1 Calculating Corrections in F-Theory from Refined BPS Invariants

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Calculating Corrections in F-Theory from Refined BPS Invariants and Backreacted
Geometries
Wie viele Möglichkeiten gibt es, unsere Welt geometrisch zu realisieren?
Zusammenfassung
Dr. Maximilian Poretschkins Dissertation ist eine interdisziplinäre Forschungsarbeit an der Schnittstelle zwischen Physik und Mathematik. Als Hauptergebnis wird die Berechnung einer neuen Art
von geometrischen Invarianten für eine große Klasse von Calabi-Yau Mannigfaltigkeiten präsentiert.
Eine wichtige Hypothese der modernen Hochenergiephysikforschung ist es, dass sich fundamentale
physikalische Fragen in geometrische Fragen an ebendiese mathematischen Objekte übersetzen lassen. Da es eine Vielzahl dieser Mannigfaltigkeiten gibt, ist es unabdingbar, diese zu klassifizieren,
um einen Überblick über die möglichen Antworten der physikalischen Fragen zu erhalten. Hierzu
liefert die vorliegende Doktorarbeit wesentliche Beiträge.
Die Ergebnisse dieser Arbeit haben sowohl innerhalb der Physik als auch der Mathematik international Beachtung gefunden und zu weltweiten Vortragseinladungen, u.a. nach Berkeley, Harvard
und das Jahrestreffen der Stringtheoretiker 2013 in Seoul geführt.
Stand der Forschung und Einbettung in den wissenschaftlichen Kontext
Das physikalische Verständnis unserer Welt beruht auf zwei Theorien, der Quantenfeldtheorie
und der Allgemeinen Relativitätstheorie. Beide sind im vergangenen Jahrhundert entwickelt worden
und ihre Vorhersagen sind auf vielseitige Weise beeindruckend bestätigt worden. Während erstere
Theorie auf sehr kleinen Skalen Gültigkeit besitzt und die Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen untereinander beschreibt, ist die Zweite auf großen Skalen und für große Massen gültig und
kann unter anderem die globale Entwicklung des Universums von kurz nach dem Urknall bis heute
beschreiben. Trotz all unserem Verständnis über das heutige Universum, das auf Größenordnungen
von 10−18 m bis 1026 m gültig ist, gibt es immer noch eine Reihe an Fragen, die innerhalb der beiden
Theorien unbeantwortet bleiben, wie zum Beispiel
• Wenn eine große Masse auf kleinem Raum konzentriert ist, wie es beispielsweise in einem
Schwarzen Loch oder unmittelbar nach dem Urknall der Fall ist, als das gesamte Universum
auf Stecknadelkopfgröße konzentriert war, ist keine der beiden Theorien anwendbar. Welche
Theorie gilt hier?
• Warum besitzen die bekannten Elementarteilchen aus denen unsere Welt aufgebaut ist, gerade
die Massen und Ladungen, die gemessen worden sind, aber keine anderen? Mit anderen Worten,
ist es möglich, diese Größen vorherzusagen bzw. abzuleiten anstatt sie nur zu messen? Warum
hat das Elektron gerade Ladung minus eins und nicht Ladung plus drei?
• Warum ist die Gravitation soviel schwächer als die elektromagnetische Kraft? (Jeder hat schon
einmal einen Schlag erhalten, nachdem er sich elektrisch aufladen hatte und eine Türklinke angefasst hat. Niemand hat aber jemals die Erfahrung gemacht, von der Türklinke gravitativ
angezogen worden zu sein. Hand und Türklinke wirken aber sowohl gravitativ als auch elektromagnetisch miteinander, folglich muss die elektromagnetische Kraft viel stärker sein, als die
Gravitation.)
Diese Fragen gewinnen eine große Bedeutung, wenn man sich vergegenwärtigt, dass stabile Atome
und somit Leben im Universum nur für sehr bestimmte Verhältnisse von Massen der Elementarteilchen und Stärken der fundamentalen Naturkräfte möglich sind.
Die führende Theorie zur Beantwortung von Fragen dieser Art stellt die Stringtheorie dar, welche
als kleinste Objekte nicht punktförmige Teilchen sondern schwingende Fäden, sogenannte Strings
(engl. Saite) annimmt. In der Sprache der Musik entspricht jetzt der Grundton eines solchen Strings
einem sehr leichten Teilchen, und die Obertöne entsprechen sehr massiven Teilchen. Bei niedrigen
Energien (selbst die Energien, die am Teilchenbeschleuniger CERN verwendet werden, gelten noch
als niedrig) werden nur die sehr leichten Teilchen als Schwingungszustand angeregt. Die Idee ist,
dass die Grundtöne die Physik der Elementarteilchen beschreiben, während die Obertöne eine konsistente Theorie der Quantengravitation liefern, also eine Vereinheitlichung von Gravitation und
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Quantenphysik, wie sie z. B. für eine mikroskopische Beschreibung von Schwarzen Löchern benötigt
wird.
Interne Konsistenzbedingungen der Stringtheorie verlangen, dass die Fäden in zehn Dimensionen schwingen. Sechs von diesen Dimensionen sind hierbei auf sehr kleinen Räumen aufgewickelt,
welche in der Sprache der Mathematik als Calabi-Yau Mannigfaltigkeiten bezeichnet werden. Den
Aufwickelprozess kann man sich anschaulich wie folgt vorstellen: Der Mantel eines Schlauches ist
zweidimensional, aus der Ferne sieht man aber nur seine Ausdehnung in eine Dimension, die zweite Dimension ist aufgewickelt und wird erst bei genauerem Hinsehen sichtbar. Ein fundamentales
Prinzip der Stringtheorie besagt, dass die Geometrie dieser kleinen Räume die Physik, die in den
vier makroskopischen Dimensionen stattfindet, kodiert. Beispielsweise lässt sich die Antwort auf die
zweite aufgeworfene Frage wie folgt skizzieren: Der Ton einer Saite hängt nicht nur von ihrer Länge
ab, sondern auch in welche Geometrie sie eingespannt ist; ein Flügel hat einen anderen Klang als eine
Gitarre. Eigenschaften wie Ladungen oder Masse eines Teilchens lassen sich daher in geometrische
Eigenschaften der Räume übersetzen, zum Beispiel wie oft sich zwei bestimmte Kurven innerhalb
dieses Raumes schneiden.
Da es jedoch eine ganze Reihe von möglichen Räumen gibt, die als interne Geometrie (= Möglichkeit zum Aufwickeln) in Frage kommen, ist es wichtig zu verstehen, wie diese unterschiedlichen
Räume miteinander in Beziehung stehen, und diese zu klassifizieren. Das Studium der physikalischen
Konsistenzbedingungen an diese Räume auf der einen Seite und die Untersuchung, welche physikalischen Phänomene auf der anderen Seite geometrisch „engineert“ werden können, hat während der
letzten Jahre zu einem engen und fruchtbaren Zusammenspiel zwischen Physik und Mathematik
geführt.
Resultate der Dissertation
Dr. Maximilian Poretschkins Dissertation „Calculating Corrections in F-Theory1 from Refined
BPS Invariants and Backreacted Geometries“ ist ein Beispiel für die gerade beschriebene Interaktion.
Sie ist in zwei Teile gegliedert.
Im ersten Teil werden sogenannte verfeinerte BPS Invarianten2 einer großen Familie von CalabiYau Mannigfaltigkeiten mit Hilfe der Stringtheorie berechnet. Diese verfeinerten Invarianten stellen
eine erst kürzlich verstandene Klasse von charakteristischen Zahlen dar, mit denen sich Calabi-Yau
Mannigfaltigkeiten klassifizieren lassen. Da diese Calabi-Yau Mannigfaltigkeiten in sehr unterschiedlichen Formen auftreten können, kann man für ein gegebenes Paar dieser Räume nicht unmittelbar
bestimmen, ob es sich tatsächlich um unterschiedliche Räume handelt, oder beide in Wahrheit ein
und dasselbe Objekt darstellen. Die eben beschriebenen Invarianten können nun dafür herangezogen
werden, um unterschiedliche Räume klar voneinander zu unterscheiden. Die vorgestellten Methoden,
die auf physikalischen Überlegungen beruhen, ermöglichen die Berechnung dieser Zahlen auch für
solche Geometrien, die alleine mit Hilfe der existierenden mathematischen Werkzeuge unzugänglich
wären.
Es zeigt sich weiterhin, dass es möglich ist, dass eine interne Geometrie durch eine andere ersetzt
werden kann3 . Im zweiten Teil der Arbeit werden die physikalischen Konsequenzen eines solchen
Wechsels des Aufwickelns der Extradimensionen untersucht. Dies führt auf eine neue Sorte von mikroskopischen Teilchen, den sogenannten BPS Teilchen. Diese werden wie die bekannten Elementarteilchen, - mit denen sie nicht zu verwechseln sind - durch Quantenzahlen, wie Masse oder Ladung
beschrieben. Als ein zweites Hauptresultat der Arbeit wird erstmals eine Methode angegeben, um
die Quantenzahlen dieser BPS Teilchen rigoros berechnen zu können.
Beide Teile zusammen genommen liefern einen tiefen Einblick in die Klassifikation einer großen
Klasse von Calabi-Yau Mannigfaltigkeiten und die vierdimensionale Physik, die in ihnen kodiert ist.
Die Arbeit verknüpft Methoden der Algebraischen Geometrie mit Fragestellungen aus Teilchenphysik
und Kosmologie und trägt zu einem fruchtbaren Austausch zwischen diesen Forschungsfeldern bei.
1 Die F-Theorie ist physikalisch identisch zur Stringtheorie, erweitert aber formal den Methodenapparat von Letzterer durch den Einsatz von elliptischen Kurven. Diese sind mathematische Objekte, die ebenfalls eine wichtige Rolle
in der modernen Kryptographie spielen.
2 BPS ist die Abkürzung für die drei Forscher Bogomolny, Prasad und Sommerfield.
3 Anschaulich kann man sich dies so vorstellen, dass die interne Geometrie zuerst aufgeschnitten und dann wieder
anders zusammengeklebt wird.
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