Medizin | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion Die Rolle der PCR Prof. Dr. Holger F. Rabenau, Institut für Med. Virologie, Universitätsklinikum Frankfurt und Prof. Dr. Heinz Zeichhardt, Institut für Virologie, Campus Benjamin Franklin, Charité – Universitätsmedizin Berlin fotolia/JPC-PROD Eine aktuelle Stellungnahme berücksichtigt die Weiterentwicklung der diagnostischen Tests in den letzten Dekaden und stärkt deutlich die Rolle der PCR. Oft schon wurde die Frage gestellt, warum die labordiagnostische Erstdiagnose einer HIVInfektion nicht direkt mittels PCR (allgemein: NAT*) erfolgen und diese als vollwertiger Ersatz oder Alternative zu serologischen HIVScreeningtesten fungieren könne. Dafür gibt es zahlreiche Gründe: Beispielsweise kontrollieren Patienten in selten Fällen ihre HIV-Infektion so gut, dass die Viruslast auch ohne antiretrovirale Therapie (ART) negativ oder sehr niedrig sein kann (sogenannte „Elite-Controller“). Sie würden fälschlicherweise als HIV-negativ diagnostiziert.1 Des Weiteren erkennen die meisten auf dem Markt befindlichen NAT-Systeme keine HIV-2-Infektionen und bei seltenen HIV1-Subtypen ist die Erfassungseffizienz gegebenenfalls reduziert. Auch in diesen Fällen würde eine bestehende HIV-Infektion nicht erkannt. Trotzdem kann die PCR auch im Rahmen der HIV-Erstdiagnostik wichtige Beiträge liefern. Ein neuer Testalgorithmus, kürzlich publiziert in einer Stellungnahme von verschiedenen medizinischen Fachgesellschaften, hat diese Erkenntnis aufgegriffen und die Rolle der PCR deutlich gestärkt.2 16 Prinzipiell erfassen die klassischen serologischen HIV-Screeningteste und die HIVPCR zwei gänzlich unterschiedliche Analyte: Die HIV-Screeningteste weisen die durch das Immunsystem der Infizierten produzierten HIV-spezifischen Antikörper (Anti-HIV-1 bzw. Anti-HIV-2; bei Testsystemen der 4. Generation zusätzlich das HIV-p24-Antigen) nach, in der HIV-PCR wird das virale RNA-Genom bestimmt. Bislang kamen die PCR-Methoden nur für das Therapiemonitoring sowie für speziellere Fragestellungen (HIV-Mutter-Kind-Transmission, Forensik) zum Einsatz. Der neue Algorithmus Im Juli 2015 haben verschiedene medizinische Fachgesellschaften eine aktualisierte Stellungnahme zum labordiagnostischen HIV-Erstnachweis publiziert.2 Darin aufgenommen ist ein neuer Testalgorithmus, der die Weiterentwicklung der diagnostischen Teste in den letzten zweieinhalb Dekaden sowie das Potenzial der PCR berücksichtigt (Abb. 1). Eckpunkte der Stellungnahme: OZum HIV-Screening sind weiterhin die HIV-Antikörper zu bestimmen. ODie komplette HIV-Diagnostik kann bereits aus der primär gewonnenen Probe (Serum oder Plasma) durchgeführt werden. OB ei Reaktivität im Screeningtest sind ein Antikörper-basierter Bestätigungstest und/oder ein NAT-basierter Nachweis der HIV-1-Infektion durchzuführen. ODer Patient ist bereits auf Basis des ersten bestätigt positiven HIV-Infektionsnachweises zu informieren (mit dem Hinweis, dass zum Ausschluss einer Probenverwechslung oder Probenkontamination eine Zweitprobe untersucht werden sollte). OMit dem ersten bestätigt positiven HIVInfektionsnachweis hat die Meldung an das Robert-Koch-Institut (RKI) im Rahmen der nicht-namentlichen Meldepflicht (IfSG §7, Absatz 3) zu erfolgen – unabhängig davon, ob die Infektion mittels Antikörper-basiertem Test oder NAT bestätigt wurde. Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Medizin Der Algorithmus unterstützt das Anliegen, die HIV-Infektion möglichst früh nach dem Transmissionsereignis sicher nachzuweisen und den Infizierten zeitnah einer Therapie bzw. medizinischen Versorgung zuzuführen. Um dies zu gewährleisten, sollten beim serologischen Screening nur Teste der 4. Generation zum Einsatz kommen. Sie erfassen gleichzeitig HIV-1- und HIV-2-spezifische Antikörper sowie HIV-p24-Antigen. Verglichen mit den Vorgängertesten (3. Generationsteste: nur Nachweis HIV-1- und HIV2-spezifischer Antikörper) verkürzt sich das diagnostische Fenster durchschnittlich um 4 bis 7 Tage, bis hin zu 14 Tagen.3 Im Verlauf der Entwicklung der verschiedenen Genera- tionen von Screeningtesten konnte das diagnostische Fenster von 8–10 Wochen (Teste der 1. Generation) auf ca. 2,5–3 Wochen (Test der 4. Generation) verkürzt werden. Als Konsequenz dieser Testoptimierungen haben verschiedene Organisationen2,5 definiert, dass ein negativer HIV-Test bereits 6 Wochen nach einer potenziellen HIVExposition eine Infektion mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließt. Zu beachten ist: Diese Aussage gilt nur bei Verwendung von klassischen Screeningtesten der 4. Generation (EIA und verwandte Testformate). Das diagnostische Fenster bleibt bei Verwendung von 3. Generationstesten oder von Schnell- testen – selbst solchen mit zusätzlichem HIVp24-Antigen-Nachweis – bei 12 Wochen. Letzteres ist der Tatsache geschuldet, dass die Schnellteste in der Regel etwas weniger sensitiv sind als EIA-basierte Assays. Prinzipiell ist bei der Anamneseerhebung zu berücksichtigen, dass es statistisch Oca. 16–18 Tage bis zum ersten HIVp24-Antigen-Nachweis und Oca. 22 Tage bis zum ersten Nachweis HIV-spezifischer Antikörper dauert.3,6–8 Eine frische Infektion lässt sich am frühesten durch Direktnachweis der Virus-RNA erfassen. Durchschnittlich dauert es ca. 11 Tage Screening mit Enzym-Immuno-Assay oder ähnlichem Testprinzip Anti-HIV-1, Anti-HIV-2, p24-Antigen Bevorzugt: Teste der 4. Generation reaktiv grenzwertig negativ Nachweis der Infektion NAT Immunologische Bestätigung Immunoblot Bei begründetem Verdacht auf kürzlich** erworbene Infektion Anti-HIV-1 pos. Anti-HIV-2 neg. In Erstmaterial: HIV-1-Infektion bestätigt* HIV-1-NAT pos. (≥ 1000 Kopien/mL) In Erstmaterial: HIV-1-Infektion nachgewiesen* Anti-HIV-1 neg. Anti-HIV-2 pos. In Erstmaterial: HIV-2-Infektion bestätigt* HIV-2-NAT pos. (qualitativ) In Erstmaterial: HIV-2-Infektion nachgewiesen* HIV-1-NAT pos. (< 1000 Kopien/mL) oder HIV-2-NAT fragl. (qualitativ) In Erstmaterial: HIV-1-Infektion bzw. HIV-2-Infektion nicht sicher nachgewiesen HIV-1-NAT neg. oder HIV-2-NAT neg. (qualitativ) In Erstmaterial: HIV-1-Infektion bzw. HIV-2-Infektion nicht nachgewiesen Anti-HIV-1 fragl. Anti-HIV-2 neg. oder Anti-HIV-1 neg. Anti-HIV-2 fragl. Anti-HIV-1 neg. Anti-HIV-2 neg. In Erstmaterial: HIV-1-Infektion bzw. HIV-2-Infektion nicht bestätigt Kein weiterer Handlungsbedarf Bei Anwendung von NAT ohne vorherige Testung im Immunoblot: Erstmaterial im Immunoblot testen Bei bereits durchgeführter Testung im Immunoblot: Verlaufskontrolle nach 1–3 Wochen (Screening und immunologische Bestätigung)*** Abb. 1: Algorithmus zum virusdiagnostischen Erstnachweis einer HIV-1- oder HIV-2-Infektion (aus 2) * Im Befundtext ist zu vermerken, dass die nachgewiesene HIV-Infektion zum Ausschluss einer Probenverwechslung durch eine unabhängig entnommene Probe (EDTA-Blut/Plasma) bestätigt werden soll. ** Hinweis auf das diagnostische Fenster (< 6 Wochen bei Verwendung von 4. Gen. Screeningtesten) *** Der Hinweis auf eine Verlaufskontrolle kann entfallen, wenn bei (schwach) reaktivem oder grenzwertigem Screeningtest zusätzlich ein negativer HIV-1-/-2-Immunoblot und eine negative HIV-1-/-2-NAT vorliegen. Bei dieser Konstellation ist der Screeningtest als „unspezifisch reaktiv“ zu werten. 17 Medizin | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 zwischen Infektionszeitpunkt und erstem (positiven) HIV-NAT-Nachweis (Abb. 2). Screeningergebnis zwingend in einem weiteren Testsystem zu überprüfen ist. HIV-Screeningteste: Aussagekraft Umgekehrt gibt der negative prädiktive Wert (NPW) die Wahrscheinlichkeit an, mit der ein Patient bei negativem HIV-Resultat tatsächlich nicht infiziert ist. Der NPW in Deutschland beträgt bei den oben genannten Testspezifikationen 99,999999 % – ein falsch-negatives Ergebnis ist also extrem unwahrscheinlich. Die auf dem deutschen Markt befindlichen Screeningteste liefern im Regelfall schnell und zuverlässig ein Ergebnis. Allerdings weist kein Assay gleichzeitig eine 100 %ige Sensitivität und Spezifität auf. Verschiedene Faktoren können die Teste beeinflussen und inkorrekte Ergebnisse erzeugen.9 Da die Teste auf besonders hohe Sensitivität eingestellt sind, können falsch-reaktive Ergebnisse vorkommen. Neben diesen statistischen Überlegungen können auch andere Faktoren dafür verantwortlich sein, dass ein HIV-Screeningtest eine Infektion (noch) nicht anzeigt, zum Beispiel: OEs liegt eine erst kürzlich erworbene Infektion vor, bei der noch nicht ausreichend virusspezifische Antikörper bzw. p24-Antigen vorhanden sind (diagnostisches Fenster, s.o.). OEine frühe ART oder PostexpositionProphylaxe (PEP) kann sowohl die Virusreplikation als auch die Antikörperbildung verzögern bzw. unterdrücken. Dies führt gegebenenfalls dazu, dass (i) der Screeningtest trotz Infektion (noch) negativ oder schwach reaktiv und (ii) der Antikörper-basierte Bestätigungstest noch negativ ist oder unspezifische bzw. nicht infektionsbeweisende Banden aufweist. Daher empfehlen Die Wahrscheinlichkeit falsch-reaktiver Resultate hängt u. a. von der Erreger-Prävalenz in der Population ab und wird durch den positiven prädiktiven Wert (PPW) definiert. Dieser erlaubt eine quantitative Aussage, mit welcher „Sicherheit“ ein Patient bei reaktivem Ergebnis tatsächlich mit HIV infiziert ist. In Deutschland ist die HIV-Prävalenz mit 0,05–0,1 % niedrig. Das bedeutet: Selbst bei Screeningtesten mit einer Sensitivität und Spezifität von jeweils 99,99 % könnte rein rechnerisch jedes 6. Ergebnis falsch reaktiv sein. Demgegenüber wäre in einem Hoch-Prävalenzgebiet, z. B. Südafrika mit einer HIV-Durchseuchung von 25 %, bei gleichen Testspezifikationen nur jedes 3333-igste Ergebnis falsch-reaktiv. Das Beispiel verdeutlicht, warum jedes HIV-reaktive HIV-RNA (NAT) seit ca. 1992; kommerzielle PCR-Tests HIV-p24-Antigen HIV-Kombitest (4. Generation EIA) seit ca. 1997; Ag- u. IgG+IgM-Nachweis – synthetische Peptide o. rekombinante Proteine HIV-Test (3. Generation EIA) seit ca. 1991; IgG+IgM-Nachweis – synthetische Peptide o. rekomb. Prot. / z.T. Nativ-Ag HIV-Test (2. Generation EIA) seit ca. 1987; IgG-Nachw. – synth. Pept. o. rekomb. Prot. / z.T. Nativ-Ag HIV-Test (1. Generation EIA) seit ca. 1985; IgG-Nachweis – Nativ-Ag, Virus-Lysat 0 10 20 30 40 50 60 70 Tage nach Exposition Abb. 2: Diagnostische HIV-Fensterphasen in Abhängigkeit der verwendeten Laborparameter und Generationen der Screeningtests (EIA und verwandte Testformate) (aus 4). 18 deutsche Fachgesellschaften bei entsprechendem Verdacht in der Anamnese die Durchführung einer HIV-NAT.2 OB ei Patienten mit Immunsuppression oder Immundefekt kann die Antikörperbildung ebenfalls verzögert sein, was wiederum für den bevorzugten Einsatz der HIV-NAT spricht. ODes Weiteren gilt in der „Sondersituation“, dass ein Patient eine mögliche Exposition vor 1–3 Wochen angibt und/ oder die Symptomatik eines akuten retroviralen Syndroms aufweist (Fieber, Hautausschlag, Aphten, Lymphadenopathie, u. a.), dass die Diagnose einer HIV-Infektion sowie die Entscheidung zur ART zunächst ausschließlich auf dem positiven NAT-Nachweis basieren kann (Viruslast in der Regel > 100 000 Kopien/mL). Eine Verlaufskontrolle und nachträgliche serologische Bestätigung sind dennoch durchzuführen. HIV-Screeningteste: Ergebnisbewertung Ist das Ergebnis des HIV-Screeningtestes reaktiv oder grenzwertig, sind weitere Untersuchungen erforderlich. Bei Verwendung von 4. Generationstesten lässt sich in der Regel nicht unterscheiden, ob die Reaktivität auf dem Nachweis HIVspezifischer Antikörper oder – im Fall einer erst kürzlich erworbenen Infektion – auf der isolierten Detektion des HIV-p24 Antigens beruht oder unspezifisch ist. Zudem ist die Differenzierung von ­HIV-1- und ­HIV-2-spezifischen Antikörpern (meist) nicht möglich. Dies ist bei der folgenden Stufendiagnostik zu berücksichtigen. Zwei Verfahren sind gleichermaßen geeignet (Abb. 1): OAntikörper-basierte Teste (z. B. Immunoblot), welche die im Screening nachgewiesenen Antikörper auf ihre Spezifität für Anti-HIV-1 oder Anti-HIV-2 überprüfen. Bei eindeutig positivem Resultat ist die HIV-Infektion mit dem entsprechenden Typ gesichert. OSensitive NAT-Verfahren, die eine HIV-Infektion durch den direkten Virus(nukleinsäure)nachweis verifizieren. Diese Methode bietet sich zudem Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Medizin fotolia/Gajus Der Patient ist bereits auf Basis des ersten bestätigt-positiven HIVInfektionsnachweises zu informieren. bei unklarer Ergebniskonstellation der Antikörper-basierten Assays oder bei Verdacht auf akutes retrovirales Syndrom oder erst kürzlich erworbener Infektion an. HIV-NAT als Alternative in der HIVBestätigungsdiagnostik Wie oben beschrieben, kann alternativ zum HIV-Antikörper-Bestätigungstest der Infektionsnachweis auch durch eine HIV-NAT erfolgen. Dabei sind folgende Punkte zu beachten: ODie meisten kommerziellen Tests sind bislang nur für das Therapiemonitoring zugelassen. OFast alle Hersteller verweisen auf EDTAPlasma als Probenmaterial, da die Verwendung von Serum gegebenenfalls zu einer leichten Unterquantifizierung und damit eventuell zur Verschiebung der Nachweisgrenze der NAT führen kann. Andererseits ist Serum meist das Untersuchungsmaterial für ein HIV-Screening. Um Zeitverzögerungen durch Anforderung einer Zweit(EDTA-Blut-) Probe zu vermeiden, weisen DVV** und GfV*** ausdrücklich auf die Möglichkeit hin, für die HIV-NAT auch Serum einzusetzen.2 Beide Anwendungen der NAT-Verfahren (HIV-Erstnachweis und Serum statt Plasma) gelten derzeit als „Off-label Use“ und sind im Befund zu kommentieren. ODie meisten kommerziellen quantitativen Teste erfassen derzeit nur HIV-1-RNA der Gruppe M (z. T. auch Gruppe O), nur wenige Teste erkennen HIV-2-RNA. Die HIV-NAT hat sich heute zudem für folgende Fragestellungen als unentbehrlich etabliert:2 OAbklärung einer Virusübertragung auf Kinder von HIV-seropositiven Müttern. Der HIV-1-Antikörpertest ist hier nicht aussagekräftig, da mütterliche IgG-Antikörper erst ab der 30. Schwangerschaftswoche das Kind transplazentar erreichen und beim Kind bis zu 2 Jahren persistieren können. Allerdings kann bei Neugeborenen, die kurz vor oder während der Geburt infiziert wurden, die Viruslast unter der Nachweisgrenze liegen. Die HIV-NAT ist daher bis zu einem Lebensalter von 3 Monaten nicht ausreichend verlässlich (falsch negativ).10,11 OAbklärung dauerhaft serologisch unklarer Fälle, bei denen die HIV-AntikörperBestimmungen im Screeningtest bei mehreren Blutabnahmen stets reaktiv oder grenzwertig sind und die Bestätigung im Antikörper-basierten Bestätigungstest (z. B. Immunoblot) fraglich bleibt Ergebnis Kriterien Viruslast ≥ 1000 Kopien/mL* Das Ergebnis der HIV-1-NAT gilt als (eindeutig) positiv, wenn die Viruslast ≥ 1000 Kopien/mL ist. In diesem Fall ist eine HIV-Infektion gesichert; beim Erstnachweis soll der Patient informiert werden. Zum Ausschluss einer Probenverwechslung ist eine Zweitprobe zu untersuchen. Viruslast < 1000 Kopien/mL* Ein Antikörper-basierter Bestätigungstest ist einzusetzen. Ist dessen Ergebnis ebenfalls nicht eindeutig positiv, ist eine Kontrolleinsendung notwendig. Bei Verdacht auf HIV-2-Infektion sollte parallel zum entsprechenden Immunoblot eine HIV-2-NAT erfolgen. Virale Nukleinsäure nicht nachweisbar Keine HIV-1-Viruslast nachweisbar, was eine HIV-2-Infektion nicht ausschließt. Daher ist ein Antikörper-basierter Bestätigungstest durchzuführen. Bei serologischem Verdacht auf HIV-2-Infektion sollte eine HIV-2-NAT erfolgen. * Falls ein qualitativer HIV-NAT eingesetzt und ein positives Ergebnis erhalten wird, ist zusätzlich ein quantitativer HIV-NAT durchzuführen. Tab. 1: Kriterien zur Interpretation von HIV-NAT-Ergebnissen im Rahmen einer HIVErst(bestätigungs)diagnostik (aus 9). 19 Medizin | Labordiagnostischer Erstnachweis einer HIV-Infektion | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 OQuantitative Bestimmung der HIV-Last (Therapie-Monitoring) und der HIVEmpfindlichkeit gegen ART (genotypische Resistenzbestimmung) OHIV-Übertragungen durch Nadelstichverletzung OKausalität von Übertragungswegen (Forensik) OTestung von Blutspenden zur Erhöhung der Transfusionssicherheit. HIV-NAT: Zuverlässigkeit der Ergebnisse Wie zuverlässig sind HIV-PCR-Ergebnisse im Rahmen der HIV-Erstdiagnose, und warum nennt der neue Algorithmus einen Wert von mindestens 1000 Kopien/mL als Entscheidungsgrenze in diesem Kontext? Odie sehr selten vorkommende HIVInfektion ohne messbare Antikörperbildung12,13 Odie Probe eines „Elite-Controllers“.1 Bei Verdacht auf eine HIV-2-Infektion sollte parallel zum entsprechenden Immunoblot eine HIV-2-NAT erfolgen. Generell gilt: Bei unklaren Ergebnissen von Screening- und Bestätigungstesten ist eine Verlaufskontrolle nach 1–3 Wochen angezeigt. Darüber hinaus lautet die Empfehlung, sich bei „unklaren“ Konstellationen an ein entsprechend kompetentes Zentrum (z. B. NRZ für Retroviren) zu wenden. Fazit Bei frisch oder nicht medikamentös therapierten chronisch HIV-Infizierten ist eine Viruslast ≥ 1000 Kopien/mL sehr wahrscheinlich, daher ist die PCR eine valide Methode im Rahmen der HIV-Erstdiagnostik.14,15 Ein (seltenes) Ergebnis – wie eine HIV-Viruslast von < 1000 Kopien/mL bei der Erstdiagnose – ist mit besonderer Vorsicht zu interpretieren und durch zusätzliche Teste bzw. Verlaufskontrollen mittels Antikörper-basiertem Bestätigungstest zu verifizieren (Tab. 1). Ist dessen Ergebnis ebenfalls nicht eindeutig, ist eine Kontrolleinsendung notwendig. Die Entscheidungsgrenze von mindestens 1000 Kopien/mL wurde u. a. deshalb gewählt, um unabhängig von den Nachweisgrenzen der Testsysteme verschiedener Hersteller zu sein und dem möglichen Abbau von HIV während des Probentransportes und der Probenlagerung Rechnung zu tragen. Zudem wurden vereinzelt falschreaktive HIV-PCR-Ergebnisse (meist mit Viruslasten < 50 Kopien/mL) beschrieben. Andere Ursachen für (falsch) schwachpositive oder (falsch) niedrige HIV-NATKonzentrationen bei der HIV-Erstdiagnose könnten sein: Oeine Kontamination der Probe Odie Unterquantifizierung seltener HIVVarianten Odie Einnahme antiretroviraler Medikamente (z. B. im Rahmen einer PEP) 20 DVV und GfV haben die Rolle der NAT zum labordiagnostischen Erstnachweis einer HIV-Infektion in ihrer aktuellen Stellungnahme deutlich gestärkt. Zwar ersetzt die PCR nach wie vor nicht den regulären Antikörper-/Antigen-basierten Screeningtest, gilt nunmehr aber auch außerhalb der etablierten Indikationen (Therapiemonitoring, Abklärung einer HIV-Mutter-KindTransmission, forensische Fragestellungen) im Rahmen des HIV-Erstnachweises als gleichwertige bzw. alternative diagnostische Bestätigungsmethode – derzeit noch als „Off-label Use“. Dementsprechend dienen positive Ergebnisse in der HIV-NAT ebenfalls als Grundlage für die Meldung an das RKI im Rahmen der nicht-namentlichen Meldepflicht (IfSG §7, Absatz 3). Es bleibt zu hoffen, dass die Testhersteller möglichst bald Serum als Untersuchungsmaterial sowie die PCR zum HIV-Erstnachweis offiziell zulassen. Auch ist die Abrechenbarkeit der HIV-PCR im Rahmen des HIV-Erstnachweises noch zu klären. * NAT: Nukleinsäureamplifikationstestung ** DVV: Deutsche Vereinigung zur Bekämpfung der Viruskrankheiten e. V. *** GfV: Gesellschaft für Virologie e.V. 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Rabenau Institut für Medizinische Virologie Universitätsklinikum Frankfurt - Nationales Referenzzentrum für Retroviren Paul-Ehrlich-Str. 40 60596 Frankfurt [email protected] und Prof. Dr. Holger F. Rabenau Prof. Dr. Heinz Zeichhardt Prof. Dr. Heinz Zeichhardt Institut für Virologie Campus Benjamin Franklin Charité - Universitätsmedizin Berlin Hindenburgdamm 27 12203 Berlin [email protected]