UNIVERSITÄTSKLINIKUM ULM KLINIK FÜR PSYCHIATRIE UND PSYCHOTHERAPIE III Ärztlicher Direktor Professor Dr. med. Dr. phil. M. Spitzer Häufigkeit von transienten Objekten bei Patienten mit Borderline-Persönlichkeitsstörung und deren diagnostische Aussagekraft Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Inga Keterling aus Semipalatinsk 2010 Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth 1. Berichterstatter: PD Dr. Carlos Schönfeldt-Leucuona 2. Berichterstatter: PD Dr. Johannes Brettschneider Tag der Promotion: 09.06.2011 III Inhaltsverzeichnis 1 Abkürzungsverzeichnis V 2 Einleitung 1 2.1 Borderline Persönlichkeitsstörung 1 2.2 Transientes Objekt 6 2.2.1 Transiente Objekte in der Kindheit 6 2.2.2 Transiente Objekte bei Erwachsenen 7 2.3 Dimensionale Diagnostikkriterien in der Persönlichkeitsforschung 9 2.4 Nicht-suizidale Selbstverletzung 10 2.5 Resümee der Studienziele 11 3 Patienten und Methoden 12 3.1 Patienten 12 3.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien 12 3.1.2 Rekrutierung des Patientenkollektivs und Datenerhebung 12 3.2 14 Erhebungsinstrumente 3.2.1 Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV Achse II 14 3.2.2 Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire 15 3.2.3 Self-Harm Behavior Questionnaire 17 3.2.4 Transitional Object Questionnaire 17 3.2.5 Erhebung der Achse I und II Diagnosen 18 3.3 19 Statistische Auswertung 3.3.1 Deskriptive Analyse 19 3.3.2 Induktive Statistik 20 4 Ergebnisse 22 4.1 Vergleich der Studienteilnehmerinnen mit der Nicht-Teilnehmer-Gruppe 22 4.1.1 Vergleich von Alter und Schulbildung 22 4.1.2 Vergleich der Diagnose und Aufenthaltsdauer 23 4.2 Beschreibung der Stichprobe 25 4.3 Transiente Objekte 28 IV 4.4 Studienteilnehmerinnen und emotional bedeutsame Objekte 29 4.4.1 Achse-II-Störungen und emotional bedeutende Objekte 30 4.4.2 Emotional wichtige Gegenstände in der Kindheit 34 4.5 36 Studienteilnehmerinnen und Selbstverletzungen 4.5.1 Achse-II-Störungen und Selbstverletzung 36 4.6 Vergleich der Merkmale: transientes Objekt und Selbstverletzung 38 4.7 Auswertung des DAPP-Modells 39 4.7.1 DAPP-Charaktereigenschaften bei den Probandinnen 39 4.7.2 Assoziation bestimmter DAPP-Merkmale mit transienten Objekten 39 4.7.3 DAPP-Charaktermerkmale und nicht-suizidale Selbstverletzungen 42 5 Diskussion 45 5.1 Formulierung der Themafragen 45 5.2 Interpretierbarkeit der Studienergebnisse 45 5.3 Aussage der Studienergebnisse in Bezug auf die BPS 46 5.3.1 Assoziation der BPS mit TO im Erwachsenenalter 46 5.3.2 Transiente Objekte im Kindesalter 48 5.3.3 Erklärungsansatz der Hypothese: Warum sind BPS und TO assoziiert? Weiterführende Gedanken 49 5.3.4 Selbstverletzung und BPS 52 5.3.5 Vergleich: Transientes Objekt versus wiederholte Selbstverletzung 53 5.4 54 Interpretation der Ergebnisse des DAPP-Fragebogens 5.4.1 DAPP-Merkmale und TO 54 5.4.2 DAPP-Charaktereigenschaften und wiederholte Selbstverletzung 55 5.5 Schlussfolgerung 56 6 Zusammenfassung 57 7 Literatur 59 8 Anhang 63 9 Danksagung 76 V 1 Abkürzungsverzeichnis: AWMF Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften ADHS Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätssyndrom APA American Psychiatric Association BPS Borderline Persönlichkeitsstörung DAPP-BQ Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire DSM-III-R Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Third Edition, Revision DSM-IV(-TR) Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders, Fourth Edition (Text Revision) FFM Five-Factor-Model, Big-Five-Modell ICD-10 International Classification of Diseases, Tenth Edition IPDE International Personality Disorder Examination PS Persönlichkeitsstörung SCID-II Structured Clinical Interview for DSM-VI Personality Disorder (angloamerikanische Version) SHBQ Self-Harm Behavior Questionnaire SKID-II Strukturiertes klinisches Interview zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen nach DSM IV Achse II (deutsche Version) TCI The Temperament and Character Inventory TO Transientes Objekt TOQ Transitional Object Questionnaire 1 2 Einleitung 2.1 Borderline Persönlichkeitsstörung (BPS) Die Borderline Persönlichkeitsstörung (BPS) ist eine von insgesamt 10 dysfunktionalen Persönlichkeitsprofilen, die in die beiden gängigen Klassifikationssysteme psychiatrischer Krankheiten ICD-10 [51] und DSM-IV-TR [45] Eingang gefunden hat. Es handelt sich um ein schwerwiegendes Krankheitsbild, das mit einer Punktprävalenz von 1-4% in der Allgemeinbevölkerung zu finden ist [29, 19, 31]. In der ambulanten psychiatrischen Betreuung treffen sogar bis zu 9,3% der Patienten die diagnostischen Kriterien dieser Störung [53, 18], mit einem Gipfel von bis zu 20% im stationären psychiatrischen Setting [31, 18]. Gesundheitsökonomisch präsentiert sich die BPS als eine außerordentlich relevante Erkrankung, die etwa 30% der Gesamtkosten für stationäre psychiatrische Behandlungen in Deutschland beansprucht [11]. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen und Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) definiert die Persönlichkeitsstörungen in ihrer S2-Leitlinie, analog zu den beiden Klassifikationssystemen DSM-IV bzw. ICD-10, als bestimmte unflexible und wenig angepasste Verhaltens-, Gefühls- und Denkmuster einer Person, die den soziokulturellen Erwartungen ihrer Umwelt widersprechen und zu ausgeprägten persönlichen Leiden sowie zu Problemen in der zwischenmenschlichen Interaktion führen [1]. Zu den wesentlichen Charakteristika der BPS zählt heute die emotionale Dysregulation in Kombination mit einem hohen Ausmaß an Impulsivität, die häufig suizidale Handlungen und Selbstverletzungen dieses Patientenkollektivs bedingen. Die zwischenmenschlichen Beziehungen der Betroffenen zeichnen sich durch ein gestörtes interpersonelles Funktionsniveau aus und werden durch Hypersensitivität der sozialen Umwelt gegenüber und überaus schmerzhaft empfundene Einsamkeit noch zusätzlich belastet. Die BPSPatienten begegnen misstrauisch ihren Mitmenschen, da sie ihnen eine feindselige Grundeinstellung in Bezug auf die eigene Person unterstellen und berichten deutlich seltener von positiven Erinnerungen an dyadische Interaktionen. Weiterhin werden häufig dissoziative Symptome und gravierende Identitätsstörungen bei diesen Patienten beobachtet, die oft mit intensivsten inneren Schmerzzuständen vergesellschaftet sind [22]. Die spezifische Definition der Borderline-Diagnostikkriterien in den beiden Klassifikationssystemen beschränkt sich indessen auf einige wenige Kennzeichen. Die 2 Prüfsteine im DSM-IV-TR (American Psychiatric Association) [45] für die BorderlinePersönlichkeitsstörung (DSM-IV-TR 301.83) lauten hierzu wie folgt: „Ein tiefgreifendes Muster von Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen, im Selbstbild und in den Affekten sowie von deutlicher Impulsivität. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und manifestiert sich in den verschiedenen Lebensbereichen. Mindestens 5 der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein: 1. Verzweifeltes Bemühen, tatsächliches oder vermutetes Verlassenwerden zu vermeiden. Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die im Kriterium 5 enthalten sind. 2. Ein Muster instabiler, aber intensiver zwischenmenschlicher Beziehungen, das durch einen Wechsel zwischen den Extremen der Idealisierung und Entwertung gekennzeichnet ist. 3. Identitätsstörung: ausgeprägte und andauernde Instabilität des Selbstbildes oder der Selbstwahrnehmung. 4. Impulsivität in mindestens zwei potentiell selbstschädigenden Bereichen (Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, „Fressanfälle“). Beachte: Hier werden keine suizidalen oder selbstverletzenden Handlungen berücksichtigt, die im Kriterium 5 enthalten sind. 5. Wiederholte suizidale Handlungen, Selbstmordandeutungen oder –drohungen oder Selbstverletzungsverhalten. 6. Affektive Instabilität infolge einer ausgeprägten Reaktivität der Stimmung (z.B. hochgradige episodische Dysphorie, Reizbarkeit oder Angst, wobei diese Verstimmungen gewöhnlich einige Stunden und nur sehr selten mehr als einige Tage andauern). 7. Chronische Gefühle von Leere 8. Unangemessene, heftige Wut oder Schwierigkeiten, die Wut zu kontrollieren (z.B. häufige Wutausbrüche, andauernde Wut, wiederholte körperliche Auseinandersetzungen). 9. Vorübergehende, durch Belastungen ausgelöste paranoide Vorstellungen oder schwere dissoziative Symptome.“ Dazu muss vermerkt werden, dass psychiatrische Störungskomplexe im DSM-System auf verschiedenen diagnostischen Achsen untergebracht sind. Die Achse I beherbergt die akuten, episodisch auftretenden, den Patienten stark einschränkenden Gefühls- und Gemütszustände, wie beispielsweise die affektiven und die schizophrenen Störungen, aber auch die Substanzabhängigkeiten. Demgegenüber sind die langanhaltenden, häufig lebensbegleitenden Störungen im Bereich des Verhaltens und der Intelligenz, wie die Persönlichkeitsstörungen und die mentale Retardierung, auf der Achse II lokalisiert [39]. 3 Die ICD-10 (International Classification of Diseases, Tenth Edition) [51] unterscheidet indessen in ihrer Klassifikation den Borderline-Typus vom impulsiven Typus und fasst beide unter dem Begriff der emotional instabilen Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.3) zusammen: Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Impulsiver Typus (ICD-10 F60.30): A. Die allgemeinen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung müssen erfüllt sein B. Mindestens drei der folgenden Eigenschaften oder Verhaltensweisen müssen vorliegen: 1. Deutliche Tendenz, unerwartet und ohne Berücksichtigung der Konsequenzen zu handeln 2. Deutliche Tendenz zu Streitereien und Konflikten mit anderen, vor allem dann, wenn impulsive Handlungen unterbunden oder getadelt werden 3. Neigung zu Ausbrüchen von Wut oder Gewalt mit Unfähigkeit zur Kontrolle explosiven Verhaltens 4. Schwierigkeiten in der Beibehaltung von Handlungen, die nicht unmittelbar belohnt werden 5. Unbeständige und launische Stimmung Borderline-Typus (ICD-10 F60.31): A. Die allgemeinen Kriterien für eine Persönlichkeitsstörung müssen erfüllt sein. B. Mindestens drei der oben unter F60.30B erwähnten Kriterien müssen vorliegen und zusätzlich mindestens zwei der folgenden Eigenschaften und Verhaltensweisen: 1. Störungen und Unsicherheit bezüglich Selbstbild, Zielen und „inneren Präferenzen“(einschließlich sexueller) 2. Neigung, sich in intensive, aber instabile Beziehungen einzulassen, oft mit der Folge von emotionalen Krisen 3. Übertriebene Bemühungen, das Verlassenwerden zu vermeiden 4. Wiederholt Drohungen oder Handlungen mit Selbstschädigung 5. Anhaltende Gefühle von Leere Wie aus diesen Ausführungen ersichtlich wird, stimmen die beiden Klassifikationssysteme in ihren deskriptiven und phänomenologisch orientierten Diagnosekriterien größtenteils überein. Dennoch gestaltet sich die Diagnosebildung ungeachtet dieser Übersicht als nicht ganz einfach. Einen wichtigen Grund stellt hierbei die hohe Komorbiditätsrate dieser Erkrankung dar. Etwa 60-90% der BPS-Patienten weisen gleichzeitig Symptomenkomplexe anderer Persönlichkeitsstörungen auf [31, 54]. Eine der aktuellen Studien zeigt, dass bei 53,3% der Betroffenen zugleich eine ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung besteht [54]. Weitere Überschneidungen ergeben sich mit der paranoiden und der dependenten Persönlichkeitsstruktur, die bei 36,7% bzw. bei 32,2% liegen, sowie im großen Umfang auch mit allen anderen Achse-II-Persönlichkeitsstörungen [54, 39]. 4 Bei der Komorbidität mit Achse-I-Diagnosen kommen mit einer Häufigkeit von bis zu 94,4% zeitgleich mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung affektive Störungen und mit 66,7% Angststörungen sowie mit 53,3% Dissoziative Störungen vor. Von Substanzmissbrauch bzw. -abhängigkeit sind etwa 35,6% der BPS-Patienten betroffen [54]. Eine weitere Besonderheit der Borderline-Persönlichkeitsstörung betrifft die Geschlechterverteilung. Mit 70-80% wird diese Störung deutlich häufiger bei Frauen als bei Männern diagnostiziert [11, 41, 28, 7]. Einige Autoren sehen den Grund für diese Beobachtung in der Annahme, dass männliche Patienten mit dieser Erkrankung vermehrt zu Fremdaggressionen, anstatt zu Selbstverletzungen neigen und somit häufiger mit forensischen Institutionen und der Justiz in Berührung kommen [11]. Diese Hypothese konnte jedoch durch die Ergebnisse einer aktuellen Studie widerlegt werden. Hier wurde gezeigt, dass auch in forensischen Einrichtungen der Prozentsatz von Frauen, die BPSKriterien erfüllen mehr als doppelt so hoch ist wie der von Männern [9]. Zur Entstehungstheorie der Borderline-Persönlichkeitsstörung werden heute mehrere Ursachen diskutiert. Die meisten Forscher argumentieren für ein Modell, das genetische Komponenten, traumatische Erfahrungen und dysfunktionale Verhaltensmuster miteinbezieht [11]. In einer Zwillingsstudie, die auf DSM-IV Diagnostikkriterien basierte, fanden sich Konkordanzraten von 35% bzw. 7% für monozygote bzw. dizygote Zwillingspaare [34]. Diese Daten deuten auf einen starken genetischen Einfluss bei der Entstehung der Borderline-Störung hin. Bei 40-80% der BPS-Patienten lassen sich in der biographischen Aufarbeitung Hinweise auf eine in der Kindheit stattgefundene Traumatisierung finden, die in Form von Vernachlässigung, körperlicher bzw. emotionaler Misshandlung oder sexueller Gewalt stattfand [11, 28, 24]. Nach dem heute weitverbreiteten Konsens scheint die Anwesenheit von sexueller Gewalterfahrung in der Kindheit jedoch keine zwingende Voraussetzung für die Entstehung einer BPS zu sein [11, 29]. Dennoch haben solche Erlebnisse mit ihrer destabilisierenden Wirkung auf eine sich entwickelnde Persönlichkeit, einen weitreichenden, negativen Einfluss auf das spätere Outcome des Betroffenen [26]. Ohne den Baustein der dysfunktionalen Verhaltensmuster wäre die Entstehungstheorie der BPS jedoch unvollständig. Diese sind das Produkt von misslungenen Versuchen erlebte aversive Gefühlszustände oder Situationen zu bewältigen. Lerntheoretisch handelt es sich dabei um eine negative Verstärkung, die am Beispiel des selbstschädigenden Verhaltens veranschaulicht werden kann. Nach einer Selbstverletzung empfinden die meisten BPS- 5 Patienten eine Reduktion der initial vorherrschenden, unangenehmen Anspannung, sodass diese unangemessene Copingstrategie bei den Betroffenen immer wieder zum Einsatz kommt [11]. In Bezug auf die Therapie der BPS haben sich in den letzten Jahren neue Ansichten ausgebildet. Während für die pharmakologische Behandlung der BPS keine spezifische Therapie existiert [11], bildet die Verhaltens- und tiefenpsychologische Therapie die Grundlage der modernen Intervention. Heute stehen für die Borderline Persönlichkeitsstörung mindestens zwei Psychotherapieformen zur Verfügung, die im streng wissenschaftlichen Sinne ihre Wirksamkeit erbracht haben. Zum einen handelt es sich um die „Dialektisch Behaviorale Therapie“ (DBT) nach Linehan, die sich im ambulanten und stationären Bereich als effektiv erwiesen hat. Die andere Therapieform, deren Wirksamkeit bisher nur im teilstationären Setting gezeigt wurde, sog. „Mentalization Based Therapie“ (MBT) wurde von Bateman und Fonagy entwickelt [22]. Leider sprechen auch bei diesen aussichtsreichen Verfahren nur etwa 50% der behandelten Patienten auf die angebotene Therapieform an [11]. Die Studien der letzten Jahre brachten die Erfahrung mit sich, dass die BorderlinePersönlichkeitsstörung eine vergleichsweise optimistische Prognose aufweist. Es konnten Remissionsraten von 85% über 10 Jahre beobachtet werden [19], bzw. etwa 75% der Betroffenen bis zum Alter von 35-40 Jahren erfüllten die diagnostischen Kriterien für diese Störung nicht mehr [41]. Auf der anderen Seite wurde die initial positive Bewertung durch die Erkenntnisse relativiert, dass vorrangig die akute BPS-Symptomatik von dieser Heilung betroffen war, während das Funktionsniveau eines Gesunden auch im Verlauf vieler Jahre nicht erreicht werden konnte [42, 31]. Überdies gibt es einen weiteren Aspekt, der die Prognose dieser Patientengruppe einschränkt. Eine hohe Suizidrate von bis zu 10% wurde bei den Patienten mit einer Borderline-Störung beobachtet. Dieser Prozentsatz entspricht einem 50mal höheren Risiko, als bei der Allgemeinbevölkerung [28]. Weitere epidemiologische Daten belegen ferner, dass 40-65% der Personen mit erfolgtem Selbstmord Kriterien einer Persönlichkeitsstörung aufweisen, wobei die BPS die häufigste Störung in dieser Gruppe darstellt [34]. Diese Erkenntnisse machen deutlich, dass gerade diese stark gefährdete Patientengruppe aus dem umfangreichen psychiatrischen Kollektiv verlässlich und rasch identifiziert werden sollte, damit ihr rechtzeitig eine geeignete Therapie zugeführt werden kann. 6 2.2 Transientes Objekt (TO) Bei der klinischen Arbeit mit psychiatrischen Patientinnen wurde wiederholt die Beobachtung gemacht, dass einige der Frauen besondere Gegenstände mit sich führten, deren Gegenwart sie als sehr bedeutsam beschrieben. Sie dienten zur Beruhigung und Angstreduktion, hatten eine Beschützerfunktion oder stammten von wichtigen Bezugspersonen, die sie repräsentierten. Beim genauen Vergleich der Patientinnen fiel die Eigenheit auf, dass ein großer Anteil von ihnen eine BPS-Diagnose aufwies, woraufhin die Hypothese entstand, dass das Vorhandensein eines besonderen Objektes mit der Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung assoziiert sein könnte. Ein Erklärungsversuch dieser Hypothese könnte aus der Objektbeziehungstheorie abgeleitet werden. Melanie Klein entwickelte als Erste die Vorstellung, die abweichend von Freud, nicht die Triebe, sondern zwischenmenschliche Beziehungen als entscheidend für die menschliche Entwicklung betrachtet. Von vielen anderen Wissenschaftlern wurde diese These aufgegriffen und erweitert, wie auch von Kernberg, der den Affekt in zwischenmenschlichen Interaktionen als den notwendigen Impuls für die Objektrepräsentanz ansah. Kernberg postuliert, dass das Individuum in der Kindheit durch interpersonelle Interaktion eine stabile mentale Repräsentation von Beziehungspersonen ausbildet. Die dadurch erzeugte „emotionale Objektkonstanz“ ist die notwendige Voraussetzung für ein stabiles Selbstbild und solide zwischenmenschliche Beziehungen. Bei BPS-Patienten fehlen gerade diese Grundzüge der Persönlichkeit, die aufgrund der mangelhaften Objektpermanenz und einer inkonstanten Objektrepräsentation nicht entstehen. Dies könnte die Ursache für die instabilen zwischenmenschlichen Beziehungen der BPS-Patienten darstellen [30]. 2.2.1 Transiente Objekte in der Kindheit Winnicott, ein englischer Kinderarzt und Psychoanalytiker, entwickelte die Theorie von einem Übergangsobjekt – einem sog. „Transitional Object“. Es bezeichnet ein Phänomen, das während der frühkindlichen Entwicklung auftritt, in der ein Kleinkind starke Anhänglichkeit zu einem meist weichen Gegenstand (Kuscheltier, Stoffwindel, Schmusedecke) zeigt. Dieser Gegenstand begleitet das Kind die ersten Lebensjahre ausnahmslos überallhin, wobei der Geruch und das Material die entscheidenden Kriterien 7 für das Kind darstellen [4, 2, 46]. Im physiologischen Verlauf der wachsenden Selbständigkeit verliert dieses Übergangsobjekt langsam an Bedeutung und wird letztendlich im Alter von 6 bis 7 Jahren gänzlich abgelegt [4]. Die Theorie, die dahinter steht, geht von einer „good enough mother“ aus – also keiner idealisierten Mutterperson, sondern einer Mutter, die ausreichend gut für die Bedürfnisse ihres Kindes sorgt. Das Übergangsobjekt übernimmt die Repräsentanz dieser Bezugsperson, die als externes Objekt bezeichnet wird, und besänftigt die aversiven Gefühle des Kindes bei deren physischer Abwesenheit. Dieser Vorgang funktioniert indem das Übergangsobjekt die Entstehung eines sog. internen Objektes bewirkt, einer verinnerlichten Repräsentanz der Bezugsperson, die vom externen Objekt, also der realen Mutter, und ihrer Umsorgung des Säuglings abhängig ist. Das interne Objekt kann für das Kind seine Bedeutung vorzeitig verlieren, wenn über längere Zeit das Versagen der Mutter in Bezug auf die Bedürfnisse des Kindes auftritt [4]. In diesem Fall verliert auch das Übergangsobjekt seine Wichtigkeit und Funktion. Die tiefere Bedeutung dieses Vorgangs findet ihren Niederschlag in der Ausbildung des eigenen Bewusstseins des Kindes und der Emotionsregulation. Weiterhin fördert das transiente Objekt den Prozess der kognitiven Loslösung des Säuglings von der Mutter und seine Erkenntnis des eigenen, individuellen Selbst, indem eine innere Repräsentanz für äußere Gegenstände durch das Übergangsobjekt bewirkt wird. Eine intakte Mutter-KindInteraktion stellt die entscheidende Voraussetzung bei der erfolgreichen Bewältigung dieser Reifeleistung dar [12]. 2.2.2 Transiente Objekte (TO) bei Erwachsenen Bereits ab der Pubertät muss beim Gebrauch von transienten Objekten (TO) die Frage nach Dysfunktionalität gestellt werden. Untersuchungen auf diesem Gebiet konnten nachweisen, dass Jugendliche, die transiente Gegenstände benutzen, vermehrt depressive Symptome und auch häufiger Anzeichen einer angegriffenen mentalen Gesundheit aufweisen als Gleichaltrige ohne solche Objekte. Ebenso war das allgemeine Wohlbefinden der Betroffenen gegenüber den Kontrollen deutlich reduziert, sodass einige Autoren das Vorhandensein von transienten Gegenständen als Marker für innerlichen Kummer in dieser Altersgruppe deuteten [4, 20]. Analoge Schlüsse können für den Objektgebrauch bei Erwachsenen gezogen werden, wie 8 eine Studie innerhalb einer nicht-psychiatrischen medizinischen Einrichtung zeigte. Bei den darin untersuchten Patienten mit TO-Gebrauch konnte häufiger ein dysfunktionaler Persönlichkeitsstil nachgewiesen werden, als bei ihren Alters- und Geschlecht-gematchten Kontrollen [46]. Inmitten von psychiatrischen Kollektiven konnten bei Patienten mit transienten Gegenständen vermehrt Anzeichen für Achse-II-Störungen beobachtet und besonders auf eine spezielle Persönlichkeitsstörung, die BPS, fokussiert werden. Bereits 1986 zeigten Morris, Gunderson und Zanarini, dass Borderline-Patienten häufiger TO besaßen als Patienten mit anderen Persönlichkeitsstörungen. Aus diesen Ergebnissen nahmen sie eine Verknüpfung zwischen dieser Achse-II-Störung und dem Objektgebrauch an, der sich möglicherweise als ein nützlicher Marker für die BPS erweisen könne [38]. 10 Jahre später erfassten Labbate und Benedek in einem psychiatrischen Kollektiv von 447 weiblichen, erwachsenen Patienten bei 61% der Stofftierbesitzerinnen die Diagnose einer BPS [33]. Auch die aussagekräftige Studie von Cardasis et al. aus dem Jahr 1997 beschäftigte sich mit der Fragestellung des transienten Objektgebrauchs und dessen Assoziation mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung. Im Unterschied zu seinen Vorgängern wurden hier die Persönlichkeitsdiagnosen bereits nach den damals gültigen Kriterien des DSM-III-R gestellt. Dies bietet eine gewisse Vergleichbarkeit zu den heutigen diagnostischen Richtlinien, da sie weitestgehend mit den aktuellen BPS-Kriterien des DSM-IV-TR übereinstimmen. Die Ergebnisse der Studie zeigten eine beachtliche Korrelation von BPSDiagnosen und TO-Gebrauch. So hatten etwa 63% der BPS-Patienten einen wichtigen Gegenstand verwendet, während diese Zahl bei den Nicht-Borderline-Patienten bei 27% lag [14]. Nachfolgend zu den beschriebenen Studien, insbesondere zu der von Cardasis et al., lassen sich jedoch keine weiteren aufschlussreichen Untersuchungen nachweisen, die sich abschließend mit dieser Problematik beschäftigt hätten. Dementsprechend sind viele Fragen in diesem Zusammenhang noch immer als offen zu werten. Beispielsweise die Frage, ob das betrachtete Merkmal als Diagnostikkriterium für die Borderline-Störung geeignet ist oder nicht, wurde von keiner der angeführten Studien reflektiert. Ferner besteht auch Charaktereigenschaften, weiterhin die zu die einem Ungewissheit Objektgebrauch über im die relevanten Erwachsenenalter prädisponieren. Bei einer eindeutigen Identifizierung dieser, wäre die Möglichkeit gegeben die Hypothese der Assoziation der BPS mit dem transienten Objekt über den Umweg der 9 Charaktermerkmale zu bestätigen und damit die Schlüssigkeit dieser Annahme zu beweisen. Auf dieser Grundlage könnten dann Bemühungen unternommen werden den Zweck bzw. die eigentliche Aufgabe eines transienten Objektes herauszufinden, die möglicherweise die Chance eröffnen würden therapierelevante Erkenntnisse für die betroffene Personengruppe zu gewinnen. Um Antworten auf einige dieser Fragen zu finden, wurde die vorliegende Studie konzipiert. 2.3 Dimensionale Diagnostikkriterien in der Persönlichkeitsforschung Wie aus den oben genannten Überlegungen hervorgeht, könnte durch eine alternative Herangehensweise anhand der Charaktermerkmale die gleiche These auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Dies ist durch den Zugriff auf die Erkenntnisse der modernen Persönlichkeitsforschung möglich, die aus der Unzufriedenheit mit dem kategorialen Diagnostiksystem ein neues Forschungsfeld der dimensionalen Persönlichkeitsmerkmale eröffnet hat [16, 50]. Dieses zeigte deutliche Vorteile gegenüber dem Vorgänger-System und hat sich in der evidenzbasierten Überprüfung bewährt [16]. Nicht nur sind die Ergebnisse dieses Systems besser reproduzierbar und damit besser für die Forschung geeignet, es liefert auch ein Erklärungsmodell für zahlreiche bisher ungelöste Phänomene, wie beispielsweise die Heterogenität und die fehlenden harten Grenzen bei den verschiedenen kategorialen Diagnosen [50]. Zu den anerkannten Persönlichkeitsmodellen, die die Basis dieser Forschung bilden, zählen beispielsweise das „Five-Factor-Modell“ (FFM), das „7-Faktoren-Modell“ (sog. TCIModell), aber auch das „Dimensional Assessment of Personality Pathology-Modell“ (DAPP-Modell), die trotz unterschiedlicher Entwicklungsmodalitäten einander erstaunlich ähneln [50, 52]. Die Erkenntnisse der dimensionalen Persönlichkeitsforschung besagen, dass sowohl die gesunde als auch die gestörte Persönlichkeit die gleichen qualitativen Charaktermerkmale besitzen. Der Unterschied besteht lediglich in der Stärke der Ausprägung dieser Merkmale, was in der Kontinuitätshypothese veranschaulicht wird. Sie beschreibt den Übergang einer Charaktereigenschaft zwischen einem Persönlichkeitsgesunden und –kranken als fließend auf einem Kontinuum [50, 39]. In der Zwischenzeit bezeichnet auch die American Psychiatric Association (APA) die Entwicklung des dimensionalen Konzepts als eine 10 Alternative zu dem aktuell gültigen kategorialen Persönlichkeitskonzept des DSM (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) [50]. Für die Belange dieses Projekts wurde das DAPP-Modell ausgesucht. Es definiert insgesamt 18 verschiedene Charaktereigenschaften, die sich nur wenig überlappen und möglichst vollständig die verschiedenen Facetten einer Persönlichkeit erfassen sollen. Nicht nur, dass dieses Modell in Form eines 290-Item-Fragebogens auf Deutsch verfügbar war, Studien haben mit diesem Instrument bereits eine gute Reproduzierbarkeit und Validität nachweisen können [44]. Das Ziel des aktuellen Projekts bestand auch darin herauszufinden, welche von den 18 Charaktereigenschaften des DAPP-Modells häufiger bei den Besitzern von transienten Gegenständen nachweisbar sind. Somit bestünde die Möglichkeit eine Assoziation von TO und einzelnen Charaktereigenschaften zu erfassen, was eine Ergänzung des TO-Gebrauchs bei BPS-Patienten darstellt. 2.4 Nicht-suizidale Selbstverletzung (NSSV) Die wiederholte Selbstverletzung, die meistens in einer nicht-suizidalen Absicht begangen wird, ist ein etabliertes Diagnostikkriterium in der psychiatrischen Praxis. Viele Patienten setzen diese Art der Selbstschädigung ein, um überwältigende negative Gefühlszustände zu überwinden [32, 10]. Besonders bei Borderline-Patienten kann diese Art des erworbenen, [35] unproduktiven Copings häufig beobachtet werden [32]. Aus diesem Grunde ist dieses Merkmal auch als ein diagnostisches Kriterium für diese Persönlichkeitsstörung in den DSM-IV-TR bzw. in seine Vorgängerkataloge aufgenommen worden [1]. Um die wiederholte Selbstverletzung von einer gelegentlichen zu unterscheiden, wurde die Grenze für die erstere bei mindestens vier erfolgten Schädigungen, in Anlehnung an eine aktuelle Studie zu Selbstverletzungen bei Jugendlichen, festgesetzt [13]. In diesem Projekt wird das selbstverletzende Verhalten in die gleichen Fragestellungen, wie auch das TO eingesetzt, um die Vergleichbarkeit und den Wert des TO als diagnostisches Mittel zu evaluieren. Anders gesagt - jede Hypothese, die in Bezug auf das TO getestet wurde, wurde ebenso hinsichtlich der Selbstverletzung betrachtet. 11 2.5 Resümee der Studienziele Das Ziel dieser Untersuchung lässt sich zusammenfassend folgendermaßen definieren: Die Häufigkeit von emotional bedeutsamen Gegenständen („Transitional Objects“) bei stationären Patientinnen mit Persönlichkeitsstörungen, insbesondere Borderline-Patienten (ICD10-Code: F60.31 bzw. DSM IV-TR-Code: 301.83), sollte untersucht werden. Darüber hinaus sollte die Frage geklärt werden, ob bestimmte Persönlichkeitsmerkmale besonders dazu prädisponieren ein emotional wichtiges Objekt zu gebrauchen. Das Kriterium der Selbstverletzung dient in dieser Studie als Vergleichsvariable. In Anbetracht der Umstände, dass die BPS in überwiegendem Maß bei Frauen diagnostiziert wird (s.o.), wurde im Rahmen dieser Untersuchung auf die Rekrutierung von Männern verzichtet. 12 3 Patienten und Methoden Die Studie wurde im Einvernehmen mit der Ethikkomission der Universität Ulm durchgeführt (Antrag-Nr. 346/08; Jahr der Antragsstellung 2008) und entspricht somit den Grundsätzen der Deklaration von Helsinki für die medizinische Forschung am Menschen. 3.1 Patienten 3.1.1 Ein- und Ausschlusskriterien Alle weiblichen Patienten im Alter zwischen 18 und 50 Jahren, die sich auf einer der beiden offenen Stationen (Jaspers oder Beringer) der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III der Universität Ulm im Zeitraum vom 1. November 2008 bis 27. Juli 2009 in stationärer Behandlung befanden, wurden in diese prospektive Studie eingeschlossen. Zum Erhebungszeitpunkt sollten die Teilnehmerinnen keine ausgeprägten psychotischen Symptome aufweisen. Dies war auch der Anlass die beschützte Station der Psychiatrie nicht als Erhebungsort mit auszuwählen, da hier viele Patienten im Rahmen akuter wahnhafter Symptomatik, Suizidalität oder Fremdgefährdung nicht einwilligungsund kooperationsfähig sind. Als weitere Einschlusskriterien galten eine normale Intelligenz sowie angemessene Kenntnisse der deutschen Sprache. 3.1.2 Rekrutierung des Patientenkollektivs und Datenerhebung Die Teilnehmerinnen der Studie wurden allesamt in der psychiatrischen Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie III der Universität Ulm rekrutiert, die zusammengenommen 54 vollstationäre und 20 tagesklinische Behandlungsplätze für die psychiatrische Versorgung der Region Ulm/Neu-Ulm zur Verfügung stellt. Sie alle erhielten ein Informationsschreiben, welches die Studie und ihre Forschungsziele vorstellte. Darin wurde erläutert, dass im Rahmen dieses Projektes eine Assoziation zwischen bestimmten Charaktereigenschaften und emotional wichtigen Objekten gesucht wird. Auf die spezifischen Zusammenhänge zwischen der Diagnose der Borderline 13 Persönlichkeitsstörung und transienten Objekten wurde bewusst nicht hingewiesen, um die Patientinnen bei ihren Angaben nicht im Vorfeld zu beeinflussen („subject-expectancyeffect“). Außerdem legte das Schreiben ausführlichst dar, dass jedwede Teilnahme auf freiwilliger Basis beruhte und auch die Verweigerung der Mitarbeit bzw. der Abbruch nach anfänglicher Zusage keine Konsequenzen für die Patientinnen nach sich zog. Gleichzeitig mit dem Informationsblatt wurden auch die Erhebungsinstrumente verteilt. Insgesamt wurden den Patientinnen 4 Fragebögen ausgehändigt: Strukturiertes klinisches Interview zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen nach DSM IV Achse II (SKID-II), Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire (DAPP-BQ), Self-Harm Behavior Questionnaire (SHBQ), Transitional Objekt Questionnaire (TOQ) (siehe 3.2 „Erhebungsinstrumente“ zur genauen Beschreibung). Patientinnen, die mit der Teilnahme einverstanden waren (N=104), füllten innerhalb einer Woche die Fragebögen aus, wobei die Nettobearbeitungszeit etwa 1,5 bis 2 Stunden in Anspruch nahm. Einmal wöchentlich wurden die ausgefüllten Bögen im Zimmer der Patientinnen abgeholt und zugleich bei Vorhandensein, die emotional wichtigen Gegenstände mit ihrem Einverständnis dokumentiert und fotografiert. Die Auswertung des SKID-II-Fragebogens wurde sofort vorgenommen und bei auffälligem Ergebnis an einen nicht in die Therapie der Patientinnen involvierten Diplompsychologen weitergeleitet, der dann zeitnah ein SKID-II-Interview zur Diagnosesicherung durchführte. Weder die psychiatrische Vorgeschichte der Patientinnen, noch die bereits gestellten Diagnosen seitens der Ärzte waren dem interviewenden Kollegen bekannt. Ebenso auf das Vorhandensein des transienten Objektes hin war der Psychologe verblindet und konnte somit die SKID-II-Diagnose unter Vermeidung des sog. „Concealment Bias“ stellen. Die gestellten Diagnosen der Patientinnen wurden aus den Entlassbriefen (fachärztliche Einschätzung) übernommen. Die beteiligten Ärzte waren über die Existenz von emotional bedeutsamen Objekten bei ihren Patientinnen nicht informiert und stellten die Diagnosen im Rahmen des stationären Settings. Dabei wurden neben der eingehenden Exploration in Einzel- und Gruppengesprächen, sowie unter Zuhilfenahme der Verhaltensbeobachtung auf Station, viele etablierte Methoden angewandt um Diagnosen entsprechend den Kriterien nach DSM-IV zu generieren. 14 3.2 Erhebungsinstrumente 3.2.1 Strukturiertes klinisches Interview für DSM-IV Achse II Um bei Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung eine reliable Diagnose zu vergeben, wird heute neben den üblichen diagnostischen Maßnahmen, wie der psychiatrischen Exploration und der stationären Verhaltensbeobachtung, auch ein Screening mit Hilfe eines strukturierten Interviews in den aktuellen Leitlinien (Stand 2007) der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) empfohlen. Die hierfür am häufigsten eingesetzten Interviewverfahren sind das International Personality Disorder Examination (IPDE) und das Strukturierte Klinische Interview zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen (SKID-II). In dieser Studie wurde der SKID-II unter dem Gesichtspunkt ausgewählt, ein valides Instrument (Kappa 0,48 – 0.98) darzustellen [37], das in unserer Klinik seit vielen Jahren etabliert und im praktischen Gebrauch von vielen psychotherapeutisch tätigen Ärzten und Psychologen gründlich erprobt ist. Das Originalinterview wurde von First et al. publiziert, seine deutsche Übersetzung erschien 1997 von Fydrich et al. im Hogrefe Verlag in Göttingen. Der Anwendung des Interviews geht ein SKID-II-Selbstbeurteilungsfragebogen voraus, der 117 Items enthält und als Screening vor dem eigentlichen strukturierten Interview erfolgt. Alle Fragen zu den entsprechenden Items sind dichotom gestellt, sodass die JaAntworten zu spezifischen Scores für jede Persönlichkeitsstörung zusammengezählt werden können. Bei der Überschreitung der Cutt-off Werte können die auffälligen Persönlichkeitsmerkmale identifiziert und zu einer weiteren Beurteilung an einen Psychologen weitergereicht werden. Somit können die Angaben des Patienten im Rahmen des strukturierten SKID-II-Interviews durch die Fremdbeurteilung eines erfahrenen Psychologen ergänzend evaluiert werden. Mittels dieser Methode lassen sich insgesamt zehn verschiedene Persönlichkeitsstörungen und zusätzlich zwei dysfunktionale Persönlichkeitsprofile nach DSM-IV erfassen. Dazu zählen die selbstunsichere (asthenische), die dependente (abhängige), die zwanghafte (anankastische), die paranoide, die schizotypische, die schizoide, die histrionische, die narzisstische, die Borderline, die antisoziale, die negativistische und die depressive Persönlichkeit. 15 3.2.2 Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire Das Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Qestionnaire (DAPP-BQ) ist das Selbstbeurteilungsinstrument zu dem gleichnamigen Persönlichkeitsmodell, das über einen klinischen Bottom-Up-Ansatz etwa ab der Mitte der 80er Jahre von Livesley entwickelt wurde. Es stellte einen Versuch dar die menschliche Persönlichkeit bzw. deren Störungen auf der Basis von allgemeinen Verhaltenskonstrukten (z. B. Promiskuität) und „traits“, also Persönlichkeitseigenschaften, die über die Zeit stabil bleiben (z. B. Narzissmus), zu definieren [36]. Trotz vollkommen unterschiedlicher Herangehensweise lieferte das neue Persönlichkeitsmodell vergleichbare Erkenntnisse, wie schon mithilfe des Big-Five-Modells beschrieben wurden und bestätigte dadurch die Universalität der Persönlichkeitsstrukturen. Im Endergebnis entstand das dazugehörige Erhebungsinstrument (DAPP-BQ) aus 290 Fragen, die 18 Basisdimensionen umfassen, welche wiederum vier übergeordneten, robust belegten Generalfaktoren Verhalten“, unterstehen: „Gehemmtheit“ und „Emotionale Dysregulation“, „Zwanghaftigkeit“. Abgefragt „Dissoziales werden die untergeordneten 18 Traits mit je 16 bis 12 Fragen, während die zusätzliche Lügenskala anhand von lediglich 8 Items geprüft wird. Bei jeder Frage kann der Proband zwischen 5 abgestuften Antwortmöglichkeiten wählen: „Starke Ablehnung - Ablehnung - Neutral Zustimmung - Starke Zustimmung“. Bei der Auswertung werden auf diese Weise für jede Antwort 1 bis 5 Punkte vergeben und ein Gesamtscore für jede einzelne Charaktereigenschaft erzielt. Für jede Dimension muss eine Mindestanzahl von Fragen beantwortet sein, (z. B. müssen bei 16 Fragen zu einem Merkmal, mindestens 14 beantwortet sein) um eine Auswertung vornehmen zu können. Folgende Charaktereigenschaften wurden mittels des DAPP-Basic Questionnaires getestet, die zu den oben genannten, übergeordneten Traits dazugehören: Emotionale Dysregulation: 1. Unterwürfigkeit (Submissivness/Diffidence): SUBMIS 2. Kognitive Verzerrung (Cognitive Distortion): COGDIS 3. Identitätsprobleme (Identity Problems): IDENT 4. Affektive Labilität (Affective Lability): AFFSTAB 5. Oppositionshaltung (Passive-Aggressivity/Oppositionality): PASSAGG 6. Ängstlichkeit (Anxiousness): ANXIETY 16 7. Argwohn (Suspiciousness): SUSPIC 8. Kontaktvermeidung (Social Avoidance): SOCA 9. Narzissmus (Narcissism): NARCIS 10. Unsichere Bindung (Insecure Attachment): INSECATT 11. Selbstschädigung (Self Harm/Suicide): SUICIDE Dissoziales Verhalten: 1. Reizsuche (Stimulus Seeking): STIMSEEK 2. Herzlosigkeit (Callousness/Interpersonal Disesteem): CALLOUS 3. Ablehnung (Rejection): REJECT 4. Verhaltensprobleme (Conduct Problems): CONDUCT Gehemmtheit: 1. Ausdrucksarmut (Restricted Expression): RESTEXP 2. Intimitätsprobleme (Intimacy Problems): INTPROB Zwanghaftigkeit: 1. Zwanghaftigkeit (Compulsivity): COMPULS Lügenskala (Lie scale): LIE Dieser Fragebogen ist inzwischen an verschiedenen Populationen der Welt getestet und zeigte sich in diesem Zusammenhang auch in der deutschen Version als kulturübergreifend stabil [47]. Im Vergleich zu den zwei anderen heute anerkannten, dimensionalen Persönlichkeitsmodellen (Big-Five-Modell nach Costa und McCrae und psychobiologisches 7-Faktoren-Modell nach Cloninger et al., sog. TCI-Modell) kann mit dem DAPP-BQ nicht nur der Persönlichkeitskranke vom -gesunden am sensitivsten unterschieden werden [48], sondern auch die einzelnen Persönlichkeitsstörungen unter dem Aspekt der Spezifität voneinander differenziert werden. Die Zuverlässigkeitsparameter dieses Messinstruments erwiesen sich in vorangegangenen Studien als zufriedenstellend, wie die Test-Retest-Reliabilität, die nach 3 Wochen im Range 0,83 bis 0,93 lag und die interne Validität, die die Werte 0,80 bis 0,93 erreichte, zeigten [44]. Auch in einer neueren Vergleichsstudie bewährte sich der DAPP-Fragebogen erneut als das beste der dort 17 untersuchten Instrumente, mit deren Hilfe Charaktereigenschaften, die mit Psychopathie assoziiert werden, sinnvoll evaluiert werden können [44]. 3.2.3 Self-Harm Behavior Questionnaire Self-Harm Behavior Questionnaire (SHBQ) ist ursprünglich ein englischsprachiger Fragebogen, der im Jahre 2001 von Guttierez [27] konzipiert und publiziert wurde. Inzwischen ist dieses Instrument auch in die deutsche Sprache übersetzt und erfolgreich validiert worden Selbstverletzungen, [21]. Es ist ein Suizidversuche, vierteiliges Selbsterhebungsinventar, Suizidandrohungen und das Suizidgedanken/- vorstellungen abfragt. Dieses Messinstrument ist so verfasst, dass nicht nur die Art der suizidassoziierten Handlungen erfasst werden kann, sondern auch die Häufigkeit und Schwere des verletzenden Verhaltens mitberücksichtigt wird. Zusätzlich werden verschiedene traumatische Ereignisse, die mit Selbstverletzungen im Zusammenhang stehen könnten, wie z. B. zeitliche Nähe zu einem schweren Unfall, gewalttätigen Angriffen durch Fremde oder Bekannte und andere traumatisierende Vorfälle abgefragt, sowie bei suizidalen Handlungen der tatsächliche Wille zu sterben. Fast alle Fragen werden mit vorgegebenen Auswahlantworten dargeboten, außer der Frage nach der Art der nicht-suizidalen Selbstverletzung, die eine offene Antwort zulässt. Alles in allem werden auf diese Weise mit Hilfe von 60 Fragen die wichtigsten Fakten rund um den Suizid/die Selbstverletzung abgehandelt. In aktuellen Publikation, wie z.B. in der von Cloutier und Humphreys aus dem Jahr 2008, empfehlen die Autoren diesen Fragebogen als ein geeignetes Verfahren zum kurzen Screening für nicht-suizidale Selbstverletzungen [43, 17]. 3.2.4 Transitional Object Questionnaire Das Transitional Object Questionnaire (TOQ) ist ein Selbsterhebungsinventar, das bereits für eine Studie zur Borderline Persönlichkeitsstörung und der Verwendung von transienten Objekten von den Autoren Cardasis et al. [14] zusammengestellt wurde. Er ist in drei Sektoren gegliedert, die Auskunft über das Vorhandensein von emotional bedeutsamen Objekten einholen und zwar in drei verschiedenen Settings – in der Klinik, zu Hause und 18 in der Kindheit. Der Proband soll neben der eigentlichen Beschreibung des Gegenstandes auch seine Wichtigkeit beurteilen, ebenso wie dessen Erfordernis in einer Notsituation oder zum Einschlafen. Die meisten der hier gestellten Fragen sind offen formuliert und lassen dem Patienten viel Freiraum in der Beantwortung. Einige wenige Fragen jedoch sind um der Vergleichbarkeit Willen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten ausgestattet, wie z.B. die Frage nach der Wichtigkeit des Gegenstandes, die in den Nuancen „nicht wichtig ein bisschen - ziemlich - sehr wichtig“ abgestuft dargeboten werden. Mit einem solchen Erhebungsinstrument schien es am wirksamsten, ein emotional wichtiges Objekt von anderen Gebrauchsgegenständen der Teilnehmerinnen zu differenzieren, was dazu Anlass gab gerade diesen Fragebogen für die Studie auszuwählen. Dafür wurde das englischsprachige Instrument in die deutsche Sprache übersetzt und bei allen teilnehmenden Frauen angewendet. (Die deutsche Version dieses Fragebogens kann im Anhang eingesehen werden.) Obwohl in diesem Bogen auch die Möglichkeit besteht das transiente Objekt anhand von Farbe, Form und Textur zu beschreiben, wurde dennoch zusätzlich nach einer objektiveren Alternative die Gegenstände zu veranschaulichen gesucht. Aus diesem Grunde fiel die Entscheidung mit der Erlaubnis der Teilnehmerinnen ihre emotional wichtigen Objekte fotografisch festzuhalten. Dies ermöglichte einen rein optischen Vergleich, der unbeeinflusst von der emotionalen Komponente der schriftlichen Beschreibung blieb. 3.2.5 Erhebung der Achse I und II Diagnosen Um ein vollständiges Bild der untersuchten Stichprobe zu erhalten, sollten auch die klinischen Diagnosen der Teilnehmerinnen mitberücksichtigt werden. Diese konnten den Entlassbriefen entnommen werden, wobei das Augenmerk ausschließlich auf den psychiatrischen Erkrankungen lag. Alle hier erhobenen Diagnosen wurden nach den gültigen DSM-IV-Kriterien von den zuständigen Oberärzten gestellt. Sie und auch das übrige ärztliche Personal waren nicht in die vorliegende Studie involviert und hatten deshalb keinerlei Kenntnisse über das Vorhandensein von emotional wichtigen Objekten oder die Teilnahme der Patientinnen an diesem Projekt. Um eine gute Vergleichbarkeit der Teilnehmer-Gruppe mit der Nicht-Teilnehmer-Gruppe zu gewährleisten, mussten auch ihre Diagnosen für die Studienauswertung herangezogen werden. 19 Ferner wurden von allen Frauen, die die Einschlusskriterien der Studie erfüllten, das Alter, die stationäre Aufenthaltsdauer und die Schulbildung, soweit nachvollziehbar, bestimmt. Mit Hilfe dieser Informationen ließ sich feststellen, ob die Teilnehmerinnen (v.a. mit Persönlichkeitsstörungen) repräsentativ für alle Patientinnen mit diesem psychiatrischen Krankheitsbild rekrutiert werden konnten und ob andere Kriterien, wie die Schulbildung oder eine kurze Aufenthaltsdauer oder auch das Alter einen Einfluss auf die Teilnahme an der Studie ausübten. 3.3 Statistische Auswertung 3.3.1 Deskriptive Analyse Zur Beschreibung der Stichprobe und deren Eigenschaften wurden im Ergebnisteil die absoluten und relativen Häufigkeiten der relevanten Merkmale berechnet und graphisch dargestellt. Auch eine Flowchart wurde zur besseren Übersichtlichkeit konstruiert, die dem Betrachter bereits auf den ersten Blick die relevanten Gruppen der Stichprobe veranschaulichen soll. Bei der Bearbeitung des letzten Teilaspekts der Fragestellung wurden Boxplots zur Illustration der Verteilung von Summenscores der einzelnen DAPP-Eigenschaften verwendet. Dabei wurden die Gruppen jeweils mit und ohne ein wichtiges transientes Objekt miteinander verglichen. In dieser Darstellung repräsentieren die Kästen die Summenscores zwischen der 25. und der 75. Perzentile, während die Endpunkte der Whiskers den minimalen und den maximalen Summenwert, der bei der jeweiligen Charaktereigenschaft erreicht wurde, darstellen. Auch der Median ist bei dieser Darstellungsform von Relevanz und wird als die Unterteilung innerhalb des Kastens vermerkt. Auf diese Weise kann die Verschiedenheit der verglichenen Gruppen bezüglich der Summenscoreverteilung sowie deren zentraler Tendenz optisch erfassbar dargestellt werden. 20 3.3.2 Induktive Statistik Dieser Teil der Statistik wurde durchgeführt, um den Rückschluss der erhobenen Daten über die Stichprobe hinaus auf alle Frauen innerhalb eines psychiatrischen Kollektivs zu ermöglichen. Eine der Methoden, die hierbei Anwendung fand, war die Bestimmung von sogenannten Bereichsschätzern für Anteile. Diese, auch als Konfidenzbereiche bezeichneten Intervalle, überdecken mit einer Sicherheit von 95% den wahren Anteilswert, der im interessierenden Kollektiv vorherrscht. Analog dazu wird eine 5%ige Irrtumswahrscheinlichkeit α angenommen, die das Restrisiko dafür beschreibt, dass das ermittelte Intervall den wahren Wert nicht enthält. Auf dieser Grundlage können zwei Gruppen mit abweichenden, wahren Anteilswerten mit hoher Sicherheit korrekt voneinander differenziert werden. Bei den betrachteten Gruppen konnten die exakten Werte mit Hilfe der Wissenschaftlichen Tabellen von Geigy ermittelt werden. Zusätzlich wurde der χ²-Test (sog. χ²-Unabhängigkeitstest) durchgeführt, in dem die beiden interessierenden Hypothesen H₀ (Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem TOGebrauch und dem Persönlichkeitsprofil) und H₁ (die das Gegenteil besagt) gegeneinander getestet wurden. Für die Berechnung musste zunächst eine Kontingenztafel (siehe Anhang) mit den absoluten Häufigkeiten für alle Merkmalskombinationen erstellt werden. Auf dieser Basis wurde der χ²-Wert berechnet, dem abhängig von den Freiheitsgraden der Aufgabenstellung eine Wahrscheinlichkeit p zugeordnet werden kann. Wenn diese kleiner ist, als das zuvor festgelegte Signifikanzniveau α (α=0,01), muss die H₀- zugunsten der H₁Hypothese abgelehnt werden. Weiterhin wurde aufgrund der Fragestellung (Welche DAPP-Charaktereigenschaften unterscheiden die Frauen mit einem wichtigen transienten Objekt von denjenigen ohne einen solchen Gegenstand?) bei der Auswertung der Daten, die mittels dem DAPP-Bogen erhoben wurden, der explorative Ansatz der Datenanalyse gewählt. Hierbei war entscheidend, dass aus einem Pool von 18 Eigenschaften (und der Lügenskala) die Charakterzüge herausgefiltert werden, die für die interessierende Gruppe typisch sind. Auch hier wurde das Signifikanzniveau α auf 0,05 festgesetzt. Zur statistischen Prüfung dieser Charakterzüge wies der Mann-Whitney-U-Test die notwendigen Kriterien auf, die eine sinnvolle Verarbeitung der erhobenen Daten gewährleisten, und wurde aus diesem Grunde auch eingesetzt. Dieser Rangtest, der auch als Wilcoxon-Test für unabhängige 21 Proben bezeichnet wird, arbeitet nicht direkt mit den Originaldaten, sondern mit ihren Ordnungsstufen. Es ist ein Verfahren, das ordinalskalierte Daten in Form von Rängen für den Vergleich der zentralen Tendenz verwendet und sich deshalb durch Unempfindlichkeit gegenüber von Ausreißern und extremen Werten auszeichnet. Ferner ist der MannWhitney-U-Test ein Verfahren, das keine Normalverteilungsannahme der Daten erfordert und dennoch eine sehr gute Trennschärfe für zwei unabhängige Gruppen bietet [3, 23]. 22 4 Ergebnisse Im Rahmen der Rekrutierung entschieden sich 40 von 153 angesprochenen Frauen gegen eine Teilnahme an der Studie. 8 (5,2%) mussten aufgrund festgelegter Ausschlusskriterien abgelehnt werden und zusätzlich wurden die Daten einer Frau nachträglich aus einem Teil der Auswertung entfernt, da bei ihr aufgrund der kurzen stationären Verweildauer (<24h), keine verlässliche Entlassdiagnose gestellt werden konnte. Dementsprechend konnten insgesamt 104 Frauen, also 68,0 % der Befragten, als Teilnehmerinnen für die Studie gewonnen werden (Abb.1). Abb.1: Flowchart: Zusammensetzung der Testpersonengruppe aus den Patientinnen der Psyhiatrischen Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09 4.1 Vergleich der Studienteilnehmerinnen mit der Nicht-Teilnehmer-Gruppe 4.1.1 Vergleich von Alter und Schulbildung Vor der Vorstellung der Ergebnisse aus der Probandengruppe, sollte die Gruppe der Frauen betrachtet werden, welche eine Teilnahme an diesem Forschungsprojekt ablehnte. Dabei ist zu beachten, ob sich die beiden Gruppen aus Teilnehmerinnen und Nicht-Teilnehmerinnen 23 im Wesentlichen voneinander unterschieden und ob dadurch ein Auslesefehler entstanden sein könnte. Von insgesamt 144 Frauen, die sowohl die Einschlusskriterien der Studie erfüllten, als auch sich zum Erhebungszeitraum in der Klinik befanden, lehnten 40 Frauen die Teilnahme ab, bzw. füllten die Fragebögen in der vorgesehenen Zeit nicht aus, sodass sie aus der Datenerhebung ausgeschlossen werden mussten. In Bezug auf Alter und Schulbildung fanden sich keine relevanten Unterschiede zwischen ihnen und den Teilnehmerinnen. Die 104 Studienteilnehmerinnen waren im Durchschnitt 34,8±9,7 Jahre alt und damit im Mittel nahezu genau so alt wie die nicht teilnehmenden Frauen (37,3±9,2 Jahre). Auch der Vergleich der Schulbildung zeigte, dass die beiden Gruppen über ein ähnliches Bildungsprofil verfügten, sodass auch dieses Merkmal keinen bedeutenden Einfluss auf die Mitwirkung in der Studie bzw. die Verweigerung der Teilnahme ausübte. 4.1.2 Vergleich der Diagnose und Aufenthaltsdauer Beim Vergleich der beiden Gruppen anhand von Patientendiagnosen und des Klinikaufenthalts zeigte sich eine Korrelationen zwischen diesen Merkmalen und der Bereitschaft der Patientinnen Fragebögen zu bearbeiten. Da die Bearbeitungszeit entsprechend der Aufenthaltsdauer in der Klinik verlängert werden konnte, nahmen mehr Frauen mit einem längeren Klinikaufenthalt an der Studie teil. Denn während die Testpersonen durchschnittlich 36,8 Tage in der Klinik verbrachten (und so lange auch die Möglichkeit zum Beantworten der Fragebögen hatten), blieben die Nicht-Teilnehmerinnen im Mittel deutlich kürzer stationär (nur 25,1 Tage), sodass gelegentlich trotz anfänglicher Teilnahmeabsicht die Fragebögen aufgrund einer kurzfristigen Entlassung unvollständig abgeliefert wurden. Überdies fanden sich Unterschiede in den Gruppen in Bezug auf die Entlassdiagnosen. Dabei muss positiv vermerkt werden, dass insbesondere die für die Studie bedeutsame Teilgruppe mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung mehrheitlich, nämlich zu 94,4%, in der Studie als Teilnehmerinnen vertreten ist. Deshalb sind die Ergebnisse in Bezug auf diese Untergruppe gut auf die Gesamtheit der persönlichkeitsgestörten Patienten in stationärer Behandlung übertragbar. Insgesamt lag der Anteil der Patientinnen mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung in unserem stationären Setting bei 36 von 144 Frauen, was prozentual 25% entspricht. 24 Wie in der Abb. 2 ersichtlich, verteilten sich die weiteren Entlassbriefdiagnosen mit folgenden relativen Häufigkeiten in den beiden Gruppen: 70 prozentualer Anteil einer Diagnose in der jeweiligen Gruppe 60 50 40 30 20 10 0 PostSchizotraumaDepressi- Persön- SubsBipolartische AngstEssphrener Sonstige ve lichkeits- tanzmißaffekti-ve Formenstörung Belas- störung Störung störung brauch Störung kreis tungsstörung Teilnehmerinnen(n=104) 60,6 32,7 22,1 17,3 8,7 5,8 3,8 2,9 5,8 Nicht-Teilnehmerinnen(n=40) 41 5,1 20,5 38,5 7,7 2,6 0 7,7 5,1 Abb.2: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Gegenüberstellung der Teilnehmer- und Nicht-Teilnehmergruppe in Bezug auf die Entlassdiagnose (Mehrfachdiagnose möglich) Die Studienteilnehmerinnen litten mit 60,6% am häufigsten unter depressiven Störungen, mit Abstand gefolgt von Persönlichkeitsstörungen mit 32,7% und Substanzmissbrauch mit 22,1% an dritter Stelle. Verglichen dazu, wies die Gruppe der nicht-teilnehmenden Patientinnen mit 41% weniger depressive Störungen auf und beinhaltete auch bedeutend weniger Persönlichkeitsstörungen (5,1%). In Bezug auf den Substanzmissbrauch waren die beiden Gruppen nahezu identisch, während Frauen mit Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises eher eine Studienteilnahme ablehnten. Infolgedessen wiesen die Teilnehmerinnen nur zu 17,3% diese Diagnose auf, im Vergleich zu 38,5% bei den Nicht- 25 Teilnehmerinnen. In der Verteilung der weiteren Entlassdiagnosen fanden sich keine weiteren charakteristischen Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. In der Zusammenschau dieser Daten lässt sich feststellen, dass bei der Entscheidung einer Patientin für bzw. gegen die Teilnahme an der Studie vor allem die Aufenthaltsdauer in der Klinik eine nicht-beeinflussbare Variable darstellte. Denn diejenigen Patientinnen, denen mehr Zeit zur Bearbeitung der Fragebögen zur Verfügung stand (etwa 11,7 Tage mehr), gehörten häufiger den Teilnehmerinnen an. 4.2 Beschreibung der Stichprobe Insgesamt 104 von 144 Patientinnen wurden in die Studie aufgenommen. Der Altersdurchschnitt befand sich bei 34,9±9,8 Jahren, der häufigste Schulabschluss war die mittlere Reife mit 41,3%, an zweiter Stelle vom Hauptschulabschluss mit 29,8% und an dritter vom Abitur mit 19,2% gefolgt. Die übrigen Probandinnen hatten entweder keinen Schulabschluss oder sogar ein abgeschlossenes Studium vorzuweisen. Die wesentlichen Entlassdiagnosen dieser Gruppe bildeten die depressiven Störungen, die Persönlichkeitsstörungen, der Substanzmissbrauch und die Störungen des schizophrenen Formenkreises. (Die genauen Prozentangaben können der Abb. 2 entnommen werden.) Die depressive Störung und die Persönlichkeitsstörung stellen mit 61% und 33% die beiden häufigsten Diagnosen des Teilnehmerinnenkollektivs dar. Sie kommen beide nicht unabhängig voneinander vor, sondern zeigen eine hohe Komorbiditätsrate. Mit einem beachtlichen Anteil von 73% leiden Frauen mit dysfunktionaler Persönlichkeitsstruktur zusätzlich an einer depressiven Erkrankung. Der Prozentsatz der Patientinnen mit depressiven Störungen und einer Persönlichkeitsstörung betrug rund 40% (Tabelle 1). 26 Tabelle 1: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Komorbiditätsrate der Studienteilnehmerinnen – intraachsial und achsenübergreifend Zahlen repräsentieren absolute Häufigkeiten; Mehrfachnennungen der Komorbiditäten zugleich möglich Veranschaulichung: Beispielsweise taucht eine Patientin mit der Hauptdiagnose einer Persönlichkeitsstörung und gleichzeitig vorliegender Ess- und Angststörung entsprechend ihrer zweifachen Komorbidität doppelt in der Graphik auf, während eine Person mit nur einer (Haupt-)Diagnose nur in der Gesamtzahl (n) berücksichtigt wird. Da Erkrankungen bzw. Diagnosen der Persönlichkeitsstörung besonders relevant für die Fragestellung dieser Studie sind, ist die Komorbidität innerhalb der Achse II nochmals gesondert dargestellt (siehe Abb. 3). Bei insgesamt 34 Persönlichkeitsstörung von 104 erfüllt. Teilnehmerinnen Bei 25 von waren ihnen die konnte Kriterien eine einer Borderline- Persönlichkeitsstörung (BPS) diagnostiziert werden, was mit 74% die häufigste Achse II Diagnose der Probandinnen darstellte. Weiterhin war bei 17 dieser 25 Frauen eine alleinige BPS zu finden, die anderen 8 (32%) wiesen eine kombinierte Persönlichkeitsstörung auf. Als Kombinationspartner konnte eine dependente, histrionische, selbstunsichere, zwanghafte, narzisstische und eine paranoide Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden. 27 Die restlichen 9 Frauen mit Persönlichkeitsstörung wiesen andere Achse II Diagnosen auf. Unter ihnen befanden sich wiederum 4 Frauen mit einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Abb. 3: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Flowchart: Gegenüberstellung der einfachen zur kombinierten Persönlich-keitsstörung bei den Studienteilnehmerinnen Persönlichkeitszüge: einzelne Charakteristika einer Persönlichkeitsstörung, ohne dass die Kriterien einer manifesten Persönlichkeitsstörung vollständig erfüllt sind (Einzelheiten siehe Text unterhalb der Abbildung); PS: Persönlichkeitsstörung; BPS: Borderline-Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Charakterzüge der BPS; andere PS-Züge: Charakterzüge von anderen Persönlichkeitsstörungen Zahlen repräsentieren absolute Häufigkeiten Bei einem weiteren Teil der Probandinnen (n=34) konnte eine Persönlichkeitsstörung nicht sicher ausgeschlossen werden. Die Gründe dafür sind folgende: Alle diese Frauen wurden wegen einer dominierenden Achse-I-Störung stationär behandelt. Unter klinischer Beobachtung waren die Diagnosekriterien nicht vollständig erfüllt, sodass die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung im Entlassbrief nicht gestellt werden konnte. In der Querschnittsuntersuchung des SKID-II-Interviews, welches meist zu Beginn des stationären Aufenthalts durchgeführt wurde, ergaben sich jedoch Anhaltspunkte für das Vorhandensein einer Achse-II-Störung. Zugleich spricht auch die Kontinuitätshypothese 28 für die Richtigkeit dieser Beobachtung. Denn sie beschreibt einen fließenden Übergang zwischen einer manifesten Persönlichkeitsstörung und einer noch im Normbereich befindlichen Variante der Persönlichkeitszüge [47]. Insofern kann auf diesem Wege das Vorhandensein dieser Zwischengruppe erklärt werden, die etwa 33% der Studienteilnehmerinnen umfasst. Frauen mit Borderline-Persönlichkeitszügen, die dieser „Zwischengruppe“ angehörten, wurden in einer eigenen Gruppe zusammengefasst, auch wenn sie gleichzeitig andere Persönlichkeitszüge aufwiesen. Die letzte übergeordnete Gruppe wurde aus den restlichen 36 Probandinnen gebildet, die kein dysfunktionales Persönlichkeitsprofil aufwiesen. Diese Frauen zeigten weder während des stationären Verlaufs noch im SKID-II-Interview Auffälligkeiten, die den Verdacht auf eine Achse-II-Störung hinreichend begründen konnten. 4.3 Transiente Objekte Insgesamt 59 Frauen führten transiente Objekte mit sich (siehe Abb. 4). Dabei variierte die Anzahl zwischen einem und vier pro Patientin. Mit 56% dominierten die Stofftiere erheblich, gefolgt von Schmuckstücken mit 24% und Fotografien mit 8%. (Einige dieser Objekte sind zur Anschauung im Anhang abgebildet.) Sonstiges 12% Fotos 10% Fotos 8% Schmuck 24% Stofftier 56% Sonstiges 10% Schmuck 15% Stofftier 65% Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Abb. 4: Wichtige transiente Objekte aller Probandinnen (n=59) Abb. 5: Wichtige transiente Objekte bei Borderline-Patientinnen (n=20) 29 Im Vergleich fiel auf, dass alle Stofftiere ähnlich aussahen. In der Farbe waren natürliche Braun- und Beigetöne bevorzugt und auch die Textur war flauschig und zottelig, mit weitgehendem Verzicht auf glatte Oberflächen. Bemerkenswerterweise variierte die Größe der meisten transienten Objekte lediglich in einem engen Rahmen zwischen 10 und 30 cm. Beim Schmuck dagegen waren zwei verschiedene Kategorien zu beobachten. Einerseits Ringe, die meist von einer bedeutenden Person an die Probandinnen geschenkt worden waren, andererseits Kettenanhänger, die ständig am Körper geführt wurden. Hier kam es weniger auf die Materialien der Schmuckstücke an. Beispielsweise wurden keine Edelmetalle oder –steine verwendet. Der große Wert wurde eher auf den symbolhaften Charakter und eine beschützende Bedeutung der Gegenstände gelegt. Die Fotografien, die als transiente Objekte Verwendung fanden, bildeten meistens geliebte Menschen der Patientinnen ab, zum Teil auch Haustiere. Da im Rahmen dieser Studie die Verteilung der wichtigen Objekte bei den BPSPatientinnen im Besonderen interessierte, wurden hier eigens die dazugehörigen Prozentwerte berechnet (siehe Abb. 5). Dabei zeigte sich, dass diese Frauen mit 65% etwas häufiger als der Durchschnitt aller Probandinnen Stofftiere als wichtige emotionale Gegenstände benutzten. 4.4 Studienteilnehmerinnen und emotional bedeutsame Objekte Die 59 Probandinnen, welche ein emotional bedeutsames Objekt besaßen, wurden den Teilnehmerinnen ohne einen solchen Gegenstand gegenübergestellt. Dabei konnten keine relevanten Unterschiede in Bezug auf das Bildungsniveau der beiden Gruppen festgestellt werden. Weiterhin wurde das Alter der Teilnehmerinnen in beiden Gruppen untersucht. Hier konnte nachgewiesen werden, dass Testpersonen mit transienten Objekten mit 33,2 Jahren tendenziell etwa 3,4 Jahre jünger als ihre Mitpatientinnen ohne ähnliche Gegenstände waren. Obwohl dieser Unterschied nicht allzu beeindruckend wirkt, könnte er doch ein Zeichen der fortschreitenden Maturation darstellen, in deren Verlauf die emotional wichtigen Gegenstände abgelegt werden. Ganz erstaunliche Unterschiede zeigten sich jedoch bei der Analyse des Klinikaufenthaltes. Um mehr als 15 Tage länger gestaltete sich dieser im Durchschnitt bei den Frauen mit einem transienten Objekt. In Relation mit der gesamten Aufenthaltsdauer, 30 die bei Objektbesitzerinnen 43,3 Tage und der Alternativgruppe nur 27,9 Tage betrug, stellte diese Differenz eine deutliche Abweichung zwischen den beiden Gruppen dar. Diese könnte auf einen schwereren Krankheitsverlauf und eine längere Remissionsphase bei der Gruppe mit einem transienten Objekt hindeuten. 4.4.1 Achse-II-Störungen und emotional bedeutende Objekte Die Testpersonen mit Persönlichkeitsstörungen (Achse II nach DSM-IV) und ihr Objektgebrauch interessierten im Rahmen dieser Studie besonders. Bei ihnen konnte ein hoher Korrelationsgrad von 73,5% zwischen dem Besitz von transienten Objekten und ihrer Erkrankung nachgewiesen werden. Auch die Frage nach der Assoziation der Borderline-Störung mit einem transienten Objekt sollte beantwortet werden. Dazu wurde in der Abbildung 6 zunächst eine grobe Unterteilung der Probandinnen vorgenommen, wobei in die eine Gruppe Patientinnen mit der BPS und mit BPS-ähnlicher Persönlichkeitsstruktur, in die zweite dagegen die restlichen Probandinnen eingeordnet wurden. 100 90 relative Häufigkeit in % 80 76 70 60 50 44 40 BPS, BPS-Züge; n= 42 30 and.PS, and.PS-Züge, keine PS; n=62 20 10 0 Abb. 6: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Anteile der transienten Objekte bei Patientinnen mit manifester BPS und einer ähnlichen Persönlichkeitsstruktur vs. den restlichen Probandinnen BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Borderline Persönlichkeitszüge; and. PS: andere Persönlichkeitsstörung; and. PS-Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; keine PS: keine Persönlichkeitsstörung 31 Diese Darstellung zeigt das deutliche Überwiegen des TO-Gebrauchs in der Gruppe der Borderline-Patientinnen und der Probandinnen mit einer BPS-ähnlichen Persönlichkeitsstruktur. Da gerade der Zusammenhang zwischen der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung und dem Besitz von emotional wichtigen Gegenständen von besonderer Relevanz für die Beantwortung der Fragestellung der Studie ist, wurden die beiden Gruppen aus der Abbildung 6 anhand ihrer Achse-II-Erkrankungen in strukturiertere, homogenere Untereinheiten aufgeschlüsselt, wie bereits im Kapitel 4.2 beschrieben (siehe Abb. 7). Abb. 7: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Flowchart: TO-Besitz der Studienteilnehmerinnen, abhängig von der Persönlichkeitsstruktur TO: Transientes Objekt; BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; PS: Persönlichkeitsstörung, andere PSZüge: Züge anderer Persönlichkeiten; BPS-Züge: Züge der BPS Auf diesem Weg entstanden aus den 104 Teilnehmerinnen 5 Subgruppen: In die erste wurden alle Borderline-Patientinnen, in die zweite die Patientinnen mit allen anderen Persönlichkeitsstörungen, außer BPS, eingeschlossen. Die nächsten zwei Gruppen wurden aus Frauen zusammengestellt, die im SKID-IIInterview Anzeichen für eine Persönlichkeitsstörung boten, im klinischen Alltag 32 diesbezüglich jedoch die Kriterien für eine manifeste Persönlichkeitsstörung nicht erfüllten. Die Frauen dieser Kategorie wurden auf die nächsten zwei Untergruppen, abhängig davon ob Borderline Persönlichkeitszüge vorlagen oder nicht, aufgeteilt. In der 3. Gruppe wurden so alle mit Borderline Persönlichkeitszügen zusammengefasst, in der 4. alle Frauen mit den Charakteranteilen der anderen 9 Persönlichkeitsstörungen. In der letzten Gruppe schließlich, verblieben all jene Testpersonen, die keinerlei Hinweise für das Bestehen einer Persönlichkeitsstörung zeigten. Jede dieser Subgruppen wurde nun auf die Anwesenheit von transienten Objekten hin untersucht und die dazugehörenden Anteile berechnet (siehe Abb. 8) 100 90 80 80 71 relative Häufigkeit in % 70 65 BPS n=25 60 56 BPS-Züge n=17 andere PS n=9 50 andere PS Züge n=17 40 keine PS n=36 31 30 20 10 0 Abb. 8: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Anteile der transienten Objekte bei den Studienteilnehmerinnen, abhängig von ihrer Persönlichkeitsstruktur BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Borderline Persönlichkeitszüge; PS: Persönlichkeitsstörung; andere PS Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; TO: Transientes Objekt Auflistung der einzelnen Diagnosen kann dem Anhang entnommen werden. In dieser Darstellung wird deutlich, dass Gruppen mit einem dysfunktionalen Persönlichkeitsprofil, aber insbesondere mit Persönlichkeitszügen einer Borderline- 33 Störung bzw. einer manifesten BPS im Vergleich zu Persönlichkeitsgesunden besonders hohe Prozentwerte beim Besitz von emotional wichtigen Objekten erreichten. Um diese Aussage zu stützen, wurden 95%ige Konfidenzintervalle für die Anteile in diesen 5 Gruppen berechnet (siehe Tabelle 2) und in einer graphischen Darstellung veranschaulicht (Abb. 9). Tabelle 2: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Konfidenzintervalle für den TO-Besitz in den fünf Gruppen des Studienkollektivs BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der Borderline-Persönlichkeit; andere PS-Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung; TO: Transientes Objekt Konfidenzintervalle in % BPS BPS-Züge andere PS andere PS-Züge keine PS 0 Abb. 9: 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Graphische Darstellung der Konfidenzintervalle aus der Tabelle 1 BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der Borderline-Persönlichkeit; andere PS-Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung; TO: Transientes Objekt 34 Die graphische Darstellung der Konfidenzintervalle erlaubt die Interpretation der Ergebnisse auf einen Blick. Sie zeigt nämlich in welchen Grenzen sich die wahren Anteilswerte dieser Gruppen mit 95%iger Wahrscheinlichkeit befinden. Die Länge des Intervalls erlaubt zusätzlich eine gewisse Aussage über die Anzahl der Gruppenmitglieder. Je mehr Mitglieder zu einer Gruppe gehören, desto kleiner berechnet sich das Intervall und desto genauer wird die Aussage zu dem wahren Anteilswert dieser Gruppe. Mit dieser Methode erhält man die Information, inwieweit sich die einzelnen Gruppen voneinander unterscheiden. Beispielsweise überschneidet das Konfidenzintervall der persönlichkeitsgesunden Gruppe in keinem Bereich das Konfidenzintervall der BorderlinePatientinnen. Daraus lässt sich ableiten, dass es sich um zwei Gruppen handelt, deren reale mittlere Tendenzen in Bezug auf transiente Objekte wesentlich voneinander differieren. Wenn man das Konfidenzintervall der Gruppe mit Borderline Charakterzügen betrachtet, kann dagegen eine große Übereinstimmung zur Borderline-Gruppe und nur eine verschwindend geringe Überschneidung mit der persönlichkeitsgesunden Kohorte verzeichnet werden. Auch der χ²-Unabhängigkeitstest wurde zu dieser Fragestellung berechnet. Er erwies sich als signifikant zum Signifikanzniveau α=0,01, sodass die H₀-Hypothese verworfen werden konnte. Diese besagte, dass es keinen Zusammenhang zwischen dem TO-Gebrauch und dem Persönlichkeitsprofil gibt. Daraufhin konnte die H₁-Hypothese mit der gegenteiligen Aussage angenommen werden. (Die dazugehörige Mehrfeldertafel und Ergebnisse finden sich im Anhang.) 4.4.2 Emotional wichtige Gegenstände in der Kindheit Ein weiterer Aspekt im Hinblick auf die Verwendung von transienten Objekten soll in diesem Abschnitt beleuchtet werden. Es ist bekannt, dass emotional wichtige Objekte bei der frühkindlichen Entwicklung im Rahmen der körperlichen Loslösung von den Bezugspersonen eine bedeutende Rolle spielen. Die in diesem Zeitraum vorhandenen wichtigen Gegenstände werden als vorübergehendes Erscheinungsbild bei Kindern angesehen und als nicht pathologisch betrachtet. Im Rahmen dieser Studie wurde weiter untersucht, in welchem Ausmaß bei den Personen der oben genannten Gruppen solche Objekte in frühester Kindheit vorlagen. Dabei konnten 35 die folgenden Prozentzahlen für die fünf Gruppen der Teilnehmerinnen ermittelt werden (siehe Abb. 10) Die Abbildung 10 setzt den TO-Besitz im Erwachsenenalter und in der Kindheit im Gruppenvergleich miteinander in Beziehung. Auf diese Weise kann die Veränderung des Anteils an transienten Objekten zwischen der Kindheit und dem Erwachsenenalter untersucht werden. Die wichtigste Erkenntnis dieses Diagramms bildet jedoch die Beobachtung, dass alle fünf Gruppen annähernd gleich häufig über emotional bedeutsame Objekte in der Kindheit berichteten. Der Prozentsatz pendelt nur geringfügig zwischen 41% und 56%, sodass man in der Kindheit von einem nicht pathologischen Objektgebrauch aller Gruppen ausgehen kann. Der wesentliche Unterschied entwickelte sich erst im Erwachsenenalter und zeigte in der getesteten Population ein Minimum von 31% in der persönlichkeitsgesunden und ein Maximum von 80% in der Borderline-Gruppe. 65 71 80 56 53 31 44 56 41 50 60 40 20 0 relative Häufigkeit in % 100 80 Abb. 10: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Vergleich des TO-Besitzes in der Kindheit und im Erwachsenenalter der Studienteilnehmerinnen BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der Borderline-Persönlichkeit; andere PS-Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung; TO: Transientes Objekt 36 Auch für diese Konstellation wurden 95%ige Konfidenzintervalle berechnet, die aber anders als im Vergleich der Erwachsenengruppen großflächige Überschneidungen der Bereichsschätzer zeigten. Folglich befinden sich die wahren mittleren Tendenzen dieser fünf Gruppen im minimalen Abstand voneinander entfernt. Diese Beobachtung lässt die Schlussfolgerung überzeugend erscheinen, dass sich die Mitglieder dieser fünf Gruppen im Kindesalter bezüglich ihres Besitzes von transienten Objekten kaum voneinander unterschieden. 4.5 Studienteilnehmerinnen und Selbstverletzungen Im Weiteren wurde das Kriterium der wiederholten Selbstverletzung in nicht-suizidaler Absicht (NSSV) bei den Probandinnen untersucht. Dieses Merkmal wurde in der Studie mitbearbeitet, um ein Vergleichsmoment gegenüber dem TO-Gebrauch zu bilden. In der Persönlichkeitsdiagnostik ist das Merkmal der NSSV bereits als Kriterium des DSM-IV bzw. ICD-10 Katalogs für die Borderline-Störung integriert. Insgesamt wurden die Daten von 103 der 104 Studienteilnehmerinnen für diese Auswertung verwendet. Eine Frau musste ausgeschlossen werden, da sie aufgrund undeutlicher Kennzeichnung im SHBQ-Fragebogen weder eindeutig in die Gruppe mit noch ohne Selbstverletzungen eingeordnet werden konnte. Bei ihr konnte eine Doppelerkrankung mit einer depressiven Komponente und Substanzmissbrauch, jedoch keine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden. 4.5.1 Achse-II-Störungen und Selbstverletzung Die Studienteilnehmerinnen, welche unter einer Persönlichkeitsstörung litten (unabhängig vom Typus) berichteten zu einem beträchtlichen Anteil von 76,5% von wiederholten Selbstverletzungen in ihrer Vergangenheit. Dieses Ergebnis muss unter der Berücksichtigung einer hohen Prävalenz (73,5%) von Borderline Störungen in diesem Patientengut interpretiert werden. Denn bei dieser Erkrankung gehören wiederholte Selbstverletzungen zu einem entscheidenden Diagnosekriterium der Störung. Zur Darstellung dieses Zusammenhangs wurden die Patientinnen erneut in fünf Gruppen, abhängig von ihrem Persönlichkeitsprofil eingeteilt (vgl. Graphik mit transientem Objekt) 37 und der Anteil der Frauen mit wiederholten Selbstverletzungen berechnet. In der Abbildung 11 sollen diese Ergebnisse graphisch veranschaulicht werden. Als Anmerkung zum Diagramm soll erwähnt werden, dass viele psychiatrische Patienten im Laufe ihrer Krankengeschichte absichtliche, nicht-suizidale Selbstverletzungen auf der Basis verschiedenster Affektzustände und Hintergründe unternommen haben. Bei vielen bleibt es bei vereinzelten Handlungen. Als ein Diagnosekriterium findet dieses Verhalten erst Verwendung, wenn es gehäuft auftritt und als eine Art Copingstrategie benutzt wird. Aus diesen Überlegungen heraus, wurde dieses Kriterium ab einer Häufigkeit von mindestens vier Selbstverletzungen in die vorliegende Datenanalyse aufgenommen. Wobei die hier angewandte Grenze in aktuellen Publikationen für die wiederholte Selbstverletzung vorgeschlagen wurde [13] 100 90 88 relative Häufigkeit in % 80 70 BPS n=25 60 BPS-Züge n=17 50 41,2 andere PS n=9 44,4 andere PS-Züge n=16 40 keine PS n=36 30 20 12,5 13,9 10 0 Abb. 11: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Repititive Selbstverletzungen (≥4) abhängig von der Persönlichkeitsstruktur innerhalb des Studienkollektivs BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der Borderline-Persönlichkeit; andere PS-Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung; n=103 Abbildung 11 zeigt gehäufte repetitive (≥4) Selbstverletzungen bei Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. In der vorliegenden Untersuchung wiesen 88% von 38 ihnen in ihrer Krankengeschichte selbstverletzendes Verhalten auf. Damit waren sie mehr als doppelt so häufig betroffen als die übrigen psychiatrischen Patientinnen. Die Gruppen der anderen Persönlichkeitsstörungen und der Borderline-ähnlichen Charakterzüge zeigten Anteile zwischen 44 % und 41%. In der Kohorte der persönlichkeitsgesunden Frauen, währenddessen, ließ sich dieses Merkmal lediglich bei 13,9% nachweisen. Somit sind sie in der Ausprägung ihres Selbstverletzungsverhaltens vergleichbar mit denjenigen Testpersonen, die der Gruppe der anderen pathologischen Persönlichkeitszüge zugeordnet sind (12,5%). 4.6 Vergleich der Merkmale: transientes Objekt und Selbstverletzung Im direkten Vergleich (siehe Abb. 12) kann gezeigt werden, dass Borderline Patientinnen gehäuft beide Merkmale, also sowohl ein transientes Objekt (80%), als auch selbstschädigendes Verhalten (88%), aufweisen. 100 Selbstverletzung ≥4mal 90 wichtiges TO relativer Anteil in % 80 70 60 50 40 30 20 10 0 BPS BPS-Züge andere PS andere PS-Züge keine PS Abb. 12: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Vergleich der Kriterien: Transientes Objekt und Selbstverletzung innerhalb der Studiengruppe TO: Transientes Objekt; BPS: Borderline Persönlichkeitsstörung; BPS-Züge: Züge der BorderlinePersönlichkeit; andere PS-Züge: Züge anderer Persönlichkeitsstörungen; PS: Persönlichkeitsstörung 39 Persönlichkeitsgesunde Studienteilnehmerinnen zeigen dagegen wie erwartet, sowohl eine geringere Selbstverletzungshäufigkeit (13,9 %) als auch seltenen TO Gebrauch (31 %). In den übrigen drei Gruppen lässt sich jedoch festhalten, dass das transiente Objekt wenig zwischen den einzelnen Fraktionen mit pathologischen Charaktermerkmalen unterscheidet. Daraus lässt sich möglicherweise ableiten, dass das TO mit dem Vorhandensein dysfunktionaler Charakterzüge korreliert. Dagegen zeigt sich das Kriterium der Selbstverletzung sensitiver hinsichtlich einer Differenzierung von BPS-Patienten und Patienten ohne BPS. 4.7 Auswertung des DAPP-Modells 4.7.1 DAPP-Charaktereigenschaften bei den Probandinnen Im zweiten Teil der Studie wurde der DAPP-Fragebogen als Datenbasis verwendet. Mit seiner Hilfe wurden bestimmte Charaktereigenschaften der Probandinnen auf die Stärke ihrer Ausprägung hin untersucht. Die Auswertung wurde nach den im Methodenteil beschriebenen Kriterien vorgenommen. Stark lückenhafte bzw. nicht fertiggestellte Fragebögen fanden in der Datenanalyse keine Verwendung. Deshalb wurden nur Daten von 102 Teilnehmerinnen im Rahmen dieses Versuchsteils ausgewertet und interpretiert. 4.7.2 Assoziation bestimmter DAPP-Merkmale mit transienten Objekten In diesem zweiten Studienabschnitt sollte die Frage geklärt werden, ob es spezifische Charaktereigenschaften gibt, die zum Gebrauch von emotional wichtigen Objekten prädisponieren. Die hierfür verwendete Eigenschaftsauswahl entstammt dem DAPPModell, das 18 voneinander verschiedene, nur wenig überlappende Persönlichkeitsmerkmale beschreibt. Das dazugehörende Diagnostikinstrument stellt der DAPP-Fragebogen dar. Für die Auswertung wurden zwei Gruppen gebildet. Die erste umfasste alle Frauen mit einem emotional wichtigen Gegenstand, die zweite alle anderen Probandinnen der Teilnehmerkohorte. Für jede Gruppe und jedes Charaktermerkmal wurden der minimale und der maximale Wert, der Median sowie das erste (25%iger Wert) und zweite (75%iger 40 Wert) Quartil ermittelt. Aus diesen Werten ließ sich eine Boxplot-Graphik konstruieren (Abb. 13), die eine Verteilung jeder Eigenschaft in jeder Gruppe optisch veranschaulicht. Auf diese Weise können die beiden Gruppen in Bezug auf die Merkmalsausprägung INSECATT** SUICIDE** ohne TO n=42 SUSPIC* ohne TO n=42 ANXIETY* ohne TO n=42 COGDIS* miteinander verglichen werden. ohne TO n=42 TO n=58 ohne TO n=42 TO n=59 TO n=59 TO n=59 TO n= 58 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Summenscore der DAPP-Eigenschaften Abb. 13: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Verteilung der signifikanten DAPP-Items bei Probanden mit und ohne ein transientes Objekt DAPP-Items=Charaktereigenschaften des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens; COGDIS=Cognitive Distortion; ANXIETY=Anxiousness; SUSPIC= Suspiciousness; INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; TO=Transientes Objekt; *= signifikant (p<0,05) nach dem MannWhitney-U-Test; **=hoch signifikant (p<0,01) nach dem Mann-Whitney-U-Test; n=Anzahl der für diese Eigenschaft ausgewerteten Fragebögen; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=102; die unterschiedlichen Zahlen der TO-Besitzerinnen und Probandinnen ohne TO leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt wurde. In der Abbildung 13 ist die Verteilung der Punktesummen für alle DAPPCharaktermerkmale dargestellt, die zwischen den Probandinnen mit transienten Objekten und ihren Pendants ohne TO signifikante Unterschiede zeigten. Diese Signifikanz wurde anhand des U-Tests, auch unter dem Namen Mann-Whitney-U-Test bzw. Wilcoxon-Test für unverbundene Stichproben bekannt, bestimmt. 41 Dabei wurden die Unterschiede zwischen den beiden Testgruppen zum Signifikanzniveau α von 0,05 berechnet. Tabelle 3 zeigt die ermittelten p-Werte für die signifikanten Ergebnisse. Tabelle 3: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Die p-Werte der signifikant-unterschiedlichen DAPPCharakterzüge zwischen den Patientinnen mit und ohne ein transientes Objekt DAPP-Charaktermerkmal=Charaktereigenschaft des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens; COGDIS=Cognitive Distortion; ANXIETY=Anxiousness; SUSPIC=Suspiciousness; INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; TO=Transientes Objekt; *signifikant (p<0,05) nach dem Mann-Whitney-U-Test; **hoch signifikant (p<0,01) nach dem Mann-Whitney-U-Test; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=102; die unterschiedlichen Zahlen der TO-Besitzerinnen und Probandinnen ohne TO leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt wurde. Zur Interpretation der oben dargestellten Graphiken (Abb. 13, Tabelle 3) lässt sich folgendes feststellen: Die Frauen mit einem transienten Objekt zeigten deutlich höhere Werte in den Eigenschaften „Kognitive Verzerrung“, „Argwohn“ und „Ängstlichkeit“, verglichen mit denjenigen Probandinnen ohne transiente Objekte. Bei den Merkmalen „Unsichere Bindung“ und „Selbstschädigung“ fallen die berechneten Unterschiede sogar hoch signifikant (p<0,01) aus. Auch in der Boxplot-Darstellung (Abb. 13) können diese starken Differenzen nachvollzogen werden. Anhand des Vergleichs der Mediane lassen sich hier bereits deutliche Abweichungen der Gruppen voneinander feststellen. Bei der Suche nach Gemeinsamkeiten bei diesen fünf Merkmalen fällt auf, dass sie alle dem übergeordneten Merkmal der „Emotionalen Dysregulation“ zuzurechnen sind, wobei die TO-Gruppe bei jeder dieser Charaktereigenschaften signifikant höhere Punktwerte aufweist als die Alternativkohorte. 42 4.7.3 DAPP-Charaktermerkmale und nicht-suizidale Selbstverletzungen Die gleiche Methode wurde auch zur Untersuchung des Kriteriums der wiederholten Selbstverletzung angewandt. Auch hier sollten die Eigenschaften ermittelt werden, welche Frauen mit selbstschädigenden Verhaltensweisen von denen ohne unterscheiden. Dabei wurde eine beachtliche Anzahl von unterschiedlichen Charaktermerkmalen identifiziert (siehe Abb. 14 und Tabelle 4). Im Mann-Whitney-U-Test erwiesen sich folgende DAPP-Traits als hoch signifikant (p<0,01) verschieden zwischen den beiden Versuchskollektiven: „Unterwürfigkeit“, „Affektive Labilität“, „Oppositionshaltung“ und „Argwohn“. Signifikante Unterschiede (p<0,05) fanden sich zwischen den Vergleichsgruppen auf der Lügenskala und beim Trait „Unsichere Bindung“ (Tabelle 4). Sogar höchst signifikante (p<0,001) Differenzen konnten bei den DAPP-Eigenschaften „Kognitive Verzerrung“, „Identitätsprobleme“, „Ausdrucksarmut“, „Ängstlichkeit“, „Kontaktvermeidung“ und „Selbstschädigung“ nachgewiesen werden. Alle diese signifikanten Merkmale waren in der Gruppe mit wiederholter Selbstverletzung stärker ausgeprägt, was sich in höheren Punktwerten gegenüber den Probandinnen ohne Selbstverletzungsverhalten widerspiegelte. Die einzige Ausnahme bildeten hier die Summenwerte der Lügenskala, die bei Frauen ohne selbstschädigendem Verhalten höhere Werte annahmen. SUBMIS COGDIS IDENT** AFFSTA RESTEXP PASSAG ANXIETY SUSPIC* SOCA** INSECAT SUICIDE LIE* ** *** * B** *** G** *** * * T* *** 43 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=38 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=38 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=39 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=38 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=39 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=39 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=39 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=39 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=39 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=38 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=38 ohne Selbstverletzung n=62 Selbstverletzung n=39 0 20 40 60 80 100 Summenscore der DAPP-Eigenschaften Abb. 14: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Verteilung der Punktewerte der DAPP-Items bei Probanden mit und ohne wiederholte Selbstverleztung DAPP-Items=Charaktereigenschaften des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens; SUBMIS=Submissivness; COGDIS=Cognitive Distortion; IDENT=Identity Problems; AFFSTAB=Affective Lability; RESTEXP=Restricted Expression; PASSAGG=Passive-Aggressivity; ANXIETY=Anxiousness; SUSPIC=Suspiciousness; SOCA=Social Avoidance; INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; LIE=Lügenskala; *=signifikant (p<0,05) nach dem Mann-Whitney-U-Test; **= hoch signifikant (p<0,01) nach dem Mann-Whitney-U-Test, ***=höchst signifikant (p<0,001) nach dem Mann-Whitney-UTest; n=Anzahl der für dieses Merkmal ausgewerteten Fragebögen; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=102; die unterschiedlichen Zahlen der Probandinnen mit und ohne Selbstverletzung leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt wurde. 44 Tabelle 4: Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Die p-Werte der signifikant-unterschiedlichen DAPPCharakterzüge zwischen den Patientinnen mit und ohne wiederholte Selbstverletzung DAPP-Charaktermerkmal=Charaktereigenschaft des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens; SUBMIS=Submissivness; COGDIS=Cognitive Distortion; IDENT=Identity Problems; AFFSTAB=Affective Lability; RESTEXP=Restricted Expression; PASSAGG=Passive-Aggressivity; ANXIETY=Anxiousness; SUSPIC=Suspiciousness; SOCA=Social Avoidance; INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; LIE=Lügenskala; *=signifikant (p<0,05) nach dem Mann-Whitney-UTest; **=hoch signifikant (p<0,01) nach dem Mann-Whitney-U-Test, ***=höchst signifikant (p<0,001) nach dem Mann-Whitney-U-Test; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=102; die unterschiedlichen Zahlen der Probandinnen mit und ohne Selbstverletzung leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt wurde. 45 5 Diskussion 5.1 Formulierung der Themafragen Im Rahmen dieser Studie sollte der Zusammenhang zwischen dem Besitz von emotional wichtigen Objekten bei Patientinnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung in einem stationären psychiatrischen Kollektiv untersucht und die Bedeutung dieser Korrelation ausgewertet werden. Ergänzend dazu wurde das bereits für die genannte Störung etablierte Diagnostikkriterium der Selbstverletzung bei dem gleichen Patientengut evaluiert und als Vergleichsmoment zum transienten Objekt bei der Datenerhebung angewendet. Im zweiten Teil der Studie wurden unabhängig von der psychiatrischen Diagnose Charaktereigenschaften anhand eines international etablierten Persönlichkeitsinventars (DAPP, siehe Methodenteil) identifiziert, die eine unterschiedliche Ausprägung bei Probandinnen mit und ohne transientes Objekt zeigen. Auch das Merkmal der Selbstverletzung wurde in diesem Teil der Untersuchung hinsichtlich des Persönlichkeitsinventars gleichermaßen analysiert. Das Ziel der Studie war zum einen eine Korrelation zwischen TO-Gebrauch und diagnostizierter Persönlichkeitsstörung zu finden, sowie eine Verbindung von TOGebrauch und bestimmten Charaktereigenschaften anhand des Persönlichkeitsinventars festzustellen. 5.2 Interpretierbarkeit der Studienergebnisse Die in dieser Studie erhobenen Daten spiegeln repräsentativ den Anteil an BorderlinePatienten in stationär psychiatrischen Einrichtungen wider. 26 von 144 (18%) Patientinnen in der betroffenen Kohorte erhielten die Diagnose einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Ähnliche Anteile der Borderline Persönlichkeitsstörung an der Gesamtzahl der stationär psychiatrischen Patienten - in Höhe von 20% - beschreiben zahlreiche andere wissenschaftliche Publikationen [31, 34, 18, 8]. Über 94% der Patientenfälle mit einer manifesten Persönlichkeitsstörung konnten aufgrund ihrer Einwilligung in die Datenerfassung aufgenommen werden, darunter befanden sich 25 Frauen mit einer diagnostizierten BPS. Nur eine BPS-Patientin lehnte die Studienteilnahme ab. 46 Für die entscheidende Fragestellung der Studie, welche vor allem die Korrelation von TO Gebrauch und Borderline-Persönlichkeitsstörung betrifft, wurden bewusst nur Frauen als Probandinnen gewählt, denn sie stellen nach den heutigen Erkenntnissen den Großteil der Betroffenen BPS-Patienten, sowohl in psychiatrischen (70-80%) als auch in forensischen (über 66%) Einrichtungen, dar [11, 41, 7, 9]. Somit können die in dieser Studie gewonnenen Erkenntnisse aufgrund der oben aufgeführten Argumente gut auf die Gesamtheit der weiblichen Patienten in stationärer psychiatrischer Behandlung angewendet werden. 5.3 Aussage der Studienergebnisse in Bezug auf die BPS 5.3.1 Assoziation der BPS mit TO im Erwachsenenalter Im Rahmen der vorliegenden Studie konnte bei 80% der Borderline-Patientinnen der Gebrauch von emotional wichtigen Gegenständen, sog. „Transitional Objects“ (TO), erhoben werden. Dieser Prozentsatz wurde in Form von Konfidenzintervallbestimmungen statistisch aufgearbeitet. Mit der Sicherheit von 95% liegt nun der wahre unbekannte Anteilswert innerhalb der Vertrauensgrenzen von 59,3-93,2% und weicht deutlich vom Wert der persönlichkeitsgesunden Kohorte ab. Auch im χ²-Test konnte die H₀-Hypothese (Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem TO-Gebrauch und dem Persönlichkeitsprofil) zu Gunsten der Alternativhypothese verworfen werden. Die letztere spricht für eine Korrelation von TO-Gebrauch und Persönlichkeitsprofil der Patientinnen. Die Borderline-Persönlichkeitsstörung ist dabei diejenige Diagnose, welche den höchsten Prozentsatz an transienten Objekten innerhalb des Patientenkollektivs aufwies. Auch die Ergebnisse der wenigen Vorgängerstudien, beispielsweise von Cardasis und Mitarbeitern aus dem Jahr 1997, stützen diese Behauptung. In ihrer Untersuchung lag der Besitz von transienten Objekten bei Borderline-Patienten um mehr als das Doppelte höher (63% vs. 27 %) als bei Patienten ohne diese Erkrankung [14]. Eine andere Veröffentlichung von den Autoren Labbate und Benedek (1996) erforschte den Zusammenhang zwischen Borderline-Persönlichkeit und am Bett ausgestellten Stofftieren. Unter 36 Frauen, die ein solches Stofftier besaßen, wurde bei 22 (61%) die BPS diagnostiziert [33]. Ferner wurde eine explorative Studie im nicht-psychiatrischen Setting an 176 Probanden von Schmaling et al. durchgeführt. Hier sollte die Frage nach dem 47 Zusammenhang von psychosozialen Charakteristika von Erwachsenen mit transienten Objekten geklärt werden. In dieser Studie konnte bei 13 Probanden ein TO-Gebrauch festgestellt werden, alle 13 waren Frauen. Verglichen mit ihren gematchten Kontrollen zeigten sie häufiger einen dysfunktionalen Persönlichkeitsstil [46]. Verglichen zur o.g. Untersuchung von Cardasis et al. lässt sich jedoch auch eine gewisse Diskrepanz zwischen den beschriebenen Prozentsätzen und den hier vorliegenden Ergebnissen feststellen. Dies kann z.T. auf unterschiedliche Untersuchungskollektive zurückgeführt werden. In die aktuelle Studie wurden lediglich Frauen eingeschlossen, da weibliche Patienten den mit Abstand größten Anteil an Patienten mit Borderline-Störung in psychiatrischen Einrichtungen darstellen (siehe Ausführungen oben), während in der Studie von Cardasis 79% der BPS-Patienten und 71% der übrigen Patienten weiblich waren. Diese Tatsache verhindert einen direkten quantitativen Vergleich der Ergebnisse beider Studien. Im Vorfeld dieser Untersuchung konnte von uns jedoch nur sehr selten ein TO-Gebrauch bei Männern beobachtet werden. In den wenigen anderen Untersuchungen zu diesem Thema wurden bisher hauptsächlich Frauen als Versuchspersonen eingeschlossen bzw. in einem gemischten Kollektiv konnten nur bei Frauen TOs erfasst werden [46, 33]. In der Studie von Cardasis et al. wurde das Verhältnis von Frauen und Männern in Bezug auf den TO-Gebrauch nicht erwähnt [14]. Eine genauere Unterteilung der Probandinnen ohne Diagnose einer BPS in Subgruppen erschien für die Auswertung der Daten als eine nützliche Maßnahme. Mit Hilfe der weiteren Untergruppierung ließ sich eine Abstufung der TO-Anteile abhängig vom Schweregrad und Art der Persönlichkeitsstörung, bzw. vom Fehlen einer dysfunktionalen Persönlichkeitsstruktur darstellen. So konnte annähernd ein Kontinuum zwischen Ausmaß der Persönlichkeitsstörung und Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines TOs beschrieben werden. Im Einzelnen betrachtet, konnten in der Borderline-Gruppe bei 80% der Probandinnen und in der Gruppe der Borderline-ähnlichen Persönlichkeitszüge bei 71% transiente Objekte erfasst werden. Andere Persönlichkeitsstörungen und die Gruppe mit deren einzelnen Persönlichkeitszügen zeigten bereits eine sinkende Tendenz (56% bzw. 65%) für den TO-Gebrauch. Die am Ende des Kontinuums befindlichen persönlichkeitsgesunden Patientinnen hatten mit 31% den niedrigsten Anteil an emotional bedeutsamen Gegenständen (siehe dazu auch Abb. 8). Damit präsentierte sich die Gruppe der BPS-ähnlichen Charakterzüge, die dem Persönlichkeitsprofil der BPS-Gruppe am nächsten steht, mit einer TO-Quote, die auch dem Ergebnis der BPS-Gruppe am stärksten glich, während die umgekehrte Tendenz für die persönlichkeitsgesunde Gruppe galt. 48 Daraus kann abgeleitet werden, dass Frauen mit dysfunktionalen Persönlichkeitsmerkmalen, einschließlich manifester Persönlichkeitsstörungen in deutlich höherem Anteil den Gebrauch von emotional bedeutenden Gegenständen (TO) aufweisen, und dass eine gut nachvollziehbare Korrelation zwischen dem Ausmaß der dysfunktionalen Persönlichkeitszüge und der Häufigkeit des TO-Gebrauchs besteht. Aus der Forschung mit Jugendlichen und deren Gebrauch von emotional wichtigen Gegenständen lassen sich ebenfalls Daten entnehmen, die für die Assoziation von transienten Objekten und pathologischen mentalen Zuständen argumentieren. 1998 veröffentlichten Bachar und Mitarbeiter ihre Studie zur Bindung von Kindern und Jugendlichen an transiente Objekte, sowie den Einfluss dieser Bindung auf die Beziehung zu den Eltern und die mentale Gesundheit der Kinder. Das Durchschnittsalter der Probanden war 16,71 Jahre. 22% der Jugendlichen in dieser Untersuchung bejahten die Frage nach dem Besitz von transienten Objekten. Bei ihnen konnten deutlich mehr psychiatrische Symptome und eine Reduktion des Wohlbefindens vermerkt werden, als bei Gleichaltrigen ohne ein TO [4]. Aus dieser Datenlage schlussfolgern die Autoren, dass TOGebrauch im Jugendlichenalter als ein Marker für „emotionalen Kummer“ in dieser Altersstufe angesehen werden kann. Eine aktuelle finnische Studie aus dem Jahr 2009 von Erkolahti und Nystrom zeigte ebenfalls eine signifikante Koinzidenz von TO-Gebrauch und depressiven Symptomen bei 14,5jährigen Mädchen, wobei der allgemeine Gebrauch von emotional wichtigen Objekten in dieser Altersstufe bei 37% der Mädchen und 18% der Jungen lag [20]. 5.3.2 Transiente Objekte im Kindesalter Die Prävalenz der Übergangsobjekte in der Kindheit wurde bei den Probandinnen mit dem Ergebnis untersucht, dass die Prozentsätze aller fünf Subgruppen kaum voneinander differierten. Alle Testpersonen verfügten im Kindesalter in nahezu gleichem Umfang über emotional wichtige Gegenstände. Auch die Forschergruppe um Cardasis kam zu den gleichen Resultaten. Sie konnten nachweisen, dass Patienten, die als Kinder Übergangsobjekte besaßen später als Erwachsene nicht häufiger eine Borderline-Störung aufwiesen, als diejenigen ohne solche Gegenstände [14]. Jedoch berichten zwei ältere Studien (1974 und 1981) von gegenteiligen Beobachtungen. Sie fanden heraus, dass eine niedrige Prävalenz von Übergangsobjekten in der Kindheit gehäuft mit schweren 49 Persönlichkeitsstörungen bzw. mit der Borderline-Störung bei Jugendlichen vergesellschaftet war [4]. Bei diesen widersprüchlichen Erkenntnissen kann möglicherweise mittels einer Gegenüberstellung der verwendeten Untersuchungsinstrumente ein Vergleich der Ergebnisse gelingen. Sowohl in der gegenwärtigen Studie, als auch in der Studie von Cardasis et al. wurden die Kriterien des DSM-IV bzw. DSM–III zur Diagnosestellung angewandt. Diese Diagnosekriterien bei Persönlichkeitsstörungen waren erst seit der Entwicklung des DSM-III im Jahr 1980 in dieser Form verfügbar [39], sodass die Qualität der früheren Diagnosen aufgrund fehlender standardisierter Kriterien nur eingeschränkt vergleichbar ist. Die Erkenntnis dieser Studie, dass alle psychiatrischen Patienten zu etwa gleichen Anteilen Übergangsobjekte in ihrer Kindheit verwendeten, ist, so gesehen, nicht ganz selbstverständlich. Viele Forscher knüpfen an ein transientes Objekt die Bedingung, dass die Beziehung zwischen dem Kleinkind und seinen Bezugspersonen intakt sein muss um dieses Phänomen zu erzeugen [12]. Bei Borderline-Patienten könnte jedoch nicht die Einführung, sondern die Ablösung vom TO, die physiologisch im Vorschulalter eintreten sollte [4], das eigentliche Symptom darstellen. Denn solange die Entwicklungsaufgabe, für die ein Übergangsobjekt benötigt wird, nicht adäquat abgeschlossen ist, kann auch keine Trennung von ihm stattfinden. So würde der Gebrauch vom Übergangsobjekt bis in die Adoleszenten- bzw. die Erwachsenenphase des Lebens persistieren, bzw. der Erwerb des TO erst in diesen Lebensabschnitten stattfinden. 5.3.3 Erklärungsansatz der Hypothese: Warum sind BPS und TO assoziiert? Weiterführende Gedanken Mit steigender Evidenz kann heute angenommen werden, dass die BorderlinePersönlichkeitsstörung ätiologisch neben genetischen Gesichtspunkten vor allem der Entwicklung in der Kindheit zugrunde liegt [22]. Mehrere Ursachen, wie die erbliche Veranlagung, traumatische Lebenserfahrungen und dysfunktionales Bindungsverhalten werden heute für die Entstehung der BPS verantwortlich gemacht [11]. Im Versuch die Borderline-Störung mithilfe der „Theorie der Mentalisierung“ zu erfassen, erklärt Fonagy, dass BPS-Patienten die Fähigkeit zu „mentalisieren“, verglichen mit Gesunden, nur mangelhaft beherrschen [22]. Unter diesem Begriff wird eine Art der sozialen Kognition verstanden, die nicht angeboren, sondern in Form einer Entwicklungsaufgabe erworben 50 werden kann. Sie ermöglicht es menschliches Verhalten im Kontext der dazugehörigen Intention wahrzunehmen und adäquat zu interpretieren. Für den Erwerb dieser Fertigkeit wird im Verlaufe der Säuglings- und Kleinkinderzeit die Basis geschaffen, die im Besonderen, aber nicht ausschließlich, von der Qualität der frühen Bindungen abhängig ist [22]. Entwicklungstechnisch erwerben Kinder die Fähigkeit zu mentalisieren, wenn sie sich in die Lage versetzen zwei gegensätzliche Konzepte mental zu integrieren. Die Konzepte betreffen die Vereinigung der eigenen Weltvorstellung mit der realen Welt und deren Entkopplung voneinander. So lernen sie zu verstehen, dass die innere Erfahrung und die äußere Realität miteinander verbunden, aber dennoch getrennt sind [15]. An dieser Stelle könnte ausgehend von Fonagy´s Theorie der Übergang zu einer älteren Hypothese von Winnicott vollzogen werden. Denn als Hilfsmittel für den oben genannten Schritt, die innere und die äußere Welt zu integrieren, könnte das Winnicott´sche Übergangsobjekt fungieren. Dieses stellt eine Brücke zwischen der internalisierten und der realen Welt dar, solange bis das Kind gelernt hat aus eigener Vorstellungskraft diesen immateriellen Weg zu gehen und eine stabile Objektrepräsentanz der äußeren Gegenstände auszubilden. Der Erfolg dieser Aufgabe wird bei seiner Hypothese auch an die intakte Bindung zu Bezugspersonen geknüpft [12]. Störungen innerhalb der Interaktion mit Bezugspersonen bedingen, sowohl in der Theorie von Winnicott als auch bei Fonagy, Entwicklungsstörungen des Kindes. Diese macht vor allem Fonagy anhand unzureichender Mentalisierungsfähigkeit für die Kernmerkmale der BPS verantwortlich [22]. Da also insbesondere die Beziehung zu den frühen Erziehungspersonen die mentale Entwicklung des Kindes zu beeinflussen scheint, sollen hier die bisherigen Erkenntnisse zu Eltern-Kind-Interaktionen bei Borderline-Patienten charakterisiert werden. Bei den Betroffenen selbst konnte ein deutlich reduzierter Bestand von positiven Erinnerungen an dyadische Interaktionen nachgewiesen werden [22]. Hier ist jedoch die Grenze zwischen der Unterdrückung der guten Gedächtnisinhalte durch die Persönlichkeitsstörung und den tatsächlich fehlenden positiven Erfahrungen schwer ableitbar. Jedoch können bei vielen Borderline-Patienten eine Fülle von negativen Erfahrungen in der Kindheit erfasst werden. Dazu zählen Vernachlässigung, körperliche und emotionale Gewalt sowie schwerer sexueller Missbrauch [11, 28, 24, 8]. Unter derartig belasteten zwischenmenschlichen Beziehungen kann angenommen werden, dass BPSPatienten in ihrer Kindheit den Schritt zur Entwicklung einer Objektkonstanz nach 51 Kernberg [30] bzw. einer Objektrepräsentanz nach Winnicott [12] nicht suffizient vollziehen konnten. Aus diesem Grund könnte auch das Ablegen des Übergangsobjektes, das ein äußeres Symbol dieses Lernvorgangs darstellt, hinausgezögert werden. Diese These kann durch die Ergebnisse einzelner Studien gestützt werden. Sie untersuchten den TOGebrauch in klinischen Gruppen und kamen zu dem Schluss, dass transiente Objekte häufig bei Jugendlichen (und auch bei älteren Personen) mit Borderline-Symptomatik und Adaptationsstörungen zu beobachten waren [4]. Und auch in dieser Studie wurde ein beachtliches Zusammentreffen von emotional wichtigen Objekten und der BorderlineDiagnose festgestellt. Borderline Patienten zeigen eine reduzierte Fähigkeit zu mentalisieren, was zu Problemen in der emotionalen Regulation und Schwierigkeiten in der Impulsivität, besonders im Zusammenhang mit zwischenmenschlichen Interaktionen führt [6]. Eigentlich ist es eine Entwicklungsaufgabe des Kindes, die unter optimalen Bedingungen häufig mit Hilfe eines Übergangsobjektes bewältigt wird. Solange dieser Schritt jedoch nicht vollzogen wird, wird das dazu nötige Hilfsobjekt beibehalten. Auch bis in das Erwachsenenalter. Einige Beobachtungen im Bereich der Borderline-Therapie untermauern diese Behauptung. Beispielsweise deuten manche Therapeuten an, dass erwachsene Patienten mit fehlender Objektkonstanz, diese durch eine Beziehung zum Therapeuten zu kompensieren versuchen. Von ihnen wird der Vorschlag unterbreitet, dass in einer solchen Situation der Gebrauch eines transienten Objektes förderlich auf die Entwicklung der Objektkonstanz einwirken könnte. Sie behaupten ferner, dass Patienten, die einen emotional wichtigen Gegenstand benutzen im Begriff sind eine Objektkonstanz zu entwickeln [2]. In diesem Erklärungsmodell würde das transiente Objekt einen weiteren kleinen Baustein im großen Gefüge der Borderline Störung begründen. Trotz der Tatsache, dass diese Hypothese gut nachvollziehbar erscheint und die bereits erforschten Zusammenhänge mehrerer psychischer Modelle miteinander verbindet, fehlen die Beweise für die Kausalität dieser Annahmen. Um diese nachzuweisen wären noch nachfolgende Studien auf diesem Gebiet wünschenswert. Denn wenn das Übergangsobjekt auch bei Erwachsenen als Hilfsmittel für die Entwicklung der Objektkonstanz und der Fähigkeit zu Mentalisieren dienen kann, könnte es möglicherweise im Rahmen der Therapie von Borderline-Patienten als Hilfsmittel Verwendung finden. An dieser Stelle könnte sich der Leser fragen in wieweit die beschriebene Hypothese auch auf Männer zutrifft. Denn in vorangehenden Abschnitten wurde diskutiert, dass diese sehr 52 viel seltener, wenn überhaupt, transiente Objekte besitzen. Leider konnte diesbezüglich keine Studie ausfindig gemacht werden, mit der sich dieser Sachverhalt erörtern lässt. Jedoch konnte schon beim Objektgebrauch im Jugendalter ein deutlich niedrigerer Prozentsatz bei Jungen (18%) vs. Mädchen (37%) gezeigt werden [20]. Trotz der Tatsache also, dass bei beiden Geschlechtern von einer ähnlichen Ausgangslage in Bezug auf ihre Entwicklung auszugehen ist, tritt das Missverhältnis im TO-Gebrauch im Laufe des Lebens immer deutlicher hervor. Wobei die Verwendung eines Übergangsobjektes über das Vorschulalter hinaus nach der dargelegten Hypothese auf dysfunktionale Persönlichkeitsmuster, wie die Borderline-Störung, hinweisen könnte. Nach dem heutigen Wissen gibt es deutlich weniger Männer mit der Diagnose einer Borderline-Störung als Frauen. Trotz ausführlicher Recherche zu diesem Unterschied konnten nur zwei Studien Daten für eine gleichmäßige Verteilung der BPS unter beiden Geschlechtern nachweisen [49, 25]. Bei dieser Konstellation muss also weiterhin an einem Verhältnis von ca. 3:1 zugunsten der Frauen festgehalten werden [11, 41, 28, 7]. Bei Frauen ist bekannt, dass sie häufiger als Männer autoaggressiv agieren. Auch viele Symptome der BPS sind in großem Umfang gegen den Betroffenen selbst gerichtet und schaden ihm selbst [1] am meisten: sowohl risikoreiches Verhalten (wie Geldausgeben, Sexualität, Substanzmissbrauch, rücksichtsloses Fahren, „Fressanfälle“) als auch interpersonelle Bindungen, in denen die Patienten ausgebeutet werden [54], und ebenso die Gefühle der inneren Leere, die unter anderem in Selbstverletzungen münden können. In diesem Zusammenhang ist auch wichtig, dass Selbstverletzungsverhalten zum Großteil erworben zu sein scheint, da eine vererbte Komponente nur einen geringen Anteil ausmacht [35]. Männer dagegen setzen öfter Gewalt gegen andere ein um negative Gefühle zu verarbeiten. Sie haben auch häufiger positive Erfahrungen damit, weil sie sich leichter durchsetzen. Lerntheoretisch könnte es sich dabei um Lernen durch positive Verstärkung handeln. Diese Männer könnten dann möglicherweise häufiger der dissozialen und nicht der Borderline-Persönlichkeitsstörung zugerechnet werden, wo ihr höherer Anteil (80%) in Form von vielen übereinstimmenden Studienergebnissen bereits belegt ist [1]. 5.3.4 Selbstverletzung und BPS In der gegenwärtigen Untersuchung wurde eine sehr hohe Korrelation zwischen wiederholten, nicht-suizidalen Selbstverletzungen (NSSV) und der Borderline- 53 Persönlichkeitsstörung nachgewiesen. Die Häufigkeit von NSSV bei Borderline Patientinnen lag in unserer Studie bei 88% und betraf damit 22 von 25 Patientinnen. Oldham berichtete in einer Arbeit zu BPS und Suizidalität von einer Inzidenz von 75% bei selbstschädigenden Verhaltensweisen [40]. Eine andere Publikation konnte bei 52% der Borderline-Patientinnen NSSV nachweisen [54]. Die S2-Leitlinie der AWMF spricht von einem Anteil von 85% der Borderline-Patienten, die selbstschädigendes Verhalten aufweisen, wobei 80% von diesen sich „…in dissoziativen, analgetischen Zuständen mit der Absicht, aversive Anspannung zu reduzieren..“ verletzen [1]. Da die drei vorgestellten Literaturzitate erheblich voneinander abweichen, ist davon auszugehen, dass die Höhe des tatsächlichen Prozentsatzes noch nicht endgültig geklärt ist. Der ermittelte Wert in dieser Studie, der sehr dicht am Prozentsatz der AWMF-Leitlinie liegt, spricht für die eher höhere Tendenz für NSSV in der Gruppe der BorderlinePatienten. Anhand der gegenwärtigen Studie kann außerdem die erhebliche Differenz zwischen dem Selbstverletzungsverhalten der Borderline-Gruppe und den anderen vier Untergruppen belegt werden. Diese gestattet den Einsatz dieses Merkmals zur Diskrimination der Borderline-Patienten von anderen dysfunktionalen Persönlichkeiten und bestätigt damit seine Aufnahme in die beiden Klassifikationssysteme (DSM-IV und ICD-10) als BPSDiagnostikkriterium [1]. Andererseits ist dies auch möglicherweise der Grund, warum dieses Merkmal so hohe Anteile in der BPS-Gruppe erzielt. Durch seine etablierte Stellung als Diagnostikkriterium übt es sicherlich einen manifesten Einfluss auf die Diagnosestellung bei der Borderline Störung aus. 5.3.5 Vergleich: Transientes Objekt versus wiederholte Selbstverletzung Im Vergleich zur Persönlichkeitsstörung Selbstverletzung, von anderen die sehr dysfunktionalen spezifisch die Borderline- Persönlichkeitsprofilen bzw. persönlichkeitsgesunden psychiatrischen Patienten unterscheidet, kann die gleiche Aussage nicht auf das Merkmal des TO-Gebrauchs übertragen werden. Zwar besitzt ein Großteil der BPS-Patientinnen ein transientes Objekt, aber auch ein erheblicher Anteil der Patientinnen mit anderen pathologischen Persönlichkeitsprofilen konnte einen emotional wichtigen Gegenstand vorweisen. Deshalb kann dieses Merkmal nicht als ein spezifisches 54 Diagnostikum verstanden werden. Seine Stärke liegt eher darin, dass es einen Hinweis für eine dysfunktionale Persönlichkeitsstruktur liefert und als Kennzeichen für den Reifungsgrad einer Persönlichkeit darstellen könnte. Auch als therapeutisches Instrument könnte das Übergangsobjekt möglicherweise eine neue Bedeutung für die BorderlinePatienten einnehmen. Mit seiner Hilfe könnte die Entwicklung der Objektkonstanz gefördert und damit eines der Defizite der BPS-Erkrankung verbessert werden. Unter diesem Aspekt betrachtet, ist es möglich, dass Borderline-Patientinnen ihre transienten Objekte bereits jetzt schon unbewusst im Sinne einer Selbstregulation benutzen. Einige Hinweise zur Unterstützung dieser Hypothese liefert eine Publikation aus dem Jahr 1999 von Arthern und Madill unter dem Titel: „How do transitional objects work? The therapist’s view“. Wie oben bereits zitiert, schlagen sie den Einsatz von Übergangsobjekten in der Therapie von Patienten mit fehlender Objektkonstanz vor. Diese Strategie könnte sich, ihrer Meinung nach, förderlich auf die Entwicklung dieser Fähigkeit auswirken [2]. 5.4 Interpretation der Ergebnisse des DAPP-Fragebogens 5.4.1 DAPP-Merkmale und TO In der vorliegenden Studie konnten fünf Charaktereigenschaften des DAPP-Modells identifiziert werden, die in einer überdurchschnittlich starken Ausprägung bei stationären psychiatrischen Patientinnen zu finden sind, welche transiente Objekte verwendeten. Dazu gehören „Kognitive Verzerrung“, „Argwohn“ und „Ängstlichkeit“ sowie „Unsichere Bindung“ und „Selbstschädigung“. Alle fünf gehören zu dem übergeordneten Charaktermerkmal der „Emotionalen Dysregulation“. Warum gerade diese Kombination an Merkmalen bei Patientinnen mit Übergangsobjekten bevorzugt zusammentrifft, könnte darauf beruhen, dass beispielsweise Eigenschaften wie die verstärkte „Ängstlichkeit“ bzw. „Argwohn“ offensichtlich durch unterstützende Objekte in der Nähe bzw. im Besitz des Betroffenen reduziert werden. Währenddessen können die Merkmale der „Selbstschädigung“ und der „Kognitiven Verzerrung“ nicht ganz so einfach begründet werden. Um hier zu einer fundierten Aussage zu kommen, wären noch weitere Untersuchungen zu diesen Merkmalen erforderlich. Die DAPP-Eigenschaft der „Unsicheren Bindung“ könnte dagegen das Übergangsobjekt als Ankerpunkt in der 55 sozialen Welt des TO-Besitzers erklären und als Ersatzobjekt für etwaige gescheiterte bzw. instabile Beziehungen mit anderen Menschen fungieren. Zum DAPP-Modell und Persönlichkeitsstörungen gibt es eine Studie von Bagge und Trull aus dem Jahr 2003, die über- und untergeordnete DAPP-Traits und deren Zusammenhang mit den DSM-IV-Persönlichkeitsstörungen untersuchte [5]. Darin konnten die Autoren sieben untergeordnete DAPP-Merkmale der „Emotionalen Dysregulation“ als charakteristisch für die Borderline-Störung identifizieren. „Kognitive Verzerrung“, „Identitätsprobleme“, „Affektive Labilität“, „Ängstlichkeit“, „Argwohn“, „Unsichere Bindung“ und „Selbstschädigung“ wurden von ihnen in Beziehung mit der BorderlineStörung gebracht. Fünf aus diesen sieben Merkmalen wurden in der gegenwärtigen Studie als mit einem transienten Objekt assoziiert dokumentiert. Diese Koinzidenz stellt einen Hinweis dar, dass das Merkmal der „Emotionalen Dysregulation“ bei Patienten mit TOGebrauch und bei der Borderline-Störung die gemeinsame Schnittmenge darstellen könnte. Andererseits widersprechen die Ergebnisse von Steinmeyer et al. (2002) dieser Annahme. Die Autoren untersuchten gleichermaßen das DAPP-Modell auf seine Spezifität als Diagnostikum für Persönlichkeitsstörungen. In ihrer Rangfolge der Traits konnten „Affektive Labilität“, gefolgt von „Oppositionshaltung“, „Herzlosigkeit“, „Reizsuche“ und „Ängstlichkeit“ am besten der BPS zugeordnet werden. Nur drei dieser Merkmale gehören dem übergeordneten Merkmal „Emotionale Dysregulation“ an. Die beiden anderen sind der Dimension „Dissoziales Verhalten“ entlehnt [48]. Zusammengefasst sind die Ergebnisse dieser beiden Publikation nur in wenigen Punkten kongruent, sodass auch hier weitere Untersuchungen zur Klärung dieses Sachverhalt nötig sind. 5.4.2 DAPP-Charaktereigenschaften und wiederholte Selbstverletzung Analog zum Merkmal des Übergangsobjekts, wurde auch das nicht-suizidale Selbstverletzungsverhalten (NSSV) und sein Zusammenhang mit den Eigenschaften des DAPPModells analysiert. Darunter ließen sich zahlreiche Merkmale finden, welche mit verstärkter Ausprägung bei Probandinnen mit wiederholter Selbstverletzung vorlagen. Hierzu zählten „Unsichere „Oppositionshaltung“, Bindung“, „Argwohn“ „Unterwürfigkeit“, „Kognitive Verzerrung“, „Affektive Labilität“, „Identitätsprobleme“, „Ausdrucksarmut“, „Ängstlichkeit“, „Kontaktvermeidung“ und „Selbstschädigung“. In der Betrachtung dieser Eigenschaften konnte eine starke Assoziation mit den Kriterien der Borderline-Störung, wie im DSM-IV-Katalog aufgeführt, angenommen werden (vgl. 56 Einleitung). Deshalb wurde diese Merkmalskombination mit den Ergebnissen der oben bereits erwähnten Arbeiten von Bagge und Trull [5] bzw. Steinmeyer et al. [48] zum DAPP-Profil der BPS verglichen. Unter den gegenwärtigen Ergebnissen zum Charakterprofil der Frauen mit Selbstverletzung befinden sich alle sieben Eigenschaften, die in der Publikation von Bagge und Trull als Traits der BPS-Patienten identifiziert wurden. Dies deutet auf eine starke Überlappung der Persönlichkeitseigenschaften zwischen BPS-Patienten und Patienten mit absichtlichen Selbstschädigungen hin. Mit den Ergebnissen von Steinmeyer et al. konnten dagegen nur relativ wenige Schnittpunkte gefunden werden. Nur drei der in der gegenwärtigen Studie gefundenen Merkmale von Personen mit Selbstverletzungsverhalten überschneiden sich mit den fünf BPS-Traits seiner Publikation (siehe vorhergehender Abschnitt). 5.5 Schlussfolgerung Zusammenfassend kann das Ergebnis dieser Studie folgendermaßen beschrieben werden: Es konnte gezeigt werden, dass ein überwiegender Anteil der Borderline-Patientinnen einen emotional wichtigen Gegenstand besitzt, der im Rahmen der heutigen Erkenntnisse eine Art Selbstregulationsversuch aufgrund eingeschränkter Mentalisierungsfähigkeit bzw. Objektkonstanz darstellen könnte. Verglichen mit der Selbstverletzung konnte beim TO-Gebrauch in der gegenwärtigen Untersuchung eine geringere Spezifität in Bezug auf die Borderline-Diagnose festgestellt werden, sodass das letztere Merkmal in der Persönlichkeitsdiagnostik eher als ein Hinweis auf das Vorliegen von allgemein dysfunktionalen Persönlichkeitsmerkmalen interpretiert werden sollte. Der Versuch mithilfe der DAPP-Eigenschaften ein Charakterprofil von Frauen mit TOGebrauch zu erarbeiten, zeigte, dass die charakteristischen Persönlichkeitsmerkmale der TO-Gruppe auch größtenteils innerhalb des DAPP-Borderline-Profils nachweisbar sind [vgl. 5 und 48], was die erwähnte Korrelation von BPS-Diagnose und TO-Besitz zusätzlich bestätigte. Die Untersuchung der DAPP-Eigenschaften wurde auch mit dem Merkmal der NSSV korreliert. Hierbei entsprach das DAPP-Charakterprofil bei Patienten mit NSSV über weite Strecken den beschriebenen BPS-Charaktermerkmalen. 57 6 Zusammenfassung Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin die Hypothese zu prüfen, dass stationäre Patientinnen mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung (PS), insbesondere BorderlinePersönlichkeitsstörung (BPS), gehäuft emotional wichtige Objekte, sog. transiente Objekte (TO) besitzen. In diesem Rahmen sollte der Anteil eines TOs bei diesen Patientinnen ermittelt werden, um dies als mögliches Diagnostikkriterium anwenden zu können. Zum Vergleich bezüglich einer möglichen diagnostischen Spezifität bei Borderline Patientinnen diente das bereits etablierte Kriterium der wiederholten nicht-suizidalen Selbstverletzungen (NSSV). Weiterhin sollten Charaktereigenschaften identifiziert werden, welche mit einem TO bzw. mit NSSV korrelierten. Als Studienkollektiv konnten 104 Patientinnen der beiden offenen Stationen der psychiatrischen Universitätsklinik Ulm rekrutiert und auf diese Merkmale hin untersucht werden. Dabei muss vermerkt werden, dass insbesondere die für die Fragestellung bedeutsame Teilgruppe mit der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung mehrheitlich, nämlich zu 94,4% (versus 72,2% in der Gesamtzahl), in der Studie als Teilnehmerinnen vertreten ist. Neben der Erfassung der Entlassbriefdiagnosen als studienrelevante Diagnose kamen bei der Datenerhebung 4 Fragebögen zum Einsatz: Strukturiertes klinisches Interview zur Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen nach DSM IV Achse II (SKID-II), Transitional Object Questionnaire (TOQ), Self-Harm Behavior Questionnaire (SHBQ) sowie Dimensional Assessment of Personality Pathology - Basic Questionnaire (DAPPBQ). Hierbei wurden Patientinnen, bei welchen im SKID-II-Interview Persönlichkeitsmerkmale gefunden wurden, die jedoch nicht die Kriterien einer Persönlichkeitsstörung erfüllten, einer separaten Gruppe, der Patientinnen mit „Persönlichkeitszügen“ zugeteilt. Die Ergebnisse der Studie bestätigten die formulierte Hypothese. Bei der Auswertung konnte eine starke Korrelation von Borderline-Persönlichkeitsstörung und TO-Gebrauch in 80% der Fälle nachgewiesen werden. Bei Frauen mit Borderline-Persönlichkeitszügen, jedoch ohne endgültige Diagnose einer Persönlichkeitsstörung fanden sich immer noch in 71% TOs. Patientinnen mit anderen Persönlichkeitsstörungen bzw. anderen Persönlichkeitszügen wiesen zu 56% bzw. 65% ein TO auf. Patientinnen ohne Persönlichkeitsstörung oder –züge benutzten dagegen in nur 31% der Fälle ein TO. 58 In Bezug auf wiederholte NSSV konnte eine starke Korrelation zur BPS in 88% der Fälle nachgewiesen werden. Gleichzeitig fanden sich deutlich niedrigere Zahlen (zwischen 44% bei anderen PS und 13,9% bei Patientinnen ohne PS) in den anderen untersuchten Gruppen. Bei der Gegenüberstellung der beiden Merkmale (TO und NSSV) zeigte sich das Kriterium der wiederholten NSSV als spezifischer bei Borderline-Patientinnen, während der Besitz eines transienten Objekts besser zwischen Patientinnen ohne Persönlichkeitsstörung und Patientinnen mit dysfunktionalen Persönlichkeitsmustern im Allgemeinen unterschied. Bei der Analyse der Charaktereigenschaften von Patientinnen mit TO-Besitz und Patientinnen mit wiederholten NSSV konnte im DAPP-Modell ein ähnliches, mit der Borderline-Störung in großem Umfang übereinstimmendes Charakterprofil ermittelt werden. Signifikante Charaktermerkmale bei Patientinnen mit TO Besitz waren „Kognitive Verzerrung“, „Argwohn“, „Ängstlichkeit“, „Unsichere Bindung“ und „Selbstschädigung“. Aus den Ergebnissen dieser Studie wird ersichtlich, dass das Merkmal des transienten Objektes nicht pathognomonisch für die Borderline-Persönlichkeitsstörung steht und damit nicht als ein sicheres Diagnostikkriterium für diese Störung herangezogen werden kann. Sein gehäuftes Vorkommen bei Patienten mit einer dysfunktionalen Persönlichkeitsstruktur könnte jedoch die Identifizierung dieser Patientengruppe vereinfachen sowie zum besseren Verständnis in der Genese der Persönlichkeitsstörungen beitragen. In diesem Zusammenhang wäre es auch denkbar, das Vorhandensein eines TOs in der Diagnostik von Persönlichkeitsstörungen als sog. „Kuscheltierzeichen“ einzusetzen. 59 7 Literaturverzeichnis 1. AWMF Online. Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften. Persönlichkeitsstörungen (2008) in: http://leitlinien.net/ (16.07.2010) 2. Arthern J, Madill A: How do transitional objects work? The therapist’s view. British Journal of Medical Psychology 72:1–21 (1999) 3. 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American Journal of Psychiatry 162:867–875 (2005) 63 8 Anhang Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Einige ausgewählte transiente Objekte zur Anschauung 64 Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Flowchart der Untersuchungsgruppe Die unterhalb der Flowchart aufgeführten Zahlen stehen für die anonymisierten Patientennamen. 65 Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: χ²-Unabhängigkeitstest zur Fragestellung, ob ein Zusammenhang zwischen dem TO-Gebrauch und dem Persönlichkeitsprofil besteht. 66 Vollständige psychiatrische Achse I und II Diagnosen der einzelnen Patienten: Gruppe der manifesten Borderline-Persönlichkeitsstörung PatientenNr: Achse II Störung: Achse I Störung: 1 10 14 21 24 27 28 46 Borderline, dependent Borderline, narzisstisch Borderline Borderline, histrionisch, narzisstisch Borderline Borderline Borderline Borderline 77 Borderline, zwanghaft 93 94 96 98 103 112 119 130 132 134 143 Borderline Borderline Borderline Borderline, selbstunsicher Borderline Borderline, dependent Borderline, histrionisch Borderline Borderline Borderline Borderline schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen rezidivierend depressive Störung Bulimie rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, PTSD rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, Alkoholabhängigkeit Tourette Syndrom rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung schwere depressive Episode rezidivierend depressive Störung, schädlicher Gebrauch von Alkohol Bipolare Störung mittelgradig depressive Episode rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, Benzodiazepinabhängigkeit rezidivierend depressive Störung Essstörung rezidivierend depressive Störung, Bulimie rezidivierend depressive Störung Borderline Borderline Borderline Borderline, zwanghaft Borderline rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, Bulimie rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, Anorexia nervosa mittelgradig depressive Episode mit TO ohne TO 3 9 22 29 74 67 Gruppe mit anderen Persönlichkeitsstörungen, ohne Borderline-Störung mit TO: 23 26 56 68 149 dependent, negativistisch, schizoid dependent schizotzyp histrionisch, narzisstisch dependent, zwanghaft generalisierte Angststörung Opiatabhängigkeit, rezidivierend depressive Störung Narkolepsie mittelgradig depressive Episode rezidivierend depressive Störung emotional-instabil, impulsiver Typ zwanghaft, selbstunsicher histrionisch emotional-instabil, impulsiver Typ mittelgradig depressive Episode rezidivierend depressive Störung - ohne TO: 62 108 110 125 Gruppe mit Borderline-Persönlichkeitszügen PatientenNr: Achse II Persönlichkeitszüge: Achse I Störung: Borderline, dependent, zwanghaft Borderline, zwanghaft Borderline, schizotyp Borderline Borderline, selbstunsicher Borderline, selbstunsicher Borderline Borderline Borderline, dependent, zwanghaft Borderline, selbstunsicher Borderline Borderline schizoaffektive Störung bipolar affektive Störung rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, Alkohol und Benzodiazepin Abhängigkeit ADHS, rezidivierend depressive Störung, schädlicher Alkoholgebrauch schwere depressive Episode rezidivierend depressive Störung, Alkohol Abhängigkeit rezidivierend depressive Störung, polymorph psychotische Störung PTSD, schwere depressive Episode rezidivierend depressive Störung Anpassungsstörung rezidivierend depressive Störung, Alkohol Abhängigkeit Borderline mittelgradig depressive Episode mit TO: 5 33 40 48 58 69 79 89 95 101 120 153 mit TO: 15 68 32 52 61 151 Borderline Borderline, selbstunsicher, zwanghaft, dependent Borderline, narzisstisch, histrionisch Borderline PTSD, rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, Zwangsstörung Bipolar II affektive Störung, schädlicher Alkoholgebrauch rezidivierend depressive Störung Gruppe mit anderen Persönlichkeitszügen mit TO: 8 49 54 80 105 115 117 124 131 138 150 zwanghaft selbstunsicher, zwanghaft schizotyp, paranoid selbstunsicher selbstunsicher zwanghaft selbstunsicher, zwanghaft schizotyp paranoid, schizotyp selbstunsicher, dependent zwanghaft bipolar affektive Störung, ggw. depressiv rezidivierend depressive Störung, Alkohol Abhängigkeit schizoaffektive Störung, Alkohol und Benzodiazepin Abhängigkeit schizoaffektive Störung rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, Alkohol Abhängigkeit Dissoziative Bewegungsstörung Bipolar affektive Störung, ggw. manisch paranoide Schizophrenie mittelgradig depressive Episode paranoide Schizophrenie histrionisch zwanghaft zwanghaft selbstunsicher schizoid selbstunsicher Alkoholabhängigkeit, soziale Phobie schizoaffektive Störung wahnhafte Störung rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung, schädlicher Alkoholgebrauch ohne TO: 31 50 76 99 106 118 69 Gruppe ohne eine Persönlichkeitsstörung PatientenNr: Achse I Störung: mit TO: 11 37 39 41 45 59 81 86 107 126 135 schwere Depression rezidivierend depressive Störung, Alkoholabhängigkeit paranoide Schizophrenie mittelgradige Depression schwere Depression, PTSD, Zopiclon Abhängigkeit bipolar II affektive Störung, schädlicher Alkohol Gebrauch rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung paranoide Schizophrenie Dissoziative Störung Cannabisabhängigkeit, induzierte psychotische Störung ohne TO: 7 12 13 17 18 19 25 36 47 55 57 63 83 85 92 100 104 schizoaffektive Störung paranoide Schizophrenie generalisierte Angststörung paranoide Schizophrenie bipolare Störung organisch depressive Störung paranoide Schizophrenie rezidivierend depressive Störung bipolar affektive Störung schizoaffektive Störung rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung schizoaffektive Störung rezidivierend depressive Störung rezidivierend depressive Störung bipolar affektive Störung 70 109 113 123 127 129 142 145 152 rezidivierend depressive Störung, Benzodiazepinabhängigkeit paranoide Schizophrenie mittelgradig depressive Episode, Bulimie Hebephrenie rezidivierend depressive Störung keine psychiatrische Diagnose rezidivierend depressive Störung mittelgradig depressive Episode INSEC SUBM COGD AFFST STIMS COM RESTE CALL PASS INTPR REJEC ANXIE COND SUSPI NARC ATT SUICI ** DE ** LIE IS IS * IDENT AB EEK PULS XP OUS AGG OB T TY * UCT C * SOCA IS 71 ohne TO n=41 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=58 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=58 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=58 ohne TO n=41 TO n=58 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=59 ohne TO n=42 TO n=58 ohne TO n=42 TO n= 58 ohne TO n=42 TO n=59 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Summenscore der DAPP-Eigenschaften Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Verteilung der DAPP-Items bei Probanden mit und ohne ein wichtiges transientes Objekt ; DAPP-Items=Charaktereigenschaften des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens; SUBMIS=Submissivness; COGDIS=Cognitive Distortion; IDENT=Identity Problems; AFFSTAB=Affective Lability; STIMSEEK=Stimulus Seeking; COMPULS=Compulsivity; RESTEXP=Restricted Expression; CALLOUS=Callousness; PASSAGG=Passive-Aggressivity; INTPROB=Intimacy Problems; REJECT=Rejection; ANXIETY=Anxiousness; CONDUCT=Conduct Problems; SUSPIC=Suspiciousness; SOCA=Social Avoidance; NARCIS=Narcissism; INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; LIE=Lügenskala; TO=Transientes Objekt; *=signifikant nach dem Mann-Whitney-U-Test; **=hoch signifikant nach dem Mann-Whitney-U-Test; n=Anzahl der für dieses Merkmal ausgewerteten Fragebögen; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=101; die unterschiedlichen Zahlen der Probandinnen mit und ohne TO leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt wurde. STIMS PASS COND SUBMCOGDIDENTAFFST EEK COM RESTE CALL AGG INTPR REJECANXIE UCT SUSPI SOCA NARC INSEC SUICI IS * IS ** ** AB * ** PULS XP ** OUS ** OB T TY ** ** C ** ** IS ATT * DE ** LIE * 72 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=48 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=48 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=48 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=48 ohne Selbsverletzung n=50 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=48 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=48 ohne Selbsverletzung n=52 Selbstverletzung n=49 0 20 40 60 Summenscore der DAPP-Eigenschaften 80 Psychiatrische Universitätsklinik Ulm, Studienzeitraum vom 01.11.08 bis 27.07.09: Verteilung der DAPP-Items bei Probanden mit und ohne Selbstverletzungen; DAPPItems=Charaktereigenschaften des Dimensional Assessment of Personality Pathology Fragebogens; SUBMIS=Submissivness; COGDIS=Cognitive Distortion; IDENT=Identity Problems; AFFSTAB=Affective Lability; STIMSEEK=Stimulus Seeking; COMPULS=Compulsivity; RESTEXP=Restricted Expression; CALLOUS=Callousness; PASSAGG=Passive-Aggressivity; INTPROB=Intimacy Problems; REJECT=Rejection; ANXIETY=Anxiousness; CONDUCT=Conduct Problems; SUSPIC=Suspiciousness; SOCA=Social Avoidance; NARCIS=Narcissism; INSECATT=Insecure Attachment; SUICIDE=Self Harm; LIE=Lügenskala; *=signifikant nach dem Mann-Whitney-UTest; **=hoch signifikant nach dem Mann-Whitney-U-Test; n=Anzahl der für dieses Merkmal ausgewerteten Fragebögen; Gesamtzahl der Teilnehmerinnen mit mindestens einem auswertbaren Charaktermerkmal=101; die unterschiedlichen Zahlen der Probandinnen mit und ohne Selbstverletzung leiten sich aus dem Umstand ab, dass nur bei einer Mindestanzahl der beantworteten Items die Patientin für die Auswertung des entsprechenden Charaktermerkmals berücksichtigt wurde. 73 TOQ Fragebogen Datum: Patient: I) Haben Sie einen Gegenstand mit besonderer Bedeutung (Kuscheltier, Talisman, Fotos) mit ins Krankenhaus gebracht? Ja Nein Ja Nein Wenn nein weiter auf Seite 2 Wenn Ja Können Sie diesen Gegenstand näher beschreiben? (Aussehen, Größe, Form, Farbe, Oberfläche) Warum haben Sie diesen Gegenstand dabei? Wie und von wem haben Sie diesen erhalten? Hat er eine besondere Bedeutung? Könnten Sie diese besondere Bedeutung näher beschreiben? Wie wichtig ist er für sie? nicht wichtig ein bisschen ziemlich Brauchen Sie diesen Gegenstand um einschlafen zu können? Warum? Brauchen sie diesen Gegenstand, wenn Sie in einer (emotionalen) Notsituation sind? Warum? sehr wichtig Ja Nein Ja Nein Wie würden Sie sich fühlen, wenn der Gegenstand verloren gehen würde? 74 Wenn Nein II) Haben Sie einen besonderen Gegenstand zuhause, den Sie nicht mit ins Krankenhaus gebracht haben? Ja Wenn Nein weiter auf Seite 3 Können Sie diesen Gegenstand näher beschreiben? (Aussehen, Größe, Form, Farbe, Oberfläche) Wie und von wem haben Sie diesen erhalten? Wie wichtig ist dieser für Sie? nicht wichtig ein bisschen ziemlich sehr wichtig Brauchen Sie diesen Gegenstand um einschlafen zu können? Warum? Brauchen sie diesen Gegenstand, wenn Sie in einer (emotionalen) Notsituation sind? Warum? Ja Nein Ja Nein Wie würden Sie sich fühlen, wenn der Gegenstand verloren gehen würde? Nein 75 III) Hatten Sie einen Gegenstand mit besonderer Bedeutung in Ihrer Kindheit? Ja Nein Können Sie diesen Gegenstand näher beschreiben? (Aussehen, Größe, Form, Farbe, Oberfläche) Wie alt waren Sie als Sie diesen bekamen? _____ Wann haben Sie ihn abgelegt? ____ Was ist mit diesem Gegenstand passiert? Wie wichtig war dieser für Sie? nicht wichtig ein bisschen ziemlich sehr wichtig Brauchten Sie diesen Gegenstand um einschlafen zu können? Warum? Brauchten sie diesen Gegenstand, wenn Sie in einer (emotionalen) Notsituation waren? Warum? Wie hätten Sie sich gefühlt, wenn dieser verloren gegangen wäre? Ja Nein Ja Nein 76 9 Danksagung Zum Abschluss dieser Arbeit möchte ich mich herzlich bei allen Unterstützern bedanken: Zunächst bei PD Dr. med. Carlos Schönfeldt-Lecuona, der mir in meiner Famulatur an der Uniklinik diese Arbeit angeboten hatte. Seine Begeisterung für die Psychiatrie hat mir die Tür zu diesem Fach geöffnet. Auch dem Pflege-Team der beiden offenen Stationen „Jaspers“ und „Beringer“ möchte ich ganz herzlich für die tatkräftige Unterstützung bei der Suche nach meinen Studienteilnehmerinnen danken. Ohne sie, wäre der Aufenthalt in der Klinik um einiges weniger mit positiven Erinnerungen verknüpft. Für die Durchführung der SKID-II Interviews danke ich allen beteiligten Psychologen: Torsten Fischer, Ingo Gunst und Franziska Kunzl. Mein größter Dank, allerdings, gilt Dr. med. Markus Schmid für die Betreuung dieser Studie. Für die vielen konstruktiven Gespräche zur Entwicklung der Ideen, für die Kritik und die stetige Motivation auf den Etappen der Fertigstellung. Auch bei meiner Familie möchte ich mich für die Unterstützung und ihr beständiges Interesse an meiner Arbeit bedanken. Allen voran meinem Freund Simon Dietmair, dessen Ermunterung ich in den vergangenen Monaten häufiger in Anspruch nahm. Und meiner Schwester, die trotz sommerlichen Temperaturen die Durchsicht der Arbeit auf sich nahm. Sowie meinen Eltern – für ihre kompromisslose Unterstützung auf der gesamten Linie.