Weg eines Arzneimittels im Organismus 1 I I

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Wird ein sofortiger Wirkungseintritt erwartet, so muss eine parenterale Arzneiform gewählt werden. Wird dagegen eine lange Wirkdauer angestrebt, so wählt
man eine Arzneiform, bei welcher die Arzneisubstanz erst nach einem Resorptionsvorgang wirksam wird.
Auch der Gesundheitszustand des Patienten erlaubt nicht immer die Anwendung
bestimmter Arzneiformen. So können z . B . bewusstlose Patienten keine Tabletten einnehmen.
Weg eines Arzneimittels
im Organismus
In Abbildung 5.1 sind die wichtigsten Vorgänge, die nach der oralen Gabe eines
Arzneimittels im Organismus ablaufen, schematisch dargestellt. Die Wirkung eines
Arzneimittels hängt also nicht allein von seinen pharmakodynamischen Eigenschaften (Wirkungsmechanismus), sondern auch in hohem Maße vom pharmakokinetischen Verhalten (Resorption, Verteilung, chemische Umwandlung, Ausscheidung) ab.
Pharmazeutische
Phase
Applikation
Zerfall der Arzneiform
Auflösung der Wirkstoffe
Pharmakokinetische
Phase
Eiweißbindung
(Speicherung)
1
t
S. Ef1* r-/<'tt>
ob**)
Unter der Resorption eines Arzneistoffs versteht man seine Aufnahme in die
Blutbahn durch Oberflächen des Körpers wie Haut oder Schleimhäute, oder von
begrenzten Stellen des Körperinneren wie einem Muskel oder dem Unterhautgewebe. Die Membranen stellen dabei Resorptionsbarrieren dar. Die Resotption ist
jedoch eine Voraussetzung f ü r die Wirkung eines Arzneistoffs, sofern dieser nicht
direkt an den Wirkort appliziert wird. Meist überwinden die Arzneistoffe Resorptionsbarrieren (Membranen) durch passive Diffusion.
Die Geschwindigkeit, mit der ein Arzneistoff durch die Membranen aufgenommen wird, und die Menge des Arzneistoffs, die in die Blutbahn gelangt, ist von
vielen Faktoren abhängig, wie von den chemischen Eigenschaften und der Teilchengröße des Arzneistoffs, von der Arzneiform, der Gewebedurchblutung, der
Dosierung und anderen.
Resorption
Chemische Umwandlung
(Biotransformation)
I
Verteilung
Ausscheidung
I
Wirkort (Rezeptoren)
Pharmakodynamische
Phase
Pharmakologischer Effekt
Klinische Wirkung (Wirksamkeit)
Toxische Wirkung
Abb. 5.1: Nach oraler Gabe eines Arzneimittels im Organismus ablaufende Vorgänge
Verabreichung
Die Verabreichung von Arzneimitteln wird auch Applikation genannt. Arzneimittel können auf verschiedene Arten verabreicht werden. —P Siehe
leAr \fa(4fe\ E1 S.lty-, Abschnitt
stf-S - D i e häufigsten Verabreichungsarten sind die orale, parenterale, rektale, kutane und lokale Verabreichung.
Die Applikationsart und der Applikationsort sowie die Arzneiform richten sich
nach:
•
•
•
•
Resorption ~p
Eigenschaften des Arzneistoffs,
gewünschtem Wirkungseintritt und gewünschter Wirkdauer,
Wirkort,
Gesundheitszustand des Patienten.
Verteilung
Nach erfolgter Resorption befinden sich die Arzneistoffe zunächst i m strömenden Blut und werden mit ihm verteilt. A u f Grund der sich daraus ergebenden
unterschiedlichen Arzneistoffkonzentrationen zwischen Blut und Gewebe hat
der Arzneistoff das Bestreben, die Blutbahn i n Richtung Gewebe zu verlassen
und in dieses einzudringen. Durch diese Vorgänge erfolgt eine Verteilung des
Arzneistoffs im gesamten Organismus. Allerdings muss der Arzneistoff, wie bei
der Resorption, auch bei der Verteilung verschiedene Membranen durchdringen,
um in alle Teile des Organismus gelangen zu können, £..."]
Die Verteilung eines Arzneistoffs i m Organismus ist dann ungleichmäßig, wenn
der Arzneistoff sich i n bestimmten Stellen im Körper bevorzugt anreichert oder
mit körpereigenen Stoffen eine Verbindung eingeht. Dieses Phänomen wird
Speicherung genannt. £ _ *J
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Biotransformation
Unter Biotransformation (Metabolismus) versteht man die chemische Umwandlung eines Stoffs i m Organismus, meist mit dem Ziel, einen wasserlöslichen Stoff
zu erhalten, der gut über die Nieren ausgeschieden werden kann. Fettlösliche
Stoffe lassen sich nur sehr schlecht über die Nieren ausscheiden. Sie werden weitgehend aus den Nierenkanälchen rückresorbiert M i t Hilfe von Enzymen können
sie besser wasserlöslich und somit ausscheidungsfähig gemacht werden.
Hauptumwandlungsorgan ist die Leber, wo viele Enzyme produziert werden. £ . . '
Bei vielen Arzneistoffen besitzt sowohl der Arzneistoff selbst als auch das U m wandlungsprodukt (Metabolit) eine bestimmte Wirksamkeit. Es ist möglich, dass
ein verabreichter Arzneistoff wenig wirkt und erst sein Umwandlungsprodukt
die dem Arzneimittel zugesprochene Wirkung ausübt
.
First-pass-Effekt
Das gesamte venöse Blut aus dem Bereich des Magen-Darm-Kanals und die darin
enthaltenen Arzneistoffe gelangen nach der Resorption zunächst über die Pfortader
in die Leber. Bevor ein aus dem Magen-Darm-Kanal resorbierter Arzneistoff über
das Herz den gesamten Organismus erreicht, muss er zuerst die Leber passieren.
Für die Wirksamkeit eines Arzneistoffs ist es somit von ausschlaggebender Bedeutung, i n welchem Ausmaß und in welcher A r t der Arzneistoff bei seinem ersten
Durchtritt durch die Leber chemisch verändert (biotransformiert) wird. M a n bezeichnet diesen Vorgang als First-pass-Effekt (s. Abb. 5.3).
(Magen-)
Darm-Wand
Magen-Darm-Lumen
Blutgefäße
l
Fester Ar/.neistc'i
\
Ausscheidung von Arzneistoffen
Die Ausscheidung eines Arzneistoffs und seiner Umwandlungsprodukte kann
über verschiedene Wege erfolgen, vorwiegend über:
•
°
D
Niere (mit dem U r i n = renal),
Leber und Galle (mit den Fäzes = biliär),
Lunge (mit der Atemluft = pulmonal).
Neben den genannten Ausscheidungswegen können Arzneistoffe auch durch die
Haut oder über die Dannschleimhaut ausgeschieden werden. Diesen Ausscheidungswegen kommt allerdings eine untergeordnete Bedeutung zu. Dagegen kann
bei der stillenden Frau eine nicht zu vernachlässigende Menge eines Arzneistoffs
oder seiner Umwandlungsprodukte in die Muttermilch und so in den kindlichen
Organismus gelangen. Dies kann z u Vergiftungen des Säuglings führen.
Niere
Die Nieren sind die weitaus wichtigsten Ausscheidungsorgane.
Lösung
Biotransformation
(enteraler
First-pass-Effekt)
Biotransformation
(hepatischer
First-pass-Effekt)
Abb. 5.3: First-pass-Effekt in schematischer Darstellung
Enzymhemmung
Eine Enzymhemmung kann bei Arzneistoffen oder Genussstoffen (coffeinhaltige
Getränke wie Kaffee, Schwarztee, Cola, Energy-Drinks etc.) zu einer Verstärkung und/oder Verlängerung der Wirkung führen. Eine Enzymhemmung ist dosis- bzw. konzentrationsabhängig und tritt schnell nach der Gabe einer ausreichenden Dosis des betreffenden Stoffs auf
Alter
A u c h das Alter des Patienten kann die Biotransformatton beeinflussen. So haben
Neugeborene ein noch nicht ausgereiftes Enzymsystem, wodurch bestimmte A r z neistoffe nur verzögert umgewandelt werden. B e i Kindern i m Alter von 1 bis 8
Jahren ist die Umwandlungsrate dagegen erhöht. I m höheren Alter schließlich
lässt die Enzymalctivität nach und die Leberdurchblutung wird verringert, sodass
die Umwandlungsgeschwindigkeit reduziert, die Wirksamkeit erhöht und die
Wirkdauer verlängert wird. Zudem ist i m Alter oft die Eiweißbindung der Arzneistoffe wegen einer verringerten Plasmaeiweißkonzentration erniedrigt. Dadurch
steigt der freie (ungebundene) Anteil des Arzneistoffs, wodurch die Wirksamkeit
zunehmen kann.
Q..J
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