Mathematik IV für Informatiker. Testklausur SS 2017. Prof. Dr. Bernd Hofmann, Dr. Jens Flemming TU Chemnitz, Fakultät für Mathematik Diese Testklausur soll ihnen einen Eindruck von der im Juli zu schreibenden Klausur geben. Bearbeiten Sie diese möglichst selbstständig. Eine Korrektur findet nicht statt. Fragen zu Lösungen und Lösungswegen können gern an den Übungsleiter gerichtet werden. 1. Bitte kennzeichnen Sie alle von Ihnen abgegebenen Zettel mit Ihrem Vornamen, Nachnamen und Ihrer Matrikelnummer. 2. Die Bearbeitungszeit beträgt 90 Minuten. 3. Achten Sie beim Lösen der Aufgaben darauf, dass alle Lösungsschritte nachvollziehbar dargestellt sind. Konkret bedeutet das die Angabe aller benötigten Ereignisse, Zufallsgrößen und eventueller Voraussetzugen. 4. Das Lösen der Zusatzaufgaben kann Ihnen zusätzliche Punkte bringen. 5. Bitte benutzen Sie für jede Aufgabe ein neues Blatt. 6. Als Hilfsmittel sind zugelassen: Ein Taschenrechner, eine Formelsammlung, ausgegebene Blätter zu Konfidenzintervallen und Tests sowie Tabellen für Verteilungsfunktionen und Quantile, zwei selbst erstellte Blätter, die keine Beispiele und Lösungen von Aufgaben und keine Definitionen enthalten. 7. Geben Sie Ihre Lösungen zusammen mit diesem Deckblatt, mit Ihrem Namen und Matrikelnummer versehen, sowie dem gedruckten Aufgabenblatt ab. Name: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Matrikelnummer: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 2 3 4 5 Σ Z1 Z2 7 6 5 5 7 30 2 2 1 1. Urne: Aus einer Urne, welche m weiße und n schwarze Kugeln enthält, werden nacheinander zwei Kugeln gezogen, die jeweils nicht zurückgelegt werden. Es ist bekannt, dass die erste gezogene Kugel mit Wahrscheinlichkeit 41 weiß ist. Weiterhin ist die zweite Kugel mit Wahrscheinlichkeit 17 weiß, wenn schon die erste gezogene Kugel eine weiße war. (a) Berechnen Sie m und n unter Verwendung der gegebenen Wahrscheinlichkeiten! (b) Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die zweite gezogene Kugel schwarz ist? (c) Mit welcher Wahrscheinlichkeit war die erste gezogene Kugel weiß, wenn die zweite schwarz ist? Lösung. (a) Das Ziehen von Kugeln aus einer Urne ist ein Laplace-Experiment. Es bezeichne Wi das Ereignis „ Die i-te gezogene Kugel ist weiß“ (i = 1, 2). Dann haben wir folgendes gegeben: 1 1 P (W1 ) = , P (W2 ∣W1 ) = . 4 7 Allgemein gilt m m−1 P (W1 ) = , P (W2 ∣W1 ) = . m+n m+n−1 Wir erhalten also 4m = m + n 7(m − 1) = m + n − 1. und Die erste Gleichung kann umgeformt werden zu n = 3m und eingesetzt in die zweite Gleichung ergibt das 7m − 7 = 4m − 1, also m = 2. Daraus folgt dann n = 6. (b) Nach dem Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit gilt P (W2 ) = P (W2 ∣W1 )P (W1 ) + P (W2 ∣W1 )P (W1 ) m−1 m m n = + m+n−1m+n m+n−1m+n m 1 = , = m+n 4 also P (W2 ) = 1 − P (W2 ) = 3 4 (c) Nach dem Satz von Bayes gilt P (W1 ∣W2 ) = P (W2 ∣W1 )P (W1 ) P (W2 ) = n m n+m−1 m+n n m+n = m 2 = . n+m−1 7 2 2. Produktion von Leiterplatten: Eine Maschine stellt bei einem Durchlauf 200 Leiterplatten her, wobei einzelne Leiterplatten unabhängig voneinander mit Wahrscheinlichkeit 0.1 unbrauchbar sind. (a) Wie ist die Zufallsgröße X... „Anzahl der unbrauchbaren Leiterplatten aus einem Durchlauf“ verteilt? (b) Aus der Produktion eines Durchlaufs werden 10 Leiterplatten entnommen und auf ihre Funktionsfähigkeit getestet. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass höchstens eine dieser 10 Leiterplatten unbrauchbar ist? (c) Mit welcher Wahrscheinlichkeit sind mindestens 15, aber nicht mehr als 25 Leiterplatten eines Durchlaufs fehlerhaft? Hinweis: Verwenden Sie zum Lösen der Teilaufgabe (c) einen geeigneten Grenzwertsatz! Lösung. (a) X ∼ B(200, 0.1) (b) Für die Zufallsgröße Y ... „ Anzahl der fehlerhaften Leiterplatten unter den 10 entnommenen“ gilt Y ∼ B(10, 0.1). Demzufolge gilt 10 P (Y ≤ 1) = P (Y = 0) + P (Y = 1) = 0.91 0 + ( )0.1 ⋅ 0.99 = 0.736. 1 (c) Es gilt EX = np = 20 und V ar(X) = np(1 − p) = 18, wir können daher den Grenzwertsatz von Moivre-Laplace anwenden. Mit Stetigkeitskorrektur erhalten wir P (15 ≤ X ≤ 25) = P (X ≤ 25.5) − P (X ≤ 14.5) X − 20 25.5 − 20 X − 20 14.5 − 20 =P( √ ≤ √ )−P ( √ ≤ √ ) 18 18 18 18 5.5 5.5 ≈ Φ ( √ ) − Φ (− √ ) 18 18 5.5 = 2Φ ( √ ) − 1 = 0.806. 18 3. Autos zählen: Auf einer wenig befahrenen Straße kommen tagsüber an einer bestimmten Stelle durchschnittlich nur 20 Autos pro Stunde vorbei. Wir gehen davon aus, dass die Anzahl der in einem Zeitintervall vorbeifahrenden Autos durch eine Poisson-verteilte Zufallsgröße beschrieben werden kann. (a) Mit welcher Wahrscheinlichkeit wird innerhalb von fünf Minuten kein einziges Auto die Stelle passieren? (b) Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass in sechs Minuten mindestens zwei Autos vorbeifahren? (c) Wie lange muss man warten, um mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% mindestens ein Auto vorbeifahren zu sehen? 3 Lösung. Sei Xt die Anzahl der Autos die in t Minuten vorbeifahren. Nach Vor1 aussetzung gilt Xt ∼ πµt und EX60 = 20. Wegen EXt = µt folgt µ = 20 60 = 3 . (a) P (X5 = 0) = e− 3 ⋅5 = 0.189 1 (b) P (X6 ≥ 2) = 1 − P (X < 2) = 1 − P (X0 ) − P (X = 1) = 1 − e−2 − 2 ⋅ e−2 = 0.594 (c) Gesucht ist t ∈ R, sodass P (Xt ≥ 1) = 0.95. Wegen P (Xt ≥ 1) = 1 − P (Xt = 0) = 1 1 1 − e− 3 t ist dies äquivalent zu e− 3 t = 0.05 oder aber t = −3 ln(0.05) = 8.99. Man muss also knapp neun Minuten warten. 4. Typ der Zufallsgröße: Eine Zufallsgröße X besitze die Verteilungsfunktion ⎧ 0 ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ 31 F (x) = ⎨ α ⎪ ⎪ ⎪ ⎪ 3 ⎪ ⎩ 2α falls x ≤ 0, falls 0 < x ≤ 21 , falls 12 < x ≤ 32 , falls x > 32 . (a) Bestimmen Sie die Konstante α. (b) Entscheiden Sie, ob es sich um eine diskrete oder um eine stetige Zufallsgröße handelt und geben Sie je nach Entscheidung entweder die Wahrscheinlichkeitsfunktion von X als Tabelle oder die Dichtefunktion von X als Formel an. (c) Berechnen Sie den Erwartungswert EX und die Streuung D2 X. Lösung. (a) Offensichtlich ist wegen F (x) = 3α/2 = 1 für große x die Konstante α = 23 . (b) Es handelt sich um eine diskrete Zufallsgröße mit den drei Werten x1 = 0, x2 = 21 , x3 = 32 und den zugehörigen Wahrscheinlichkeiten p1 = p2 = p3 = 1 3 . Es sollte eine entsprechende Tabelle zu sehen sein. (c) EX = 23 = 0.6666. Mit EX 2 = 56 gilt D2 X = EX 2 − (EX)2 = 7 18 = 0.3888. 5. Abfüllmenge: Eine Kontrollmessung der Abfüllmenge von 20 Bierflaschen ergab folgende Werte (xi )20 i=1 (in ml) 498 504 507 499 503 503 498 500 500 497 502 498 504 510 503 503 504 492 501 500 Daraus berechnete man 20 ∑ xi = 10026 20 und i=1 2 ∑ xi = 5026324 . i=1 Wir nehmen an, dass die xi Realisierungen einer normalverteilten Zufallsgröße X sind. 4 (a) Geben Sie je eine erwartungstreue Schätzfunktion für die Varianz und den Erwartungswert von X an und berechnen Sie die zugehörigen Schätzwerte! (b) Geben Sie ein zweiseitiges Konfidenzintervall für die Standardabweichung σ zum Konfidenzniveau 1 − α = 0.95 an! Wie verändert sich das Konfidenzintervall, wenn das Konfidenzniveau größer gewählt wird? (c) Ein empörter Konsument behauptet µ ≤ 495. Lässt sich diese Hypothese anhand der vorliegenden Stichprobe mit einer Irrtumswahrscheinlichkeit von 1% widerlegen? Lösung. (a) X̄20 = 1 20 ∑ xi = 501.3 20 i=1 2 2 S20 ⎞ 1 ⎛ 20 2 1 20 (∑ xi ) = 15.274 = ∑ xi − 19 ⎝i=1 20 i=1 ⎠ (b) Es ist χ219,0.975 = 32.85 und χ219,0.025 = 8.907. Als zweiseitiges Konfidenzintervall für σ ergibt sich √ ¿ ⎡¿ ⎡√ ⎤ 2 2 ⎤ ⎢Á ⎥ ⎢ Á S S 15.274 15.274 ⎥⎥ n n ⎥ ⎢ ⎢Á Á À À 19 ⋅ , (n − 1) 2 = , 19 ⋅ ⎢ (n − 1) χ2 32.85 8.907 ⎥⎥ χn−1, α ⎥⎥ ⎢⎢ ⎢ n−1,1− α ⎣ ⎦ ⎣ 2 2 ⎦ = [2.97, 5.71] Erhöht man das Konfidenzniveau, so wird das Konfidenzintervall größer. (c) 1. H0 ∶ µ ≤ 495, H1 ∶ µ > 495 2. α = 0.01 3. T= X̄20 − 495 √ 20 = 7.209 S20 4. K = {x ∈ R ∶ x > t19,0.99 } = (2.5395, ∞) 5. T ∈ K, somit wird die Nullhypothese abgelehnt Zusatzaufgaben Z1. Randverteilung: Wir betrachten die zweidimensionale stetige Zufallsgröße (X, Y ), welche über die gemeinsame Dichtefunktion ⎧ ⎪ ⎪1 , f (x, y) = ⎨ ⎪ ⎪ ⎩0 , falls (x, y) ∈ [0, 1] × [0, 1] sonst definiert ist. Berechnen Sie die Wahrscheinlichkeiten P (A) und P (B) der zufälligen Ereignisse A = {−2 ≤ X ≤ 1} und B = {X ≤ 0.5}. Sind A und B stochastisch unabhängig? 5 Lösung. Die Randverteilungsfunktion von X berechnet sich mit der Randdichte fX (x) = 1[0,1] (x) zu FX (x) = x 1[0,1] (x), also FX (x) = 0 (x < 0), FX (x) = x (0 ≤ x ≤ 1), FX (x) = 1 (x > 1). Somit gilt P (A) = F (1) − F (−2) = 1 und P (B) = F (0.5) = 0.5. A und B sind stochastisch unabhängig, weil A ∩ B = B und P (A) = 1, damit P (A ∩ B) = P (A) P (B) gilt. Z2. Würfelproblem: Wir betrachten die folgende Situation: Man würfelt mit einem fairen, sechsseitigen Würfel, der mit den Zahlen Eins bis Sechs beschriftet ist. Wenn eine Sechs geworfen wurde, muss stets noch einmal gewürfelt werden (d.h. man würfelt so lange, bis man eine Zahl gewürfelt hat, die keine Sechs ist). Danach addiert man alle gewürfelten Zahlen. Die so erhaltene Zahl kann man als eine Zufallsvariable X betrachten. Berechnen Sie den Erwartungswert von X ! Lösung. Zunächst einmal wird jede Zahl von Eins bis Sechs mit der gleichen Wahrscheinlichkeit 61 gewürfelt. Wenn man eine Sechs würfelt, so erhöht sich also die Summe um 6 und gewissermaßen beginnt man dann wieder von vorn. Somit gilt für den Erwartungswert: EX = 1 5 21 1 (∑ i + (6 + EX)) = + EX 6 i=1 6 6 Umstellen nach EX liefert EX = 21 5 = 4.2. 6