Diagnostik und Therapie der Bipolaren Störung Zuoz, 7. Oktober 2011 3-Minuten-Atemraum Fallvignette I Herr R., 23 Jahre, wird von der Polizei aufgegriffen. Er wurde auffällig, als er an der Bahnhofkreuzung selbständig begann, den Verkehr zu regeln. Er ist völlig uneinsichtig und gereizt bei der Untersuchung. Von der Freundin des Patienten ist zu erfahren, dass Herr R. bis vor 4 Wochen in ambulanter psychiatrischer Behandlung war wegen Depressionen. Seit 3 Tagen schlafe er nicht mehr, habe seinen Chef beleidigt und ein grosses Auto auf Kredit gekauft. Bipolare Störung, gegenwärtig manisch Fallvignette II Frau S. hatte verschiedene manische und depressive Episodenin der Vergangenheit. Nun ist sie seit mehreren Monaten schwer depressiv, liegt fast den ganzen Tag im Bett, macht sich selbstvorwürfe und hat Suizidgedanken Bipolare Störung, gegenwärtig depressiv Fallvignette III Herr R. hat grosse emotionale Schwankungen, häufig ohne äusseren Grund, was zu Spannungen in der Familie führt. Teilweise ist er auch chaotisch und unüberlegt. Er ist dabei funktionsfähig, geht zur Arbeit und hat einen normalen Tagesablauf. Zyklothymie Welche Schwierigkeiten fallen Ihnen auf in der Behandlung von bipolaren Patienten? Schwierigkeiten in der Behandlung von bipolaren Erkrankungen • • • • • • • • • • • • Tlws. schwierige Diagnostik Wunsch einiger Patienten nach Hypomanie Hohe Suizidalität, v.a. bei Abklingen der Manie Häufig Verschlechterung des Krankheitsverlaufs im Alter Grosse Belastung der Angehörigen, v.a. in der Manie In der manischen Phase häufig sozial schädliches Verhalten, ohne dass die Kriterien einer Zwangsmedikation erfüllt sind Oft schwer behandelbare Depressionen Tlws. Zustandsverschlechterungen ohne erkennbare äussere Stressoren Medikamentöse Therapie, häufig auch Kombinationen in der Regel lebenslang nötig Einige wirksame Medikamente haben schwerwiegende Nebenwirkungen Medikamentöse Behandlungsrichtlinien unterscheiden sich in relevanten Punkten Häufig off-label-use Übersicht Affektive Störungen Unipolare Depression Bipolare Störung (manisch-depressive Erkrankung) (Unipolare) Manie selten! Anhaltende affektive Störung (Zyklothymie, Dysthymie) Mindestens 2 Jahre anhaltend Verteilung Bipolare Störung Manifestationsalter 15-40 Jahre Depression Manifestationsalter Jugend - Alter Möller et al., 1996 10-15% versterben durch Suizid 10 Diagnostische Kategorien Unipolare Manie Bipolar I Hyperthymie Zyklothymie Bipolar II Euthymie Dysthymie Major Depression Stimmungsschwankungen Manie Hypomanie Baseline Depression schwere Depression Normale Stimmungsschwankung Zyklothyme Persönlichkeit Zyklothymie Bipolar II Störung Unipolare Manie Bipolar I Störung Goodwin et al., 1990 Verlauf der Erkrankung Feuer und Asche „Die Manie ist das Feuer der bipolaren Erkrankung, die Depression ist die Asche.“ (A. Koukopoulos) Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Verlauf der Erkrankung Verlauf bipolarer Störungen: Beispiele Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Verlauf der Erkrankung Verlauf bipolarer Störungen: Beispiele Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Verlauf der Erkrankung Verlaufsformen bipolarer Störungen ohne und mit rapid cycling Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Verlauf der Erkrankung Komorbiditäten Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Angst Zwang Sucht Eßstörung Migräne zum Beispiel: Angst Symptome Depression Symptome für mindestens 14 Tage verminderter Antrieb und wenig Energie . erhöhte Ermüdbarkeit vermindertes . Selbstwertgefühl, . Schuldgefühle verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit . negative und . pessimistische. Zukunftsperspektiven Depression gedrückte Stimmung Interessenverlust und . Freudlosigkeit . Suizidgedanken und suizidale Handlungen körperliche Beschwerden (Schlafstörungen, Libidoverlust, Appetitstörung, Verstopfung) Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Symptome Atypische Depression affektive Reagibilität („Auslenkbarkeit“) bleierne Schwere in Armen und Beinen vermehrter Schlaf Atypische Depression vermehrter Appetit Überempfindlichkeit gegenüber Zurückweisungen Gewichtszunahme Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Symptome Hypomanie Symptome für mindestens 4 Tage auffallendes Gefühl von Wohlbefinden und körperlicher und seelischer Leistungsfähigkeit gesteigerte Gesprächigkeit und Geselligkeit, Ablegen von Schüchternheit Heiterkeit, witzige Einfälle, vermehrtes Lachen gehobene Stimmung, erhöhtes Selbstwertgefühl Hypomanie schnelleres Denken, mehr Ideen und Pläne verstärkte Motivation am Arbeitsplatz, verstärkte soziale Aktivitäten gesteigerter Antrieb, vermehrte körperliche Aktivität körperliche Symptome (vermindertes Schlafbedürfnis, gesteigerte Libido) Symptome Die dunkle Seite der Hypomanie unvorsichtiges und riskantes Autofahren Ungeduld vermehrte Geldausgaben Erregbarkeit vermehrte Ablenkbarkeit; übermäßige Beschäftigung mit angenehmen Aktivitäten, dadurch Vernachlässigung von Pflichten riskantes Geschäftsverhalten, unüberlegte Investitionen Hypomanie starker Sexualtrieb: Risiko von Infektionen, von ungewollten Schwangerschaften vermehrter Konsum von Kaffee, Tabak und Alkohol vermehrter Konsum von illegalen Drogen: Risiko von Spätschäden sowie von Abhängigkeit, z.B. von Opiaten Definition Hypomanie • An vier aufeinander folgenden Tagen gehobene oder gereizter Stimmung • Mindestens drei der folgenden Merkmale • Gesteigerte Aktivität, Unruhe, Gesprächigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Ablenkbarkeit, vermindertes Schlafbedürfnis, Libidosteigerung, leichtsinniges oder verantwortungsloses Verhalten, gesteigerte Geselligkeit • Die persönliche Lebensführung ist normalerweise nicht beeinträchtigt • Die Episode erfüllt nicht die Kriterien einer Manie Folie: R. Maier, SK Symptome Manie Symptome für mindestens 7 Tage Unruhe, Gereiztheit, Aggression übersteigertes Selbstwertgefühl, maßloser Optimismus Größenideen, Größenwahn ungezügeltes Einkaufen, Verlust sozialer Hemmungen erhöhte Redegeschwindigkeit, starker Rededrang Wahrnehmungsstörungen (z.B. Farben sind besonders leuchtend) Manie starke Ablenkbarkeit Verlust der Urteilsfähigkeit gesteigerte sexuelle Aktivität Ideenflucht und Gedankenrasen Appetitminderung deutlich vermindertes Schlafbedürfnis Manische Episode • Mindestens 1 Woche andauernd. • Symptome • • • • • • Situationsinadäquate, anhaltende gehobene Stimmung / Gereiztheit Selbstüberschätzung Vermindertes Schlafbedürfnis Gesprächigkeit / Rededrang Verminderte Aufmerksamkeit und Konzentration Ablenkbarkeit, Hyperaktivität • Manie vs. Hypomanie: Störung der beruflichen und sozialen Funktion • Hohe Suizidalität (15% sterben durch Suizid, ¼ machen Selbstmordversuch) Symptome Mischzustand depressive Episode manische Episode gesteigerter Antrieb Suizidgedanken Gereiztheit Hoffnungslosigkeit Ideenflucht gedrückte Stimmung gemischte Episode Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Bipolar I / Bipolar II / Rapid Cycling • Eine affektive (Stimmungs-) Störung, die normalerweise sowohl eine Manie / Hypomanie als auch Depression umfasst:1 • Bipolar I – manische / gemischte Episoden und ,fast immer‘ episodischen Depressionen • Bipolar II – wiederholt schwere depressive Episoden und hypomanische Episoden • Bipolares Spektrum – inkl. subsyndromale Symptomatik • Bipolare Störung mit Rapid-Cycling-Verlauf – mindestens 4 Episoden pro Jahr 1. Muller-Oerlinghausen B. Lancet 2002;359:241–247 Folie: R. Maier, SK Krankheitsverlauf von bipolaren Störungen • • • • • • • • • Frühes Erst-Auftreten – Durchschnittsalter 21 Jahre1 Prävalenz der Bipolar-1-Störung: 1 %2 Prävalenz des Bipolar Spektrums: 2.6 – 6.5%6 Viele Episoden – rund 8 Episoden in den10 auf die Diagnose folgenden Jahren2 Hohe Rückfallwahrscheinlichkeit nach einer akuten Episode4 Häufiges Auftreten von gemischter Symptomatik3 Geringer Anteil vollständiger Remission4 Geringer Anteil voller funktioneller Genesung 4,5 Beträchtliche Suizidgefahr – 20mal höher als in der Gesamtbevölkerung; Langzeitrisiko von 3-6 %2 1. APA Practice Guidelines (2002). Treatment of patients with bipolar disorder (2. Auflage) 2. Goodwin GM et al. J Psychopharmacol 2009;23:346–388 3. Benazzi F, Akiskal HS. J Affect Disord 2006;96:183–187 4. Angst J, Sellaro R. Biol Psychiatry 2000;48:445–457 5. Tohen M et al. Am J Psychiatry 2000;157:220–228 6. Angst J. J Affct Disord 1998;50:143-151 Folie: R. Maier, SK Bipolare Störung • Häufig nicht oder fehl-diagnostiziert • Eine Frau, die mit 25 Jahren an einer bipolaren Störung erkrankt • hat eine um 9 Jahre verkürzte Lebenserwartung • verliert 12 Jahre normalen gesundes Lebens • verliert 14 Jahre normaler beruflicher und familiärer Aktivität US-Gesundheitsbehörde Äthiopathogenese • Starke genetische Belastung Schumacher et al., 2007 Ursachen der Erkrankung Erhöhte Empfindsamkeit Wie hoch ist das Risiko im Laufe des Lebens an einer bipolaren Störung zu erkranken? (nach Jones und Craddock) 45-75% 1% 510% Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Behandlung Therapieansätze zur Behandlung bipolarer Störungen Psychotherapie Pharmakotherapie Soziotherapie Arzt-Patienten-Beziehung Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Behandlung Soziotherapie Arbeiten Wohnen Finanzen Freizeit Soziale Integration Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Manie – Behandlungsphasen • Assessment (Untersuchung) • Care (Betreuung) • Treatment (Behandlung) • Akuttherapie • Erhaltungstherapie • (Rezidivprophylaxe) 33 Behandlung Medikamentöse Therapie (nach Greil und Schmidt): Akuttherapie, Erhaltungstherapie und Phasenprophylaxe Ansprechen Remission Rückfall (in die „alte“ Episode) Wiedererkrankung Vollständige Gesundung (neue Episode) Spontanverlauf (ohne Therapie) Akuttherapie Wochen bis Monate Erhaltungstherapie Phasenprophylaxe (Schutz vor Rückfall) (Schutz vor Wiedererkrankung) 6-12 Monate Jahre Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Bipolare Störungen: Guidelines 2009 und 2010, Therapie der akuten Manie: Konsens: Atypika + Mood Stabilizer • CANMAT / ISBD Guidelines (Canada, international, Yatham et al., 2009) • WFSBP Guidelines Update 2009 Acute Mania (international, Grunze et al., 2009) Update 2010 Acute Depression (international, Grunze et al. 2010) • Clinical Practice Recommendations (Australien, Neuseeland, Malhi et al., 2009) • British Association for Psychopharmacology Guidelines (England, Goodwin et al., 2009) • Behandlungsempfehlungen für bipolare Störungen (Schweizerische Gesellschaft für bipolare Störungen, 2011) • ISBD Consensus Guidelines for Safety Monitoring (international, Ng et al., 2009) Folie: R. Maier, SK Behandlung Phasen der medikamentösen Therapie Sonstige bei Bedarf: angstlösend, schlafanstoßend, antipsychotisch wirksame Substanzen Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Akutbehandlung der Manie • Dosis der atyp. Antipsychotika entspricht denen der Schizophrenie • Lithium ggf. > 0.8 mmol/l • Valproat kann schnell aufdosiert werden und wirkt schnell • kein Valproat bei Frauen, die gebärfähig sind und keinen sicheren Schwangerschaftsschutz haben • wirksamste Behandlung: Kombination atypisches Antipsychotika + Moodstabilizer Level 1: Metaanalyse oder 2 randomisierte kontrollierte Doppelblindstudien mit Plazebo Level 2: mindestens 1 randomisierte kontrollierte Doppelblindstudie mit Plazebo oder aktivem Komparator Level 3: prospektive, nicht kontrollierte Studie mit Behandlungsempfehlungen mindestens 10 Versuchspersonen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen Bipolare Depression • Kontroverse Diskussionen um Antidepressiva • AMSP: > 70% bipolar Depressiver erhalten AD in Kombination mit mood stabilizern oder atypischen Antipsychotika • Die Gefahr der Auslösung von hypomanischen oder manischen Phasen scheint geringer als angenommen (Sachs et al., 2004) • Wirksam in der Monotherapie, aber als Zusatzmedikation bleiben sie umstritten • Kontraindiziert sind: Trizyklische Antidepressiva, SSNaRI (Venlafaxin, Duloxetin) Folie adaptiert nach R. Maier, SK Akutbehandlung der bipolaren Depression • Erste Wahl: Quetiapin bzw. Quetiapin XR (300 – 600 mg) • Lithium, häufig in Kombination mit Antidepressivum • Lamotrigin: unterschiedlich Einschätzung; Wirksamkeit insbesondere bei schwer ausgeprägter Depression; muss langsam aufdosiert werden • Antidepressivum: SSRI und Buproprion • (Einzelfälle: SSRI und Aripiprazol) Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen Spezielle Verlaufsformen • Rapid Cycling (> 3 Episoden in einem Jahr) • • • • Eher schlechter Verlauf Antimanisch: Aripiprazol Antidepressiv: Quetiapin (> 600 mg / Tag), Lithium, Lamotrigin Langzeitbehandlung: Valproat Lithium (CANMAT) • Gemischte Episoden (gleichzeitig manische und depressive Sympt.) • • • • Schlecht untersucht Schwierige Behandlung, komplizierte Verläufe Antimanisch: Olanzapin, Aripiprazol Lithium weniger wirksam als Valproat, Carbamazepin (cave Enzyminduktion), Olanzapin, Risperidon • Zyklothymia (subsyndromal manisch-depressiv) • Unterdiagnostiziert, neigen zur Chronifizierung • Es gibt keine Richtlinien zur Behandlung Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen Erhaltungstherapie • Anschluss an eine erfolgreiche Akuttherapie über ca. 6 (bis 12) Monate • Weiterführung der Akuttherapie • Kombiniert mit Psychoedukation und ggf. Psychotherapie • Medikamentöse Anpassungen bei Nebenwirkungen • Unterscheidung zwischen Erhaltungstherapie und Rezidivprophylaxe wird nicht in allen Guidelines gemacht Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen Rezidivprophylaxe • Am Besten untersucht: Lithium (bei „typischen manisch-depressiven“ Symptomen), auch antisuizidal; Spiegel 0.6 – 0.8 mmol/l • gute Wirksamkeit von Olanzapin, auch bei gemischten Episoden, aber viele NW • Valproat-Monotherapie weniger wirksam als Lithium oder Kombination Lithium und Valproat • Rezidivprophylaxe mindestens 2-3 Jahre, in der Regel lebenslang Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen Baseline-Messungen Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen Zusätzliche Untersuchungen Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen Evidenzbasierte psychologische Maßnahmen Behandlungsempfehlungen der Schweizerischen Gesellschaft für Bipolare Störungen Behandlung Psychotherapie • Psychoedukation • Soziale Rhythmus-Therapie • Life chart-Methodik (Stimmungskalender) • kognitive Verhaltenstherapie • interpersonelle Therapie • Paartherapie • Familientherapie • Entspannungsverfahren Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten KVT • 20 Sitzungen, zunächst wöchentlich, dann zweiwöchentlich, anschliesend monatlich • Gemeinsame Erarbeitung und Vermittlung eines konsensuellen Wissenstandes, bei dem der Bezug zur individuellen Biografie heraus gearbeitet wird, Modifikation von dysfunktionalen und irrationalen Vorstellungen, biopsychosoziales Verständnis der eigenen Problematik • Selbständiges Erkennen von potentiellen Prodromalsymptomen und Auslösern für erneute manische und depressive Phasen; therapiebegleitendes Tagebuch • Umgang mit individuellen Kognitionen und Verhaltensweisen, die im Rahmen von depressiven und manischen Episoden auftreten (Spaltentechnik, Realitätstestung, schrittweise Aufgabenbewältigung, Ziele setzen) • Erstellen eines Notfallplanes; Bearbeitung alltäglicher Probleme und interpersoneller Konflikte, mit dem Ziel der Reduktion des Belastungsniveaus; Training sozialer Kompetenzen und interpersoneller Fertigkeiten Meyer & Hautzinger, 2004 KVT – 1. Teil • Erarbeitung der persönlichen Geschichte depressiver und manischer Episoden seit Beginn der Erkrankung • Motivation, Aufbau einer therapeutischen Beziehung • Spezielle Techniken • Psychoedukation • Material • Manische und depressive Symptome • Visuelle Darstellung einer Krankengeschichte (Episoden, Ereignisse, Belastungen, Medikamente, Klinikaufenthalte • Einführung des Stimmungstagebuches / Stimmungskalenders Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011 Psychoedukation – Regeln für den Therapeuten • Vermeide belehrenden, vortragsähnlichen Stil • Erarbeite die entsprechenden Informationen mit Hilfe von Materialien • Knüpfe an dem Wissen und den Erfahrungen des Patienten an und ergänze dies in Abhägigkeit vom Vorwissen • Nicht zu viele Informationen auf einmal und keine Angst vor Redundanzen bzw. Wiederholungen Hautzinger & Meyer, 2011 Psychoedukation: Ursachen der Erkrankung Stressoren „selbstgemachter“ Streß beeinflußbar (z.B. unnötiger Ehrgeiz, unnötiger Zeitdruck; unnötige Verpflichtungen, die in der Hypomanie eingegangen wurden) partnerschaftliche Konflikte Umzug berufliche Veränderungen Leistungsdruck am Arbeitsplatz Prüfungen finanzielle Belastungen körperliche Erkrankungen Trennungserlebnisse Tod eines Angehörigen schwer oder nicht beeinflußbar Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben Maniforme Zustände zeigen sich zuerst fast immer als ein Mehr an Energie und Aktivität, nicht als Veränderung in der Stimmung. Crescendo-Modell der Manie deliröse Manie (Bewußtseinsstörung, Verwirrtheit) psychotische Symptome, „Überkochen“ der Manie, katatone Symptome Gereiztheit, Übergriffe, Aggression, Mischung mit depressiven Symptomen euphorische Hypomanie/Manie Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben Crescendo-Modell der Depression Beispiele für eine leichte, mittelschwere bzw. schwere depressive Episode schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen zusätzlich zu unten: depressive Stimmung, Agitiertheit, wiederkehrende Gedanken an den Tod oder Suizid, Wahn von Wertlosigkeit mittelschwere depressive Episode zusätzlich zu unten: Schlafstörung, unbegründete Selbstvorwürfe, Verlust des Selbstvertrauens leichte depressive Episode: verminderter Antrieb, Freudeverlust, Unentschlossenheit Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Verlauf der Erkrankung Stimmungskalender (life chart) Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten . Verlauf der Erkrankung Stimmungskalender (life chart) KVT – 2. Teil • Erkennen von Frühwarnsymptomen • Sicherheit in der Unterscheidung von normalen Befinden und krankhaften Befindensveränderungen • Spezielle Techniken • Möglichst Einbezug Angehöriger • Material • • • • Liste Frühwarnsymptome Formular persönliche Frühwarnsymptome Arbeitsblatt „Was ist wenn“ Stimmungstagebuch Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011 Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben Frühwarnsymptome können sein: • veränderte Schlafstruktur • Konzentrationsstörungen • veränderte Lebensgewohnheiten • verändertes Konsumverhalten • verändertes Sozialverhalten (Kontakte) • veränderte Tagesstruktur Ziel ist Selbstkontrolle durch Selbstbeobachtung. Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben Frühwarnsymptome • Sammlung individueller Frühwarnsymptome • Zuordnung möglicher Soforthilfemaßnahmen zu den gesammelten Frühwarnsymptomen • Erstellung eines Krisenplanes Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten Beispiele für Frühwarnsymptome im Vorfeld manischer Episoden • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Ich hatte Schwierigkeiten, still zu sitzen. Ich fuhr schnell Auto. Ich trank mehr Alkohol. Ich wollte erleben, weil alles so langweilig erschien. Ich wechselte die Kleidung mehrmals am Tag. Ich trug farbigere oder grellere Kleidung oder Schminke. Ich hörte lauter Musik als sonst. Ich ass mehr als gewöhnlich. Ich ass weniger als gewöhnlich. Ich schlief weniger als normalerweise. Ich begann Sachen, die ich dann nicht beendete. Ich verschenkte Sachen, die mir gehörten. Ich kaufte Geschenke für irgendwelche Leute. Ich gab mein Geld freizügiger aus. Ich traf unkluge Entscheidungen. Ich feierte mehr. Ich interessierte mich mehr für Sex als sonst. Ich sang in der Öffentlichkeit. Ich redete lauter als gewöhnlich. Ich mischte mich in beliebige Gespräche ein. Beispiele für Frühwarnsymptome im Vorfeld depressiver Episoden • • • • • • • • • • • • • • • • • Ich sagte Verabredungen ab. Ich wollte meine Ruhe haben. Alkohol und Tabletten erscheinen als kleine Helfer. Es fiel mir schwer, morgens aufzustehen. Mir war egal, wie ich aussah. Alles war irgendwie anstrengender. Ich ass langsamer als gewöhnlich. Ich ass weniger als gewöhnlich. Ich hatte weniger Appetit. Ich schlief mehr als normalerweise. Ich vernachlässigte meine Arbeit. Viele Dinge waren mir plötzlich gleichgültig. Ich dachte, mein Leben sei einziger Fehlschlag. Ich dachte häufiger, dass es kaum noch Hoffnung gibt. Ich interessierte mich nicht mehr für Sex. Abends war ich froh, dass der Tag endlich vorbei war. Ich redete leiser als gewöhnlich. Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben Was tun bei Frühwarnsymptomen? Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten . Psychoedukation: Frühwarnsymptome und Gesundbleiben Krisenplan Folie: Kurzpsychoedukation für Bipolare Patienten KVT – 3. Teil • Strategien im Umgang mit beginnenden Symptomen • Ziel: Balancierte Alltagsstruktur, angemessenes Aktivitätsniveau (Abbau / Aufbau; Regelmässigkeit; feste Struktur), erholsamer Schlaf-WachRhythmus, Erkennen und Erarbeiten dysfunktionaler Gedanken und Einstellungen • Spezielle Techniken • Erkennen automatischer Gedanken und anschliessende Realitätstestung • Material • • • • Tagesprotokoll (Aktivitäten) Arbeitsblatt „Besser planen“ Evtl. Liste angenehmer Ereignisse Stimmungstagebuch Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011 Realitätstestung • Oft nicht geeignet für manische / hypomane Phasen • Automatischer Gedanke: Die anderen sind unfähig und langweilig. Ohne mich geht das Projekt schief. Was spricht dafür, dass dies stimmt? Was spricht dafür, dass dies nicht stimmt? Gibt es andere Erklärungen? Was würden andere in dieser Situation denken? Wie würden sie sich das erklären? Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011 KVT – 4. Teil (optional) • Aufbau von Problembewältigungsstrategien • Achtsamkeit • Verbesserung von sozialen, interpersonellen Kompetenzen und Kommunikationsfertigkeiten • Spezielle Techniken • • • • Problemlösetraining Einführung und Üben von Kommunikationsregeln, Rollenspiel Achtsamkeitsübungen Einbezug von Angehörigen • Material • Fragen Problemlösetraining • Kommunikationsregeln • Stimmungstagebuch Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011 Problemlösetraining 1. 2. 3. 4. Definition des Problems? – Was ist genau das Problem? Zielfindung – Was für ein Ziel habe ich? Was wünsche ich mir? Alle Lösungswege – Welche Lösungen gibt es? Bewertung und Gewichtung der einzelnen Lösungswege – Wie realistisch und gut sind diese einzelnen Lösungen? 5. Entscheidung für einen Lösungsweg – Welche Lösung kann ich aufgrund der Bewertungen auswählen und ausprobieren? 6. Probe des Lösungsweges – Ausprobieren der gewählten Lösung! 7. Bewertung des Ergebnisses – Welche positiven Erfahrungen habe ich mit ausprobierter Lösung gemacht? • Problem nicht gelöst? – Zurück zu Frage 4) • Ergebnis zufriedenstellend? – Gut gemacht! Was gönne ich mir? Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011 Kommunikationstraining • Kommunikationsregeln • • • • • • • • Sachlich bleiben Ruhig bleiben Zuhören Konkret sein und bleiben Gefühle in der Ich-Form ausdrücken Vermeide Wörter wie „immer, fast immer, nie, früher“ Identifikation von problematischen Situation Erproben im Rollenspiel • • Was will der Sender zum Ausdruck bringen? Wie kommt es an? Wie können für den Empfänger entsprechende Rückmeldungen aussehen, dass sie angenommen werden können / als hilfreich erlebt werden? Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011 KVT – 5. Teil • Persönliches Krisenmanagement und Notfallplan • Abschluss der Therapie: Zielerreichung, Planung von Auffrischungssitzungen • Spezielle Techniken • Einbezug von Angehörigen • Material • Notfallplan (möglichst konkret!) • Stimmungstagebuch Adaptiert nach Hautzinger & Meyer, 2011 Beilagen • Bech-Rafaelen-Manie-Skala (BRMAS) • Manie-Selbstbeurteilungsskala (MSS) • Beck-Depressions-Inventar (BDI) • Stimmungskalender (PEB) • Krisenplan (PEB) • Formular Frühwarnsymptome (PEB) • Arbeitsblatt „Was ist wennZ“ • Wochenplan • Arbeitsblatt „Besser Planen“ Literatur Euro 149.95 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Kompetenzzentrum für Psychiatrie und Psychotherapie am Zürichsee Fr. PD Dr. med. K.Cattapan