Belastungseinschätzung genetisch veränderter Tiere - ein Update Thomas Rülicke Institut für Labortierkunde Veterinärmedizinische Universität Wien 3R-Project 59-1997 Phenotype characterisation and health monitoring of transgenic mice Claudia Mertens und Thomas Rülicke References 1) The forms can be printed out from: http://www.vetmeduni.ac.at/de/labortierkunde/infoservice/dienstleistungen/ 2) Mertens C. and T. Rülicke (1999) Score sheets for individual monitoring of transgenic mice. Animal Welfare, 8; 433-438. 1. Praktische Umsetzung des 3R-Prinzips in der Zucht und Haltung von Tg Nagern 3) Rülicke T. and Mertens C (1999) Assessing transgenic animals: implications for animal welfare and experimental data. Der Tierschutzbeauftragte 2; 111-115. 2. Bereitstellung von Daten für die Behörde 3) Mertens C. and T. Rülicke (1999) Phenotype characterization and health monitoring of transgenic mice: a photo documentation, ATLA 27, p. 385 (Abstract). 3. Unterstützung der Forschenden bei der Phänotypisierung ihrer Modelle 4) Mertens C. and T. Rülicke (2000) Umfassendes Formular zur strukturierten Charakterisierung gentechnisch veränderter Tierlinien. ALTEX 17, 1/00; 15 - 21. 5) Mertens C and T. Rülicke (2000) Phänotypische Charakterisierung und Gesundheitsmonitoring transgener Tiere. Tierlaboratorium 22; 36-47. 6) Mertens C. and T. Rülicke (2000) Phenotype characterization and welfare assessement of transgenic rodents (mice). J. Appl. Welfare Science 3 (2); 127-139. 2 Belastungseinschätzung genetisch veränderter Tiere Perspektiven 1. Tierschutz / 3R-Prinzip 2. Behördliche Kontrolle 3. Wissenschaftliche Nutzen ? 4. Ethische Bewertung (Kosten - Nutzen - Analyse) 3 RICHTLINIE 2010/63/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES Artikel 3 Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck 1. „Verfahren“ jede invasive oder nicht invasive Verwendung eines Tieres zu Versuchszwecken oder anderen wissenschaftlichen Zwecken mit bekanntem oder unbekanntem Ausgang, oder zu Ausbildungszwecken, die bei dem Tier Schmerzen, Leiden, Ängste oder dauerhafte Schäden in einem Ausmaß verursachen kann, das dem eines Kanüleneinstichs gemäß guter tierärztlicher Praxis gleichkommt oder darüber hinausgeht. Dies schließt alle Eingriffe ein, die dazu führen sollen oder können, dass ein Tier in einem solchen Zustand geboren oder ausgebrütet oder eine genetisch veränderte Tierlinie in einem solchen Zustand geschaffen und erhalten wird, …. 4 RICHTLINIE 2010/63/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES Artikel 4 Grundsatz der Vermeidung, Verminderung und Verbesserung (3) Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass die Zucht, Unterbringung und Pflege sowie die Methoden, die in Verfahren angewandt werden, verbessert werden, damit mögliche Schmerzen, Leiden, Ängste oder dauerhafte Schäden ausgeschaltet oder auf ein Minimum reduziert werden. REFINEMENT Artikel 17 17 Ende Artikel des Verfahrens Ende des Verfahrens (1) Ein Verfahren gilt als beendet, ……. wenn bei genetisch veränderten, (1) Ein Verfahren als beendet, ……. wenn bei Tierlinien genetischan veränderten, neuen oder nichtgilt ausreichend charakterisierten der neuen Tierlinien an der Nachkommenschaft keine weiteren Beobachtungen Nachkommenschaft keine weiteren Beobachtungen mehr anzustellen sind mehr anzustellen oder diese nicht mehr erwartetLeiden wird, dass Schmerzen, Leiden oder Ängste oder nicht mehr erwartetsind wird, dass Schmerzen, oder diese Ängste empfindet oder dauerhafte empfindet oder dauerhafte Schäden erleidet, …….. Schäden erleidet, …….. 5 Generierung und Archivierung genetisch veränderter Linien International Knockout Mouse Consortium 7 Sequenzspezifische Endonukleasen Zinc finger Nukleasen TALE Nukleasen CRISPR/Cas9 System Gene targeting ohne ES-Zellen Pennisi (2013) Science Vol. 341 8 Nature (1992) Vol. 356 9 Mutanten mit belasteten Phänotypen (N-terminal truncated PrP expression in the mouse) Prnp -/- Tg(∆Prnp) Prnp -/- Shmerling et al., Cell, Vol. 93 (1998), 203-214 Belastungseinschätzung Welfare assessment und Phänotypisierung von ca. 5000 transgenen Mauslinien (Schweiz, 1997-2005) Belastungsbeurteilung: „gering“ „mittel“ „schwer“ 7% 5% 2% 11 Belastungseinschätzung Welfare evaluation of genetically modified mice - An inventory study of reports to the Danish Animal Experiments Inspectorate by Rikke Thon et al., (2002) Scand. J. Lab. Animal Science, Vol. 29 Belastungsbeurteilung: 21% minor discomfort 15% severe discomfort Special care with regard to animal welfare was provided in 34% of the cases. 12 Belastungseinschätzung gemäß Richtlinie 2010/63/EU Ziel: ‚Welfare‘ Profil für jede genetisch veränderte Linie • Welche Kriterien (Kriterienkatalog)? • Wie viel und welche Tiere (Generation, Alter, Geschlecht, Genotyp, Hintergrund)? • Wer begutachtet den PT der Tiere (Belastungsgrad, Zuchtstrategie, Empfehlungen bezüglich Reduction und Refinement)? • Wie werden die Daten erhoben, aufbewahrt, publiziert und aktualisiert (Datenbank, ‚Mouse Passport‘)? • Wer trägt die Verantwortung (Tierhaltung vs. Nutzer)? … sind im Gesetzt nicht festgelegt! 13 SHIRPA-protocol for comprehensive phenotype assessment SmithKline Beecham Pharmaceuticals; Harwell, MRC Mouse Genome Centre and Mammalian Genetics Unit; Imperial College School of Medicine at St Mary’s; Royal London Hospital, St Bartholomew’s; Royal London School of Medicine; Phenotype Assessment 14 European Mouse Phenotyping Resource of Standardised Screens GMC I: Primäres und/oder umfassendes PT GMC II: Hypothesen-getriebenes PT mit Einbeziehung von Umweltfaktoren GMCIII: Systematische Analyse von Pharmazeutika 15 Welfare Assessment Beurteilung der Neonaten und Absetzer Belasteter Phänotyp ? 16 Wurfkontrolle während der frühen Säugephase • Anzahl Neugeborener (Totgeburten, Kannibalismus) und Geburtstag • Wurfnummer • Besonderheiten / Beobachtungen Wurfkontrolle während der frühen Säugephase • allgemeiner Zustand der Neugeborenen • morphologische Besonderheiten (auffällige Tiere ggf. markieren) • Nahrungsaufnahme • auf prognostizierte Phänotypen achten Beobachtung und Dokumentation Mutanten mit belasteten Phänotypen (neonatale hepatische Steatose) Adk+/+ Adk-/- Boison et al., PNAS (2002) Wurfkontrolle während der frühen Säugephase Allgemeiner Zustand (auffällige Tiere kennzeichnen und dokumentieren) Dokumentation beim Absetzen: Termin, Anzahl (Differenz), Geschlecht, Verbleib Welfare Assessment Beurteilung der Neonaten und Absetzer Belasteter Phänotyp? nein ja Dokumentation (Auf-) Zucht + Haltung Information der Behörde, PT-Charakterisierung Belasteter Phänotyp? ‚Welfare‘ Profil (Schweregrad) 22 Mutanten mit belasteten Phänotypen S49P (mutant neuroserpin inclusion bodies) -/- S52R +/- 23 months 21 months Galliciotti et al., A J Pathol. (2007) Vol. 170 Welfare Assessment Beurteilung der Neonaten und Absetzer Belasteter Phänotyp? ja nein Dokumentation (Auf-) Zucht + Haltung ja Information der Behörde, PT-Charakterisierung Belasteter Phänotyp? nein ‚Welfare‘ Profil (Schweregrad) Datenbank 24 http://phenome.jax.org 25 http://phenome.jax.org Mouse strain: C57BL/6J Phenotype data • appearance and coat color • behavior • blood--clinical chemistry • blood--hematology • blood--lipids • blood--xenobiotics • body composition • body weight size and growth • bone • brain • cancer • cardiovascular • cell and tissue damage • development • ear • • • • • • • • • • • • • • • endocrine eye gallbladder immune system ingestive preference kidney liver metabolism muscle nervous system neurosensory reproduction respiratory sleep patterns spleen 26 Belastungseinschätzung und Genehmigungsverfahren 1. Vorgangsweise bis zur Beendigung des Status Quo? 2. Genehmigungsverfahren: Meldung an die Behörde (wann, wie und welche Linien?) 3. Anerkennung einer prospektive Belastungseinschätzung (auf der Grundlage welcher vorhandenen Informationen)? 4. Angaben zur Anzahl der beantragten Tiere für die Zucht! 5. Festlegung der Beurteilungskriterien und einheitliche Gestaltung der Datensammlung! 6. Belastungskatalog für genetisch veränderte Tiere. FELASA Recommendation 27