörung
von
104
erfüllt.
Teilnehmerinnen
Bei
25
von
waren
ihnen
die
konnte
Kriterien
eine
einer
Borderline-
Persönlichkeitsstörung (BPS) diagnostiziert werden, was mit 74% die häufigste Achse II
Diagnose der Probandinnen darstellte. Weiterhin war bei 17 dieser 25 Frauen eine alleinige
BPS zu finden, die anderen 8 (32%) wiesen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung auf.
Als Kombinationspartner konnte eine dependente, histrionische, selbstunsichere,
zwanghafte, narzisstische und eine paranoide Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden.
27
Die restlichen 9 Frauen mit Persönlichkeitsstörung wiesen andere Achse II Diagnosen auf.
Unter
ihnen
befanden
sich
wiederum
4
Frauen
mit
einer
kombinierten
Persönlichkeitsstörung.
Abb. 3:
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Flowchart: Gegenüberstellung der einfachen zur kombinierten
Persönlich-keitsstörung bei den Studienteilnehmerinnen
Persönlichkeitszüge: einzelne Charakteristika einer Persönlichkeitsstörung, ohne dass die Kriterien einer
manifesten Persönlichkeitsstörung vollständig erfüllt sind (Einzelheiten siehe Text unterhalb der Abbildung);
PS: Persönlichkeitsstörung; BPS: Borderline-Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Charakterzüge der BPS;
andere PS-Züge: Charakterzüge von anderen Persönlichkeitsstörungen
Zahlen repräsentieren absolute Häufigkeiten
Bei einem weiteren Teil der Probandinnen (n=34) konnte eine Persönlichkeitsstörung nicht
sicher ausgeschlossen werden. Die Gründe dafür sind folgende: Alle diese Frauen wurden
wegen einer dominierenden Achse-I-Störung stationär behandelt. Unter klinischer
Beobachtung waren die Diagnosekriterien nicht vollständig erfüllt, sodass die Diagnose
einer Persönlichkeitsstörung im Entlassbrief nicht gestellt werden konnte. In der
Querschnittsuntersuchung des SKID-II-Interviews, welches meist zu Beginn des
stationären Aufenthalts durchgeführt wurde, ergaben sich jedoch Anhaltspunkte für das
Vorhandensein einer Achse-II-Störung. Zugleich spricht auch die Kontinuitätshypothese
28
für die Richtigkeit dieser Beobachtung. Denn sie beschreibt einen fließenden Übergang
zwischen einer manifesten Persönlichkeitsstörung und einer noch im Normbereich
befindlichen Variante der Persönlichkeitszüge [47]. Insofern kann auf diesem Wege das
Vorhandensein
dieser
Zwischengruppe
erklärt
werden,
die
etwa
33%
der
Studienteilnehmerinnen umfasst. Frauen mit Borderline-Persönlichkeitszügen, die dieser
„Zwischengruppe“ angehörten, wurden in einer eigenen Gruppe zusammengefasst, auch
wenn sie gleichzeitig andere Persönlichkeitszüge aufwiesen.
Die letzte übergeordnete Gruppe wurde aus den restlichen 36 Probandinnen gebildet, die
kein dysfunktionales Persönlichkeitsprofil aufwiesen. Diese Frauen zeigten weder während
des stationären Verlaufs noch im SKID-II-Interview Auffälligkeiten, die den Verdacht auf
eine Achse-II-Störung hinreichend begründen konnten.
4.3 Transiente Objekte
Insgesamt 59 Frauen führten transiente Objekte mit sich (siehe Abb. 4). Dabei variierte die
Anzahl zwischen einem und vier pro Patientin. Mit 56% dominierten die Stofftiere
erheblich, gefolgt von Schmuckstücken mit 24% und Fotografien mit 8%.
(Einige dieser Objekte sind zur Anschauung im Anhang abgebildet.)
Sonstiges
12%
Fotos
10%
Fotos
8%
Schmuck
24%
Stofftier
56%
Sonstiges
10%
Schmuck
15%
Stofftier
65%
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09:
Abb. 4: Wichtige transiente Objekte aller
Probandinnen (n=59)
Abb. 5: Wichtige transiente Objekte bei
Borderline-Patientinnen (n=20)
29
Im Vergleich fiel auf, dass alle Stofftiere ähnlich aussahen. In der Farbe waren natürliche
Braun- und Beigetöne bevorzugt und auch die Textur war flauschig und zottelig, mit
weitgehendem Verzicht auf glatte Oberflächen. Bemerkenswerterweise variierte die Größe
der meisten transienten Objekte lediglich in einem engen Rahmen zwischen 10 und 30 cm.
Beim Schmuck dagegen waren zwei verschiedene Kategorien zu beobachten. Einerseits
Ringe, die meist von einer bedeutenden Person an die Probandinnen geschenkt worden
waren, andererseits Kettenanhänger, die ständig am Körper geführt wurden. Hier kam es
weniger auf die Materialien der Schmuckstücke an. Beispielsweise wurden keine
Edelmetalle oder –steine verwendet. Der große Wert wurde eher auf den symbolhaften
Charakter und eine beschützende Bedeutung der Gegenstände gelegt.
Die Fotografien, die als transiente Objekte Verwendung fanden, bildeten meistens geliebte
Menschen der Patientinnen ab, zum Teil auch Haustiere.
Da im Rahmen dieser Studie die Verteilung der wichtigen Objekte bei den BPSPatientinnen im Besonderen interessierte, wurden hier eigens die dazugehörigen
Prozentwerte berechnet (siehe Abb. 5). Dabei zeigte sich, dass diese Frauen mit 65% etwas
häufiger als der Durchschnitt aller Probandinnen Stofftiere als wichtige emotionale
Gegenstände benutzten.
4.4 Studienteilnehmerinnen und emotional bedeutsame Objekte
Die 59 Probandinnen, welche ein emotional bedeutsames Objekt besaßen, wurden den
Teilnehmerinnen ohne einen solchen Gegenstand gegenübergestellt. Dabei konnten keine
relevanten Unterschiede in Bezug auf das Bildungsniveau der beiden Gruppen festgestellt
werden.
Weiterhin wurde das Alter der Teilnehmerinnen in beiden Gruppen untersucht. Hier konnte
nachgewiesen werden, dass Testpersonen mit transienten Objekten mit 33,2 Jahren
tendenziell etwa 3,4 Jahre jünger als ihre Mitpatientinnen ohne ähnliche Gegenstände
waren. Obwohl dieser Unterschied nicht allzu beeindruckend wirkt, könnte er doch ein
Zeichen der fortschreitenden Maturation darstellen, in deren Verlauf die emotional
wichtigen Gegenstände abgelegt werden.
Ganz
erstaunliche
Unterschiede
zeigten
sich
jedoch
bei
der
Analyse
des
Klinikaufenthaltes. Um mehr als 15 Tage länger gestaltete sich dieser im Durchschnitt bei
den Frauen mit einem transienten Objekt. In Relation mit der gesamten Aufenthaltsdauer,
30
die bei Objektbesitzerinnen 43,3 Tage und der Alternativgruppe nur 27,9 Tage betrug,
stellte diese Differenz eine deutliche Abweichung zwischen den beiden Gruppen dar. Diese
könnte auf einen schwereren Krankheitsverlauf und eine längere Remissionsphase bei der
Gruppe mit einem transienten Objekt hindeuten.
4.4.1 Achse-II-Störungen und emotional bedeutende Objekte
Die Testpersonen mit Persönlichkeitsstörungen (Achse II nach DSM-IV) und ihr
Objektgebrauch interessierten im Rahmen dieser Studie besonders. Bei ihnen konnte ein
hoher Korrelationsgrad von 73,5% zwischen dem Besitz von transienten Objekten und
ihrer Erkrankung nachgewiesen werden.
Auch die Frage nach der Assoziation der Borderline-Störung mit einem transienten Objekt
sollte beantwortet werden. Dazu wurde in der Abbildung 6 zunächst eine grobe
Unterteilung der Probandinnen vorgenommen, wobei in die eine Gruppe Patientinnen mit
der BPS und mit BPS-ähnlicher Persönlichkeitsstruktur, in die zweite dagegen die
restlichen Probandinnen eingeordnet wurden.
100
90
relative Häufigkeit in %
80
76
70
60
50
44
40
BPS, BPS-Züge; n= 42
30
and.PS, and.PS-Züge, keine
PS; n=62
20
10
0
Abb. 6: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Anteile der transienten Objekte bei Patientinnen mit manifester
BPS und einer ähnlichen Persönlichkeitsstruktur vs. den restlichen
Probandinnen
BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Borderline Persönlichkeitszüge; and. PS: andere
Persönlichkeitsstörung; and. PS-Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; keine PS: keine
Persönlichkeitsstörung
31
Diese Darstellung zeigt das deutliche Überwiegen des TO-Gebrauchs in der Gruppe der
Borderline-Patientinnen und der Probandinnen mit einer BPS-ähnlichen Persönlichkeitsstruktur.
Da gerade der Zusammenhang zwischen der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung und
dem Besitz von emotional wichtigen Gegenständen von besonderer Relevanz für die
Beantwortung der Fragestellung der Studie ist, wurden die beiden Gruppen aus der
Abbildung 6 anhand ihrer Achse-II-Erkrankungen in strukturiertere, homogenere
Untereinheiten aufgeschlüsselt, wie bereits im Kapitel 4.2 beschrieben (siehe Abb. 7).
Abb. 7:
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Flowchart: TO-Besitz der Studienteilnehmerinnen, abhängig von
der Persönlichkeitsstruktur
TO: Transientes Objekt; BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; PS: Persönlichkeitsstörung, andere PSZüge: Züge anderer Persönlichkeiten; BPS-Züge: Züge der BPS
Auf diesem Weg entstanden aus den 104 Teilnehmerinnen 5 Subgruppen: In die erste
wurden alle Borderline-Patientinnen, in die zweite die Patientinnen mit allen anderen
Persönlichkeitsstörungen, außer BPS, eingeschlossen.
Die nächsten zwei Gruppen wurden aus Frauen zusammengestellt, die im SKID-IIInterview Anzeichen für eine Persönlichkeitsstörung boten, im klinischen Alltag
32
diesbezüglich jedoch die Kriterien für eine manifeste Persönlichkeitsstörung nicht
erfüllten. Die Frauen dieser Kategorie wurden auf die nächsten zwei Untergruppen,
abhängig davon ob Borderline Persönlichkeitszüge vorlagen oder nicht, aufgeteilt. In der 3.
Gruppe wurden so alle mit Borderline Persönlichkeitszügen zusammengefasst, in der 4.
alle Frauen mit den Charakteranteilen der anderen 9 Persönlichkeitsstörungen.
In der letzten Gruppe schließlich, verblieben all jene Testpersonen, die keinerlei Hinweise
für das Bestehen einer Persönlichkeitsstörung zeigten.
Jede dieser Subgruppen wurde nun auf die Anwesenheit von transienten Objekten hin
untersucht und die dazugehörenden Anteile berechnet (siehe Abb. 8)
100
90
80
80
71
relative Häufigkeit in %
70
65
BPS n=25
60
56
BPS-Züge n=17
andere PS n=9
50
andere PS Züge n=17
40
keine PS n=36
31
30
20
10
0
Abb. 8:
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Anteile der transienten Objekte bei den Studienteilnehmerinnen,
abhängig von ihrer Persönlichkeitsstruktur
BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Borderline Persönlichkeitszüge; PS: Persönlichkeitsstörung; andere PS Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; TO: Transientes Objekt
Auflistung der einzelnen Diagnosen kann dem Anhang entnommen werden.
In dieser Darstellung wird deutlich, dass Gruppen mit einem dysfunktionalen
Persönlichkeitsprofil, aber insbesondere mit Persönlichkeitszügen einer Borderline-
33
Störung bzw. einer manifesten BPS im Vergleich zu Persönlichkeitsgesunden besonders
hohe Prozentwerte beim Besitz von emotional wichtigen Objekten erreichten. Um diese
Aussage zu stützen, wurden 95%ige Konfidenzintervalle für die Anteile in diesen 5
Gruppen berechnet (siehe Tabelle 2) und in einer graphischen Darstellung veranschaulicht
(Abb. 9).
Tabelle 2: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Konfidenzintervalle für den TO-Besitz in den fünf Gruppen des
Studienkollektivs
BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der Borderline-Persönlichkeit; andere PS-Züge:
Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung; TO: Transientes Objekt
Konfidenzintervalle in %
BPS
BPS-Züge
andere PS
andere PS-Züge
keine PS
0
Abb. 9:
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08
bis 27.07.09: Graphische Darstellung der Konfidenzintervalle aus der
Tabelle 1
BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der Borderline-Persönlichkeit; andere PS-Züge:
Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung; TO: Transientes Objekt
34
Die graphische Darstellung der Konfidenzintervalle erlaubt die Interpretation der
Ergebnisse auf einen Blick. Sie zeigt nämlich in welchen Grenzen sich die wahren
Anteilswerte dieser Gruppen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit befinden. Die Länge des
Intervalls erlaubt zusätzlich eine gewisse Aussage über die Anzahl der Gruppenmitglieder.
Je mehr Mitglieder zu einer Gruppe gehören, desto kleiner berechnet sich das Intervall und
desto genauer wird die Aussage zu dem wahren Anteilswert dieser Gruppe. Mit dieser
Methode erhält man die Information, inwieweit sich die einzelnen Gruppen voneinander
unterscheiden. Beispielsweise überschneidet das Konfidenzintervall der persönlichkeitsgesunden Gruppe in keinem Bereich das Konfidenzintervall der BorderlinePatientinnen. Daraus lässt sich ableiten, dass es sich um zwei Gruppen handelt, deren reale
mittlere Tendenzen in Bezug auf transiente Objekte wesentlich voneinander differieren.
Wenn man das Konfidenzintervall der Gruppe mit Borderline Charakterzügen betrachtet,
kann dagegen eine große Übereinstimmung zur Borderline-Gruppe und nur eine
verschwindend geringe Überschneidung mit der persönlichkeitsgesunden Kohorte
verzeichnet werden.
Auch der χ²-Unabhängigkeitstest wurde zu dieser Fragestellung berechnet. Er erwies sich
als signifikant zum Signifikanzniveau α=0,01, sodass die H₀-Hypothese verworfen werden
konnte. Diese besagte, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem TO-Gebrauch und
dem Persönlichkeitsprofil gibt. Daraufhin konnte die H₁-Hypothese mit der gegenteiligen
Aussage angenommen werden. (Die dazugehörige Mehrfeldertafel und Ergebnisse finden
sich im Anhang.)
4.4.2 Emotional wichtige Gegenstände in der Kindheit
Ein weiterer Aspekt im Hinblick auf die Verwendung von transienten Objekten soll in
diesem Abschnitt beleuchtet werden. Es ist bekannt, dass emotional wichtige Objekte bei
der frühkindlichen Entwicklung im Rahmen der körperlichen Loslösung von den
Bezugspersonen eine bedeutende Rolle spielen. Die in diesem Zeitraum vorhandenen
wichtigen Gegenstände werden als vorübergehendes Erscheinungsbild bei Kindern
angesehen und als nicht pathologisch betrachtet.
Im Rahmen dieser Studie wurde weiter untersucht, in welchem Ausmaß bei den Personen
der oben genannten Gruppen solche Objekte in frühester Kindheit vorlagen. Dabei konnten
35
die folgenden Prozentzahlen für die fünf Gruppen der Teilnehmerinnen ermittelt werden
(siehe Abb. 10)
Die Abbildung 10 setzt den TO-Besitz im Erwachsenenalter und in der Kindheit im
Gruppenvergleich miteinander in Beziehung. Auf diese Weise kann die Veränderung des
Anteils an transienten Objekten zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter
untersucht werden.
Die wichtigste Erkenntnis dieses Diagramms bildet jedoch die Beobachtung, dass alle fünf
Gruppen annähernd gleich häufig über emotional bedeutsame Objekte in der Kindheit
berichteten. Der Prozentsatz pendelt nur geringfügig zwischen 41% und 56%, sodass man
in der Kindheit von einem nicht pathologischen Objektgebrauch aller Gruppen ausgehen
kann. Der wesentliche Unterschied entwickelte sich erst im Erwachsenenalter und zeigte in
der getesteten Population ein Minimum von 31% in der persönlichkeitsgesunden und ein
Maximum von 80% in der Borderline-Gruppe.
65
71
80
56
53 31
44
56
41
50
60
40
20
0
relative Häufigkeit in %
100
80
Abb. 10: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Vergleich des TO-Besitzes in der Kindheit und im Erwachsenenalter der Studienteilnehmerinnen
BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der Borderline-Persönlichkeit; andere PS-Züge:
Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung; TO: Transientes Objekt
36
Auch für diese Konstellation wurden 95%ige Konfidenzintervalle berechnet, die aber
anders als im Vergleich der Erwachsenengruppen großflächige Überschneidungen der
Bereichsschätzer zeigten. Folglich befinden sich die wahren mittleren Tendenzen dieser
fünf Gruppen im minimalen Abstand voneinander entfernt. Diese Beobachtung lässt die
Schlussfolgerung überzeugend erscheinen, dass sich die Mitglieder dieser fünf Gruppen im
Kindesalter bezüglich ihres Besitzes von transienten Objekten kaum voneinander
unterschieden.
4.5 Studienteilnehmerinnen und Selbstverletzungen
Im Weiteren wurde das Kriterium der wiederholten Selbstverletzung in nicht-suizidaler
Absicht (NSSV) bei den Probandinnen untersucht. Dieses Merkmal wurde in der Studie
mitbearbeitet, um ein Vergleichsmoment gegenüber dem TO-Gebrauch zu bilden. In der
Persönlichkeitsdiagnostik ist das Merkmal der NSSV bereits als Kriterium des DSM-IV
bzw. ICD-10 Katalogs für die Borderline-Störung integriert.
Insgesamt wurden die Daten von 103 der 104 Studienteilnehmerinnen für diese
Auswertung verwendet. Eine Frau musste ausgeschlossen werden, da sie aufgrund
undeutlicher Kennzeichnung im SHBQ-Fragebogen weder eindeutig in die Gruppe mit
noch ohne Selbstverletzungen eingeordnet werden konnte. Bei ihr konnte eine
Doppelerkrankung mit einer depressiven Komponente und Substanzmissbrauch, jedoch
keine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden.
4.5.1 Achse-II-Störungen und Selbstverletzung
Die Studienteilnehmerinnen, welche unter einer Persönlichkeitsstörung litten (unabhängig
vom Typus) berichteten zu einem beträchtlichen Anteil von 76,5% von wiederholten
Selbstverletzungen
in
ihrer
Vergangenheit.
Dieses
Ergebnis
muss
unter
der
Berücksichtigung einer hohen Prävalenz (73,5%) von Borderline Störungen in diesem
Patientengut interpretiert werden. Denn bei dieser Erkrankung gehören wiederholte
Selbstverletzungen zu einem entscheidenden Diagnosekriterium der Störung. Zur
Darstellung dieses Zusammenhangs wurden die Patientinnen erneut in fünf Gruppen,
abhängig von ihrem Persönlichkeitsprofil eingeteilt (vgl. Graphik mit transientem Objekt)
37
und der Anteil der Frauen mit wiederholten Selbstverletzungen berechnet. In der
Abbildung 11 sollen diese Ergebnisse graphisch veranschaulicht werden.
Als Anmerkung zum Diagramm soll erwähnt werden, dass viele psychiatrische Patienten
im Laufe ihrer Krankengeschichte absichtliche, nicht-suizidale Selbstverletzungen auf der
Basis verschiedenster Affektzustände und Hintergründe unternommen haben. Bei vielen
bleibt es bei vereinzelten Handlungen. Als ein Diagnosekriterium findet dieses Verhalten
erst Verwendung, wenn es gehäuft auftritt und als eine Art Copingstrategie benutzt wird.
Aus diesen Überlegungen heraus, wurde dieses Kriterium ab einer Häufigkeit von
mindestens vier Selbstverletzungen in die vorliegende Datenanalyse aufgenommen. Wobei
die
hier
angewandte Grenze
in
aktuellen Publikationen für
die
wiederholte
Selbstverletzung vorgeschlagen wurde [13]
100
90
88
relative Häufigkeit in %
80
70
BPS n=25
60
BPS-Züge n=17
50
41,2
andere PS n=9
44,4
andere PS-Züge n=16
40
keine PS n=36
30
20
12,5
13,9
10
0
Abb. 11:
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Repititive Selbstverletzungen (≥4) abhängig von der Persönlichkeitsstruktur innerhalb des Studienkollektivs
BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der Borderline-Persönlichkeit; andere PS-Züge:
Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung; n=103
Abbildung 11 zeigt gehäufte repetitive (≥4) Selbstverletzungen bei Patienten mit einer
Borderline-Persönlichkeitsstörung. In der vorliegenden Untersuchung wiesen 88% von
38
ihnen in ihrer Krankengeschichte selbstverletzendes Verhalten auf. Damit waren sie mehr
als doppelt so häufig betroffen als die übrigen psychiatrischen Patientinnen.
Die Gruppen der anderen Persönlichkeitsstörungen und der Borderline-ähnlichen
Charakterzüge zeigten Anteile zwischen 44 % und 41%.
In der Kohorte der persönlichkeitsgesunden Frauen, währenddessen, ließ sich dieses
Merkmal lediglich bei 13,9% nachweisen. Somit sind sie in der Ausprägung ihres
Selbstverletzungsverhaltens vergleichbar mit denjenigen Testpersonen, die der Gruppe der
anderen pathologischen Persönlichkeitszüge zugeordnet sind (12,5%).
4.6 Vergleich der Merkmale: transientes Objekt und Selbstverletzung
Im direkten Vergleich (siehe Abb. 12) kann gezeigt werden, dass Borderline Patientinnen
gehäuft beide Merkmale, also sowohl ein transientes Objekt (80%), als auch
selbstschädigendes Verhalten (88%), aufweisen.
100
Selbstverletzung ≥4mal
90
wichtiges TO
relativer Anteil in %
80
70
60
50
40
30
20
10
0
BPS
BPS-Züge
andere PS
andere PS-Züge
keine PS
Abb. 12: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Vergleich der Kriterien: Transientes Objekt und Selbstverletzung
innerhalb der Studiengruppe
TO: Transientes Objekt; BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der BorderlinePersönlichkeit; andere PS-Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung
39
Persönlichkeitsgesunde Studienteilnehmerinnen zeigen dagegen wie erwartet, sowohl eine
geringere Selbstverletzungshäufigkeit (13,9 %) als auch seltenen TO Gebrauch (31 %). In
den übrigen drei Gruppen lässt sich jedoch festhalten, dass das transiente Objekt wenig
zwischen den einzelnen Fraktionen mit pathologischen Charaktermerkmalen unterscheidet.
Daraus lässt sich möglicherweise ableiten, dass das TO mit dem Vorhandensein
dysfunktionaler Charakterzüge korreliert. Dagegen zeigt sich das Kriterium der
Selbstverletzung sensitiver hinsichtlich einer Differenzierung von BPS-Patienten und
Patienten ohne BPS.
4.7 Auswertung des DAPP-Modells
4.7.1 DAPP-Charaktereigenschaften bei den Probandinnen
Im zweiten Teil der Studie wurde der DAPP-Fragebogen als Datenbasis verwendet. Mit
seiner Hilfe wurden bestimmte Charaktereigenschaften der Probandinnen auf die Stärke
ihrer Ausprägung hin untersucht. Die Auswertung wurde nach den im Methodenteil
beschriebenen Kriterien vorgenommen. Stark lückenhafte bzw. nicht fertiggestellte
Fragebögen fanden in der Datenanalyse keine Verwendung. Deshalb wurden nur Daten
von 102 Teilnehmerinnen im Rahmen dieses Versuchsteils ausgewertet und interpretiert.
4.7.2 Assoziation bestimmter DAPP-Merkmale mit transienten Objekten
In diesem zweiten Studienabschnitt sollte die Frage geklärt werden, ob es spezifische
Charaktereigenschaften gibt, die zum Gebrauch von emotional wichtigen Objekten
prädisponieren. Die hierfür verwendete Eigenschaftsauswahl entstammt dem DAPPModell,
das
18
voneinander
verschiedene,
nur
wenig
überlappende
Persönlichkeitsmerkmale beschreibt. Das dazugehörende Diagnostikinstrument stellt der
DAPP-Fragebogen dar.
Für die Auswertung wurden zwei Gruppen gebildet. Die erste umfasste alle Frauen mit
einem emotional wichtigen Gegenstand, die zweite alle anderen Probandinnen der
Teilnehmerkohorte. Für jede Gruppe und jedes Charaktermerkmal wurden der minimale
und der maximale Wert, der Median sowie das erste (25%iger Wert) und zweite (75%iger
40
Wert) Quartil ermittelt. Aus diesen Werten ließ sich eine Boxplot-Graphik konstruieren
(Abb. 13), die eine Verteilung jeder Eigenschaft in jeder Gruppe optisch veranschaulicht.
Auf diese Weise können die beiden Gruppen in Bezug auf die Merkmalsausprägung
INSECATT** SUICIDE**
ohne TO n=42
SUSPIC*
ohne TO n=42
ANXIETY*
ohne TO n=42
COGDIS*
miteinander verglichen werden.
ohne TO n=42
TO n=58
ohne TO n=42
TO n=59
TO n=59
TO n=59
TO n= 58
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Summenscore der DAPP-Eigenschaften
Abb. 13: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Verteilung der signifikanten DAPP-Items bei Probanden mit und
ohne ein transientes Objekt
DAPP-Items=Charaktereigenschaften des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens;
COGDIS=Cognitive Distortion; ANXIETY=Anxiousness; SUSPIC= Suspiciousness; INSECATT=Insecure
Attachment; SUICIDE=Self Harm; TO=Transientes Objekt; *= signifikant (p<0,05) nach dem MannWhitney-U-Test; **=hoch signifikant (p<0,01) nach dem Mann-Whitney-U-Test; n=Anzahl der für diese
Eigenschaft ausgewerteten Fragebögen; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem
auswertbaren Charaktermerkmal=102; die unterschiedlichen Zahlen der TO-Besitzerinnen und Probandinnen
ohne TO leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die
Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt wurde.
In der Abbildung 13 ist die Verteilung der Punktesummen für alle DAPPCharaktermerkmale dargestellt, die zwischen den Probandinnen mit transienten Objekten
und ihren Pendants ohne TO signifikante Unterschiede zeigten. Diese Signifikanz wurde
anhand des U-Tests, auch unter dem Namen Mann-Whitney-U-Test bzw. Wilcoxon-Test
für unverbundene Stichproben bekannt, bestimmt.
41
Dabei wurden die Unterschiede zwischen den beiden Testgruppen zum Signifikanzniveau
α von 0,05 berechnet. Tabelle 3 zeigt die ermittelten p-Werte für die signifikanten
Ergebnisse.
Tabelle 3: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Die p-Werte der signifikant-unterschiedlichen DAPPCharakterzüge zwischen den Patientinnen mit und ohne ein transientes
Objekt
DAPP-Charaktermerkmal=Charaktereigenschaft des Dimensional Assessment of Personality Pathology
Fragebogens; COGDIS=Cognitive Distortion; ANXIETY=Anxiousness; SUSPIC=Suspiciousness;
INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; TO=Transientes Objekt; *signifikant (p<0,05)
nach dem Mann-Whitney-U-Test; **hoch signifikant (p<0,01) nach dem Mann-Whitney-U-Test; Gesamtzahl
der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=102; die unterschiedlichen
Zahlen der TO-Besitzerinnen und Probandinnen ohne TO leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer
Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden
Charaktermerkmals berücksichtigt wurde.
Zur Interpretation der oben dargestellten Graphiken (Abb. 13, Tabelle 3) lässt sich
folgendes feststellen: Die Frauen mit einem transienten Objekt zeigten deutlich höhere
Werte in den Eigenschaften „Kognitive Verzerrung“, „Argwohn“ und „Ängstlichkeit“,
verglichen mit denjenigen Probandinnen ohne transiente Objekte. Bei den Merkmalen
„Unsichere Bindung“ und „Selbstschädigung“ fallen die berechneten Unterschiede sogar
hoch signifikant (p<0,01) aus. Auch in der Boxplot-Darstellung (Abb. 13) können diese
starken Differenzen nachvollzogen werden. Anhand des Vergleichs der Mediane lassen
sich hier bereits deutliche Abweichungen der Gruppen voneinander feststellen.
Bei der Suche nach Gemeinsamkeiten bei diesen fünf Merkmalen fällt auf, dass sie alle
dem übergeordneten Merkmal der „Emotionalen Dysregulation“ zuzurechnen sind, wobei
die TO-Gruppe bei jeder dieser Charaktereigenschaften signifikant höhere Punktwerte
aufweist als die Alternativkohorte.
42
4.7.3 DAPP-Charaktermerkmale und nicht-suizidale Selbstverletzungen
Die gleiche Methode wurde auch zur Untersuchung des Kriteriums der wiederholten
Selbstverletzung angewandt. Auch hier sollten die Eigenschaften ermittelt werden, welche
Frauen mit selbstschädigenden Verhaltensweisen von denen ohne unterscheiden. Dabei
wurde eine beachtliche Anzahl von unterschiedlichen Charaktermerkmalen identifiziert
(siehe Abb. 14 und Tabelle 4).
Im Mann-Whitney-U-Test erwiesen sich folgende DAPP-Traits als hoch signifikant
(p<0,01) verschieden zwischen den beiden Versuchskollektiven: „Unterwürfigkeit“,
„Affektive Labilität“, „Oppositionshaltung“ und „Argwohn“. Signifikante Unterschiede
(p<0,05) fanden sich zwischen den Vergleichsgruppen auf der Lügenskala und beim Trait
„Unsichere Bindung“ (Tabelle 4).
Sogar höchst signifikante (p<0,001) Differenzen konnten bei den DAPP-Eigenschaften
„Kognitive Verzerrung“,
„Identitätsprobleme“,
„Ausdrucksarmut“,
„Ängstlichkeit“,
„Kontaktvermeidung“ und „Selbstschädigung“ nachgewiesen werden.
Alle diese signifikanten Merkmale waren in der Gruppe mit wiederholter Selbstverletzung
stärker ausgeprägt, was sich in höheren Punktwerten gegenüber den Probandinnen ohne
Selbstverletzungsverhalten widerspiegelte. Die einzige Ausnahme bildeten hier die
Summenwerte der Lügenskala, die bei Frauen ohne selbstschädigendem Verhalten höhere
Werte annahmen.
SUBMIS COGDIS IDENT** AFFSTA RESTEXP PASSAG ANXIETY SUSPIC* SOCA** INSECAT SUICIDE
LIE*
**
***
*
B**
***
G**
***
*
*
T*
***
43
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=38
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=38
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=39
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=38
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=39
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=39
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=39
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=39
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=39
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=38
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=38
ohne Selbstverletzung n=62
Selbstverletzung n=39
0
20
40
60
80
100
Summenscore der DAPP-Eigenschaften
Abb. 14: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Verteilung der Punktewerte der DAPP-Items bei Probanden mit
und ohne wiederholte Selbstverleztung
DAPP-Items=Charaktereigenschaften des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens;
SUBMIS=Submissivness; COGDIS=Cognitive Distortion; IDENT=Identity Problems; AFFSTAB=Affective
Lability; RESTEXP=Restricted Expression; PASSAGG=Passive-Aggressivity; ANXIETY=Anxiousness;
SUSPIC=Suspiciousness; SOCA=Social Avoidance; INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self
Harm; LIE=Lügenskala; *=signifikant (p<0,05) nach dem Mann-Whitney-U-Test; **= hoch signifikant
(p<0,01) nach dem Mann-Whitney-U-Test, ***=höchst signifikant (p<0,001) nach dem Mann-Whitney-UTest; n=Anzahl der für dieses Merkmal ausgewerteten Fragebögen; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit
mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=102; die unterschiedlichen Zahlen der Probandinnen mit
und ohne Selbstverletzung leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der
beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt
wurde.
44
Tabelle 4: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis
27.07.09: Die p-Werte der signifikant-unterschiedlichen DAPPCharakterzüge zwischen den Patientinnen mit und ohne wiederholte
Selbstverletzung
DAPP-Charaktermerkmal=Charaktereigenschaft des Dimensional Assessment of Personality Pathology
Fragebogens; SUBMIS=Submissivness; COGDIS=Cognitive Distortion; IDENT=Identity Problems;
AFFSTAB=Affective Lability; RESTEXP=Restricted Expression; PASSAGG=Passive-Aggressivity;
ANXIETY=Anxiousness; SUSPIC=Suspiciousness; SOCA=Social Avoidance; INSECATT=Insecure
Attachment; SUICIDE=Self Harm; LIE=Lügenskala; *=signifikant (p<0,05) nach dem Mann-Whitney-UTest; **=hoch signifikant (p<0,01) nach dem Mann-Whitney-U-Test, ***=höchst signifikant (p<0,001) nach
dem Mann-Whitney-U-Test; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren
Charaktermerkmal=102; die unterschiedlichen Zahlen der Probandinnen mit und ohne Selbstverletzung leiten
sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die
Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt wurde.
45
5 Diskussion
5.1 Formulierung der Themafragen
Im Rahmen dieser Studie sollte der Zusammenhang zwischen dem Besitz von emotional
wichtigen Objekten bei Patientinnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung in einem
stationären psychiatrischen Kollektiv untersucht und die Bedeutung dieser Korrelation
ausgewertet werden. Ergänzend dazu wurde das bereits für die genannte Störung etablierte
Diagnostikkriterium der Selbstverletzung bei dem gleichen Patientengut evaluiert und als
Vergleichsmoment zum transienten Objekt bei der Datenerhebung angewendet.
Im zweiten Teil der Studie wurden unabhängig von der psychiatrischen Diagnose
Charaktereigenschaften anhand eines international etablierten Persönlichkeitsinventars
(DAPP, siehe Methodenteil) identifiziert, die eine unterschiedliche Ausprägung bei
Probandinnen mit und ohne transientes Objekt zeigen. Auch das Merkmal der
Selbstverletzung
wurde
in
diesem
Teil
der
Untersuchung
hinsichtlich
des
Persönlichkeitsinventars gleichermaßen analysiert.
Das Ziel der Studie war zum einen eine Korrelation zwischen TO-Gebrauch und
diagnostizierter Persönlichkeitsstörung zu finden, sowie eine Verbindung von TOGebrauch und bestimmten Charaktereigenschaften anhand des Persönlichkeitsinventars
festzustellen.
5.2 Interpretierbarkeit der Studienergebnisse
Die in dieser Studie erhobenen Daten spiegeln repräsentativ den Anteil an BorderlinePatienten in stationär psychiatrischen Einrichtungen wider. 26 von 144 (18%) Patientinnen
in der betroffenen Kohorte erhielten die Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung.
Ähnliche Anteile der Borderline Persönlichkeitsstörung an der Gesamtzahl der stationär
psychiatrischen Patienten - in Höhe von 20% - beschreiben zahlreiche andere
wissenschaftliche Publikationen [31, 34, 18, 8]. Über 94% der Patientenfälle mit einer
manifesten
Persönlichkeitsstörung
konnten
aufgrund
ihrer
Einwilligung
in
die
Datenerfassung aufgenommen werden, darunter befanden sich 25 Frauen mit einer
diagnostizierten BPS. Nur eine BPS-Patientin lehnte die Studienteilnahme ab.
46
Für die entscheidende Fragestellung der Studie, welche vor allem die Korrelation von TO
Gebrauch und Borderline-Persönlichkeitsstörung betrifft, wurden bewusst nur Frauen als
Probandinnen gewählt, denn sie stellen nach den heutigen Erkenntnissen den Großteil der
Betroffenen BPS-Patienten, sowohl in psychiatrischen (70-80%) als auch in forensischen
(über 66%) Einrichtungen, dar [11, 41, 7, 9].
Somit können die in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse aufgrund der oben
aufgeführten Argumente gut auf die Gesamtheit der weiblichen Patienten in stationärer
psychiatrischer Behandlung angewendet werden.
5.3 Aussage der Studienergebnisse in Bezug auf die BPS
5.3.1 Assoziation der BPS mit TO im Erwachsenenalter
Im Rahmen der vorliegenden Studie konnte bei 80% der Borderline-Patientinnen der
Gebrauch von emotional wichtigen Gegenständen, sog. „Transitional Objects“ (TO),
erhoben werden. Dieser Prozentsatz wurde in Form von Konfidenzintervallbestimmungen
statistisch aufgearbeitet. Mit der Sicherheit von 95% liegt nun der wahre unbekannte
Anteilswert innerhalb der Vertrauensgrenzen von 59,3-93,2% und weicht deutlich vom
Wert der persönlichkeitsgesunden Kohorte ab. Auch im χ²-Test konnte die H₀-Hypothese
(Es
gibt
keinen
Zusammenhang
zwischen
dem
TO-Gebrauch
und
dem
Persönlichkeitsprofil) zu Gunsten der Alternativhypothese verworfen werden. Die letztere
spricht für eine Korrelation von TO-Gebrauch und Persönlichkeitsprofil der Patientinnen.
Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist dabei diejenige Diagnose, welche den höchsten
Prozentsatz an transienten Objekten innerhalb des Patientenkollektivs aufwies.
Auch die Ergebnisse der wenigen Vorgängerstudien, beispielsweise von Cardasis und
Mitarbeitern aus dem Jahr 1997, stützen diese Behauptung. In ihrer Untersuchung lag der
Besitz von transienten Objekten bei Borderline-Patienten um mehr als das Doppelte höher
(63% vs. 27 %) als bei Patienten ohne diese Erkrankung [14]. Eine andere
Veröffentlichung von den Autoren Labbate und Benedek (1996) erforschte den
Zusammenhang zwischen Borderline-Persönlichkeit und am Bett ausgestellten Stofftieren.
Unter 36 Frauen, die ein solches Stofftier besaßen, wurde bei 22 (61%) die BPS
diagnostiziert [33]. Ferner wurde eine explorative Studie im nicht-psychiatrischen Setting
an 176 Probanden von Schmaling et al. durchgeführt. Hier sollte die Frage nach dem
47
Zusammenhang von psychosozialen Charakteristika von Erwachsenen mit transienten
Objekten geklärt werden. In dieser Studie konnte bei 13 Probanden ein TO-Gebrauch
festgestellt werden, alle 13 waren Frauen. Verglichen mit ihren gematchten Kontrollen
zeigten sie häufiger einen dysfunktionalen Persönlichkeitsstil [46].
Verglichen zur o.g. Untersuchung von Cardasis et al. lässt sich jedoch auch eine gewisse
Diskrepanz zwischen den beschriebenen Prozentsätzen und den hier vorliegenden
Ergebnissen feststellen. Dies kann z.T. auf unterschiedliche Untersuchungskollektive
zurückgeführt werden. In die aktuelle Studie wurden lediglich Frauen eingeschlossen, da
weibliche Patienten den mit Abstand größten Anteil an Patienten mit Borderline-Störung in
psychiatrischen Einrichtungen darstellen (siehe Ausführungen oben), während in der
Studie von Cardasis 79% der BPS-Patienten und 71% der übrigen Patienten weiblich
waren. Diese Tatsache verhindert einen direkten quantitativen Vergleich der Ergebnisse
beider Studien. Im Vorfeld dieser Untersuchung konnte von uns jedoch nur sehr selten ein
TO-Gebrauch bei Männern beobachtet werden. In den wenigen anderen Untersuchungen
zu diesem Thema wurden bisher
hauptsächlich Frauen als Versuchspersonen
eingeschlossen bzw. in einem gemischten Kollektiv konnten nur bei Frauen TOs erfasst
werden [46, 33]. In der Studie von Cardasis et al. wurde das Verhältnis von Frauen und
Männern in Bezug auf den TO-Gebrauch nicht erwähnt [14].
Eine genauere Unterteilung der Probandinnen ohne Diagnose einer BPS in Subgruppen
erschien für die Auswertung der Daten als eine nützliche Maßnahme. Mit Hilfe der
weiteren Untergruppierung ließ sich eine Abstufung der TO-Anteile abhängig vom
Schweregrad und Art der Persönlichkeitsstörung, bzw. vom Fehlen einer dysfunktionalen
Persönlichkeitsstruktur darstellen. So konnte annähernd ein Kontinuum zwischen Ausmaß
der Persönlichkeitsstörung und Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines TOs
beschrieben werden. Im Einzelnen betrachtet, konnten in der Borderline-Gruppe bei 80%
der Probandinnen und in der Gruppe der Borderline-ähnlichen Persönlichkeitszüge bei
71% transiente Objekte erfasst werden. Andere Persönlichkeitsstörungen und die Gruppe
mit deren einzelnen Persönlichkeitszügen zeigten bereits eine sinkende Tendenz (56%
bzw. 65%) für den TO-Gebrauch. Die am Ende des Kontinuums befindlichen
persönlichkeitsgesunden Patientinnen hatten mit 31% den niedrigsten Anteil an emotional
bedeutsamen Gegenständen (siehe dazu auch Abb. 8). Damit präsentierte sich die Gruppe
der BPS-ähnlichen Charakterzüge, die dem Persönlichkeitsprofil der BPS-Gruppe am
nächsten steht, mit einer TO-Quote, die auch dem Ergebnis der BPS-Gruppe am stärksten
glich, während die umgekehrte Tendenz für die persönlichkeitsgesunde Gruppe galt.
48
Daraus
kann
abgeleitet
werden,
dass
Frauen
mit
dysfunktionalen
Persönlichkeitsmerkmalen, einschließlich manifester Persönlichkeitsstörungen in deutlich
höherem Anteil den Gebrauch von emotional bedeutenden Gegenständen (TO) aufweisen,
und dass eine gut nachvollziehbare Korrelation zwischen dem Ausmaß der dysfunktionalen
Persönlichkeitszüge und der Häufigkeit des TO-Gebrauchs besteht.
Aus der Forschung mit Jugendlichen und deren Gebrauch von emotional wichtigen
Gegenständen lassen sich ebenfalls Daten entnehmen, die für die Assoziation von
transienten Objekten und pathologischen mentalen Zuständen argumentieren. 1998
veröffentlichten Bachar und Mitarbeiter ihre Studie zur Bindung von Kindern und
Jugendlichen an transiente Objekte, sowie den Einfluss dieser Bindung auf die Beziehung
zu den Eltern und die mentale Gesundheit der Kinder. Das Durchschnittsalter der
Probanden war 16,71 Jahre. 22% der Jugendlichen in dieser Untersuchung bejahten die
Frage nach dem Besitz von transienten Objekten. Bei ihnen konnten deutlich mehr
psychiatrische Symptome und eine Reduktion des Wohlbefindens vermerkt werden, als bei
Gleichaltrigen ohne ein TO [4]. Aus dieser Datenlage schlussfolgern die Autoren, dass TOGebrauch im Jugendlichenalter als ein Marker für „emotionalen Kummer“ in dieser
Altersstufe angesehen werden kann.
Eine aktuelle finnische Studie aus dem Jahr 2009 von Erkolahti und Nystrom zeigte
ebenfalls eine signifikante Koinzidenz von TO-Gebrauch und depressiven Symptomen bei
14,5jährigen Mädchen, wobei der allgemeine Gebrauch von emotional wichtigen Objekten
in dieser Altersstufe bei 37% der Mädchen und 18% der Jungen lag [20].
5.3.2 Transiente Objekte im Kindesalter
Die Prävalenz der Übergangsobjekte in der Kindheit wurde bei den Probandinnen mit dem
Ergebnis untersucht, dass die Prozentsätze aller fünf Subgruppen kaum voneinander
differierten. Alle Testpersonen verfügten im Kindesalter in nahezu gleichem Umfang über
emotional wichtige Gegenstände. Auch die Forschergruppe um Cardasis kam zu den
gleichen Resultaten. Sie konnten nachweisen, dass Patienten, die als Kinder
Übergangsobjekte besaßen später als Erwachsene nicht häufiger eine Borderline-Störung
aufwiesen, als diejenigen ohne solche Gegenstände [14]. Jedoch berichten zwei ältere
Studien (1974 und 1981) von gegenteiligen Beobachtungen. Sie fanden heraus, dass eine
niedrige Prävalenz von Übergangsobjekten in der Kindheit gehäuft mit schweren
49
Persönlichkeitsstörungen
bzw.
mit
der
Borderline-Störung
bei
Jugendlichen
vergesellschaftet war [4].
Bei diesen widersprüchlichen Erkenntnissen kann möglicherweise mittels einer
Gegenüberstellung der verwendeten Untersuchungsinstrumente ein Vergleich der
Ergebnisse gelingen. Sowohl in der gegenwärtigen Studie, als auch in der Studie von
Cardasis et al. wurden die Kriterien des DSM-IV bzw. DSM–III zur Diagnosestellung
angewandt. Diese Diagnosekriterien bei Persönlichkeitsstörungen waren erst seit der
Entwicklung des DSM-III im Jahr 1980 in dieser Form verfügbar [39], sodass die Qualität
der früheren Diagnosen aufgrund fehlender standardisierter Kriterien nur eingeschränkt
vergleichbar ist.
Die Erkenntnis dieser Studie, dass alle psychiatrischen Patienten zu etwa gleichen Anteilen
Übergangsobjekte in ihrer Kindheit verwendeten, ist, so gesehen, nicht ganz
selbstverständlich. Viele Forscher knüpfen an ein transientes Objekt die Bedingung, dass
die Beziehung zwischen dem Kleinkind und seinen Bezugspersonen intakt sein muss um
dieses Phänomen zu erzeugen [12]. Bei Borderline-Patienten könnte jedoch nicht die
Einführung, sondern die Ablösung vom TO, die physiologisch im Vorschulalter eintreten
sollte [4], das eigentliche Symptom darstellen. Denn solange die Entwicklungsaufgabe, für
die ein Übergangsobjekt benötigt wird, nicht adäquat abgeschlossen ist, kann auch keine
Trennung von ihm stattfinden. So würde der Gebrauch vom Übergangsobjekt bis in die
Adoleszenten- bzw. die Erwachsenenphase des Lebens persistieren, bzw. der Erwerb des
TO erst in diesen Lebensabschnitten stattfinden.
5.3.3 Erklärungsansatz der Hypothese: Warum sind BPS und TO assoziiert?
Weiterführende Gedanken
Mit steigender Evidenz kann heute angenommen werden, dass die BorderlinePersönlichkeitsstörung ätiologisch neben genetischen Gesichtspunkten vor allem der
Entwicklung in der Kindheit zugrunde liegt [22]. Mehrere Ursachen, wie die erbliche
Veranlagung, traumatische Lebenserfahrungen und dysfunktionales Bindungsverhalten
werden heute für die Entstehung der BPS verantwortlich gemacht [11]. Im Versuch die
Borderline-Störung mithilfe der „Theorie der Mentalisierung“ zu erfassen, erklärt Fonagy,
dass BPS-Patienten die Fähigkeit zu „mentalisieren“, verglichen mit Gesunden, nur
mangelhaft beherrschen [22]. Unter diesem Begriff wird eine Art der sozialen Kognition
verstanden, die nicht angeboren, sondern in Form einer Entwicklungsaufgabe erworben
50
werden kann. Sie ermöglicht es menschliches Verhalten im Kontext der dazugehörigen
Intention wahrzunehmen und adäquat zu interpretieren. Für den Erwerb dieser Fertigkeit
wird im Verlaufe der Säuglings- und Kleinkinderzeit die Basis geschaffen, die im
Besonderen, aber nicht ausschließlich, von der Qualität der frühen Bindungen abhängig ist
[22].
Entwicklungstechnisch erwerben Kinder die Fähigkeit zu mentalisieren, wenn sie sich in
die Lage versetzen zwei gegensätzliche Konzepte mental zu integrieren. Die Konzepte
betreffen die Vereinigung der eigenen Weltvorstellung mit der realen Welt und deren
Entkopplung voneinander. So lernen sie zu verstehen, dass die innere Erfahrung und die
äußere Realität miteinander verbunden, aber dennoch getrennt sind [15]. An dieser Stelle
könnte ausgehend von Fonagy´s Theorie der Übergang zu einer älteren Hypothese von
Winnicott vollzogen werden. Denn als Hilfsmittel für den oben genannten Schritt, die
innere und die äußere Welt zu integrieren, könnte das Winnicott´sche Übergangsobjekt
fungieren. Dieses stellt eine Brücke zwischen der internalisierten und der realen Welt dar,
solange bis das Kind gelernt hat aus eigener Vorstellungskraft diesen immateriellen Weg
zu gehen und eine stabile Objektrepräsentanz der äußeren Gegenstände auszubilden. Der
Erfolg dieser Aufgabe wird bei seiner Hypothese auch an die intakte Bindung zu
Bezugspersonen geknüpft [12].
Störungen innerhalb der Interaktion mit Bezugspersonen bedingen, sowohl in der Theorie
von Winnicott als auch bei Fonagy, Entwicklungsstörungen des Kindes. Diese macht vor
allem Fonagy anhand unzureichender Mentalisierungsfähigkeit für die Kernmerkmale der
BPS verantwortlich [22].
Da also insbesondere die Beziehung zu den frühen Erziehungspersonen die mentale
Entwicklung des Kindes zu beeinflussen scheint, sollen hier die bisherigen Erkenntnisse zu
Eltern-Kind-Interaktionen bei Borderline-Patienten charakterisiert werden.
Bei den Betroffenen selbst konnte ein deutlich reduzierter Bestand von positiven
Erinnerungen an dyadische Interaktionen nachgewiesen werden [22]. Hier ist jedoch die
Grenze
zwischen
der
Unterdrückung
der
guten
Gedächtnisinhalte
durch
die
Persönlichkeitsstörung und den tatsächlich fehlenden positiven Erfahrungen schwer
ableitbar. Jedoch können bei vielen Borderline-Patienten eine Fülle von negativen
Erfahrungen in der Kindheit erfasst werden. Dazu zählen Vernachlässigung, körperliche
und emotionale Gewalt sowie schwerer sexueller Missbrauch [11, 28, 24, 8]. Unter derartig
belasteten zwischenmenschlichen Beziehungen kann angenommen werden, dass BPSPatienten in ihrer Kindheit den Schritt zur Entwicklung einer Objektkonstanz nach
51
Kernberg [30] bzw. einer Objektrepräsentanz nach Winnicott [12]
nicht suffizient
vollziehen konnten. Aus diesem Grund könnte auch das Ablegen des Übergangsobjektes,
das ein äußeres Symbol dieses Lernvorgangs darstellt, hinausgezögert werden. Diese These
kann durch die Ergebnisse einzelner Studien gestützt werden. Sie untersuchten den TOGebrauch in klinischen Gruppen und kamen zu dem Schluss, dass transiente Objekte
häufig bei Jugendlichen (und auch bei älteren Personen) mit Borderline-Symptomatik und
Adaptationsstörungen zu beobachten waren [4]. Und auch in dieser Studie wurde ein
beachtliches Zusammentreffen von emotional wichtigen Objekten und der BorderlineDiagnose festgestellt.
Borderline Patienten zeigen eine reduzierte Fähigkeit zu mentalisieren, was zu Problemen
in der emotionalen Regulation und Schwierigkeiten in der Impulsivität, besonders im
Zusammenhang mit zwischenmenschlichen Interaktionen führt [6]. Eigentlich ist es eine
Entwicklungsaufgabe des Kindes, die unter optimalen Bedingungen häufig mit Hilfe eines
Übergangsobjektes bewältigt wird. Solange dieser Schritt jedoch nicht vollzogen wird,
wird das dazu nötige Hilfsobjekt beibehalten. Auch bis in das Erwachsenenalter.
Einige Beobachtungen im
Bereich der Borderline-Therapie untermauern diese
Behauptung. Beispielsweise deuten manche Therapeuten an, dass erwachsene Patienten
mit fehlender Objektkonstanz, diese durch eine Beziehung zum Therapeuten zu
kompensieren versuchen. Von ihnen wird der Vorschlag unterbreitet, dass in einer solchen
Situation der Gebrauch eines transienten Objektes förderlich auf die Entwicklung der
Objektkonstanz einwirken könnte. Sie behaupten ferner, dass Patienten, die einen
emotional wichtigen Gegenstand benutzen im Begriff sind eine Objektkonstanz zu
entwickeln [2].
In diesem Erklärungsmodell würde das transiente Objekt einen weiteren kleinen Baustein
im großen Gefüge der Borderline Störung begründen.
Trotz der Tatsache, dass diese Hypothese gut nachvollziehbar erscheint und die bereits
erforschten Zusammenhänge mehrerer psychischer Modelle miteinander verbindet, fehlen
die Beweise für die Kausalität dieser Annahmen. Um diese nachzuweisen wären noch
nachfolgende Studien auf diesem Gebiet wünschenswert. Denn wenn das Übergangsobjekt
auch bei Erwachsenen als Hilfsmittel für die Entwicklung der Objektkonstanz und der
Fähigkeit zu Mentalisieren dienen kann, könnte es möglicherweise im Rahmen der
Therapie von Borderline-Patienten als Hilfsmittel Verwendung finden.
An dieser Stelle könnte sich der Leser fragen in wieweit die beschriebene Hypothese auch
auf Männer zutrifft. Denn in vorangehenden Abschnitten wurde diskutiert, dass diese sehr
52
viel seltener, wenn überhaupt, transiente Objekte besitzen. Leider konnte diesbezüglich
keine Studie ausfindig gemacht werden, mit der sich dieser Sachverhalt erörtern lässt.
Jedoch konnte schon beim Objektgebrauch im Jugendalter ein deutlich niedrigerer
Prozentsatz bei Jungen (18%) vs. Mädchen (37%) gezeigt werden [20].
Trotz der Tatsache also, dass bei beiden Geschlechtern von einer ähnlichen Ausgangslage
in Bezug auf ihre Entwicklung auszugehen ist, tritt das Missverhältnis im TO-Gebrauch im
Laufe
des
Lebens
immer
deutlicher
hervor.
Wobei
die
Verwendung
eines
Übergangsobjektes über das Vorschulalter hinaus nach der dargelegten Hypothese auf
dysfunktionale Persönlichkeitsmuster, wie die Borderline-Störung, hinweisen könnte.
Nach dem heutigen Wissen gibt es deutlich weniger Männer mit der Diagnose einer
Borderline-Störung als Frauen. Trotz ausführlicher Recherche zu diesem Unterschied
konnten nur zwei Studien Daten für eine gleichmäßige Verteilung der BPS unter beiden
Geschlechtern nachweisen [49, 25]. Bei dieser Konstellation muss also weiterhin an einem
Verhältnis von ca. 3:1 zugunsten der Frauen festgehalten werden [11, 41, 28, 7].
Bei Frauen ist bekannt, dass sie häufiger als Männer autoaggressiv agieren. Auch viele
Symptome der BPS sind in großem Umfang gegen den Betroffenen selbst gerichtet und
schaden ihm selbst [1] am meisten: sowohl risikoreiches Verhalten (wie Geldausgeben,
Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, „Fressanfälle“) als auch
interpersonelle Bindungen, in denen die Patienten ausgebeutet werden [54], und ebenso die
Gefühle der inneren Leere, die unter anderem in Selbstverletzungen münden können. In
diesem Zusammenhang ist auch wichtig, dass Selbstverletzungsverhalten zum Großteil
erworben zu sein scheint, da eine vererbte Komponente nur einen geringen Anteil
ausmacht [35]. Männer dagegen setzen öfter Gewalt gegen andere ein um negative Gefühle
zu verarbeiten. Sie haben auch häufiger positive Erfahrungen damit, weil sie sich leichter
durchsetzen. Lerntheoretisch könnte es sich dabei um Lernen durch positive Verstärkung
handeln. Diese Männer könnten dann möglicherweise häufiger der dissozialen und nicht
der Borderline-Persönlichkeitsstörung zugerechnet werden, wo ihr höherer Anteil (80%) in
Form von vielen übereinstimmenden Studienergebnissen bereits belegt ist [1].
5.3.4 Selbstverletzung und BPS
In der gegenwärtigen Untersuchung wurde eine sehr hohe Korrelation zwischen
wiederholten,
nicht-suizidalen
Selbstverletzungen
(NSSV)
und
der
Borderline-
53
Persönlichkeitsstörung nachgewiesen. Die Häufigkeit von NSSV bei Borderline
Patientinnen lag in unserer Studie bei 88% und betraf damit 22 von 25 Patientinnen.
Oldham berichtete in einer Arbeit zu BPS und Suizidalität von einer Inzidenz von 75% bei
selbstschädigenden Verhaltensweisen [40]. Eine andere Publikation konnte bei 52% der
Borderline-Patientinnen NSSV nachweisen [54]. Die S2-Leitlinie der AWMF spricht von
einem Anteil von 85% der Borderline-Patienten, die selbstschädigendes Verhalten
aufweisen, wobei 80% von diesen sich „…in dissoziativen, analgetischen Zuständen mit
der Absicht, aversive Anspannung zu reduzieren..“ verletzen [1].
Da die drei vorgestellten Literaturzitate erheblich voneinander abweichen, ist davon
auszugehen, dass die Höhe des tatsächlichen Prozentsatzes noch nicht endgültig geklärt ist.
Der ermittelte Wert in dieser Studie, der sehr dicht am Prozentsatz der AWMF-Leitlinie
liegt, spricht für die eher höhere Tendenz für NSSV in der Gruppe der BorderlinePatienten.
Anhand der gegenwärtigen Studie kann außerdem die erhebliche Differenz zwischen dem
Selbstverletzungsverhalten der Borderline-Gruppe und den anderen vier Untergruppen
belegt werden. Diese gestattet den Einsatz dieses Merkmals zur Diskrimination der
Borderline-Patienten von anderen dysfunktionalen Persönlichkeiten und bestätigt damit
seine Aufnahme in die beiden Klassifikationssysteme (DSM-IV und ICD-10) als BPSDiagnostikkriterium [1].
Andererseits ist dies auch möglicherweise der Grund, warum dieses Merkmal so hohe
Anteile in der BPS-Gruppe erzielt. Durch seine etablierte Stellung als Diagnostikkriterium
übt es sicherlich einen manifesten Einfluss auf die Diagnosestellung bei der Borderline
Störung aus.
5.3.5 Vergleich: Transientes Objekt versus wiederholte Selbstverletzung
Im
Vergleich
zur
Persönlichkeitsstörung
Selbstverletzung,
von
anderen
die
sehr
dysfunktionalen
spezifisch
die
Borderline-
Persönlichkeitsprofilen
bzw.
persönlichkeitsgesunden psychiatrischen Patienten unterscheidet, kann die gleiche Aussage
nicht auf das Merkmal des TO-Gebrauchs übertragen werden. Zwar besitzt ein Großteil der
BPS-Patientinnen ein transientes Objekt, aber auch ein erheblicher Anteil der Patientinnen
mit anderen pathologischen Persönlichkeitsprofilen konnte einen emotional wichtigen
Gegenstand vorweisen. Deshalb kann dieses Merkmal nicht als ein spezifisches
54
Diagnostikum verstanden werden. Seine Stärke liegt eher darin, dass es einen Hinweis für
eine dysfunktionale Persönlichkeitsstruktur liefert und als Kennzeichen für den
Reifungsgrad einer Persönlichkeit darstellen könnte. Auch als therapeutisches Instrument
könnte das Übergangsobjekt möglicherweise eine neue Bedeutung für die BorderlinePatienten einnehmen. Mit seiner Hilfe könnte die Entwicklung der Objektkonstanz
gefördert und damit eines der Defizite der BPS-Erkrankung verbessert werden. Unter
diesem Aspekt betrachtet, ist es möglich, dass Borderline-Patientinnen ihre transienten
Objekte bereits jetzt schon unbewusst im Sinne einer Selbstregulation benutzen. Einige
Hinweise zur Unterstützung dieser Hypothese liefert eine Publikation aus dem Jahr 1999
von Arthern und Madill unter dem Titel: „How do transitional objects work? The
therapist’s
view“.
Wie
oben
bereits
zitiert,
schlagen
sie
den
Einsatz
von
Übergangsobjekten in der Therapie von Patienten mit fehlender Objektkonstanz vor. Diese
Strategie könnte sich, ihrer Meinung nach, förderlich auf die Entwicklung dieser Fähigkeit
auswirken [2].
5.4 Interpretation der Ergebnisse des DAPP-Fragebogens
5.4.1 DAPP-Merkmale und TO
In der vorliegenden Studie konnten fünf Charaktereigenschaften des DAPP-Modells
identifiziert werden, die in einer überdurchschnittlich starken Ausprägung bei stationären
psychiatrischen Patientinnen zu finden sind, welche transiente Objekte verwendeten. Dazu
gehören „Kognitive Verzerrung“, „Argwohn“ und „Ängstlichkeit“ sowie „Unsichere
Bindung“ und „Selbstschädigung“. Alle fünf gehören zu dem übergeordneten
Charaktermerkmal der „Emotionalen Dysregulation“.
Warum gerade diese Kombination an Merkmalen bei Patientinnen mit Übergangsobjekten
bevorzugt zusammentrifft, könnte darauf beruhen, dass beispielsweise Eigenschaften wie
die verstärkte „Ängstlichkeit“ bzw. „Argwohn“ offensichtlich durch unterstützende
Objekte in der Nähe bzw. im Besitz des Betroffenen reduziert werden. Währenddessen
können die Merkmale der „Selbstschädigung“ und der „Kognitiven Verzerrung“ nicht ganz
so einfach begründet werden. Um hier zu einer fundierten Aussage zu kommen, wären
noch weitere Untersuchungen zu diesen Merkmalen erforderlich. Die DAPP-Eigenschaft
der „Unsicheren Bindung“ könnte dagegen das Übergangsobjekt als Ankerpunkt in der
55
sozialen Welt des TO-Besitzers erklären und als Ersatzobjekt für etwaige gescheiterte bzw.
instabile Beziehungen mit anderen Menschen fungieren.
Zum DAPP-Modell und Persönlichkeitsstörungen gibt es eine Studie von Bagge und Trull
aus dem Jahr 2003, die über- und untergeordnete DAPP-Traits und deren Zusammenhang
mit den DSM-IV-Persönlichkeitsstörungen untersuchte [5]. Darin konnten die Autoren
sieben
untergeordnete
DAPP-Merkmale
der
„Emotionalen
Dysregulation“
als
charakteristisch für die Borderline-Störung identifizieren. „Kognitive Verzerrung“,
„Identitätsprobleme“, „Affektive Labilität“, „Ängstlichkeit“, „Argwohn“, „Unsichere
Bindung“ und „Selbstschädigung“ wurden von ihnen in Beziehung mit der BorderlineStörung gebracht. Fünf aus diesen sieben Merkmalen wurden in der gegenwärtigen Studie
als mit einem transienten Objekt assoziiert dokumentiert. Diese Koinzidenz stellt einen
Hinweis dar, dass das Merkmal der „Emotionalen Dysregulation“ bei Patienten mit TOGebrauch und bei der Borderline-Störung die gemeinsame Schnittmenge darstellen könnte.
Andererseits widersprechen die Ergebnisse von Steinmeyer et al. (2002) dieser Annahme.
Die Autoren untersuchten gleichermaßen das DAPP-Modell auf seine Spezifität als
Diagnostikum für Persönlichkeitsstörungen. In ihrer Rangfolge der Traits konnten
„Affektive Labilität“, gefolgt von „Oppositionshaltung“, „Herzlosigkeit“, „Reizsuche“ und
„Ängstlichkeit“ am besten der BPS zugeordnet werden. Nur drei dieser Merkmale gehören
dem übergeordneten Merkmal „Emotionale Dysregulation“ an. Die beiden anderen sind
der Dimension „Dissoziales Verhalten“ entlehnt [48]. Zusammengefasst sind die
Ergebnisse dieser beiden Publikation nur in wenigen Punkten kongruent, sodass auch hier
weitere Untersuchungen zur Klärung dieses Sachverhalt nötig sind.
5.4.2 DAPP-Charaktereigenschaften und wiederholte Selbstverletzung
Analog zum Merkmal des Übergangsobjekts, wurde auch das nicht-suizidale Selbstverletzungsverhalten (NSSV) und sein Zusammenhang mit den Eigenschaften des DAPPModells analysiert. Darunter ließen sich zahlreiche Merkmale finden, welche mit
verstärkter Ausprägung bei Probandinnen mit wiederholter Selbstverletzung vorlagen.
Hierzu
zählten
„Unsichere
„Oppositionshaltung“,
Bindung“,
„Argwohn“
„Unterwürfigkeit“,
„Kognitive
Verzerrung“,
„Affektive
Labilität“,
„Identitätsprobleme“,
„Ausdrucksarmut“, „Ängstlichkeit“, „Kontaktvermeidung“ und „Selbstschädigung“. In der
Betrachtung dieser Eigenschaften konnte eine starke Assoziation mit den Kriterien der
Borderline-Störung, wie im DSM-IV-Katalog aufgeführt, angenommen werden (vgl.
56
Einleitung). Deshalb wurde diese Merkmalskombination mit den Ergebnissen der oben
bereits erwähnten Arbeiten von Bagge und Trull [5] bzw. Steinmeyer et al. [48] zum
DAPP-Profil der BPS verglichen.
Unter
den
gegenwärtigen
Ergebnissen
zum
Charakterprofil
der
Frauen
mit
Selbstverletzung befinden sich alle sieben Eigenschaften, die in der Publikation von Bagge
und Trull als Traits der BPS-Patienten identifiziert wurden. Dies deutet auf eine starke
Überlappung der Persönlichkeitseigenschaften zwischen BPS-Patienten und Patienten mit
absichtlichen Selbstschädigungen hin. Mit den Ergebnissen von Steinmeyer et al. konnten
dagegen nur relativ wenige Schnittpunkte gefunden werden. Nur drei der in der
gegenwärtigen Studie gefundenen Merkmale von Personen mit Selbstverletzungsverhalten
überschneiden sich mit den fünf BPS-Traits seiner Publikation (siehe vorhergehender
Abschnitt).
5.5 Schlussfolgerung
Zusammenfassend kann das Ergebnis dieser Studie folgendermaßen beschrieben werden:
Es konnte gezeigt werden, dass ein überwiegender Anteil der Borderline-Patientinnen
einen emotional wichtigen Gegenstand besitzt, der im Rahmen der heutigen Erkenntnisse
eine Art Selbstregulationsversuch aufgrund eingeschränkter Mentalisierungsfähigkeit bzw.
Objektkonstanz darstellen könnte.
Verglichen mit der Selbstverletzung konnte beim TO-Gebrauch in der gegenwärtigen
Untersuchung eine geringere Spezifität in Bezug auf die Borderline-Diagnose festgestellt
werden, sodass das letztere Merkmal in der Persönlichkeitsdiagnostik eher als ein Hinweis
auf das Vorliegen von allgemein dysfunktionalen Persönlichkeitsmerkmalen interpretiert
werden sollte.
Der Versuch mithilfe der DAPP-Eigenschaften ein Charakterprofil von Frauen mit TOGebrauch zu erarbeiten, zeigte, dass die charakteristischen Persönlichkeitsmerkmale der
TO-Gruppe auch größtenteils innerhalb des DAPP-Borderline-Profils nachweisbar sind
[vgl. 5 und 48], was die erwähnte Korrelation von BPS-Diagnose und TO-Besitz zusätzlich
bestätigte.
Die Untersuchung der DAPP-Eigenschaften wurde auch mit dem Merkmal der NSSV
korreliert. Hierbei entsprach das DAPP-Charakterprofil bei Patienten mit NSSV über weite
Strecken den beschriebenen BPS-Charaktermerkmalen.
57
6 Zusammenfassung
Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin die Hypothese zu prüfen, dass stationäre
Patientinnen mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung (PS), insbesondere BorderlinePersönlichkeitsstörung (BPS), gehäuft emotional wichtige Objekte, sog. transiente Objekte
(TO) besitzen. In diesem Rahmen sollte der Anteil eines TOs bei diesen Patientinnen
ermittelt werden, um dies als mögliches Diagnostikkriterium anwenden zu können. Zum
Vergleich bezüglich einer möglichen diagnostischen Spezifität bei Borderline Patientinnen
diente das bereits etablierte Kriterium der wiederholten nicht-suizidalen Selbstverletzungen
(NSSV). Weiterhin sollten Charaktereigenschaften identifiziert werden, welche mit einem
TO bzw. mit NSSV korrelierten.
Als Studienkollektiv konnten 104 Patientinnen der beiden offenen Stationen der
psychiatrischen Universitätsklinik Ulm rekrutiert und auf diese Merkmale hin untersucht
werden. Dabei muss vermerkt werden, dass insbesondere die für die Fragestellung
bedeutsame Teilgruppe mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung mehrheitlich,
nämlich zu 94,4% (versus 72,2% in der Gesamtzahl), in der Studie als Teilnehmerinnen
vertreten ist. Neben der Erfassung der Entlassbriefdiagnosen als studienrelevante Diagnose
kamen bei der Datenerhebung 4 Fragebögen zum Einsatz: Strukturiertes klinisches
Interview zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen nach DSM IV Achse II (SKID-II),
Transitional Object Questionnaire (TOQ), Self-Harm Behavior Questionnaire (SHBQ)
sowie Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire (DAPPBQ).
Hierbei
wurden
Patientinnen,
bei
welchen
im
SKID-II-Interview
Persönlichkeitsmerkmale gefunden wurden, die jedoch nicht die Kriterien einer
Persönlichkeitsstörung
erfüllten,
einer separaten Gruppe, der Patientinnen mit
„Persönlichkeitszügen“ zugeteilt.
Die Ergebnisse der Studie bestätigten die formulierte Hypothese. Bei der Auswertung
konnte eine starke Korrelation von Borderline-Persönlichkeitsstörung und TO-Gebrauch in
80% der Fälle nachgewiesen werden. Bei Frauen mit Borderline-Persönlichkeitszügen,
jedoch ohne endgültige Diagnose einer Persönlichkeitsstörung fanden sich immer noch in
71%
TOs.
Patientinnen
mit
anderen
Persönlichkeitsstörungen
bzw.
anderen
Persönlichkeitszügen wiesen zu 56% bzw. 65% ein TO auf. Patientinnen ohne
Persönlichkeitsstörung oder –züge benutzten dagegen in nur 31% der Fälle ein TO.
58
In Bezug auf wiederholte NSSV konnte eine starke Korrelation zur BPS in 88% der Fälle
nachgewiesen werden. Gleichzeitig fanden sich deutlich niedrigere Zahlen (zwischen 44%
bei anderen PS und 13,9% bei Patientinnen ohne PS) in den anderen untersuchten
Gruppen.
Bei der Gegenüberstellung der beiden Merkmale (TO und NSSV) zeigte sich das Kriterium
der wiederholten NSSV als spezifischer bei Borderline-Patientinnen, während der Besitz
eines transienten Objekts besser zwischen Patientinnen ohne Persönlichkeitsstörung und
Patientinnen mit dysfunktionalen Persönlichkeitsmustern im Allgemeinen unterschied.
Bei der Analyse der Charaktereigenschaften von Patientinnen mit TO-Besitz und
Patientinnen mit wiederholten NSSV konnte im DAPP-Modell ein ähnliches, mit der
Borderline-Störung in großem Umfang übereinstimmendes Charakterprofil ermittelt
werden. Signifikante Charaktermerkmale bei Patientinnen mit TO Besitz waren „Kognitive
Verzerrung“, „Argwohn“, „Ängstlichkeit“, „Unsichere Bindung“ und „Selbstschädigung“.
Aus den Ergebnissen dieser Studie wird ersichtlich, dass das Merkmal des transienten
Objektes nicht pathognomonisch für die Borderline-Persönlichkeitsstörung steht und damit
nicht als ein sicheres Diagnostikkriterium für diese Störung herangezogen werden kann.
Sein gehäuftes Vorkommen bei Patienten mit einer dysfunktionalen Persönlichkeitsstruktur
könnte jedoch die Identifizierung dieser Patientengruppe vereinfachen sowie zum besseren
Verständnis
in der Genese der Persönlichkeitsstörungen beitragen. In diesem
Zusammenhang wäre es auch denkbar, das Vorhandensein eines TOs in der Diagnostik
von Persönlichkeitsstörungen als sog. „Kuscheltierzeichen“ einzusetzen.
59
7 Literaturverzeichnis
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Fachgesellschaften. Persönlichkeitsstörungen (2008) in: http://leitlinien.net/
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63
8 Anhang
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09:
Einige ausgewählte transiente Objekte zur Anschauung
64
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Flowchart der Untersuchungsgruppe
Die unterhalb der Flowchart aufgeführten Zahlen stehen für die anonymisierten Patientennamen.
65
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: χ²-Unabhängigkeitstest
zur Fragestellung, ob ein Zusammenhang zwischen dem TO-Gebrauch und dem Persönlichkeitsprofil besteht.
66
Vollständige psychiatrische Achse I und II Diagnosen der einzelnen Patienten:
Gruppe der manifesten Borderline-Persönlichkeitsstörung
PatientenNr:
Achse II Störung:
Achse I Störung:
1
10
14
21
24
27
28
46
Borderline, dependent
Borderline, narzisstisch
Borderline
Borderline, histrionisch, narzisstisch
Borderline
Borderline
Borderline
Borderline
77
Borderline, zwanghaft
93
94
96
98
103
112
119
130
132
134
143
Borderline
Borderline
Borderline
Borderline, selbstunsicher
Borderline
Borderline, dependent
Borderline, histrionisch
Borderline
Borderline
Borderline
Borderline
schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
rezidivierend depressive Störung
Bulimie
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, PTSD
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, Alkoholabhängigkeit
Tourette Syndrom
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung
schwere depressive Episode
rezidivierend depressive Störung, schädlicher Gebrauch von Alkohol
Bipolare Störung
mittelgradig depressive Episode
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, Benzodiazepinabhängigkeit
rezidivierend depressive Störung
Essstörung
rezidivierend depressive Störung, Bulimie
rezidivierend depressive Störung
Borderline
Borderline
Borderline
Borderline, zwanghaft
Borderline
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, Bulimie
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, Anorexia nervosa
mittelgradig depressive Episode
mit TO
ohne TO
3
9
22
29
74
67
Gruppe mit anderen Persönlichkeitsstörungen, ohne Borderline-Störung
mit TO:
23
26
56
68
149
dependent, negativistisch, schizoid
dependent
schizotzyp
histrionisch, narzisstisch
dependent, zwanghaft
generalisierte Angststörung
Opiatabhängigkeit, rezidivierend depressive Störung
Narkolepsie
mittelgradig depressive Episode
rezidivierend depressive Störung
emotional-instabil, impulsiver Typ
zwanghaft, selbstunsicher
histrionisch
emotional-instabil, impulsiver Typ
mittelgradig depressive Episode
rezidivierend depressive Störung
-
ohne TO:
62
108
110
125
Gruppe mit Borderline-Persönlichkeitszügen
PatientenNr:
Achse II Persönlichkeitszüge:
Achse I Störung:
Borderline, dependent, zwanghaft
Borderline, zwanghaft
Borderline, schizotyp
Borderline
Borderline, selbstunsicher
Borderline, selbstunsicher
Borderline
Borderline
Borderline, dependent, zwanghaft
Borderline, selbstunsicher
Borderline
Borderline
schizoaffektive Störung
bipolar affektive Störung
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, Alkohol und Benzodiazepin Abhängigkeit
ADHS, rezidivierend depressive Störung, schädlicher Alkoholgebrauch
schwere depressive Episode
rezidivierend depressive Störung, Alkohol Abhängigkeit
rezidivierend depressive Störung, polymorph psychotische Störung
PTSD, schwere depressive Episode
rezidivierend depressive Störung
Anpassungsstörung
rezidivierend depressive Störung, Alkohol Abhängigkeit
Borderline
mittelgradig depressive Episode
mit TO:
5
33
40
48
58
69
79
89
95
101
120
153
mit TO:
15
68
32
52
61
151
Borderline
Borderline, selbstunsicher, zwanghaft,
dependent
Borderline, narzisstisch, histrionisch
Borderline
PTSD, rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, Zwangsstörung
Bipolar II affektive Störung, schädlicher Alkoholgebrauch
rezidivierend depressive Störung
Gruppe mit anderen Persönlichkeitszügen
mit TO:
8
49
54
80
105
115
117
124
131
138
150
zwanghaft
selbstunsicher, zwanghaft
schizotyp, paranoid
selbstunsicher
selbstunsicher
zwanghaft
selbstunsicher, zwanghaft
schizotyp
paranoid, schizotyp
selbstunsicher, dependent
zwanghaft
bipolar affektive Störung, ggw. depressiv
rezidivierend depressive Störung, Alkohol Abhängigkeit
schizoaffektive Störung, Alkohol und Benzodiazepin Abhängigkeit
schizoaffektive Störung
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, Alkohol Abhängigkeit
Dissoziative Bewegungsstörung
Bipolar affektive Störung, ggw. manisch
paranoide Schizophrenie
mittelgradig depressive Episode
paranoide Schizophrenie
histrionisch
zwanghaft
zwanghaft
selbstunsicher
schizoid
selbstunsicher
Alkoholabhängigkeit, soziale Phobie
schizoaffektive Störung
wahnhafte Störung
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung, schädlicher Alkoholgebrauch
ohne TO:
31
50
76
99
106
118
69
Gruppe ohne eine Persönlichkeitsstörung
PatientenNr:
Achse I Störung:
mit TO:
11
37
39
41
45
59
81
86
107
126
135
schwere Depression
rezidivierend depressive Störung, Alkoholabhängigkeit
paranoide Schizophrenie
mittelgradige Depression
schwere Depression, PTSD, Zopiclon Abhängigkeit
bipolar II affektive Störung, schädlicher Alkohol Gebrauch
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung
paranoide Schizophrenie
Dissoziative Störung
Cannabisabhängigkeit, induzierte psychotische Störung
ohne TO:
7
12
13
17
18
19
25
36
47
55
57
63
83
85
92
100
104
schizoaffektive Störung
paranoide Schizophrenie
generalisierte Angststörung
paranoide Schizophrenie
bipolare Störung
organisch depressive Störung
paranoide Schizophrenie
rezidivierend depressive Störung
bipolar affektive Störung
schizoaffektive Störung
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung
schizoaffektive Störung
rezidivierend depressive Störung
rezidivierend depressive Störung
bipolar affektive Störung
70
109
113
123
127
129
142
145
152
rezidivierend depressive Störung, Benzodiazepinabhängigkeit
paranoide Schizophrenie
mittelgradig depressive Episode, Bulimie
Hebephrenie
rezidivierend depressive Störung
keine psychiatrische Diagnose
rezidivierend depressive Störung
mittelgradig depressive Episode
INSEC
SUBM COGD
AFFST STIMS COM RESTE CALL PASS INTPR REJEC ANXIE COND SUSPI
NARC ATT SUICI
** DE ** LIE
IS IS * IDENT AB EEK PULS XP OUS AGG OB
T TY * UCT C * SOCA IS
71
ohne TO n=41
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=58
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=58
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=58
ohne TO n=41
TO n=58
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=59
ohne TO n=42
TO n=58
ohne TO n=42
TO n= 58
ohne TO n=42
TO n=59
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Summenscore der DAPP-Eigenschaften
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09:
Verteilung der DAPP-Items bei Probanden mit und ohne ein wichtiges transientes Objekt ;
DAPP-Items=Charaktereigenschaften des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens;
SUBMIS=Submissivness; COGDIS=Cognitive Distortion; IDENT=Identity Problems; AFFSTAB=Affective Lability;
STIMSEEK=Stimulus Seeking; COMPULS=Compulsivity; RESTEXP=Restricted Expression; CALLOUS=Callousness;
PASSAGG=Passive-Aggressivity; INTPROB=Intimacy Problems; REJECT=Rejection; ANXIETY=Anxiousness;
CONDUCT=Conduct Problems; SUSPIC=Suspiciousness; SOCA=Social Avoidance; NARCIS=Narcissism;
INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; LIE=Lügenskala; TO=Transientes Objekt; *=signifikant nach
dem Mann-Whitney-U-Test; **=hoch signifikant nach dem Mann-Whitney-U-Test; n=Anzahl der für dieses Merkmal
ausgewerteten Fragebögen; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren
Charaktermerkmal=101; die unterschiedlichen Zahlen der Probandinnen mit und ohne TO leiten sich aus dem Umstand
ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden
Charaktermerkmals berücksichtigt wurde.
STIMS
PASS
COND
SUBMCOGDIDENTAFFST EEK COM RESTE CALL AGG INTPR REJECANXIE UCT SUSPI SOCA NARC INSEC SUICI
IS * IS ** ** AB * ** PULS XP ** OUS ** OB
T TY ** ** C ** **
IS ATT * DE ** LIE *
72
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=48
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=48
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=48
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=48
ohne Selbsverletzung n=50
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=48
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=48
ohne Selbsverletzung n=52
Selbstverletzung n=49
0
20
40
60
Summenscore der DAPP-Eigenschaften
80
Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09:
Verteilung der DAPP-Items bei Probanden mit und ohne Selbstverletzungen; DAPPItems=Charaktereigenschaften des
Dimensional Assessment
of Personality Pathology Fragebogens;
SUBMIS=Submissivness; COGDIS=Cognitive Distortion; IDENT=Identity Problems; AFFSTAB=Affective Lability;
STIMSEEK=Stimulus Seeking; COMPULS=Compulsivity; RESTEXP=Restricted Expression; CALLOUS=Callousness;
PASSAGG=Passive-Aggressivity; INTPROB=Intimacy Problems; REJECT=Rejection; ANXIETY=Anxiousness;
CONDUCT=Conduct Problems; SUSPIC=Suspiciousness; SOCA=Social Avoidance; NARCIS=Narcissism;
INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; LIE=Lügenskala; *=signifikant nach dem Mann-Whitney-UTest; **=hoch signifikant nach dem Mann-Whitney-U-Test; n=Anzahl der für dieses Merkmal ausgewerteten
Fragebögen; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=101; die
unterschiedlichen Zahlen der Probandinnen mit und ohne Selbstverletzung leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei
einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals
berücksichtigt wurde.
73
TOQ Fragebogen
Datum:
Patient:
I) Haben Sie einen Gegenstand mit besonderer Bedeutung
(Kuscheltier, Talisman, Fotos) mit ins Krankenhaus gebracht?
Ja
Nein
Ja
Nein
Wenn nein weiter auf Seite 2
Wenn Ja
Können Sie diesen Gegenstand näher beschreiben?
(Aussehen, Größe, Form, Farbe, Oberfläche)
Warum haben Sie diesen Gegenstand dabei?
Wie und von wem haben Sie diesen erhalten?
Hat er eine besondere Bedeutung?
Könnten Sie diese besondere Bedeutung näher beschreiben?
Wie wichtig ist er für sie?
nicht wichtig
ein bisschen
ziemlich
Brauchen Sie diesen Gegenstand um einschlafen zu können?
Warum?
Brauchen sie diesen Gegenstand, wenn Sie in einer (emotionalen)
Notsituation sind?
Warum?
sehr wichtig
Ja
Nein
Ja
Nein
Wie würden Sie sich fühlen, wenn der Gegenstand verloren gehen würde?
74
Wenn Nein
II) Haben Sie einen besonderen Gegenstand zuhause, den Sie nicht mit ins
Krankenhaus gebracht haben?
Ja
Wenn Nein weiter auf Seite 3
Können Sie diesen Gegenstand näher beschreiben?
(Aussehen, Größe, Form, Farbe, Oberfläche)
Wie und von wem haben Sie diesen erhalten?
Wie wichtig ist dieser für Sie?
nicht wichtig ein bisschen ziemlich sehr wichtig
Brauchen Sie diesen Gegenstand um einschlafen zu können?
Warum?
Brauchen sie diesen Gegenstand, wenn Sie in einer (emotionalen)
Notsituation sind?
Warum?
Ja
Nein
Ja
Nein
Wie würden Sie sich fühlen, wenn der Gegenstand verloren gehen würde?
Nein
75
III) Hatten Sie einen Gegenstand mit besonderer Bedeutung in Ihrer Kindheit?
Ja
Nein
Können Sie diesen Gegenstand näher beschreiben?
(Aussehen, Größe, Form, Farbe, Oberfläche)
Wie alt waren Sie als Sie diesen bekamen? _____ Wann haben Sie ihn abgelegt? ____
Was ist mit diesem Gegenstand passiert?
Wie wichtig war dieser für Sie?
nicht wichtig
ein bisschen
ziemlich sehr wichtig
Brauchten Sie diesen Gegenstand um einschlafen zu können?
Warum?
Brauchten sie diesen Gegenstand, wenn Sie in einer (emotionalen)
Notsituation waren?
Warum?
Wie hätten Sie sich gefühlt, wenn dieser verloren gegangen wäre?
Ja
Nein
Ja
Nein
76
9 Danksagung
Zum Abschluss dieser Arbeit möchte ich mich herzlich bei allen Unterstützern bedanken:
Zunächst bei PD Dr. med. Carlos Schönfeldt-Lecuona, der mir in meiner Famulatur an der
Uniklinik diese Arbeit angeboten hatte. Seine Begeisterung für die Psychiatrie hat mir die
Tür zu diesem Fach geöffnet.
Auch dem Pflege-Team der beiden offenen Stationen „Jaspers“ und „Beringer“ möchte ich
ganz herzlich für die tatkräftige Unterstützung bei der Suche nach meinen
Studienteilnehmerinnen danken. Ohne sie, wäre der Aufenthalt in der Klinik um einiges
weniger mit positiven Erinnerungen verknüpft.
Für die Durchführung der SKID-II Interviews danke ich allen beteiligten Psychologen:
Torsten Fischer, Ingo Gunst und Franziska Kunzl.
Mein größter Dank, allerdings, gilt Dr. med. Markus Schmid für die Betreuung dieser
Studie. Für die vielen konstruktiven Gespräche zur Entwicklung der Ideen, für die Kritik
und die stetige Motivation auf den Etappen der Fertigstellung.
Auch bei meiner Familie möchte ich mich für die Unterstützung und ihr beständiges
Interesse an meiner Arbeit bedanken. Allen voran meinem Freund Simon Dietmair, dessen
Ermunterung ich in den vergangenen Monaten häufiger in Anspruch nahm. Und meiner
Schwester, die trotz sommerlichen Temperaturen die Durchsicht der Arbeit auf sich nahm.
Sowie meinen Eltern – für ihre kompromisslose Unterstützung auf der gesamten Linie.
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