Elementare Differentialtopologie - WS15

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Einführung in die
Differentialtopologie
Universität Freiburg, WS 2015/16
Nadine Große
Skript - Version vom 22.01.2016
Wenn Sie (Tipp-)Fehler finden, bin ich dankbar, wenn Sie mir diese mitteilen.
Inhaltsverzeichnis
I. Reguläre Werte
1.
Untermannigfaltigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.
Tangentialvektoren und Tangentialraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.
Abbildungen von M aus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.
Abbildungen zwischen Untermannigfaltigkeiten und Tangentialabbildung
3.
Immersionen und Submersionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.
Reguläre Werte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1
1
2
5
6
7
9
II. Satz von Sard und Brown und Anwendungen
1.
Wie ’häufig’ sind reguläre und kritische Werte? . . . . . . . . . . . . . .
2.
Anwendungen von Sard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.
Morsefunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.
Mannigfaltigkeiten mit Rand und der Brouwersche Fixpunktsatz
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11
11
13
13
15
III. Grad einer Abbildung
1.
Grad modulo 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.
Orientierte Mannigfaltigkeiten und der Brouwer Grad . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
19
20
IV. Transversalität und Schnitttheorie
1.
Transversalität . . . . . . . .
2.
Schnitttheorie mod 2 . . . . .
3.
Orientierte Schnitttheorie . .
4.
Lefschetz Fixed-Point Theory
5.
Vektorfelder . . . . . . . . . .
23
23
27
28
29
31
Literatur
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33
iii
I. Reguläre Werte
1. Untermannigfaltigkeiten
Vorl. 1
0
0
Definition 1.1. Sei M ⊆ Rm . Dann heißt M m-dimensionale Untermannigfaltigkeit von Rm falls es für jeden
0
Punkt p ∈ M eine offene Umgebung V ⊆ Rm von p, eine offene Umgebung U ⊆ Rm und eine glatte Abbildung
F : U → V gibt, so dass gilt:
i) F (U ) = M ∩ V und F : U → M ∩ V ist ein Homöomorphismus.
ii) Die Jacobimatrix
Du F =
 ∂F1
∂u1 (u)
∂F
∂F

..
(u), . . . , m (u) = 
.
∂u1
∂u
∂Fm0
∂u1 (u)
...
...
...

∂F1
∂um (u)
..
.
∂Fm0
∂um
(m0 × m − Matrix)


(u)
hat für alle u = (u1 , . . . , um ) ∈ U maximalen Rang (wobei F (u) = (F1 (u), . . . , Fm0 (u))T ).
Die Abbildung F heißt lokale Parametrisierung von M . Die Umkehrabbildung F −1 : M ∩ V → U nennt man
Karte von M . Man nennt m0 − m die Kodimension der Untermannigfaltigkeit und u = (u1 , . . . , um )T lokale
Koordinaten von M .
F
V ⊆ Rm
0
F (U ) = M ∩ V
p
M
U ⊆ Rm
Abb. I.1.: lokale Parametrisierung
0
Beispiel 1.2.
1. Hyperebene H im Rm =m+1 :
0
Die Hyperebene H gehe durch den Punkt p ∈ Rm und werde durch die linear unabhängigen Vektoren
X1 , . . . Xm aufgespannt:
X
H = {p +
ui Xi | ui ∈ R}.
i
Hier reicht eine Parametrisierung
0
F : Rm → Rm , u = (u1 , . . . , um ) 7→ p +
X
ui Xi .
i
Dabei ist F offensichtlich glatt und ein Homöomorphismus aufs Bild und
Du F = (X1 , . . . , Xm )
hat Rang m da die Vektoren linear unabhängig sind.
1
I. Reguläre Werte
2. S 1 = {x2 + y 2 = 1} ⊆ R2 : Beispiele für lokale Parametrisierung um (1, 0):
a)
F : (−π, π) → S 1 ∩ (R2 \ {(0, −1)}),
α 7→ (cos α, sin α)
(Dα F = (− sin α, cos α) hat Rang 1) Hier ist F sogar für alle p ∈ S 1 \ {(0, −1)} eine lokale Parametrisierung. Um {(0, −1)} kann man ganz analog eine Parametrisierung bauen. Also ist S 1 eine
eindimensionale Untermannigfaltigkeit von R2 .
b)
F : (−1, 1) → S 1 ∩ {(x, y) |y > 0},
x 7→ (x,
p
1 − x2 )
√
−x
(Dx F = (1, ∂x 1 − x2 = √1−x
) hat Rang 1) Analog erhält man mittels F : (−1, 1) → S 1 ∩{(x, y) |y <
2
√
0}, x 7→ (x, − 1 − x2 ). Damit hat man schon um alle Punkte in S 1 \ {(−1, 0), (1, 0)} eine lokale Parametrisierung. Auflösen nach y (statt x wie bisher) liefert dann ganz analog lokale Parametrisierungen
für die verbleibenden Punkte.
In der Übung
3. Sei U ⊆ Rm offen und sei f : (u1 , . . . , um ) ∈ U → f (u1 , . . . , um ) ∈ Rk glatt. Dann ist der Funktionsgraph
0
M = {(u, f (u))T ∈ Rm =m+k | u ∈ U } eine Untermannigfaltigkeit. Es reicht hier sogar eine lokale
Parametrisierung für ganz M aus:
0
F : U → Rm , u 7→ (u, f (u))T .










Du F =  0

 ∂f1

 1

 ∂u

 .

 ..
0
1
...
...
0
...
∂fk
∂u1
...

1
0
..
.

0
0
..
.


...
...





1 

∂f1 
∂um 
.. 
. 





hat Rang m





...
∂fk
∂um
Bemerkung 1.3. a) In Definition 1.1 muss immer m ≤ m0 gelten, da sonst die lokale Parametrisierung F
nicht bijektiv aufs Bild sein kann.
b) (LinAlg-Wdh) Sei f : Rn → Rm eine differenzierbare Funktion. Dann ist die Jacobimatrix Du f eine m × nMatrix, bzw. eine lineare Abbildung Du f : Rn → Rm . Ist Du f injektiv (bzw. surjektiv), dann ist der Rang
von Du f gleich n (bzw. m).
Im Falle von Definition 1.1 ist F : U ⊆ Rm → Rn mit m ≤ n (da F ein Homöomorphismus aufs Bild ist).
Damit bedeutet Du F habe maximalen Rang, dass Du F injektiv sein muss. Man sagt, dazu dass F eine
Immersion ist.
c) Wir werden oft die Kurzschreibweise M m ⊆ Rn verwenden. Das bedeutet, das M m-dimensional ist und
nicht M × . . . × M .
|
{z
}
m-mal
d) Ab sofort sind – sofern nichts anderes gesagt – Mannigfaltigkeiten immer glatte Untermannigfaltigkeiten
0
eines Rm (Nur manchmal werden wir es noch explizit dazu sagen.) Nach dem Satz von Whitney kann
0
aber auch jede (abstrakte) Mannigfaltigkeit als eine Untermannigfaltigkeit eines Rm , für m0 groß genug,
aufgefasst werden.
2. Tangentialvektoren und Tangentialraum
0
Sei F : U ⊆ Rm → V ⊆ Rm eine
0 ). Die Bedingung, dass
lokale Parametrisierung von M um p = F (u
∂F
∂F
∂F
∂F
m0
Du0 F = ∂u
Rang
m
hat,
bedeutet,
dass
die
Vektoren
linear
(u
),
.
.
.
,
(u
)
1
0
0
∂um
∂u1 (u0 ), . . . , ∂um (u0 ) ∈ R
unabhängig sind.
2
2. Tangentialvektoren und Tangentialraum
Anschauung von
Also ist
∂F
∂ui (u0 ).
Es ist
∂F
∂ui (u0 )
ei =
= Du0 F (ei ), wobei ei der Einheitsvektor zur Koodinate ui darstellt.
d
i+1
i
m
|t=0 (u10 , . . . , ui−1
0 , u0 + t, u0 , . . . , u0 )
dt
und
d
∂F
(u0 ) = Du0 F (ei ) = |t=0 F (u0 + tei ).
∂ui
dt
Hierbei ist γ(t) := u0 + tei eine Kurve (sogar eine Gerade) in Rm und c(t) := F ◦ γ(t) = F (u0 + tei ) eine
0
0
∂F
Kurve in M ⊆ Rm , also insbesondere eine Kurve in Rm . Also ist c0 (0) = ∂u
i (u0 ) der Tangentialvektor an c in
∂F
0
p = c(0) = F (u0 ). Da für t klein genug Spur(c) ⊆ M ist, nennt man c (0) = ∂u
i (u0 ) auch tangential an M in
p = c(0).
F
V ⊆ Rn
Du0 F (ei ) =
∂F
(p)
∂ui
= c0 (0)
p
M c(t) = F ◦ γ(t)
u0
u
i
γ(t) = u0 + tei
Abb. I.2.: Tangentialvektor
0
Lemma und Definition 2.1. Ist M ⊆ Rm eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit und p ∈ M . Sei
F : U → V eine lokale Parametrisierung von M um p = F (u0 ), so ist der durch
Tp M := Du0 F (Rm )
definierte Untervektorraum unabhängig von der Wahl der lokalen Parametrisierung und heißt Tangentialraum
von M an p.
V ∩V0
V ⊆ Rn
V 0 ⊆ Rn
p
F0
F
u00
U
0
u0
0 −1
(F )
◦F
U
Abb. I.3.: Wechsel der lokalen Parametrisierung
Bevor wir das Lemma beweisen, brauchen wir noch eine Hilfsaussage:
0
Lemma 2.2. Sei M ⊆ Rm eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit. Sei F : U → V eine lokale Parametri0
sierung von M . Sei W ⊆ R` eine offene Menge und ϕ : W → Rm eine Abbildung mit ϕ(W ) ⊆ M ∩ V . Dann
0
ist ϕ als Abbildung von W nach Rm genau dann glatt, wenn F −1 ◦ ϕ : W → U ⊆ Rm glatt ist.
3
I. Reguläre Werte
Bemerkung 2.3. Das letzte Lemma sagt uns insbesondere für den Fall, dass ϕ eine Karte ist, dass bei der
Frage der Differenzierbarkeit einer Abbildung mit Werten in M egal ist, ob wir diese Abbildung als eine nach
0
Rn oder mittels Koordinaten als eine Abbildung mit Werten in Rm auffassen. Insbesondere gilt:
0
Sei M eine Untermannigfaltigkeit von Rm zusammen mit zwei lokalen Parametrisierungen F1 : U1 → V1 und
F2 : U2 → V2 . Sei V1 ∩ V2 6= ∅. Dann ist
F2−1 ◦ F1 : F1−1 (V1 ∩ V2 ) → F2−1 (V1 ∩ V2 )
glatt.
Beweis: Wir verwenden Lemma 2.2 auf W = F1−1 (V1 ∩ V2 ), ϕ = F1 und F = F2 an.
In der Übung
Beweis von Lemma 2.2. Ist F −1 ◦ ϕ glatt, dann ist ϕ = F ◦ (F −1 ◦ ϕ) als Verkettung zweier glatter Abbildungen
wieder glatt.
0
Sei nun ϕ : W → Rm glatt. Sei p ∈ W . Dann ist q := ϕ(p) ∈ M ∩V und u0 := F −1 (q) ∈ U . Sei F (u1 , . . . , um ) =
(F1 (u1 , . . . , um ), . . . , Fm0 (u1 , . . . , um ))T . Das Differential Du0 F hat maximalen Rang, also Rang m. O.B.d.A.
habe (Du0 (F1 , . . . , Fm )T ) maximalen Rang. Wir definieren
0
0
G : U × Rk:=m m → Rm
Fj (u1 , . . . , um )
1
m m+1
m0
Gj (u , . . . , u , t
,...,t ) =
Fj (u1 , . . . , um ) + tj
und berechnen
D(u10 ,...,um
G=
0 ,0,...,0)
j≤m
j>m
!
0
D(u10 ,...,um
F 0 )
Idk
Dann ist
detD(u0 ,0)=(u10 ,...,um
G = detDu0 =(u10 ,...,um
(F1 , . . . , Fm )T 6= 0
0 ,0,...,0)
0 )
und damit gibt es nach dem Umkehrsatz eine offene Umgebung U1 ⊆ U × Rk von (u10 , . . . , um
0 , 0, . . . , 0) und
eine offene Umgebung V1 ⊆ V von q, so dass
G|U1 : U1 → V1
ein Diffeomorphismus ist. Sei W1 := ϕ−1 (V1 ). Dann ist W1 eine offene Umgebung von p. Für p0 ∈ W1 gilt
G−1 ◦ ϕ(p0 ) = (F −1 ◦ ϕ(p0 ), 0, . . . , 0).
Da G−1 ◦ ϕ glatt ist, gilt das auch für F −1 ◦ ϕ.
Beweis von Lemma 2.1. Sei F 0 : U 0 → V 0 eine weitere lokale Parametrisierung um p = F 0 (u00 ). Nach Folgerung 2.3 ist w := (F 0 )−1 ◦ F : F −1 (V ∩ V 0 ) → (F 0 )−1 (V ∩ V 0 ) ein Diffeomorphismus. Damit ist F =
F 0 ◦ w : F −1 (V ∩ V 0 ) → V ∩ V 0 und nach Kettenregel
Du0 F = Dw(u0 )=F −1 (p)=u00 F 0 ◦ Du0 w.
Also ist
Du0 F (Rm ) = Du00 F 0 (Du0 w(Rm )) = Du00 F 0 (Rm ),
wobei die zweite Gleichheit folgt, da w ein Diffeomorphismus ist.
Vorl. 2
Bemerkung 2.4. Sei v ∈ Tp M . Dann gibt es eine glatte Kurve c : I = P
(−, ) → M mit c(0) = p und c0 (0) = v:
m
∂F
Sei F : U → P
V eine lokale Parametrisierung um p = F (u) und sei v = i=1 ai ∂u
i (p). Wähle für c = F ◦ γ mit
m
i
γ(t) = u + t i=1 a ei . Wegen Linearität der Ableitung gilt
c0 (0) = Du F (γ 0 (0)) =
m
X
i=1
4
ai Du F (ei ) = v.
2. Tangentialvektoren und Tangentialraum
2.1. Abbildungen von M aus
0
Sei M ⊆ Rm eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit, p ∈ M und f : M → R` . Wir wollen einen Begriff
von Glattheit für f einführen.
0
Definition 2.5. Sei W ⊆ M offen (hier: offen in der von Rm induzierten Topologie auf M .∗ ) Eine Funktion
0
f : W ⊆ M → R` heißt glatt, falls es zu jedem p ∈ W eine Umgebung Ŵ ⊆ Rm von p und eine glatte Funktion
`
f¯: Ŵ → R gibt, so dass
f |W ∩Ŵ = f¯|W ∩Ŵ .
Lemma 2.6. Sei f : M → R` glatt und F : U → V eine lokale Parametrisierung von M . Dann ist f ◦F : U → R`
glatt.
Beweis. Sei u0 ∈ U beliebig. Wir setzen p := f (u0 ). Da f glatt ist, gibt es eine offene Umgebung W von p und
eine glatte Funktion f¯: W → R` mit f |M ∩W = f¯|M ∩W . Dann gilt für all u ∈ F −1 (V ∩ W ):
f ◦ F (u) = f¯ ◦ F (u).
Nun ist f¯ ◦ F als Verkettung zweier glatter Funktionen wieder glatt, und damit ist auch f ◦ F glatt auf
F −1 (V ∩ W ), also insbesondere in u0 .
0
Lemma 2.7. Sei M m ⊆ Rm eine Untermannigfaltigkeit und F : U → V eine lokale Parametrisierung. Dann
ist F −1 : V ∩ M → U glatt. Insbesondere ist F : U → F (U ) ein Diffeomorphismus.
∂F
∂F
Beweis. Sei p ∈ V ∩ M beliebig. Setze u0 := F −1 (p) ∈ U . Da Du0 F = ∂u
Rang m hat,
1 (u0 ), . . . , ∂um (u0 )
∂F
∂F
m0
sind die Vektoren ∂u
(u
),
.
.
.
,
(u
)
linear
unabhängig
im
R
.
Wir
ergänzen
diese
Vektoren
zu
einer Basis
1
0
0
∂um
m0
vom R
∂F
∂F
(u0 ), . . . , m (u0 ), wm+1 , . . . , wm0
∂u1
∂u
und definieren
m0
X
0
G(u1 , . . . , um , tm+1 , . . . , tm ) = F (u1 , . . . , um ) +
ti wi .
i=m+1
0
0
0
Dann ist G((u, 0) = (u1 , . . . , um , 0, . . . , 0)) = F (u1 , . . . , um ) und G : U × Rm −m ⊆ Rm → Rm ist glatt. Da
0
D(u0 ,0)=(u10 ,...,um
w
,
.
.
.
,
w
G
=
D
F
m
u0
m+1
0 ,0,...,0)
für alle u ∈ U eine nichtverschwindende Determinante hat, ist nach dem Umkehrsatz G auf einer Umgebung
0
W ⊆ Rm von (u0 , 0) ein Diffeomorphismus aufs Bild. Sei G−1 : G(W ) → W die Umkehrabbildung. Wegen
G−1 |M ∩G(W ) = F −1 |M ∩G(W ) , ist F −1 glatt nahe p = F (u0 ). Da p ∈ M ∩ V beliebig ist, ist F −1 glatt.
0
Folgerung 2.8. Sei M ⊆ Rm eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit, p ∈ M und f : M → R` . Sei
F : U → V eine lokale Parametrisierung von M um p. Dann sind die folgenden Aussagen äquivalent:
0
1. (’Lokale Existenz einer glatten Fortsetzung’) Es gibt eine offene Umgebung W von p in Rm und eine
Fortsetzung f¯ von f |M ∩W auf W , die glatt ist.
2. (’Glatt in lokaler Parametrisierung’) Die Abbildung f ◦ F : U → R` ist glatt.
Beweis. ’1 =⇒ 2’: siehe Lemma 2.6
0
’2 =⇒ 1’: Sei p ∈ M . Nach Lemma 2.7 ist F −1 glatt, d.h. es gibt eine offene Umgebung W ⊆ Rm von p und
eine glatte Funktion G : W → U mit G|M ∩W = F −1 |M ∩W . Setze
0
f¯ = f ◦ F ◦ G : W → Rm −m .
Dann ist f¯ als Hintereinanderausführung von glatten Abbildungen (hier wieder glatt im Sinne der Analysis)
und f¯|W ∩M = f ◦ F ◦ G|W ∩M = f ◦ F ◦ F −1 |W ∩M = f |W ∩M .
∗ Induzierte
Topologie (= Spurtopologie = Relativtopologie): Sei (X, T ) ein topologischer Raum. Sei Y ⊆ X. Dann ist die durch
T auf Y induzierte Topologie definiert durch:
T 0 := {U ∩ Y | U ∈ T }.
Man überprüft leicht, dass (Y, T 0 ) ein topologischer Raum ist.
5
I. Reguläre Werte
0
0
Bemerkung 2.9. Sei f : M → N eine Abbildung zwischen Untermannigfaltigkeiten M m ⊆ Rm und N n ⊆ Rn .
Sei p ∈ M . Sei F : U → V eine lokale Parametrisierung von M um p und sei F 0 : U 0 → V 0 eine lokale
Parametrisierung von N um f (p). Dann ist nach Lemma 2.2 und Folgerung 2.8 f um p genau dann glatt, wenn
(F 0 )−1 ◦ f ◦ F : f −1 (U 0 ) ∩ U → V 0 glatt um u := F −1 (p) ist.
0
(i) id : M → M ⊆ Rm ist glatt.
Beispiel 2.10.
(ii) Sei M m ⊆ Rn . Ein (glattes) Vektorfeld ist eine (glatte) Abbildung X : M → Rn . Gilt zusätzlich X(p) ∈
Tp M für alle p ∈ M , so ist X ein (glattes) tangentiales Vektorfeld oder Tangentialfeld auf M .
2.2. Abbildungen zwischen Untermannigfaltigkeiten und Tangentialabbildung
0
0
Seien M m ⊆ Rm und N n ⊆ Rn Untermannigfaltigkeiten. Sei f : M → N eine glatte Abbildung, sei p ∈ M .
0
0
Nach Definition gibt es eine Umgebung W ⊆ Rm von p und eine glatte Abbildung f¯: W → Rn , so dass
f |W ∩M = f¯|W ∩M .
Lemma 2.11. Dp f¯(Tp M ) ⊆ Tf (p) N
Beweis. Sei v ∈ Tp M gegeben. Wir wählen eine Kurve c : (−, ) → M mit c(0) = p und c0 (0) = v. Dann gilt
Dp f¯(v) = Dc(0) f¯(c0 (0)) =
d
d
|t=0 (f¯ ◦ c(t)) = |t=0 ( f ◦ c(t) ) ∈ Tf (p) N.
| {z }
dt
dt
(I.1)
Kurve in N
Definition 2.12. Das Differential von f and der Stelle p sei
dp f := Dp f¯: Tp M → Tf (p) N.
Diese Abbildung wird Tangentialabbildung genannt. Wegen (I.1) hängt diese Definition nicht von der Wahl von
f¯ ab.
Bemerkung 2.13. a) dp f ist linear
f
g
b) Für eine Folge glatter Abbildungen zwischen Untermannigfaltigkeiten M m → N n → P p gilt die Kettenregel
dp (g ◦ f ) = (df (p) g) ◦ (dp f ).
c) In lokalen Koordinaten (vgl. Abb. I.4): Es sei F (u0 ) = p, f (p) = p̃, F̃ (ũ0 ) = p̃. Wegen der Linearität von
dp f gibt es aji ∈ R mit
X
∂ F̃
∂F
(u
)
=
aij i (ũ0 ) ∈ Tp̃=f (p) N.
dp f
0
∂uj
∂
ũ
i
Dann gilt
Du0 (F̃ −1 ◦ f ◦ F )(ei ) =
n
X
aji ej ,
j=1
n
wobei (ei )i die Standardbasis des R (hier einmal im Punkt u0 und einmal im Punkt ũ0 ) bezeichnet,
Übungsaufgabe 9:
X
j
aji
∂ F̃
(ũ0 ) =dp f
∂ ũj
∂F
(u0 )
∂ui
= Dp f˜
∂F
(u
)
0
∂ui
=Du0 (f˜ ◦ F ) (ei ) = Du0 (f ◦ F ) (ei )
=Du0 (F̃ ◦ (F̃ −1 ◦ f ◦ F ) (ei ) = Dũ0 F̃ ◦ Du0 (F̃ −1 ◦ f ◦ F )(ei )
n
n
X
X
=Dũ0 F̃ (
bji ej ) =
bji Dũ0 F̃ (ej )
j=1
=
n
X
bji
j=1
Koeffizientenvergleich liefert
6
aji
= bji .
∂ F̃
(ũ0 )
∂ ũj
j=1
3. Immersionen und Submersionen
f
p̃
Ṽ ∩ N
N
p
V ∩M
M
F
F̃
ũ0
F̃ −1 ◦ f ◦ F
u0
U
Ũ
Abb. I.4.: f : M → N in lokalen Parametrisierungen. O.B.d.A. sei f (V ∩ M ) = Ṽ ∩ N
Notation 2.14. Abkürzend verwendet man auch häufig:
∂
∂F −1
|p :=
(F (p))
∂ui
∂ui
3. Immersionen und Submersionen
Satz 3.1. Sei f : M → N eine glatte Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten, deren Ableitung dx f für x ∈ M
ein Isomorphismus ist. Dann ist f lokal ein Diffeomorphismus bei x, d.h. es gibt eine Umgebung von x, die
durch f diffeomorph auf eine Umgebung von f (x) abgebildet wird.
Beweis. Wir nutzen lokale Karten, um diesen Satz auf den Satz über die lokale Umkehrfunktionen für den
Rn zurückzuführen: Seien κ : W ⊆ M → U und κ0 : W 0 ⊆ N → U 0 Karten um x ∈ M bzw. y = f (x) ∈ N
mit κ(x) = u und κ0 (y) = u0 . Sei g := κ0 ◦ f ◦ κ−1 : U → U 0 . Da κ und κ0 Diffeomorphismen sind, ist du g ein
Isomorphismus. Nach dem Umkehrsatz der Analysis ist damit g ein lokaler Diffeomorphismus in u. Wegen
f = κ0−1 ◦ g ◦ κ : W → W 0 ist dann f lokaler Diffeomorphismus in x = κ−1 (u).
Damit der Satz über Implizite Funktionen auf eine Abbildung f : M → N anwendbar ist, ist dim M = dim N
notwendig. Wir stellen uns jetzt der Frage, was das ’beste’ lokale Verhalten, falls dim M < dim N ist. Die
Ableitung dx f : Tx M → Tf (x) N kann zwar kein Isomorphismus mehr sein, aber zumindestens injektiv. Falls
dem so ist, nennt man f eine Immersion in x. Ist f eine Immersion in allen x ∈ M , so nennt man f eine
Immersion.
Beispiel 3.2. Die kanonische Immersion von Rk in Rl mit l ≥ k ist die Standardinklusionsabbildung
(x1 , . . . , xk ) 7→ (x1 , . . . , xk , 0, . . . , 0).
Satz 3.3 (Satz über lokale Immersionen). Sei f : M → N eine Immersion in x ∈ M und sei y = f (x). Dann
gibt es lokale Koordinaten um x und y, so dass f (x1 , . . . , xk ) = (x1 , . . . , xk , 0, . . . , 0). (Kurz gesagt: f ist lokal
äquivalent zur kanonischen Immersion in x.)
Beweis. Wir wählen lokale Koordinaten um x ∈ M und y = f (x) ∈ N : ϕ : U → M mit ϕ(0) = x und
ψ : U 0 → N mit ψ(0) = y, s. Abb. I.5. Wir setzen g := ψ −1 ◦ f ◦ ϕ : U ⊆ Rm → U 0 ⊆ Rn . Da dx f und damit
Abb. I.5.: Lokale Immersion
d0 g : Rm → Rn injektiv ist, können wir durch einen Basiswechsel in Rn immer erreichen, dass d0 g die Form der
n × m-Matrix
Idm
0(n−m)×m
hat. Wir definieren G : U × Rn−m → Rn durch G(x, z) = g(x) + (0, z). Dann bildet G eine offene Teilmenge
von Rn in den Rn ab und d0 G = Idn . Nach dem Satz über Umkehrfunktionen ist damit G ein lokaler
7
I. Reguläre Werte
Diffeomorphismus in 0 ∈ Rn . Nach Definition von G gilt g = G ◦ (kanonische Immersion). Da ψ ◦ G ein lokaler
Diffeomorphismus ist, ergibt er durch Einschränken von Definitions- und Wertebereich eine neue Karte um y
bzgl. derer dann f die kanonische Immersion ist.
Vorl. 3
Folgerung 3.4. Ist f eine Immersion in x, dann ist f auch eine Immersion in einer Umgebung von x.
Bemerkung 3.5. Haben M und N die gleiche Dimension, dann ist f : M → N genau dann eine Immersion,
wenn f eine lokaler Diffeomorphismus ist. Daran sieht man, dass Immersion zu sein eine strikt lokale Eigenschaft
ist. Im Gegensatz dazu ist Diffeomorphismus zu sein, etwas Globales. f ist genau dann Diffeomorphismus, wenn
f lokaler Diffeomorphismus ist und bijektiv ist. Das heißt auch: Will man, dass die Immersion schöne globale
Eigenschaften hat, braucht man zusätzlich topologische Bedingungen. Wir haben das schon am Beispiel der
Untermannigfaltigkeiten gesehen, vgl. Definition 1.1 und Übungsaufgabe 1 gesehen.
Definition 3.6. Eine Immersion f : M → N , die M homöomorph auf ihr Bild abbildet, heißt Einbettung.
Folgerung 3.7. Sei f : M m → N n eine Einbettung zwischen Mannigfaltigkeiten. Dann ist f (M ) eine zu M
diffeomorphe Untermannigfaltigkeit.
Beweis. Ist y ∈ f (M ), Dann gibt es ein eindeutiges x ∈ M mit f (x) = y. Sei F : U → V eine lokale
Parametrisierung von M um x. Dann ist f ◦ F : U → V 0 als Hintereinanderausführung von Immersionen wieder
eine Immersion und als Hintereinanderausführung von Homöomorphismen aufs Bild wieder Homöomorphismus
aufs Bild mit f (F (U )) = f (V ∩ M ). Also ist f (M ) eine Untermannigfaltigkeit von N mit Dimension m.
Da eine Immersion zwischen Mannigfaltigkeiten gleicher Dimension, ein lokaler Diffeomorphismus ist und f
homöomorph aufs Bild ist, ist f (M ) diffeomorph zu M .
Wir betrachten nun den Fall dim M ≥ dim N .
Definition 3.8. Sei f : M → N glatt und sei dx f : Tx M → Tx N surjektiv für alle x ∈ M . Dann heißt f
Submersion.
Satz 3.9. Sei f : M → N eine Submersion in x ∈ M und sei y = f (x). Dann existieren Karten von M bzw.
N um x bzw. y, so dass in f in diesen lokalen Koordinaten die Form f (x1 , . . . , xm ) = (x1 , . . . , xn ) hat.
Beweis. (Übungsaufgabe 12) Wir wählen lokale Koordinaten um x ∈ M und y = f (x) ∈ N : ϕ : U → M mit
ϕ(0) = x und ψ : U 0 → N mit ψ(0) = y, s. Abb. I.6. Wir setzen g := ψ −1 ◦ f ◦ ϕ : U ⊆ Rm → U 0 ⊆ Rn . Da dx f
Abb. I.6.: Lokale Submersion
und damit d0 g : Rm → Rn surjektiv ist, können wir durch einen Basiswechsel in Rn immer erreichen, dass d0 g
die Form der n × m-Matrix
Idn 0m×(m−n)
hat. Wir definieren G : U → U 0 × Rm−n durch G(x1 , . . . , xm ) = (g(x), xn+1 , . . . , xm ). Dann bildet G eine offene
Teilmenge von Rm in den Rm ab und d0 G = Idm . Nach dem Satz über Umkehrfunktionen ist damit G ein
lokaler Diffeomorphismus in 0 ∈ Rm . Nach Definition von G gilt g = (kanonische Submersion) ◦ G. Da ϕ ◦ G
ein lokaler Diffeomorphismus ist, ergibt er durch Einschränken von Definitions- und Wertebereich eine neue
Karte um x bzgl. derer dann f die kanonische Submersion ist.
Bemerkung 3.10. Die wichtigste Anwendung von Satz 3.9 ist: Sei f : M → N eine glatte Abbildung zwischen
Mannigfaltigkeiten und sei y ∈ N . Wir interessieren uns für die Menge f −1 (y) = {x ∈ M | f (x) = y}. Diese
ist im Allgemeinen kein ’schönes’ geometrisches Objekt. Ist allerding f eine Submersion in x, dann haben
wir nach Satz 3.9 lokale Koordinaten um x und y, so dass in diesen f (x1 , . . . , xm ) = (x1 , . . . xn ) gilt, wobei x
die Koordinaten (0, . . . , 0) habe. D.h. dass nahe x jeder Punkt in f −1 (y) die Gestalt (0, . . . , 0, xm+1 , . . . , xn )
hat. Also gibt es eine Umgebung V von x, wo die Koordinaten (x1 , . . . , xm ) definiert sind und f −1 (y) ∩ V die
Menge der Punkte mit x1 = . . . = xm = 0 ist. Damit ist die glatte Abbildung F : U ⊆ Rm−n → V in lokalen
Koordinaten gegeben durch (y 1 , . . . , y m−n ) 7→ (0, . . . , 0, y 1 , . . . , y m−n ) eine lokale Parametrisierung um x und
somit f −1 (y) eine Mannigfaltigkeit.
8
4. Reguläre Werte
f
x
f −1 (y)
y
M
N
Abb. I.7.: Urbild eines regulären Wertes
4. Reguläre Werte
Durch Bemerkung 3.10 zeichnen sich für f : M → N also Punkte x ∈ M aus, für die f eine Submersion ist.
Deshalb definieren wir:
Definition 4.1. Sei f : M m → N n eine glatte Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten. Jedes x ∈ M mit
RangDx f < n heißt kritischer Punkt von f und das zugehörige y = f (x) ∈ N heißt kritischer Wert von f . Alle
anderen Punkte in N heißen reguläre Werte von f .
Bemerkung 4.2.
1. Ist m < n, so sind alle Werte kritisch.
2. Ist ein Punkt y ∈ N nicht im Bild f (M ), so ist y regulärer Wert.
Nach Bemerkung 3.10 gilt also
Lemma 4.3. Ist y ∈ N regulärer Wert von f , so ist f −1 (y) eine Mannigfaltigkeit der Dimension m − n oder
f −1 (y) = ∅.
0
0
0
Insbesondere folgt aus Bemerkung 3.10, dass für eine Abbildung f : Rm → Rm −m mit y ∈ Rm −m das Urbild
0
f −1 (y), wenn nichtleer, eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit von Rm ist.
P
n
o
m+1 j 2
m+1
Beispiel 4.4. i) Die m-dimensionale Sphäre S m = x = x1 , ..., xm+1 ∈ Rm+1 j=1 (x ) = 1 ⊆ R
P
m+1
ist das Urbild S m = f −1 (0) der Funktion f : Rm+1 \ {0} → R, f x1 , . . . , xm+1 = j+1 (xj )2 − 1. Wegen
Dx f =
∂f
∂f
(x), . . . , m+1 (x)
∂x1
∂x
= 2 x1 , . . . , xm+1 = 2x
hat Dx f genau dann maximalen Rang, wenn x 6= 0 ist. Da jedoch 0 6∈ f −1 (0) ist, ist 0 regulärer Wert von
f und damit S m = f −1 (0) ⊆ Rm+1 eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit des Rm+1 .
ii) S 1 = {(x, y) ∈ R2 | x2 + y 2 = 1} Wir wissen schon, dass S 1 eine Untermannigfaltigkeit ist. Wählt man
aber
f : R2 → R, (x, y) 7→ (x2 + y 2 − 1)2 ,
dann ist zwar f −1 (0) = S 1 , aber
D(x,y) f = 2x(x2 + y 2 − 1), 2y(x2 + y 2 − 1)
ist die Nullabbildung auf S 1 . Daran sieht man, dass nur weil 0 kein regulärer Wert für f ist, f −1 (0)
trotzdem Untermannigfaltigkeit sein kann. Es kommt auf die richtige Wahl von f an.
2
iii) Die Gruppen O(n) und SO(n) sind Untermannigfaltigkeiten des Rn der Dimension
n
2 (n
− 1).
Beweis. Wir betrachten
f : MR (n, n) → Sym(n),
A 7→ f (A) = AAT − Id,
9
I. Reguläre Werte
wobei Sym(n) = A ∈ MR (n, n) | A = AT ∼
= Rn(n+1)/2 die symmetrische Matrizen sind. Dann ist
−1
O(n) = f (0). Wir müssen zeigen, dass 0 ∈ Sym(n) ein regulärer Wert ist.
f (A + sH) − f (A)
s
(A + sH)(A + sH)T − AAT
= lim
s→0
s
1
T
= lim
AA + s HAT + AH T + s2 HH T − AAT
s→0 s
= HAT + AH T .
DA f (H) = lim
s→0
Wir zeigen, dass DA f : MR (n, n) → Sym(n) surjektiv ist, d.h. maximalen Rang hat. Sei A ∈ O(n), S ∈
T
Sym(n). Wir wählen H = 21 S A−1 . Dann ist
T
T T T 1 1
S A−1 AT + A S A−1
DA f S A−1
=
2
2
1
T
−1
−1
T
= S AA
| {z } + |AA
{z } ·S = S.
2
DA f (H) =
Id
(AB)T = B T AT
Id
Also ist O(n) eine Untermannigfaltigkeit von MR (n, n) ∼
= Rn mit
2
dim O(n) = dim MR (n, n) − dim Sym(n) = n2 −
n
n
(n + 1) = (n − 1).
2
2
Da die Abbildung MR (n, n) → R, A 7→ det A stetig und für A ∈ O(n) die Determinante ±1 ist, zerfällt O(n)
in zwei Zusammenhangskomponenten∗ (eine davon ist SO(n)), die beide wiederum Untermannigfaltigkeiten
der Dimension n2 (n − 1) sind.
Sei M 0 eine Mannigfaltigkeit, die in M enthalten ist. Dann ist Tx M 0 ⊆ Tx M . Das orthogonale Komplement
von Tx M 0 in Tx M ist ein Vektorraum der Dimension m − m0 und ist der Normalraum von M 0 in M an x.
Abb. I.8.: Implizit gegebene Mannigfaltigkeiten
Lemma 4.5. Sei f : M → N eine glatte Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten. Sei x ∈ M und f (x) = y. Sei
y regulärer Wert von f . Dann gilt für M 0 = f −1 (y)
ker dx f = Tx M 0
und dx f eingeschränkt aufs orthogonale Komplement von Tx M 0 ist ein Isomorphismus.
Beweis. Da f |M 0 nur den Wert {y} annimmt, sehen wir dx f |Tx M 0 = dx (f |M 0 ) : Tx M 0 → Tf (x) {y} = {0}, vgl.
Abbildung I.8. Demnach ist Tx M 0 ⊆ ker dx f . Weiterhin hat aber die Abbildung
dx f : Tx M = Tx M 0 ⊕ (Tx M 0 )⊥ → Tf (x) N
maximalen Rang. Da sowohl Tf (x) N als auch (Tx M 0 )⊥ n-dimensional sind, muss dx f |(Tx M 0 )⊥ ein Isomorphismus
sein.
∗ Zusammenhangskomponente
= maximal zusammenhängende Teilmenge (wobei eine Teilmenge (weg-)zusammenhängend heißt,
falls je zwei Punkte der Teilmenge durch einen stetigen Weg miteinander verbunden werden können.) [Im Allgemeinen sind
zusammenhängend und wegzusammenhängend zwar verschiedene Begriffe, bei uns spielt aber nur wegzusammenhängend eine
Rolle.]
10
II. Satz von Sard und Brown und Anwendungen
1. Wie ’häufig’ sind reguläre und kritische Werte?
Beispiel 1.1. Wir betrachten den aufrechten Torus mit der Höhenfunktion.
f
Abb. II.1.: Die Höhenfunktion des Torus hat vier kritische Punkte (die blauen) und vier kritische Werte (die
roten). Alle anderen nicht roten Punkte in R sind reguläre Werte. Das Urbild eines regulären Wertes
ist nichtleer oder eine Mannigfaltigkeit - zwei Beispiele solcher Urbilder sind gelb eingezeichnet.
Die blauen Punkte sind die kritischen Punkte. Eine Möglichkeit, dass zu sehen ist: f¯: R3 → R, (x1 , x2 , x3 ) 7→ x3
ist eine glatte Erweiterung von f : T2 → R. Dann ist Dx f = (0, 0, 1) und dx f = Dx f¯|Tx T2 . Also ist x kritischer
Punkt genau dann, wenn dx f = 0 ist, also genau dann wenn Tx T2 ⊆ ker Dx f ist. Das ist genau dann der Fall,
wenn Tx T2 die (x1 , x2 ) Ebene ist, also genau für die blauen Punkte in der Abbildung II.1.
Satz 1.2 (Satz von Sard - lokal). Sei f : U → Rn eine glatte Abbildung, wobei U ⊆ Rm offen ist und n ≥ 1.
Sei C die Menge der kritischen Punkte von f . Dann hat f (C) ⊆ Rn Maß Null.
Im Beweis werden wir folgenden Satz benutzen; für den Beweis siehe [1, Appendix 1].
Satz 1.3. (Fubini Theorem für Nullmengen) Sei A eine geschlossene Teilmenge von Rm , so dass A ∩ ({c} × Rl )
für alle c ∈ Rk:=m−l Maß Null hat. Dann hat A in Rm Maß Null.
Beweis von Satz 1.2. Wir beweisen den Satz mittels Induktion. Für m = 0 ist er offensichtlich wahr. Wir
nehmen an, er stimmt auch für m − 1.
Sei Ci ⊆ C die Menge aller x ∈ U für die alle partiellen Ableitungen von f in x der Ordnung ≤ i verschwinden.
Alle Ci sind geschlossen und es gilt
C ⊃ C1 ⊃ C2 ⊃ · · · .
Behauptung a) Das Bild f (C \ C1 ) hat Maß Null.:
Vorl. 4
Sei x̄ ∈ C \ C1 . Wir werden zeigen, dass es eine offene Umgebung V ⊆ Rm von x̄ gibt, so dass f (V ∩ C)
Maß Null hat. Da Rm eine abzählbare Basis besitzt, kann C \ C1 durch abzählbar viele solcher Umgebungen
überdeckt werden kann und wir erhalten dadurch, dass auch f (C \ C1 ) Maß Null hat.
∂f1
Da x̄ 6∈ C1 , gibt es eine partielle Ableitung, o.B.d.A. ∂x
1 die in x̄ nicht Null ist. Wir definieren
h : U → Rm , h(x) = (f1 (x), x2 , . . . , xn )T .
Dann ist
∂f
Dx̄ h =
1
∂x1 (x̄)
∗
0
Idn−1
11
II. Satz von Sard und Brown und Anwendungen
nicht singulär und damit bildet h eine Umgebung V von x̄ diffeomorph auf eine offene Menge V 0 ab. Die
Komposition g := f ◦h−1 bildet damit V 0 nach Rn ab. Die Menge der kritischen Werte von g gleich der Menge der
kritischen Werte von f |h−1 (V 0 )=V . Weiterhin bildet g einen Punkt der Form (t, x2 , . . . , xm ) in einen Punkt der
Form (t, y2 , . . . , yn ) ab. Für festes t erhalten wir somit eine Abbildung g t := g|({t}×Rm−1 )∩V 0 : ({t}×Rm−1 )∩V 0 →
{t} × Rn−1 und es gilt
1
0
Dx g =
∗ Dx g t
0
0
für alle x ∈ ({t} × Rm −1 ) ∩ V 0 . Damit ist ein Punkt x ∈ ({t} × Rm −1 ) ∩ V 0 kritisch für g, genau dann wenn er
auch kritisch für g t ist.
Wegen der Induktionsvoraussetzung hat die Menge der kritischen Werte von g t Maß Null. Damit hat nach dem
Satz von Fubini auch die Menge der kritischen Werte von g Maß Null.
Behauptung b) Das Bild f (Ck \ Ck+1 ) hat Maß Null für k ≥ 1.
Für jedes x ∈ Ck \Ck+1 gibt es eine (k +1)te Ableitung, die nicht verschwindet. Damit gibt es eine k.te Ableitung
∂ρ
ρ := Dα fi , für geeignetes |α| = k und i ∈ {1, . . . , p}, so dass ρ auf Ck verschwindet aber ∂x
j nicht. O.B.d.A. sei
m
2
j = 1. Wir definieren jetzt ähnlich wie oben eine Abbildung h : U → R , h(x) = (ρ(x), x , . . . , xm )T . Analog zu
oben bildet h eine Umgebung V von x diffeomorph auf eine offene Menge v 0 ⊆ Rm . Nach Konstruktion bildet h
die Menge Ck ∩ V in die Hyperebene {0} × Rm−1 ab. Sei g := f ◦ h−1 . Sei ḡ : ({0} × Rm−1 ) ∩ V 0 → Rm die
Einschränkung von g. Nach Induktion hat die Menge aller kritischen Werte von ḡ das Maß Null. Jeder kritische
Punkt g vom Typ Ck ist ein kritischer Punkt von ḡ. Demnach hat f (Ck ∩ V ) Maß Null
Behauptung c) Das Bild f (Ck ) hat Maß Null für k >
m
n
− 1.
Sei S ⊆ U ein m-dimensionaler Würfel der Seitenlänge δ. Wir werden zeigen, dass für k > m
n − 1 die Menge
f (Ck ∩ S) Maß Null hat. Da Ck durch abzählbar viele solcher Würfel überdeckt werden kann, folgt dann die
Behauptung.
Nach Satz von Taylor gilt für x ∈ Ck ∩ S und x + h ∈ S
f (x + h) = f (x) + R(x, h) mit |R(x, h)| < a|h|k+1 ,
wobei die Konstante a nur von f und S abhängt. Wir zerlegen S in rm kleinere Würfel der Länge rδ . Sei S1 ein
√
solcher Würfel mit x ∈ Ck . Dann gilt für jedes x + h ∈ S1 |h| < m rδ . Damit liegt die Menge f (S1 ) in einem
b
Ball um f (x) vom Radius rk+1
(für geeignetes b). Also ist f (Ck ∩ S) in der Vereinigung von rm solcher Bälle
enthalten:
n
2b
m
vol(f (Ck ∩ S)) ≤ r
=: crm−(k+1)n .
rk+1
Für k + 1 >
m
n
und r → ∞ geht die rechte Seite gegen Null, Also muss f (Ck ∩ S) Maß Null haben.
Satz 1.4 (Satz von Sard). Sei f : M m → N n eine glatte Abbildung zwischen Mannigfaltigkeiten. Sei C die
Menge der kritischen Punkte von f , also die Menge aller x ∈ M mit rankdx f < n. Dann hat f (C) ⊆ N Maß
Null.
Beweis. Da Rm eine abzählbare Basis besitzt, finden wir eine abzählbare Familie von offenen Mengen Ui in
M und zugehörigen offenen Mengen Vi in N , so dass ∪i Ui = M , ∪i Vi = N und f (Ui ) = Vi gilt und die Ui
bzw. Vi diffeomorph zu offenen Teilmengen in Rm bzw. Rn sind. Damit folgt der Satz von Sard aus der lokalen
Version.
Folgerung 1.5. Die Menge der regulären Werte einer glatten Abbildung f : M → N ist dicht in N .
Sind fi : Mi → N abzählbar viele glatte Abbildungen, dann ist die Menge der Punkte in N , die für alle fi
regulärer Wert sind, dicht in N .
Beweis. Die erste Behauptung folgt aus dem Satz von Sard. Die zweite Behauptung folgt aus der ersten, weil
eine abzählbare Vereinigung von Nullmengen, noch immer eine Nullmenge ist.
Bemerkung 1.6. Der Satz von Sard sagt nur, dass die Menge der kritischen Werte Maß Null hat, nicht die
der kritischen Punkte. Ein triviales Beispiel ist durch konstante Abbildungen gegeben: f : M → N , x 7→ y, mit
y ∈ N fest. Dann ist y kritischer Wert, aber ganz M ist hier die Menge der kritischen Punkte.
12
2. Anwendungen von Sard
2. Anwendungen von Sard
2.1. Morsefunktionen
In diesem Abschnitt betrachten wir Funktionen f : M → R.
Bemerkung 2.1. Sei x ∈ M . Dann ist y kritischer Punkt von f : M → R genau dann, wenn dx f = 0 ist.
Definition 2.2. Sei f : M m → R glatt und x ein kritischer Punkt von x. Seien (x1 , . . . , xm ) lokale Koordinaten
um x. Die Hessische von f ist die Matrix∗
H=
∂2f
∂xi ∂xj
.
Ist die Hessische nichtsingulär im kritischen Punkt x, heißt x nichtdegenerierter kritischer Punkt von f .
Bemerkung 2.3. Die Eigenschaft nichtdegenerierter kritischer Punkt zu sein hängt nicht von der Wahl der
Koordinaten ab (Übungsaufgabe 17):
Seien (y 1 , . . . , y m ) weitere lokale Koordinaten um x. Dann gilt
X ∂xk ∂f
∂f
=
∂y i
∂y i ∂xk
k
und damit
X ∂xk ∂xl ∂ 2 f
X ∂ 2 xk ∂f
∂2f
=
+
.
∂y i ∂y j
∂y i ∂y i ∂xk ∂xl
∂y i ∂y j ∂xk
k,l
k
Da x kritischer Punkt von f ist, gilt
X ∂xk ∂xl ∂ 2 f
∂2f
(x) =
.
i
j
∂y ∂y
∂y i ∂y i ∂xk ∂xl
k,l
k
Da xi und y i beide lokale Koordinatensysteme bilden, ist die Matrix ( ∂x
∂y i )ik invertierbar. Damit ist die Matrix
∂2f
∂y i ∂y j (x)
genau dann nichtsingulär, wenn
∂2f
∂xi ∂xj (x)
nichtsingulär ist.
Lemma 2.4. Nichtdegenerierte kritische Punkte sind isoliert, d.h.: Sei x nichtdegenerierter kritischer Punkt
von f : M → R. Dann gibt es eine offene Umgebung U von x, so dass x der einzige kritische Punkt von f |U ist.
∂f
∂f
Beweis. Sei g : M → Rm definiert als g = ∂x
. Dann ist dx f = 0 genau dann, wenn g(x) = 0 ist.
1 , . . . , ∂xm
Weiterhin ist dx g in obigen Koordinaten gleich H. Ist als x nichtdegeneriert, dann bildet g eine Umgebung U
von x diffeomorph auf eine Umgebung der 0 ab. Damit kann g in keinem anderen Punkt von U verschwinden
und demnach kann f |U nur in x einen kritischen Punkt haben.
Satz 2.5. (Morse Lemma) Sei a ∈ M ein nichtdegenerierter kritischer Punkt von f : M → R. Sei
(hij ) =
∂2f
(a) .
∂xi ∂xj
Dann gibt es lokale Koordinaten (x1 , . . . , xm ) um a
f (x) = f (a) +
X
hij xi xj .
ij
∗ Das
ist Kurzschreibweise für: Sei ϕ : U ⊆ M → V ⊆ Rm eine Karte um x mit lokalen Koordinaten (x1 , . . . , xm ). Dann ist
kurz für
∂ 2 (f ◦ϕ−1 )
∂xi ∂xj
∂2f
∂xi ∂xj
13
II. Satz von Sard und Brown und Anwendungen
Beweis. O.B.d.A. sei f (a) = 0. Seien (x1 , . . . , xm ) ∈ U ⊆ Rm lokale Koordinaten nahe a. O.B.d.A. sei U konvex
und (0, . . . , 0) die Koordinaten von a. Da a kritischer Punkt ist, ist da f = 0. Weiterhin gilt
Z 1
df
1
m
(tx1 , . . . , txm )dt
f (x , . . . , x ) =
0 dt
m Z 1
X
∂f
=
xi i (tx1 , . . . , txm )dt.
∂x
i=1 0
R 1 ∂f
∂f
1
m
Setzen wir gi (x1P
, . . . , xm ) = 0 ∂x
)dt. Dann sind die gi glatt auf U mit gi (0) = ∂x
i (tx , . . . , tx
i (0) und
m
1
m
i
1
m
f (x , . . . , x ) = i=1 x gi (x , . . . , x ). Da a kritischer Punkt ist, gilt gi (0) = 0. Analog wie oben können jedes gi
R1 R1
Pm
2
f
1
m
schreiben als gi (x1 , . . . , xm ) = j=1 xj Hij (x1 , . . . , xm ) mit Hij (x1 , . . . , xm ) = 0 dt 0 ds ∂x∂i ∂x
).
j (tsx , . . . , tsx
P
2
m
∂
f
Damit ist f (x1 , . . . , xm ) = i,j=1 xi xj Hij (x1 , . . . , xm ), und es gilt Hij (0, . . . , 0) = ∂xi ∂xj (0, . . . , 0) = hij . Da
a nichtdegeneriert ist, Hij (0, . . . , 0) nichtsingulär. Es bleibt zu zeigen, dass es eine Koordinatentransformation gibt, so dass in diesen neuen Koordinaten
obige Gestalt hat. Das geschieht mittels Induktion. Sei
P
f (x1 , . . . , xm ) = ±(x1 )2 ± . . . ± (xr−1 )2 + i,j≥r xi xj Hij (x1 , . . . , xm ). Nach einer linearen Koordinatentransformation in den letzten m − r + 1 Koordinaten kann man o.B.d.A. Hrr (0) 6= 0 annehmen. Wir führen neue
Koordinaten v i ein mit v i = xi für i 6= r und
!
X Hir (x1 , . . . , xm )
p
1
m
r
.
vr (x , . . . , x ) = Hrr (x1 , . . . , xm ) x +
Hrr (x1 , . . . , xm )
i>r
Man kann nachrechnen, dass die Jacobimatrix der Koordinatentransformation nichtsingulär ist. Damit folgt
i
mit P
dem Umkehrsatz,
kleinen Umgebung von 0 lokale Koordinaten geben. Weiterhin ist
P dass v in0 einer
f = i≤r ±(v i )2 + i,j>r v i v j Hij
(v 1 , . . . , v m ).
Vorl. 5
Bemerkung 2.6. Letzter Satz sagt aus, dass das Verhalten einer Funktion nach eines nichtdegenerierten
kritischen Punktes äquivalent zu einem quadratischen Polynom ist. Eigentlich erhält man so direkt die Gestalt:
f (x) = f (a) − (x1 )2 − . . . − (xp )2 + (xp+1 )2 + . . . + (xm )2 .
Den Exponenten p nennt man dann den Index von f in x.
Definition 2.7. Eine glatte Funktion f : M → R, deren kritische Punkt alle nichtdegeneriert sind, heißt
Morsefunktion.
0
0
0
Satz 2.8. Sei f : M → R glatt mit M m ⊆ Rm . Seien (x1 , . . . , xm ) Standardkoordinaten des Rm . Dann ist
0
0
die Menge der a ∈ Rm , für welche die Funktion fa = f + a1 x1 + . . . am0 xm auf M keine Morsefunktion ist,
eine Nullmenge.
Beweis.
den Satz zunächst für den Fall f : U ⊆ Rm → R glatt, U offen. Wir definieren
Wir beweisen
∂f
∂f
g = ∂x
: U → Rm . Dann ist dp fa = g(p) + a. Also ist p genau dann kritischer Punkt von fa wenn
1 , . . . , ∂xm
g(p) = −a. Da fa und f die gleichen zweiten Ableitungen besitzen, ist die Hessische f im Punkt p gleich dp g.
Sei nun −a ein regulärer Wert für g. Dann ist dp g für alle p mit g(p) = −a nichtsingulär. Also ist jeder kritische
0
Punkt von fa nichtdegeneriert. Nach dem Satz von Sard hat die Menge der kritischen Werte a ∈ Rm von g das
Maß Null und die Behauptung folgt.
Sei nun f : M → R glatt. Wir wählen abzählbar viele Karten ϕi : Ui ⊆ M → Vi ⊆ Rm , die M überdecken (also
∪i Ui = M ). O.B.d.A. seien die lokalen Koordinaten als xi1 , . . . , xim gewählt, wobei x1 , . . . , xm Standardkoordi0
0
0
naten des Rm sind. ∗ O.B.d.A. sei {i1 , . . . , im } = {1, . . . , m}. Für c = (a, b) ∈ Rm ∼
= Rm × Rm −m betrachten
0
wir die Funktion fc . Nach obigem Fall ist für festes b ∈ Rm −m die Funktion f(a,b) = f(0,b) + a1 x1 + . . . + am xm
für fast alle a ∈ Rm eine Morsefunktion. Nach dem Satz von Fubini, Satz 1.3, ist damit auch fc für fast alle
0
c ∈ Rm eine Morsefunktion.
∗
In der Übung
Dass das immer möglich ist, sagt folgender Satz.
0
0
0
Satz. Sei M m ⊆ Rm Untermannigfaltigkeit. Seien x1 , . . . , xm die Standardkoordinaten auf Rm mit zugehöriger Basis des
Tangentialraumes e1 , . . . , em0 . Sei p ∈ M . Dann gibt es i1 , . . . , im ∈ {1, . . . , m0 } und eine Umgebung U ⊆ M von p, so dass
(xi1 , . . . , xim ) lokale Koordinaten auf U bilden.
0
0
Beweis. Tp M ⊆ Rm ist m-dimensional und sei durch ẽ1 , . . . , ẽm aufgespannt. Da ei eine Basis von Rm ist, gilt ẽi =
14
P
aji ej
2. Anwendungen von Sard
2.2. Mannigfaltigkeiten mit Rand und der Brouwersche Fixpunktsatz
Wir wollen Mannigfaltigkeiten mit Rand einführen. Für innere Punkte soll dabei eine Umgebung immer noch
durch einen eine offene Teilmenge des euklidischen Raumes modelliert werden. Umgebungen von Randpunkten
sollen jedoch durch
H m := {x = (x1 , . . . , xm ) ∈ Rm | xm ≥ 0}
modelliert werden, wobei der Randpunkt dann einem Punkt auf dem Rand ∂H m ∼
= Rm−1 ×{0} ⊆ Rm entspricht.
0
Definition 2.9. Eine Menge M ⊆ Rm ist eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand falls es für jedes
0
x ∈ M eine offene Umgebung U ⊆ Rm und eine offene Menge V ⊆ H m gibt, so dass U ∩ M diffeomorph∗ zu
V ist. Der Rand von M , ∂M , ist die Menge aller Punkte in M , welche unter solch Diffeomorphismen Punkten
◦
in ∂H m entsprechen. Das Innere von M ist M = M \ ∂M .
(i) H m ist eine m-dimensionale Untermannigfaltigkeit mit Rand ∂H m = Rm−1 × {0}.
Beispiel 2.10.
(ii) B m = {x ∈ Rm | |x|2 = 1} mit Rand ∂B m = S m−1 , vgl. Übungsaufgabe 21 und Beispiel 2.15.
(iii) Z = {(x, y, z)T ∈ R3 | x2 + y 2 = 1, z ∈ [−1, 1]}, ∂Z = {(x, y, z)T ∈ R3 | x2 + y 2 = 1, z ∈ {−1, 1}}, vgl.
Beispiel 2.15.
Bemerkung 2.11. (1) Der topologische Rand von M ⊆ Rm entspricht nicht unbedingt dem Rand als
Mannigfaltigkeit, siehe Beispiel 2.10.iii wo der topologische Rand ganz Z ist.
◦
(2) Das Innere M = M \ ∂M ist eine m-dimensionale Mannigfaltigkeit.
(3) Tangentialräume und Tangentialabbildungen können auch immer noch für Mannigfaltigkeiten mit Rand
definiert werden. Für innere Punkte bleiben die alte Definition gültig. Es bleibt die Randpunkte zu
behandeln. Sei x ∈ ∂M . Sei ϕ : V ⊆ H m → U ⊆ M ⊆ Rm ein Diffeomorphismus für x ∈ U . Dann
gibt es eine glatte Erweiterung ϕ̄ : V 0 ⊆ Rm → Rm mit V 0 offene Umgebung von ϕ−1 (x). Wir setzen
Tx M = dv=ϕ−1 (x) ϕ(Rm ). Die Definition ist unabhängig von der Wahl von ϕ̄, denn für eine Folge vi ∈ V → v
gilt dv=ϕ−1 (x) ϕ̄ = limi→∞ dvi ϕ̄ = limi→∞ dvi ϕ. Insbesondere ist der Tangentialraum eines Randpunktes
einer m-dimensionalen Mannigfaltigkeit immer noch ein m-dimensionaler Vektorraum.
Sei U ⊆ M offen mit x ∈ ∂U ⊆ ∂M und sei g : U → Rl glatt. Da g glatt ist, kann es in einer Umgebung
0
0
U 0 von x in Rm zu einer glatten Abbildung ḡ : U 0 ⊆ Rm → Rl erweitert werden. Wir definieren dann
m0
l
dx g := dx ḡ|Tx M : Tx M ⊆ R → R . Die Definition ist unabhängig der gewählten Erweiterung, denn: Sei g 0
◦
eine andere Erweiterung. Seien xi Punkte im Inneren von U mit xi → x. Da auf U die Abbildung ḡ und g 0
übereinstimmen, gilt dxi ḡ = dxi g 0 . Wegen Stetigkeit ist dann auch dx ḡ = dx g 0 .
Satz 2.12. Sei M m eine Mannigfaltigkeit mit Rand. Dann ist ∂M eine (m − 1)-dimensionale Mannigfaltigkeit.
Beweis. Sei x ∈ ∂M . Dann gibt es lokale Koordinaten um x, d.h. einen Diffeomorphismus ϕ : U ⊆ H m → V ⊆
M . Wir zeigen ϕ(∂U ) = ∂V . Dann ist ϕ|∂U ein Diffeomorphismus von der offenen Menge ∂U = U ∩∂H m ⊆ Rm−1
auf eine Umgebung ∂V = ∂M ∩ V von x in ∂M und ergibt die Behauptung.
Nach Definition ist ϕ(∂U ) ⊆ ∂V und es bleibt die umgekehrte Inklusion zu zeigen: Sei v ∈ ∂V . Dann gibt es
einen Diffeomorphismus ψ : W ⊆ H m → V und ein w ∈ W ∩ ∂H m mit ψ(w) = v. Sei g := ϕ−1 ◦ ψ : W → U .
Dann ist g ein Diffeomorphismus. Wir nehmen an, dass u ∈ g(w) ein innerer Punkt von U ist. Dann bildet
jedoch auch g −1 eine Umgebung von u ∈ U diffeomorph auf eine Umgebung von w ∈ W ab. Das ist ein
Widerspruch zu w ∈ ∂W † . Also gilt u ∈ ∂U und ∂V ⊆ ϕ(∂U ).
für geeignete aji . Da die ẽi linear unabhängig sind, hat A = (aji )1≤i≤m,1≤j≤m0 Rang m. D.h. es gibt i1 , . . . , im ∈ {1, . . . , m0 },
0
0
so dass A1 := (aji )i∈{i1 ,...,im },1≤j≤m0 nichtsingulär ist. O.B.d.A. sei ij = j. Sei pr : Rm → Rm , (x1 , . . . , xm ) 7→ (x1 , . . . , xm ).
Dann ist Dx pr = (Idm 0m×(m0 −m) ). Damit gilt für κ := pr|M : M → Rm , dass dp κ : Tp M → Rm bzgl. der Basis ẽi für
Tp M und ei für Rm die Form A−1
hat. Also ist dp κ ein Isomorphismus und demnach nach dem Umkehrsatz κ ein lokaler
1
Diffeomorphismus in p ∈ M und damit für eine Umgebung U ⊆ M um p eine Karte.
∗ Eine
Abbildung f einer beliebigen Teilmenge X ⊆ Rm nach Rl ist glatt, falls es eine offene Umgebung U von X in Rm und eine
glatte Abbildung F : U → Rl mit F |X = f existiert.
† Es gibt keinen Diffeomorphismus von Rm nach H m
15
II. Satz von Sard und Brown und Anwendungen
Das Produkt zweier Mannigfaltigkeiten mit Rand ist im Allgemeinen keine Mannigfaltigkeit mit Rand. Beispiel:
[0, 1] × [0, 1] ist ein Beispiel einer Mannigfaltigkeit mit Ecken.
Satz 2.13. Sei M m eine Mannigfaltigkeit mit Rand und N n eine Mannigfaltigkeit ohne Rand. Dann ist M × N
eine (m + n)-dimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand ∂M × N .
Beweis. (Übungsaufgabe 22) Sei (x, y) ∈ M ×N . Dann gibt es eine Karte ϕ : U ⊆ M → V ⊆ H m um x und eine
Karte ψ : U 0 ⊆ N → V 0 ⊆ Rn um y. Wir setzen h := ϕ × ψ : U × U 0 ⊆ M × N → V × V 0 ⊆ H m × Rn ∼
= H m+n .
0
Dann ist h eine Karte von M × N um (x, y). Der Rand ∂(M × N ) ∩ (U × U ) sind alle Punkte (x, y) mit
h(x, y) ∈ ∂H m+n , also alle mit x ∈ ∂M ∩ U . Insgesamt ist also ∂(M × N ) = ∂M × N .
Lemma 2.14. Sei M eine Mannigfaltigkeit ohne Rand und g : M → R glatt mit 0 als regulären Wert. Dann
ist M 0 := {x ∈ M | g(x) ≥ 0} eine Mannigfaltigkeit mit Rand ∂M 0 = g −1 (0).
Vorl. 6
Beweis. Da 0 regulärer Wert ist, ist g −1 (0) eine Mannigfaltigkeit. Weiterhin ist {x ∈ M | g(x) > 0} wegen
Stetigkeit von g offene Teilmenge von M und damit Mannigfaltigkeit. Um zu zeigen, dass M 0 Mannigfaltigkeit
mit Rand ist, muss man noch die Punkte in g −1 (0) betrachten. Sei x ∈ M mit g(x) = 0. Da 0 regulärer
Wert ist, ist dx g : Tx M → Tg(x)=0 R ∼
= R surjektiv. Nach dem Satz über lokale Submersionen kann man lokale
Koordinaten um x auf M so wählen, dass g die Form (x1 , . . . , xm ) 7→ xm hat. Also ist g −1 (≥ 0) diffeomorph zu
H m.
Beispiel 2.15.
1. Sei g : Rm → R, x 7→ |x|2 − 1. Dann ist B m = {x ∈ Rm | g(x) ≥ 0}.
2. Sei C = {(x, y, z)T ∈ R3 | x2 + y 2 = 1} und g : C → R, (x, y, z) 7→ z 2 − 1. Dann ist Z = {p ∈ C | g(p) ≥ 0}.
Lemma 2.16. Sei f : M m → N n eine glatte Abbildung von einer Mannigfaltigkeit M mit Rand in eine
Mannigfaltigkeit N . Sei y ∈ N regulärer Wert für f und f |∂M . Dann ist f −1 (y) ⊆ M eine glatte (m − n)dimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand. Weiterhin gilt
∂(f −1 (y)) = f −1 (y) ∩ ∂M.
Beweis. Da wir eine lokale Eigenschaft beweisen, reicht es die Eigenschagt für den Spezialfall f : H m ⊆ Rm → Rn
zu beweisen. Sei x ∈ f −1 (y). Ist x ein innerer Punkt von M sieht man wie bisher, dass f −1 (y) in einer Umgebung
von x eine glatte Mannigfaltigkeit ist. Sei nun x ∈ ∂M ∩ f −1 (y) ein Randpunkt. Wähle eine Umgebung U ⊆ Rm
von x und eine glatte Abbildung g : U → Rn , so dass f |U ∩H m = g|U ∩H m . Wählt man U klein genug,
kann man erreichen, dass g auf U eine Submersion ist. Damit ist g −1 (y) eine glatte Mannigfaltigkeit der
Dimension m − n. Sei nun π : g −1 (y) → R die Projektion π(x1 , . . . , xm ) = xm . Dann gilt nach Konstruktion
f −1 (y)∩U = π −1 ({xm ≥ 0}). Es bleibt zu zeigen, dass 0 ein regulärer Wert von π ist; dann folgt mit Lemma 2.14
die Behauptung: Es gilt dx π = (0, . . . , 0, 1) : Tx g −1 (y) ⊆ Rm → R mit Tx g −1 (y) = ker(dx g = dx f : Rm → Rn ).
Sei x ∈ π −1 (0). Da f |∂H m auch regulär in x ist, ist dx (f |∂H m ) = dx f |Tx ∂H m =Rm−1 ×{0} : Rm−1 × {0} → R
surjektiv. D.h. Tx g −1 6⊆ Rm+1 × {0}. Damit ist 0 regulärer Wert von π. Insbesondere haben wir gesehen, dass
∂(f −1 (y)) = f −1 (y) ∩ ∂M gilt.
R
H
Rm
m
f −1 (y)
π
0
f
g
x
g −1 (y)
Rn
y
U
Abb. II.2.: f : H m → Rn , x ∈ f −1 (y). Die Abbildung g : U ⊆ Rm → Rn ist eine lokale Erweiterung von g.
16
2. Anwendungen von Sard
Lemma 2.17. Sei M m eine Mannigfaltigkeit mit Rand. Dann gibt es keine glatte Abbildung f : M → ∂M , so
dass f |∂M die Identität ist.
Beweis. Wir nehmen an, dass es eine solche Abbildung f existiert. Sei y ∈ ∂X ein regulärer Wert von f . Da
y natürlich auch ein regulärer Wert für f |∂X = id∂M ist, ist nach Lemma 2.16 f −1 (y) eine eindimensionale
Mannigfaltigkeit mit Rand. Wegen f |∂X = id∂M ist f −1 (y)∩∂M = {y}. Da jedoch f −1 (y) auch kompakt ist und
die einziges kompakten 1-Mannigfaltigkeiten mit Rand endliche Vereinigungen von Kreisen und abgeschlossenen
Intervallen ist∗ muss ∂f −1 (y) endlich viele Punkte enthalten. Das ist ein Widerspruch.
Lemma 2.18. Jede glatte Abbildung g : B n → B n hat einen Fixpunkt.
Beweis. Wir nehmen an, dass g keinen Fixpunkt habe. Wir definieren eine Funktion f : B n → ∂B n = S n−1
durch: f (x) sei der Schnittpunkt der Geraden durch x und g(x) mit S n−1 der näher an x als an g(x) ist. Da g
keinen Fixpunkt ist g wohldefiniert. Weiterhin rechnet man direkt nach, dass g glatt ist und dass f (x) = x für
x ∈ S n−1 gilt. Das ist jedoch ein Widerspruch zu letztem Lemma.
g(x)
x
f (x)
Abb. II.3.:
Satz 2.19 (Brouwerscher Fixpunktsatz). Jede stetige Funktion g : B n → B n hat einen Fixpunkt.
Beweis. Dank des Weierstrass’schen Approximationssatz gibt es für jedes > 0 ein Polynom p1 : Rn → Rn mit
|p1 (x) − g(x)| < für alle x ∈ B n . Allerdings muss p1 (x) für x ∈ B n selbst nicht mehr in B n sein. Deshalb
definieren wir p(x) = (1 + )−1 p1 (x). Dann ist p(B n ) ⊆ B n und |p(x) − g(x)| < 2 für x ∈ B n .
Sei nun g(x) 6= x für alle x ∈ B n . Dann muss die stetige Funktion |g(x) − x| auf B n ein Minimum µ > 0
annehmen. Wählen wir = µ/2 und p wie oben. Dann gilt p(x) 6= x für alle x ∈ B n und p : B n → B n ist eine
glatte Abbildung ohne Fixpunkte. Das ergibt den Widerspruch zum letzten Lemma.
∗ Die
Klassifikation eindimensionaler Mannigfaltigkeiten mit Rand beweisen wir hier nicht. Schöne Beweise finden sich z.B. in den
Anhängen von [2, 1]
17
III. Grad einer Abbildung
1. Grad modulo 2
Wir betrachten Abbildungen f : M → N zwischen Mannigfaltigkeiten gleicher Dimension, M sei kompakt ohne
Rand und N sei zusammenhängend.
Definition 1.1. Zwei Abbildungen f, g : M → N heißen glatt homotop (kurz: f ∼ g) falls es eine glatte
Abbildung F : M × [0, 1] → N mit F (x, 0) = f (x) und F (x, 1) = g(x) für alle x ∈ X gibt. Diese Abbildung
| {z }
Mfg. mit Rand
F heißt glatte Homotopie zwischen f und g.
Bemerkung 1.2. Das ist eine Äquivalenzrelation: Reflexiv und symmetrisch ist klar.
Transitiv: Die Grundidee ist zwei Homotopien F von f nach g und G nach g nach h einfach ’hintereinander zu
schalten’ also: F̃ (x, t) = F (x, 2t) für t ∈ [0, 12 ] und F̃ (x, t) = G(x, 2t − 1)) für t ∈ [ 12 , 1]. Nur verliert man so i.A.
Glattheit an der ’Klebestelle’. Deshalb wählen wir ϕ : [0, 1] → [0, 1] so, dass
ϕ(t) =
0 0 ≤ t ≤ 1/3
1 2/3 ≤ t ≤ 1
gilt. Aus einer glatten Homotopie F von f nach g definieren wir so eine neue glatte Homotopie von f nach g
durch F 0 (x, t) = F (x, ϕ(t)). Diese hat jetzt die Eigenschaft F 0 (x, t) = f (x) für t ∈ [0, 1/3] und F 0 (x, t) = g(x)
für t ∈ [2/3, 1]. Nun können F 0 und G0 wie oben zusammengeklebt werden und wir erhalten eine glatte
Homotopie von f nach h.
Definition 1.3. Seien f, g : X → Y Diffeomorphismen und sei F : X × [0, 1] → Y eine glatte Homotopie von f
und g, so dass für alle t ∈ [0, 1] die Abbildung Ft : X → Y , x 7→ F (x, t) ein Diffeomorphismus ist. Dann nennen
wir f und g glatt isotop und F eine glatte Isotopie.
Satz 1.4 (Homotopie-Lemma). Sei M eine geschlossene Mannigfaltigkeit. Seien f, g : M → N glatt homotope
Abbildungen zwischen Mannigfaltigkeiten gleicher Dimension. Sei y ∈ N ein regulärer Wert sowohl für f als
auch für g. Dann gilt
#f −1 (y) ≡ #g −1 (y)
mod 2.
Beweis. Sei F : M × [0, 1] → N eine glatte Homotopie zwischen f und g. Sei zunächst auch y ein regulärer
Wert von F . Dann ist F −1 (y) eine kompakte Mannigfaltigkeit mit Rand F −1 (y) ∩ (M × {0, 1}) = f −1 (y) ×
{0} ∪ g −1 (y) × {1}. Die Anzahl der Randpunkte in F −1 (y) ist gleich #f −1 (y) + #g −1 (y). Da die Anzahl der
Randpunkte einer eindimensionalen Mannigfaltigkeit mit Rand gerade ist, folgt die Behauptung.
Sei nun y kein regulärer Wert von F . Dann gibt es eine Umgebung V1 ⊆ N bzw. V2 ⊆ N von y, die nur
aus regulären Werten von f bzw. g besteht. Wir setzen V = V1 ∩ V2 . Die Anzahlen #f −1 (y 0 ) und #g −1 (y 0 )
sind weg von den kritischen Punkte (also insbesondere auf V ) lokal konstante Funktionen in y 0 (Vgl. z.B.
Übungsaufgabe 15). Da die Menge der regulären Werte von F dicht liegt, haben wir die Behauptung auf den
ersten Fall zurückgeführt.
Lemma 1.5. (Homogenitätslemma) Seien y und z innere Punkte von einer zusammenhängenden Mannigfaltigkeit N . Dann gibt es einen Diffeomorphismus h : N → N , der glatt isotop zur Identität ist und y auf z
abbildet.
Beweis. Hier nur die Beweisidee:
1.Schritt: Man konstruiert glatte Isotopien von Rn auf sich selbst, die außerhalb eines Balles die Identität ist
und den Ursprung des Balles auf einen beliebigen Punkt im Inneren des Balles abbildet. 2.Schritt: Überdecken
der Mannigfaltigkeit durch Karten, in den Karten Schritt 1 verwenden.
19
III. Grad einer Abbildung
Definition 1.6. Sei f : M → N glatte Abbildung zwischen Mannigfaltigkeit der gleichen Dimension. M sei
kompakt ohne Rand und N sei zusammenhängend und y ∈ N regulärer Wert von f . Der mod 2 Grad von f ist
deg2 f = #f −1 (y) mod2.
Lemma 1.7. deg2 f hängt nicht von der Wahl des regulären Wertes ab.
Vorl. 7
Beweis. Seien y und z zwei reguläre Werte. Sei h ein Diffeomorphismus von N nach N , der glatt isotop zur
Identität ist und y auf z abbildet (Existiert nach Homogenitätslemma). Dann ist z ein regulärer Wert von h ◦ f .
Da h ◦ f und id ◦ f glatt homotop sind, folgt mit dem Homotopielemma, dass #(h ◦ f )−1 (z) ≡ #f −1 (z) mod 2
ist. Wegen (h ◦ f )−1 (z) = f −1 h−1 (z) = f −1 (y) folgt die Behauptung.
Lemma 1.8. Der mod 2 Grad hängt nur von der glatten Homotopieklasse der Funktion ab.
Beweis. Sei f : M → N glatt homotop zu g : M → N . Nach dem Satz von Sard gibt es ein Element y ∈ N ,
welches sowohl für f als auch g regulär ist. Damit ist
deg2 f ≡ #f −1 (y) ≡ #g −1 (y) ≡ deg2 g mod 2.
Beispiel 1.9. (a) c : M → M sei die konstante Abbildung. Dann ist deg2 c = 0
(b) Ist die Abbildung f : M m → N m nicht surjektiv, ist deg2 f = 0.
(c) Id : M → M hat ungeraden Grad. Also ist die Identitätsabbildung einer geschlossenen Mannigfaltigkeit
nicht glatt homotop zu einer konstanten Abbildung. Insbesondere zeigt das nochmal, dass es keine glatte
Abbildung f : B n+1 → S n mit f |∂B n+1 =S n = id gibt. Denn sonst wäre F : S n × [0, 1] → S n , F (x, t) = f (tx)
eine glatte Homotopie von der konstanten Abbildung zur Identität. Das ist ein Widerspruch zu (a) und (b)
und dem letzten Lemma.
2. Orientierte Mannigfaltigkeiten und der Brouwer Grad
Definition 2.1. Orientierung eines Vektorraumes = Äquivalenzrelation of geordnetes Basen des Vektorraums,
wobei zwei geordnete Basen äquivalent seien, wenn ihre Transformationsmatrix positive Determinante hat.
Orientierung einer Mannigfaltigkeit M = eine Wahl einer Orientierung eines jeden Tangentialraumes, so dass es
um jeden Punkt p der Mannigfaltigkeit M eine Karte ϕ : U ⊆ M → V ⊆ H m gibt, die orientierungserhaltend
ist, d.h. dx ϕ bildet eine positiv orientierte Basis des Tx M auf eine positiv orientierte Basis des Rm ab.
Existiert eine Orientierung auf M , nennt man M orientierbar. M mit einer Wahl einer Orientierung heißt
orientiert.
Bemerkung 2.2.
auf M .
(i) Ist M zusammenhängend und orientierbar, so existieren genau zwei Orientierungen
(ii) Sei M Mannigfaltigkeit mit Rand, x ∈ ∂M , v ∈ Tx M . Dann gibt es erst einmal drei Möglichkeiten für v:
(a) v ∈ Tx ∂M
(b) v ist ein innerer Vektor, d.h. v 6∈ Tx ∂M und es existiert eine glatte Kurve c : [0, ) → M , c(0) = x,
c0 (0) = v.
(c) v ist weder in (a) noch (b), dann heißt v äußerer Vektor.
Jede Orientierung von M induziert eine von ∂M : Für x ∈ ∂M wähle eine positiv orientierte Basis vi
von Tx M , so dass v2 , . . . , vm ∈ Tx ∂M und v1 ein äußerer Vektor ist. Dann bestimmt (v2 , . . . , vm ) eine
Orientierung von Tx ∂M . Zusammen erhält man eine Orientierung in ∂M .
(iii) Wenn wir sagen, dass X m+1 eine orientierte Mannigfaltigkeit mit Rand M ist, dann haben wir M immer
implizit mit der durch X induzierten Orientierung versehen. Für die zu M diffeomorphe orientierte
Mannigfaltigkeit, die mit der anderen Orientierung als M versehen ist, schreiben wir M − .
20
2. Orientierte Mannigfaltigkeiten und der Brouwer Grad
(iv) Ist M eine orientierte eindimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand (die sind alle orientierbar), dann kann
man jedem Randpunkt eine +1 oder −1 zu ordnen, je nachdem ob ein positiv orientierter Vektor nach
innen oder außen zeigt.
Beispiel 2.3. Bilder kommen noch
Definition 2.4 (Brouwer Grad einer glatten Abbildungen zwischen orientieren m-Mannigfaltigkeiten (ohne
Rand)). Sei f : M m → N m glatt, M kompakt und N zusammenhängend.
Sei x ∈ M regulärer Punkt für f . Dann ist dx f : Tx M → Tf (x) N ein linearer Isomorphismus zwischen
orientierten Vektorräumen. Wir setzen sign dx f = +1, falls dx f die Orientierung der Vektorräume erhält, sonst
sign dx f = −1.
Sei y ∈ N regulärer Wert von f . Wir definieren
deg(f ; y) =
X
sign dx f.
x∈f −1 (y)
Wie für deg2 werden wir zeigen, dass deg(f ; y) unabhängig von der Wahl von y ist und invariant unter glatten
Homotopien ist. Die Beweise sind ähnlich wie dort, man muss nur sorgfältig mit den Orientierungen arbeiten.
Lemma 2.5. Sei X kompakte orientierte Mannigfaltigkeit mit Rand M und N eine Mannigfaltigkeit ohne
Rand. Falls f : M → N sich zu einer glatten Abbildung F : X → N erweitert, dann ist deg(f ; y) = 0 für alle
regulären Werte y von f .
Beweis. Sei y auch regulärer Wert von F . Dann ist F −1 (y) eine endliche Vereinigung von abgeschlossenen
Intervallen und Kreisen mit ∂(F −1 (y)) ⊆ ∂M . Sei L solch ein abgeschlossenes Intervall mit ∂L = {a} ∪ {b}.
Wir zeigen sign da f + sign db f = 0. Dann folgt mittels Summation über alle diese abgeschlossenen Intervalle die
Behauptung.
L
a
X
b
M
Abb. III.1.: Zum Beweis von Lemma 2.5
Da a regulärer Punkt von f ist, ist Ta L ∩ Ta M = {0} und analog für b. Sei v1 , . . . , vm+1 eine positiv orientierte
Basis von Ta X derart, dass v2 , . . . , vm+1 eine positiv orientierte Basis von Ta M und v1 tangential an L ist.
Dann ist v1 ein äußerer Vektor in a. Wir setzen vi derart zu einer Basis vi (s) von Ts X für s ∈ L fort (Stetig in s),
dass v1 (s) stets tangential an L ist und v2 (b), . . . , vm (b) wieder Basis von Tb M ist. Da vi (a) positiv orientierte
Basis ist, gilt dies auch für vi (s), also insbesondere für vi (b). Da v1 (b) nun offensichtlich ein innerer Vektor ist,
muss v2 (b), . . . , vm+1 (b) eine negativ orientierte Basis von Tb M sein. Weiterhin bildet ds F die Vektoren vi (s)
(i ≥ 2) auf eine Basis wi (s) von Ty N ab. Die Basis wi (s) hat für alle s ∈ L diegleiche Orientierung, sagen wir
o.B.d.A. positiv orientiert. Also ist sign da f = 1 und sign db f = −1.
Ist nun y kein regulärer Wert von F , dann können wir analog wie im Beweis von Lemma 1.4 vorgehen: Dann
gibt es eine Umgebung V ⊆ N von y, die nur aus regulären Werten von f besteht. Die Anzahl #f −1 (y 0 ) und
damit auch die Vorzeichen ihrer Ableitungen ist weg von kritischen Punkten (also insbesondere auf V ) lokal
konstant in y 0 . Da die Menge der regulären Werte von F dicht liegt, haben wir die Behauptung auf den ersten
Fall zurückgeführt.
Lemma 2.6. Sei F : M × [0, 1] → N eine glatte Homotopie zwischen zwei Abbildungen f (x) = F (x, 0) und
g(x) = F (x, 1). Dann ist deg(f ; y) = deg(g; y) für jedes y der sowohl für f ung g regulär ist.
21
III. Grad einer Abbildung
Beweis. Da M eine Mannigfaltigkeit ohne Rand ist, ist M × [0, 1] eine Mannigfaltigkeit mit Rand. Der Rand
ist diffeomorph zu M × {0} ∪ M × {1} und als Rand mit Orientierung gleich M − × {0} ∪ M × {1}.
Bild
Wir verwenden das letzte Lemma mit X = M × [0, 1] und erhalten
0 = deg(F |∂(M ×[0,1]) ; y) = deg(g; y) − deg(f, y).
Beispiel 2.7.
(i) f : S 1 → S 1 ⊆ C, z 7→ z k for k ∈ Z. Dann ist deg f = k.
(ii) Ist f : M → N ein Diffeomorphismus, dann ist jeder y ∈ N regulärer Wert. D.h. deg f = ±1, je nachdem
ob f orientierungserhaltend oder orientierungsumkehrend ist.
Lemma 2.8. deg(g ◦ f ) = deg g · deg f
Beweis. Übungsaufgabe 29
Beispiel 2.9. Die Reflektion ri : S n → S n , (x1 , . . . , xn+1 ) 7→ (x1 , . . . , −xi , . . . , xn+1 ). Grad von ri ist −1.
Dann hat die antipodale Abbildung x 7→ −x, als Hintereinanderausführung r1 ◦ . . . ◦ rn+1 , den Grad (−1)n+1 .
22
IV. Transversalität und Schnitttheorie
Vorl. 8
1. Transversalität
Bis jetzt: Ist y regulärer Wert von f : M m → N n , dann ist f −1 (y) Mannigfaltigkeit.
Sei nun Z z ⊆ N n Mannigfaltigkeit. Was können wir über f −1 (Z) aussagen?
Sei x ∈ f −1 (Z). Da Z eine Mannigfaltigkeit mit Z ⊆ N ist, gibt es eine offenen Umgebung U ⊆ Z von f (x) = y
und es eine Funktion g : V ⊆ N → R`:=n−z mit 0 als regulären Wert und g −1 (0) = U ist, siehe Übungsaufgabe
28. Dann ist f −1 (Z) in einer Umgebung von x gleich (g ◦ f )−1 (0). Ist 0 regulärer Wert von g ◦ f , ist f −1 (Z) in
einer Umgebung von x eine Mannigfaltigkeit. Wegen
dx (g ◦ f ) = dy g ◦ dx f
ist dx (g ◦ f ) : Tx M → R` genau dann surjektiv, falls dy g das Bild von dx f surjektiv auf R` abbildet. Wir haben
also eine bijektive Abbildung dy g : (Ty Z)⊥ ⊆ Ty N → R` und brauchen (Ty Z)⊥ ⊆ im(dx f ) ⊆ Ty N . Damit ist
g ◦ f genau dann eine Submersion in x ∈ f −1 (Z), wenn
im(dx f ) + Ty Z = Ty N
|{z}
(IV.1)
=ker dy g
gilt.
Z
f
M
f −1 (Z)
x
y
N
f (M )
Abb. IV.1.: f t Z
Definition 1.1. Die Abbildung f : M → N ist transversal zur Untermannigfaltigkeit Z ⊆ N , geschrieben
f t Z, wenn (IV.1) für jeden Punkt x ∈ f −1 (Z) gilt.
Wir haben gesehen:
Satz 1.2. Wenn die glatte Abbildung f : M → N transversal zur Untermannigfaltigkeit Z ⊆ N ist, dann ist
das Urbild f −1 (Z) eine Untermannigfaltigkeit von M . Außerdem ist die Kodimension von f −1 (Z) in M gleich
der Kodimension von Z in Y ist.
Beispiel 1.3. (a) Z = {y}. Dann ist f transversal zu Z, wenn dx f (Tx M ) = Ty N für alle x ∈ f −1 (y) ist, also
falls y regulärer Wert con f ist. Regularität ist somit ein Spezialfall von Transversalität.
(b) Ist f : M → N eine Submersion, dann ist im(dx f ) = Tf (x) N für alle x ∈ M . Eine Submersion ist also zu
jeder Untermannigfaltigkeit Z ⊆ N transversal.
23
IV. Transversalität und Schnitttheorie
(c) Seien M, Z Untermannigfaltigkeiten von N und f : M → N die Inklusionsabbildung. Wir nenen M und Z
transversal, kurz M t Z, wenn f t Z gilt: Ty M + Ty Z = Ty N . Also ist der Schnitt zweier transversaler
Untermannigfaltigkeiten von N ist wieder ein Untermannigfaltigkeit von N mit codim(M ∩ Z) = codimM +
codimZ.
(d) M = R1 und Z = {0} × R1 ⊆ N = R2 , f : M → N sei einmal so, dass das Bild die x-Achse ist und einmal
so, dass das Bild der Graph von y = x2 ist, s. Bild IV.2.
Abb. IV.2.: Der Schnitt der beiden Untermannigfaltigkeiten ist linkts transversal, rechts nicht.
(e) Ob sich M und Z transversal schneiden hängt auch vom umliegenden Raum N ab. Betrachtet man z.B. die
beiden Achsen in (b), dann schneiden die sich als Geraden im R2 transversal; jedoch nicht als Geraden im
R3 . Um sich transversal schneiden zu können, muss die Summe der Dimensionen von M und Z mindestens
der von N entsprechen oder M und Z dürfen gar keinen gemeinsamen Punkt haben.
Satz 1.4. Transversalität ist eine stabile Eigenschaft, d.h.: Sei F : M × [0, 1] → N glatt und Z ⊆ N eine
Untermannigfaltigkeit, M kompakt. Sei ft (x) := F (x, t). Ist f0 t Z, dann gibt es ein > 0, so dass ft t Z für
alle t ∈ (0, ) gilt.
Beweis. Sei x ∈ f (M ) ∩ Z. Wegen x ∈ Z z gibt es eine offene Umgebung U ⊆ N n und eine glatte Abbildung
g : U → R`:=n−z mit g −1 (0) = U ∩ Z. Wir zeigen, dass 0 regulärer Wert von g ◦ ft ist für alle t ∈ (0, x ) mit x
klein genug. Dann folgt ft t (U ∩ Z), vgl. IV.1. Wegen M kompakt, kann f (M ) ∩ Z durch endlich vieler U
überdeckt werden und für = min x gilt ft t Z.
Wegen f0 t Z ist 0 regulärer Wert von g ◦f0 . Demnach hat dx (g ◦f0 ) : Tx M ∼
= Rm → R` für alle x ∈ (g ◦f0 )−1 (0)
Rang `. Damit enthält die Koordinatendarstellung von dx (g ◦ f0 ) eine nichtsinguläre ` × `-Matrix. Da g ◦ ft
glatt in t ist und die Determinate eine stetige Funktion ist, muss auch diese ` × `-Matrix auch in dx (g ◦ ft ), für
alle t klein genug, nichtsingulär und damit 0 regulärer Wert von g ◦ ft sein.
Bemerkung 1.5. Andere stabile Eigenschaften im obigen Sinne sind: Lokale Diffeomorphismen, Immersion
(Übungsaufgabe 26), Submersionen, Einbettungen, Diffeomorphismen
Bemerkung 1.6. Die Voraussetzung, dass M kompakt ist, ist notwendig: N = R3 und M = R und Z =
{(x, ex , 0) ∈ R3 | x ∈ R}. Sei F : M × [0, 1] → N gegeben durch (x, t) 7→ (x, t, 0) und ft (x) = F (x.t) Dann ist
f0 t Z, da f0−1 (Z) = ∅. Aber alle ft−1 (Z) für t > 0 sind nichtleer und damit kann aus Dimensionsgründen
ft t Z gar nicht gelten.
Für Mannigfaltigkeiten mit Rand macht (IV.1) als Gleichung und damit die Definition von ’transversal’ auf
Sinn.
Satz 1.7. Sei f : M → N glatt, M mit Rand, N ohne Rand. Sei Z eine Untermannigfaltigkeit ohne Rand von
N . Sowohl f : M → N als auch ∂f : ∂M → N seien transversal zu Z. Dann ist f −1 (Z) eine Mannigfaltigkeit
mit Rand
∂(f −1 (Z)) = f −1 (Z) ∩ ∂X
und die Kodimension von f −1 (Z) in M ist gleich der Kodimension von Z in N .
◦
Beweis. f | ◦ ist auch transversal zu Z z und damit ist nach Satz 1.2 f −1 (Z) ∩ M eine Mannigfaltigkeit ohne
M
Rand mit der vorausgesagten Kodimension. Sei nun x ∈ f −1 (Z) ∩ ∂M . Sei g : U → R`=n−z glatt wobei U ⊆ N
eine offene Umgebung von f (x) und g −1 (0) = Z ∩ U ist. Dann ist g ◦ f in einer Umgebung U 0 ⊆ M von x
definiert und f −1 (Z) ∩ U 0 = (g ◦ f )−1 (0). Sei h : V ⊆ H k → M eine lokale Parametrisierung um x. Wir setzen
ϕ := g ◦ f ◦ h : V ⊆ H m → R` . Da ϕ glatt ist, gibt es eine glatte Erweiterung ϕ̃ : Ṽ ⊆ Rm → R` von ϕ mit
V = Ṽ ∩ H m .
24
1. Transversalität
Z
h
f
f −1 (Z)
R
π
U
M
0
x ∈ ∂M
N
g
f (x)
f (M )
R`
ϕ := g ◦ f ◦ h
ϕ̃
Abb. IV.3.: Bild zum Beweis von Satz 1.7
Da f t Z ist, gilt dx f (Tx M ) + Tf (x) Z = Tf (x) N . Also ist x regulärer Punkt von g ◦ f und damit 0 regulärer
Punkt von ϕ und auch von ϕ̃. Dann ist S := ϕ̃−1 (0) Mannigfaltigkeit ohne Rand. Um zu zeigen, dass f −1 (Z)∩U 0
Mannigfaltigkeit mit Rand ist, reicht es zu zeigen, dass ϕ−1 (0) = S ∩ H m eine Mannigfaltigkeit mit Rand ist
(da h Diffeomorphismus ist). Wir betrachten noch π : S ⊆ Rm → R, die Projektion auf die letzte Koordinate.
Nach Lemma 2.14 und π −1 ({x ≥ 0}) = S ∩ H m = ϕ−1 (0) reicht es zu zeigen, dass 0 regulärer Wert von π ist.
Nehmen wir an, dass 0 nicht regulärer Wert von π ist. Dann gibt es ein s ∈ S mit π(s) = 0 und ds π = 0. Also
ist s ∈ S ∩ ∂H m und Ts S ⊆ Ts (∂H m ) = Rm−1 . Da S = ϕ̃−1 (0) ist, gilt Ts S = ker(ds ϕ = ds ϕ̃ : Rm → R) und
dim ker ds ϕ = m − 1. Damit ist ker(ds ∂ϕ = ds ϕ|Rm−1 : Rm−1 → R) = ker ds ϕ. Da jedoch ∂f t Z ist, ist 0 auch
regulärer Punkt von ∂ϕ und damit dim ker ds ∂ϕ = m − 2. Das ist ein Widerspruch, also ist 0 regulärer Wert
von π.
Satz 1.8. (Satz von Sard) Für jede glatte Abbildung f : M → N , M mit Rand, N ohne Rand. Dann sind fast
alle y ∈ Y regulärer Wert sowohl für f als auch ∂f .
Beweis. Ist x ∈ ∂X regulär für ∂f , dann auch für f , da dx (∂f ) = dx f |Tx ∂M gilt. Damit kann y ∈ N nur dann
kein regulärer Wert für f und ∂f sein, wenn er kein regulärer Wert für f : ◦ M → N oder für ∂f ist. Da ◦M ,M ,
N Mannigfaltigkeiten ohne Rand ist, folgt die Behauptung mit dem Satz von Sard.
Bis jetzt: Transversalität ist stabil
Nächstes Ziel: Sei Z ⊆ N Untermannigfaltigkeit. Dann kann jede glatte Abbildung f : M → N durch beliebig
kleine Deformationen zu Z transversal werden.
Dazu arbeiten wir mit Familien von Abbildungen: fs : M → N sei eine Familie von glatten Abbildungen, wobei
der Parameter s die Punkte einer Mannigfaltigkeit S indiziert. Wie bei Homotopien wollen wir, dass fs glatt in
t ist, d.h.: Die Abbildung F : M × S → N , F (x, s) = fs (x) ist glatt.
Satz 1.9 (Transversalitätssatz). Sei F : M × S → N glatt, M Mannigfaltigkeit mit Rand, S und N Mannigfaltigkeit ohne Rand. Sei Z ⊆ N eine Untermannigfaltigkeit ohne Rand. Sind F und ∂F transversal zu Z, dann
sind für fast alle s ∈ S sowohl fs als auch ∂fs transversal zu Z.
Beweis. Da F t Z, ist W := F −1 (Z) ⊆ M × S Untermannigfaltigkeit mit Rand ∂W = W ∩ ∂(M × S) =
W ∩ (∂M × S). Sei π : M × S → S die natürliche Projektionabbildung. Wir zeigen
(a) Ist s ∈ S regulärer Wert von π|W , dann ist fs t Z.
(b) Ist s ∈ S regulärer Wert von ∂π|∂W , dann ist ∂fs t Z.
Nach Satz von Sard 1.8 folgt dann die Behauptung.
Zu (a): Sei fs (x) = z ∈ Z. Wegen F (x, s) = z und F t Z gilt dann d(x,s) F (T(x,s) (M × S)) + Tz Z = Tz N . D.h.
für alle a ∈ Tz N existiert ein b ∈ T(x,s) (M × S), so dass d(x,s) F (b) − a ∈ Tz Z ist. Wir suchen v ∈ Tx M mit
dx fs (v) − a ∈ Tz Z, denn dann hätten wir fs t Z. Es ist b = (w, e) mit w ∈ Tx M und e ∈ Ts S. Wir haben
d(x,s) π : Tx M × Ts S → Ts S, Projektion auf zweiten Faktor. Da s ∈ S regulärer Wert von π|W ist, existiert
(u, e) ∈ T(x,s) W mit d(x,s) π(u, e) = e. Wir setzen v := w − u ∈ Tx M . Wegen fs = F |M ×{s} haben wir
dx fs (v) − a = d(x,s) F ((w, e) − (u, e)) − a = d(x,s) F (b) − a −
|
{z
}
|
{z
}
=(v,0)
∈Tz Z
d(x,s) F (u, e)
|
{z
}
∈ Tz Z.
∈Tz Z da (u,e)∈Tx,s W
25
IV. Transversalität und Schnitttheorie
Zu (b): Analoges Argument wie (a) (nur ohne Rand).
0
0
0
Beispiel 1.10. Sei f : M → Rn eine glatte Abbildung. Wir betrachten F : M × B (0) ⊆ M × Rn → Rn
mit F (x, s) = f (x) + s. Da für x fest F einfach nur eine Translation auf S ist, ist F eine Submersion und
0
damit transversal zu jeder Untermannigfaltigkeit Z : Rn . Nach dem Transversalitätssatz ist fs (x) = f (x) + s
für fast alle s ∈ S transversal zu Z. Damit kann f mittel Addition einer beliebig kleinen Zahl s in eine zu Z
transversale Abbildung deformiert werden.
0
Ähnlich kann man auch für f : M → N verfahren: Sei N ⊆ Rn . Eben haben wir gesehen, wie man aus der
0
0
Abbildung f : M → N ⊆ Rn eine Familie von Abbildungen fs : M → Rn konstruiert. Wir müssen also ’nur
noch’ diese Abbildungen auf N ’projezieren’. Dafür brauchen wir folgenden Umgebungssatz:
0
Satz 1.11 (Umgebungssatz). Sei N ∈ Rn kompakt ohne Rand, sei > 0. Wir setzen N := {x ∈
0
Rn | dist(x, N ) < }. Ist klein genug, dann besitzt jeder w ∈ N einen eindeutigen nächsten Punkt in
N . Diesen Punkt bezeichnen wir mit π(w). Insbesondere ist die Abbildung π : N → N eine Submersion.
Wenn N nichtkompakt ist, kann man immer noch eine ähnliche Submersion π : N → N . Allerdings muss man
0
dann erlauben, dass eine Funktion auf N ist und N := {w ∈ Rn | |x − y| < (y) für ein y ∈ N }.
Der Beweis kommt später.
0
0
Folgerung 1.12. Sei f : M → N glatt und N ⊆ Rn ohne Rand. Dann gibt es einen offenen Ball S ∈ Rn
und eine glatte Abbildung F : M × S → N mit F (x, 0) = f (x), so dass für jedes x ∈ M die Abbildung S → N ,
s 7→ F (x, s), eine Submersion ist. Insbesondere sind sowohl F als auch ∂F Submersionen.
0
0
Beweis. Sei S der offene Einheisbball in Rn (N n ⊆ Rn ). Seien
F (x, s) = π(f (x) + (f (x))s).
Die Submersion π : N → ist auf N die Identität. Für festes x ∈ M ist die Abbildung s 7→ F (x, 0) =
f (x) + (f (x))s dann eine Submersion von S → N . Als Komposition von zwei Submersion ist auch s 7→ F (x, s)
eine Submersion. Damit sind auch F und ∂F Submersion, da schon jede ihrer Einschränkungen auf {x} × S
eine ist.
Satz 1.13. (Transversalität-Homotopie-Satz) Für jede glatte Abbildung f : M → N und Z ⊆ N Untermannigfaltigkeit ohne Rand gibt es eine glatte Abbildung g : M → N , die glatt homotop zu f ist, so dass g t Z und
∂g t Z gilt.
Beweis. Für die Familie von Abbildungen F des letzten Korollars folgt aus dem Transversalitätssatz 1.9, dass
fs t Z und ∂fs t Z für fast alle s ∈ S gilt. Da jedes fs mittels F homotop zu f ist, folgt die Behauptung.
Wir wollen nun den Beweis von Satz 1.11 vorbereiten:
Definition 1.14. Für y ∈ N sei der Normalenraum von N in y Ny N gleich dem orthogonalem Komplement
0
0
von Ty N in Rn und das Normalenbündel N N gleich {(y, v) ∈ N × Rn | v ∈ Ny N }. Sei σ : N N → N die
Projektion (y, v) 7→ y.
0
Lemma 1.15. Sei N n ⊆ Rn eine Untermannigfaltigkeit. Dann ist N N eine Mannigfaltigkeit der Dimension
n0 und die Projektion σ : N N → N ist eine Submersion.
0
Beweis. Sei (y, v) ∈ N N . Dann gibt es eine Umgebung U ⊆ Rn von y und eine glatte Funktion g : Ũ →
0
0
Rk:=n −n mit g −1 (0) = N ∩ Ũ = U . Dann ist N U = N N ∩ (U × Rn ) und offen in N N . Für alle y ∈ U
0
ist dy g : Rn → Rk surjektiv mit Kern Ty N . Also ist dy g|Ny N bijektiv. Die Abbildung ψ : U × Rk → N U ,
ψ(y, v) = (y, (dy g|NyN )−1 (v)) ist damit bijektiv. Da A(y) := (dy g|Ny N )−1 eine lineare Abbildung ist, ist
0
id
0
d(y,v) ψ =
nichtsingulär und damit ψ eine Einbettung von U × Rk in N × Rn . Also ist N U eine
∗ A(y)
Mannigfaltigkeit parametrisiert durch ψ der Dimension dim U + k = dim N + n0 − n = n0 . Weiterhin ist
σ ◦ ψ : U × Rk → U die Standardsubmersion. Also ist N N eine Mannigfaltigkeit und σ eine Submersion.
0
Beweis von Satz 1.11. Sei h : N N → Rm gegeben durch h(y, v) = y + v. Durch (y, 0) ∈ N N verlaufen die
Untermannigfaltigkeiten N × {0} und {y} × Ny N . Die Ableitung d(y,0) h bildet T(y,0) (N × {0}) surjektiv auf
0
Ty N und T(y,0) ({y} × Ny N ) surjektiv auf Ny N ab. Wegen Ty N + Ny N = Rn ist h regulär in (y, 0). Da h die
Untermannigfaltigkeit N × {0} diffeomorph auf N abbildet und regulär in (y, 0) für alle y ∈ N ist, bildet h eine
26
2. Schnitttheorie mod 2
0
Umgebung von N × {0} diffeomorph auf eine Umgebung von N in Rm ab, s. Übungsaufgabe 39 und 40. Jede
Umgebung von N enthält N für geeignetes (Für N nichtkompakt braucht man hier, dass eine Funktion
von N sein darf.). Also ist h−1 : N → N N definiert und π = σ ◦ h−1 : N → N die gesuchte Submersion.
Ab und zu wird eine stärkere Version vom Transversalitäts-Homotopie-Satz benötigen. Dazu jedoch erst eine
neue Definition:
Definition 1.16. Sei f : M → N glatt, Z ⊆ N eine Untermannigfaltigkeit und C ⊆ M eine Teilmenge. Die
Abbildung f ist transversal zu Z auin C, f t Z in C, wenn für alle x ∈ C ∩f −1 (Z) die Transversalitätsbedingung
dx f (Tx M ) + Tf (x) Z = Tf (x) N
erfüllt ist.
Satz 1.17. (Erweiterungssatz) Sei Z z eine abgeschlossene Untermannigfaltigkeit von N n , N ohne Rand. Sei
C ⊆ M m abgeschlossen. Sei f : M m → N n glatt mit f t Z in C und ∂f t Z in C ∩ ∂M . Dann gibt es eine
glatte Abbildung g : M → N glatt homotop zu f mit g t Z und ∂g t Z und auf einer offenen Umgebung von C
gilt g = f .
Beweis. Zuerst zeigen wir, dass f t Z in einer Umgebung von C gilt: Sei erst einmal x ∈ C aber x 6∈ f −1 (Z).
Wegen Z abgeschlossen, ist X \ f −1 (Z) eine Umgebung von x auf der f t f −1 (Z) gilt. Sei nun x ∈ C ∩ f −1 (Z),
dann gibt es eine Umgebung V ⊆ N von f (x) und eine Submersion g : V → Rk:=n−z , so dass f t Z in
x ∈ f −1 (Z ∩ V ) genau dann, wenn g ◦ f regulär in x0 ist. Da g ◦ f regulär in x ist, ist es aber auch regulär in
einer Umgebung von x. Also gilt f t Z auf einer Umgebung eines jeden Punktes x ∈ C und damit f t Z in
einer Umgebung U von C. Sei γ : M → [0, 1] eine glatte Funktion mit γ|M \U = 1 und γ = 0 auf einer Umgebung
von C. ∗ Wir setzen τ := γ 2 . Dann ist dx τ = 2γ(x)dx γ und dx τ = 0 wenn τ (x) = 0. Sei F : M × S → N die
Homotopie aus .... Wir setzen G : M → S → N , G(x, s) = F (x, τ (x)s). Wir zeigen, dass G t Z:
Sei (x, s) ∈ G−1 (Z) und τ (x) 6= 0. Dann ist S → N , r 7→ G(x, r) als Komposition der zwei Submersionen
r 7→ τ (x)r und r 7→ F (x, r) selbst eine Submersion. Also ist G regulär in (x, s) und damit G t Z in (x, s).
Sei (x, s) ∈ G−1 (Z) und τ (x) = 0. Dann ist
d(x,s) G(v, w) = d(x,τ (x)s) F (v, τ (x)w + dx τ (v)s) = d(x,0) F (v, 0).
Da F (x, 0) = f (x), folgt d(x,s) G(v, w) = dx f (v). Wegen τ (x) = 0 ist x ∈ U und f t Z in x. Da dx f und d(x,s) G
das gleiche Bild haben, gilt G t Z in (x, s).
Ein analoges Argument zeigt ∂G t Z. Nach dem Transversalitätssatz 1.9 gibt es ein s ∈ S mit fs t Z und
∂fs t Z. Weiterhin ist fs =: g homotop zu f , und falls x ∈ {τ = 0} gilt g(x) = G(x, s) = F (x, 0) = f (x).
Vorl. 9
Folgerung 1.18. Sei f : M → N glatt und die Abbildung ∂f : ∂M → N sei transversal zu einer Untermannigfaltigkeit Z von N . Dann gibt es eine Abbildung g : M → N glatt homotop zu f , so dass ∂g = ∂f und
g t Z.
Beweis. Folgt aus letztem Satz, da ∂M in M abgeschlossen ist.
2. Schnitttheorie mod 2
Wir beschränken uns in diesem Abschnitt auf Mannigfaltigkeiten ohne Rand.
Definition 2.1. Sei nun f : M → N glatt, M kompakt und Z ⊆ N Untermannigfaltigkeit. Sei dim M +dim Z =
dim N . Gilt f t Z, setze g := f . Sonst sei g eine zu f glatt homotope Abbildung mit g t Z (existiert immer
nach dem Transversalitäts-Homotopie-Satz). Die Schnittzahl von f mod 2 sei definiert als
I2 (f, Z) = #g −1 (Z) mod2.
Wohldefiniertheit folgt aus
∗ Strenggenommen
haben wir die Existenz einer solchen Funktion noch nicht bewiesen, aber es folgt ganz einfach mittels einer
Zerlegung der Eins wie in Übungsaufgabe 40.
27
IV. Transversalität und Schnitttheorie
Satz 2.2. Sind f0 , f1 : M → N glatt homotop und beide transversal zu Z, dann ist I2 (f2 , Z) = I2 (f1 , Z).
Beweis. Sei F : M × [0, 1] → N eine glatte Homotopie von f0 nad f1 . Mit Hilfe des Erweiterungssatzes
angewendet auf F und C = ∂(M × [0, 1]) können wir o.B.d.A. annehmen, dass F t Z gilt. Da ∂F = f0 t f1 , ist
auch ∂F t Z. Also ist F −1 (Z) eine kompakte eindimensionale Untermannigfaltigkeit mit Rand
∂F −1 (Z) = F −1 (Z) ∩ ∂(M × [0, 1]) = f0−1 (Z) × {0} ∪ f1−1 (Z) × {1}.
Da ∂F −1 (Z) eine gerade Anzahl von Elementen enthält, folgt #f0−1 (Z) = #f1−1 (Z) mod 2.
Bemerkung 2.3.
1. I2 (f, {y}) = deg2 f für alle y ∈ N
2. Sind M und Z Untermannigfaltigkeiten von Y mit dim M + dim Z = dim N (Man sagt auch kurz M
und Z sind von komplementärer Dimension.) Dann setzen wir I2 (M, Z) = I2 (ι, Z) wobei ι : M → N die
Inklusionsabbildung ist. Ist M t Z, dann ist I2 (M, Z) = #M ∩ Z mod 2. Ist I2 (M, Z) 6= 0, bedeutet das
insbesondere: Unabhängig wie M glatt homopiert wird in N , kann man es nie ganz von Z wegbewegen.
Ein Beispiel ist N = S 1 × S 1 , M = S 1 × {1} und Z = {1} × S 1 .
3. Sei M ⊆ N mit 2 dim M = dim N . Dann kann man fragen, was I2 (M, M ) ist, die Selbstschnittzahl
mod 2. Beispiel: Sei N das Möbiusband und M = S 1 der Nullschnitt. Dann kann man nie so zu einem
Z homotopieren, dass M ∩ Z leer ist. Falls M t Z gilt, gibt es immer eine ungerade Anzahl von
Schnittpunkten. Also ist hier I2 (M, M ) = 1.
Andere Eigenschaften wie für deg2 f übertragen sich ebenfalls:
Satz 2.4 (Randtheorem). Sei M der Rand einer kompakten Mannigfaltigkeit X und g : M → N glatt. Gibt es
eine glatte Erweiterung von f auf ganz X, dann ist I2 (g, Z) = 0 für alle geschlossenen Untermannigfaltigkeiten
Z in N mit dim Z + dim M = dim N .
Beweis. Sei G : X → N eine solche Erweiterung von f . Nach dem Transversalitäts-Homotopie-Satz gibt es eine
homotope Abbildung F : X → N mit F t Z und f := ∂F t Z. Dann sind auch f und g homotop und damit
I2 (g, Z) = I2 (f, Z) = #f −1 (Z) mod 2. Da F −1 (Z) eine kompakte eindimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand
ist, ist #f −1 (Z) gerade.
3. Orientierte Schnitttheorie
Wir beschränken uns auch in diesem Abschnitt auf Mannigfaltigkeiten ohne Rand. Analog unseres Vorgehens zum
Abbildungsgrad wollen wir auch hier die Schnittzahl von mod 2 auf die orientierte Schnittzahl verallgemeinern.
Dank unserer Vorarbeiten geht das wieder recht schnell.
Definition 3.1. Sei nun f : M → N glatt, M kompakt und Z ⊆ N Untermannigfaltigkeit. M, N und Z seien
orientiert. Sei dim M +dim Z = dim N . Sei g eine zu f glatt homotope Abbildung mit g t Z (existiert immer nach
dem Transversalitäts-Homotopie-Satz). Sei x ∈ g −1 (Z). Wegen der Transversalitäts- und Dimensionsbedingung
haben wir eine direkte Summe
dx g(Tx M ) ⊕ Tf (x) Z = Tf (x) N.
Also ist dx g ein Isomorphismus auf sein Bild und die Orientierung von M induziert eine Orientierung auf
dx g(Tx M ). Bilden die Orientierung auf dx g(Tx M ) und Tf (x) Z die auf N gegebene, dann sei die Orientierungszahl
in x gleich +1, sonst −1.
Die Schnittzahl von f I(f, Z) ist dann definiert die Summe der Orientierungszahlen in x für x ∈ g −1 (Z).
Bemerkung 3.2. Übungsaufgabe 41
(i) I(f, Z) ist wohldefiniert, d.h. unabhängig von der Wahl von g.
(ii) Ist Z ein Punkt, dann ist I(f, Z) = deg f .
Beispiel 3.3. M = Z = S 1 , N = R2 . Die Pfeile in Abbildung 3.3 zeigen jeweils die positive Orientierung der
Kreise an.
28
4. Lefschetz Fixed-Point Theory
f
w2
x2
v2
w1
v1
x1
M
Z
N
Abb. IV.4.: N = R2 sei mittels seiner Standardbasis positiv orientiert, wi = dxi f (vi ). Der Vergleich der Basen
im rechten Bild mit der Standardbasis ergibt für die Orientierungszahl von f in x1 gleich −1 und
der in x2 gleich +1.
4. Lefschetz Fixed-Point Theory
Sei f : M → M eine glatte Abbildung einer kompakten orientierten Mannigfaltigkeit auf sich selbst. Die
Menge der Fixpunkte ist gleich der Menge ∆ ∩ graph(f ), wobei ∆ die Diagonale in M × M und graph(f ) :=
{(x, f (x)) | x ∈ M } ist.
Definition 4.1. Die globale Lefschetzzahl L(f ) ist definiert als I(∆, graph(f )).
Satz 4.2 (Glatter Lefschetz Fixpunktsatz). Ist L(f ) 6= 0, dann hat f einen Fixpunkt.
Beweis. klar
Bemerkung 4.3.
(i) L(f ) ist homotopie invariant.
(ii) L(id) = I(∆, ∆) =: χ(M ). Insbesondere heißt das: Falls es eine glatte fixpunktfreie Abbildung f : M → M
gibt, die homotop zur Identität ist, dann ist χ(M ) = 0.
Definition 4.4. Sei f : M → M glatt. Ist graph(f ) t ∆, dann heißt f Lefschetzabbildung.
Bemerkung 4.5. Lefschetzabbildungen haben nur endlich viele Fixpunkte. Die Umkehrung ist falsch, aber
wegen der Transversalitätsbedingung sind die meisten Abbildungen Lefschetz.
Lemma 4.6. Jede glatte Abbildung f : M → M ist glatt homotop zu einer Lefschetzabbildung.
Beweis. Nach Folgerung 1.12 gibt es eine glatte Abbildung F : M × S → M , wobei S ein offener Ball
0
in Rm ist, so dass F (x, 0) = f (x) gilt und s 7→ F (x, s) für jedes x ∈ M eine Submersion S → M ist.
Dann ist auch die Abbildung G : M × S → M × M , (x, s) 7→ (x, F (x, s)) eine Submersion und damit ist
G t ∆. Wegen des Transversalitätssatzes ist für fast alle s ∈ S die Abbildung M → M × M , definiert durch
x 7→ G(x, s) = (x, F (x, s)) transversal zu ∆. Damit ist x 7→ F (x, s) Lefschetz.
Bemerkung 4.7. Anschauung: Sei x eine Fixpunkt von f : M m → M m . Der Tangentialraum von graph(f ) in
x ist der Graph der Abbildung dx f : Tx M → Tx M . Der Tangentialraum der Diagonale ∆ ⊆ M × M ist die
Diagonale ∆x ⊆ Tx M × Tx M . Also gilt graph(f ) t ∆ in (x, x) genau dann, wenn
graph(dx f ) + ∆x = Tx M × Tx M
{z
}
|{z}
|
|
{z
}
dim=m
dim=m
dim=2m
gilt. Wegen der Dimensionen ist das genau dann der Fall, wenn graph(dx f ) ∩ ∆x = {0} ist, also genau dann,
wenn dx f keinen nichtverschwindenen Fixpunkt hat. (Anders gesagt: Es ist graph(f ) t ∆ in (x, x) genau dann,
wenn 1 kein Eigenwert von dx f ist/ dx f − id ein Isomorphismus von Tx M ist.) Die Bedingung an dx f ist die
infinitesimale Variante der Forderung, dass x ein isolierter Fixpunkt ist. (ÜA 45?)
Definition 4.8. Sei f : M → M glatt. Ein Fixpunkt x von f heißt Lefschetzfixpunkt von f falls 1 kein Eigenwert
von dx f ist. Ist x ein Lefschetzfixpunkt, dann nennen wir die Orientierungszahl von (x, x) in ∆ ∩ graph(f ) die
lokale Lefschetzzahl von f in x, Lx (f ).
29
IV. Transversalität und Schnitttheorie
Es gilt L(f ) =
P
x=f (x)
Lx (f ).
Lemma 4.9. Die lokale Lefschetzzahl Lx (f ) eines Lefschetzfixpunktes ist +1/−1, falls der Isomorphismus
dx f − id die Orientierung erhält/ändert. Es gilt Lx (f ) = sign det(dx f − id).
Beweis. Nachrechnen mittels Wahl von positiv geordneten Basen.
Beispiel 4.10. f : R2 → R2 , f (x) = Ax + (x) mit (x) → 0 schnell genug für x → 0, so dass d0 f = A gilt. A
habe zwei verschiedene reelle Eigenwerte α1 und α2 . Dann ist L0 (f ) = sign(α1 − 1)(α2 − 1).
1. α1 , α2 > 1: L0 (f ) = +1 und 0 ist eine Quelle
2. α1 , α2 < 1: L0 (f ) = +1 und 0 ist eine Senke
3. α1 < 1 < α2 : L0 (f ) = +1 und 0 ist ein Saddelpunkt
Beispiel 4.11. Sei f : S 2 → S 2 , x 7→ π(x + (0, 0, −1/2)), wobei π : R3 \ {0} → S 2 , x 7→ x/|x|. Dann ist f
eine Lefschetzabbildung mit einer Quelle am Nordpol und einer Senke am Südpol: LN (f ) = Ls (f ) = +1 und
L(f ) = 2. Da f glatt homotop zur Identität ist: ft (x) = π(x + (0, 0, −t/2)), ist χ(S 2 ) = L(f ) = 2. Daraus folgt:
Jede Selbstabbildung der S 2 , die glatt homotop zur Identität ist, besitzt einen Fixpunkt. Insbesondere sieht
man hier noch einmal, dass die antipodale Abbildung x 7→ −x nicht glatt homotop zur Identität ist.
Hat man einen isolierten Fixpunkt p einer Abbildung, der nicht zwingender Weise ein Lefschetzfixpunkt ist,
dann werden wir sehen, dass man sich diesen als Überlagerung von endlich vielen Lefschetzfixpunkten vorstellen
kann. Wir werden sehen, dass man p immer noch auf wohldefinierte Art und Weise ein lokale Lefschetzzahl
zuordnen kann.
Satz 4.12 (Trennungssatz). Sei f : M → M glatt. Sei U eine offene Umgebung eines Fixpunktes x, die keine
weiteren Fixpunkte enthält. Dann gibt es eine glatte Homotopie ft von f = f0 , so dass alle Fixpunkte von f1 in
U Lefschetzfixpunkte sind und für jedes t ft = f außerhalb einer kompakten Teilmenge von U ist.
Beweis. Der Beweis ist ähnlich zum Beweis von Übungsaufgabe 20. Sei zunächst U eine offene Menge in Rk
und f : U → Rk habe nur die 0 als Fixpunkt. Sei ρ : Rk → [0, 1] eine glatte Funktion, die gleich eins in einer
Umgebung V des Ursprungs und 0 außerhalb eines Kompaktums K ⊆ U ist. Wir zeigen, dass es a ∈ Rk
mit beliebig kleinem |a| gibt, so dass ft (x) = f (x) + tρ(x)a. Ist |a| klein genug hat ft keine Fixpunkte im
Kompaktum K \ V : |f (x) − x| > c > 0. Ist |a| < c/2, dann gilt auf K \ V
|ft (x) − x| ≥ |f (x) − x| − tρ(x)|a| > c/2.
Außerhalb von K gilt ft (x) = f (x) 6= x. Nach Satz von Sard gibt es ein solches a ∈ Rk mit |a| < c/2, so dass
a regulärer Wert von x → f (x) − x ist. Ist x ein Fixpunkt von f1 , dann ist x ∈ V und f1 = f + a nahe x.
Also ist dx f1 = dx f und f (x) − x = a. Die Regularität von a für die Abbildung x 7→ f (x) − x impliziert, dass
dx (f − id) = dx f − id nichtsingulär ist. Also ist x ein Lefschetzfixpunkt. Das beweist die Behauptung im Rk .
Der allgemeine Satz erfolgt durch Wahl einer Karte.
Vorl. 10
Die Fixpunkte von f sind die Nullstellen von x 7→ f (x) − x. Sei x isolierter Fixpunkt von f in Rk . Sei B
ein kleiner abgeschlossener Ball mit Mittelpunkt x, der keine weiteren Fixpunkte enthält. Wir betrachen die
Abbildung
f (z) − z
F : ∂B → S k−1 , z 7→
.
|f (z) − z|
Der Grad dieser Abbildung ist unabhängig vom gewählten B. Denn ist B 0 ein kleinerer Ball, dann ist F auf
dem gesamten Kragen B \ B 0 definiert. Der Kragen ist eine kompakte Mannigfaltigkeit mit Rand ∂B t (∂B 0 )− .
Also stimmen deg F für ∂B und ∂B 0 überein.
Satz 4.13. Sei f : Rk → Rk . Sei x ein Lefschetzfixpunkt von f , dann ist Lx (f ) = deg F .
Beweis. O.B.d.A. x = 0, f (z) = Az + (z), A = d0 f . Da x Lefschetzfixpunkt ist, ist A − id ein Isomorphismus
und das Bild des Einheitsballes unter dieser Abbildung enthält damit einen abgeschlossenen Ball mit Radius
c > 0. Wegen Linearität gilt |(A − id)z| > c|z| für alle z ∈ Rk . Wir wählen einen abgeschlossen Ball B um 0
klein genug, dass |(z)/z| < c/2 für z ∈ B. Wir setzen ft (z) = Az + t(z). Wegen
|ft (z) − z| ≥ |(A − id)z| − t|(z)| > c/2|z|
30
5. Vektorfelder
für 0 ≤ t ≤ 1, definiert die Abbildung Ft (z) = |fftt (z)−z
eine glatte Homotopie ∂B × I → S k−1 . Wegen deg F =
(z)−z|
(A−id)z
deg F0 bleibt zu zeigen, dass deg F0 : z 7→ |(A−id)z|
= L0 (f ) = ±1 gilt: Für jeden lineare Isomorphismus E
von Rk , der die Orientierung erhält, gibt es eine glatt Homotopie Et mit E0 = E, E1 = id und Et ist linearer
Isomorphismus. Falls E die Orientierung ändert, gilt die analoge Ausage mit E1 : (x1 , . . . , xk ) 7→ (−x1 , . . . , xk ).
E1 z
1z
Wir wenden, dass auf E = A − id an und erhalten eine Homotopie von F0 nach z 7→ |E
= E|z|
. Für E1 die
1 z|
Identität erhalten wir als Index von F0 +1 und im Falle der Reflektion −1.
Definition 4.14. Für jeden Fixpunkt, nicht notwendigerweise Lefschetzfixpunkt, wird die lokale Lefschetzzahl
von f in x, Lx f , als deg F definiert.
Satz 4.15. Die glatte Abbildung f : Rk → Rk habe einen isolierten Fixpunkt in x. Sei B ein abgeschlossener Ball
um x, der keinen weiteren Fixpunkt von f enthält. Sei f1 eine glatte Abbildung, die außerhalb eines Kompaktums
◦
P
in B gleich f ist und in B nur Fixpunkte besitzt, die Lefschetz sind. Dann ist Lx f = f1 (z)=z∈B Lz (f1 ).
Beweis. Wir haben Lx (f ) = deg F mit F : ∂B → S k−1 , z 7→ |ff (z)−z
(z)−z| . Wegen f = f1 on ∂B ist Lx (f ) = deg F1 .
Seien z1 , . . . , zN die Fixpunkte von f1 . Seien Bi kleine Bälle um zi , die paarweise disjunkt und auch jeweils
disjunkt von ∂B sind. Dann erweitert F1 : ∂B → S k−1 , z 7→
P
P
deg F1 |∂B = i deg F1 |∂Bi = i Lzi (f1 ).
f1 (z)−z
|f1 (z)−z|
◦
auf B 0 = B − tN
i=1 Bi . Damit ist
Mittels Karten kann obiges von Abbildungen f : Rk → Rk auf Selbstabbildungen von k-dimensionalen Mannigfaltigkeiten erweitert werden und Satz 4.15.
5. Vektorfelder
Ziel dieses Abschnittes ist es, mittels Vektorfelder Aussagen über die Eulercharakteristik einer Mannigfaltigkeit
zu machen. Dazu schauen wir uns Vektorfelder lokal an um die Nullstellen an. Dabei können verschiedene
Bilder auftreten: z.B.:
Wir schauen uns zuerst Nullstellen von Vektorfeldern im Rm an:
Sei U ⊆ Rm offen und ν : U → Rm ein glattes Vektorfeld mit isolierter Nullstelle in z ∈ U . Die Funktion
ν(x)
ν̄(x) = kν(x)k
bildet eine kleine Sphäre um den Punkt z in die Einheitssphäre ab. Dabei sei jede dieser Sphären
so orientiert wie der Rand der entsprechendes Balles.
Definition 5.1. Der Grad dieser Abbildung heißt Index ι von ν in der Nullstelle z.
Beispiel 5.2. Für m = 2 ist der Index die Windungszahl.
Definition 5.3. Sei ν ein glattes Vektorfeld auf M und ν 0 eines auf N . Wir sagen, dass die beiden Vektorfelder
unter f korrespondieren, falls dx f (ν(x)) ⊆ ν 0 (f (x)) für jedes x ∈ M gilt. Ist f ein Diffeomorphismus, dann ist
ν 0 durch ν eindeutig bestimmt: ν 0 = f∗ ν, d.h. ν 0 (x) = df −1 (x) f (ν(x)).
Lemma 5.4. Sei ν ein glattes Vektorfeld auf U , sei f : U → U 0 ein Diffeomorphismus. Sei z eine isolierte
Nullstelle von ν. Dann ist der Index von ν in z gleich dem Index von ν 0 := f∗ ν in f (z).
Bemerkung 5.5. Mit Lemma 5.4 ist der Index für Nullstellen von Vektorfeldern auf M wohldefiniert, in dem
man den Index in einer Karte berechnet:
0
0
Ein glattes Vektorfeld einer Mannigfaltigkeit M m ⊆ Rm ist eine glatte Abbildung X : M → Rm mit X(p) ∈
Tp M für alle p ∈ M .
Lemma 5.6. Jeder orientierungserhaltene Diffeomorphismus f von Rm is glatt isotop zur Identität.
31
IV. Transversalität und Schnitttheorie
Beweis. O.B.d.A. sei f (0) = 0. Da d0 f (x) = limt→0
F : Rm × [0, 1] → Rm ,
f (tx)
t
ist, ist die Abbildung
−1
t f (tx) 0 < t ≤ 1
F (x, t) =
d0 f (x)
t=0
offensichtlich stetig
Pund für t ∈ (0, 1] glatt. Wir zeigen,
P dass F sogar für t = 0 glatt ist: Es gibt glatte Funktionen
gi (x) mit f (x) = i xi gi (x). Damit ist F (x, t) = i xi gi (tx) glatt. Also ist F eine glatte Isotopie und damit f
glatt isotop zu d0 f . Da f ein orientierungserhaltender Diffeomorphismus ist, ist d0 f ein orientierungserhaltender
Isomorphismus und damit wie schon im Beweis von Satz 4.13 verwendet glatt isotop zur Identität.
Vorl. 11
Beweis von Lemma 5.4. O.B.d.A. sei z = f (z) = 0 und U sei konvex. Falls f die Orientierung erhält, dann
geht der Beweis wie der vom letzten Lemma: Sei ft : U → Rm eine glatte Familie von Einbettungen mit f0 = id,
f1 = f und ft (0) = 0. Wir definieren mit νt = dft ◦ ν ◦ ft−1 ein zu ν korrespondierendes Vektorfeld auf ft (U ).
νt haben keine Nullstelle auf einer genügend kleinen Sphäre um die Null. Also ist der Index von ν = ν0 in 0
gleich dem von ν 0 = ν1 in 0. Das beweist das Lemma im Falle eines orientierungserhaltenden Diffeomorphismus.
Für den Fall, dass f ein orientierungsumkehrender Diffeomorphismus ist, reicht es den Fall zu betrachten, wenn
f eine Reflektion ist. Der Rest folgt dann durch Hintereinanderausführung. Dann ist ν 0 = f ◦ ν ◦ f −1 und der
Index beider Vektorfelder ist offensichtlich gleich.
Satz 5.7 (Poincare-Hopf-Theorem). Sie M eine kompakte orientierte Mannigfaltigkeit ohne Rand. Sei X ein
glattes Vektorfeld auf M mit endlich vielen Nullstellen. Dann gilt
X
χ(M ) =
indp X.
p∈M,X(p)=0
Beweisidee: Gegeben X. Wir werden zeigen, dass es eine Familie global definierter Abbildungen ft gibt, die zur
d
Zeit t = 0 tangential zu X sind (also X(p) = dt
|t=0 ft (p)), f0 = id und für jedes t > 0 sind die Fixpunkte von
ft genau die Nullstellen von X. Zusammen mit dem Lemma
Lemma 5.8. Haben die Abbildungen ft , t =
6 0, keinen Fixpunkt in U außer den Ursprung und verschwindet
auch X nur in der 0, dann gilt
ind0 X = L0 (ft )
P
P
folgt dann: χ(M ) = L(id) = L(ft ) = ft (p)=p Lp (ft ) = X(p)=0 indp X die Behauptung,
Beweis von Lemma 5.8. Nach Übungsaufgabe 44 gilt
deg
ft (p) − p
= deg
|ft (p) − p|
X
: S → S m−1
|X|
wobei S eine Sphäre um 0 mit Radius . Die linke Seite ist gleich L0 (ft ) die rechte gleich ind0 X.
0
Beweis der Existenz von ft mit obigen Eigenschaften. Sei M eine -Umgebung von M in Rm , vgl. Satz ??,
und sei π : M → M die normale Projektion. Da M kompakt ist, liegen die Punkte p + tX(p) alle in M so
lange t klein genug und p ∈ M ist. Damit ist ft (p) = π(p + tX(p)) wohldefiniert für t klein genug. Für p fix
d
gilt dt
|t=0 ft (x) = dp π(X(p)). Da jedoch π auf M die Identität ist, ist dp π die Identität auf Tp M . Also ist
d
dt |t=0 ft (x) = X(p).
Weiterhin sind die Nullstellen von X Fixpunkte von ft . Ist andererseits p ein Fixpunkt von ft , so gilt
p = π(p + tX(p)), also tX(p) ⊥ Tp M . Wegen X(p) ∈ Tp M muss t = 0 sein.
Bemerkung 5.9. Skizze eines Beweises von Poincare-Hopf ohne Nutzung von Lefschetz: (Benutzt Schnitttheorie.
Vorteil des obigen Beweises ist dagegen, dass man für Lefschetz eigentlich auch nur durch den Abbildungsgrad
definieren könnte.)
M0 = {(p, 0) ∈ T M | p ∈ M } sei der Nullschnitt in T M . Der graph(X) ist eine Einbettung von M in T M . Die
Nullstellen von X entsprechen den Punkten M0 ∩ graph(X). Zu zeigen ist:
X
indp X = I(M0 , graph(X)) = I(∆, graph(ft )) = I(∆, ∆) = χ(M)
X(p)=0
Bemerkung 5.10. Vektorfelder auf Sphären - Satz vom Igel.
32
Literaturverzeichnis
[1] Guillemin, V., and Pollack, A. Differential topology. Prentice-Hall, Inc., Englewood Cliffs, N.J., 1974.
[2] Milnor, J. W. Topology from the differentiable viewpoint. Based on notes by David W. Weaver. The
University Press of Virginia, Charlottesville, Va., 1965.
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