Bericht zum Kleinprojekt Isolation von Antibiotika-bildenden Organismen aus Böden von Roger Pfulg, Luzern und Martin Mützenberg, Ennetbaden 6. Semester Sek.-Lehrer (ZH) 8. Semester Bez.-Lehrer (AG) Kurs 2573 «Pflanzenbiologisch-mikrobiologische Kleinprojekte» im WS 1995/96 Institut für Pflanzenbiologie, Abt. Mikrobiologie, Zürich. Leitung: Dr. K. P. Frischknecht Inhaltsverzeichnis I. Theoretischer Hintergrund 1.1. Zur Geschichte der Antibiotika 1.1.1. Schon vor langer Zeit 1.1.2. Alexander Fleming und seine Entdeckung 1.2. Entwicklung 1.2.1. Was geschieht mit Penicillin in unserem Körper 1.2.2. Die weitere Entwicklung der Antibiotika 1.3. 1.3.1 1.3.2. 1.3.3. 1.3.4. Wirkungsweise Begriffserklärung «Antibiotikum» Bakterien Wie wirken Antibiotika? Die Folgen des massiven Antibiotikumeinsatzes 1.4. 1.4.1. 1.4.2 1.4.3. 1.4.4. Resistenz Natürliche Resistenz Erworbene Resistenz Hospitalismus Ursachen der Resistenzausbildung 1.5. 1.6. Streptomyceten Ausblick II. Praktischer Teil 2.1 Herstellung von Nähragar 2.1.1 Rezept für «Schulagar» 2.1.2 Schrägagar 2.2 Sterilisieren in der Schule 2.2.1 Grundtechnik des Sterilisierens 2.2.2 Steriler Arbeitsplatz 2.3 «Bakterien sind überall»-Versuche 2.4 2.4.1 2.4.2 2.4.3 Test auf antimikrobiell wirkende Substanzen Material zum Sterilisieren, Beimpfen etc. Beimpfen von Nähragar mit Boden-Extrakt Beimpfen von Nähragar mit Bakterien und Diffusionstest («Plättchentest») 2.5 2.5.1 2.5.2 2.5.3 2.5.4 Hauptversuch Isolierung und Anreicherung von Streptomyceten aus Erde Nachweis der Antibiotica-Bildung der Streptomyceten Auswertung Durchführung der beschriebenen Versuche an Schulen 3.1 Anhang Fotoʻs, Versuch 13a, 13b 1.1 Zur Geschichte der Antibiotika 1.1.1. Schon vor langer Zeit Bereits im Altertum hat man es - allerdings noch unbewusst - verstanden, die keim-hemmende Wirkung von Stoffwechselprodukten bestimmter Mikroorganismen für Heilzwecke zu nutzen. Die alten Bewohner von Mexiko, die Maya, kultivierten auf Mais einen Schimmelpilz, den sie mit Erfolg zur Behandlung von eitrigen Entzündungen verwendeten. Auch in der Ukraine benutzte man feuchtes, verschimmeltes Brot zum schnelleren Abklingen von Entzündungen. Die entzündungshemmende Wirkung von verschimmeltem Käse ist schon seit Jahrhunderten bekannt. Bereits vor 2500 Jahren sollen die Chinesen verschimmelten Sojabrei zur Behandlung von Geschwüren verwendet haben. Die erste bekannte Literaturstelle, die die Anwendung von Pilzen für Heilzwecke beschreibt, stammt aus dem Jahre 1640. 1.1.2. Alexander Fleming und seine Entdeckung Im Jahre 1929 stellte der britische Bakteriologe Alexander Fleming fest, dass auf einer mit Bakterien beimpften Kulturplatte sich nicht nur Bakterien als heller Bewuchs der Platte entwickelt hatten, sondern auch eine Pilzkolonie entstanden war, wie man sie des öfteren auf faulendem Obst findet. Dabei konnte er beobachten, dass in einer fast kreisrunden Zone um die Pilzkultur herum keine Bakterien anzutreffen waren. Fleming folgerte - wie sich bald zeigen sollte, auch richtig - dass der Pilz einen Stoff abgibt, der das Wachstum der Bakterien unterdrückt. Dieser verteilt sich rund um die Pilzkultur im Nährboden und lässt den Bakterien dort keine Chance für ihre Vermehrung. Fleming impfte diesen interessanten Pilz ab und kultivierte ihn gesondert, um den Hemmstoff in grösserer Menge gewinnen und genauer untersuchen zu können. Dabei fand er, dass der Hemmstoff löslich ist und während des Pilzwachstums in einer flüssigen Nährlösung an diese abgegeben wird. Die erhaltenen Kulturlösungen vermochten bestimmte Bakterien in ihrer Entwicklung zu hemmen. Bemerkenswert und äussert vielversprechend war auch die weitere Feststellung, dass diese Kulturlösung nur für die Bakterienzelle, nicht aber für die tierische Zelle giftig waren. Fleming nannte seinen Hemmstoff nach der verwendeten Penicillium-Kultur, in der er zuerst nachgewiesen wurde, Penicillin. Doch Flemings Erkenntnisse fanden trotz seiner vielfältigen, unermüdlichen Bemühungen im Kreise seiner Fachkollegen nur wenig Resonanz. Er konnte zunächst niemanden gewinnen, der sich der Mühe unterziehen wollte, das Penicillin aus der Kulturlösung zu isolieren. Schliesslich nahm sich eine Londoner Forschergruppe, die schon eine Vielzahl von verschiedenen Stoffwechselprodukten aus Pilzkulturen mit Erfolg isoliert hatten, dieses Problems an. Ihre Bemühungen blieben jedoch ohne Erfolg. In der bekannten englischen Universitätsstadt Oxford hatten sich Chemiker, Biologen und Mediziner zusammengefunden, die zu Beginn des zweiten Weltkrieges erstmalig Penicillin als Substanz isolierten und es gegen bakterielle Infektionen einsetzten. Dabei konnten die bereits von Fleming vorausgesagten, hervorragenden therapeutischen Eigenschaften dieses Stoffes bestätigt werden. Es gelang dann bald, Präparate von so hoher Reinheit herzustellen, dass man am 12. Februar 1941 erstmalig Penicillin auch zu Heilzwecken an einen Menschen verabreichen konnte. Aufmerksam gemacht durch die Erfolge dieser als Oxford-Kreis bekannt gewordenen Forschergruppe, interessierten sich nun Forschungslaboratorien und pharmazeutische Firmen verschiedener Staaten für dieses neue Heilmittel. So konnten während des zweiten Weltkrieges bereits auf alliierter Seite Verwundete mit Penicillin versorgt werden, was nicht unwesentlich zur Stärke der alliierten Truppen beigetragen hat. Die Entdeckung des Penicillins durch Fleming, die den eigentlichen Anstoss zu der sich rasch entwickelnden Antibiotikaforschung gegeben hat, steht jedoch nicht allein. Vielmehr muss sie in eine Reihe ähnlicher Beobachtungen, die vorher in verschiedenen Ländern gemacht worden waren, eingeordnet werden. 1.2.Entwicklung 1.2.1. Was geschieht mit Penicillin in unserem Körper? Penicillin G und Penicillin V als orale Verabreichungsform des Penicillins sind die wirkungsreichsten Therapeutika gegen Infektionskrankheiten bei minimaler Toxizität. Sie können in verhältnismässig grossen Dosen verabreicht werden, ohne dass Nebenwirkungen festgestellt werden. Von Ausnahmen dieser Regel, die als allergische Reaktionen bezeichenet werden, soll bei dieser Betrachtung abgesehen werden. Penicillin V verabreicht man dem Patienten in Form von Tableten. Nach Passieren des Magens wird Penicillin V aus dem Dünndarm resorbiert und gelangt ins Blut, das das Antibiotikum an den Wirkungsort trägt. Penicillin G kann auf Grund seiner Empfindlichkeit gegenüber Magensäure nicht oral eingenommen werden. Es wird nach intravenöser als auch intramuskulärer Gabe rasch auf dem Blutweg verteilt. Die therapeutisch notwendigen Serumspiegel werden nach diesen Applikationen etwa über 6 Stunden gehalten. Dann muss erneut eine Injektion erfolgen. Für den Patienten bedeutet dies täglich 4 Injektionen über mehrere Tage. Dieses Verabreichungsschema wird durch die rasche Ausscheidung des Penicillins bedingt Die Halbwertszeit beträgt nur 30 Minuten. Zwischen 40% und 70% werden in antibiotisch wirksamer Form, 30% bis 60% als inaktivierte Verbindung mit dem Harn ausgeschieden. So fehlte es nicht an Versuchen, die Verweilzeit des Penicillins im Körper zu verlängern. Dabei soll hier von den vorgeschlagenen Lösungen nur die eine erwähnt werden, die sich letztlich durchgesetzt und zu den heute klinisch verwendeten Applikationsformen geführt hat. Statt des leicht in Wasser löslichen Kaliumsalzes werden in Wasser schwerlösliche Salze des Penicillins G intramuskulär gegeben. Da sie auch in Gewebsflüssigkeiten schwer löslich sind, werden sie langsamer resorbiert und bilden somit ein Depot, aus dem nach und nach das gesamte Antibiotikum abgegeben wird. Derartige Zubereitungen bezeichnet man auch als Depotpräparate. Depotpräparate, die in Abständen von 1 bis 2 Tagen gegeben werden, enthalten vorwiegend das Prokainsalz des Penicillins G. Es werden Langzeitpenicillinpräparate hergestellt, die bis zu einem Monat wirken und für prophylaktische Massnahmen vorgesehen sind. 1.2.2. Die weitere Entwicklung der Antibiotika Mit der Einführung der Depotpenicilline konnte man eigentlich die erste Etappe der Entwicklung auf dem Penicillingebiet als abgeschlossen betrachten. Die Therapieerfolge waren überzeugend genug, um Penicillin in die vorderste Reihe der gegen Infektionskrankheiten wirkenden Therapeutika zu stellen. Doch das Auftreten sogenannter Therapieversager liess bald eine gewisse Besorgnis aufkommen. Je breiter Penicillin angewandt wurde, um so mehr wurden Fälle, in denen dieses Antibiotikum versagte, bekannt. Die z.B. ursprünglich gegen Penicillin empfindlichen Krankheitserreger, insbesondere Stämme des Eitererregers Staphylococus aureus, waren unempfindlich, d. h. resistent geworden. Die Penicillinresistenz hätte grosse Auswirkungen haben können, wenn nicht im gleichen Zeitraum andere Antibiotika entdeckt worden wären, mit denen penicillinresistente Erreger beherrschbar sind. Angeregt durch die grossen Erfolge mit Penicillin, wurden von zahlreichen Forschergruppen grossangelegte Programme durchgeführt, die das Ziel hatten, in anderen Mikroorganismen weitere Antibiotika aufzufinden. Hierbei sind Millionen von Mikroorganismen aus weltweit gesammelten Erdproben isoliert und anschliesend auf die Bildung von Antibiotika geprüft worden. Dabei erwiesen sich Strahlpilze der Gattung Streptomyces aus der Ordnung Actinomycetales als ausserordentlich ergiebig für die weitere Suche. In der kurzen Zeit von 15 Jahren sind Hunderte neuer Antibiotika in Kulturen von Streptomycetenstämmen entdeckt worden, darunter fast alle, die bisher therapeutische Bedeutung erlangt haben. Letztere kann man nach ihrer Wirkungsbreite in folgenden Gruppen zusammenfassen: 1. Antibiotika, die ein ähnliches Wirkungsspektrum wie Penicillin besitzen und penicillinresistente Erreger hemmen. 2. Antibiotika mit einem breiten Wirkungsspektrum (Breitband-Antibiotika), die auch gegen sogenannte gramnegative Bakterien und zum Teil gegen Myobakterien wirksam sind. (Myobakterien sind unbewegliche, gerade oder leicht gekrümmte, stäbchenförmige, sporenlose grampositive Bakterienzellen. Auffällig ist der hohe Lipidgehalt der Zellwand. Diese Lipide sind z.T. verantwortlich für die hohe Resistenz gegen physikalische und chemische Einwirkungen. Sie leben als obligate Parasiten im Gewebe von Menschen und Tieren , als Krankheitserreger oder reine Saprophyten in Boden und Wasser. Lepra- und Tuberkulosekrankheiten werden durch Myobakterien ausgelöst.) 3. Tuberkulostatika mit begrenztem Wirkungsspektrum. 4. Antibiotka, die gegen Pilze wirksam sind. Daneben gibt es noch Antibiotika mit Wirkung gegen Krebszellen und solche mit antiparasitischer Aktivität. 1.3.Wirkungsweise 1.3.1. Begriffserklärung «Antibiotikum» Dieser Begriff wurde von Waksman ursprünglich im Jahre 1942 geprägt. In einer späteren Publikation aus dem Jahre 1956 definierte er ein Antibiotikum als eine chemische Verbindung, die durch Mikroorganismen produziert wird und die Fähigkeit hat, in verdünnter Lösung das Wachstum anderer Mikroorganismen zu hemmen (bakteriostatisch) oder zu unterbinden (bakteriozid). Danach dürfen chemisch-synthetisch gewonnene antimikrobielle Stoffe nicht als Antibiotika bezeichnet werden. Sie heissen Chemotherapeutika. Andererseits können aber auch nicht alle Stoffwechselprodukte aus Mikroorganismen als Antibiotika angesehen werden, sondern nur diejenigen Naturstoffe, die eine entwicklungshemmende Wirkung auf Mikroorganismen ausüben. In der Folgezeit zeigte sich aber, dass Waksman die Grenzen zu eng gezogen hat. Deshalb neigt man heute dazu, die Antibiotika als natürlich gebildete, chemisch definierte Substanzen oder deren wirksame Derivate, die in geringen Konzentrationen eine hemmende oder abtötende Wirkung auf lebende Zellen ausüben, zu charakterisieren. 1.3.2. Bakterien Bakterien gibt es überall: in der Erde, im Wasser und in der Luft, aber auch in Wohn- und Arbeitsräumen, ja selbst im menschlichen Körper. Es sind winzige einzellige Lebewesen, die wir nur im Mikroskop sehen können. Bakterien sind meistens nur 1/1000 bis 5/1000 Millimeter gross. Je nach Art leben sie die Form von Kugeln (Kokken), Stäbchen (Bazillen), Zapfenziehern (Spirillen) oder längeren Fäden (Strahlenpilze). Bakterienzellen haben einen einfacheren Bau als die eukariotischen Zellen. Der Zellkern fehlt beispielweise; das Erbgut (DNA) liegt als dünner Faden frei im Plasma. Blattgrün ist auch nicht vorhanden. Deshalb müssen die Bakterien ihre Nahrung von anderen Lebewesen beziehen. Einige schmarotzen in Pflanzen, Tieren oder Menschen und verursachen Krankheiten. Die meisten ernähren sich aber von toten Organismen oder Teilen davon (z.B. Falllaub). Dabei spielen sie im Haushalt der Natur eine wichtige Rolle, in dem sie die Lebewesen nach ihrem Tod in Wasser, Kohlendioxid und Mineralsalze zerlegen. So bewirken sie Fäulnis und Verwesung. Sie schliessen somit aber auch Stoffkreisläufe. Verschiedene Arten spielen eine grosse Rolle in der biologischen Forschung und in der Biotechnologie, z.B. Erzeugung von Joghurt, Essigsäure, Vitaminen oder Antibiotika, biologische Abwasserreinigung, Herstellung von Biogas aus organischen Abfällen von Klärschlamm. Mit gentechnischen Methoden «umprogrammierte» Bakterien leisten bereits heute in Forschung und Produktion einen wesentlichen Beitrag. 1.3.3. Wie wirken Antibiotika Zytoplasma Zellmembran Zellwand Hemmung der Zellwandbildung (Penicilline, ....) Funktionsstörung der Zellmembran (Streptomycin) Bakterienerbsubstanz Störung des Nukleinsäure-Stoffwechsels (Actinomycin) Hemmung der Proteinsynthese Zum besseren Verständnis der vorausgehenden Skizze soll daher eine kurze Betrachtung über den allgemeinen Aufbau der Zelle vorangestellt werden. Jede Zelle besitzt einen Kern und das Cytoplasma. Die Zellen von Bakterien haben jedoch keinen lichtoptisch nachweisbaren Kern. In solchen prokaryotischen Zellen sind jedoch auch Kernsubstanz sowie die Träger der Erbinformation, die Nukleinsäuren, vorhanden. Diese befinden sich in besonders abgegrenzten Gebieten des Zytoplasmas. Nach aussen wird das Zytoplasma von der zytoplasmatischen Membran begrenzt, die die Stoffaufnahme und -abgabe seitens der Zelle reguliert. Die Zellen vieler Mikroorganismen sowie von Pflanzen haben ausserdem eine Zellwand, die in der Hauptsache statische Funktionen besitzt. Zellen tierischer Gewebe fehlt dagegen eine Zellwand. Die verschiedenen biochemischen Antibiotikatypen greifen nun unterschiedlich an den einzelnen Bestandteilen respektive Abläufen der Zelle an (siehe Abbildung). Bestimmte Antibiotika hemmen die Biosynthese der Bakterienzellwand. Aus diesem Grund verhindern sie die Vermehrung der Keime und wirken demnach vorrangig bakterio-statisch. Eine andere Gruppe von Antibiotika veränder die Durchlässigkeit der zytoplasmatischen Membran, was die Entwicklung der betroffenen Keime hemmt. Schliesslich gibt es noch einen dritten Wirkungstyp, bei dem Reaktionen des Stoffwechsels, wie die Proteinsynthese und der Nukleinsäurestoffwechsel, blockiert werden. Die Zellen sterben letztendlich ab: bakterio-zide Wirkung. Es gibt Antibiotika, die nur gegen bestimmte Bakterien und Pilze wirken, während andere wiederum die Entwicklung verschiedenartiger Bakterien und anderer Mikroorganismen hemmen. Gerade in dieser grossen Palette von vielfältigen Hemmwirkungen ist der therapeutische Wert der Antibiotika begründet. Nach ihrer Wirkungsweise werden Antibiotika in verschiedenen Gruppen eingeteilt. Breitband-Antibiotika: Breit wirksame, d. h. hemmend gegen verschiedene, nicht näher verwandte Gruppen von Mikro- gegebenenfalls auch Makroorganismenzellen wirkende Antibiotika. Schmalband-Antibiotika: Hemmen nur verhältnismässig wenige, oft nahe verwandte Gruppen von Mikroorganismen. Mittelband-Antibiotika: Wirksam gegen einige allerdings begrenzte Gruppe von Keimen. 1.3.4. Die Folgen des massiven Antibiotikaeinsatzes Bereits in den Anfangsjahren des praktischen Antibiotikaeinsatzes stellte man fest, dass einer Verabreichung von Antibiotika an Menschen und Tieren Schranken gesetzt sind. Da es sich bei den Antibiotika um Naturstoffe handelt, die das Leben bestimmter Mikroorganismen empfindlich beeinträchtigen, liegt es nahe, auch unerwünschte, spezifisch giftige Wirkungen auf die Zellen des behandelten Wirtsorganismus zu vermuten. Hinsichtlich der toxischen Wirkung gibt es innerhalb der einzelnen Antibiotikagruppen beträchtliche Unterschiede. Besonders interessant ist, dass das erste therapeutisch ge-nutzte Antibiotikum, das Benzylpenicillin, sowie anderen Penicilline bis heute- trotz der Vielzahl der inzwischen gefundenen Antibiotika- die am wenigsten toxischen Antibiotika geblieben sind. Diese nur geringe Toxizität wird erklärlich, wenn man den Wirkungsmechanismus der Penicilline kennt. Sie unterdrücken die Bildung der Zellwand, indem sie die Biosynthese wichtiger Zellwandbausteine blockieren. Da derartige Bausteine in der tierischen Zelle nicht vorkommen, erklärt sich auch die nur geringe Toxizität der Penicilline und anderer Antibiotika mit gleichartigem Wirkungsmechanismus für Mensch und Säugetiere. Anders ist es dagegen bei solchen Antibiotika, die in fundamentale Stoffwechselprozesse eingreifen, wie beispielsweise in den Protein- oder gar den Nukleinsäurestoffwechsel. Die Toxizität eines Antibiotikums für den Säugerorganismus hängt dabei weiterhin von der Verabreichungsart ab. Diese kann bekanntlich durch Einnehmen (oral) sowie durch Injektionen in die Muskulatur (intramuskulär), unter die Haut (subkutan) oder in die Venen (intravenös) geschehen. Die drei letztgenannten Applikationsformen, bei denen der Magen- Darm- Trakt umgangen wird und das verabreichte Antibiotikum über die Blutbahn direkt an den Wirkungsort gelangt, bezeichnet man als parenterale Verabreichung. Sie ist bei solchen Antibiotika angezeigt, die bei einer oralen Gabe eine erhebliche Inaktivierung erfahren, wie beispielsweise das Benzylpenicillin. Andere Antibiotika, z.B. das Bacitracin und das Paromomycin sind bei oraler Gabe in toxikologischer Sicht unbedenklich, weil sie vom Magen und Darm kaum resorbiert werden. Die von Natur aus vorliegende Toxizität eines Antibiotikums kann in mehreren Fällen durch spezifische Veränderungen am antibiotischen Molekül erheblich vermindert werden, indem das Antibiotikum beispielsweise in Esterbindungen, in Salze oder in andere Derivate überführt wird. Solche chemischen Veränderungen haben oftmals gleichzeitig auch Auswirkungen auf die Resorbierbarkeit des antibiotischen Wirkstoffes und seine Verweilzeit im Körper. Wenn ein Antibiotikum über einen längeren Zeitraum an einen Patienten verabreicht wird, besteht die Gefahr, dass der Organismus mit allergischen Reaktionen antwortet, wobei unter einer Allergie die Ueberempfindlichkeit des betroffenen Organismus gegennüber körperfremden Stoffen zu verstehen ist. Die durch Antibiotika hervorgerufenen Allergien äussern sich in mannigfaltiger Weise. So können Fieber, Hautentzündungen und Blutkrankheiten auftreten, aber auch Schockzustände und dergleichen ausgelöst werden. Es ist daher leicht einzusehen, dass Antibiotika nicht wahllos und unbegrenzt, sonder nur unter strenger ärztlicher Kontrolle für Heilzwecke eingesetzt werden dürfen. 1.4. Resistenz 1.4.1 Natürliche Resistenz Bekanntlich besitzt jedes Antibiotikum eine spezifische Wirkung gegenüber den Zellen anderer Mikro- und Makroorganismen. Keime, die von Natur aus von dem betreffenden Antibiotikum nicht gehemmt werden- sie liegen also ausserhalb des Wirkungsspektrums des Antibiotikums-, bezeichnet man als natürlich resistent. Die natürliche Resistenz beruht hauptsächlich auf spezifischen Eigenschaften der entsprechenden Keime, die das Eindringen oder die Bindung des antibiotischen Wirkstoffes in der Zelle nicht zulassen. Weiterhin kann die Anwesenheit des Antibiotikums bei mehreren Mikroorganismenstämmen die Bildung bestimmter hydrolytischer Enzyme induzieren, die das Antibiotikum inaktivieren. Ein solches Enzym ist beispielsweise die Penicillinase, welche das Penicillin spaltet. 1.4.2. Erworbene Resistenz Von grosser therapeutischer und epidemiologischer Bedeutung ist ein weiterer Resistenztyp, die erst nachträglich erworbene Resistenz bestimmter Mikroorganismen gegen Antibiotika. So kann man häufig beobachten, dass in einer an sich empfindlichen Population von Keimen einige vorkommen, die gegen das eingesetzte Antibiotikum resistent sind. Als Foge der Antibiotikumeinwirkung werden die empfindlichen Keime gehemmt, während sich die ursprünglich zahlenmässig nur wenigen ungehindert weiter vermehren, bis sie das Verhalten der gesamten Population bestimmen. 1.4.3. Hospitalismus Es ist aber auch möglich, dass sich ursprünglich empfindliche Mikroorganismen an das betreffende Antibiotikum gewöhnen können und resistent werden. Ein bekanntes praktisches Beispiel hierfür ist der in den Krankenhäusern gefürchtete Hospitalismus, worunter heute das gehäufte Auftreten von Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen verstanden wird. 1.4.4. Ursachen der Resistenzausbildung Was sind nun die inneren Ursachen für eine solche auf Gewöhnung an das eingesetzte Antibiotikum beruhende Resistenzausbildung? Heute weiss man, dass dafür häufig Veränderungen im Zellstoffwechsel verantwortlich sind. Die durch den Antibiotikumeinfluss gestörte Reaktionskette des Stoffwechsels wird von resistent gewordenen Zellen auf anderen, normalerweise nicht üblichen Wegen umgangen. So ist dann trotz Anwesenheit des Antibiotikums im Medium ein Weiterleben der Zellen möglich. Unter experimentellen Bedingungen kann eine solche Resistenz sogar zur Dependenz führen. Hierbei handelt es sich um eine eigentlich absurde Erscheinung. Durch den Antibiotikumeinfluss haben die Mikroorganismen ihren Stoffwechsel so umgestellt, dass sie schliesslich nur noch bei Anwesenheit des betreffenden Antibiotikums zu wachsen vermögen, das Antibiotikum also als Nährstoff verwenden. Die Resistenz kann aber auch genetisch bedingt sein. Wie sämtliche Eigenschaften der Zellen ist ebenfalls deren Antibiotikaempfindlichkeit im Erbgut fixiert. Durch Mutationen, sogenannte sprunghafte Veränderungen der genetischen Information, kann es also auch sekundär zu einer Resistenz kommen. Wenn die Antibiotikumempfindlichkeit nur durch ein Gen kontrolliert wird, dann kann eine sekundäre Einschrittresistenz eintreten. In einem solchen Falle sind schon nach kurzzeitiger Einwirkung des Antibiotikums in der Population hochresistente Keime enthalten. Die Antibiotikaempfindlichkeit kann aber auch polygen bedingt sein, d.h., dieses Merkmal wird nicht von einem, sondern von mehreren Genen kontrolliert. Beim Einwirken solcher Antibiotika auf eine Keimpopulation kommt es erst allmählich zur Ausbildung resistenter Mikroorganismen (Vielschrittresistenz). In der Regel ist eine Resistenz spezifisch, d.h., ein resistent gewordener Keim ist nur gegen den betreffenden Antibiotikumtyp unempfindlich, er bleibt gegenüber anderen Antibiotika jedoch weiterhin empfindlcih. Es gibt ausserdem noch eine Resistenz, die nicht chromosomal (Haupt-DNA im Bakterium) bedingt ist und als übertragbare oder infektiöse Resistenz bezeichnet wird. Diese Resistenzeigenschaften bewirken selbständige genetische Elemente, die F-Faktoren bzw. F- Plasmide (kleine DNA-Ringe). R-Faktoren sind ausserhalb und unabhängig vom Chromosom im Zytoplasma der Zelle gramnegativer Bakterien lokalisierte Gene, die aus ringförmig strukturierter Desoxynukleinsäure bestehen. Sie kodieren die Antibiotikaresistenz der betreffenden Bakterienzelle. Zusätzlich enthalten die F-Faktoren noch Gene, die dafür sorgen, dass der F-Faktor bei der Konjugation mit einer anderen vom R- Faktor freien Bakterienzelle auf diese übertragen werden kann. Wenn zwei gramnegative Bakterienzellen konjugieren, wird zwischen beiden Zellen eine rohrförmige Verbindung hergestellt, die man als Sexpilus bezeichnet. Der F-Faktor verdoppelt sich, ein Exemplar wandert durch diese Rohrverbindung in die konjugierende Nachbarzelle ein und übermittelt so die Resistenzeigenschaften. Hierbei können verschiedene Resistenzeigenschaften gleichzeitig übertragen werden. Bakterienchromosom F-Faktor Donatorzelle Konjugationsvorgang Pilus Akzeptorzelle Auf diese Weise kommt es zur Uebertragung von Antibiotikaresistenzen innerhalb und zwischen verschiedenen Gattungen und Arten von gramnegativen Bakterien. So können z.B. FFaktoren von pathogenen Darmbakterien auf nichtpathogene übertragen werden, was schwierige therapeutische und epidemiologische Aufgaben stellt. Durch äussere Einwirkungen, wie den Wegfall des Antibiotikaselektionsdrucks oder den Einfluss bestimmter toxischer Substanzen, kann es zur Entfernung von F-Faktoren aus der Bakterienzelle und somit zu einem Verlust an Resistenzeigenschaften kommen. F-Plasmide sind ebenfalls extrachromosomale Resistenzträger. Eine selbständige konjugative Uebertragung der F-Plasmide von einer Zelle zur anderen ist aber nicht möglich, da keine hierfür erforderlichen Transfergene vorhanden sind. Das Uebertragen der F-Plasmide erfolgt nur durch Transduktion, d.h. mit Hilfe von Bakteriophagen, von einer Zelle grampositiver Bakterien auf die andere. 1.5. Streptomyceten Mit einigen hundert Arten in mehr als 50 Gattungen stellen die Aktinomyceten eine ausserordentlich formen- und artenreiche Bakteriengruppe dar. Aktinomyceten - «Strahlenpilze» - sind grampositive Fadenbakterien, die dazu neigen, in verzweigten Geflechten zu wachsen. Streptomyceten sind Aerobier und leben primär überwiegend in der freien Natur, vorallem im Erdboden, wo sie als wichtiger Bestandteil der ortsansässigen Mikroflora an der Remineralisierung toter organischer Substanzen mitwirken. Nur jeweils einzelne Arten verschiedender Gattungen der Aktinomyzeten besitzen direkte oder indirekte medizinische Bedeutung, teils als Krankheitserreger von Mensch und Tier, teils auch als Produzenten verschiedener Antibiotika, z.B. Streptomyceten. 1.6. Ausblick Jahrzehnte intensiver Antibiotikaforschung schufen eine breite Palette von wirksamen Heilmitteln gegen bedeutende Infektionskrankheiten bakteriellen oder pilzlichen Ursprungs. Dadurch haben soche früher oft als Volksseuchen wütende Krankheiten viel von ihrem ehemaligen Schrecken verloren. Die zwar erst wenigen Antibiotika mit potentieller Wirkung gegen verschiedene Formen von Tumoren haben zusammen mit synthetisch gewonnenen Präparaten bereits neue Perspektiven auch für die Krebstherapie eröffnet. Einen hohen Stellenwert hat die nichtmedizinische Anwendung von Antibiotika in der Tierproduktion und neuerdings auch im Pflanzenschutz dank der erzielten wirtschaftlichen Erfolge erreicht. Der Einsatz von Antibiotika bringt aber auch Probleme. So fordern die mitunter unerwünschten Nebenwirkungen sowie das Entstehen von Resistenzen die ständige Suche nach neuen antibiotischen Wirkstoffen mit höherem Gebrauchswert. Eine weitere Aufgabe ist die heute noch nicht befriedigend gelöste Therapie von Virusinfektionen, aber auch von Krebserkrankungen, was von der Antibiotikaforschung unterstützende Beiträge erfordert. Heute stehen wir am Beginn einer neuen revolutionierenden Epoche in der Biologie, die durch die rasche Entwicklung der Gentechnologie eingeleitet wurde. Die gentechnologischen Methoden haben die Möglichkeit eröffnet, gezielt mikrobielle Produzenten von antibiotischen Substanzen mit den gewünschten Eigenschaften zu konstruieren und somit die Palette der Antibiotika in einem heute noch nicht abzusehenden Masse zum Nutzen der Menschen zu erweitern. II. Praktischer Teil 2.1 Herstellung von Nähragar Nähragar, in Petrischalen gegossen, dient als Nährboden für Bakterien und Pilze. Nähragar besteht aus einer Zusammensetzung von Bouillonlösung als Nährstofflieferant, Agar als Verfestigungsmittel und Wasser. Das Gemisch muss sterilisiert werden, bevor es in sterile Petrischalen zum Aushärten ausgegossen wird. Einmal sterilisiert kann verfestigter Nähragar wieder bei 60 °C verflüssigt und erneut in Petrischalen ausgegossen werden. Nähragar ist als fertiges Gemisch erhältlich und muss nur noch mit Wasser angemacht werden. Er ist jedoch relativ teuer (1/2 kg kostet ungefähr 70 Franken). Auch gibt es bereits fertige Gemische speziell für Pilzkulturen (Pilzagar mit Malz und Zucker). Für Schulversuche gibt es jedoch eine billigere Variante (nach Dr. K. Frischknecht): 2.1.1 Rezept für einen universellen «Schulagar»: Material: • Rindsbouillon fettfrei, instant gekörnt (z.B. HACO AG, Gümligen, erhältlich bei der Migros (225 g Dose zu Fr. 5.10)) • Agar-Agar (z.B. Biorex aus Reformhaus, 20 g Beutel zu Fr. 2.80, ausreichend für ca. 1.3 Liter Agar, was etwa 50 Petrischalenfüllungen entspricht) Rezept: 8.0 g Rindsbouillon (ca. 2 gehäufte Kaffeelöffel) 24.0 g Agar-Agar Biorex 1.0 Liter Leitungswasser kräftig aufrühren, evtl. kurz erhitzen, anschliessend sterilisieren (s. Kap. 2.2.1) 2.1.2 Schrägagar Schrägagarröhrchen werden zur Aufbewahrung von Bakterien verwendet: Reagenzgläser ohne Rand (mikrobiologische RG´s) zu ca. 1/3 mit Nähragar füllen und zum Verfestigen schräg lagern. Wenn der Nähragar verfestigt ist, mittels Impföse mit Bakterien beimpfen (S-Linie auf Oberfläche streichen). Beimpfte Schrägagare können im Kühlschrank über mehrere Wochen bis Monate gelagert werden, sofern sie gut verschlossen werden (z.B. mit Tesafilm abgedichtet). Entnahme der Bakterien: Einige Tropfen sterile Nährbouillon oder einfach steriles Leitungswasser mit Pipette hineingeben. Mit der abgeflammten Impföse abschaben und in die zu beimpfende Nährlösung geben (oder Wasser). Von dieser beimpften Lösung werden mit der Pipette zwei Tropfen auf die ausgehärteten Petrischalen gegeben und mit dem Glasspatel (Drigalskispatel) verteilt (Schale drehen, Spatel hin und her bewegen; Material s. Kap. 2.4.1) 2.2 Sterilisieren in der Schule 2.2.1 Grundtechnik des Sterilisierens Die Nähragarlösung und die Petrischalen müssen steril sein. Auch das Ausgiessen der Schalen erfordert absolute Sterilität. Sterilisierend wirken: - 70 % Alkohol-Wasser Gemisch - Bunsenbrennerflamme - Autoklavieren (121 °C, min. 20 Minuten) Sterilisieren des Nähragars: Dampfkochtopf mit Wasser Stopfen (gerollte Watte) Alufolie mit Glanzseite aussen (wenn steril: matt) Erlenmeyerkolben Beschriftung mit wasserfestem Filzstift Der Nähragar wird während 20 Minuten bei 121 °C im Dampfkochtopf sterilisiert. 2.2.2 Steriler Arbeitsplatz Zum Ausgiessen der Petrischalen und dem Beimpfen der Petrischalen ist ein steriler Arbeitsplatz nötig. Es sollten alle Türen und Fenster geschlossen werden, um Durchzug zu verhindern. Auch sollten sich möglichst keine Menschen im Raum bewegen. Die Tischplatte wird mit 70 %-Alkohol-Wassergemisch gereinigt. Zur Linken und Rechten brennen je ein Bunsenbrenner: Keime werden nach oben abgeführt Rand «abfackeln» 70% AlkoholWasser 2.3 Bakterien sind überall Es ist eindrücklich zu erfahren, dass sich fast überall Bakterien befinden. Mit den verfestigten Nähragar enthaltenden Petrischalen können nun diverse Vorversuche getätigt werden. Gelangen Bakterien auf den sterilen Nähragar, so entwickeln sich durch Mitose um jeden Keim eine Vielzahl von Nachkommen, welche dann von blossem Auge als Kolonien ausgemacht werden können. Die Generationszeit beträgt ≥ 10 min. Am schnellsten vermehren sie sich um ca. 30 °C. Die Petrischalen werden also nach der Beimpfung während ca. 24 - 48 h in einem Brutschrank (z.B. Backofen) bebrütet oder noch einfacher: Im Dunkeln an einem wärmeren Ort stehen lassen. Einige Versuche: • Nähragar mit ungewaschenen/gewaschenen Fingern berühren. • Geldstücke / -scheine leicht aufdrücken. • Auf die Platte husten • während 10 Minuten im Schulzimmer, Trottoir, Waldrand auslegen • Beimpfen mit Trink-, Fluss-, Bach-, Abwasser. (siehe 3.1.1 und 3.1.2). Als Kontrolle, ob die Nähragar enthaltenden Petrischalen wirklich steril waren, kann eine abgedeckte Testschale (bei Zimmertemperatur) 1 - 2 Tage stehen gelassen werden; dabei sollten sich keine Kolonien entwickeln. 2.4 Test auf antimikrobiell wirkende Substanzen 2.4.1 Material (zum Sterilisieren, Beimpfen etc.) • Autoklav • Brutschrank • Bunsenbrenner • Einweg-Petrischalen • Erlenmeyerkolben 300ml (steril, mit Stopfen) • Impföse, im Holzbock • Pipetten • Reagenzgläser (steril, mit Stopfen) • Reagensglasständer • Glasspatel Glasspatel 2.4.2 Beimpfen von Nähragar mit Boden-Extrakt Bodenproben (Komposterde, Rasenerde etc.) werden in einem Kolben mit Wasser vermischt, kräftig geschüttelt und anschliessend filtriert. Vom Extrakt werden zwei Tropfen je Petrischale auf den Nähragar gegeben und mit dem Glasspatel verteilt. Die Schalen werden anschliessend während 24 h bei 30 °C bebrütet. Nach einigen Tagen haben sich eine Vielzahl von Bakterien und Pilzkulturen entwickelt. Vor allem die Pilzvielfalt kann sehr eindrücklich unter dem Binokular bewundert werden. (siehe 3.1.3 und 3.1.4. Vorsicht: Deckel der Petrischale nicht entfernen, um nicht zuviele Sporen in der Umgebungsluft zu verteilen). 2.4.3 Beimpfen von Nähragar mit Bakterien und Diffusionstest («Plättchentest» auf antimikrobiell wirksame Substanzen) Bei diesem Vorversuch wird die antibiotische Wirkung von bekannten Substanzen untersucht. Diese werden auf sterilisierte Filterplätzchen mit ca. 3mm Ø gegeben (z.B. mit Lochstanzer hergestellt aus Fliesspapier, anschliessend sterilisiert). Diese wiederum werden auf die mit Bakterien beimpften Nähragare gelegt. Wenn nun die in den Nähragar diffundierenden Substanzen eine antimikrobielle Wirkung haben, so hemmen sie dort die Vermehrung der Bakterien, was durch einen sogenannten Hemmhof um das Plättchen sichtbar wird. (Es kann dabei aber nicht unterschieden werden, ob die Substanz bakteriostatisch = Bakterienwachstumshemmend oder bakteriozid = Bakterien abtötend wirkt). Als Bakterien eignen sich • Escherichia coli K-12 (sowie Abkömmlinge) • Bacillus megaterium E. coli bilden gleichmässig verteilte Kolonien, Bazillus megaterium bilden einzeln sichtbare Kolonienhaufen (s. Anhang). Ein solcher Haufen, welcher durch Vermehrung aus einer einzigen Bakterie entstanden ist, enthält ca. 108 - 109 Bakterien. Tip: Isolierung von Bacillus megaterium: Bacillus megaterium ist der Verursacher für Karottenfäulnis (schleimige Masse). Da er siedendes Wasser überlebt, kann er durch Auskochen der Karotte von anderen Organismen isoliert werden —> Abstrich —> Schrägagar Antibakterielle Lösungen: • Mundwasser • Desinfektionsmittel • Streptomycin etc. Hemmhof Beobachtung: Testplättchen mit Ø Hemmhof Streptomycin Streptomycin verdünnt Penicillin Meridol (Mundwasser) 5 cm 4 cm 5 cm kein Hemmhof. Obiges Ergebnis bezieht sich auf E. coli gleichermassen wie auch auf Bacillus megateriumKulturen (siehe auch 3.1.5). Falls sich innerhalb eines Hemmhofes vereinzelte Kolonien befinden würden, so könnte es sich dort um resistente Bakterien handeln. Diese könnten abgestrichen und gezüchtet werden. 2.5 Hauptversuch 2.5.1 Isolierung und Anreicherung von Streptomyceten aus Erde Aus verschiedenen Bodenproben wurden Extrakte hergestellt: Bodenprobe mittels schütteln in Wasser suspendieren → mittels Phenol-Lösung Bakterien abtöten (s. Anhang «Versuch 13a»). Verschiedene Agarböden (Nähr-, Pilz-, Jensen- und Schulagar) wurden mit dieser Bodensuspension beimpft, indem mittels Pasteurpipette je 2 Tropfen der Suspension in die Petrischalen gegeben und mit dem Glasspatel verteilt wurde. (Die in der erwähnten Versuchsanleitung angegebene Methode, die Suspension bereits vor dem Ausgiessen in die Petrischalen in den flüssigen Agar zu geben, hat nicht funktioniert: es wuchsen keine Pilze). Resultat nach einer Woche: Streptomyceten auf Nähragar Pilzagar Jensenagar Schulagar Schulagar *) fast keine sehr viele wenig fast keine wenig *) ohne Mycostatin Aus den Streptomyceten des Jensen- und Pilzagars wurden Reinkulturen auf Nähr-, Pilz- und Jensenagar gezüchtet, welche nach ein bis zwei Wochen prächtig gediehen. (siehe 3.1.6 und 3.1.7) 2.5.2 Nachweis der Antibiotica-Bildung Mittels eines Kupferrohres (Innen-Ø ca. 5 mm und abgefeilt) werden nun von diesen Reinkulturen Agarzylinder ausgestanzt und auf (mit E. coli oder B. megaterium) beimpfte Testplatten gelegt. Diese werden während 24 h bei 30 °C bebrütet. (s. Anhang Versuch 13b). Bei der ersten Versuchsreihe haben sich aber keine erwarteten Hemmhöfe gebildet. Bakterienkulturen waren bis an den Pilz-Zylinder heran sichtbar (siehe 3.1.8). Einige mögliche Gründe für das Fehlen von Hemmhöfen: • Streptomycin diffundiert langsamer, als dass sich die Bakterien vermehren • Pilze sind keine Streptomyceten und bilden keine Hemmstoffe • Pilze sind tot → keine Streptomycinproduktion • Pilze sind nicht in der Streptomycin-bildenden Wachstumsphase In Anbetracht des Umstandes, dass die Pilze bereits über einen Monat alt waren, hielten wir einen der beiden letzten Gründe für möglich. So setzten wir aus den Sporen neue Streptomycinkulturen an, welche auch prächtig gediehen. Mit diesen wurde nach einer Woche Wachstumszeit obiger Versuch wiederholt. 2.5.3 Auswertung Beobachtung: Nur bei einem Versuch (mit Bacillus megaterium) bildete sich ein Hemmhof, und zwar bei denjenigen Streptomyceten, welche vom Jensen-Agar gewonnen wurden (nicht bei den Streptomyceten, welche vom Pilzagar gewonnen wurden). Es stellte sich heraus, dass die Pilze auf dem Pilzagar in einer Woche schneller gediehen und somit reifer (älter) waren als diejenigen auf dem Jensen-Agar. Wir ziehen daraus den Schluss, dass die Pilze nur im frühen Wachstumsstadium Antibiotika bilden. Dies macht auch Sinn, müssen sie sich doch in diesem Stadium bezüglich der verfügbaren Nährstoffe gegen andere Organismen durchsetzen. Auf E. coli bildeten sich gar keine Hemmhöfe (s. 3.1.8). In einem nächsten Schritt wäre also die Antibiotikaproduktion in Abhängigkeit vom Alter des Pilzes zu untersuchen, also z.B. nach 2, 4, 6, usw. Tagen. Leider konnten wir diese Untersuchung aus Zeitgründen nicht mehr vornehmen. Hemmhof um Agarzylinder aus den 1-wöchigigen Streptomyceten des Jensenagars. (Nähragar beimpft mit Bacillus magaterium). Einen deutlicheren Hemmhof erhielte man wahrscheinlich bei jüngeren Streptomyceten. 2.5.4 Durchführung der beschriebenen Versuche an Schulen Die beschriebenen Versuche wurden von uns am Institut für Pflanzenbiologie in Zürich durchgeführt. An einer Sekundar- oder Bezirksschule werden natürlich nicht die selben Infrastrukturen und Chemikalien zur Verfügung stehen. Trotzdem sollte es unserer Meinung nach möglich sein, die beschriebenen Versuche an einer Schule, z.B. im Rahmen eines Realfächerpraktikums, durchzuführen oder innerhalb der Biologie-Lektionen, vom Lehrer durchgeführt: Über einen Zeitraum von einigen Wochen werden z.B. die ersten 10 Minuten der Lektion für die Versuche oder die Betrachtung der Ergebnisse reserviert. Nicht geeignet ist die Durchführung der Versuche im Rahmen einer Projektwoche: die Wartezeiten für die Vermehrung und das Wachstum der Keime dauert Tage bis eine Woche. Die Anschaffung des notwendigen Materials ist nicht sehr teuer. Da sich der beschriebene «Schulagar» lediglich für anspruchslosere Versuche eignet («Bakterien sind überall»), empfiehlt sich die Anschaffung eines käuflichen Nähragars. Die Anschaffung lohnt sich, kann doch aus einem Glas eine grosse Menge Nähragar hergestellt werden. Das Herstellen von Jensenagar benötigt viele Chemikalien, deren Besorgung einen relativ grossen Aufwand bedeutet. Die Ergebnisse mit normalem Nähragar waren aber zufriedenstellend, so dass die Versuche auch damit gemacht werden können. Als Bakterien empfehlen sich Bacillus megaterium. Sie lassen sich selber isolieren (s. 2.4.3) und sind auch empfindlicher und weniger gefährlich als E. coli. 3.1 Anhang Versuch 13a und 13b aus: «Biotechnologie» Gerhard Jagnow & Wolfgang Dawid Ferdinand Enke Verlag Stuttgart1985 3.1.1 Bakterienkolonien nach einer Woche von einem Küchenschwamm 3.1.2 Bakterienkolonien nach einer Woche von den 5 Fingerspitzen (Nähragar infolge Austrocknung gespalten). 3.1.3 Bakterien- und Pilzkolonien auf Schulagar nach zwei Wochen, aus Bodenextrakt 3.1.4 Bakterien- und Pilzkolonien auf Nähragar nach zwei Wochen, aus Bodenextrakt 3.1.5 Diffusionstest (auf Bacillus magaterium) mit in Streptomycin getauchtem Filterplätzchen. Der Hemmhof ist sehr schön zu erkennen. 3.1.6 Streptomyceten auf Pilzagar 3.1.7 Reinkultur von Streptomyceten. Die Sporen wurden mittels Impföse aus obiger Kultur gewonnen und auf dem Nähragar verteilt. Aus einer solchen Kultur wurde ein Agarzylinder ausgestochen und auf eine mit Bakterien beimpfte Testplatte gelegt (s. auch Bild unter 2.5.3 !) 3.1.8 Agarzylinder mit Streptomyceten auf Escherichia coli-Kultur. Hier wurde kein Hemmhof gebildet. Zu beachten ist die viel feinere Verteilung der E. coli auf dem Nährboden als Bacillus magaterium (3.1.5).