Mendel: theoretische Grundlage der Vererbung Was sind die materiellen Träger der Erbeigenschaften? Die chromosomale Grundlage der Vererbung Gene auf demselben Chromosom sind gekoppelt 1 2. Mendelsche Regel: Unabhängigkeitsregel Allele verteilen sich unabhängig voneinander und unabhängig von den Allelen anderer Gene auf die Nachkommen. 2 Kartierung von Genen aufgrund von Rekombinationsfrequenzen Thomas Hunt Morgan (1866-1945; amerik. Zoologe) 1933 Nobelpreis Drosophila melanogaster (Fruchtfliege): Modellorganismus ca 2mm einfache Anzucht in Marmeladengläsern Generationszyklus ca. 12 Tage Pro Weibchen ca. 200 – 300 Eier 3 Kopplung von Merkmalen (Genen) Chromosom = Kopplungsgruppe in Drosophila 4 Kopplungsgruppen Anzahl der Gene übersteigt die der Chromosomen bei weitem 4 Rekombinationshäufigkeit nach Rückkreuzung gegen den rezessiven Elternteil bei gekoppelten Merkmalen Vg: Flügelform (d) vg: verkümmert (r) B: graue Farben (d) b: graue Farbe (r) Purves et al. 10.18 5 Intrachromosomale Rekombination durch Crossing over Crossing over: durch Bruch und Wiedervereinigung entstandener Austausch von korrespondierender DNA zwischen homologen Chromosomen während der Meiose 6 Prophase I der Meiose Purves et al. 10.19 7 Rekombinationshäufigkeiten (Rekombinationsfrequenz) Purves et al. 10.20 8 Bestimmung der relativen Anordnung der Gene auf einem Chromosom Genetische Kartierungseinheit (map unit) = 1 m.u. = 1cM (centi Morgan) = 0.01 Rekombinationshäufigkeit x 100 = 1% Rekombinationsfrequenz Rekombinationshäufigkeit = 0,17 x 100 = 17% Rekombinationsfrequenz = 17 cM Abstand von Vg und B = 17 cM 9 Genetiker nutzen Rekombinationsdaten, um Genkarten von Chromosomen zu erstellen Purves et al. 10.21 10 Beispielrechnung 11 Purves et al. 10.22 Haplontengenetik Saccharomyces cerevisiae Bäckerhefe Vorteile: keine Dominanz, d.h. Geno- und Phänotyp können sofort einander zugeordnet werden kein "selbsten" um homozygote Linien zu erzeugen oft liegen Meiosporen in Tetraden vor 12 Sordaria macrospora hat einen kurzen Lebenszyklus Ascospore Perithecium Myzel 1. Tag geordnete Tetraden reife Asci mit 8 Ascosporen 6. Tag 5. Tag Fruchtkörper (Perithecium) mit unreifen Asci Ascogon 7. Tag 3. Tag 4. Tag Fruchtkörperprimordium 13 14 S. macrospora ist ein Haplont Phänotyp = Genotyp Zygote 15 Geordnete und ungeordnete Tetraden bei Pilzen Sordaria macrospora Tetrade = die 4 Produkte (haploide Zellen) der Meiose ungeordnete Tetrade-> Sporen liegen vermischt vor geordnete Tetrade-> Sporen liegen linear vor, Spindeln der ersten u. zweiten meiotischen Teilung überlappen nicht 16 8 Sporen im Ascus -> postmeiotische Mitose Zygote 17 Präreduktion Trennung der Allele in der Meisose I Postreduktion Trennung der Allele in der Meisose II 18 Verschiedene Muster bei der Postreduktion Spindelfasern greifen zufällig am Centromer an 19 Tetradenanalyse (Neurospora crassa Sordaria macrospora) Möglichkeit der Analyse von haploiden Meioseprodukten da manuell isolierbar bei Farbmutanten lässt sich Rekombination unmittelbar erkennen Kartierung von Merkmalen möglich Präreduktion Postreduktion 20 lu2 x wt Einfaktorkreuzung 11 13 14 15 12 16 17 18 19 21 Klassische Genetik – geordnete Tetraden Petridischalen post prä 8 Sporen nach postmeiotischer Mitose 22 23 Lebenszyklus von Chlamydomonas reinhardtii reiner Haplont ungeordnete Tetraden 2 Kreuzungstypen: (mating type) mt + mt - 24 Extrachromosomale Vererbung: auch Mitochondrien un Chloroplasten haben ein Genom Chloroplasten 1. Uniparental mütterliche Vererbung Überwiegende Zahl der Angiospermen 2. Biparentale Vererbung wenige Gattungen, z.B. Pelargonium, Oenothera, Medicago 3. Uniparental väterliche Vererbung bei einigen Gymnospermen wie Pinus und Larix 25 Kreuzung von Chlamydomonas: Kerngenom "mendelt" Segregation 2:2 cp-Genom uniparental von mt+ Elter 4:0 mt-Genom uniparental von mt- Elter 4:0 26 Segregation plastidärer und nukleärer photosynthetischer Mutationen in Chlamydomonas Tetraden Kreuzung: WT/mt+ X Fud7/mt- WT/mt+ X Nac2/mt- (PS+) (PS+) (PS-) 4:0 d.h.: Fud7 = plastidäre Mutation Nac2 = nukleäre Mutation (PS-) 2:2 27 Chromosomale Systeme zur Geschlechtsbestimmung Geschlechtschromosomen: Gonosomen; Heterosomen Das XY-System Das X0-System Das ZW-System Das haplo-diploide System Campbell14.8 28 Inaktivierung des X-Chromosoms bei Frauen inaktiviertes X-Chromosom Barr-Körper Inaktivierung des X-Chromosoms bei der Calico-Katze Inaktivierung des X-Chromosoms beim Menschen Graw 7.34 Allel für schwarze und gelbe Farbe, getrenntes Allel für weiß-bunte Farbe Campbell14.10 X-Chromosomale rezessieve Mutation Anhidrotische ektodermale Dysplasie Veränderung der Sekrete in der Haut 29 Geschlechtsspezifische Chromosomen zeigen besondere Erbgänge Wildtyp Weißäugige Mutanten 30 Geschlechtsspezifische Chromosomen zeigen besondere Erbgänge X 31 Geschlechtsgekoppelte Vererbung äußert sich durch nichtidentische Phänotypen in reziproken Kreuzungen 32 Purves et al. Abb. 10.23 Die Rot-Grün-Blindheit ist eine an das Geschlecht gekoppelte Merkmalsform X-Chromosom gekoppelter rezessiver Ergang - Phänotyp tritt häufiger bei Männern als bei Frauen auf 33 Purves et al. Abb. 10.24 Gene bestehen aus DNA 34 DNA als genetisches Material Trotz formaler Genetik und einer z.T. weit fortgeschrittenen Cytogenetik bis in die 1930er Jahre völlig unklar was chemische Grundlage der Vererbung ist. Erste Hinweise auf DNA 1928 durch Versuche von Frederick Griffith und 1944 von Oswald Avery mit Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken; Lungenentzündung) S-Stämme (smooth): große, ebene Kolonien, virulent R-Stämme (rough): klein, rauh, nicht virulent 35 Griffith‘s Experimente Eine chemische Komponente kann von einer Zelle auf eine andere Zelle übertragen werden -> kann eine Zelle genetisch transformieren 36 Purves et al. Abb. 11.1 Das transformierende Prinzip ist DNA (Avery, MacLeod und McCarthy) kann transformieren kann transformieren Abbau von Polysacchariden Abbau von Proteinen Proteasen Trypsin, Chymotrypsin SIII Enzym Abbau von DNA Abbau von RNA Ribonuclease Desoxyribonuclease kann nicht transformieren kann transformieren Filtrat von hitzeabgetöteten S-Zellen 37 1952: Das Hershey-Chase Experiment Der Phage T2 T2 heftet sich an die Oberfläche von E. coli 38 Purves et al. Abb. 11.2 Hershey und Chase -Experiment Radioaktive Markierung von Proteinen und DNA 35S Protein 35S 32P P P P DNA P P P P P P 39 Purves et al. Abb. 11.3 Chemie der Nukleinsäuren 1871 von Miescher erstmals aus Eiter und Lachssperma isoliert (zu einförmig, große Anteile an Phosphat) Hauptbestandteile 4 heterozyklische organische Basen Adenin (A), Guanin (G), Cytosin (C), Thymin (T) und Uracil (U) seitlich an Kette von Ribose oder Desoxyribosemolekülen gebunden, die durch Phosphatdiesterbindungen verknüpft sind 1952 Chargaff: Pyrimidine (T/U + C) und Purine (A + G) in gleichen Mengen vorhanden, dabei gilt A und T/U bzw. G und C sind äquimolar anwesend Purves et al. 11.5 40 41 Purine Pyrimidine RNA Als Aromaten, Absorption von Licht im UV Bereich 220 – 320 nm, d.h. leichte spektralphotometrische Bestimmung von DNA/RNA Mengen 42 Purine 2‘-Desoxyribose Stickstoffhaltige Basen Pyrimidine 43 Brown 3.2 Phosphatgruppen Desoxy-Nukleosid-tri-phosphate 44 Struktur eines kurzen Polynukleotids Phosphatdiesterbindung Brown 3.5 45 Bestandteile von RNA, die sich von denen der DNA unterscheiden CH3 Thymin 46 Brown 3.7 Wesentlicher Punkt: Das Erbmaterial (was immer es auch chemisch ist) muss die Fähigkeit zur identischen Verdopplung während Mitose und Meiose haben! Watson-Crick Modell lieferte Lösung für dieses Problem Watson, J.D., Crick, F.C. (1953) Molecular structure of nucleic acids. A structure for deoxyribose nucleic acids. Nature 171: 737-738. 47 Röntgenstrukturanalyse zeigt die helikale Grundstruktur des DNA Moleküls Beugungsmuster Berechnung der Position der Atome in einem Molekül 48 Purves et al. 11.4 Rosalind Franklin Maurice Wilkins Röntgenstrukturanalyse James Watson und Francis Crick 49 DNA Molekül ¾Doppelhelix ¾Einheitlicher Durchmesser ¾Rechtsgängig ¾Stränge verlaufen antiparallel ¾Zucker und Phosphate außen ¾Basen zeigen zur Mitte ¾10 bp pro Windung (B-Konfiguration) 50 Purves et al. 11.6 51 Purves et al. 11.7 2 Wasserstoffbrücken 3 Wasserstoffbrücken 52 Drei Modelle der DNA Replikation 53 Purves et al. 11.8 Das Meselson-Stahl Experiment ¾Die DNA Replikation erfolgt semikonservativ Purves et al. 11.9 54 DNA-Replikation: Jeder neue Strang wächst vom 5‘- zum 3‘-Ende Enzym: DNA-Polymerase III 55 Purves et al. 11.10 Ringförmiges Molekül DNA-Topoisomerase Purves et al. 11.12 Lineares Molekül 56 DNA-Polymerasen benötigten Primer ca. 10 nt E. coli: 5 DNA-Polymerasen Mensch: 12 DNA-Polymerasen 57 Purves et al. 11.14 An der Replikationsgabel wirken viele Proteine zusammen Helikase: öffnet Helix SSB-Proteine (single strand binding) Einzelstrang bindende Proteine 58 Purves et al. 11.15 Die neuen Stränge entstehen auf zwei Weisen leading strand schrittweise nur kurze Abschnitte lagging strand 59 Purves et al. 11.16 Die Bildung des Folgestrangs DNA-Polymerase I DNA-Ligase60 Purves et al. 11.17 DNA Topoisomerasen Enzyme, die das DNA Molekül entwinden oder zusätzliche Drehungen einfügen Typ I: z. B. Topoisomerase I Einzelstrangbrüche, erhöht der Windungszahl um eins Typ II: z. B. Gyrase Doppelstrangbrüche; reduziert Windungszahl um zwei 61 Topoisomerase I Enzym bindet an ssDNA Bereiche neg. superhelikaler DNA schneiden eines Stranges und Bindung der DNA-Enden intakter Strang wird durch die Lücke gezogen und schließen des Einzelstrangbruchs ohne Energiezufuhr 62 Graw, 2.16 63