Vorlesung Quanten I - TU Bergakademie Freiberg

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Stark-Effekt für entartete Zustände
Die Schrödingergleichung für das Elektron im Wasserstoff lautet
2
H 0∣nlm ⟩ = n∣nlm ⟩
mit
2
p
e
H0 =
−
2 me 4 0 r
Die Eigenfunktion und Eigenwerte dieses ungestörten Systems sind
nlm = Rnl r  Y lm   ,   ,
n = −
Ry
n2
Das Atom befinde sich nun in einem externen, homogenen elektrischen Feld.
Dieses Feld E = Eextern wird durch das elektrostatische Potenzial Φe = -|E|z
beschrieben. Eine Ladung q hat in diesem Potenzial die Energie qΦe. Für das
Elektron mit q = -e lautet der Störoperator
V = e∣
E∣ z = e∣
E∣ r cos 
Tatsächlich übt das Feld entgegengesetzt gleich große Kräfte auf das Elektron (e)
und das Proton (p) aus. Dies wird korrekt berücksichtigt, wenn die Schrödingergleichung für das Elektron im Wasserstoffatom als reduziertes Einteilchenproblem mit der reduzierten Masse μ = me/(1+me/mp) und der Relativkoordinate r =
re- rp aufgefasst wird. Im Störoperator ist dann z = r∙ez, und das elektrische Feld
wirkt auf eine relative Verschiebung zwischen Proton und Elektron hin.
158
Linearer Stark-Effekt
Wir betrachten nun die Energieverschiebung des ersten angeregten Zustands mit
dem ungestörten Energiewert
Ry
2 = −
4
Dieser Energiewert ist vierfach entartet. Die zugehörigen Eigenfunktionen sind
∣200 ⟩ = 200 r  =

  
   
1
r
r
1
−
exp
−
Y 00
3
2
a
2
a
B
B
 2 aB
∣21 m ⟩ = 21 m r  =
1
 24 a
3
B
r
r
exp −
Y  , 
aB
2 a B 1m
Wir nummerieren die Zustände von 1 bis 4:
∣i ⟩ =
∣1⟩
∣2 ⟩
∣3⟩
∣4 ⟩
=
=
=
=
∣200 ⟩
∣210 ⟩
∣211 ⟩
∣21 -1 ⟩
Wir benötigen die Matrixelemente
V ij =  ⟨ i ∣ V ∣ j ⟩  = ⟨ i ∣ e ∣ 
E ∣ z ∣ j ⟩
159
Die Diagonalelemente

⟨i ∣ V ∣ i ⟩ ∝
1
∫∣nlm∣2 cos sin  d  =∫ ∣nlm∣2 cos  d cos 
0
= 0
−1
verschwinden, weil |ψnlm| eine gerade Funktion in cosθ ist. Außerdem gilt
2
⟨ nlm ∣ V ∣ n ´ l ´ m´ ⟩ ∝
∫ d  exp[i m ' −m]
= 2   mm ´
Damit sind nur folgende Matrixelemente ungleich null (und reell):
⟨1 ∣ V ∣ 2⟩ = ⟨ 2 ∣ V ∣ 1⟩ = ⟨ 200 ∣ e ∣ 
E ∣ z ∣ 210 ⟩ = V 0
Das zu lösende Eigenwertproblem lautet also

0
V0
0
0
V0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
0
   
c1
c1
c 2 =  c 2
c3
c3
c4
c4
oder
V c =  c
Dieses Problem hat die trivialen Eigenvektoren

0
0
1
0
zu
3 = 0 ,

0
0
0
1
zu
4 = 0
160
Da V hermitesch ist, sind die beiden anderen Eigenvektoren orthogonal hierzu, also
c = (c1, c2, 0, 0 )T. Damit reduziert sich das Problem auf

0
V0
V0 0
 

c1 =   c1
c2
c2
Die Bedingung für eine nichttriviale Lösung
∣
∣
− V 0
= 2−V 20 = 0
V0
− 
ergibt Δε1,2 = ±V0. Die zugehörenden Eigenvektoren sind

1
1 1
2 0
0
1 = V 0

1
1 -1
2 0
0
2 = −V 0
∑
Die vier Spaltenvektoren legen die gestörten Zustände ∣ ⟩ =
ci∣i ⟩ fest. In
der betrachteten Ordnung der Störungstheorie lauten damit die Eigenzustände
und Eigenwerte von H0 + V:
161
2  V 0 :
∣200 ⟩  ∣210 ⟩
2
2 :
∣211 ⟩
2 − V 0 :
∣200 ⟩ −∣210 ⟩
2
∣21-1 ⟩
Die Größe der Energieverschiebung ist durch das Matrixelement V0 gegeben.
∣200 ⟩ = 200  r  =
∣210 ⟩ = 210  r  =
1
2 a
3
B
1
 24 a
3
B

  
   
r
r
exp −
Y 00
2 aB
2 aB
Y 00 =
r
r
exp −
Y  ,
aB
2 a B 10
Y 10 =
1−


1
4
3
cos 
4
V 0=⟨200 ∣ e∣
E∣z ∣ 210⟩=e∣
E∣∫ *200  r  r cos 210  r  d 3 r =

2
e∣
E∣ ∞
−r r 2
r
3
2

2
exp
1−
r
d
r
cos
sin  d  ∫ d  =
∫
∫
3
aB a B
2 aB
4 0
4 3 aB 0
0
e∣
E∣a B ∞ 4
x
x
1−
exp−x d x = −3 e∣
E∣a B
∫
12
2
0
  
 

162
2  V 0 :
∣200 ⟩ ∣210 ⟩
2
2 :
∣211 ⟩
2 − V 0 :
∣200 ⟩ −∣210 ⟩
2
∣21-1 ⟩
Die Wahrscheinlichkeitsverteilungen |ψ2,0,0|2 und |ψ2,1,±1|2 ~ sin2θ sind spiegel-
symmetrisch zur x-y-Ebene. In |ψ200 ± ψ210|2 ~ (1 ± . . . sinθ)2 ist dagegen der Schwerpunkt in ± z-Richtung, also in Feldrichtung verschoben. Die Größe der Verschiebung
ist durch die radiale Ausdehnung der beteiligten Wellenfunktionen bestimmt.
∣200 ⟩ − ∣210 ⟩
2
3 e |E| aB
∣200 ⟩, ∣210 ⟩
∣211 ⟩ , ∣21-1 ⟩
∣21 ±1 ⟩
4 entartete Niveaus
Ohne Feld
3 e |E| aB
∣200 ⟩  ∣210 ⟩
2
Mit Feld
163
Zusammenfassung
Das äußere Feld hebt teilweise die Symmetrie auf.
Wegen [V, L2] ≠ 0 ist eine Mischung verschiedener l-Zustände möglich.
Wegen [V, Lz] = 0 verschwinden die Matrixelemente von V zwischen Zuständen
mit unterschiedlichem m.
Da die Energieaufspaltung linear zum Betrag des elektrischen Feld ist, nennt man
diesen Effekt linearen Stark-Effekt.
Die Aufspaltung ist klein, für |E|=103 V/cm beträgt |V0| ~ 10-6 Rydberg.
Das Dipolmoment der Zustände ψ200 ± ψ210 beträgt ±3e aB und ist recht groß.
164
16.3 zeitabhängige Störungsrechnung: qualitative Diskussion
Die Anwendung der zeitabhängigen Störungsrechnung ist für folgende Fälle wichtig.
1. Die Störung besteht nur eine kurze endliche Zeitspanne, so dass die Fouriertransformierte ein kontinuierliches Frequenzspektrum besitzt. Der Betrag der Energieänderung hängt von der konkreten Störung ab und kann nicht einfach berechnet werden.
2. Die Störung ist periodisch:
V t =V 0 exp−i  t V 0+ expi t 
Die Addition des adjungierten Terms garantiert die Hermitezität des Störoperators.
Eine solcher Operator beschreibt die Wirkung einer elektromagnetischen Welle auf
ein geladenes Teilchen. Die Störung führt zu Übergängen mit Δε=±ћω.
Die Wahrscheinlichkeit pro Zeit (Übergangsrate), dass ein Übergang vom
Zustand n -> m stattfindet beträgt:
W n m =
2
∣⟨m∣V ± ∣n ⟩∣2 m −n ±ℏ 
ℏ
(V-=V0, V+=V0+, für εm > εn sind die – Zeichen, für εm < εn sind die + Zeichen zu nehmen.)
165
2
W n m =
∣⟨m∣V ± ∣n ⟩∣2 m −n ±ℏ 
ℏ
Die Frequenz ω kann immer positiv gewählt werden, so dass man vom Absorption
und Emission eines Photons mit der Energie ћω spricht.
Die Übergangsraten sind proportional zur Energiedichte des äußeren Feldes (V02),
sowohl für Absorption und Emission. Deshalb nennt man diesen Vorgang auch induzierte
(durch das Feld) Emission. Spontane Emission nennt man die Abstrahlung
eines Photons ohne äußeres Feld.
Die δ-Funktion bedeutet, das Übergänge zu scharfen Linien existieren. Die Frequenzen
entsprechen genau der Energiedifferenz zwischen zwei Zuständen.
(Frauenhofer entdeckte 1814 solche Absorptionslinien im Sonnenlicht.)
Die δ-Funktion ist ein Ausdruck der Energieerhaltung, die Energie ћω wird zwischen
dem Atom und dem elektromagnetischen Feld ausgetauscht.
166
16.4 Auswahlregeln
Wir beschränken uns zunächst auf die z-Komponente des elektrischen Feldes für
monochromatisches, in z-Richtung polarisiertes Licht:
 ∣cos t
E z =∣E
 ∣z cos  t
V  z ,t =−e∣E
⟨ nlm ∣ e∣
E∣z cos  t ∣ n' l ' m ' ⟩=∣
E∣cos  t [ e ∫ *nlm r  r cos  n ' l ' m'  r  d 3 r ]
Den Ausdruck in der Klammer nennt man Dipol Übergangselement bezüglich der
z-Komponente des Dipols e r. Ein Übergang ist Dipol verboten, wenn der Ausdruck für
die z-Komponente und die entsprechenden x- und y-Komponenten sämtlich Null sind.
Wenn eines dieser Matrixelemente ungleich Null ist, ist der Übergang erlaubt.
Im weiteren Beschränken wir uns auf das H-Atom und die entsprechenden Winkelanteile
 2
⟨ nlm ∣ e z ∣ n ' l ' m' ⟩∝ e ∫ ∫ Y lm cos Y l ' m' sin d d 
*
0 0
 2
⟨ nlm ∣ e x ∣ n ' l ' m ' ⟩ ∝e ∫ ∫ Y lm sin  cos  Y l ' m ' sin d d 
*
0 0
 2
⟨ nlm ∣ e y ∣ n' l ' m' ⟩∝e ∫ ∫ Y lm sin sin  Y l ' m' sin  d  d 
*
0
0
167
Für die Kugelfunktionen existieren folgende Rekursionsformeln:
cos  Y lm =a Y l1, m b Y l −1, m
sin  exp±i Y lm =c Y l 1, m±1 d Y l −1, m ±1
Die Konstanten a, b, c, d sind für die weiteren Betrachtungen unwichtig, da wir nur wissen
wollen, wann die Matrixelemente Null werden.
Weiterhin nutzen wir, dass die Kugelfunktionen ein vollständiges und orthogonales
Funktionensystem bilden:
 2
∫ ∫ Y *lm Y l ' m '
0
sin  d  d = l l '  m m'
0
Mit der ersten Rekursionsformel erhalten wir dann
 2
⟨ nlm ∣ e z ∣ n ' l ' m ' ⟩∝e ∫ ∫ Y *lm cos  Y l ' m ' sin d  d =
0 0
 2
 2
0
0
e a ∫ ∫ Y *lm Y l ' 1, m' sin d  d e b∫ ∫ Y *lm Y l ' −1, m' sin  d  d 
0
0
Das erste Integral ist nur ungleich Null für l=l'+1 und m=m', das zweite Integral nur
für l=l'-1 und m=m'.
168
Die Ausdrücke für die x- und y-Komponente des Dipolmatrixelements lassen sich
unter Nutzung der zweiten Rekursionsformel in analoger Weise auswerten.
Diese Matrixelemente sind nur ungleich Null für gleichzeitig l=l'+1 und m=m'±1 sowie
l=l'-1 und m=m'±1.
Zusammenfassung Dipolauswahlregeln
Die kompletten Auswahlregeln für einen Übergang vom Zustand a nach b lauten damit
 l=l b −l a =±1
 m=m b −m a =0,±1
Gleichzeitig muss natürlich die Energieerhaltung gelten:
=b −a = ±ℏ 
Bei einem Übergang wird ein Photon mit der Energie ћω und dem Drehimpuls ћ
absorbiert oder emittiert. Gesamtenergie und Gesamtdrehimpuls bleiben erhalten.
Ein Übergang der den Auswahlregeln nicht genügt, heißt verboten.
Innerhalb dieser Diskussion wäre ein Übergang d -> s verboten, tatsächlich existieren
solche Übergänge, allerdings mit sehr kleinen Übergangsraten (Intensitäten).
169
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