Zentrale Lebensmittelunverträglichkeiten am Beispiel der Glutenintoleranz Vortrag von Dr. Axel Bolland, Bad Sobernheim Nahrungsmittelallergien und –unverträglichkeiten können sich in einer Vielzahl von Symptomen zeigen. Oft fühlen sich die Patienten unwohl sind aber nach Ansicht ihrer Ärzte gesund, dies gilt insbesondere für Milch- und Glutenunverträglichkeiten. Jahrzehnte lang dachte man das Vollkorngetreide das Non plus ultra gesunder Ernährung sei, bis man erkannte, dass ein Großteil der Bevölkerung – etwas jeder Dritte in Deutschland – mit chronischer Müdigkeit, Kopfschmerzen, chronischen Nasennebenhöhleninfekten, Bauchkrämpfen oder Bluthochdruck darauf reagierte. Die Energieträger in der Nahrung sind für den Menschen Eiweiße, Kohlehydrate und Zucker. Gluten gehört zu den Proteinen, ist also ein pflanzliches Eiweiß, welches für den Menschen ernährungsphysiologisch quasi ohne Bedeutung ist, in der Lebensmittelindustrie aber massenweise eingesetzt wird, so beispielsweise in Knackwürsten, Kochschinken oder Joghurt. Das Problem: meist wird Gluten als Inhaltsstoff überhaupt nicht deklariert. Der Getreidekleber Gluten ist aber in jedem Fall enthalten in Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Grünkern, kanadischem Wildreis und Hafer. Die physikalischen Eigenschaften des Glutens und die niedrigen Kosten des Weizens, haben auf Weizen basierende Fertigprodukte zu den wichtigsten Getreideprodukten der Welt gemacht. Wie andere Proteine ist Gluten aus kleineren Untereinheiten, die Polypeptide genannt werden, zusammengesetzt. Gluten besteht aus zwei Polypeptidkomplexen, den Gliadinen und Gluteninen, wobei die Gliadine, die für den Menschen unverträglichen Inhaltsstoffe sind. Die Gliadinfraktion von Gluten wird auch Prolamin genannt. Obwohl Gluten eigentlich nur im Weizen – je nach Düngung bis zu 17 % – vorkommt, sollten auch die anderen oben genannten Getreidearten nicht verzehrt werden, da diese Getreidearten Prolamine enthalten, die strukturell dem Weizengluten ähnlich sind und damit auch ähnliche Krankheitssymptome auslösen können. In den letzten Jahren wurde ein weiterer hoch allergener Bestandteil der fünf entscheidenden Getreidearten bekannt: die Transglutaminase. Hierbei handelt es sich um ein Enzym, das besonders in der Aleuronschicht des Getreides vorkommt. Die Transglutaminase kommt aber auch physioglogisch als aufbauendes Enzym im Körper des Menschen vor. Der Mensch besitzt nach neuestem Wissen eine Vielzahl von Transglutaminasen, jedes Organ (Leber, Lunge, Herz, Gehirn usw.) hat seine eigenen Transglutaminasen, so dass jeder Allergiker mit ganz unterschiedlichen Symptomen reagiert, die man nicht voraussagen kann und die auch ständig wechseln können. Das intrazelluläre Enzym wird quasi durch die allergische Reaktion aus der Zelle gelockt und verursacht Krankheiten. Die Gliadine können sich zudem mit den Transglutaminasen verbinden und dadurch immer neue Erkrankungen hervorrufen. Kritisch wird es wenn sich Gluten, Transglutaminasen und Kuhmilchallergie miteinander verbinden. Ganze Forschungsgruppe beschäftigen sich derzeit mit der Frage ob die genannte Allergie-Trias als Auslöser für Krankheiten wie M. Alzheimer in Frage kommen. Die bekannteste Form der Glutenintoleranz ist die Sprue beim Erwachsenen und die Zölliakie beim Kind. Die Darmzotten im Dünndarm werden hierbei allergisch-entzündlich abgeflacht. Da die Hauptaufgabe der Dünndarmzotten die Aufnahme von Vitaminen, Mineralien und © Marianne Krug 2004 [email protected] www.akana-frankfurt.de Seite 1 anderen Nahrungsbestandteilen ist, entwickeln sich durch den Verlust und die Veränderung der Darmoberfläche Ernährungsdefizite, intestinale Dysfunktionen (Fehlfunktionen des Darms) mit Durchfall und Verstopfung, Dysbiosen und Darmpilzerkrankungen. Oft ist der Befall allerdings nur sporadisch und kann mit einer Biopsie, wie sie zur eindeutigen Diagnose einer Sprue vorgeschrieben ist, nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Hinzu kommt, dass viele Menschen mit einer Glutenunverträglichkeit keine Antikörper bilden. Dennoch sollten diese negativen Testergebnisse keinesfalls die Grundlage für eine Verträglichkeit von Getreide sein. Beweisführend sollte der eindeutige Rückgang von Beschwerden unter glutenfreier Kost sein. Nicht umsonst brauch die Schulmedizin aufgrund der schwierigen Diagnostik im Schnitt 11 ½ Jahre bis die Krankheit erkannt wird. Voraussetzung für die Erkrankung ist eine genetische Disposition – der Ursprung ist keltisch, aber mittlerweile weltweit verbreitet, die betroffenen Personen meist hellhäutig, sommersprossig und hochsonnenempfindlich – und die Ernährung mit Getreide. Dann entwickelt sich im Laufe der Zeit eine Glutensensibilität, deren Folge dann Darmwandveränderungen sind, die letztendlich dazu führen, dass man erkrankt. Glücklicherweise sind derartige Veränderungen im Darm bei Glutenverzicht wieder regenerierbar, allerdings nicht von heute auf morgen. Die einfachste Therapie ist das Weglassen von Gluten und im Regelfall stellt sich schon nach wenigen Tagen eine erste Besserung der Symptome und Erkrankungen ein. Auftreten kann die Glutenunverträglichkeit in allen Stadien des Lebens. Schon Kleinkinder reagieren auf Muttermilch, wenn Mutter und Kind eine entsprechende Unverträglichkeit haben. Aber auch Klimafaktoren, ein körperliches oder seelisches Trauma, Virusinfekte vor allem mit dem Eppstein-Barr- oder einem Cocksackie-Virus, chirurgische Eingriffe und selbst Schwangerschaften können zum Auslöser werden. So verbirgt sich hinter mancher Schwangerschaftsdepression eigentlich eine Glutenunverträglichkeit und nicht unbedingt ein hormonelles Problem wie es die Schulmedizin sieht. Im Zusammenhang mit der Glutenunverträglichkeit stellt man sehr häufig auch einen Vitamin- und Mineralstoffmangel fest, deshalb wird im Allgemeinen eine erweiterte Diagnostik gemacht, die vor allem die Vitamine B1, B2, B6, B12, Folsäure, Calcium, Magnesium, Kalium, Eisen und Zink betrifft. Symptome und Erkrankungen infolge einer Glutenintoleranz können sein: Gewichtsverlust, Übergewicht bei gluteninduzierter Gastritis durch ewiges Hungergefühl, Müdigkeit, chronisches Müdigkeitssyndrom, Erschöpfung bis hin zur absoluten Leistungsunfähigkeit, schlechte Stimmung bis hin zur schwersten Depression, Kopfschmerzen, schwere Migräneattacken, chronische Nasennebenhöhleninfekte, Nasenpolypen bei Kindern, Mittelohrentzündungen, Glaukom, eine hohe Infektanfälligkeit, chronische Bronchitis bis hin zu Asthma, chronische Gastritis, chronische Enteritis mit Durchfall oder Verstopfung, Meteorismus, chronisch rezidivierende Blaseninfekte, Glomerulonephritis, chronische Unterleibserkrankungen wie Myome, Vaginitis, Pilzerkrankungen, Frühaborte, Infertilität, Hypertonie, Hauterkrankungen, Multiple Sklerose, Herzerkrankungen und rheumatische Erkrankungen wie seronegatives Rheuma, das Fibromyalgiesyndrom, Monoartritis, Sjögrensyndrom und viele andere mehr. Diskutiert werden derzeit auch Psoriasis und Plasmozytom. In der Allergiediagnostik der Schulmedizin gibt es nur entweder oder: Allergie oder NichtAllergie. Die Naturheilkunde aber untersucht das gesamte Spektrum und kommt deshalb dort zu Befunden, wo die Schulmedizin leichtfertig den Stempel „gesund“ oder „psychosomatisch“ aufdrückt. Und gerade bei der Zölliakie/Sprue ist dies häufig zu © Marianne Krug 2004 [email protected] www.akana-frankfurt.de Seite 2 beobachten, da jeder anders auf diese Allergie reagiert. Es gibt Menschen, die schon von einem Milligramm Gluten sehr krank werden können. Die Mehrzahl leidet jedoch nur unter einer relativen Unverträglichkeit und kommt mit einer individuellen Rotationsdiät zurecht, da Gluten phasenweise gut vertragen wird. Deshalb spricht Dr. Bolland von einer Glutensensitiven Gastroenteropathie (GSE) oder Glutenintoleranz, denn hierbei reicht das Spektrum von sehr tolerant bis wenig tolerant. Und tatsächlich ist die Verträglichkeit von Gluten von vielen Faktoren abhängig, wie Stress, psychischer Verfassung oder momentanen Lebensbedingungen. In der chinesischen Medizin stehen alle Organe und Organsysteme über die Meridiane (Akupunkturbahnen, die den Körper wie Leitungsbahnen durchziehen) miteinander in Verbindung. Die Akupunkturlehre basiert auf diesem Zusammenspiel, zeigt die extreme Vernetzung auf und erklärt warum beispielsweise Probleme der Haut, der Augenbindehaut, der Gelenkschleimhaut, der Wirbel (Ischias, HWS-Syndrom), der Nasennebenhöhlen, der Zähne oder des Thymus ihre Ursache im Dickdarm haben. Und so wie die chinesische Medizin ganz oft die Zusammenhänge von Ursache und Wirkung aufzeigt, hat sie auch Therapien entwickelt, in denen vor allem die Ernährung eine entscheidende Rolle spielt. Aus der Akupunkturlehre hat sich eine Diagnosetechnik entwickelt, die auch zur Diagnosestellung der Glutenunverträglichkeit eingesetzt werden kann: die Kirlianfotografie. Hierbei werden Hand- und Fußspitzen mithilfe einer speziellen Fototechnik abgelichtet und anhand der abgelichteten Energieströme werden diagnostische Rückschlüsse gezogen. Sehen kann man beispielsweise ob sich eine Allergie auch an den Schleimhäuten der Blutgefässe (Venen, Arterien) oder in anderen Organen abspielt. Als Folge einer Gluten- oder Milchallergie könnte es beispielsweise zu einer Schwellung der Schleimhäute und damit unter anderem zu einer Verengung der Blutgefässe, mit nachfolgendem Sauerstoffmangel kommen. Diese kleinsten Gefäßverschlüsse können beispielsweise zu zahlreichen Mikro-Schlaganfällen im Gehirn führen und wenn sich dies im Lauf der Jahre tausend und millionenfach wiederholt entsteht eine Form der Alzheimer Demenz. Was kann man tun? An erster Stelle steht das Heilfasten und eine anschließende Ernährungsumstellung (Auslassdiät). Mindestens drei Monate sollte man sich völlig glutenund kuhmilchfrei ernähren. Danach kann es dann mit einer Rotationsdiät (bsp. einmal die Woche ein Weizenbrötchen) versuchen werden. Bei Auftreten von Symptomen sollte man wieder völlig gluten- und kuhmilchfrei essen. Enzyme, Nosoden und homöopathische Begleitmittel können ebenfalls den Gesundungsprozess positiv unterstützen. Das wichtigste aber bleibt die Auslassdiät. Halten sollten sich auch insbesondere Allergiker an den alten Spruch: „Frühstücke wie ein Kaiser, esse zu Mittag wie ein Bürger und zu Abend wie ein Bettelmann“. Der Grund dafür ist der Kortisolrhythmus (Kortisol ist ein Hormon, das kortisonähnlich wirkt und in der Nebenniere hergestellt wird) des Menschen. Das Kortisol wird früh am Morgen ausgeschüttet und nimmt dann kontinuierlich über den Tag ab, um dann abends bzw. nachts seinen niedrigsten Wert zu erreichen. Das bedeutet natürlich auch, dass die Allergiebereitschaft des Körpers abends und nachts am höchsten ist, da das natürliche Anti-Allergikum Cortisol dann kaum noch wirkt. Zum Frühstück kann man sich also eher einen Ernährungsfehler leisten als zum Abendessen. Derzeit erforscht wird auch der Zusammenhang zwischen Gluten und Glutamat. Denn es scheint so zu sein, als ob aus Glutamat (weltweiter Name: Umami) möglicherweise © Marianne Krug 2004 [email protected] www.akana-frankfurt.de Seite 3 Bestandteile des Glutens entstehen können. Wer also eine Glutenunverträglichkeit hat, verträgt in der Regel auch kein Glutamat. © Marianne Krug 2004 [email protected] www.akana-frankfurt.de Seite 4