–1– Rainer Dombois Wohlfahrtmix und kombinierte Strategien sozialer Sicherung - Einleitende Überlegungen1 (erschienen in: Peripherie, Nr. 69/70, S. 7-24) In den letzten beiden Jahrzehnten haben in den meisten europäischen Ländern Verbreitung, Dichte und Niveau sozialstaatlicher Sicherungen deutlich abgenommen. Die Fortführung der sozialen Politiken, die sich darauf richten, Lebensverhältnisse zu stabilisieren, eine Mindestversorgung auch in Risikosituationen zu sichern und insgesamt soziale Rechte zu garantieren, trifft auf ökonomische Probleme, zunehmend aber auch auf politischen Widerspruch. Im Globalisierungsprozeß verlieren nationale Institutionen und Politiken nicht nur an Steuerungskraft. Wie die ‘Standortdebatte’ belegt, wird ihre Legitimität auch zunehmend an ihrem Beitrag zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit gemessen. Zugleich ist aber auch die nicht nur im neoliberalen Lager verbreitete Kritik an den ‘sozialen Kosten’, den kontrollierenden und autoritären Funktionen des Wohlfahrtsstaats nicht mehr zu übersehen. Insgesamt wird immer deutlicher, daß die wohlfahrtsstaatliche Konfiguration, die zum Maßstab sozialer Sicherung genommen wurde, eher eine historische Ausnahmesituation gewesen ist und nicht historischer Zielpunkt (vgl. Lutz 1984). Mehr noch als in den Industrieländern sind in den Ländern der Dritten Welt wohlfahrtsstaatliche Einrichtungen und Politiken unter Druck geraten, obwohl hier die institutionellen Systeme sozialer Sicherung nicht zuletzt aufgrund der nur begrenzten Bedeutung formeller, institutionalisierter Arbeitsmärkte in dem heterogenen Erwerbssystem niemals eine ähnliche Verbreitung und ein ähnliches Niveau wie in den europäischen Industrieländern gewonnen haben. Staatliche Systeme sozialer Sicherung sind meist überhaupt erst in den letzten Jahrzehnten institutionalisiert worden, haben sehr viel begrenztere und sozial selektive Wirkungs- und Geltungsbereiche und lassen Raum für ein breites Spektrum unterschiedlicher Systeme und Muster sozialer Sicherungen. Aber selbst die institutionellen Systeme, die nur selektiv wirkten und ein niedriges Niveau hatten, haben als Folge von Inflation und Strukturanpassung Funktionen sozialer Sicherung eingebüßt; oft bereits vorher in der Krise, bot die neoliberale Wende auch den Anlaß zu ihrer Restrukturierung, so in manchen Ländern auch zu ihrer Privatisierung. Die Diskussion über die Krise der sozialen Sicherung konzentriert sich (hier wie dort) auf die veränderte Rolle des Staates, deren Auswirkungen auf die PERIPHERIE NR. 69/70, JAHRGANG 1998, S. XX– XX IKO VERLAG – FRANKFURT/M. –2– soziale Sicherung und Versorgung der Bevölkerung und die Vertiefung der sozialen Ungleichheit. Sie verdeckt den Blick auf andere Institutionen, Praktiken und Ressourcen der ‘Wohlfahrtsproduktion’, die nicht unter staatlicher Regie stehen. Tatsächlich bilden sozialstaatliche Vorkehrungen nur einen, freilich höchst bedeutsamen Pfeiler sozialer Sicherungssysteme. Soziale Sicherungssysteme setzen sich vielmehr aus verschiedenen Versorgungsquellen, mit jeweils unterschiedlichen Institutionen, Akteuren, Zugangsbedingungen, normativen Grundlagen und Regelungsformen zusammen; sie bauen auf spezifischen gesellschaftlichen ‘Welfare Mixes’ auf. Auch ist davon auszugehen, daß Menschen hier wie dort in ihren Strategien der sozialen Sicherung auf verschiedene Quellen verwiesen sind; dies ist insbesondere in Gesellschaften der Dritten Welt vielfach untersucht worden und wird auch durch zahlreiche Beiträge im vorliegenden Heft nachdrücklich belegt. Sie mögen sich zwar für einzelne Risiko- oder Notsituationen auf staatliche Ressourcen stützen, sind im übrigen aber auch auf andere Ressourcen angewiesen, so die Versorgung über den Markt, den Betrieb, durch die Familie oder soziale Beziehungsnetze. Freilich sind nicht alle Versorgungsquellen allen gleichermaßen zugänglich; die Art und Weise, wie Personen die verschiedenen Ressourcen in ihren Strategien kombinieren und nutzen können, ist geprägt durch die gesellschaftliche Ungleichheit, die Ungleichheit zwischen Gesellschaften wie auch innerhalb von Gesellschaften. Im folgenden möchte ich zunächst das Spektrum der ‘Produzenten’ sozialer Sicherung beleuchten und kurz jeweils die Zugangsbedingungen, Reichweite und sozialen Umverteilungswirkungen diskutieren, um dann in freilich sehr pauschaler Weise Unterschiede zwischen Systemen und Strategien sozialer Sicherungen in europäischen ‘Wohlfahrtsstaaten’ und Ländern der dritten Welt zu umreißen. Abschließend werden Auswirkungen der Erosion sozialstaatlicher Sicherungen skizziert. Wohlfahrtsmix und soziale Sicherungssysteme Soziale Sicherung im einem weiteren Sinn zielt auf eine Versorgung, die sozioökonomische und kulturelle Grundbedürfnisse - Einkommen, Ernährung, Wohnung, Ausbildung, Gesundheit - befriedigt und den Menschen eine Lebenshaltung auf einem gesellschaftlichen Mindestniveau sichert (Rose 1986). In einem engeren Sinne umfaßt soziale Sicherung die Vorkehrungen und Praktiken, die vor Notlagen schützen und auch in Risikosituationen der Lebensführung Stabilität und Stetigkeit geben sollen. Solche Risiken sind vor allem mit Situationen, sozialen Lagen und Lebenslagen verbunden, die es den Menschen schwierig oder unmöglich machen, aus eigenen Kräften für ihren Lebensunterhalt zu sorgen, und sie von Dienstleistungen oder Zuwendungen abhängig werden läßt: Armut, Erwerbslosigkeit, Krankheit, Invalidität, Alter, Ausbildung, Schwangerschaft und Zeiten der Kinderversorgung (vgl. Schmidt –3– 1998). Maßstäbe dessen, was als Grundversorgung oder als ‘angemessene’ Lebensführung gilt, sind dabei in starkem Maße gesellschaftlich bestimmt, variieren nicht nur zwischen Gesellschaften, sondern auch zwischen gesellschaftlichen Gruppen, seien sie durch Klassen, Schichten oder ethnische Gruppen bestimmt. Bezieht man das gesamte Spektrum der Not- und Risikosituationen ein, auf die sich soziale Sicherung richtet, so wird deutlich, das selbst noch in den reichen Industrieländern der ‘Wohlfahrtsstaat’ nur einen Teil der sozialen Sicherung übernimmt oder organisiert. Soziale Sicherung ist, wie die neuere sozialpolitische Diskussion hervorhebt, Resultante eines ‘Welfare Mix’ (vgl. Rose 1986) oder eines ‘Wohlfahrtspluralismus’ (Evers & Olk 1996), zu dem verschiedene Institutionen und Akteursgruppen beitragen. Soweit sie zu ihnen Zugang haben, greifen die Menschen in ihren Strategien der sozialen Sicherung jeweils auf verschiedene Versorgungsquellen zurück und kombinieren sie. Als Institutionen der Produktion sozialer Sicherung werden neben dem Staat (und intermediären ‘Non - Profit - Organisationen) vor allem der Markt, die Haushalte und informelle Netzwerke genannt (Rose 1985: 14; Evers & Olk 1996: 14ff.) - es rücken damit in den Industrieländern bislang unterbelichtete soziale Institutionen ins Blickfeld, deren Bedeutung in entwicklungssoziologischen und anthropologischen Studien seit langem hervorgehoben wird (vgl. etwa Elwert u.a. 1983). Der Staat stellt durch das Erziehungswesen, die Gesundheitsversorgung, nicht zuletzt durch Fürsorge und Sozialversicherung Kollektivgüter bereit. Auch wenn sie nicht als Waren marktförmig getauscht werden, also in ‘dekommodifizierter’ Form erscheinen, werden sie als Finanzierungsbeträge, Kosten und Leistungen, monetär erfaßt und ausgedrückt. Die Ansprüche der Bürger sind rechtlich geregelt. Sind sie an Staatsbürgerrechte gebunden, dann haben sie einen hochgradig allgemeinen, nicht exklusiven Charakter; begründen sie sich aus dem Erwerbsstatus, reproduzieren sie die soziale Ungleichheit des Erwerbssystems. Versorgungsleistungen, die auf dem Markte gekauft werden, haben Warencharakter: sie werden für den Markt produziert und haben ihren (monetären) Preis. Marktförmige Sicherung hat aber ihre deutlichen Begrenzungen. Erstens sind, wenn es auch keine formellen Zugangsbeschränkungen gibt, die Chancen der Versorgung über den Markt vom ‘ökonomischen Kapital’ der Menschen abhängig, d.h. vor allem von Vermögen und Einkommen. Die ‘anonyme Sozialpolitik des Marktmechanismus’ (Rosenberg) wirkt daher sozial hochgradig selektiv, ‘belohnt die Starken und vernachlässigt die Schwachen’ (Schmidt 1998, 194) und schließt zumal diejenigen schnell aus, die weder über Ersparnisse noch über Kapital verfügen. Zweitens sind bestimmte Wohlfahrtsgüter nicht allein durch marktförmige, individuelle Tauschakte zu erwerben. De Swaan hat dies am Beispiel von Seuchen und Alltagskriminalität deutlich gemacht: Reiche können zwar individuelle medizinische Versorgung oder Wachdienste, nicht aber Gesundheit –4– und Sicherheit kaufen (Vgl. de Swaan 1985, Kapitel 1 und 3). Schließlich sind auch bestimmte Qualitäten von Versorgungsleistungen über den Staat oder über den Markt kaum zu bekommen, weil sie in monetarisierten Beziehungen nur schwer zu erbringen sind. Eine elementare Rolle für die soziale Versorgung und Sicherung spielt der Haushalt und dabei insbesondere die Arbeit von Frauen (vgl. dazu den Beitrag von Heide Mertens in diesem Heft). Es ist der Haushalt, in dem nicht nur ein beträchtlicher Teil von Gütern des alltäglichen Konsums hergestellt wird, sondern auch grundlegende soziale Dienstleistungen - wie Pflege und Erziehung der Kinder, Kranken- und Altenpflege - erbracht werden. Auch wenn innerhalb von Haushalten beträchtliche monetäre Transfers stattfinden, ist für Versorgungsleistungen des Haushalts charakteristisch, daß sie nicht monetarisiert sind, weder für Geld produziert noch erworben werden. Sie gründen weder auf dem cash nexus noch auf rechtlichen Ansprüchen, sondern auf sozialen Verpflichtungen und Reziprozitätsbeziehungen; die gegenseitigen Ansprüche werden durch die sozialen Rollen und den Status der Personen im Haushaltszusammenhang definiert. Es hängt aber von der Zusammensetzung der Haushalte, von den persönlichen Beziehungen und den in ihnen angelegten gegenseitigen Verpflichtungen, schließlich auch den materiellen Ressourcen ab, ob Haushalte die gesellschaftlich zugewiesenen Versorgungs- und Sicherungsfunktionen auch erfüllen können. Die Veränderungen der Familienstrukturen und der Formen des Zusammenlebens stellen - darauf wird später zurückzukommen sein - die sozialen Sicherungsfunktionen des Haushalts infrage. Aber gerade dies legt es nahe, den Blick über die engen Grenzen des Haushalts hinaus und auf die weiteren sozialen Zusammenhänge zu lenken, die für die soziale Versorgung und Sicherung eine wichtige Rolle spielen. Die Personen, die als Singles, Paare, Klein- oder Großfamilien, Einelternfamilien usw. Haushalte bilden, sind ja in weitere soziale Netze von Beziehungen auf familiärer, wahlverwandtschaftlicher, freundschaftlicher, beruflicher, regionaler oder ethnischer Basis eingebunden, durch die - mehr oder weniger verbindliche Versorgungsverpflichtungen und Ansprüche definiert werden. Auf die systematische Bedeutung sozialer Netze für die soziale Sicherung haben vor allem entwicklungssoziologische Studien hingewiesen. Bereits Polany, die derzeitige ethnologische Diskussion auswertend, hatte mit Reziprozität und Redistribution zwei Prinzipien benannt, die er als charakteristisch für den sozialen Austausch und die soziale Einbettung des Wirtschaftens in traditionellen Gesellschaften ansah (Polany 1995: 77ff.). Auch neuere Studien belegen die große Rolle, die Solidarität und soziale Verpflichtungen in sozialen Netzen für Situationen des Einkommensausfalls, Krankheit, Alter oder Betreuung der Kinder nach wie vor spielen. In seiner Studie über ein westafrikanisches Bauerndorf etwa unterschied Elwert vier verschiedene, sich überlagernde Netze, die jeweils reziproke Ansprüche und Verpflichtungen der Individuen definierten: das Verwandtschaftschaftssystem, –5– durch Heirat begründete Allianzbeziehungen, Vereinigungen auf gegenseitige Hilfe und die Beziehungen zwischen guten Freunden (Elwert 1980: 353). Von der Familie, über die verbreitete Institution der Wahlverwandschaft des compadrazgo , die sozial exklusiven Zirkel, wie sie in privaten Bildungseinrichtungen und Clubs ausgebildet werden, bis hin zu Selbsthilfevereinigungen wie Spar- und Kreditvereinen und gewerkschaftlichen Solidarfonds - dies alles sind soziale Austauschbeziehungen jenseits von Staat und Markt, mit denen sich mehr oder weniger präzise definierte und abgestufte Ansprüche und Verpflichtungen auch der sozialen Sicherung verbinden (Granovetter 1993). Sie können, wie auch Elwert feststellt, keineswegs als Relikte ‘traditioneller’ Gesellschaft angesehen werden. Sie verändern aber mit dem sozialen Wandel ihre Formen und ihr relatives Gewicht im Welfare - Mix.2 So sehr es auch an Armut und mangelhafter sozialstaatlicher Versorgung liegen mag, daß sozialen Netzen in Ländern der Dritten Welt derart strategische Sicherungsfunktionen zukommen - der Blick auf die Fremde schärft die Wahrnehmung für die Bedeutung, die soziale Netze und die in ihnen definierten und sanktionierten reziproken Versorgungspflichten und -ansprüche auch in unseren Breiten haben: für die Pflichten der Eltern gegenüber den Kindern und der Kinder, vor allem der Töchter, gegenüber den Eltern, auch wenn sie nicht in einem Haushalt zusammenleben; für Formen solidarischer, aber alles andere als altruistischer Unterstützung in informellen oder formellen Selbsthilfeassoziationen oder in der Nachbarschaftshilfe; für Freundschaftsdienste, Gefälligkeiten und ‘Erkenntlichkeiten’, die oft genug zuvor wenig klar definierten ‘Beziehungen’ erst Verbindlichkeit geben und verläßliche gegenseitige Erwartungen begründen: sie können sich in Informationen, Empfehlungen oder Hilfen ausdrücken, die Vergünstigungen auf den Märkten verschaffen oder es erleichtern, Ansprüche geltend zu machen.3 Die Haushalte sind in diesem Zusammenhang nicht mehr als, freilich höchst bedeutsame, Knotenpunkte, und die Familienbeziehungen bilden Kernstrukturen weitläufigerer sozialer Netze, in denen sozialer Austausch stattfindet und gegenseitige Rechte und Pflichten sozialer Versorgung und Sicherung definiert werden. Ein zentrales Moment sozialer Sicherung ist daher das Sozialkapital von Personen, wie Bourdieu schreibt „die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens und Anerkennens verbunden sind; es handelt sich dabei um Ressourcen.“ (Bourdieu 1983: 190f.). Sozialkapital ist an die Zugehörigkeit zu Gruppen, also den sozialen Status gebunden; die Ressourcen - materielle Zuwendungen, Dienstleistungen, Informationen - hängen von der Größe und Dichte der Netzwerke, der Machtstellung von Personen und der Verbindlichkeit von gegenseitigen Erwartungen ab. Sozialkapital ist, zumal es in hohem Maße gegen ökonomisches Kapital konvertierbar ist, sozial sehr ungleich verteilt. Im Gegensatz zum Äquivalententausch auf dem Markt haben Versorgungsleistungen aus sozialen Netzwerken meist den Charakter von –6– Zuwendungen, die keine unmittelbaren Gegenleistungen verlangen. Sie begründen aber für den Geber - oft diffuse - Erwartungen auf künftige Gegenleistungen; der Zeitpunkt ebenso wie die ‘Währung’, in der die Gegenleistung entrichtet werden soll, bleiben häufig unbestimmt (vgl. Portes 1995: 12). Es ist klar, daß die sozialen Sicherungsfunktionen sozialer Netze und ihrer Kernstrukturen, der familiären Zusammenhänge, von der Vielfalt und Art der Beziehungen, den in ihnen herrschenden Reziprozitätsverpflichtungen sowie den Ressourcen der Personen abhängen. Es lassen sich verschiedene Beziehungsformen und 4 Reziprozitätsverpflichtungen unterscheiden: Übersicht 1: Arten von Gegenseitigkeitsverpflichtungen in sozialen Netzen Grundlagen Beweggründe des Gebers normengeleitet Wirkungen Beispiele für Beziehungen Solidarität Ressourcentransfer Familie ; Freunde; Generalisierte aufgrund compadrazgo Reziprozität moralischer, umfassender Ansprüche; Begrenzte normengeleitet Ressourcentransfer Weiterer Solidarität aufgrund von Verwandtenkreis, (Bounded begrenzten und Nachbarschaft, Solidarity) wenig ethnische Gruppe sanktionierbaren Erwartungen Balanzierte interessengeleitet Ressourcentransfer Klientelbeziehung Reziprozität auf der Basis der Erwartung von angemessenen Gegenleistungen Sanktioniertes interessengeleitet Ressourcentransfer GegenseitigkeitsverVertrauen in der Erwartung eine (Enforceable von, durch Trust) Sanktionen erzwingbaren Gegenleistungen So heterogen und so unvollständig auch diese Typologie, so gibt sie doch ein Spektrum von sozialen Ressourcen jenseits von Staat und Markt wider, die für die soziale Versorgung und Sicherung genutzt werden können. Letztlich ist, über Staat, Markt, Haushalte/ Familien und weitere soziale Beziehungsnetze hinaus noch eine Quelle sozialer Sicherung einzubeziehen, der in der sozialpolitischen Diskussion nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird: Ansprüche an die soziale Versorgung und Sicherung, wie sie durch Beschäftigungsverhältnisse begründet werden. Es sind dies vor allem betriebliche Versorgungsleistungen, die über gesetzliche Vorgaben hinausgehen, –7– freiwillig gewährt, mit den Beschäftigten individuell oder kollektivvertraglich ausgehandelt werden, so etwa Betriebsrenten, betriebliche Gesundheits- oder Wohnungsversorgung, Abfindungen (vgl. Rein 1982). Diese Ressourcen sind an den Status als (gegenwärtig oder früher) Beschäftigter gebunden, unterscheiden sich daher von marktförmigen Sicherungen. Betriebliche Versorgungssysteme haben die zentrale Rolle, die sie in früheren Phasen der kapitalistischen Entwicklung europäischer Industriegesellschaften hatten, in vielen Ländern nicht ausgespielt. Sie sind nicht nur in Ländern der Dritten Welt, sondern auch in Industrieländern wie den USA und Japan Säulen einer gruppenspezifischen soziale Sicherung (Dombois 1995; Neyer & Seeleib - Kaiser 1996) Insgesamt setzen sich also Systeme sozialer Sicherung aus verschiedenen Quellen zusammen, die von verschiedenen Institutionen und Akteursgruppen produziert werden und jeweils mit unterschiedlichen Zugangsbedingungen und sozialen Distributionsmustern verbunden sind: –8– Übersicht 2: Quellen der Wohlfahrtsproduktion, Nutzungsvoraussetzungen und soziale Reichweite ‘Wohlfahrtspro duzent’/ -quelle Staat (inklusive NonProfit- Instit.) Markt Unternehmen Haushalte / Familien Nutzungsvoraus soziale Selektivität setzungen Citizenship bzw. egalitär aufgrund Erwerbsstatus allgemeiner Rechtsansprüche bzw. sozial differenziert aufgrund von Erwerbsstatus (Sozialversicherung) Vermögen oder sozial ungleich Einkommen (Klassen, (Ökon. Kapital) Lebenslagen) Beschäftigtenpartikularstatus betriebsbezogen Familienstatus partikularfamilienbezogen Leistungsbeispiele Sozialhilfe; Renten, Krankengeld etc.; Gesundheitsversorgun g, Bildung Kommerzielle Pflege Lebensversicherung Betriebliche Rente oder Gesundheitsversorgun g; Geldgeschenke des ‘Patron’ Nahrungssicherung; Kinder-, Kranken-, Altenpflege; finanzielle Transfers Soziale Dienstleistungen und finanzielle Unterstützungsmaßnah men; Nothilfe und Kreditfonds Weitere soziale Status aufgrund partikularNetze von Mitgliedgruppenbezogen schaften in (Freunde; sozialen Gruppen Gegenseitigkeits vereine; klientelistische Seilschaften; religiöse und ethnische Gruppen) Die Individuen gehen in ihren Strategien der sozialen Sicherung meist schon von einem Wohlfahrtsmix aus. Tatsächlich setzen sie, der Risikosituation und der Verfügbarkeit entsprechend, verschiedene Ressourcen ein, kombinieren sie und haben in begrenztem Maße auch alternative Optionen. Die Familie etwa kann für Pflegeleistungen oder für finanzielle Transfers in Anspruch genommen werden, meist aber nicht mehr bei längerfristigem Einkommensausfall; soziale Netze jenseits der Familie können leicht überstrapaziert werden, wenn auch auf Dauer nicht angemessene Gegenleistungen zu erwarten sind. Ressourcen werden nicht nur spezialisiert eingesetzt; sie können in beschränktem Umfang auch substituiert werden. Der Haushalt wie auch das weitere soziale Netz kann durch den Kauf von Versorgungsleistungen oder durch staatliche Leistungen entlastet –9– werden -freilich nur, wenn die Mittel oder entsprechende Anrechte vorhanden sind. Strategien sozialer Sicherung - die spezifische Kombination der für Not- und Risikosituationen eingesetzten Versorgungsquellen - erhalten ihre Prägung durch die Strukturen gesellschaftlicher Ungleichheit. Der Zugang zu den verschiedenen Versorgungsquellen ist nämlich sozial ungleich verteilt; nicht alle Versorgungsquellen sind Allen gleichermaßen zugänglich. Soziale Versorgung über den Markt setzt ökonomisches Kapital, soziale Sicherung über Netzwerke kulturelles Kapital voraus. Staatliche Dienst- und Sicherungsleistungen sind an Bürgerrechte oder Erwerbsstatus gebunden, und betriebliche Versorgung ist den Beschäftigten vorbehalten. Strategien der sozialen Sicherung, die spezifischen Kombinationen von Sicherungsquellen sind daher sozial differenziert. Armut oder soziale Exklusion drückt sich nicht zuletzt in einem (kumulativen) Mangel verschiedener Ressourcen aus, der kaum mehr Spielräume der Substitution lässt. Soziale Sicherungssysteme in europäischen Wohlfahrtsstaaten und in Ländern der Dritten Welt Zwischen den Gesellschaften zeigen sich große Unterschiede nicht nur in der Dichte und den Niveaus sozialer Versorgung und Sicherung, sondern auch in der Bedeutung, die einzelnen Versorgungsquellen im ‘Wohlfahrtsmix’ zukommt; entsprechend unterscheiden sich die Strategiemuster sozialer Sicherung nicht nur innergesellschaftlich, sondern auch zwischen Gesellschaften. Einen ersten, groben Eindruck der Unterschiede vermitteln die Angaben der öffentlichen Sozialausgaben in Tabelle 1. Es fallen zunächst die großen Unterschiede zwischen Industrieländern auf: Die angeführten skandinavischen Länder, aber auch die Niederlande und Frankreich wandten erheblich mehr für soziale Sicherung und Gesundheitsversorgung auf als die Bundesrepublik und Großbritannien. Noch drastischer fallen die Unterschiede zu den USA und Japan aus. Soweit es staatliche Ausgaben betrifft, werden aber dramatische Wohlfahrtsgefälle zwischen Ländern der Ersten und Dritten Welt sichtbar. In den meisten Ländern der Dritten Welt sind öffentliche Sozialausgaben nach ihrem Anteil am Sozialprodukt und erst recht nach ihren absoluten Beträgen äußerst gering; dabei bleiben afrikanische und asiatische Länder nicht nur hinter den Industrieländern, sondern selbst noch gegenüber Lateinamerika weit zurück. – 10 – Tabelle 1: Öffentliche Ausgaben für soziale Sicherung und Gesundheitsversorgung in Prozent des Bruttosozialprodukts in ausgewählten Ländern (1989) Schweden Niederlande Dänemark Frankreich Deutschland Griechenland Großbritannien USA 36 29 28 27 23 18 17 12 Argentinien Brasilien Chile Kolumbien Peru 4 5 12 2 1 Ägypten Äthiopien Algerien Kenia Nigeria Tansanía 1 1 8 1 0 1 China Indien Indonesien Japan Thailand 3 0,3 0,1 12 0 Sowjetunion Tschecheslow. 10 22 Quelle: ILO, nach Schmidt 1998 Es deuten sich damit beträchtliche Unterschiede der Rolle des Staates für die soziale Sicherung nicht nur zwischen Industrieländern und Dritter Welt, sondern auch zwischen Industrieländern an. Frucht langer gesellschaftlicher Auseinandersetzungen, haben in europäischen Wohlfahrtsstaaten staatliche (und parastaatliche) Versorgungs- und Sicherungssysteme bis zur Blütezeit in den sechziger und siebziger Jahren Verbreitung und Verbindlichkeit gefunden und in vielen Funktionen andere Sicherungsformen ersetzt- ein Prozeß, der eng mit der Ausbildung der Nationalstaaten, der Verallgemeinerung abhängiger Arbeit und der politischen Emanzipation der Arbeiterbewegung verbunden war. Das Bildungs- und Gesundheitswesen, die Armenfürsorge, vor allem aber Versorgungsformen, die einen kollektiven Schutz vor Risiken und Defiziten und zumal Ausgleichszahlungen für bestimmte Fälle von Einkommensausfall wie Krankheit, Invalidität, Erwerbslosigkeit, Mutterschaft, Alter und Tod vorsehen, bilden den Kern staatlicher oder staatlich organisierter Sicherungssysteme; sie sind im Unterschied zu ihren historischen Vorläufern - etwa kommunaler Armenfürsorge, Gegenseitigkeitsvereinen, paternalistischer Betriebspolitik ‘landesweit, kollektiv und zwingend’ (de Swaan 1993: 172) und zu zentralen sozialen Staatsbürgerrechten geworden (Marshall 1992), stehen also im Prinzip allen Bürgern, unabhängig von Klasse und Marktposition zu (Esping-Andersen 1991: 21ff.) Freilich sind die staatlichen Versorgungs- und Sicherungssysteme der westlichen Industrieländer alles andere als einheitlich. Sie sind nach unterschiedlichen Prinzipien gestaltet und mit sehr verschiedenen Umverteilungspotentialen und damit auch verschiedenen sozialen – 11 – Ungleichheitsstrukturen verbunden. Esping - Andersen etwa hat im Vergleich einiger Länder ‘Wohlfahrtsregimes’ mit verschiedenen Versorgungsprinzipien, Zugangsvoraussetzungen und Sicherungsniveaus vorgestellt, die in jeweils unterschiedlicher Weise die Lebensführung gegenüber den Risiken des Marktes absichern und daher sehr unterschiedliche Wohlfahrtsmix enthalten (vgl. Esping - Andersen 1990: 47ff.). Das Prinzip der universalistischen Staatsbürgerversorgung -wie es vor allem in skandinavischen Ländern vorherrschend ist, räumt allen Staatsbürgern, unabhängig von ihrem Berufs- und Erwerbsstatus, einen Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen und Mindestsicherungen ein; es setzt auf eine umfassende Umverteilung und die (egalisierende) Abkopplung sozialer Sicherung von der Marktposition der Individuen. Nach dem Fürsorgeprinzip dagegen, das in angelsächsischen Ländern verbreitet ist, tritt der Staat nur subsidiär auf den Plan, wenn andere Ressourcen wie Familie oder Betrieb versagen (vgl. Schmidt 1998: 185).; die an den Nachweis der Bedürftigkeit gebundene staatliche Versorgung wirkt sozial diskriminierend. Das für Deutschland charakteristische Prinzip der Sozialversicherung koppelt das Niveau sozialer Sicherung an Berufsstand, Beschäftigungsdauer und Beitragsleistungen; es reproduziert, durchaus im Einklang mit der übrigen rechtlichen Gestaltung der Arbeitsverhältnisse in der Bundesrepublik, die hierarchische Struktur der Erwerbsgesellschaft und benachteiligt alle jene, deren Berufsverläufe nicht dem Normalarbeitsverhältnis - lebenslanger, kontinuierlicher Vollzeitarbeit - entsprechen (Mückenberger 1985): so vor allem Frauen, zunehmend auch dauerhaft Erwerbslose. Das Erwerbssystem wie auch das System sozialer Dienstleistungen in Deutschland orientiert sich in vielen Bereichen noch am Modell der männlichen Versorgerehe und überläßt den Haushalten, und d.h. üblicherweise den Frauen, Dienstleistungsfunktionen, die in anderen Ländern vom Staat (Schweden und Finnland) oder vom Markt (USA) beherrscht werden; die institutionelle soziale Sicherung der Haushaltsmitglieder ist in starkem Maße an das (männliche) Familienoberhaupt gebunden (PfauEffinger 1996). Der Blick auf andere Länder lehrt, daß das Spektrum unterschiedlicher Welfare - Mix auch in den Industrieländern sich kaum auf wenige Regime reduzieren läßt. So dürften sich bereits die ‘residualen Wohlfahrtsregimes’ in Südeuropa, wo ein beträchtlicher Teil der Erwerbstätigen selbständig ist und Familienbeziehungen von zentraler Bedeutung sind, von denen in Zentral- und Nordeuropa unterscheiden. Schließlich hat sich in einem der reichsten Industrieländer, in Japan, nur ein rudimentäres öffentliches Wohlfahrtsregime entwickelt; soziale Sicherung ist vor allem Sache der Familie und des Betriebs (Goodman & Peng 1996). Die große Bedeutung, die ‘landesweite, kollektive und zwingende’ staatliche Versorgungssysteme in vielen Industrieländern gewonnen haben, darf allerdings nicht den Blick auf die anderen Quellen sozialer Sicherung verstellen. Insbesondere der Haushalt und die familiären Beziehungen haben auch hier – 12 – zentrale gesellschaftliche Funktionen der Versorgung und Sicherung -so vor allem der hilfsbedürftigen Mitglieder- behalten; die Sicherungsniveaus sind auch in erheblichem Maße von Beschäftigungsverhältnissen und ihrer (kollektiven) sozialen Ausgestaltung abhängig. Die zentrale Rolle des Haushalts wird allerdings durch sozial demographische und ökonomische Veränderungen überlastet und prekär: Die Erosion der Familien, die starke Zunahme von Haushalten alleinerziehender Mütter mit ihren Kindern, von Single- und Altenhaushalten, zunehmende Risiken von Einkommensausfall und Abbau von Versorgungsrechten überlasten die Versorgungs- und Sicherungsfunktionen der Haushalte und engen die Ressourcen und strategischen Spielräume der Haushaltsmitglieder - vor allem der Frauen - drastisch ein. Für Gesellschaften der Dritten Welt sind nun andere Welfare - Mixes als in den westlichen Wohlfahrtsstaaten charakteristisch, und entsprechend sind auch die Spektren und Ressourcen für Strategien sozialer Sicherung verschieden dies belegen auch die Beiträge in diesem Heft. Anders als modernisierungstheoretische Annahmen vielleicht vermuten lassen, entsprechen die Sicherungssysteme nicht denen der früheren Entwicklungsphasen heutiger Wohlfahrtsstaaten. Die Wurzeln liegen in sozialen, wirtschaftlichen, politischen Entwicklungen, die - bei aller Heterogenität zwischen den Gesellschaften typische Unterschiede zu den westlichen Wohlfahrtsstaaten aufweisen. Zunächst ist die Verwandlung der Gesellschaften in Marktgesellschaften und zumal die Verbreitung der Lohnarbeit als Erwerbsform ein später und oft ‘unvollständiger’ Prozeß. Die modernen Produktionsund Dienstleistungssektoren, die auf Lohnarbeit aufbauen, sind meist erst vor wenigen Jahrzehnten entstanden und absorbieren, trotz oft enormer Wachstumsprozesse in den sechziger und siebziger Jahren, doch nur geringere Teile des Arbeitskräftepotentials der durch Bevölkerungswachstum und Migration expandierten städtischen Arbeitsmärkte. Herkömmliche Wirtschaftsformen - etwa landwirtschaftliche oder handwerkliche Kleinproduktion - spielen nach wie vor eine mehr oder weniger große Rolle, haben häufig sogar noch mit den modernen Sektoren der Ökonomie an Bedeutung gewonnen. Selbständige Arbeit auf eigene Rechnung, oft im Familienverbund, ist weit verbreitet und hat - wie insgesamt der sog. ‘informelle Sektor’ - in den letzten Jahrzehnten in vielen Regionen sogar noch zugenommen. Zugleich hat in den meisten Ländern der Staat erst spät soziale Sicherungsund Versorgungsfunktionen übernommen, und dies auch in den Regionen in sehr unterschiedlicher Weise. In Lateinamerika etwa war es der Entwicklungsstaat, der seit den dreißiger Jahren dieses Jahrhunderts Modernisierungs- und Industrialisierungsprojekte sozial zu flankieren suchte. In vielen Ländern Lateinamerikas wurden, oft bereits bevor Industrialisierungs- und Urbanisierungsprozesse massiv einsetzten, – 13 – die Grundlagen für ein modernes Arbeits- und Sozialrecht und staatliche Versorgungs- und Sicherungssysteme geschaffen. Insbesondere in der Blütephase der Importsubstitution bis in die siebziger Jahre wurde das öffentliche Bildungs- und Gesundheitswesen kräftig ausgebaut und auch die Verbreitung der staatlichen Sozialversicherung erweitert, die zumindest eine rudimentäre Sicherung bei Krankheit, Invalidität, Tod und im Alter versprach (Mesa - Lago 1978); im Zentrum sozialer Sicherungen standen Altersrenten, Gesundheitsversorgung und Preissubventionen. Allerdings kam die staatliche soziale Sicherung überwiegend einem beschränkten Kreis der Bevölkerung zugute - zunächst den Militärs und Staatsbediensteten, danach den ‘best organized and strategically located sectors of the middle and working classes’ (Huber 1996: 147). Am wenigsten nutzte sie den Gruppen, die ihrer am meisten bedurften: den ländlichen und städtischen Armen des informellen Sektors, seien sie selbständig oder ‘unterbeschäftigt’, in unstetiger und schlecht entlohnter abhängiger Tätigkeit. Insgesamt ist die Sozialversicherung nur Minderheiten zugänglich: Anfang der 90er Jahre waren im Durchschnitt von 11 Ländern nicht mehr als 35% der ökonomisch aktiven Bevölkerung, also weniger noch als die im formellen Sektor Beschäftigten, in die Sozialversicherung eingeschlossen (ILO 1994).5 Zugleich ist das staatliche System sehr lückenhaft geblieben. In kaum einem Land etwa wurden Sicherungen für die Phasen der Erwerbslosigkeit geschaffen. Schließlich blieben die Leistungen auf so niedrigem Niveau, daß sie Risikosituationen - nicht nur für die Mittelschichten mit ihren gehobenen Ansprüchen - nur sehr ungenügend abfedert und der Ergänzung durch weitere Ressourcen bedarf. Sicherlich kann das Beispiel Lateinamerikas nicht für formelle, staatliche oder staatlich organisierte Sicherungssysteme der Dritten Welt insgesamt stehen. Zu unterschiedlich waren in den verschiedenen Weltregionen die Rolle des Staates, der Einfluß europäischer Wohlfahrtskonzepte, der Druck sozialer Bewegungen, die ökonomischen Bedingungen und kulturellen Traditionen: in Lateinamerika (mit einem vergleichweise homogenen Entwicklungsmodell) anders als im nachkolonialen Afrika oder in asiatischen Ländern. Insgesamt stellt sich die Frage, wieweit aus den Industrieländern übernommene Konzepte sozialer Sicherung, die ja auf vorübergehende und jeweils nur kleinere Teile der Gesellschaft betreffende Risikosituationen abstellen, den sozialen Problemen in Entwicklungsländern überhaupt angemessen sind: hier ist Armut nicht eine Ausnahmesituation oder Randgruppen vorbehalten, sondern verbreitet und dauerhaft und in den ökonomischen Strukturen verankert. Anders als in den Industrieländern ist nicht Erwerbslosigkeit die zentrale Risikosituation, sondern Unterbeschäftigung irreguläre, kurzfristige Beschäftigung, Mehrfachjobs etc.: „The poor in developing countries are not poor because they lack employment (in fact, they are overworked) but because they are employed irregularly at low wages or derive low incomes from self-employment based on low assets“ (Guhan 1994, 37). Soziale Sicherung muß daher in Entwicklungsländern als integraler Teil – 14 – von Armutsbekämpfungspolitiken gesehen werden, die den komplexen Charakteristika von Armut und Deprivation entsprechen und sowohl Einkommens- und Beschäftigungsförderung, Sicherung der Grundbedürfnisse wie auch spezifische Sicherungen für Notphasen umfassen. Formelle Systeme der sozialen Sicherung hingegen, die in den Industrieländern universalistische Mindestgarantien geben, verwandeln sich in Ländern der Dritten Welt eher in partikulare Schutzvorkehrungen, die als Privilegien nur Teilen der Bevölkerung zugute kommen. Allgemein lassen sich, wie Guhan (1994) resümiert, folgende Mängel staatlicher sozialer Sicherung in Entwicklungsländern feststellen: 1. Sie deckt meist nur einen kleineren Teil von Risiken ab, am ehesten noch Unfall-, Alters- und Hinterbliebenenrenten; Sicherungen für Krankheitsoder Mutterschaftsphasen sowie Familienzuwendungen sind bereits weniger verbreitet, und nur wenige Länder bieten Unterstützung für Erwerbslose. 2. Die meisten formellen Sicherungssysteme gelten nur für Beschäftigte des Staates und Arbeitnehmer in formellen Beschäftigungsverhältnissen im Bergbau, der Industrie oder der Plantagenwirtschaft, wo die Belegschaften stabil und unter regulären Bedingungen beschäftigt sind. Große Segmente der Erwerbstätigen auf dem Lande und im informellen urbanen Sektor sind ausgeschlossen. 3. Formelle Sicherungssysteme sind sehr ungleich in den Regionen der Dritten Welt verteilt. 4. Formelle Sicherungssysteme funktionieren häufig schlecht, sei es wegen der Umgehungsstrategien der Unternehmen oder der bürokratischen Schwerfälligkeit (Guhan 1994: 36). Wegen dieser Mängel haben andere, zusätzliche Ressourcen ein um so größeres Gewicht. Von großer Bedeutung sind betriebliche Versorgungs- und Sicherungssysteme, und zwar zunächst als historische Vorläufer und später als Ergänzung staatlicher Sicherungssysteme. Fabrikschulen und betrieblicher Wohnungsbau, medizinische Versorgung und Unterstützungskassen sind Elemente herkömmlicher, häufig paternalistisch orientierter betrieblicher Sozialpolitiken, die später von betriebsübergreifenden staatlichen verrechtlichten Sozialpolitiken ersetzt wurden. Aber noch immer ist das Versorgungs- und Sicherungsniveau der im ‘formellen Sektor’ Beschäftigten zu einem großen Teil von Dichte und Niveau betrieblicher Sozialleistungen abhängig. Die Beschäftigten im staatlichen Sektor, in den Großbetrieben der Industrie und im modernen Dienstleistungsbereich konnten oft auf betrieblicher oder sektoraler Ebene Sicherungen - etwa Betriebsrenten, Abfindungen bei Entlassungen, Beihilfen für das Studium der Kinder oder bessere medizinische Versorgung - kollektiv durchsetzen und beanspruchen, die die für formelle Beschäftigungsverhältnisse rechtlich vorgeschriebenen Mindestsicherungen beträchtlich aufstocken und ergänzen (Dombois 1995). Wo staatliche oder betriebliche Sicherungen nicht zugänglich oder nicht hinreichend sind, gewinnen soziale Netze und vor allem die familiären Beziehungen um so größere Bedeutung. Transfers und Versorgungsleistungen im Familienzusammenhang, vor allem zwischen Eltern und Kindern, bilden – 15 – häufig die wichtigsten, verläßlichsten und flexibelsten sozialen Sicherungen für Risikosituationen wie Erwerbslosigkeit, Krankheit, Alter oder Mutterschaft. Aber auch weitere soziale Beziehungen Mitgliedschaft in Unterstützungsvereinen, Zugehörigkeit zu Gruppen, die sich auf Basis ethnischer, regionaler oder religiöser Identifikation gebildet haben, schließlich auch paternalistische oder klientelistische Abhängigkeitsbeziehungen - all dies sind teils mehr, teils weniger weitreichende Ressourcen sozialer Sicherung, die für große Gruppen der Bevölkerung - für Arme in Stadt und Land, für ‘informell’ Erwerbstätige ebenso wie für unter prekären Bedingungen formell Beschäftigte- von großer Bedeutung sind6. Dies alles führt dazu, daß Sicherungssysteme in Ländern der Dritten Welt wesentlich heterogener sind und der Wohlfahrtsmix in den Strategien sozialer Sicherung vielfältiger und nach sozialer Lage stärker differenziert ist als in europäischen Wohlfahrtsstaaten. Für Wohlhabende mögen staatliche oder betriebliche Sicherungen keine Rolle spielen, weil ihnen Einkommen und Vermögen eine Vorsorge auch für Notsituationen gestatten und sie in der Lage sind, Versorgungsleistungen wie Bildung, Gesundheitspflege wie auch häusliche Dienstleistungen zu kaufen. Im übrigen werden staatliche Sicherungen, sofern sie zugänglich sind, oft nur als Sockel oder als zusätzliche Quellen genutzt, die dringend weiterer Ressourcen bedürfen. Für Personen aber, die von staatlichen oder betrieblichen Sicherungen ganz oder weitgehend ausgeschlossen sind und auch nicht über Vermögen und Einkommen verfügen, um sich über den Markt zu versorgen, sind Optionen und Spielräume sehr beschränkt, und die demographischen und ökonomischen Veränderungen tun das ihre, um sie noch weiter einzuengen. So schaffen Migrationsprozesse räumliche Distanzen in herkömmlichen soziale Beziehungen und lassen Versorgungsleistungen nicht mehr zu, die, wie etwa die Pflege, der räumlichen Nähe bedürfen. Sie erlauben zwar oft Transfers, die den Zurückgebliebenen ein höheres Versorgungs- und Sicherungsniveau etwa über den Markt vermitteln. Häufig führen sie aber auch zur Lockerung oder zum Bruch von Beziehungen und den ihnen eingeschriebenen Leistungsund Reziprozitätsnormen. Auch die Veränderungen der Familienstrukturen - sei es die Reduzierung des Haushalts auf die Kleinfamilie mit wenigen Kindern oder matrilokale Einheiten von Mutter und Kindern -, die durch die höhere Lebenserwartung veränderte Altersstruktur, nicht zuletzt auch die rasche, oft auch spektakuläre Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit in den Städten der Dritten Welt in den letzten beiden Jahrzehnten -dies alles verändert sowohl die Zusammensetzung und Ressourcen der Haushalte und die Spielräume der Strategien sozialer Sicherung. – 16 – ..die achtziger und neunziger Jahre: soziale Sicherungsstrategien nach der Prosperitätsphase Die europäischen Wohlfahrtsstaaten haben ihren Zenit seit geraumer Zeit überschritten, was Dichte, Niveau und Verallgemeinerung sozialer Sicherungen angeht. Mit der Erwerbslosigkeit ist auch rapide die Zahl von Menschen gewachsen, die auf soziale Sicherungen angewiesen sind; zugleich sind aber gerade die Anrechte auf staatliche Leistungen, die Erwerbslosigkeit abfedern sollen, differenziert und reduziert worden, wenn auch die Gesamtsumme stark gewachsen ist. Insbesondere in ‘Konservativen Wohlfahrtsregimes’ wie dem der Bundesrepublik, die hauptsächlich Sicherungen nach dem Sozialversicherungsprinzip an vorgängige Beschäftigung und Beitragssätze binden, fallen Gruppen aus dem Sicherungssystem heraus, verlieren Anrechte oder müssen sich mit einem so niedrigen Leistungsniveau begnügen, daß sie ohne Rückgriff auf weitere Ressourcen zu drastischen Veränderungen ihrer Lebensführung gezwungen sind; dies betrifft vor allem Jugendliche, Teilzeitbeschäftigte ohne Sozialversicherung, unstetig Beschäftigte, Langzeitarbeitslose. Herkömmliche soziale Rechte verlieren ihre Allgemeinheit. Mit wachsender Erwerbslosigkeit schrumpfen auch die Inseln zusätzlicher betrieblicher oder sektoraler Versorgung. Ein beträchtlicher Teil der Gesellschaft ist daher zu drastischen Veränderungen der Lebensführung gezwungen, sofern nicht andere Ressourcen mobilisiert werden können. In Ländern der Dritten Welt haben vor allem Strukturanpassungsmaßnahmen und die neoliberal inspirierte ordnungspolitische Wende die Bedingungen sozialer Versorgung und Sicherung verändert. Lange Phasen der Inflation und Stagnation, der Abbau und Umbau des staatlichen Sektors, die Sanierung der öffentlichen Haushalte zu Lasten der Sozialausgaben, Privatisierung und wirtschaftlicher Strukturwandel - dies alles hat tiefe Spuren im Erwerbs- wie auch im sozialen Sicherungssystem hinterlassen. Mit dem Schrumpfen des großindustruiellen und staatlichen Sektors, mit dem Abbau geschützter Beschäftigungsverhältnisse und der Informalisierung der Erwerbsarbeit hat auch die Gruppe derjenigen abgenommen, die Zugang zum staatlichen Sicherungssystem oder gar zu privilegierten Beschäftigungssektoren hatten. Zugleich sind mit der Geldentwertung nicht nur die Einkommen und Transfermittel der Haushalte geschrumpft, sondern auch monetäre Sicherungen entwertet worden. Diese Tendenzen gehen in europäischen Wohlfahrtsstaaten und in Gesellschaften der Dritten Welt mit wachsender sozialer Ungleichheit einher, treffen also nicht die Gesellschaften in ihrer Gesamtheit, sondern vor allem die sozioökonomisch schwachen und kollektiv wenig organisierten und politisch repräsentierten Gruppen. Sie führen dazu, daß sich die Spektren verfügbarer Welfare - Mixes gesellschaftlich beträchtlich differenzieren und für große Gruppen erheblich einschränken, und eine zunehmende Last den Haushalten und – 17 – den familiären und weiteren sozialen Netzen aufgebürdet wird. Dabei könnten in den europäischen Wohlfahrtsstaaten insbesondere die sozialen Netze überlastet sein, weil die sozialen Beziehungen nicht mehr oder nur noch ungenügend auf Normen der Solidarität und Reziprozität aufbauen. Zugleich darf aber die Macht der ökonomischen Logik über soziale Sicherungssysteme nicht überschätzt werden: gerade für die institutionelle, staatlich organisierte soziale Sicherung gibt es sehr verschiedene Gestaltungsoptionen mit jeweils unterschiedlichen sozialen Auswirkungen. Die Wahl der Optionen hängt nicht zuletzt mit der Bedeutung zusammen, die Gesellschaften sozialer Kohäsion und der Angleichung von Lebenschancen zumessen. Die Krise der ökonomischen Grundlagen herkömmlicher wohlfahrtsstaatlicher Politiken gibt Raum für neue Politiken auch der sozialen Sicherung, die auf Risikolagen und Konflikte antworten und sich dem Diktat ‘ökonomischer Sachzwänge’ widersetzen. Literaturverzeichnis Bourdieu, Pierre 1983: „Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital“. In: Kreckel, Reinhard; Hg. (1983): Soziale Ungleichheiten. Göttingen, S. 183-198. Dombois, Rainer 1995: Betriebe und Arbeiter im späten Industrialisierungsprozessen. Habilitationsschrift. Bremen. Elwert, Georg 1980a: „Überleben in Krisen, kapitalistische Entwicklung und traditionelle Solidarität. Zur Ökonomie und Sozialstruktur eines westafrikanischen Bauerndorfes“. In: Zeitschrift für Soziologie, Jg. 9, Heft 4, Okt. 1980, S. 343-365. Elwert, Georg (1980b): „Die Elemente der traditionellen Solidarität“. In: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Jg. 32, S. 652-680. 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Die wichtige Rolle von Familien- und Nachbarschaftsbeziehungen sowie der Mitgliedschaft in Vereinen für die Bewältigung der Arbeitslosigkeit und zumal für die Wohnsituation wird in der Forschungsarbeit von Häußermann/Lüsebrink/Petrowsky (1990, S. 157ff.) behandelt. Vgl. dazu Elwert 1980b: 684; Portes 1995. Allerdings sind die Deckungsraten sehr unterschiedlich: sie sind relativ hoch in Chile, Brasilien, Argentinien und Costa Rica. Insgesamt zeigt sich, daß auch in Lateinamerika unterschiedliche Wege staatlicher sozialer Sicherung mit jeweils unterschiedlichen gesellschaftlichen Prinzipien und Umverteilungswirkungen verfolgt werden (vgl. Huber 1996). – 19 – 6 Daß das Versorgungsniveau von Beschäftigten ‘des informellen urbanen Sektors’ durchaus nicht unter dem des ‘formellen’ liegen muß, belegen die Forschungen von Pries (vgl. Pries 1997); im Wohlfahrtsmixder ‘informell Erwerbstätigen’ dürften aber Markt und soziale Netzwerke eine viel wichtigere Rolle haben. Anschrift des Autors: Rainer Dombois Zentrale Wissenschaftliche Einrichtung ‘Arbeit und Region’ Universität Parkallee 39 28334 Bremen Tel. 0421-2183292 e-mail: [email protected]