ESMO 2014 Madrid - Aerzteverlag medinfo AG

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ESMO 2014
Madrid
Kongressausgabe der info@onkologie
Mehr als 70% leiden daran
Burn-out bei jungen Onkologen
Die Zahl ist erschreckend hoch: Nach einer aktuellen Erhebung leiden mehr
als 70% der unter 40-jährigen Onkologen an einem Burn-out-Syndrom.
Das dürfte weitgehende Folgen für die Patientenversorgung haben.
Die Onkologie ist eine faszinierende
Herausforderung, aber sie geht auch mit
starken psychologischen Belastungen
einher. „Der damit verbundene Stress
kann krank machen“, sagte Dr. med.
Susanne Banerjeee, London. Ständig
schwerwiegende diagnostische und therapeutische Entscheidungen treffen, einschneidende Therapien mit poten­
ziell
starken Nebenwirkungen verordnen
und Rückschläge bzw. Verschlechterun-
gen bis hin zum Tod erleben zu müssen,
das sind alltägliche Stresssituationen, die
krank machen können. Dazu kommen
administrative Belastungen.
Dass das Burn-out-Syndrom gerade
bei jungen Onkologen ein grosses Prob­
lem darstellt, ergab eine aktuelle europäische Umfrage bei 595 Onkologen
unter 40 Jahren. „71% der Befragten leiden unter einem Burn-out“, so Banerjee.
Folgen seien Angst, Depression, Deper-
sonalisierung mit Verlust der Empathie,
Alkohol- und Tablettenmissbrauch und
sogar Suizid. Man müsse darüberhinaus
befürchten, dass viele junge Onkologen
aus diesem Fachbereich aussteigen, was
weitreichende Folgen für die Patientenversorgung habe, so Banerjee.
Regionale Unterschiede
Die Umfrage ergab regionale Unterschiede: Am häufigsten betroffen sind
Onkologen in Zentraleuropa mit 84%,
am seltensten mit 52% in Nord-Europa
einschliesslich Grossbritannien. Männer und Frauen sind jedoch gleich häufig betroffen. Ungünstige Faktoren sind
Editorial Onkologie – Quo vadis?
U
nbestritten hat die Onkologie in den letzten Jahren
grosse Fortschritte gemacht. Dabei haben Therapien
geradezu einen Paradigmenwechsel erfahren – weg
von der herkömmlichen Chemotherapie hin zu Immuntherapien und zu personalisierten „targeted“ Therapien.
Auch beim diesjährigen ESMO-Kongress wurden die Teilnehmer wieder mit einer kaum überschaubaren Anzahl
neuer Substanzen (-mabs und -nibs) konfrontiert, die sich
zur Zeit in der klinischen Entwicklung befinden. Da stellt
sich dem interessierten Betrachter der Szene natürlich die
Frage: Wohin geht die Reise? Die vorliegende Kongress-Zeitung über den ESMO will Sie auf dieser Reise begleiten und
auf die besonderen „Sehenswürdigkeiten“ hinweisen. Ein
sehr spannendes Thema sind sicherlich die neuen Möglich-
keiten der Immuntherapie, also die Frage, ob wir Krebs an
den sog. immunologischen „Checkpoints“ stoppen können,
in dem wir die hemmende Wirkung vieler Tumoren auf die
T-Zellen ausschalten können. Aber auch das Thema primäre
und sekundäre Therapieresistenz ist von besonderer Aktualität, also die Frage, ob der frühe Einsatz von Kombinationen das Therapieversagen vielleicht verhindern könnte. Auf
diese Fragen wurden im Rahmen des Kongresses neue Antworten gegeben, gleichzeitig aber auch neue Fragen aufgeworfen. Alle diese hot topics vom ESMO haben wir in der
vorliegenden Kongress-Zeitung für Sie zusammengetragen.
Wir wünschen Ihnen Spass und viel Erkenntnisgewinn aus
Madrid !
Ihre Eleonore E. Droux, Verlegerin
eine schlechte life-work-balance und das
Fehlen einer festen Beziehung bzw. einer
Familie. „Wir müssen das Problem ernst
nehmen, bevor die Patientenversorgung
darunter leidet“, so Banerjee. Wichtig
seien vorbeugende Massnahmen. Man
müsse gerade jungen Kollegen dabei helfen, die richtige life-work-balance zu finden. Darüberhinaus sei es sinnvoll, sie
mit anderen Aufgabenbereichen ausserhalb der direkten Patientenversorgung, z.B. in der Forschung und Lehre
zu betrauen und dafür zu sorgen, dass
sie genug Freizeit hätten für die Familie
bzw. Freunde und auch für Hobbys.
Quelle: Vortrag am ESMO 2014, 28.9.2014 in Madrid.
ESMO 2014
Fortgeschrittenes malignes Melanom
Nivolumab wirksamer als
Chemotherapie
Nivolumab ist nach den Ergebnissen einer neuen Studie bei Patienten mit
einem fortgeschrittenen malignen Melanom effektiver und verträglicher
als eine Chemotherapie. Auch Patienten mit einer Ipilimumab-Vortherapie
profitieren von dieser Substanz.
Nivolumab ist ein humanisierter Antikörper, der den programmierten Zelltod-Rezeptor PD-1 an den T-Zellen, also
an einem Kontrollpunkt („checkpoint“)
des Immunsystems blockiert. Dadurch
wird die durch den Tumor supprimierte
immunologische Abwehr entfesselt und
die antitumoröse Immunantwort verstärkt. Die immuntherapeutische Wirkung des monoklonalen Antikörpers
Ipilimumab basiert dagegen auf der
Blockade des zytotoxischen T-Lymphozyten-assoziierten Antigens (CTLA-4), was
ebenfalls einen Checkpoint des Immunsystems darstellt und somit ebenso zu
einer Aktivierung der T-Zellen führt.
In früheren Studien konnten mit
einer Nivolumab-Monotherapie bei
Patienten mit einem fortgeschrittenen
Melanom Überlebensraten nach 1 Jahr
von 63%, nach 2 Jahren von 48% und
nach 3-Jahren von 41% erreicht werden.
Im Rahmen einer Phase-3-Studie
wurde jetzt bei 405 Patienten mit einem
fortgeschrittenen malignen Melanom
eine Immunotherapie mit Nivolumab
(3 mg/kg alle 2 Wochen) mit einer Chemotherapie (Dacarbazine 1000 mg/m2
oder Carboplatin AUC 6 i.v. plus Paclitaxel 175 mg/m2 alle 3 Wochen) verglichen. Die Patienten waren alle entweder
mit einem BRAF-Inhibitor bei BRAF
V600- Mutation oder mit Ipilimumab
bei BRAF-Wildtyp vorbehandelt, d.h.
unter dieser Therapie war es zu einer
Nivolumbab und Ipilimumab bei fortgeschrittenem Melanom
Progression gekommen. Die Gesamtansprechrate innerhalb von 6 Monaten
betrug unter Nivolumab 32% im Vergleich zu 11% unter der Chemotherapie. Unter Nivolumab dauerte es im
Durchschnitt 2.1 Monate, unter der
Chemotherapie dagegen 3.5 Monate,
bis die Wirkung einsetzte. Die Überlegenheit von Nivolumab war unabhängig vom BRAF-Status und einer
Ipilimumab-Vortherapie. Doch Patienten mit einem PD-L1- positiven Status profitierten etwas stärker als solche
mit einem negativen PD-L1-Status. Ein
maximales Tumoransprechen zeigten
61% der Patienten in der NivolumabGruppe, aber nur 36% in der Chemotherapie-Gruppe.
Auch bzgl. Verträglichkeit war Nivolumab der Chemotherapie deutlich
überlegen. Nebenwirkungen Grad 3–4
traten unter Nivolumab nur bei 9% der
Patienten, unter der Chemotherapie
dagegen bei 31% der Patienten auf. Während die Nivolumab-Therapie in 52% der
Fälle meist wegen einer Progression der
Erkrankung abgesetzt wurde, war dies in
der Chemotherapie-Gruppe bei 82% der
Fall. „Diese Daten der Immuntherapie
sprechen dafür, dass zukünftig die Chemotherapie keinen Stellenwert bei der
Behandlung des fortgeschrittenen Melanoms mehr haben wird“, sagte Prof. Dr.
med. Jeffrey Weber, Tampa.
Quelle: Vortrag im Rahmen des ESMO 2014,
29.9.2014 in Madrid.
Phase III Studie nach vollständiger Resektion (EORTC 18021)
Überleben und Ansprechen Wirksamkeit, Sicherheit
von BRAF unabhängig
und Lebensqualität
In einer Phase-1-Studie führte die gleichzeitige Behandlung mit Nivolumab + Ipilimumab zu einer objektiven Ansprechrate
(ORR) von 40% und Evidenz für klinische
Aktivität bei weiteren 25% der Patienten.
Die Tumorrückbildung war in der Regel
schnell, mit einer 80% Reduktion der
Tumor Messungen bei 31% der Patienten.
Die nun vorliegende Studie berichtet
über aktualisiertes Überleben, Wirksamkeit und klinische Aktivität entsprechend
BRAF Mutations-Status über alle Patienten-Kohorten. Melanom-Patienten (mit
≤ 3 vorherigen Therapien) erhielten gleichzeitig Nivolumab + Ipilimumab IV Q3W
× 4 Dosen (n = 53) gefolgt von Nivolumab
Q3W × 4 Dosen. In Woche 24 konnten Patienten ohne Progression entsprechend
immunbezogener Kriterien (IRC) und
ohne Dosis begrenzende Toxizitäten die
Therapie mit Nivolumab + Ipilimumab
Q12W × 8 Dosen fortsetzen. Eine zusätzliche Kohorte von 41 Patienten (Kohorte
8, letzte im November 2013 eingeschriebene Patienten) wurde mit Nivolumab +
Ipilimumab 1 + 3 mg/kg Q3W × 4 Dosen,
gefolgt von Nivolumab 3 mg/kg Q2W (aus-
2
gewähltes Regime für Phase 2/3 Studien)
behandelt. Tumor-Ansprechen wurde
gemäss WHO und iRC ausgewertet. Von
den insgesamt 94 Patienten waren 53% im
Stadium M1c; 45% hatten eine vorherige
systemische Therapie. In den ursprünglich eingeschriebenen Kohorten, war die
ORR 42% (22/53); die mittlere Dauer des
Ansprechens wurde nicht erreicht; 9/53
(17%) zeigten ein bestätigtes vollständiges Ansprechen. Vierzehn der 22 Patienten
(64%) mit einem objektiven Ansprechen
hatten eine mittlere Ansprechdauer von
≥ 24 Wochen (+ 24.7 bis + 105.7). Die klinische Aktivität war unabhängig vom
BRAF Mutationsstatus. Bei 22/53 Patienten (42%) wurde eine Tumorreduktion
von ≥ 80% bei Woche 36 beobachtet. Die
1- und 2-Jahres OS Raten betrugen 85%
und 79%. In der Kohorte 8, war die ORR
43% (17/40). Grad 3–4 behandlungsbedingte unerwünschte Ereignisse traten bei
58/94 Patienten (62%) auf; am häufigsten waren dies erhöhte Lipase (15%), ALT
(12%) und AST (11).
Quelle: Kluger H et al. Vortrag im Rahmen des ESMO
2014, 29.9.2014 in Madrid
951 ≥ 18 Jahre alte Patienten nach vollständiger Resektion eines kutanen Melanoms
im Stadium III wurden 1:1 randomisiert
mit Ipilimumab 10 mg/kg (n=475) oder
Placebo (n=476) q3w mit 4 Dosen, dann
alle 3 Monate bis zum Abschluss nach
3 Jahren, Wiederauftreten der Krankheit
oder inakzeptabler Toxizität behandelt.
Primärer Endpunkt war das rezidivfreie
Überleben (RFS), sekundäre Endpunkte
waren Sicherheit und Gesundheit im
Zusammenhang mit der Lebensqualität.
Insgesamt waren 20%/44%/36% der
Patienten im Stadium IIIA/IIIB/IIIC,
42% wiesen ein Primärulkus und 58%
makroskopischen Lymphknotenbefall
auf. Bei einem medianen Follow-up
von 2,7 Jahren, verbesserte Ipilimumab
das RFS gegenüber Placebo deutlich
(234/475 vs 294/476 Ereignisse): das
mediane RFS betrug 26,1 Monate für lpi
vs 17,1 Monate für Placebo (HR 0,75,
0,64-0,90; Log-Rank-P = 0,0013). Die
3-Jahres RFS Raten betrugen 46,5% und
34,8%. Die häufigsten Grad 3/4 immunbedingten Nebenwirkungen (irAEs) im
Ipilimumab und Placebo Arm waren
gastrointestinal (15,9% vs 0,8%), Leber
(10,6% vs 0,2%) und endokrin (8,5%
vs 0%). Die meisten irAEs liessen sich
beherrschen. Von 471 Patienten unter
Ipilimumab brachen 245 (52%) die
Behandlung aufgrund von Nebenwirkungen ab, 5 (1,1%) starben an medikamentenbezogenen AES.
In dieser Phase-III-Studie zeigte lpilimumab als adjuvante Therapie eine
klinisch und statistisch signifikante Verbesserung des RFS gegenüber Placebo
für Patienten mit Stadium III Melanom
bei hohem Rezidivrisiko. Das AE-Profil entsprach in der Regel dem bei fortgeschrittenem Melanom beobachteten,
wenn auch mit einer höheren Inzidenz
von Endokrinopathien.
Quelle: Eggermont AM. et al. Vortrag im Rahmen des
ESMO 2014, 29.9.2014 in Madrid.
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
Prof. Dummer
Prof. Eggermont
Prof. Michielin
Malignes Melanom
Vemurafenib plus Cobimetinib ist
Vemurafenib überlegen
In einer Placebo kontrollierten Studie erwies sich die kombinierte Gabe
von Vemurafenib plus Cobimetinib bei Patienten mit einem fortgeschrittenen Melanom wirksamer als eine Monotherapie mit Vemurafenib.
Aufgenommen in diese Studie wurden
495 Patienten mit einem fortgeschrittenen Melanom mit BRAF-Mutation. Sie
wurden 1:1 randomisiert und erhielten Vemurafenib (960 mg zweimal täglich über 28 Tage) plus Placebo oder
die Kombination Vemurafenib (960 mg
zweimal täglich über 28 Tage) plus Cobimetinib (60 mg zweimal täglich über 21
Tage). Die beiden Substanzen hemmen
an unterschiedlichen Stellen die intrazelluläre Signalkaskade, nämlich Vemura-
fenib über BRAF und Cobimetinib über
MEK. „Die Rationale für das duale Vorgehen ist die Beobachtung, dass unter
einer Monotherapie mit Vemurafenib
häufig eine Resistenz auftritt, d.h. unter
Umgehung von BRAF wieder MEK aktiviert wird“, sagte Prof. Dr. med. Grant
McArthur, Melbourne.
Durch die kombinierte Therapie
konnte das Risiko für ein Fortschreiten der Erkrankung bzw. Tod um 49%
reduziert werden (HR = 0.51; 95% CI:
0.39–0.68; p < 0.0001). Die Gesamtansprechrate unter der Kombination
betrug 68% im Vergleich zu 45% unter
der Monotherapie (p < 0.0001). Die Rate
kompletter Remissionen lag bei 10%
unter der Kombination bzw. 4% unter
der Monotherapie. Eine Interimsanalyse
zeigte auch eine Verbesserung der Sterberate, d.h. diese lag unter der Kombination um 35% niedriger als unter der
Monotherapie (HR = 0.65; 95% CI: 0.42–
1.0). Die Nebenwirkungsrate war vergleichbar mit den Daten aus früheren
Studien. Nebenwirkungen mit einem
Schweregrad 3 oder mehr traten bei 65%
der kombiniert Behandelten und bei
59% der nur mit Vemurafenib Behandelten auf. Bzgl. Beendigung der Therapie
gab es keinen Unterschied zwischen den
beiden Behandlungsgruppen.
Quelle: Vortrag im Rahmen des ESMO, 29.9.2014
in Madrid.
Dabrafenib plus Trametinib
Kombination effektiver
als Monotherapie
Die Kombination des BRAF-Inhibitors Dabrafenib mit dem MEK-Inhibitor
Trametinib ist bei therapienaiven Patienten mit einem fortgeschrittenen
Melanom der Monotherapie mit dem BRAF-Inhibitor Vemurafenib überlegen.
704 therapienaive Patienten mit einem
malignen Melanom Stadium IIIC oder
IV mit einer BRAF-Mutation erhielten
in dieser Studie entweder die Kombination Dabrafenib (150 mg zweimal täglich) plus Trametinib (2 mg täglich) oder
nur Vemurafenib (960 mg zweimal täglich). Durch die Kombination konnte im
Vergleich zu der Monotherapie die Mortalität um 31% reduziert werden. Die
durchschnittliche Überlebensrate lag
unter Vemurafenib bei 17.2 Monaten,
für die Kombination war sie noch nicht
zu ermitteln. „Das progressionsfreie
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
Überleben stieg unter der Kombination
von 7.3 Monate auf 11.4 Monate und
somit um 44%. Die Gesamtansprechrate unter der Kombination betrug 64%
im Vergleich zu 51% unter Vemurafenib
(p < 0.001)“, sagte Prof. Dr. med. Caroline Robert, Villejuif.
Bzgl. Nebenwirkungen traten unter
der Kombination etwas häufiger Fieber
und eine Verschlechterung der linksventrikulären Auswurffraktion, aber seltener kutane Malignome und eine erhöhte
Photosensitivität auf.
Quelle: Vortrag im Rahmen des ESMO; 29.9.2014
in Madrid
3
ESMO 2014
Melanom
PD-L1 Expression
und Gesamtüberleben
Jüngste klinische Ergebnisse legen nahe, dass die Expression des programmierten Zelltod Liganden-1 (PD-L1) das Ansprechen auf eine AntiPD-1-Therapie vorhersagen kann. Es gibt aber widersprüchliche Daten
über die PD-L1-Expression als prognostischen Faktor bei Patienten mit
Melanom, die mit Standardtherapien (SOC) behandelt werden.
In der der Studie von Dr. med. T. Steiniche
(1) und Mitarbeitern wurde die Beziehung
zwischen PD-L1-Expression und Gesamtüberleben (OS) bei 223 Melanom-Patienten in Dänemark zwischen 2001 und 2010
untersucht. Die Tumor PD-L1-Expression wurde mit einem Prototyp Immunhistochemie-Assay unter Verwendung des
22C3-Antikörpers gemessen, wobei PDL1-Positivität als Färbung von grösser/
gleich 1% der Krebszellen definiert wurde.
Analysen der PD-L1-Expression und der
Überlebensergebnisse erfolgten mit CoxProportional-Hazards-Modellen, KaplanMeier-Verfahren, und dem Log-Rank-Test,
unter Anpassung für Alter, Geschlecht,
Stadium und Performance-Status.
Ergebnisse
Das mittlere Alter betrug 59 Jahre (19–
90), und 36% der Patienten waren weiblich. Zum Zeitpunkt der Diagnose,
hatten 48% Erkrankungen im Stadium
I-IIIA und 45% im Stadium IIIB-IV (bei
6% fehlten die Informationen über das
Stadium). 88% der Tumorproben wurden innerhalb von 6 Monaten nach der
Diagnose gesammelt. 212 Patienten
erhielten Chirurgie als erste Therapie.
Unter den 167 Patienten, die eine Chemotherapie oder eine Immuntherapie
bekamen, erhielten 17% ein Regime,
43% erhielten 2 Regimes, und 40%
erhielten 3 + mehr Regimes. Die FirstLine-Therapie, ohne adjuvante Therapie
war Interleukin-2 oder Interferon (49%),
Temozolomid (24%), Ipilumumab
(19%), Vemurafenib (3%) oder andere
4
(5%). 49% der Patienten waren PD-L1
positiv. Es gab keinen signifikanten
Zusammenhang zwischen PD-L1-Expression und OS vom Zeitpunkt der
Diagnose, mit einer adjustierten Hazard
Ratio (AHR) von 0,71 für die PD-L1-positive Gruppe gegenüber der PD-L1-negativen Gruppe (95% Konfidenzintervall
[CI ], 0,42 bis 1,21, n = 108) bei Stadium
I-IIIA-Patienten, und 1,12 (95% CI,
0,66-1,88, n = 101) bei Stadium IIIB-IVPatienten. Es gab auch keinen Zusammenhang zwischen PD-L1-Expression
und OS unter mit Ipilimumab behandelten Patienten (n = 136), mit einer
1-Jahres-Überlebensrate von 45% (95%
CI, 32%–57%) in der PD-L1-positiven
Gruppe und 47% (33%–60%) in der PDL1-negativen Gruppe (AHR, 0,93, 95%
CI, 0,60 bis 145).
Schlussfolgerungen
Die Ergebnisse legen nahe, dass PD-L1
kein starker prognostischer Faktor ist bei
Patienten mit Melanom die mit SOCTherapien, einschliesslich der Immuntherapie behandelt werden.
Ein vielversprechender monoklonaler Antikörper, der die Interaktion
von PD-1 mit seinen Liganden
PD-L1 und PD-L2 blockiert
Ergebnisse aus den Studien mit Pembrolizumab bei fortgeschrittenem nichtkleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC),
Melanom, Magenkrebs, Urothelkarzinom und Kopf-Hals-Karzinom, die während des Kongresses präsentiert wurden
zeigen vielversprechende Aktivität und
Verträglichkeit dieses neuen monoklonalen Antikörpers.
PD-1 ist ein negativer kostimulatorischer Rezeptor, welcher hauptsächlich
auf aktivierten T-Zellen exprimiert wird.
Die Bindung von PD-1 an seinen Liganden hemmt die Effektor-T-Zellfunktion.
Die Expression von PD-L1 auf Tumorzellen und Makrophagen kann die
Immunüberwachung unterdrücken und
das Tumorwachstum ermöglichen.
Pembrolizumab ist in der Lage, eine
duale Blockade (PD-L1 und PD-L2)
zu erzielen. Es zeigt keine zytotoxische (ADCC/CDC)-Aktivität. Pharmakokinetische Studien unterstützen eine
Dosierung alle 2 Wochen (Q2W) oder
alle 3 Wochen (Q3W). Pembrolizumab
zeigte eine klinische Aktivität bei verschiedenen Tumorarten.
Pembrolizumab bei fortgeschrittenem Melanom: Randomisierter Vergleich von zwei Dosierungsschemata
Pembrolizumab weist starke Antitumor-Aktivität auf bei Patienten mit
fortgeschrittenem Melanom in den
Dosierungen von 10 mg/kg alle 2
Wochen (Q2W), 10 mg/kg Q3W und
2 mg/kg Q3W. Frühere randomisierte
Daten von KEYNOTE-001 zeigten keinen Unterschied in der Wirksamkeit
oder Sicherheit zwischen 10 mg/kg Q3W
und 2 mg/kg Q3W.
Zum formellen Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit der PembrolizumabDosierungsschemata von 10 mg/kg Q3W
und 10 mg / kg Q2W wurden zusätzlich
244 Patienten in Keynote-001 aufgenommen und 1:1 randomisiert einer Behandlung mit Pembrolizumab 10 mg/kg Q3W
(121 Patienten) oder 10 mg/kg Q2W
(123 Patienten) zugeführt. Ipilimumab
naive Patienten erhielten ≤ 2 vorherige systemische Therapien; Ipilimumab
behandelte Patienten wurden durch die
vorgängige Therapie nicht eingeschränkt.
Das Ansprechen wurde alle 12 Wochen
bewertet. Primärer Endpunkt war die
ORR gemäss RECIST v1.1 durch eine
unabhängige zentrale Bewertung.
Die Ergebnisse wurden in der Poster Discussion Session über Melanom
und andere Hauttumoren von Dr. med.
Caroline Robert, Villejuif, Frankreich
vorgestellt.
Im Februar 2014 betrug der mediane
Follow-up ca. 35 Wochen und alle Patienten hatten einen Follow-up von ≥ 26
Wochen. Die Behandlungsarme wurden
entsprechend bekannten prognostischen
Faktoren ausgeglichen. Die mediane
Behandlungsdauer betrug 21 Wochen
für den Q3W Arm und 22 Wochen für
den Q2W Arm. Unter den 224 auswertbaren Patienten für ORR (108 bei Q3W,
116 an Q2W), wurde kein signifikanter
Unterschied zwischen den Dosierungsschemata beobachtet (28% bei Q3W, 33%
bei Q2W). Die bestätigte ORR betrug
33% bei Ipilimumab-naiven und 28% bei
Ipilimumab behandelten Patienten.
Die Krankheitskontrollrate betrug
44% bei Q3W und 50% bei Q2W. Die
24-Wochen-PFS-Raten waren 43% bei
Q3W und 47% bei Q2W. Es gab keinen
signifikanten Unterschied im PFS zwischen den Dosierungsschemata.
Das Sicherheitsprofil war bei beiden
Dosierungsschemata, mit Behandlungsassoziierten Grad 3–4 unerwünschten Wirkungen bei 12% der Patienten
unter Q3W und 15% unter Q2W. Abbrüche infolge behandlungsbedingter unerwünschter Ereignisse wurden bei 1% bei
Q3W und 3% bei Q2W registriert. Es gab
keine behandlungsbedingten Todesfälle.
Insgesamt zeigte Pembrolizumab eine
ähnliche Wirksamkeit und Sicherheit
bei 10 mg/kg Q2W und 10 mg/kg Q3W
bei Patienten mit fortgeschrittenem
Melanom. Im Vergleich mit früheren
randomisierten Daten zeigte sich kein
signifikanter Unterschied in der Wirksamkeit und Sicherheit zwischen der
Pembrolizumab Dosierung von 10 mg/
kg Q3W und 2 mg/kg Q3W. Empfohlene Dosis und Zeitschema für Pembrolizumab ist 2 mg/kg Q3W.
Pembrolizumab wurde vor kurzem in den
USA für die Behandlung von Patienten
mit inoperablem oder metastasiertem Melanom und Krankheitsprogression nach Ipilimumab genehmigt, und
bei positiver BRAF-V600-Mutation, ein
BRAF-Inhibitor.
Phase 2.1 Studie von MK-3475 in
Kombination mit pegyliertem Interferon alfa-2b (PEG-IFN) oder Ipilimumab (IPI) bei Patienten (PTS)
mit fortgeschrittenem Melanom oder
Nierenzellkarzinom (Trial Design)
Choueri TK et al Annalas of Oncol
2014;25 (suppl 4) iv361-iv372. 10.1093/
annonc/mdu342. Die Wechselwirkung
zwischen dem programmierten Zelltodprotein 1 (PD-1) und seinen Liganden
PD-L1 und PD-L2 ermöglicht die Umgehung der Antitumor-Immunantworten. Die Inhibition von PD-L-Hemmung
hat eine signifikante Antitumoraktivität bei Patienten mit fortgeschrittenen
MEL und RCC gezeigt. Präklinische
Daten deuten darauf hin, dass das Hinzufügen von PEG-IFN oder IPI die Antitumor-Aktivität von PD-1-Inhibitoren
erhöhen kann. Klinisch scheint IPI +
PD-1-Antikörper Nivolumab eine grössere Ansprechrate zu haben als Nivolumab allein bei Patienten mit MEL.
MK-3475 ist ein potenter, hoch selektiver, humanisierter IgG4/kappa, Anti-
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
ESMO 2014
Fortgeschrittenes Magenkarzinom
Pembrolizumab ist ein
sicheres Wirkprinzip
In einer ersten Phase-1b-Studie zeigte der humanisierte Antikörper Pembrolizumab, für den bereits beim malignen Melanom eine vielversprechende Wirkung dokumentiert werden konnte, auch bei Patienten mit
fortgeschrittenem Magenkarzinom eine Wirkung bei guter Verträglichkeit.
PD-1 monoklonaler Antikörper, der die
Wechselwirkung zwischen PD-1 und
seinen Liganden blockiert.
Es handelt sich um eine offene, multizentrische, Phase 1/2 Studie mit
MK-3475 in Kombination mit PEG-IFN
oder Ipilimumab bei Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom oder
Melanom. Phase 1 ist als Dosis-Eskalations-Studie konzipiert, um die maximal
verträgliche/verabreichte Dosis und/
oder die empfohlene Phase-2-Dosis von
MK-3475 + PEG-IFN und MK-3475 +
IPI zu bestimmen. Mit einem modifizierten 3+3 Design, gefolgt von einem Wahrscheinlichkeitsintervall für Toxizität.
Zur Dosisbestätigung wurden 3–14 Patienten pro Dosis nacheinander bei eskalierenden/de-eskalierenden MK-3475
Dosen (2 mg/kg intravenös [IV] 3 mal /
Woche [Q3W] oder 10 mg/kg Q2W) in
Kombination mit PEG-IFN (subkutan
1, 2 oder 3 µg/kg/Woche) oder IPI (4 IV
Dosen von 1 mg/kg Q3W). Sobald die
Dosisstufen sowohl für PEG-IFN und
IPI offen sind, werden die Patienten zwischen den Kombinationen randomisiert.
Je nach den Phase-1-Ergebnissen wird
eine randomisierte Phase-2-Studie zur
Bewertung der Wirksamkeit der Kombinationstherapie initiiert werden. Bis zu
150 Patienten mit Melanom werden randomisiert 1: 1: 1 für MK-3475 + PEGIFN, MK-3475 + IPI, oder MK-3475
alleine. Die Behandlung wird bis zur
Progression, unerträglicher Toxizität
oder 24 Mo unter MK-3475 fortgesetzt.
Primärer Endpunkt ist das progressionsfreie Überleben. Sekundäre Endpunkte
sind die objektive Ansprechrate, Gesamtüberleben und Sicherheit. Das Ansprechen wird durch den Untersucher mit
RECIST v1.1 in Woche 12 und danach alle
6 Wochen bis Woche 30, und dann alle 12
Wochen ausgewertet werden. Nebenwirkungen werden nach NCI CTCAE v4.0
überwacht und bewertet. Phase 1 Patientenrekrutierung ist im Gange.
Pembrolizumab ist ein humanisierter
Antikörper, der gegen das Rezeptor-Protein PD-1, welches sich an der Oberfläche der T-Zellen befindet, gerichtet ist.
Genauer gesagt, der Antikörper blockiert
die Interaktion von PD-1 (Programmed
cell death protein) auf den T-Zellen mit
seinen Liganden PD-L1 und PDL-L2,
mit denen Tumorzellen, aber auch Makrophagen die T-Zellen inaktivieren. Mit
Pembrolizumab kann somit das körpereigene Abwehrsystem gegen Tumore
reaktiviert werden, man spricht von einer
Immuno-Therapie. Für dieses Wirkprinzip konnte bei 411 Patienten mit einem
fortgeschrittenen malignen Melanom
im Rahmen der Phase-1 KEYNOTE001-Studie eine überzeugende Wirkung
mit einer Ansprechrate von 37% und
einem progressionsfreien Überleben
von 5.5 Monaten bei einer guten Verträglichkeit dokumentiert werden, auch
bei Patienten mit vorangegangener Ipilimumab-Therapie. Jetzt wird Pembrolizumab auch bei anderen Tumoren, bei
denen immunogene Mechanismen eine
Rolle spielen dürften, wie beispielsweise
dem Magen- und Lungenkarzinom im
Rahmen klinischer Studien untersucht.
Im Rahmen einer solchen Phase
1b-Studie (KEYNOTE-012) wurde Pembrolizumab in einer Dosierung von 10
mg/kg alle 2 Wochen bei 39 Patienten
(19 Asiaten und 20 Nicht-Asiaten) mit
einem rezidivierten oder metastasierten Magenkarzinom mit Expression von
PD-L1 eingesetzt. Die Gesamtansprechrate betrug 43.6%, bei weiteren 12.8%
der Patienten wurde eine Stabilisierung
der Erkrankung erreicht. Bei 41% der
Patienten fand sich eine Abnahme der
Tumorlast. Dabei fand sich kein relevanter Unterschied zwischen Asiaten und
Nicht-Asiaten. Die häufigsten Nebenwirkungen waren Hypothyreose (12.8%),
Fatigue (12.8%) und Appetitverlust
(10.3%). „Die Daten rechtfertigen eine
Weiterführung des Studienprogramms“,
sagte Prof. Dr. med. Kai Moro, Nagoya.
Fortgeschrittenes Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom
Pembrolizumab zeigt eine
antitumoröse Wirkung
Für den humanisierten Antikörper Pembrolizumab konnte bei Patienten mit
einem fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) mit
Expression von PD-L1 eine Ansprechrate von 20% dokumentiert werden,
wobei die Wirkung mit der Stärke der PD-L1-Expression korrelierte.
In einer früheren ersten Studie mit 38
vorbehandelten Patienten mit einem
fortgeschrittenen NSCLC konnte für
den humanisierten Antikörper Pembrolizumab in einer Dosierung von 10 mg/
kg alle 3 Wochen eine Ansprechrate von
21% nachgewiesen werden. Im Rahmen
der KEYNOTE-001-Studie wurden jetzt
307 Patienten mit einem fortgeschrittenen NSCLC mit Expression von PDL-L1
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
randomisiert mit Pembrolizumab in zwei
Dosierungen (2 und 10 mg/kg) und zwei
Dosierungsintervallen (alle 2 oder alle
3 Wochen) untersucht. Eingeschlossen
in die Studie wurden Patienten mit und
ohne Vorbehandlung. 58% der Patienten
zeigten eine Abnahme der Tumorgrösse.
Die Gesamtansprechrate lag bei 21%,
wobei zwischen therapienaiven und vorbehandelten Patienten kein signifikanter
Unterschied bestand. Die Wirksamkeit
war bei beiden Dosierungen und beiden
Dosierungsintervallen gleich, also auch
bei einer Dosierung von 2 mg/kg alle 3
Wochen lag die Ansprechrate bei 20%.
„Stärker, nämlich mit einer Ansprechrate von 37% profitierten Patienten mit
einer starken PD-L1-Expression“, sagte
Prof. Dr. med. Edward B. Garon, Los
Angeles. Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen waren Fatigue
(20%), Pruritus (9%), Arthralgien (8%),
Appetitverlust (8%) und Diarrhoe (7%).
5
ESMO 2014
Antikörper gegen PD-1
Interview mit Prof. Dr. med. Reinhard Dummer, Zürich
Erste FDAZulassung
Vom ESMO aufgeworfene Fragen
? Prof. Dummer, Pembrolizumab ist ein
Keytruda® (Pembrolizumab) von MSD:
US-Zulassung im beschleunigten Verfahren erteilt – Erster von der FDA zugelassener Antikörper gegen PD-1
Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat die Zulassung für das Präparat Keytruda® (Pembrolizumab) in einer
Dosierung von 2 mg/kg alle drei Wochen
erteilt. Das Anwendungsgebiet ist die
Behandlung des nicht resektablen oder
metastasierten malignen Melanoms bei
Patienten, bei denen es nach der Anwendung von Ipilimumab und – bei positivem
Test auf die BRAF-V600-Mutation – nach
der Anwendung eines BRAF-Inhibitors zu
einer Tumorprogression kam. Die Zulassung von Keytruda® für diese Indikation
erfolgte im beschleunigten Verfahren und
basiert auf Erkenntnissen zur Tumor­
remissionsrate und zur Dauerhaftigkeit
des Ansprechens. Verbesserungen beim
Gesamtüberleben oder bei den tumorassoziierten Symptomen sind bislang noch
nicht belegt. Der dauerhafte Bestand der
Zulassung für diese Indikation ist möglicherweise abhängig davon, inwiefern
konfirmatorische Studien die Daten verifizieren und den Nutzen genauer charakterisieren können.
Keytruda® ist der erste Antikörper
gegen PD-1 (programmed death receptor-1), der in den USA zur Behandlung
beim Menschen zugelassen wurde. Das
Präparat wurde von der FDA aufgrund
der hohen Signifikanz der ersten Studien­
ergebnisse und aufgrund der Tatsache,
dass in diesem Therapiebereich ein grosser
ungedeckter Bedarf besteht, als Break­
through Therapy klassifiziert.
Keytruda® ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper, der das Immunsystem des Organismus bei der Bekämpfung
des fortgeschrittenen malignen Melanoms
unterstützt. Keytruda® blockiert die Wechselwirkung zwischen PD-1 und dessen
Liganden PD-L1 und PD-L2 und kann
sowohl Tumorzellen als auch gesunde Zellen beeinträchtigen. Unter der Anwendung
von Keytruda® traten immunologisch
bedingte unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf, darunter Pneumonitis, Kolitis,
Hepatitis, Hypophysitis, Nephritis, Hyperthyreose und Hypothyreose.
Derzeit führt MSD bei Patienten mit
fortgeschrittenem malignem Melanom
klinische Studien der Phase II und III
durch, in denen weitere Belege für den
Nutzen von Keytruda® bei dieser Indikation gesammelt werden sollen.
6
Anti-PD-1-Antikörper, der im Immunsystem angreift. Wie lässt sich der Wirkmechanismus erklären?
Unser Immunsystem hat wirksame
Waffen, um Krebszellen abzutöten. Insbesondere die CD8+, zytotoxischen
T-Zellen sind in der Lage, Tumorzellen
zu erkennen und über Perforin-abhängige Mechanismen abzutöten. Tumorzellen vieler Krebsarten haben nun
Mechanismen entwickelt, mit denen
sie den Angriffen zytotoxischer T-Zellen entgehen können. Dazu gehört die
Expression von PD-L1 und PD-L2 auf
der Oberfläche von Tumorzellen. Über
diese Oberflächenmoleküle aktivieren
sie das PD1 Molekül auf der Oberfläche
der zytotoxischen T-Zellen, die damit
bezüglich ihrer zytotoxischen Aktivität
abgeschaltet werden. Wir gehen heute
davon aus, dass Pembrolizumab genau
an dieser Stelle eingreift. Es blockiert
den Zugang zum PD1 Oberflächenmolekül auf den Lymphozyten und ermöglicht es somit den Killerzellen, auch in
Gegenwart von PD1-Ligand auf Tumorzellen wirksam zu arbeiten.
? Bisher gibt es beim fortgeschrittenen
malignen Melanom überzeugende Studiendaten mit dieser Substanz. Wie sehen
diese aus?
Pembrolizumab wurde im Rahmen
einer komplexen Phase I-Studie an
mehr als 400 Patienten sorgfältig untersucht. Im Rahmen der ESMO 2014 im
September in Madrid hat Frau Prof.
Caroline Robert zusammen mit den an
der Studie beteiligten Kollegen einen
Update bezüglich zwei Dosierungsschemata vorgestellt. Im Rahmen der
oben genannten Phase I-Studie wurde
in einem Teil der Studie eine Randomisierung für Pembrolizumab in
einer Dosierung von 10mg/kg alle
drei Wochen versus 10mg/kg alle zwei
Wochen durchgeführt. Beide Dosierungen zeigten eine vergleichbare Responserate von 31 bis 35% insgesamt.
Patienten, die nicht mit Ipilimumab vorbehandelt waren, sprachen etwas besser an, 35% für alle drei Wochen versus
38% alle zwei Wochen im Vergleich zu
Ipilimumab-vorbehandelten Patienten,
die in Behandlungschema 3-wöchentlich eine Responserate von 26% versus 33% bei Behandlung 2-wöchentlich
zeigten. Diese Unterschiede waren statistisch nicht signifikant. Beide Behandlungsarme weisen eine ungewöhnlich
lange Responsedauer auf. Die mediane
Responsedauer ist noch nicht erreicht
bei einer durchschnittlichen Nachbe­
obachtungszeit von 42 Wochen.
Damit ergänzen die während der ESMO
vorgestellten Daten die bereits publizierten Ergebnisse vom letzten Jahr und
die auf der ASCO vorgestellten Nachfolgeuntersuchungen.
? Gibt es schon Erfahrungen, dass diese
Immuntherapie auch bei anderen Tumoren wirkt und wenn ja, bei welchen?
Anti-PD1-Antikörper werden auch bei
zahlreichen anderen Neoplasien erfolgreich eingesetzt. Insbesondere beim
Nierenzellkarzinom, beim Blasenkarzinom, aber auch bei einzelnen anderen
soliden Tumoren und bei Lymphomen. In meiner persönlichen Einschätzung sind diese Antikörper äusserst
vielversprechend bei verschiedensten
Tumorentitäten. An den akademischen
Zentren und in klinischen Studien muss
jetzt daran gearbeitet werden, Biomarker zu identifizieren, die einen hohen
Voraussagewert für einen Therapieerfolg aufweisen. Diese Biomarker könnten dann unabhängig von der Art des
Karzinoms eingesetzt werden.
? Sind
Kombinationen mit anderen
immuntherapeutisch wirksamen Therapiestrategien sinnvoll – gibt es bereits
Erkenntnisse?
Aufgrund des oben beschriebenen
Wirkmechanismus ist Pembrolizumab
und der vergleichbare Antikörper Nivolumab ein vielversprechender Partner
für Kombinationsbehandlung. Aktuell sind bereits die ersten klinischen
Studien gestartet worden. Umfangreichere Erfahrungen liegen vor für die
Kombinationstherapie von Ipilimumab
und Nivolumab. Vorläufige Ergebnisse versprechen hohe Ansprechraten und positive Auswirkungen auf
das Langzeitüberleben. Allerdings ist
diese Kombination mit einer signifikanten Toxizität verbunden. In der frühen Phase der Entwicklungen finden
sich Kombinationen mit replizierenden Herpesviren (T-VEC). Eine weitere vielversprechende Kombination
ist eine kombinierte Behandlung mit
einem BRAF-Inhibitor (Dabrafenib)
und einem MEK-Inhibitor (Trametinib) zusammen mit Pembrolizumab.
Die ersten Ergebnisse weisen auf eine
gute Verträglichkeit hin. Wir empfehlen unseren niedergelassenen Kollegen,
Patienten mit fortgeschrittenen Melanomen unbedingt an Referenzzentren
zuzuweisen, damit sie von diesen vielversprechenden
Studienprotokollen
profitieren können.
? Welche
Nebenwirkungen wurden
unter Pembrolizumab beobachtet?
Der Antikörper wird in der Regel hervorragend vertragen. Nebenwirkungen sind selten und meistens nur gering
ausgeprägt. Typischerweise werden
Müdigkeit, Juckreiz und Hautveränderungen, die einer Vitiligo ähneln, beobachtet. Sehr selten kommt es jedoch zu
ausgeprägten Nebenwirkungen, die mit
der Aktivierung des Immunsystems
verbunden sind, wie Kolitis oder Pneumonitis.
? Gibt es auch Daten für die adjuvante
Situation?
Aufgrund der hervorragenden Verträglichkeit von Pembrolizumab und
der eindrucksvollen Wirksamkeit, ist
ein frühzeitiger Einsatz in der adjuvanten Situation verlockend. Wir müssen jedoch bedenken, dass wir in der
adjuvanten Situation nur sehr wenige
Tumorzellen im Körper erwarten. Ob
die positiven Effekte von Pembrolizumab sich auch in dieser Situation in
einem klinischen Nutzen übertragen,
bleibt abzuwarten und muss in grossen sorgfältig vorbereiteten klinischen
Studien untersucht werden, die in den
nächsten Monaten auch an Schweizer
Zentren, wie in Lausanne oder Zürich
eröffnet werden. Falls Sie regelmässig
über unseren Newsletter zu den neu
startenden Studienprojekten informiert werden möchten, bitte ich um
Zusendung Ihrer E-Mail Adresse an
[email protected].
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ESMO 2014
Grosse Fortschritte in supportive care
Phase-III-Studien berichten von grossen
Fortschritten in der unterstützenden
Versorgung von Krebspatienten. Vorgestellt wurden Therapien, die durch Chemotherapie bedingte Übelkeit und
Erbrechen, Blutungen bei Patienten mit
venösen Thromboembolien (VTE) und
das Krebs-Anorexie-Kachexie-Syndrom
(CACS) vermindern. Rolapitant konnte
in einer Phase-III-Studie Übelkeit und
Erbrechen bei mit Cisplatin behandelten
Patienten reduzieren. Solche Symptome
Patienten unter Placebo (p <0,001).
ESMO-Sprecher Prof. Dr. med. Roberto
Labianca, Direktor des Krebszentrums,
Ospedale Giovanni XXIII, Bergamo, Italien, sagte: „In dieser gut durchgeführten, gross angelegten klinischen Studie
gab es einen klaren Vorteil bei den mit
Rolapitant behandelten Patienten, wenn
sie mit hoch emetogener Chemotherapie
behandelt wurden. Bemerkenswert ist,
dass dieser Effekt weltweit in verschiedenen geografischen Regionen beobachtet
treten bei derart behandelten Patienten
häufig auf und können Dosisreduktionen und Therapieabbrüche bedingen.
Die Studie erreichte ihren primären
Endpunkt: 72,7% der mit Rolapitant
therapierten Patienten zeigten ein
vollständiges Ansprechen (definiert
als Patienten, die keine Emesis zeigen
und keine Notfallmedikation benötigen) in der verzögerten Phase
(> 24-120 Stunden nach der Chemotherapie) im Vergleich zu 58,4% der
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Ergebnisse
Leserumfrage
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Sarcopénie
MEDIZIN FORUM
Dr méd. André Laszlo  Dr méd. Christoph Blank  Mme Nathalie Bartolucci, BSc,
Mme Emilie Dumoulin  M. Christophe Fertig, Hôpital fribourgeois
5 Syndrome du côlon irritable
5 Arthrose et ostéoporose
KONGRESS Dr méd. Isabelle Fabreguet, Prof. René Rizzoli, Genève
5 Hypothyroidie infraclinique
Dr méd. Vanessa Virgini, Dr méd. Christine Baumgartner, Dr méd. Tinh-Hai Collet,
Dr méd. Gerasimos Sykiotis, Prof. Nelly Pitteloud, Prof. Nicolas Rodondi, Berne et Lausanne
Revaskularisation
Insulintherapie bei
Saner, Prof. Dr. med.
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Diabetes
Primus-E. Mullis
Sarkopenie: Wie füttern
Prof. Dr. med. Paolo
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nicht-koronarer Gefäss
Dr. med. Gilles Sauvant,
Dr. med. Ernst Schneider
 Prof. Dr méd. Marco
Dr. med. Edin Mujagic,
Roffi
Dr. med. Thomas
Wolff, Prof. Dr. med.
Peter Stierli, Prof.
Dr. med. Lorenz
Dr. med. Christoph
NOTFALL-SERIE
Dr méd. Martin Geyer, Wettingen
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werden konnte. Da das neue Medikament sehr selektiv und lang wirksam ist
und zudem gut verträglich, könnte es
leicht in der klinischen Praxis Anwendung finden, um sowohl akut als auch
verzögert auftretende, durch Chemotherapie induzierte Episoden von Übelkeit
und Erbrechen zu verhindern.“
Rivaroxaban verringerte das Blutungsrisiko von Krebspatienten mit akuter
VTE, die an den EINSTEIN-DVT- und
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nommen hatten. Beide Studien
verglichen Rivaroxaban mit der Standardbehandlung, bestehend aus Enoxaparin/Vitamin-K-Antagonist (VKA),
für die Therapie der symptomatischen
VTE bei Krebspatienten. Die Therapie
mit Antikoagulanzien ist indiziert, um
weitere VTE zu verhindern, ist aber mit
einem hohen Risiko für schwere Blutungen verbunden.
Die Studie zeigte keinen Unterschied
bezüglich der Inzidenz von rezidivierenden VTE und der Sterblichkeit zwischen
Rivaroxaban und Enoxaparin/VKA
für Patienten mit aktiver Krebserkrankung und einer Krebsvorgeschichte. Das
Risiko schwerer Blutungen war unter
Rivaroxaban bei Patienten mit aktiver
Krebserkrankung signifikant vermindert
(Hazard Ratio von 0,42). Für Patienten
mit einer Krebsvorgeschichte war es
jedoch für beide Behandlungs­methoden
ähnlich.
Dr. Labianca sagte: „Rivaroxaban ist
ein orales Medikament mit der gleichen antithrombotischen Wirkung wie
herkömmliche Medikamente, aber mit
einem verminderten Blutungsrisiko.
Diese Eigenschaft kann in der klinischen
Praxis sehr wichtig sein, indem es eine
einfachere und bequemere Behandlung
einer solch schweren Komplikation wie
Krebs erlaubt.“
Die Phase-III-ROMANA-1-Studie untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit
von Anamorelin HCI, einem neuartigen
selektiven Ghrelin-Rezeptor­agonisten
zur Behandlung von CACS-Patienten
mit nicht operablem fortgeschrittenem
nicht-kleinzelligem Lungenkrebs.
„Das ist ein äusserst wichtiger Fortschritt, denn die Studie unterstreicht die
absolute Notwendigkeit, bei Patienten
mit fortgeschrittener Erkrankung (wie
NSCLC) und Antitumor-Medikation
sowie schweren Symptomen wie CACS
gleichzeitig auch Palliativmedizin anzuwenden“, so Dr. Labianca.
Seine Schlussfolgerung: „Diese Studien
zeigen die Anstrengungen, die die Forschung unternimmt, um die Lebensqualität der Krebspatienten zu verbessern,
und die bedeutenden Fortschritte, die
gemacht wurden, um einige der schwersten Folgen der Behandlung zu kontrollieren.“
7
ESMO 2014
Metastasiertes kolorektales Karzinom
Neue radiologische Auswertung unterstützt
den Überlebensvorteil durch Cetuximab
Im Rahmen der FIRE-3-Studie bei Patienten mit einem metastasierten kolorektalen Karzinom mit einem KRAS-Wild­typGen wurde die Wirksamkeit von FOLFIRI plus Cetuximab (Erbitux®) mit der von FOLFIRI plus Bevacizumab verglichen.
Bei der jetzt vorgestellten finalen Auswertung der erweiterten RAS Mutationsanalyse schnitt Cetuximab besser ab.
Für die Behandlung von metastasierten Kolorektalkarzinomen mit RAS wildtyp sind zwei Antikörper zugelassen.
Bevacizumab (Avastin®) und Cetuximab
(Erbitux®). Cetuximab blockiert den epidermalen Wachstumsfaktor (EGFR) und
Bevacizumab den vaskulären endothelialen Wachstumsfaktor (VEGF). Die
FIRE-3-Studie war die erste Head-toHead-Vergleichsstudie zwischen diesen
beiden zielgerichteten Therapien. Im Rahmen der Studie wurden die beiden Antikörper mit der Chemotherapie FOLFIRI
kombiniert. Eingeschlossen in diese Studie wurden ursprünglich 592 Patienten
mit KRAS (Exon 2) Wildtyp mCRC. Unter
Cetuximab war das Gesamtüberleben um
3.7 Monate (28.7 vs. 25.0, p = 0.017) länger
als unter Bevacizumab.
In der Zwischenzeit erfolgte eine
Erweiterung der Wildtyp Definition. Neu
qualifizieren nur Patienten für eine Cetuximab Therapie, wenn das KRAS Gen auch
8
in den Exonen 3 und 4 nicht mutiert ist
und zusätzlich auch das NRAS Gen in den
Exonen 2, 3 und 4 unverändert ist. Nach
dieser finalen Zuordnung, die bei > 80%
der Studienpatienten durchgeführt werden konnte, ist der Vorteil von Cetuximab
im Vergleich mit Bevacizumab noch ausgeprägter als in der primären ITT-Analyse. Die Gesamtüberlebenszeit beträgt neu
median 25.0 Monate unter Bevacizumab
Therapie und 33.1 Monate unter Cetuximab Therapie (p = 0.0059). „Diese Daten
sprechen dafür, dass eine umfassende
molekulare Selektion der Patienten mit
mCRC zwingend erforderlich ist, um beim
einzelnen Patienten die optimale Therapiestrategie einsetzen zu können“, sagte Prof.
Dr. med. Dirk Arnold, Freiburg i.Br.
Radiologische Daten
Die vorgestellte unabhängige und verblindete Auswertung der radiologischen
Daten der Patienten der FIRE-3-Stu-
die unterstreicht die Überlegenheit von
Cetuximab. Ausgewertet wurden dabei
die Gesamtansprechrate, der zeitliche
Verlauf und das Ausmass der Tumorrückbildung und zwar sowohl hinsichtlich der primären molekularen
Zuordnung (KRAS wildtyp Population)
als auch der finalen RAS wildtyp Population. Die Gesamtansprechrate betrug
bei KRAS wt Patienten unter Cetuximab 66.5%, und unter Bevacizumab
55.6% (p = 0.016). Bei der finalen RAS
Population standen 72% in der Cetuximab-Gruppe nur 56.1% in der Bevacizumab-Gruppe (p = 0.003) gegenüber.
Verglichen wurde auch die Abnahme
der Tumorgrösse um mehr als 20% bei
der ersten Kontrolle nach 6 Wochen,
was als frühes Tumorschrumpfen (ETS)
bezeichnet wird. Entsprechend der finalen molekularen Zuordnung war das progressionsfreie Überleben bei Patienten
mit Cetuximab, die diesen Endpunkt
erreichten, 9.7 Monate im Vergleich zu 5.8
Monaten bei Patienten, wenn dies nicht
erreicht werden konnte. Die Vergleichsdaten in der Bevacizumab-Gruppe waren
11.7 Monate vs. 8.3 Monate. Insgesamt
erreichten signifikant mehr Patienten in
der Cetuximab- eine Tumorschrumpfung von mehr als 20% als in der Bevacizumab Gruppe (68.2 vs. 49.1%; p =
0.0005). Die mittlere Zeit bis zum Erreichen der maximalen Wirkung war in
beiden Studienarmen vergleichbar. Im
medianen Gesamtausmass der Tumorrückbildung, als „depth of response“
bezeichnet, war Cetuximab überlegen
(48.9 vs. 32.2%; p < 0.0001). „Auch diese
radiologischen Daten sprechen dafür,
dass die Kombination FOLFIRI plus
Cetuximab für mCRC bei RAS-Wildtyp die bessere und auch die schneller
wirksame Therapiestrategie darstellt“, so
Prof. Dr. med. Sebastian Stintzing,
München. Auch hätten die Daten gezeigt,
dass die Analyse des KRAS-Status in
Exon 2 nicht ausreiche, um den Wildtypus
zuverlässig charakterisieren zu können.
Quelle: Vortrag im Rahmen des ESMO, 29.9.2014
in Madrid.
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ESMO 2014
Metastasiertes NSCLC – langsame aber sichere Fortschritte
Bedeutung der Biomarker
Das metastasierte nicht-kleinzellige Lungenkarzinom (NSCLC) ist eine besondere Herausforderung. Denn oft liegen Metastasen bereits bei Diagnosestellung vor und diese Patienten mit NSCLC überleben in der Regel weniger als
ein Jahr. Die neuesten Präsentationen zu diesem Thema fasste PD Dr. med.
Dr. phil. nat. Markus Jörger folgendermassen zusammen.
Wir haben alle den Aufstieg und Fall von
vielversprechenden neuen Behandlungsstrategien und neuen Medikamenten zur
Behandlung von Lungenkrebs gesehen,
da oft im Vorfeld bereits Resistenzen
gegen Medikamente bestehen oder sich
schnell entwickeln. Wir aber brauchen
nicht nur wirksame neue Therapien oder
Kombinationen bereits existierender
Therapien für unsere Patienten, sondern
daneben auch zuverlässige Biomarker,
um die Behandlung von Lungenkrebs
besser personalisieren zu können.
Folgende hochaktuelle Studien beschäftigten sich mit diesen Fragen:
In einer kleinen Phase-III Nichtunterlegenheitsstudie mit Stadium IV nichtPlattenepithel NSCLC Patienten stellte
Dr. med. Young-Chul Kim, Universitätskrankenhaus Chonnam, Hwasun
Gun, Korea, die vergleichbare Wirksamkeit von Pemetrexed/Cisplatin und
Docetaxel/Cisplatin in einer ErstlinienBehandlung dar. Das mediane progressionsfreie Überleben (PFS) von 149
Patienten betrug 4,7 Monate für Pemetrexed/Cisplatin und 4,6 Monate für
Docetaxel/Cisplatin. Allerdings war
das Sicherheitsprofil von Pemetrexed/
Cisplatin besser und mit weniger schweren (febrilen) Neutropenien behaftet als
das von Docetaxel/Cisplatin.
Ein Hinweis, welche Patienten am meisten von einer Cisplatin/PemetrexedChemotherapie profitieren, wurde von
Dr. med. Myung-Ju Ahn, Sungkyunkwan University School of Medicine, Seoul,
Korea, präsentiert. Dr. Ahn zeigte einige
Belege dafür, dass die Expression von
Thymidylatsynthase (TS) ein nützlicher
Biomarker zur Vorhersage des Therapie-
PD Dr. Dr. Markus Jörger
erfolges in der Zweitlinien-Behandlung
von metastasiertem NSCLC sein kann.
Von den 315 Patienten mit fortgeschrittenem nicht-Plattenepithel NSCLC zeigten die TS-negativen Patienten deutlich
höhere Ansprechraten (38% vs. 21%; p =
0,007) und ein verbessertes PFS (6,4 vs. 5,5
Monate; p = 0,013), wenn sie mit Pemetrexed/Cisplatin im Vergleich zu Gemcitabin/Cisplatin therapiert wurden. Obwohl
das Gesamtüberleben (OS) bezüglich der
TS-Expression keinen Unterschied für die
Behandlungen ergab, war TS-Negativität ein unabhängiger, günstiger prognostischer Faktor für das OS (Hazard Ratio
[HR] 0,64; 95% CI 0,45-0,90).
Ein weiterer Biomarker, Folatrezeptor (FR) Überexpression, kann bei der
Therapieauswahl bestimmter NSCLC
Patientengruppen nützlich sein. Wie
Dr. med. Nasser Hanna, Indiana University, Indianapolis, USA, in einer
Phase II-Studie mit 199 FR-exprimierenden NSCLC Patienten zeigte, verbesserte
die Kombination des FR-gerichteten
Arzneimittels Vintafolid mit Docetaxel
im Vergleich zu Docetaxel alleine in der
Fachzeitschriften vom Aerzteverlag medinfo
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Zweitlinien Behandlung bei einer Patientenuntergruppe mit Adenokarzinom
das OS deutlich (HR 0,51; p = 0,0147).
Es konnte jedoch kein Vorteil für Vintafolid für die gesamte Patientenpopulation festgestellt werden.
Inhibitoren der Epidermalen Wachstumsfaktor Rezeptortyrosinkinase (EGFR
TKls) sind fester Bestandteil der Behandlung von EGFR-mutierten NSCLC
Patienten und zwei Studien gaben detaillierteren Einblick in die Rolle dieser Arzneimittel:
Eine einarmige open-label Phase II Studie legt die Vermutung nahe, dass eine
Therapiefortsetzung mit Erlotinib nach
Fortschreiten der Krankheit (PD) möglich und wirksam ist, so Prof. Dr. med.
Keunchil Park, Sungkyunkwan University School of Medicine, Seoul, Korea.
Von den 207 behandelten Patienten hatten im Beobachtungszeitraum 150 ein
PD (RECIST v1.1) und 81 Patienten setzten Erlotinib nach der PD nach Ermessen
des Prüfarztes fort. Das mediane PFS bei
PD betrug 10,8 Monate für die Gesamtstudienpopulation und 11 Monate für
die Patienten mit Exon 19 Deletion/L858
Mutationen. Patienten, die die Erlotinib
Behandlung fortgesetzt hatten, wiesen
ein Post-PD PFS von 3,7 Monaten auf.
Wichtig ist es nun, diejenigen Patienten
zu identifizieren, die am wahrscheinlichsten von diesem Ansatz profitieren.
Daten aus der grössten prospektiven,
randomisierten Phase III-Studie, die den
reversiblen EGFR TKI Erlotinib mit dem
irreversiblen EGFR TKI Afatinib bei
rezidiviertem/refraktärem Plattenepithel
NSCLC (LUX LUNG 8) verglich, zeigten
nur marginale Wirksamkeitsvorteile von
Afatinib gegenüber Erlotinib.
Dr. med. Glenwood Goss, University of
Ottawa, Kanada, zeigte bei 669 refraktären Patienten (Erstlinien-Behandlung
mit Platin-basierter Chemotherapie) mit
anschliessender Afatinib oder Erloti-
nib Behandlung wesentliche Vorteile für
die Afatinib Gruppe bezüglich des medianen PFS (2,4 Monate vs. 1,9 Monate;
p = 0,043) und der Krankheitskontrollraten (45,7% vs. 36,8%, p = 0,02). Behandlungsbedingte Grad 2–3 Diarrhoe und
Stomatitiden wurden häufiger für Afatinib als für Erlotinib registriert.
Insgesamt ist der kleine Vorteil von Afatinib gegenüber Erlotinib klinisch nicht
relevant und mit einer Zunahme an
Diarrhoe und Stomatitis verbunden.
Quelle: Congress daily 28.9.2014;
ESMO 2014 Congress, Madrid
Fazit
• Immunhistochemische Expression
von TS und FR sind vielversprechende neue Biomarker für die individualisierte Zweitlinientherapie des
metastasierten NSCLC.
• Angesichts der Überlegenheit gegenüber Cisplatin/Gemcitabin in der
grossen Scagliotti Studie und des
günstigen Sicherheitsprofils von
Pemetrexed wird Pemetrexed/
Cisplatin die Standard-ErstlinienBehandlung für grosse Teile Europas
bleiben.
• Auch bei fortgeschrittenem NSCLC
wird Pemetrexed/Cisplatin die
Standard Erstlinien-Behandlung für
grosse Teile Europas bleiben.
•
Afatinib und Erlotinib erwiesen
sich in der Behandlung von EGFRmutierten NSCLC für alle Behandlungszwecke gleich wirksam.
•
Fortschritte bei Lungenkrebs lassen sich nicht nur durch verbesserte
Patientenauswahl bezüglich gezielter molekularer Behandlungen erreichen, sondern zusätzlich auch durch
gezielte Chemotherapie vorausgesetzt der richtige Biomarker kann
identifiziert werden.
der informierte @rzt
info@herz+gefäss
info@onkologie
Vol. 3 _ Ausgabe 05 _ Oktober 2013 _ www.medinfo-verlag.ch
FORTBILDUNG 5
@
Kopf-Hals-Tumoren
Prof. Dr. med. Gabriela Studer, Prof. Dr. med. Christoph Glanzmann, Dr. Dr. med. Marius Bredell,
info gynäkologie
MEDIZIN FORUM
Dr.med.TamaraRordorf•Dr.med.MartinaA.BroglieDäppen,Prof.Dr.med.SandroJ.Stöckli
e Malignes Mesotheliom
PD Dr. phil. Emanuela Felley-Bosco, Prof. Dr. med. Rolf A. Stahel
e Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom
Dr. med. Spasenija Savic, Prof. Dr. med. Lukas Bubendorf
KONGRESS
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
9
cover_5-13.indd 1
European Cancer Congress, Amsterdam
10/29/2013 6:01:22 PM
9
G O I – Grant für Onkologie-Innovationen
Merck Serono verlieh am ESMO 2014 den ersten Förderpreis in Höhe von
einer Million Euro. Gewinner sind international renommierte Forscher, die
durch ihre herausragenden Projekte die Forschung auf dem Gebiet der
personalisierten Therapie bei soliden Tumoren vorantreiben. Die Jury setzt
sich aus international renommierten Onkologen und Forschern zusammen.
Merck Serono hat anlässlich der Jahrestagung der European Society for
Medical Oncology (ESMO) in Madrid,
die Preisträger des erstmalig vergebenen „Grant for Oncology Innovation
(GOI)“ bekannt gegeben. Diese Auszeichnung ist mit Fördergeldern in
Gesamthöhe von einer Million Euro
ausgestattet und wurde im September
2013 auf dem European Cancer Congress (ECCO-ESMO-ESTRO) in Amsterdam ins Leben gerufen. Ziel dieses
Preises ist die Förderung wegweisender innovativer Forschungprojekte mit
dem Potenzial personalisierte Behandlungsmöglichkeiten solider Tumoren voranzutreiben. Die international
besetzte renommierte Jury aus Onko-
Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom
MAGRIT-Studie enttäuscht
Im Rahmen der MAGRIT-Studie wurde bei Patienten mit einem nichtkleinzelligen Bronchialkarzinom (NSCLC) die Wirkung einer Vakzinierung
mit dem spezifischen Tumorantigen MAGE-A3-CI als adjuvantes Therapieprinzip untersucht. Doch das Ergebnis ist enttäuschend.
MAGE sind Proteine, die auf der Oberfläche der Tumorzellen präsentiert werden. Bevorzugt bei Patienten mit einem
malignen Melanom finden sich solche
Tumorantigene, worauf sich die Bezeich-
10
nung Melanom-Antigene (MAGE) gründet. Eines dieser Antigene ist MAGE-A3,
welches auch bei 30–50% der Patienten
mit einem NSCLC vorkommt. „Diese
spezifischen Tumorantigene werden
logen und Forschern haben folgende
Gewinner ausgewählt:
llProf. Dr. med. Ulrich Güller und PD Dr.
med. et phil. Markus Jörger, Kantonsspital St. Gallen, für das Projekt: „Randomisierte prospektive plazebokontrollierte
Doppelblindstudie der Phase III zur adjuvanten Aspirin-Behandlung von Darmkrebspatienten mit PIK3CA-Mutation“
llDr. med. Clara Montagut, Hospital
del Mar, Barcelona, für ihren Projektvorschlag „Hochsensitive Selektion
und molekulare Begleitdiagnostik von
CRC-Patienten unter Anti-EGFR-Therapie mittels NGS-Plattformen und
Serien von Flüssigbiopsien“
llDr. med. Stefan Sleijfer, Erasmus MC
Cancer Institute, Rotterdam, für sein For-
zur Vakzinierung eingesetzt, wobei ein
Adjuvans die Immunreaktion verstärken
soll“, sagte Prof. Dr. med. Martin Reck,
Grosshansdorf. Durch eine solche Vakzination werden Antikörper und T-Zellen mobilisiert mit dem Ziel, dass diese
die mit dem MAGE-A3-Protein besetzten Tumorzellen erkennen und zerstören können.
Ein solches gentechnisch hergestelltes MAGE-A3 wurde im Rahmen einer
Phase-3-Studie, nämlich der MAGRIT
(Mage-A3 as adjuvant non-small cell
lung cancer immunotherapy) –Studie
bei 2272 Patienten mit einem NSCLC
nach einer kurativen Resektion des
schungsprojekt „Nicht-invasive Überwachung der Brustkrebstherapie anhand
von zellfreier Tumor-DNA im Blut“
Merck Serono möchte, so Belén Garijo,
Präsident und CEO von Merck Serono,
„mit dem erstmalig vergebenen GOI
weitere Pionierarbeit auf dem Forschungsgebiet der personalisierten
Krebstherapie fördern, um damit langfristig bessere Behandlungsergebnisse
für Patienten zu ermöglichen“. Der Förderpreis GOI schliesst an den Erfolg
seiner Pendants aus anderen Therapiegebieten – Grant for FertilityInnovation (GFI), Grant for Multiple Sclerosis
Innovation (GMSI), Grant for Growth
Innovation (GGI) – an. Seit 2010 wurden durch das Stipendienprogramm
Forschungsprojekte in Gesamthöhe
von über 10 Millionen Euro gefördert.
Weitere Informationen zum GOI und
Bewerbungsverfahren für die Stipendienvergabe 2015 finden sich unter: www.
grantforoncologyinnovation.org
wwEleonore E. Droux
Tumors als adjuvantes Therapieprinzip eingesetzt. Die Patienten erhielten
die Substanz alle 2 Monate i.m. über 27
Monate und zwar Placebo kontrolliert.
Doch damit konnte das krankheitsfreie
Überleben dieser Patienten nicht verlängert werden. „Man muss annehmen,
dass eine solche monovalente Vakzine
für einen Effekt zu schwach ist“, sagte
Professor George Coukos, Lausanne.
Auch Immun-Escape-Varianten könnten das enttäuschende Ergebnis erklären. Polyvalente Impfstoffe seien deshalb
vielleicht erfolgversprechender.
Quelle: Vortrag im Rahmen des ESMO, 28.9.2014
in Madrid.
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
Mesotheliom
Neue Erkenntnisse für
Therapieoptionen
Eine Hochdosis-Strahlentherapie ergibt keinen zusätzlichen Überlebensvorteil
nach Chemotherapie und radikaler Operation. Dafür ist das PD-L1-Protein ein
mögliches Immuntherapieziel.
Bei der Behandlung von Patienten mit
malignem Pleuramesotheliom mit Hilfe
von Hochdosis-Strahlentherapie nach
Chemotherapie und Chirurgie wurden keine Verbesserungen im rückfallfreien Überleben und Gesamtüberleben
erreicht, so die Daten einer prospektiven, randomisierten Phase-II-Studie.
„Das Auffinden besserer Behandlungsmöglichkeiten bleibt eine Herausforderung. Deshalb fragten wir uns, ob eine
hochdosierte
Hemithorax-Bestrahlung die Rate an Lokalrezidiven verringern oder die Zeit bis zum Auftreten
eines Lokalrezidivs nach Chemotherapie und radikaler Operation verzögern
könnte“, sagte der Hauptautor Prof. Dr.
med. Rolf A. Stahel von der Klinik und
Poliklinik für Onkologie am Universitätsspital Zürich, Schweiz, und Präsident der Europäischen Gesellschaft für
Medizinische Onkologie.
Die multizentrische Studie umfasste
153 Patienten mit chirurgisch behandelbarem malignem Pleuramesotheliom,
welches zuerst mit drei Zyklen Chemotherapie, bestehend aus Cisplatin und
Pemetrexed, behandelt wurde, gefolgt
von der chirurgischen Entfernung der
betroffenen Lungengewebe, mit dem
Ziel der vollständigen Entfernung der
von Krebs befallenen Lungenbereiche.
In einem zweiten Teil der Studie randomisierten die Wissenschaftler 54 Patienten entweder zur Behandlung durch
Strahlentherapie oder keiner weiteren
Behandlung, mit dem primären End-
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
punkt der Dauer des rezidivfreien Überlebens.
Während es vorläufige Hinweise darauf gab, dass eine zusätzliche Radiotherapie die Ergebnisse verbessern könnte,
zeigte die Studie keine Unterschiede im
rezidivfreien Überleben zwischen Patienten, die mit der zusätzlichen Strahlentherapie behandelt wurden, und
denjenigen, die nicht behandelt wurden.
Die Ergebnisse kommentierte Dr. med.
Paul Baas von der Abteilung für Thoraxonkologie, The Netherlands Cancer
Institute, Amsterdam. Er wies darauf
hin, dass die kombinierte Modalität
einer Chemotherapie, gefolgt von einer
grösseren Operation und Bestrahlung
von hohen Brustvolumina, eine der
anerkannten Behandlungen bei sehr fitten Patienten sei, die jedoch mit einer
hohen Morbidität verbunden ist.
Doch er betonte, dass die Ergebnisse
ihn nicht darauf schliessen liessen, dass
es keine Rolle für die adjuvante Strahlentherapie in diesem Setting gibt, und
wies darauf hin, dass dies eine PhaseII-Studie wäre. Daher sei die Schlussfolgerung nicht unbedingt endgültig,
und die Auswahl von Patienten mit
Unterschieden in Pathologie, Stadium
und Performance könnte das Ergebnis
beeinflussen.
Ist PD-L1 ein mögliches Immun­
therapieziel bei Mesotheliom?
In einer zweiten Studie berichten die
Forscher, dass etwa 20% der Patienten
mit malignem Pleuramesotheliom
Krebs­­
zellen aufweisen, die ein Protein namens „Programmierter-ZelltodLigand 1“ (PD-L1) exprimieren, das mit
schlechteren Ergebnissen einhergeht.
Die Resultate deuten darauf hin, dass
diese Patientenpopulation mit gezielten Therapien gegen PD-L1 behandelt werden könnte, sagen die Forscher.
Das PD-L1-Protein, welches Teil des
PD-1-/PD-L1-Immun-Signalwegs ist,
kommt bei vielen verschiedenen humanen Krebsarten vor, bei denen es an
der Unterdrückung der Anti-TumorImmun­antwort beteiligt ist und damit
die Fähigkeit des Immunsystems, den
Krebs anzugreifen, beeinträchtigt.
Forscher analysierten Gewebeproben
von 119 Patienten mit malignem Pleuramesotheliom unter Verwendung einer
Anti-PD-L1-Färbung. Die Intensität der
PD-L1-Expression wurde auf einer Skala
von 0 bis 3 erzielt (0 keine Expression, 1
schwache Expression, 2 moderate und
3 starke Expression). Sie verglichen den
Score mit Überlebens­daten und Outcomes bei diesen Patienten. Sie fanden heraus, dass insgesamt 20,7% der Patienten
für PD-L1-Expression positiv waren:
18,7% von ihnen zeigten eine starke
Expression von PD-L1, 25% zeigten eine
moderate Expression, während 56,2%
eine schwache Expression zeigten.
Wichtigstes Ergebnis ist, dass Patienten,
die negativ für eine PD-L1-Expression
waren, rund 11 Monate länger lebten
als Patienten mit einer positiven PDL1-Expression (mediane Überlebenszeit 4,79 vs. 16,3 Monate). Faktoren wie
Geschlecht, Rauchen, Asbestexposition
und Krankheitsstadium hatten keinen
Effekt darauf, ob die Krankheit positiv
für eine PD-L1-Expression war. Aber
die Forscher fanden, dass die Expression
des Proteins in nichtepithelialen Tumoren häufiger im Vergleich zu epithelialen Tumoren vorhanden ist.
11
sonderreport
HER2-negatives metastasiertes Mammakarzinom
Bevacizumab ist auch in der Second-Line wirksam*
Der anti-angiogene VEGF-Inhibitor
Bevacizumab wurde in randomisierten
Phase-3-Studien bei HER2-negativem
lokal rezidiviertem oder metastasiertem
Brustkrebs eingehend untersucht. In randomisierten Phase 3 Studien verlängerte
Bevacizumab das progressionsfreie Überleben, nicht aber das Gesamtüberleben, in
Kombination mit einer Chemotherapie in
der ersten (1–3) oder zweiten Linie (4). Da
jedoch mit Bevacizumab vorbehandelte
Patientinnen für eine Second-Line-Therapie-Studie nicht eingeschlossen werden konnten (4), blieb die Wirkung einer
weiteren Bevacizumab-haltigen Therapie
nach der First-Line-Therapie mit Bevacizumab bei lokal rezidiviertem oder
metastatischem Brustkrebs unbekannt.
Die Schlüsselrolle von VEGF im gesamten angiogenen Signalweg (5, 6) deutet
auf die Wichtigkeit einer nachhaltigen
VEGF-Hemmung für die langfristige
Krankheitskontrolle hin. Verschiedene
präklinische Modelle zeigen, dass eine
kontinuierliche VEGF Suppression zur
Maximierung der Aktivität von Bevacizumab als Monotherapie, in Kombination
mit Chemotherapie oder als Erhaltungs-
therapie nach Chemotherapie erforderlich ist (6). So wurde der Frage der
kontinuierlichen Behandlung mit Bevacizumab (Treatment in multiple lines
(TML)) bei Patienten mit kolorektalem
Karzinom im Rahmen einer Studie nachgegangen. In der randomisier­ten Phase-3Studie (ML18147), welche Bevacizumab
in der Zweitlinien-Chemotherapie gegenüber Second-Line-Chemotherapie allein
nach Progression unter Erstlinien-Bevacizumab plus Chemotherapie bei Patienten
mit kolorektalem Karzinom untersuchte,
konnte gezeigt werden, dass mit Bevacizumab und Chemotherapie behandelte
Patienten ein signifikant längeres progressionsfreies Überleben und Gesamtüberleben
hatten als diejenigen, die mit Chemotherapie allein behandelt wurden (7).
In der TANIA-Studie (9) wurde deshalb die Wirkung einer Second-Line und
Third-Line Bevacizumab-Therapie nach
Krankheitsprogression unter First-Line
Bevacizumab plus Chemotherapie bei
lokal rezidiviertem oder metastatischem
Brustkrebs untersucht.
Aufgenommen in diese Studie wurden
494 Patientinnen mit einem metastasier-
Chemotherapie allein
(n = 247)
Chemotherapie
plus Bevacizumab (n = 247)
Patienten mit
messbarer Krankheit bei Baseline
185 (75%)
182 (74%)
Responder
31 (17%)
38 (21%)
Komplettes Ansprechen
2 (1%)
1 (<1%)
Partielles Ansprechen
29 (16%)
37 (20%)
Stabile Krankheit
62 (34%)
89 (49%)
Progressive Krankheit
76 (41%)
44 (24%)
Nicht evaluierbar
16 (9%)
11 (6%)
Mediane Dauer des Ansprechens
(nur auf Responders basierend), Mte
10.6 (4.4-16.7)
8.3 (6.1-10.3)
Anzahl Ereignisse /
Anzahl Responders
20/31 (65%)
28/38 (74%)
Tab. 1: Übersicht über das Ansprechen (Intention to treat Population, n = 494)
100
Progression-free survival (%)
Im Rahmen der TANIA-Studie konnte gezeigt werden, dass bei Patientinnen mit einem HER2-negativen metastasierten Mammakarzinom auch in
der Second-Line-Therapie der Antikörper Bevacizumab in der Kombina­
tion mit einem Chemotherapeutikum eine günstigere Wirkung entfaltet als
die Mono-Chemotherapie (Abb. 1).
Chemotherapy alone
Chemotherapy plus bevacizumab
75
50
25
0
0
3
6
9
12
15
18
21
24
27
30
33
Time from randomisation (months)
Number at risk
Chemotherapy alone 247
141
88
51
28
17
22
4
2
1
1
0
Chemotherapy plus 247
bevacizumab
178
122
89
43
25
14
7
4
2
0
0
Abb. 1: Progressionsfreies Überleben in der Second-Line-Therapie
ten HER2-negativen Mammakarzinom,
die unter der initialen kombinierten
Behandlung mit Bevacizumab und einem
Chemotherapeutikum eine Progression
der Erkrankung zeigten. Sie erhielten randomisiert entweder nur ein anderes Chemotherapeutikum oder die Kombination
eines solchen mit Bevacizumab (10 mg/
kg alle 2 Wochen oder 15 mg/kg alle
3 Wochen). Kam es erneut zur Progression, so wurde wiederum ein anderes
Chemotherapeutikum eingesetzt entweder mit oder ohne den Antikörper.
In der Second-Line-Therapie konnte
durch die zusätzliche Gabe von Bevacizumab das mediane progressionsfrei Überleben um 2.1 Monate nämlich
von 4.2 auf 6.3 Monate verlängert werden (HR = 0.75; 95% CI: 0.62–0.93;
p = 0.0068). Der Benefit der Kombination
zeigte sich in allen Untergruppen unabhängig von der Art der Vorbehandlung
und dem Hormonrezeptor-Status. Unter
der Kombination erreichten 49% eine stabile Krankheitsphase, unter der Monotherapie nur 34%. Die Gesamtansprechrate
lag unter der Kombination bei 21%, unter
der Monotherapie nur bei 17%. Bei den
Nebenwirkungen wurden erwartungsgemäss unter der Kombination mit dem
Antikörper Hypertonie, Neutropenie und
Proteinurie häufiger beobachtet. Diese
neuen Daten weisen darauf hin, dass bei
der Notwendigkeit zum Therapiewechsel
infolge Progression der Erkrankung die
Kombination mit Bevacizumab beibehalten werden sollte.
Literatur:
1. Miller K et al. Paclitaxel plus bevacizumab versus
paclitaxel alone for metastatic breast cancer.
N Engl J Med 2007; 357: 2666–76
2. Miles DW et al. Phase III study of bevacizumab plus
docetaxel compared with placebo plus docetaxel for
the fi rstline treatment of human epidermal growth
factor receptor 2-negative metastatic breast cancer.
J Clin Oncol 2010; 28: 3239–47
3. Robert NJ et al. RIBBON-1: randomized, doubleblind, placebo-controlled, phase III trial of chemotherapy with or without bevacizumab for first-line
treatment of human epidermal growth factor receptor 2-negative locally recurrent or metastatic breast
cancer. J Clin Oncol 2011; 29: 1252–60.
4. Brufsky AM et al. RIBBON-2: a randomized, double-blind, placebo-controlled, phase III trial evaluating
the efficacy and safety of bevacizumab in combination with chemotherapy for second-line treatment of
human epidermal growth factor
receptor 2-negative metastatic breast cancer.
J Clin Oncol 2011; 29: 4286–93
5. Crawford Y, Ferrara N. VEGF inhibition:
insights from preclinical and clinical studies.
Cell Tissue Res 2009; 335: 261–69.
6. Bagri A et al. Effects of anti-VEGF treatment duration on tumor growth, tumor regrowth, and treatment
effi cacy. Clin Cancer Res 2010; 16: 3887–900
7. Bennouna J et al; ML18147 Study Investigators.
Continuation of bevacizumab after fi rst progression
in metastatic colorectal cancer (ML18147): a randomised phase 3 trial. Lancet Oncol 2013; 14: 29–37.
8. Von Minckwitz G et al. Bevacizumab plus chemotherapy versus chemotherapy alone as secondline treatment for patients with HER2-negativelocally recurrent or metastatic breast cancer after fi
rst-line treatment with bevacizumab plus chemotherapy (TANIA): an open-label, randomised phase 3 trial. Lancet Oncol 2014 Published Online September 28, 2014 http://dx.doi.org/10.1016/ S14702045(14)70439-5
Xeloda® (Capecitabine). I: Kolon- und Kolorektalkarzinom: Adjuvante Therapie bei Patienten mit Kolonkarzinom Dukes C als Monotherapie oder in Kombination mit Oxaliplatin. Firstline-Therapie als Monotherapie oder in Kombination mit Oxaliplatin (XELOX) mit oder ohne Bevacizumab, Secondline-Therapie in Kombination mit Oxaliplatin (XELOX) bei Patienten mit metastasierendem Kolorektalkarzinom. Mammakarzinom: In Kombination mit Docetaxel bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Mammakarzinom nach Versagen einer zytotoxischen Chemotherapie mit Anthracyclinen. In Kombination mit Vinorelbin bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Mammakarzinom nach Versagen einer Therapie mit Anthrazyklinen und Taxanen. Bei Patientinnen mit lokal fortgeschrittenem oder metastasierendem Mammakarzinom, wenn Paclitaxel und eine Chemotherapie mit Anthracyclinen versagt haben. Magenkarzinom, Ösophaguskarzinom oder Karzinom des gastroösophagealen Übergangs: Firstline-Therapie in Kombination mit Epirubicin und Oxaliplatin (EOX). Her2 positives metastasierendes Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs: In Kombination mit Herceptin und Cisplatin bei Patienten ohne bisherige Chemotherapie im Rahmen der metastatischen Erkrankung. KI: Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff, anderen Fluoropyrimidinen oder einem
der Hilfsstoffe. Bekannter Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD)-Mangel. S/S. Schwere Niereninsuffizienz (Kreatininclearance unter 30 ml/min). Schwere Leberinsuffizienz (Child Pugh C). Gleichzeitige Behandlung mit Brivudin oder mit chemisch verwandten Substanzenwie z.B. Sorivudin.
IA: Antikoagulanzien vom Cumarin-Typ: Veränderung der Gerinnungsparameter und/oder Blutungen. Phenytoin: Erhöhte Plasmakonzentrationen bei gleichzeitiger Anwendung mit Capecitabine. Andere CYP2C9-Substrate: Vorsicht ist geboten. Allopurinol: Gleichzeitige Verabreichung sollte
vermieden werden. Leucovorin (Folinsäure): beeinflusst die Pharmakodynamik von Capecitabine und dessen Toxizität kann durch Leukovorin verstärkt werden. Brivudin und chemisch verwandte Substanzen wie z.B. Sorivudin: potentiell letale Verstärkung der Toxizität von Capecitabine. Vorsichtsmassnahmen: Bei Leberfunktionsstörung, Lebermetastasen und erhöhtem Bilirubin oder Leberenzymwerten, eingeschränkter Nierenfunktion, älteren Patienten, Herzerkrankungen, Herzrhythmusstörungen und Angina pectoris. Bei Laktose-Intoleranz wie z.B. Galaktoseintoleranz, LappLaktasemangel, Glukose-Galaktose- Malabsorption. UAW: (sehr häufig): Diarrhöe, Übelkeit, Erbrechen, Stomatitis, Hand-Fuss-Syndrom, Rhinopharyngitis, Lympho/Thrombo/Leukopenie, (febrile) Neutropenie, Anämie, Anorexie, Elektrolytstörungen, verminderter Appetit, Geschmacksstörungen, Parästhesien, Neuropathien, Dysgeusie, Dysästhesien, Kopfschmerzen, Schwindel, erhöhte Tränensekretion, arterielle Hypertonie, Ödeme der unteren Extremitäten, Thromboembolie, pharyngeale Dysästhesie, Halsschmerzen, Singultus, Bauchschmerzen, Obstipation, Dyspepsie, Stomatitis, Erhöhung der Leberwerte (ASAT, ALAT, Bilirubin, alk. Phosphatase), Dermatitis, Nagelveränderungen, Alopezie, Schmerzen in Extremitäten, Myalgie, Arthralgie, Serum-Kreatininerhöhung, Abgeschlagenheit, Fieber, Asthenie, Müdigkeit, Temperaturintoleranz, Gewichtsverlust, Pyrexie, Ödeme. Dosierung: Tabletten morgens und abends innerhalb von 30 Minuten nach einer Mahlzeit mit Wasser einnehmen. Als Monotherapie und in Kombination mit Docetaxel: D: 1250 mg/m2 zweimal täglich über 14 Tage, gefolgt von einer 7-tägigen Pause. In Kombination mit Oxaliplatin (XELOX) mit oder ohne Bevacizumab, in Kombination mit Vinorelbin und in Kombination mit Herceptin/Cisplatin: D: 1000 mg/m2 zweimal täglich über 14 Tage, gefolgt von einer 7-tägigen Pause. In Kombination mit Oxaliplatin und Epirubicin (EOX): Dosierung 625 mg/m2 zweimal täglich
ohne Einnahmepause über 24 Wochen. Bei Auftreten von unerwünschten Wirkungen wird die Gesamttagesdosis schrittweise reduziert. Stand Dezember 2013. P: Filmtabletten 150 mg x 60 oder 500 mg x 120. Verkaufskategorie A. Weitere Informationen, entnehmen Sie bitte der publizierten
Fachinformation unter (www.swissmedicinfo.ch). Kassenzulässig.
12
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
sonderreport
HER2-negatives metastasiertes Mammakarzinom
Capecitabine plus Bevacizumab
verbessert die Prognose*
Die IMELDA-Studie untersuchte, ob Patientinnen von einem Chemo­
therapie-Switch von Docetaxel zu Capecitabine (+/– Bevacizumab) innerhalb der ersten Linie profitierten.
Bei Patienten mit HER2-negativem
metastatischem Brustkrebs verbessert
die Kombination von Bevacizumab mit
einer First-Line-Chemotherapie das pro-­
gressionsfreie Überleben und den
Anteil der Patientinnen, die ein objektives Ansprechen erreichen, signifikant,
im Vergleich zur alleinigen Chemotherapie (1–3). In der AVADO-Studie (2)
wurde objektives Ansprechen bei 64% der
Patientinnen, die mit First-Line-Bevacizumab und Docetaxel behandelt wurden,
erreicht, was zu den höchsten Raten in diesem Setting zählt. Allerdings scheint der
Nutzen von Bevacizumab am grössten,
wenn es mit Paclitaxel kombiniert wird,
wogegen er mit Doxetacel bescheidener
ist. In der AVADO Studie wurde Docetaxel für maximal neun Zyklen gegeben,
wonach Bevacizumab allein fortgesetzt
wurde. Die mediane Dauer der Behandlung mit Docetaxel war 5.5 Monate. Derzeit gibt es keine Evidenz für die optimale
Dauer der Erstlinien- Chemotherapie
bei metastasiertem Brustkrebs. Internationale Leitlinien empfehlen die Anzahl
und Dauer eines jeden Regimes individuell anzupassen (4, 5). In der klinischen
Praxis ist die Dauer der Chemotherapie
normalerweise durch das Ansprechen
des Patienten, die individuelle Toleranz und die Vorlieben des behandelnden Arztes bestimmt. Allerdings hat
eine Meta-Analyse von 11 randomisierten Studien gezeigt, dass eine längere
First-Line-Chemotherapie mit längerem
Gesamtüberleben und wesentlich längerer progressionsfreier Überlebenszeit einhergeht, was darauf hindeutet, dass diese
Behandlung bis zur Krankheitsprogres-
A
100
Progression-free survival (%)
Bevacizumab and Capecitabine
80
Bevacizumab only
60
Stratified hazard ratio 0.38
95% CI 0.27-0.55; p< 0.0001
40
20
0
Number at risk
Bevacizumab and
Capecitabine
Bevacizumab only
0
3
6
9
12
15
18
21
24
27
30
33
36
39
42
91
80
62
50
40
34
26
22
16
12
8
33
2
1
0
94
60
40
20
17
11
9
6
2
2
1
1
1
1
0
B
100
Stratified hazard ratio 0.43
95% CI 0.26-0.69; p< 0.0003
Overall survival (%)
80
60
40
20
0
0
3
6
9
12
Number at risk
Bevacizumab and
Capecitabine
Bevacizumab only
15
18
21
24
27
30
33
36
39
42
45
Time from randomisation (months)
91
87
84
78
72
70
64
60
54
47
36
21
10
4
0
0
94
89
84
70
64
59
52
48
41
34
21
12
5
3
1
0
Abb. 1: Kaplan-Meier Analyse des progressionsfreien Überlebens (A)
und des Gesamtüberlebens (B)
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
sion oder inakzeptablen toxischen Wirkungen gegeben werden sollte (6).
Eine Verlängerung der Docetaxel
Exposition bis zur Krankheitsprogression ist wegen der kumulativen toxischen
Wirkungen
meistens
unrealistisch.
Doch die Umstellung auf eine verträglichere Chemotherapie, wie Capecitabine, mit einem unterschiedlichen
Wirkmechanismus, bei gleichbleibender
VEGF Hemmung könnte einen effektivere Behandlungsstrategie sein und die
gleichzeitige Chemotherapie und Bevacizumab-Behandlung bis zur Krankheitsprogression möglich machen.
IMELDA-Studie
Dieser Frage wurde im Rahmen der
IMELDA-Studie nachgegangen (7).
Dabei handelt es sich um eine offene
Phase 3-Studie bei 185 Patientinnen mit
einem HER2-negativen metastasierten Mammakarzinom. Sie alle hatten
6 Zyklen einer kombinierten Therapie mit
Bevacizumab (15 mg/kg) und Docetaxel (75–100 mg/m2) alle 3 Wochen erhalten. Die progressionsfreien Patientinnen
wurden anschliessend randomisiert entweder mit Bevacizumab (15 mg/kg) oder
der Kombination Bevacizumab (15 mg/kg
an Tag 1) plus Capecitabine (1000 mg/m2
zweimal täglich Tag 1–14 alle 3 Wochen)
behandelt.
Längeres Überleben
Durch die Kombination konnte das
progressionsfreie Überleben von 4.3
Monate auf 11.9 Monate verlängert werden (HR = 0.38, 95% CI: 0.27–0.55;
p < 0.0001). Das Gesamtüberleben stieg
von 23.7 auf 39.0 Monate (HR = 0.43,
95% CI: 0.26–0.69; p = 0.0003). Die
Ansprechrate betrug 86% in der kombiniert behandelten Gruppe und 77% in
der Monotherapie-Gruppe. Die Überlegenheit der Kombination zeigte sich in
allen Untergruppen, d.h. sie war unabhängig vom Alter, HormonrezeptorStatus, Ausmass und Lokalisation der
Metastasierung. Relevante Nebenwirkungen (Grad 3) traten unter der Kombination bei 49% im Vergleich zu 27% bei
der Monotherapie auf. Das Hand-FussSyndrom trat nur unter der Kombination
nämlich bei 31% der Behandelten auf.
Eine Hypertonie entwickelte sich bei 9%
der kombiniert behandelten und nur bei
3% der monotherapierten Patientinnen.
Diese Daten sprechen dafür, dass auch
Fazit
Die IMELDA-Studie fügt neue Hinweise zu den bereits bestehenden
hinzu und gibt Einblick in die mögliche Rolle einer früheren Umstellung
in der Erhaltungstherapie. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Wirksamkeit
einer fortgesetzten VEGF-Blockade
vor der Krankheitsprogression durch
die Zugabe einer gut verträglichen
oralen Chemotherapie verbessert
werden kann. Diese Ergebnisse könnten zu einer Neu­beurteilung der FirstLine-Strategien bei der Behandlung
von HER2-negativem metastasierendem Brustkrebs führen (7).
nach Beendigung der Docetaxel-Therapie und Umstellung auf Capecitabine die
Kombination mit Bevacizumab weitergeführt werden sollte.
Literatur:
1. Miller K et al. Paclitaxel plus bevacizumab versus
paclitaxel alone for metastatic breast cancer.
N Engl J Med 2007; 357: 2666–76.
2. Miles D et al. Phase III study of bevacizumab plus
docetaxel compared with placebo plus docetaxel for the fi rst-line treatment of human epidermal growth factor receptor 2-negative metastatic
breast cancer. J Clin Oncol 2010; 28: 3239–47.
3. Robert NJ et al. RIBBON-1: randomized, double-blind, placebo-controlled, phase III trial of chemotherapy with or without bevacizumab for firstline treatment of human epidermal growth factor
receptor 2-negative locally recurrent or metastatic
breast cancer. J Clin Oncol 2011; 29: 1252–60.
4. Cardoso F et al. 1st International consensus guidelines for advanced breast cancer (ABC 1).
Breast 2012; 21: 242–52.
5. National Comprehensive Cancer Network. NCCN
Clinical Practice Guidelines in Oncology (NCCN
Guidelines). Breast Cancer Version 3.2014.
http://www.nccn.org/professionals/physician_gls/f_
guidelines.asp#site (accessed June 22, 2014).
6. Gennari A et al. Duration of chemotherapy for
metastatic breast cancer: a systematic review and
meta-analysis of randomized clinical trials.
J Clin Oncol 2011; 29: 2144–49
7. Gligorov J et al Maintenance capecitabine and
bevacizumab versus bevacizumab alone after initial first-line bevacizumab and docetaxel for
patients with HER2-negative metastatic breast
cancer (IMELDA): a randomised, open-label,
phase 3 trial. Lancet Oncol 2014. Published Online September 28, 2014 http://dx.doi.
org/10.1016/S1470-2045(14)70444-9
* Bevacizumab ist in der Schweiz nur in Kombination mit Paclitaxel zur Erstlinientherapie
von Patienten mit HER2-negativem, metastasiertem Mammakarzinom zugelassen.
Weitere Informationen entnehmen Sie bitte
der Fachinformation auf:
www.swissmedicinfo.ch
Mit freundlicher Unterstützung durch die
Firma Roche Pharma (Schweiz) AG
IMPRESSUM
Berichterstattung: Dr. med. Peter Stiefelhagen,
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen
Quelle: Vorträge im Rahmen des ESMO,
28.9.2014 in Madrid
Redaktion: Thomas Becker
Unterstützt von Roche Pharma (Schweiz) AG
© Aerzteverlag medinfo AG, Erlenbach
13
ESMO 2014
Hirnmetastasen
To treat or not to treat?
Hirnmetastasen sind eine häufige Komplikation einer Tumorerkrankung,
vorrangig bei nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen. Sie signalisieren
eine sehr schlechte Prognose. Im Vordergrund steht immer die systemische Tumortherapie. Doch wann ist eine gezielte Therapie der Hirnmetastasen sinnvoll?
Hirnmetastasen sind keine seltene Komplikation eines Tumorleidens. „10–30%
aller Tumoren bei Erwachsenen siedeln ins Gehirn ab“, sagte Prof. Dr. med.
Roger Stupp, Leiter des Cancer Center am Universitätsspital in Zürich. Das
längere Überleben dank moderner Therapien und auch der zunehmende Einsatz moderner bildgebender Verfahren
führe dazu, dass immer häufiger, auch
asymptomatische Hirnmetastasen diag­
nostiziert würden. In ca. 50% sei ein
nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom
der Primärtumor, aber auch beim Mammakarzinom, dem Melanom und dem
Nierenzellkarzinom seien Hirnmetastasen relativ häufig. In den meisten Fällen
seien sie multipel. Viele Hirnmetastasen blieben asymptomatisch und würden
deshalb auch erst bei der Autopsie erfasst.
Therapie orientiert sich
am Primärtumor
Jede Metastasierung, auch die ins Gehirn,
ist Ausdruck einer Disseminierung des
Tumorleidens und somit keine Diagnose
per se. Deshalb ist immer eine systemische Therapie erforderlich. „Wenn die
eingesetzte Substanz das Gehirn erreicht,
sprechen Hirnmetastasen genau so gut
auf die systemische Therapie an wie
Metastasen anderer Lokalisation“, so
Stupp. Die Empfehlungen bezüglich des
therapeutischen Vorgehens müssten sich
daher an der spezifischen Tumorerkrankung orientieren.
Doch Hirnmetastasen sind durch
einige Besonderheiten charakterisiert.
„Wir wissen wenig über die prädisponie-
14
renden Faktoren und die Rolle der BlutHirn-Schranke bei der Manifestation
der Metastasen“, so Stupp. Auch seien
Patienten mit Hirnmetastasen meist in
den grossen klinischen Studien ausgeschlossen. Dazu komme, dass das molekulare Profil der Metastase nicht immer
identisch sei mit dem des Primärtumors. Neuere Untersuchungen sprechen
dafür, dass gerade auch bei Hirnmetastasen angiogenetische Faktoren wie VEGF
eine wichtige Rolle spielen.
Schlechte Prognose
Das Auftreten symptomatischer Hirnmetastasen signalisiert immer ein fortgeschrittenes Krankheitsstadium und
somit auch eine schlechte Prognose.
„Bei schlechtem Allgemeinbefinden
und bei unkontrolliertem Primärtumor liegt die Überlebenszeit bei maximal 4 Monaten“, so Stupp. Bei jüngeren
Patienten < 65 Jahren mit einem Karnofski-Index von über 70 und ohne weitere
Metastasen liegt das mediane Überleben
bei ca. 7 Monaten. Mit anderen Worten,
fast jeder zweite Betroffene ist innerhalb
von 3 Monaten verstorben. Diese Zahlen muss man sich vor Augen halten,
wenn man über besondere therapeutische Massnahmen nachdenkt“, so Stupp.
Bei Patientinnen mit einem Mammakarzinom sei die Prognose aber besser als
bei Patienten mit einem Bronchialkarzinom. Eine entsprechende Untersuchung
habe jedoch gezeigt, dass sogar Experten
sowohl die Prognose als auch den möglichen Benefit einer spezifischen Therapie
im Allgemeinen zu günstig einschätzten.
Wann und wie therapieren?
Vorrangiges Ziel der Behandlung bei
Hirnmetastasen ist die Verbesserung der
Lebensqualität, d.h. die Symptomenkontrolle und die Verhinderung neurologischer Ausfälle. Im Allgemeinen wird bei
entsprechender Symptomatik eine Ganzhirnbestrahlung durchgeführt. „Eine
Strahlentherapie dürfte nach vorliegenden Studienergebnissen die Lebensqualität aber nicht verbessern, auch wenn sie
nur zur Symptomenkontrolle eingesetzt
wird“, so Stupp. Auch die zusätzliche
Therapie mit Gefitinib oder Temozolomid konnte bei Patienten mit einem
nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom
die Lebensqualität und die kognitiven
Funktionen nicht günstig beeinflussen.
Auch die stereotaktische Radio-Chirurgie z.B. mit einem Gamma-Knife kann
die Prognose nicht verbessern. Dies
gelingt nur bei singulären Metastasen
in Kombination mit einer Bestrahlung
des Gehirns, wobei die Überlebenszeit
aber nur um 1.5 Monate verlängert wird.
„Asymptomatische Patienten mit multiplen Hirnmetastasen sollten besser nicht
behandelt werden“, so die Empfehlung
von Stupp.
Quelle: Vortrag im Rahmen des ESMO, 28.9.2014
in Madrid.
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
sonderreport
Trastuzumab plus Pertuzumab
Die duale Therapie ist der neue Standard
Nach den Ergebnissen der CLEOPATRA-Studie wird bei Patientinnen mit
einem HER2-positiven metastasierten Mammakarzinom durch die zusätzliche Gabe des monoklonalen Antikörpers Pertuzumab (Perjeta®) zur bisherigen Standardtherapie mit Trastuzumab (Herceptin®) und Docetaxel in der
Erstlinien-Therapie das Gesamtüberleben um fast 16 Monate verlängert.
Die Einführung des monoklonalen
Antikörpers Trastuzumab (Herceptin®)
zusätzlich zur Chemotherapie hat die
Prognose von Patientinnen mit einem
HER2-positiven metastasierten Mammakarzinom wesentlich verbessert. So
galt diese Kombination bisher als unverzichtbarer Standard in der ErstlinienTherapie. Doch trotz dieses Fortschritts
ist die Lebenszeit dieser Patientinnen
begrenzt, d.h. bei jeder zweiten betroffenen Frau kommt es innerhalb von 12
Monaten zu einer Progression (1, 2).
Somit besteht durchaus Bedarf an noch
wirksameren Therapiestrategien. Dies
ist die Rationale für die zusätzliche Gabe
eines zweiten monoklonalen Antikörpers, nämlich Pertuzumab (Perjeta®), der
einen anderen komplementären Wirkmechanismus entfaltet. Er bindet sich an
die extrazelluläre Domäne II von HER2.
Dadurch hemmt er die ligandenabhängige Dimerisierung von HER2-HER3
und somit intrazelluläre Signalwege
wie die Phosphatidylinositol-3-Kinase
(3). Diese neue duale Therapie wurde
im Rahmen der CLEOPATRA (CLinical Evaluation Of Pertuzumab And
TRAstuzumab)-Studie untersucht (4).
Tab. 1: Gesamtüberleben in präspezifizierten Subgruppen
Design der CLEOPATRA-Studie
Aufgenommen in diese Studie wurden
insgesamt 808 Patientinnen mit einem
lokal rezidivierten oder metastasierten HER2-positiven Mammakarzinom,
die vor der Randomisierung max. eine
100
90
Ptz + T + D
80
Pla + T + D
70
OS (%)
60
50
40
30
HR 0.68
95% CI = 0.56, 0.84
p < 0.0002
20
10
40.8
months
 15.7
Tab. 2: Unerwünschte Ereignisse (alle Grade) mit ≥ 25% Inzidenz oder ≥ 5%
Differenz zwischen den Gruppen insgesamt
56.5
months
months
0
0
10
20
30
40
50
60
70
Time (months)
n at risk
Ptz + T + D
402
371
318
268
226
104
28
1
Pla + T + D
406
350
289
230
179
91
23
0
ITT population. Stratified by geographic region and neoladjuvant chemotherapy.
CI, confidence interval: Pla, placebo: Ptz, pertuzumab.
Abb. 1: Kaplan-Meier-Kurve des Gesamtüberlebens (OS), finale Auswertung
100
90
Ptz + T + D: median 18.7 months
80
Pla + T + D: median 12.4 months
PFS (%)
70
}
 6.3
months
60
50
HR 0.68
95% CI = 0.58, 0.80
p < 0.0001
40
30
20
10
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
Time (months)
n at risk
Ptz + T + D
402
284
179
121
87
37
6
0
0
Pla + T + D
408
223
110
75
51
21
6
0
0
Abb. 2: Kaplan-Meier-Kurven des aufdatierten pogressionsfreien Überlebens (PFS)
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
Hormontherapie erhalten hatten und
nach einer vorausgegangenen neo- bzw.
adjuvanten Therapie mindestens 1 Jahr
tumorfrei sein mussten. Bzgl. kardialer
Funktion musste die Auswurffraktion
mindestens 50% betragen.
Randomisiert erhielten die Patientinnen neben der Standardtherapie mit
Trastuzumab (8 mg/kg als Loading Dosis,
gefolgt von 6 mg/kg als Erhaltungsdosis)
und Docetaxel (75 mg/m2 bis 100 mg/m2)
entweder Pertuzumab (840 mg Loading
Dosis, gefolgt von 420 mg Erhaltungsdosis) oder ein Placebo, wobei die Chemotherapie nach Möglichkeit über 6 Zyklen
gegeben werden sollte, im Durchschnitt
erhielten die Patientinnen 8 Zyklen.
Primärer Endpunkt der Studie war
das von einem unabhängigen Prüfgremium untersuchte progressionsfreie
Überleben, sekundäre Endpunkte waren
unter anderem die Sicherheit und das
Gesamtüberleben.
Die Ausgangsdaten für beide Behandlungsgruppen waren vergleichbar im Hin-
blick auf das Alter der Patientinnen, den
Hormonrezeptor-Status, die Lokalisation
der Metastasen und die Vorbehandlung
(4). Die Beobachtungsdauer betrug im
Durchschnitt 50 (0–70) Monate.
Gesamtüberlebensdauer steigt um
fast 16 Monate
Die endgültige Auswertung der Daten ergab
eine Verbesserung des medianen Gesamtüberlebens um 15.7 Monate (Abb. 1). Sie
betrug in der Placebo-Gruppe 40.8 Monate
im Vergleich zu 56.5 Monate bei den mit
Trastuzumab und Pertuzumab behandelten
Patientinnen (HR = 0.68, 95% CI 0.56-0.84;
p = 0.0002). Die Subgruppenanalyse ergab,
dass praktisch alle Subgruppen von der dualen Antikörper-Therapie uneingeschränkt
profitierten. Beim Endpunkt progressionsfreies Überleben betrug der Unterschied
zwischen beiden Behandlungsgruppen 6.3
Monate zu Gunsten der zusätzlich mit Pertuzumab behandelten Patientinnen. (18.7 vs.
12.4 Monate) (HR = 0.68, 95% CI 0.58–0.80;
p < 0.0001, Abb. 2).
15
ESMO 2014
Fazit
• In der finalen Analyse der interna­
tionalen Phase-III-Studie CLEO­
PATRA wurde das mediane
Gesamtüberleben
durch
die
Zugabe von Pertuzumab zu Trastuzumab und Docetaxel um fast 16
Monate verlängert.
• Die mediane Gesamtüberlebenszeit betrug 56.5 Monate mit Pertuzumab vs. 40.8 Monate unter
Placebo. Ein so hohes Gesamtüberleben wurde in dieser Indikation
nie zuvor erreicht.
•D
ie duale Antikörper-Therapie hat
das Risiko für kardiale Ereignisse
nicht erhöht.
Sicherheitsprofil
Mit dem längeren Follow-up wurden
keine neuen Sicherheitssignale beobachtet. Bzgl. einer Verschlechterung
der linksventrikulären Funktion fand
sich kein signifikanter Unterschied zwischen beiden Gruppen (EF < 50% oder
Abnahme um mindestens 10% des Ausgangswertes: 7.4% unter Placebo vs. 6.1%
unter Pertuzumab). Bei 88% der mit Per-
tuzumab behandelten Patientinnen war
die linksventrikuläre Verschlechterung
reversibel. Bei Tod als Folge einer febrilen Neutropenie bzw. Infektion gab es
auch keinen Unterschied (1.5% unter
Placebo vs. 1.7% unter Pertuzumab) (4).
Die Ergebnisse der CLEOPATRAStudie deuten darauf hin, dass die
kombinierte synergistisch wirkende
Antikörper­therapie mit Trastuzumab plus
Pertuzumab bei Patientinnen mit einem
metastasierten HER2-positiven Mammakarzinom als Erstlinien-Standard eingesetzt werden sollte.
Literatur:
1. Marty M et al. Randomized phase II trial of the efficacy and safety of trastuzumab combined with docetaxel in patients with human epidermal growth factor receptor 2-positive metastatic breast cancer administered as first-line treatment: the M77001 study
group. J Clin Oncol 2005; 23: 4265–74
2. Andersson M et al. Phase III randomized study comparing docetaxel plus trastuzumab with vinorelbine
plus trastuzumab as fi rst-line therapy of metastatic
or locally advanced human epidermal growth factor
receptor 2-positive breast cancer: the HERNATA
study. J Clin Oncol 2011; 29: 264–71
3. Lee-Hoeflich ST et al. A central role of HER3 in
HER2-amplified breast cancer: implications for
targeted therapy. Cancer Res 2008;68:5878-87
4. Swain S et al. Final overall survival (OS) analysis from
the CLEOPATRA study of first-line (1L) pertuzumab
(Ptz), trastuzumab (T), and docetaxel (D) in patients
(pts) with HER2-positive metastatic breast cancer
(MBC). Ann Oncol 2014; 25: 1-43866. (Suppl 4,
Abstract 350 and oral presentation)
ASCO-Guideline
Leitlinie über die systemische Therapie bei fort­geschrittenem,
HER2-positivem Brustkrebs (1)
Derzeit gibt es vier Medikamente
zur zielgerichteten Therapie, die von
der Swissmedic für die Behandlung
von fortgeschrittenem HER2-positivem Brustkrebs zugelassen sind: Lapatinib, Trastuzumab, Pertuzumab und
Trastuzumab-Emtansin (T-DM1). Da
damit seit der Zulassung von Trastuzumab heute eine ganze Reihe neuer
Therapieoptionen in dieser Indikation verfügbar sind, hat die American
Society of Clinical Oncology nun neue
Therapierichtlinien herausgegeben.
Die wichtigsten Empfehlungen
der Guideline sind:
•A
ls Erstlinien-Therapie wird die Kombination eines Taxans mit Trastuzumab
und Pertuzumab empfohlen. Für eine
ausgewählte Patientinnengruppe kann
die Therapie mit alleiniger Hormontherapie in Erwägung gezogen werden.
• Für die Zweitlinien-Therapie wird der
Einsatz von T-DM1 empfohlen.
• Drittlinientherapie und darüber hinaus: Die Behandlung hängt davon ab,
was die Patientinnen in den Erst- und
Zweitlinien-Therapien erhalten haben.
Hat die Patientin bisher noch kein
T-DM1 erhalten, wird der Einsatz dieser Substanz empfohlen, sollte eine Patientin noch kein Pertuzumab erhalten
haben kann der Arzt eine Pertuzumabhaltige Therapie empfehlen. Falls die
Patienten beide Therapieoptionen
bereits erhalten haben, wird der Einsatz einer anderen HER2-gerichteten
Therapie empfohlen.
Literatur:
1. G
iordano SH et al. Systemic Therapy for Patients With Advanced Human Epidermal Growth Factor Receptor 2-Positive
Breast Cancer: American Society of Clinical Oncology Clinical Practice Guideline. J Clin Oncol. 2014; 32(19): 2078-99
Ausblick in die Zukunft – die Marianne-Studie*
Die Studien mit T-DM1 als Monotherapie oder in Kombination haben sehr gute
Resultate sowohl im Hinblick auf die Aktivität als auch die Sicherheit ergeben.
Roche betreibt weiterhin mit Pertuzumab plus T-DM1 im HER2+Setting intensive Forschung. Ein Beispiel dafür ist die MARIANNE-Studie (1).
MARIANNE ist eine randomisierte Phase
III Studie an weltweit 1100 Patientinnen
mit HER2-positivem metastasierendem Brustkrebs, deren metastasierende
Erkrankung zuvor noch nicht behandelt wurde. Es handelt sich um eine drei­
armige Studie (Abb. 1).
Abb. 1: Marianne-Studiendesign (1)
16
Primäre Studienoutcomes
Primäre Studienoutcomes sind progres­
sionsfreies Überleben bis 48 Monate nach
Studienstart, untersucht durch unabhängige Überprüfung, Inzidenz unerwünschter Nebenwirkungen bis zu 78 Monaten
nach Studienstart.
Sekundäre Studienoutcomes
Als sekundäre Outcomes wurden definiert: Einjahr-Überlebensrate (Baseline
bis 1 Jahr), das Gesamtüberleben (Zeitrahmen bis ungefähr 78 Monate nach Studienbeginn), Zeit bis zum Therapieversagen
(Zeitrahmen bis 48 Monate nach Stu­
dienbeginn), objektive Gesamtansprechrate seit Studienbeginn bis zu ungefähr
48 Monaten, klinischer Nutzen (bis 48
Monate nach Studienbeginn), Dauer des
Ansprechens bis ungefähr 48 Monate nach
Studienbeginn, Gesamtüberleben nach 2
Jahren.
Die Einschlusskriterien sind Alter
≥18 Jahre, HER2-positiver Brustkrebs,
histologisch oder zytologisch gesichertes
Adenokarzinom der Brust mit lokal wiederkehrender metastatischer Krankheit,
Kandidat für Chemotherapie. ­Patientinnen
mit lokal fortgeschrittener Krankheit müssen eine wiederkehrende oder progressive
Krankheit haben, die nicht für eine Resektion mit kurativer Absicht zugänglich sein
muss. Die Patientinnen müssen eine messbare und/oder nicht messbare Krankheit, die nach RECIST 1.1 auswertbar ist
aufweisen. Der ECOG Performance-Status soll 0 oder 1 sein und eine adäquate
Organfunktion aufgrund von Laborresultaten ist Voraussetzung.
Ausschlusskriterien sind vorgängige (oder
jede) Chemotherapie wegen metastatischem Brustkrebs oder wiederkehrender Krankheit, ein Intervall von weniger
als 6 Monaten seit der letzten Dosis eines
Vinca-Alkaloids oder einer zytotoxischen
Taxanchemotherapie bis zum Zeitpunkt
der Metastase-Diagnose, Hormontherapie
weniger als 7 Tage vor Randomisierung,
Trastuzumab- und/oder Lapatinib-Therapie (Neo- oder adjuvantes Setting) weniger
als 21 Tage vor der Randomisierung, vorherige Therapie mit Trastuzumab-Emtasine oder Pertuzumab.
Erste Resultate werden im 2015 erwartet.
Literatur: 1. http://clinicaltrials.gov/show/NCT01120184
* Diese Indikationen sind in der Schweiz
noch nicht zugelassen.
IMPRESSUM
Berichterstattung: Dr. med. Peter Stiefelhagen,
Prof. Dr. Dr. h.c. Walter F. Riesen
Redaktion: Thomas Becker
Unterstützt von Roche Pharma (Schweiz) AG
© Aerzteverlag medinfo AG, Erlenbach
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
Kongresssplitter
Kurz und knapp
Merkelzell-Karzinom
Ein aggressiver Hauttumor
mit schlechter Prognose
Das Merkelzell-Karzinom ist sicherlich ein seltener, aber sehr aggressiv
wachsender Tumor. Die ungünstige Prognose ergibt sich daraus, dass der
Tumor früh metastasiert. Im lokalisierten Stadium ist die Operation, im
metastasierten Stadium die Chemotherapie heute die Behandlung der
Wahl. Da pathogenetisch immunogene Mechanismen beteiligt sein dürften, werden jetzt auch immuntherapeutische Strategien im Rahmen von
klinischen Studien untersucht.
Typische Charakteristika des MerkelzellKarzinoms sind: schnelles Wachstum,
asymptomatisch, solitär knotig, feste
Konsistenz, leuchtend rot bis violett,
glatte und glänzende Oberfläche. „Typischerweise manifestiert sich der Tumor
vor allem bei über 50-Jährigen und zwar
vorrangig an Licht exponierten Stellen“,
sagte Prof. Dr. med. Jürgen C. Becker
vom Deutschen Krebszentrum in Essen.
Die Inzidenz des Tumors habe in den
letzten 25 Jahren deutlich zugenommen
und in zunehmendem Masse seien auch
jüngere Menschen betroffen. Der Tumor
wachse sehr schnell und könne innerhalb weniger Wochen deutlich an Grösse
zunehmen. Die Prognose ist schlecht
und die Todesrate deutlich höher als
beim malignen Melanom.
Störungen des Immunsystems
Häufig sind immunsupprimierte Patienten, also solche nach einer Organ­
transplantation, mit HIV oder CLL
betroffen. Dies spricht dafür, dass bei
der Pathogenese immunogene Faktoren
i.S. einer geschwächten T-Zell-Aktivität
eine wichtige Rolle spielen dürften. Auch
konnte man in den Karzinom-Zellen
Genom von Polyoma-Viren nachweisen,
was für eine viral induzierte Erkrankung
spricht. Es gibt verschiedene histologische Formen. Mit immunhistochemischen Verfahren lässt sich die Diagnose
heute meist zuverlässig stellen, wobei
der Nachweis der Expression von Cyto-
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
keratin 20 diagnoseweisend ist. Aber
im Einzelfall kann die Abgrenzung von
einem malignen Lymphom oder einem
kleinzelligen Bronchialkarzinom durchaus schwierig sein. „Die Inzidenz dieses Tumors hat in den letzten 25 Jahren
deutlich zugenommen“, so Becker.
Staging mit Lymphknotenbiopsie
Zur Primärdiagnostik gehört immer
neben der Oberbauchsonographie
und der Röntgen-Thoraxaufnahme die
Biopsie des Sentinel-Lymphknotens. In
ca. 30% der Fälle findet sich hier eine
Metastase.
Die Therapie der Wahl ist die komplette chirurgische Exzision mit einem
Sicherheitsabstand von 2 cm im
Gesunden. Darüberhinaus wird eine
Bestrahlung des Tumorbetts und der
regionalen Lymphknoten empfohlen.
Bei klinischem bzw. sonographischem
Verdacht auf einen Lymphknotenbefall
bzw. bei histologisch nachgewiesener
Beteiligung ist die Lymphknotendissektion unumgänglich. Wird die Operation
z.B. bei einem Gesichtsbefall abgelehnt,
so kann eine primäre Bestrahlung durchaus eine gut wirksame Alternative sein,
die ein kosmetisch zufriedenstellendes
Ergebnis verspricht.
Chemotherapie in fortgeschrittenen Fällen
In fortgeschrittenen Fällen kommt bisher nur eine Chemotherapie in Frage,
wobei unzählige Kombinationen zum
Einsatz kommen. Eine solche zeigt eine
relativ hohe Ansprechrate (57% in der
First-Line-Therapie, 45% in der SecondLine-Therapie). Doch Ergebnisse von
kontrollierten Studien gibt es nicht und
die Therapie assoziierte Morbidität und
Mortalität ist relativ hoch.
Da bei der Pathogenese dieses
Tumors immunogene Faktoren beteiligt
sind, werden jetzt auch neue immunologische Therapieansätze als adjuvantes Therapiekonzept wie beispielsweise
Ipilimumab, welches schon beim malignen Melanom eine dramatische Verbesserung der Prognose gezeigt hat,
und NeukoplastTM im Rahmen klinischer Studien bei Patienten mit einem
fortgeschrittenen Merkellzell-Karzinom
untersucht.
Quelle: Vortrag im Rahmen von ESMO, 27.9.2014
in Madrid.
Molekulare Heterogenität führt zur
Therapieresistenz
Keine Zelle eines bestimmten Tumors
zeigt ein genetisches Profil, welches identisch ist mit dem einer anderen Tumorzelle. Deshalb können Metastasen ein
anderes molekulares Profil haben als
der Primärtumor. Dazu kommt, dass im
weiteren Krankheitsverlauf die molekulare Struktur eines Malignoms sich häufig verändert und zwar sowohl früh als
auch spät. Das erklärt, warum bei vielen Patienten auch bei einer „targeted
therapy“ ein primäres oder sekundäres
Therapieversagen auftritt.
Chemotherapie in der Schwangerschaft schadet dem kindlichen
Herzen nicht
Erkrankt eine Frau in der Schwangerschaft an einem Mammakarzinom,
so kommen in der Regel Anthracycline zum Einsatz, die eine kardiotoxische Begleitwirkung entfalten können.
Eine echokardiographische Nachuntersuchung bei den Neugeborenen nach 6
Monaten ergab jedoch keinen Hinwies
für eine myokardiale Schädigung. Gleiches gilt für eine Strahlentherapie bei der
Mutter während der Schwangerschaft.
Entsprechende regelmässige Kontrolluntersuchungen der Kinder bis zum 9.
Lebensjahr ergaben keine kardialen oder
neuropsychologischen Schäden.
Rivaroxaban auch bei Tumor­
patienten vorteilhaft
Bei der Antikoagulation der tiefen Beinvenenthrombose und auch der Lungenembolie erwies sich in entsprechenden
Studien der orale Faktor Xa – Inhibitor Rivaroxaban dem Vitamin K-Antagonisten bzgl. Blutungskomplikationen
als überlegen. Wie die Ergebnisse einer
Studie mit 8282 Tumorpatienten zeigen,
gilt dies auch dann, wenn eine aktive
Tumorerkrankung vorliegt. So lag das
Blutungsrisiko um 58% niedriger als
unter dem Vitamin K-Antagonisten.
17
Trastuzumab-Biosimilars
Similar heisst nicht identisch!
Der monoklonale Antikörper Trastuzumab (Herceptin®) hat in einem umfangreichen Studienprogramm seine
überzeugende Wirkung bei Patientinnen mit einem HER2-positiven Mammakarzinom sowohl in der adjuvanten
als auch in der palliativen Situation unter Beweis stellen können. Doch wie sieht es bei den TrastuzumabBiosimilars aus? Sind sie wirklich gleichwertig im Hinblick auf Wirksamkeit und Sicherheit?
Biosimilars sind keine Generika, sondern eine den Qualitätskriterien entsprechende Nachahmung eines mithilfe von
Biotechnologie hergestellten und bereits
zugelassenen Originalmedikaments, dessen Patentschutz abgelaufen ist. Neben
rekombinanten Humaninsulinen, Erythropoetin und Wachstumshormonen
drängen jetzt auch Biosimilars von monoklonalen Antikörpern wie Trastuzumab
auf den Markt. „Mit ihnen glaubt man,
Kosten sparen zu können“ sagte Prof. Dr.
med. Marc Thill, Frankfurt a.M.. Aber
sei das auch ein Vorteil für den Patienten
oder seien Biosimilars vielmehr für ihn
ein unkalkulierbares Risiko?
Komplexer Herstellungsprozess
bedingt intrinsische Heterogenität
Schon bei den Produkt-Charakteristika
gibt es wesentliche Unterschiede zwischen Generika und Biosimilars. Bei ersteren handelt es sich um kleine, meist sehr
stabile Moleküle, bei Biosimilars insbesondere Antikörpern um grosse komplexe Moleküle. „Während Generika
mittels chemischer Prozesse hergestellt
werden, erfordern Biosimilars eine Produktion in lebenden Organismen, was
sehr sensibel um nicht zu sagen störanfällig ist auf Grund produktionstechnischer Veränderungen“, so Prof. Dr. med.
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Bruno Flavion, Namur. Biologicals seinen charakterisiert durch ihre intrinsische Heterogenität. Darüberhinaus müsse
bei Biosimilars auch die Immunogenität,
d.h. die Antikörperbildung berücksichtigt
werden. So gilt für Generika der Ersetzbarkeitsstatus, für Biosimilars wird nur
der Vergleichbarkeitsstaus gefordert. Die
Zulassung erfordert deshalb zwar auch
eigene umfangreiche Studien, wobei aber
das Studiendossier verkürzt sein darf. So
werden auch Phase-1-Studien, aber nur
eine Phase-2 und keine Phase-3-Studie
gefordert. „Reicht das aber wirklich aus,
um die individuelle Qualität bzw. die therapeutische Äquivalenz des Produkts
ausreichend beurteilen zu können?“, so
Flavion. Doch das reduzierte Studienprogramm erlaube erst den geringeren Preis.
Je umfangreicher Biosimilars untersucht
würden, um so teurer seien sie.
Ist eine Extrapolation vertretbar?
Nicht jede Kopie eines Biologicals ist
angesichts der Komplexität des Herstellungsprozesses und auch der Erkrankung
wirklich „biosimilar“. Doch die Zulassungsbehörden in Europa vertreten die
Meinung, dass es ausreichend sei, wenn
ein Biosimilar seine vergleichbare Wirkung bei einer Indikation gezeigt habe.
Dann dürfe man davon ausgehen, dass es
auch bei den anderen Indikationen eine
sichere Wirkung verspricht. „Eine solche Extrapolation ist sehr bedenklich“,
so Thill. Dies gelte vor allem für maligne
Erkrankungen, da eine unsichere Wirkung für solche Patienten fatale Folgen
haben könne; denn das Behandlungsfenster sei schmal. Hier gehe es nicht
um die Beeinflussung von Surrogatparametern oder nur um Ansprechraten
sondern vielmehr um die Prognose quo
ad vitam, also das Überleben. Und den
Beweis einer Lebensverlängerung müssten auch Biosimilars erbringen.
Auch muss man befürchten, dass
Biosimilars ein erhöhtes immunogenes
Risiko in sich tragen, da dieses wesentlich durch den Herstellungsprozess
beeinflusst wird. Um dies beurteilen
zu können, sollte der Einsatz eines solchen neuen Präparates zumindest über
ein Jahr überwacht werden. „Dies ist
eine unverzichtbare Voraussetzung für
die Beurteilung der Sicherheit“, so Thill.
Man müsse sich bei der Diskussion über
Biosimilars immer die Frage stellen, auf
wie viel Sicherheit man für welchen Preis
verzichten möchte?
Quelle: Satellitensymposium der Fa. Roche im Rahmen
des ESMO: HOT TOPICS IN ONCOLOGY: Biosimilar
Monoclonal Antibodies, 26.9.2014 in Madrid.
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
Kongresssplitter
Kurz und knapp
Metastasiertes oder rezidivierendes Zervixkarzinom
Chemotherapie plus Cediranib
Bei Zervixkarzinom-Patientinnen mit
Rezidiven oder Metastasen konnte die
Gabe des experimentellen Medikaments
Cediranib zusätzlich zur Standard-Chemotherapie das Tumorschrumpfen verbesseren und die progressionsfreie
Überlebenszeit leicht verlängern. In
der Phase-II-Studie CIRCCa verglichen Forscher zwei Gruppen solcher
Patientinnen. Beide Gruppen erhielten
Carboplatin und Paclitaxel – und entweder Cediranib (34 Patienten) oder
ein Placebo (35 Patienten). Ergebnis:
Patientinnen, die zusätzlich Cedira-
nib erhalten hatten, wiesen ein stärkeres
Tumorschrumpfen auf als Patientinnen
des Placebo-Kontrollarms (66% vs. 42%).
Zudem wurde ein geringer, aber statistisch signifikanter Anstieg des medianen
progressionsfreien Überlebens nachgewiesen (35 vs. 30 Wochen), jedoch keiner des medianen Gesamtüberlebens.
Nach einem Monat Behandlung waren
die Blutspiegel des VEGF-Rezeptors-2
der Cediranib-Gruppe vermehrt erniedrigt. Nebenwirkungen traten vermehrt
bei mit Cediranib behandelten Patientinnen auf.
Glioblastome
Keine Empfehlungen beim Rezidiv
Tritt bei einem Patienten mit einem
Glio­blastom nach erfolgreicher Primärtherapie ein Rezidiv auf, so gibt es für
solche Patienten bisher keine offiziellen
Therapieempfehlungen. Bisher konnte
nämlich für keine Substanz eine überzeugende Wirkung in dieser Situation
belegt werden. Nur für Bevacizumab
gibt es Daten aus Subgruppen-Analysen,
die dazu geführt haben, dass die Sub­
stanz in den USA – aber nicht in Europa
– für das Glioblastomrezidiv zugelassen
wurde.
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
„Zunehmend wichtig für die prognostische Einschätzung und die Wahl der
optimalen Therapie bei Gliomen sind
molekulare Marker“, sagte Prof. Dr.
med. Michael Weller vom Universitätsspital Zürich. Der Chromosom 1p/19q
Codeletion-Status habe eine prognostische Bedeutung beim anaplastischen
Gliom. Der Status der MGMT-Methylierung sei ein prädiktiver Marker für
eine Therapie mit Temozolomid, und
IDH-Mutationen signalisierten bei allen
Gliomen eine günstige Prognose.
Anamorelin steigert das
Körpergewicht
Die Kachexie, also der Verlust von
Muskel- und Fettgewebe, ist ein häufiges Begleitphänomen bei Patienten
mit fortgeschrittenen Tumorleiden. Sie
erhöht auch die Mortalität. Mit Anamorelin steht jetzt eine Substanz zur
Verfügung, die den Appetit verstärkt
und das Körpergewicht steigert, also
eine anabole Wirkung entfaltet. Dabei
handelt es sich um einen selektiven
Ghrelin-Rezeptor-Agonisten. Bei Patienten mit einem fortgeschrittenen
nicht-kleinzelligen
Bronchialkarzinom kam es innerhalb von 12 Wochen
zu einer Gewichtszunahme, wobei die
Differenz zu Placebo > 1.5 kg betrug.
Mammakarzinom-Screening
senkt die Mortalität
In einer englischen Studie konnte gezeigt
werden, dass ein routinemässiges Mammakarzinom-Screening die Mortalität
dieses Tumors um 60% reduziert. Verglichen wurden die Daten von Patientinnen,
die 2008–2009 an einem Mammakarzinom verstorben waren (HR = 0.41; 95%
CI: 0.30–0.55; p < 0.001).
Reovirus kann die Wirksamkeit
der Chemotherapie nicht steigern
Der Einsatz von Reoviren bei der
Therapie des metastasierten Pankreaskarzinoms zusätzlich zu einer
Chemotherapie mit Paclitaxel plus
Carboplatin bringt keinen Benefit. Eine
synergistische Wirkung der onkolytisch wirkenden Viren konnte somit
nicht nachgewiesen werden. Das progressionsfreie Überleben lag mit und
ohne Viren überraschenderweise aber
bei ca. 5 Monaten.
Eine neue Substanz
gegen Brechreiz
Eine der gefürchtetsten Nebenwirkungen der Chemotherapie ist das Erbrechen. Es tritt vor allem beim Einsatz
von Platin haltigen Substanzen auf.
Rolapitant ist ein neuer kompetitiv und
lang wirksamer NK-1-Rezeptor-Antagonist, der sowohl das früh als auch
verzögert einsetzende Erbrechen wirksam bekämpft.
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ESMO 2014
Pankreatische NET
BRAWO-Studie
Mit Everolimus können
Patienten mehr
als 3.5 Jahre überleben
Klinischer Alltag bestätigt
Studienergebnisse
Für Patienten mit einem neuroendokrinen Tumor im Pankreas (pNET)
ist der mTOR-Inhibitor Everolimus
(Afinitor®) eine sehr effektive Therapieoption. Nach den Ergebnissen einer neuen Studie können sie
damit länger als 3.5 Jahre leben.
Dies ist das Ergebnis der RADIANT3-Studie, in der 410 Patienten mit einem
fortgeschrittenen pNET randomisiert
entweder neben der best supportive care
Everolimus ( 10 mg einmal täglich) oder
Placebo erhielten. Unter dem mTORInhibitor lebten die Patienten im Durchschnitt 44.2 Monate, unter Placebo
dagegen nur 37.7 Monate. Der Unter-
Bei der BRAWO-Studie handelt es sich um eine grosse nicht-interventionelle Beobachtungsstudie, in die 3000 Patienten mit fortgeschrittenem
bzw. metastasiertem Hormonrezeptor-positiven und HER2-negativen Mammakarzinom mit Exemestan plus Everolimus behandelt werden.
schied war zwar nicht statistisch signifikant (p = 0.3), was aber mit der relativ
hohen cross over-Rate zusammenhängen könnte; denn 85% der Patienten
wechselten im Verlauf der Studie vom
Placebo- in den Everolimus-Arm. Die
häufigsten Nebenwirkungen der Therapie waren Stomatitis (53.9% vs. 13.3%),
Hautausschlag (52.5% vs. 15.8%9, Diarrhoe (48.0% vs. 23.6%) und Fatigue
(44.6% vs. 26.6%). „Mit zunehmender
Dauer der Therapie verbesserte sich die
Nutzen-Risiko-Relation“, sagte Prof. Dr.
med. James Yao, Houston.
Quelle: Vortrag im Rahmen des ESMO 2014,
27.9.2014 in Madrid.
Nicht-kleinzelliges Bronchialkarzinom
Ceritinib verlängert das
progressionsfreie Überleben
um 18 Monate
impressum
ALK-positive Patienten mit einem
nicht-kleinzelligen
Bronchialkarzinom profitieren von einer Therapie mit dem ALK-Inhibitor Ceritinib
(ZykadiaTM), d.h. das progressionsfreie Überleben wird durchschnittlich um 1.5 Jahre verlängert.
Im Rahmen einer Studie erhielten 246
Patienten mit einem nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinom, die ALK+ (anaplastic lymphoma kinase-positiv) waren,
Plazebo kontrolliert den ALK-Inhibitor
Ceritinib in einer Dosierung von 750 mg
täglich. Mit dem ALK-Inhibitor konnte
das Leben um 18 Monate verlängert
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Redaktion: Dr. Heidrun Ding (hd)
Berichterstattung:
Eleonore E. Droux, Dr. med. Peter Stiefelhagen
werden. Das progressionsfreie Überleben nahm um 9 Monate zu bei einer
Gesamtansprechrate von 61.8%. Der
positive Effekt war unabhängig davon,
ob der Patient bereits vorher mit einem
ALK-Inhibitor behandelt wurde. Auch
Patienten mit Hirnmetastasen profitierten von der Therapie, d.h. bei ihnen
lag die Gesamtansprechrate bei 55.6%.
„Gerade für Patienten mit Hirnmetastasen dürfte diese Therapie sehr vorteilhaft
sein“, sagte Prof. Dr. med. Enriqueta
Felip, Hebron.
Quelle: Vortrag beim ESMO 2014, 27.9.2014 in Madrid
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Abb. 1: Progressionsfreies Überleben (erste 500 Patientinnen)
Die Rationale für die BRAWO (Breast
Cancer Treatment with Everolimus and
Exemestane for ER+HER2-Women) Studie ist die Überprüfung der Kombinationsbehandlung im klinischen Alltag,
nachdem im Rahmen der BOLERO2-Studie die zusätzliche Gabe des mTORInhibitors Everolimus (Afinitor®) zu dem
Aromatasehemmer Exemestan bei mehrfach vorbehandelten Frauen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom und einer
Resistenz gegenüber einer Hormontherapie das mediane progressionsfreie Überleben um mehr als 6 Monate verlängern
konnte. Diese Studie wurde nach einer
Interimsanalyse vorzeitig beendet. Das
mediane progressionsfreie Überleben lag
unter der kombinierten Therapie bei 7.8
Monaten im Vergleich zu 3.2 Monaten
unter der alleinigen Exemestanbehandlung. Die Vergleichswerte bei einer zentralen Auswertung betrugen 11.0 Monate
vs. 4.1 Monate.
Ziel der BRAWO-Studie ist es,
Erkenntnisse aus der Routineversorgung
mit dieser Kombination im Hinblick auf
Effizienz, Lebensqualität und Prophylaxe
und Therapie der Stomatitis zu gewinnen und mit den BOLERO-Daten zu
vergleichen. Jetzt wurden die Ergebnisse
der ersten 500 Patientinnen ausgewer-
tet. Insgesamt waren die Patientinnen in
der BRAWO-Studie etwas älter (66 vs. 62
Jahre) und auch in einem etwas schlechteren Allgemeinzustand. Der Anteil der
Patientinnen mit einer viszeralen Metastasierung war in beiden Studien etwa
gleich gross (53.7% vs. 58%). „Das mediane progressionsfreie Überleben lag in
der BRAWO-Studie bei 8 Monaten und
entsprach somit genau dem Ergebnis der
BOLERO-Studie“, sagte Prof. Dr. med.
Peter Fasching, Erlangen. Gleiches gilt
für die Patientinnen, die die Kombination als First-Line-Therapie erhielten.
Bei ihnen betrug das progressionsfreie
Überleben in der BRAWO-Studie 10.1
Monate, in der BOLERO-Studie 11.5
Monate. Auch die Gesamtkomplikationsrate war nicht unterschiedlich. Doch
der Anteil der Patientinnen mit einer
Stomatitis lag in der BRAWO-Studie
mit 39.8% deutlich niedriger als in der
BOLERO-Studie mit 59%. Die Erklärung dafür ist: 86.8% der Patientinnen in
der BRAWO-Studie erhielten eine Stomatitisprophylaxe in Form von Empfehlungen (Mundhygiene, Vermeiden
kalter, süsser, salziger Speisen, Kühlung,
Verzicht auf Mundwasser).
Quelle: Vortrag im Rahmen des ESMO, 28.9.2014
in Madrid.
ISSN: 1664-8390
Beilage: ESMO-Kongressausgabe
der info@onkologie
info@onkologie _ ESMO Kongress 2014
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