Predigt zur EMS-Synode (12.11.11) in der Kapelle des Erbacher Hof

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Predigt zur EMS-Synode (12.11.11) in der Kapelle des Erbacher Hof zu Mainz
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Text: 1. Kön.19,1-7 + 8-13 -
Gnade sei mit euch und Friede, von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus
Christus.
Liebe Gemeinde anlässlich der EMS-Synode,
1. Elia – der Held
Er war einer der Helden meiner Kindheit, wie Winnetou und Old Shatterhand oder mach
anderer: Elia, der Prophet. Ich sehe noch genau die Geschichte in der Kinderbibel vor mir
(ich glaube, es war die Neukirchner) mit der Geschichte vom Götterwettstreit: 450
Baalspriester gegen einen Propheten Gottes, Elia. Jeder sollte einen Altar bauen und
wessen Gott den Altar mit Feuer entzündet, hätte den Wettstreit gewonnen. Elia gesteht
sogar noch großzügig zu, dass die Baalspriester beginnen durften. Also bauten sie einen
Altar, tanzen um ihn herum, verrichteten ihre Rituale, doch das Opfer wollte nicht brennen.
Elia sparte nicht mit Spott, fragte sie ob ihr Gott vielleicht ein Mittagschläfchen halte oder
über Land gefahren sei…
Als am Nachmittag kein Ende abzusehen war, bauten Elia aus 12 Steinen einen Altar (nach
der Anzahl der Stämme Israels), richtete Holz und ein Opfertier, und begoss das ganze noch
ordentlich mit Wasser, um ein Entzünden umso schwerer zu machen. Dann richtete er ein
kurzes Gebet an Gott – und das Feuer entzündete das Holz, das Opfertier, leckte das
Wasser auf und zerstörte den ganzen Altar gleich mit. Sie auf der ganzen Linie! Das Elia die
Baalspriester anschließend umbringen ließ, störte mich als Kind gar nicht. Es zählte nur der
Sieg Gottes, Elias und meines Gottes!
2. Elia – der Versager
Doch dann der Schock: nur ein Kapitel weiter musste ich folgendes lesen:
Und Ahab sagte Isebel alles, was Elia getan hatte und wie er alle Propheten Baals mit dem
Schwert umgebracht hatte. Da sandte Isebel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: Die
Götter sollen mir diese und das tun, wenn ich nicht morgen um diese Zeit dir tue, wie du
diesen getan hast! Da fürchtete er sich, machte sich auf und lief um sein Leben und kam
nach Beerscheba in Juda und ließ seinen Diener dort. Er aber ging hin in die Wüste eine
Tagereise weit und kam und setzte sich unter einen Wacholder und wünschte sich zu
sterben und sprach: Es ist genug, so nimm nun, Herr, meine Seele; ich bin nicht besser als
meine Väter.
Und er legte sich hin und schlief unter dem Wacholder. Und siehe, ein Engel rührte ihn an
und sprach zu ihm: Steh auf und iss!
Und er sah sich um, und siehe, zu seinen Häupten lag ein geröstetes Brot und ein Krug mit
Wasser. Und als er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen.
Und der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal wieder und rührte ihn an und sprach: Steh
auf und iss! Denn du hast einen weiten Weg vor dir.
Eben noch der Held, jetzt völlig am Boden. Diesen abrupten Wechsel konnte ich als Kind
überhaupt nicht verstehen. Heute habe ich es da schon etwas leichter: wie oft hat mich die
Erfahrung gelehrt, wie einen ein einsamer Kampf gegen viele zermürben kann. Wie man sich
immer wieder fragt, ob es überhaupt sein kann, dass man im Recht ist oder nur noch aus
Sturheit oder Rechthaberei gegen die Mehrheitsmeinung angeht. Ich habe ebenfalls
schmerzvoll erfahren müssen, dass nach der Stunde höchster Triumphe oft der abrupte
Absturz folgt. Der tiefe Fall in die Depression oder den Burnout. Da kann man
nachvollziehen, dass Elia sich in Wüste, in die Einsamkeit zurückzieht, niemanden mehr
sehen will und sich von Gott nur noch den Tod wünscht.
Und Gott? Er peitscht ihn nicht auf, gibt ihm keine Lebensweisheit mit, die ihn aufmuntern
soll. ER kümmert sich zunächst um seine ganz menschlichen, ganz leiblichen Bedürfnisse.
Er lässt ihn schlafen, essen und trinken, und wieder schlafen, essen und trinken.
Ganz wie Bert Brecht es einmal etwas vulgär formuliert hat: Erst kommt das Fressen und
dann die Moral. Der große Gott kümmert sich tatsächlich erst um die allzu menschlichen
Bedürfnisse des ausgebrannten Propheten. Und schickt ihn dann auf eine Reise. Zum berg
Gottes, aber auch in sich und zu sich selbst:
Und er stand auf und aß und trank und ging durch die Kraft der Speise vierzig Tage und
vierzig Nächte bis zum Berg Gottes, dem Horeb.
Und er kam dort in eine Höhle und blieb dort über Nacht. Und sieh, das Wort des Herrn kam
zu ihm: Was machst du hier, Elia?
Er sprach: Ich habe geeifert für den Herrn, den GottZebaoth; denn Israel hat deine Bund
verlassen und dein Altäre zerbrochen und deine Propheten mit dem Schwert getötet, und ich
bin allein übriggeblieben, und sie trachten danach, dass sie mir mein Leben nehmen.
Und der Herr sprach: Geh heraus und tritt hin auf den Berg vor dem Herrn! Und siehe, der
Herr wird vorübergehen. Und ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen
zerbrach, kam vor dem Herrn her; der Herr war aber nicht im Winde. Nach dem Wind aber
kam ein Erdbeben; aber der Herr war nicht im Erdbeben. Und nach dem Erdbeben kam ein
Feuer; aber der Herr war nicht im Feuer. Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes
Sausen.
Als Elia das hörte, verhüllte er sein Antlitz mit seinem Mantel und ging hinaus und trat in den
Eingang der Höhle. Und siehe, da kam eine Stimme zu ihm und sprach: Was hast du hier zu
tun, Elia?
3. Gott in einer neuen Dimension
Gott hat Elia mit auf eine Reise genommen. Am Ende steht eine überraschende Erkenntnis:
Auch wenn der Götterwettstreit brachial gewonnen wurde, ist das Wesen Gottes ein ganz
anderes. Gott ist nicht im Sturm, nicht im Erdbeben, nicht im Feuer. Gott ist im stillen,
sanften Sausen. Die Buber/Rosenzweig Übersetzung sagt: „in einer Stimme
verschwebenden Schweigens.“ Schöner und poetischer kann man es nicht ausdrücken!
Christinnen und Christen erkennen hier den Gott, der als Säugling in einer Krippe zur Welt
kommt, schwach, den anderen ausgeliefert.
Am Ende steht die Begegnung mit Gott, der der sich als der-ganz-Andere erweist. Und Elia
dennoch ermutigt. Auch in dem er ihn danach fragt, was ihn bewegt. Elia darf all seine
Sorgen nochmals wiederholen, bevor er einen neuen Auftrag erhält und wieder gesandt wird.
Und Elia geht – getröstet und mit neuem Mut.
Elia ist auch heute noch ein Vorbild für mich. Immer noch ertappe ich mich gelegentlich bei
dem Wunsch, Gott möge doch mit Donner und Blitz hineinfahren, damit alle Welt erkenne,
dass ich auf der richtigen Seite stehe. Immer wieder, gerade nach Sternstunden, bin ich mit
meinen Kräften am Ende. Und immer neu tut es gut, Gott zu suchen und Neues über ihn zu
lernen, sich neu von ihm beauftragen zu lassen.
Gebe Gott, dass wir ihm auf den Weg, den wir mit der neuen Satzung eingeschlagen haben,
immer wieder begegnen. Dass er uns, gerade nach den Sternstunden dieser Tage, auch im
Alltag weiter begleitet. Und uns mit seiner „Stimme verschwebenden Schweigens“ anspricht
und Gutes zusagt.
Amen.
Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne
in Christus Jesus, unserem Herrn.
M. Graebsch
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