Physik und Elektrotechnik 2

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II, 1–104 (2015)
c 2015
Physik und Elektrotechnik 2
Dr. Jürgen Bolik
Technische Hochschule Nürnberg
R
L
R
L
Z
Y
Y
Z
TH Nürnberg
2
Inhaltsverzeichnis
1
2
3
Wechselströme
1.1 Wechselstromwiderstände . . . . . . . . .
1.2 Drehstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.3 Einfache passive Netzwerke . . . . . . . .
1.4 Schwingkreise . . . . . . . . . . . . . . . .
1.4.1 Der RLC-Serienschwingkreis . . .
1.4.2 Parallelschwingkreise . . . . . . .
1.5 Synchrongleichrichter als Messgleichrichter
1.6 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . .
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Wärme, Wärmekraftmaschinen und Stromerzeugung
2.1 Die Temperatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2 Wärme und Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.1 Arbeit und innere Energie . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Die Wärmekapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.3 Die Zustandsgleichung und Zustandsänderungen idealer Gase
2.4 Wärmekraftmaschinen und Kraftwärmemaschinen . . . . . .
2.4.1 Arbeitsdiagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4.2 Der Wirkungsgrad von Carnot-Wärmekraftmaschinen
2.5 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Elektromagnetische Wellen
3.1 Das Spektrum elektromagnetischer Wellen . . . . . . . . .
3.2 Die Maxwell-Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.3 Elektromagnetische Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.4 Energiedichte und Energiestrom . . . . . . . . . . . . . .
3.5 Der lineare Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.6 Interferenz harmonischer Wellen gleicher Frequenz . . . .
3.7 Stehende Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8 Wellenausbreitung nach Huygens und Fresnel . . . . . . .
3.8.1 Elementarwellen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.8.2 Beugung und Interferenz an Beugungsgittern . . .
3.9 Optischer Doppler-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.10 Wechselwirkung elektromagnetischer Wellen mit Materie .
3.10.1 Die Quantenzahlen von Elektronen der Atomhülle
3.10.2 Das Photon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3.10.3 Das Plancksche Strahlungsgesetz . . . . . . . . .
3.11 Übungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3
3
15
17
20
20
28
29
35
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41
41
44
44
46
53
65
66
70
72
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74
74
75
75
78
78
83
87
89
89
89
91
95
95
96
97
100
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1
3
Wechselströme
1.1
Wechselstromwiderstände
Gehen wir davon aus, dass eine Spannung
U (t) = U0 sin(ωt)
an einem Ohmschen Widerstand anliegt, so beträgt die Stromstärke
I(t) =
U0
U (t)
=
sin(ωt)
R
R
und die Leistung
U02
P (t) = U (t)I(t) =
sin2 (ωt) .
R
Der zeitliche Mittelwert P der Leistung beträgt
1
P =
T
ZT
P (t) dt =
1 U02
,
2 R
0
da
Z
Z
2
sin x dx = − cos x sin x +
cos2 x dx ,
daher
Z
2
sin2 x dx = − cos x sin x + x + C
und folglich
ZT
1
sin (ωt) dt =
ω
2
0
Z2π
sin2 x dx =
1 1 2π
T 1
· x =
· · 2π .
ω 2 0
2π 2
0
Würde diese Leistung mittels Gleichspannung erreicht, so müsste die Spannung
U0
Uef f = √
2
anliegen. In Hinblick auf die anliegende Wechselspannung
U (t) = U0 sin(ωt)
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4
und die Stromstärke
I(t) = I0 sin(ωt)
wird
U0
Uef f = √
2
als Effektivwert der Spannung und
I0
Ief f = √
2
als Effektivwert der Stromstärke bezeichnet.
Effektivwerte für Strom und Spannung lassen sich auch für allgemeinere Wechselspannungen
und allgemeinere Widerstände Z ∈ C definieren.
Wird der elektrische Widerstand nur durch einen Ohmschen Verbraucher verursacht, so sind
Stromstärke I und die Leistung P reell.
In diesem Falle ist P eine reine Wirkleistung.
I
U
I=
P
R
U
R
U
Abbildung 1.1 Stromstärke I, Spannung U und Leistung P für einen
Ohmschen Widerstand
TH Nürnberg
5
t
Abbildung 1.2 Zeitlicher Verlauf der Stromstärke I(t),
Spannung U (t) und Leistung P (t) für einen Ohmschen
Widerstand
Ersetzen wir den Ohmschen Widerstand durch eine Spule, so stellt sich der Strom durch die
Spule so ein, dass
L
dI(t)
= U (t)
dt
gilt. Da wir I(t) als Zeiger in der komplexen Ebene auffassen, schreiben wir
I(t) = I0 ei(ωt+ϕ0 ) mit I0 ∈ R .
Für die Ableitung von I(t) gilt daher
dI(t)
= iωI(t) .
dt
Wir erhalten
I(t) =
U (t)
.
iωL
Bei einer Spule ist P eine reine induktive Blindleistung.
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6
I
U
U
L
P
I=
U
iωL
Abbildung 1.3 Stromstärke I, Spannung U und Leistung P für eine
Spule
t
Abbildung 1.4 Zeitlicher Verlauf der Stromstärke I(t),
Spannung U (t) und Leistung P (t) für eine Spule
Für einen Kondensator gilt
Q(t)
C
U (t) =
und somit
I(t) =
dQ(t)
dU (t)
=C
= iωCU (t) .
dt
dt
Bei einem Kondensator ist P eine reine kapazitive Blindleistung.
Mit Z ∈ C bezeichnen wir den elektrischen Widerstand, gegeben durch
Z :=
U
I
und mit Y ∈ C den Leitwert, gegeben durch den Kehrwert von Z.
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7
I =i ω CU
P
I
U
C
U
Abbildung 1.5 Stromstärke I, Spannung U und Leistung P für einen
Kondensator
t
Abbildung 1.6 Zeitlicher Verlauf der Stromstärke I(t), Spannung U (t)
und Leistung P (t) für einen Kondensator
Zusammengefasst gilt
• für den Ohmschen Widerstand
Z = R,
• für die Spule
Z = iωL
• und für den Kondensator
Z=
1
.
iωC
Durch Linearkombination dieser Widerstandswerte entstehen allgemeinere komplexe Widerstandswerte. Als komplexe Zahlen lassen sie sich folgendermaßen darstellen:
Z = Re(Z) + i Im(Z) .
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8
Die Zahl Z ∈ C wird auch als Impedanz bezeichnet.
Der Anteil Re(Z) gibt die Komponente der Spannung an, die mit dem Strom phasengleich ist.
Dieser heißt Wirkwiderstand.
Der Anteil Im(Z) heißt Blindwiderstand.
Bezeichnen Ief f und Uef f die Effektivwerte der Stromstärke bzw. Spannung und ϕ die Phasenverschiebung zwischen Stromstärke und Spannung, so beträgt die (zeitlich gemittelte) Wirkleistung
Pw = Uef f Ief f cos ϕ
und die (zeitlich gemittelte) Blindleistung
Pb = Uef f Ief f sin ϕ .
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9
Sind ein Ohmscher Widerstand und eine Spule in Reihe geschaltet, so addieren sich deren Widerstände. Die Amplitude der Gesamtspannung beträgt
p
U0 = I0 R2 + (ωL)2 .
Der Strom weist gegenüber der Spannung eine Phasenverschiebung ϕ mit
tan ϕ = −
ωL
R
auf.
U L=i ω L I
I
U
U
R
L
I
U R=R I
Abbildung 1.7 Zeigerdiagramm für eine Reihenschaltung eines Ohmschen Widerstandes und einer Spule
Hierbei konnten wir von folgenden Eigenschaften Gebrauch machen:
Es gilt
U = UR + UL = ZR I + ZL I = I(R + iωL) = IZ ,
mit
Z = ZR + ZL .
Weiterhin gilt
|U | = |I||Z| ,
I=
U
U
U
· (R − iωL)
=
· Z̄ =
Z
|Z|2
Z · Z̄
und
I = |I|(cos ϕ + i sin ϕ) .
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10
Sind ein Ohmscher Widerstand und ein Kondensator parallel geschaltet, so addieren sich deren
Leitwerte. Die Amplitude des Gesamtstroms beträgt
r
1
I0 = U0
+ (ωC)2 .
R2
Der Strom weist gegenüber der Spannung eine Phasenverschiebung ϕ mit
tan ϕ = ωCR
auf.
I
IC
I
U
C
R
IR
U
Abbildung 1.8 Zeigerdiagramm für eine Parallelschaltung eines Ohmschen Widerstandes und eines Kondensators
Die Amplitude des Gesamtstroms und die Phasenverschiebung lassen sich folgendermaßen herleiten:
Mit
I = IC + IR =
U
U
1
1
1
+
= U(
+
) = U (iωC + )
ZC ZR
ZC ZR
R
erhalten wir
|I| = |U ||iωC +
1
|.
R
Außerdem gilt
Z = (iωC +
1 −1
1
) =
· (iωC − R−1 ) ,
−1
−1
R
((iωC + R )(iωC − R )
folglich
Z̄ ∼ −iωC − R−1
und daher
tan ϕ =
sin ϕ
ωC
= −1 = ωCR .
cos ϕ
R
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11
Um den Einfluss eines Schaltelements auf die Schaltung zu untersuchen, bietet sich die graphische Methode der Ortskurven an.
Hat eine Schaltung den komplexen Widerstand
Z = Z0 eiδ ,
so erhalten wir deren Leitwert
Y = Y0 e−iδ
durch Inversion von |Z| und anschließende Spiegelung an der reellen Achse.
0A0
0T
Da die Dreiecke 0T A0 und 0AT ähnlich sind, gilt
=
.
0T
0A
1
Mit 0T = 1, folgt hieraus, dass 0A0 =
.
0A
imaginäre Achse
T
A
A'
0
A' '
reelle Achse
Abbildung 1.9 Inversion einer komplexen Zahl
TH Nürnberg
12
Hier betrachten wir einige Ortskurven zu einfachen Reihen- und Parallelschaltungen:
R
L
R
L
Z
Y
Z
Y
Abbildung 1.10 Ortskurven für die Serien- und Parallelschaltung eines Ohmschen Widerstandes und einer Spule
R
C
R
C
Z
Y
Y
Z
Abbildung 1.11 Ortskurven für die Serien- und Parallelschaltung eines Ohmschen Widerstandes und eines Kondensators
TH Nürnberg
13
Ausgehend von der abgebildeten Schaltung analysieren wir, ob es möglich ist L1 , L2 und C so
zu dimensionieren, dass Strom und Spannung, unabhängig vom Wert R, immer in Phase sind,
und somit der Blindstrom verschwindet.
L2
L1
C
R
Abbildung 1.12 Schaltung zu einer Blindstromkompensation
L1
L1
R
Z
Y
C
R
Y
Z
Abbildung 1.13 Graphische Analyse einer Blindstromkompensation, Teil 1
TH Nürnberg
14
Wie in der Abbildung dargestellt, wird
• die Z-Ortskurve des ersten Schaltungsabschnitts (Halbgerade im Z-Diagramm) auf einen
Halbkreis im Y -Diagramm transformiert,
• dieser Halbkreis, durch Hinzufügen des Kondensators, um iωC verschoben und
• der Halbkreis im Y -Diagramm rücktransformiert auf eine Halbgerade im Z-Diagramm.
L2
L1
C
R
Z
Abbildung 1.14 Graphische Analyse einer Blindstromkompensation, Teil 2
Durch Hinzufügen von L2 wird die Halbgerade schließlich um iωL2 im Z-Diagramm verschoben.
Gilt außerdem
ωL1 = ωL2 =
1
,
ωC
so ist Z ∈ R. Das bedeutet, dass I und U in Phase sind.
TH Nürnberg
1.2
15
Drehstrom
Unter einem Dreiphasen- oder Drehstromsystem verstehen wir einen Generator, der mit drei
versetzen Spulen Wechselspannungen, die sich nur durch ihren zeitlichen Abstand T3
um 2π
3
unterscheiden, erzeugt.
U
U0
0
T
2
T
3
T
2
2T
t
−U 0
Abbildung 1.15 Zeitlich versetzte Wechselspannungen
Eine Sternschaltung weist drei Außenleiter R, S, T , einen Mittelpunkts- oder Nullleiter M und,
in der Praxis, eine Erdleitung auf.
R
Z1
S
Z2
Z3
T
M
Abbildung 1.16 Drehstromverbindung mit Sternschaltung
TH Nürnberg
16
Bei einer Dreieckschaltung stehen drei Außenleiter R, S, T und, in der Praxis, eine Erdleitung
zur Verfügung.
R
Z1
Z3
S
Z2
T
Abbildung 1.17 Drehstromverbindung mit Dreieckschaltung
Die Spannungen URS , UST und UT R der Sternschaltung lassen sich mit Hilfe eines Spannungsdreiecks aus den Spannungen UR , US und UT bestimmen. Dabei gilt
~ R, U
~ S ) = ](U
~S, U
~ T ) = ](U
~T , U
~ R) =
](U
2π
3
und für das symmetrische System
|UR | = |US | = |UT | =: U .
R
U RS
UR
S
U TR
US
UT
U ST
T
Abbildung 1.18 Spannungsdreieck einer Sternschaltung
Demnach erhalten wir
URS = UST = UT R = 2U cos
√
π
= U 3.
3
TH Nürnberg
1.3
17
Einfache passive Netzwerke
Bereits durch Kombination folgender Bauteile lassen sich interessante Eigenschaften in Hinblick auf die Abhängigkeit der Ausgangsspannung von der Frequenz beobachten:
a)
R
U1
C
U2
L
U2
C
U2
b)
C
U1
c)
L
U1
Abbildung 1.19 Verschiedene Vierpole
a) Es gilt
U2 = U1
(iωC)−1
1
= U1
−1
R + (iωC)
1 + iωRC
und daher
|U2 | = |U1 | √
1
.
1 + ω 2 R2 C 2
TH Nürnberg
18
∣U 2∣
∣U 1∣
ω
0
Abbildung 1.20 Tiefpass
b) Es gilt
U2 = U1
iωL
ω2L
=
U
1
(iωC)−1 + iωL
ω 2 L − C −1
und daher
U2 = U1
ω 2 LC
ω 2 LC − 1
U2
0
−U 1
ω0 :=
1
√ LC
ω
∣U 2∣≥∣U 1∣ für ω≤ω 0
Abbildung 1.21 Schaltung mit Kondensator und Spule
TH Nürnberg
19
c) Es gilt
U2 = U1
(iωC)−1
1
=
U
1
iωL + (iωC)−1
−ω 2 LC + 1
und daher
U2 = U1
1
1 − ω 2 LC
U2
∣U 2∣≥∣U 1∣ für ω≤ω 0
U1
0
ω0 :=
1
√ LC
ω
Abbildung 1.22 Weitere Schaltung mit Kondensator und Spule
TH Nürnberg
1.4
20
Schwingkreise
1.4.1
Der RLC-Serienschwingkreis
Hier genügt die Ladung Q(t) der Differentialgleichung
1
Q(t) + RQ0 (t) + LQ00 (t) = Ua (t) ,
C
wobei
· Kapazität: C
· Ohmscher Widerstand: R
· Induktivität: L.
Zusätzlich liege eine äußere Spannung Ua (t) an, wobei
Ua (t) = U0 cos(ωt) .
Die Kreisfrequenz ω und Amplitude U0 sind konstant.
L
R
C
U
Abbildung 1.23 Serienschwingkreis mit
äußerer Spannungsquelle
Für den RLC-Serienschwingkreis setzen wir
r
1
· ω0 :=
LC
R
2L
p
· ωδ := ω02 − δ 2
· δ :=
TH Nürnberg
21
und erhalten aus obiger Differentialgleichung nun
x00 (t) + 2δ x0 (t) + ω02 x(t) = xa (t) ,
wobei xa (t) = x0,a cos(ωt) mit den Konstanten x0,a , ω ∈ R∗+ .
Zusätzlich wird bei dieser erzwungenen Schwingung vorausgesetzt, dass 0 < δ < ω0 gelte.
Wir betrachten hier Lösungen x(t) = xδ (t) der Differentialgleichung
x00 (t) + 2δ x0 (t) + ω02 x(t) = 0
unter den Anfangsbedingungen
x(t = 0) = x0
und
x0 (t = 0) = 0 .
Schwingungen unter der Bedingung 0 < δ < ω0
Mit dem Ansatz x(t) = eλt und den Ableitungen x0 (t) = λeλt und x00 (t) = λ2 eλt erhalten wir
λ2 + 2δλ + ω02 = 0 .
Die Lösungen dieser Gleichung sind die komplexen Zahlen
q
λ1,2 = −δ ± δ 2 − ω02 = −δ ± iω ,
wobei ω :=
p
ω02 − δ 2 .
Die allgemeine Lösung unserer Differentialgleichung
x(t) = c1 eλ1 t + c2 eλ2 t = c1 e(−δ+iω)t + c2 e(−δ−iω)t
lässt sich umformen zu
x(t) = e−δt (c1 eiωt + c2 e−iωt ) .
TH Nürnberg
22
Mit Hilfe der Eulerschen Formel
e±iωt = cos(ωt) ± i sin(ωt)
erhalten wir
x(t) = e−δt (d1 cos(ωt) + d2 sin(ωt)) .
f (t )
e−δ t cos(ω t)
−δ t
e sin (ωt)
e−δ t
t
−e−δ t
Abbildung 1.24 Gedämpfte Schwingungen
Mit den Anfangsbedingungen
x(t = 0) = x0
und
x0 (t = 0) = 0
erhalten wir
x0 = x(t = 0) = e−δ·0 (d1 cos(ω · 0) + d2 sin(ω · 0))
und
0 = x0 (t = 0) = −δe−δ·0 (d1 cos(ω · 0) + d2 sin(ω · 0)
+ e−δ·0 (−d1 ω sin(ω · 0) + d2 ω cos(ω · 0)) .
Die erste dieser beiden Gleichungen impliziert
d1 = x 0
und die zweite
d2 =
δ
· x0 .
ω
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23
Insgesamt erhalten wir damit
x(t) = x0 e−δt (cos(ωt) +
δ
sin(ωt)) .
ω
Der aperiodische Grenzfall (für δ = ω0 )
Die Lösung von
λ2 + 2δλ + ω02 = 0
ist
λ1,2 = −δ .
Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung lautet daher
x(t) = e−δt (c1 + c2 t) .
Unter der Anfangsbedingung x(t = 0) = x0 und x0 (t = 0) = 0 erhalten wir die eindeutig
bestimmte Lösung:
x(t) = x0 e−δt (1 + δt) ,
wobei δ = ω0 .
Der aperiodische Fall (Kriechfall) (für δ > ω0 )
Die Lösungen von
λ2 + 2δλ + ω02 = 0
sind
λ1,2 = −δ ±
q
δ 2 − ω02 < 0 .
Die allgemeine Lösung der Differentialgleichung lautet daher
x(t) = c1 e−µ1 t + c2 e−µ2 t wobei µi := −λi > 0 .
Unter der Anfangsbedingung x(t = 0) = x0 und x0 (t = 0) = 0 erhalten wir die eindeutig
bestimmte Lösung:
x(t) =
x0
(µ2 e−µ1 t − µ1 e−µ2 t ) .
µ2 − µ1
TH Nürnberg
24
Demnach gilt
2x(t)
1
=p
x0
δ 2 − ω02
q
q
√
√
(−δ+ δ 2 −ω02 )t
(−δ− δ 2 −ω02 )t
2
2
2
2
δ + δ − ω0 e
− δ − δ − ω0 e
e−δt
=p
δ 2 − ω02
√
√
q
√
√ 2 2 2 −ω 2 t
δ 2 −ω02 t
− δ 2 −ω02 t
δ
−
δ −ω0 t
2
0 + e
µ e
+ δ 2 − ω0 e
−e
δ
= 2e−δt
p
δ 2 − ω02
!
q
q
sinh( δ 2 − ω02 t) + cosh( δ 2 − ω02 t)
und daher

x(t) = e−δt  q
1
1−
ω0
δ

q
q
2
2 
2
2
2 sinh( δ − ω0 t) + cosh( δ − ω0 t) .
Die folgende Abbildung zeigt den Einfluss der Dämpfung
auf diese Lösungen x(t) = xδ (t):
x (t )
x0
δ
ω 0 =2,5
2,0
1,5
δ
ω 0 =1
0
δ
ω 0 =0,9
0,8
0,7
1,3
2π
T 0 := ω
2T 0
3T 0
t
0
0,6
0,5
0,4
0,3
0,2
0,1
Abbildung 1.25 Der Einfluss der Dämpfung δ
Die allgemeine Lösung y einer inhomogenen linearen Differentialgleichung setzt sich zusammen
• aus der allgemeinen Lösung yh der zugehörigen homogenen Gleichung und
• einer partikulären Lösung yp der inhomogenen Gleichung.
TH Nürnberg
25
Dabei gilt
y = yh + yp .
In unserem Fall ist die inhomogene Gleichung
x00 (t) + 2δ x0 (t) + ω02 x(t) = xa (t)
und die zugehörige homogene Gleichung
x00 (t) + 2δ x0 (t) + ω02 x(t) = 0 .
Wir betrachten die Differentialgleichung
z 00 (t) + 2δ z 0 (t) + ω02 z(t) = x0,a eiωt ,
wobei δ, ω0 und x0,a wie bisher definiert sind.
Mit dem Ansatz
z(t) = Aei(ωt+ϕ) ,
erhalten wir
A(−ω 2 + 2iδω + ω02 ) = x0,a e−iϕ .
Daraus folgt für die Amplitude der erzwungenen Schwingung
A= p
x0,a
(ω02 − ω 2 )2 + 4δ 2 ω 2
.
Mit der Amplitude A und der Phasenverschiebung ϕ ist auch die reelle partikuläre Lösung
unserer ursprünglichen Gleichung
x(t) = A cos(ωt + ϕ)
bestimmt.
Nun betrachten wir die Amplitude A als Funktion von ω und berechnen deren Maximum.
Dabei erweist sich die folgende Definition als nützlich:
q
ωR := ω02 − 2δ 2
TH Nürnberg
26
Die Funktion f : R∗+ → R mit
f (ω) := (ω02 − ω 2 )2 + 4δ 2 ω 2
ist
· für δ ≥
ω0
√
:
2
streng monoton und unbeschränkt wachsend,
ω0
· für δ < √
: streng monoton fallend in (0, ωR ) und streng monoton und unbeschränkt
2
wachsend in (ωR , ∞).
Betrachten wir nun für den zweiten Fall die Amplitude
A= p
x0,a
(ω02 − ω 2 )2 + 4δ 2 ω 2
,
so zeigt sich, dass deren Maximalwert bei ω = ωR angenommen wird
und
Amax = A(ωR ) =
x
x0,a
p 0,a
=
2δωδ
2δ ω02 − δ 2
beträgt.
Die Frequenz ωR ist daher Resonanzfrequenz für die Ladungsmenge Q und damit auch für die
Spannung am Kondensator.
Amplitude A(ω) und Phasenverschiebung ϕ(ω) der partikulären Lösung
x(t) = A cos(ωt + ϕ)
zeigen einen von der der relativen Dämpfung
δ
abhängigen Verlauf.
ω0
TH Nürnberg
27
Die Amplitude A(ω) ist in folgender Abbildung für verschiedene Werte der relativen Dämpfung
dargestellt:
2
ω0
A
x0, a
10
4
10
3
10
2
−4
δ
ω 0 =10
10−2
0,1
0,2
10
0,4
0,6
1
→1
0
0,5
1,0
ω
ω0
Abbildung 1.26 Amplitude einer erzwungenen Schwingung
Ersetzen wir x(t) durch die Ladungsmenge Q(t) und beachten, dass
I(t) =
dQ(t)
dt
gilt, so erhalten wir Iω (t) in Abhängigkeit von ω. Da der Wechselstromwiderstand Z bei ω0
minimal ist, ist die Stromstärke bei ω0 maximal.
TH Nürnberg
1.4.2
28
Parallelschwingkreise
Während sich das Verhalten eines Parallelschwingkreises mit realer Spule und realem Kondensator nicht einfach durch Übersetzen der Terme für Ströme und Widerstände des RLCSerienschwingkreises in Terme für Spannungen und Leitwerte herleiten lässt, ist eine solche
Analogiebildung bei stärkerer Idealisierung der Spule des Parallelschwingkreises möglich.
Die folgende Abbildung zeigt einen Parallelschwingkreis mit einem Parallelwiderstand R2 , realen Kondensator und einer idealen Spule, ohne vorgeschalteten Ohmschen Spulenwiderstand
RL .
R1
U
C
R2
L
Abbildung 1.27 Parallelschwingkreis mit idealer Spule
und mit äußerer Spannungsquelle
Bei konstanter Spannung U ist der Strom hier minimal bei ω0 .
TH Nürnberg
1.5
29
Synchrongleichrichter als Messgleichrichter
Bei einem Synchrongleichrichter wird das Vorzeichen der Verstärkung durch eine externe Steuerspannung USt (t) geändert.
U
Ausgangssignal
U0
U St
0
T
2
T
−U St Eingangssignal
3
T
2
2T
5
T
2
t
−U 0
Abbildung 1.28 Wirkungsweise eines Synchrongleichrichters bei
ωe = ωSt und ϕ = 0
Es gilt
Ua (t) = Ue (t) · S(t)
mit
S(t) =
1 für
−1 für
0 ≤ ωSt t < π
π ≤ ωSt t < 2π .
Wie wir in folgendem Abschnitt Fourier-Reihen zeigen, gilt
∞
4X 1
S(t) =
sin((2n + 1)ωSt t) .
π n=0 2n + 1
TH Nürnberg
30
Messspannungsquelle
Messobjekt
+
Ue
SynchronGleichrichter
Ua
Tiefpass
Ūa
Störspannungsquelle
U St
RechteckFormer
Abbildung 1.29 Messung verrauschter Signale mit Hilfe
eines Synchrongleichrichters
Ist die Eingangsspannung eine sinusförmige Wechselspannung mit der Frequenz νe = m · νSt ,
m ∈ N, der Amplitude Ue,0 und der Phasenverschiebung ϕm gegenüber der Steuerpannung,
dann gilt
∞
4X 1
sin((2n + 1)ωSt t) .
Ua (t) = Ue,0 sin(mωSt t + ϕm ) ·
π n=0 2n + 1
Der Tiefpassfilter bildet das arithmetische Mittel von Ua (t). Mit Hilfe der Orthogonalitätsrelation
1
T
ZT
sin(mωSt t + ϕm ) sin(lωSt t) dt =
0
wobei m, l ∈ N, erhalten wir

 2
U cos ϕm für
Ūa = πm e,0

0 für
wobei n ∈ N0 .
1
2
0 für
cos ϕm für
m = 2n + 1
m 6= 2n + 1 ,
m 6= l
m = l,
TH Nürnberg
31
Fourier-Reihen
Ist f : R → R eine stetige und stückweise stetig differenzierbare periodische Funktion, so
konvergiert die Fourier-Reihe von f
∞
a0 X
+
(ak cos(kx) + bk sin(kx)) ,
2
k=1
gleichmäßig gegen f . Dabei sind die Koeffizienten mittels
1
ak =
π
Z2π
f (x) cos(kx) dx , mit k ∈ N0 ,
0
und
1
bk =
π
Z2π
f (x) sin(kx) dx , mit k ∈ N,
0
gegeben.
Statt
n
a0 X
+
(ak cos(kx) + bk sin(kx)) , für n ∈ N,
Sn (x) :=
2
k=1
und
S0 (x) :=
a0
2
können wir auch
Sn (x) =
n
X
ck eikx , für n ∈ N0
k=−n
schreiben, wobei wir
1
1
ck := (ak − ibk ) , c−k := (ak + ibk ) , mit k ∈ N0 ,
2
2
und
b0 := 0
setzen.
TH Nürnberg
32
Begründung:
Für n = 0 ist die Gleichung offensichtlich. Sei nun n ∈ N. Es gilt
Sn (x) =
n
X
ikx
ck e
n
X
= c0 +
(ck eikx + c−k e−ikx )
k=−n
= c0 +
k=1
n
X
((ck + c−k ) cos(kx) + i(ck − c−k ) sin(kx)) .
k=1
Ist f : R → C eine periodische und über das Intervall [0, 2π] integrierbare Funktion. Dann
heißen die Zahlen
1
ck =
2π
Z2π
f (x)e−ikx dx , k ∈ Z ,
0
Fourier-Koeffizienten von f .
Sei f eine reellwertige periodische Funktion.
• Dann gilt für die Fourier-Koeffizienten
c−k = c̄k , mit k ∈ Z ,
und
ak ∈ R , bk ∈ R , mit k ∈ N0 .
• Ist f gerade, so gilt
2
bk = 0 und ak =
π
Zπ
f (x) cos(kx) dx mit k ∈ N0 .
0
• Ist f ungerade, so gilt
2
ak = 0 und bk =
π
Zπ
f (x) sin(kx) dx mit k ∈ N0 .
0
TH Nürnberg
33
Ist f eine periodische Funktion mit
1 für
f : R → R , x 7→ f (x) =
−1 für
0≤x<π
π ≤ x < 2π ,
so besteht die Fourier-Reihe von f aus den Partialsummen
n
4 X sin((2k + 1)x)
.
Sn (x) =
π k=0
2k + 1
Begründung
Es gilt
1
c0 =
2π
Z2π
f (x) dx = 0
0
und für k 6= 0
Zπ
Z2π
1
−ikx
ck =
( e
dx − e−ikx dx)
2π
0
=
π
π
2π
i
i
(e−ikx 0 − e−ikx π ) =
(2e−ikπ − 2) .
2πk
2πk
Demnach gilt
0 , falls k gerade,
ck =
2
, falls k ungerade .
iπk
TH Nürnberg
34
Daher erhalten wir für die Fourier-Reihe von f
∞
∞
2 X 1
4 X sin((2n + 1)x)
i(2n+1)x
−i(2n+1)x
(e
−e
)=
.
iπ n=0 2n + 1
π n=0
2n + 1
y
S3
S2
S1
S0
x
Abbildung 1.30 Einige Partialsummen einer Fourier-Reihe
TH Nürnberg
1.6
35
Übungsaufgaben
Aufgabe 1
Ein Ohmscher Widerstand mit R = 500 Ω und ein Kondensators mit C = 5 µF seien in Reihe
an eine Wechselspannungsquelle mit ν = 50 Hz und Spitzenspannung U0 = 220 V angeschlossen.
a) Berechnen Sie den Betrag des kapazitiven Widerstands.
b) Bestimmen Sie den Gesamtwiderstand der Schaltung.
c) Geben Sie die Phasenverschiebung an.
d) Berechnen Sie die Stromstärke im Stromkreis (Effektiv- und Spitzenwert).
e) Berechnen Sie die Wirkleistung.
f) Zeichnen Sie die Spannungen UR und UC in ein Zeigerdiagramm ein.
g) Skizzieren Sie |Z| = |Z(ν)|.
h) Ersetzen Sie den Kondensator durch eine Spule mit L = 1, 5 H und beantworten Sie nun
Aufgabenteil a)-g) unter diesen veränderten Voraussetzungen.
Aufgabe 2
An einer Reihenschaltung aus einem Ohmschen Widerstand mit R = 100 Ω und einem Kondensator mit C = 1, 0 µF liegt eine Wechselspannung der Frequenz ν = 500 Hz an.
a) Berechnen Sie den Wechselstromwiderstand des Kondensators.
b) Zusätzlich werde ein frequenzunabhängiger Wechselstromwiderstand X = i · 250 Ω (d.h.
|X| = 250 Ω und Phasenverschiebung π2 ) in Serie geschaltet. Bestimmen Sie den Gesamtwiderstand.
c) Berechnen Sie die Phasenverschiebung zwischen Strom und Spannung.
d) Welchen Wert müsste die Frequenz haben, damit der Gesamtwiderstand der Schaltung
reell ist?
e) Welche Induktivität muss eine Spule haben, damit diese, bei der Frequenz ν = 500 Hz,
den Widerstand X = i · 250 Ω hat?
TH Nürnberg
36
Aufgabe 3
Berechnen Sie den komplexen Wechselstromwiderstand der abgebildeten Schaltung bei
ν = 2500 Hz in der Form Z = |Z|eiϕ . Hierbei gelte
R = 9 kΩ , L = 0, 3 H , C = 10 nF .
C
R
L
Aufgabe 4
Ein Ohmscher Widerstand mit R = 200 Ω und eine Spule mit L = 2, 5 H seien in Reihe an eine
Wechselspannungsquelle mit ν = 50 Hz angeschlossen.
a) Berechnen Sie den Wechselstromwiderstand ZL ∈ C und |ZL | der Spule.
b) Bestimmen Sie den Gesamtwiderstand Z ∈ C und |Z| der Schaltung.
c) Geben Sie die Phasenverschiebung ϕ zwischen Strom und Spannung an.
TH Nürnberg
37
Aufgabe 5
Ein Ohmscher Widerstand mit R = 150 Ω, eine Spule mit L1 = 2, 5 H und ein Kondensator mit
C = (ω 2 L1 )−1 werden an eine Wechselspannungsquelle mit ν = 50 Hz und Spitzenspannung
U0 = 220 V , wie abgebildet, angeschlossen.
L1
R
C
a) Berechnen Sie den Gesamtwiderstand Z ∈ C und |Z| der Schaltung.
b) Nun wird eine Spule mit L2 = L1 , wie abgebildet, der Schaltung hinzugefügt.
Berechnen Sie den Gesamtwiderstand der Schaltung.
L2
L1
C
R
c) Bestimmen Sie den Wert der Blindleistung der Schaltung und begründen Sie Ihr Ergebnis.
TH Nürnberg
38
Aufgabe 6
Ein Ohmscher Widerstand R, ein Kondensator mit der Kapazität C und zwei Spulen mit den
Induktivitäten L1 und L2 werden wie abgebildet an eine Wechselspannungsquelle angeschlossen.
L2
L1
C
R
a) Berechnen Sie den Gesamtwiderstand Z ∈ C der Schaltung.
b) Bestimmen Sie den Gesamtwiderstand für den Fall, dass L1 = L2 =
1
ω2 C
ist.
TH Nürnberg
39
Aufgabe 7
0
Geben Sie die Verlagerungsspannung UM
folgender unsymmetrischer Sternschaltung in Abhängigkeit der Spannungen UR , US , UT und den Impedanzen ZR , ZS , ZT an und skizzieren Sie die
Spannungen in einem Zeigerdiagramm.
ZR
UR
M
U R'
UM' M'
ZT
UT
US
ZS
UT'
US'
Aufgabe 8
Ein Serienschwingkreis ohne Ohmschen Widerstand bestehe aus einer Spule mit
L = 0, 5 mH und einem Kondensator mit C = 2, 2 nF .
C
L
a) Es liege keine äußere Spannung an, der Kondensator sei elektrisch geladen und kann sich
über die Verbindung zur Spule entladen. Beschreiben Sie die Ursache für die auftretenden
Ladungsoszillationen.
TH Nürnberg
40
b) Bestimmen Sie die Kreisfrequenz ωδ des dabei entstehenden Wechselstroms, wenn zusätzlich ein Ohmscher Widerstand mit R = 0, 8 kΩ in Reihe geschaltet wird.
c) Nun wird, nach einem Entladevorgang, an diesen RLC-Serienschwingkreis eine äußere
Spannung U0 cos(ωt) mit U0 = 325 V und variabler Kreisfrequenz ω angelegt.
L
R
C
U
Bestimmen Sie den Wert der maximalen Kondensatorladung.
d) Der Ohmsche Widerstand wird auf R = 80 Ω und dann auf R = 8 Ω, bei sonst gleichen
Bedingungen, gesenkt. Bestimmen Sie auch für diese RLC-Serienschwingkreise jeweils
die maximale Kondensatorladung.
Aufgabe 9
Bestimmen Sie die Ausgangsspannung Ua (t) des Synchrongleichrichters und Ūa
für die Eingangsspannungsfunktionen
a)
Ue (t) = 3 sin(ωe t) − cos(5ωe t) ,
b)
Ue (t) = 3 sin(ωe t) − sin(5ωe t) ,
wobei ωe = ωSt sei.
TH Nürnberg
2
41
Wärme, Wärmekraftmaschinen und Stromerzeugung
2.1
Die Temperatur
• Sind zwei Systeme jedes für sich im Gleichgewicht und hat für beide Systeme die Temperatur T den gleichen Wert, so bleiben beide Systeme im Gleichgewicht, wenn sie miteinander in thermischen Kontakt gebracht werden.
• Nimmt T in beiden Systemen verschiedene Werte an, so bleiben beide Systeme nicht im
Gleichgewicht, wenn sie miteinander in thermischen Kontakt gebracht werden.
Welche Bedingung muss das System erfüllen, damit ein Test-System, genannt Thermometer
existiert?
Transitivität des thermischen Gleichgewichts
Sind zwei Gleichgewichtssysteme mit einem dritten im thermischen Gleichgewicht, so sind sie
auch untereinander im thermischen Gleichgewicht.
Anmerkung: Der Satz wird oft als nullter Hauptsatz der Thermodynamik bezeichnet.
Thermometer
Zur Temperaturmessung sind im Prinzip alle Größen geeignet, die in reproduzierbarer Weise
von der Temperatur abhängen.
• Am direktesten wäre eine Messung der Molekülenergie oder der Molekülgeschwindigkeit.
• Bequemer benutzt man in Quecksilber- oder Alkohol-Thermometern die Wärmeausdehnung von Flüssigkeiten, in Bimetallstreifen die von Festkörpern.
Thermodynamische Temperaturskala und der Begriff der absoluten Temperatur
Als Messnormal für die Einheit der absoluten Temperatur wurde der Tripelpunkt (Gleichgewichtspunkt der festen, flüssigen und gasförmigen Phase des Systems) des Wassers gewählt.
• Der Grund für diese Wahl ist die Tatsache, dass es nur einen einzigen Wert (p, T ) von
Druck und Temperatur gibt, bei dem alle drei Phasen koexistieren können,
• und dass die Temperatur nicht durch Änderungen der Mengenverhältnisse von fester,
flüssiger und gasförmiger Substanz beeinflusst wird.
TH Nürnberg
42
Seit 1960 wird dem Tripelpunkt des Wassers
die Temperatur Tt (in Kelvin) zugeordnet, wobei
Tt = 273, 16 K (exakt)
p
kPa
flüssig
fest
101,33
0,61
T
gasförmig
0,01
100
ϑ
°C
Abbildung 2.1 Der Tripelpunkt des Wassers
Der Nullpunkt der Kelvinskala ist der absolute Nullpunkt.
TH Nürnberg
43
Verschiedene Temperaturskalen
• Das Kelvin (K), die Einheit der thermodynamischen Temperatur T, ist der 273,16-te Teil
der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers.
• Grad Celsius (◦ C) ist die Einheit der Temperaturskala ϑ. Deren Bezugspunkte sind bei
1013,25 hPa:
– Schmelzpunkt des Eises: 0◦ C
– Siedepunkt des Wassers: 100◦ C
• Grad Fahrenheit (◦ F ) ist die Einheit einer weiteren Temperaturskala θ.
Transformation der Temperaturskalen
Die Umrechnung zwischen der Kelvin- und Celsius-Skala erfolgt mittels
ϑ
T
= ◦ + 273, 15
K
C
und die zwischen Fahrenheit- und Celsius-Skala mittels
θ
9 ϑ
=
+ 32
◦F
5 ◦C
TH Nürnberg
2.2
2.2.1
44
Wärme und Energie
Arbeit und innere Energie
Wird das Volumen eines Systems quasi-statisch von Vi auf Vf verändert und hat während dieses
Prozesses der mittlere Druck des Systems den messbaren Wert p(V ), dann ist die vom System
geleistete Arbeit gegeben durch:
ZVf
Wif =
ZVf
dW =
Vi
p(V )dV .
Vi
Der erste Hauptsatz der Thermodynamik
Jedem Makrozustand eines Systems kann eine Größe U (genannt innere Energie) zugeordnet
werden, die für abgeschlossene Systeme eine Erhaltungsgröße ist:
U = const.
Falls das System mit seiner Umgebung wechselwirken kann und dabei von einem Makrozustand
in einen anderen übergeht, gilt für die Energieänderung
4U = −W + Q .
Dabei ist W die vom System geleistete makroskopische Arbeit.
Die Größe Q heißt die vom System aufgenommene Wärmemenge.
Wie ist der Zusammenhang von Arbeit und innerer Energie, wenn das System thermisch isoliert
ist, d.h. Q = 0 gilt?
Für Q = 0 gilt:
4U = −W
oder
Zb
Ub − Ua = −Wab = −
dW
a
Die innere Energie ist hierdurch bis auf eine beliebige additive Konstante bestimmt.
TH Nürnberg
45
Die Wärmeenergie
Die Wärme Qab , die vom System beim Übergang vom Makrozustand a zu einem anderen Makrozustand b absorbiert wird, ist definiert als
Qab = (Ub − Ua ) + Wab ,
wobei Wab die vom System in diesem Prozess geleistete makroskopische Arbeit ist.
Anmerkung: Bei Phasenübergängen (1. Ordnung) führt eine Erwärmung nicht notwendig zu
einer Temperaturerhöhung (latente Wärme).
Q
Dampf
Wasser
Eis
T
Abbildung 2.2 latente Wärme
Das Mol und die Avogadro-Zahl
1 Mol (mol) ist die Stoffmenge eines Systems, das aus ebensoviel Einzelteilchen besteht, wie
Atome in 12 g des Elements 12 C enthalten sind. Damit enthält 1mol die Avogadro-Zahl an
Teilchen, nämlich
NA =
1g/mol
= 6 · 1023 mol−1 .
1, 67 · 10−24 g
TH Nürnberg
2.2.2
46
Die Wärmekapazität
• Wir betrachten ein makroskopisches System, dessen Zustand durch seine absolute Temperatur T beschrieben werden kann.
• Der Parameter y sei beispielsweise das Volumen V (isochore Zustandsänderung) oder
der mittlere Druck p (isobare Zustandsänderung) des Systems und bleibe während einer
Wärmezufuhr konstant.
• Bei der Temperatur T führen wir nun eine infinitesimal kleine Wärmemenge zu und halten
dabei y konstant.
Dann definieren wir
dQ
Cy :=
dT y
als die Wärmekapazität des Systems, wobei der Index y angibt, welcher Parameter konstant
bleibt.
Dabei ist dQ eine infinitesimal kleine, dem System zugeführte Wärmemenge.
Die spezifische Wärmekapazität
• Die Wärmemenge, die einem homogenen System zugeführt werden muss, um eine gegebene Temperaturänderung dT hervorzurufen, wird der darin enthaltenen Materiemenge
proportional sein.
• Daher ist es zweckmäßig, eine Größe, die spezifische Wärmekapazität, zu definieren, die
nur von der Natur der Substanz und nicht von der vorhandenen Menge abhängt.
• Die spezifische Wärmekapazität (pro Masseneinheit) cy ist definiert durch
cy :=
1
Cy
m
und die molare Wärmekapazität Cmol,y ist definiert durch
Cmol,y :=
1
Cy .
ν
Dabei bezeichnet ν := N/NA und N die Anzahle der Moleküle.
Anmerkung: Statt Cmol,y schreiben wir auch Cy .
Unter welchen Bedingungen gilt 4Q = cm4T , wobei c = cy ?
TH Nürnberg
47
Allgemeiner erhalten wir
ZT2
4Q =
m c(T ) dT
T1
Freiheitsgrade
Bewegungsarten: Translation, Rotation, Schwingung
Jede solche unabhängige Bewegungsmöglichkeit nennt man einen Freiheitsgrad.
Bewegungsmöglichkeiten der Moleküle ergeben sich durch
• Translation,
• Rotation und
• Schwingung.
Mit f bezeichnen wir die Summe
f := ftransl + frot + fosc .
Dabei ist
• ftransl die Anzahl der Translationsfreiheitsgrade,
• frot die Anzahl der Rotationsfreiheitsgrade und
• fosc ein Wert, der die Schwingungen berücksichtigt.
Den Wert f nennen wir ebenfalls Freiheitsgrad.
: Die Rotation um die Molekülachse wird hier als
”eingefroren” betrachtet.
∗∗
: Die beiden Deformationsschwingungen unterscheiden sich weder
in der Symmetrie noch in der Frequenz.
∗
TH Nürnberg
48
Freiheitsgrade von Gasmolekülen
Molekülftransl
struktur
1-atomig
3
2-atomig
3
3-atomig, linear
3
3-atomig, gewinkelt
3
n-atomig, linear
3
n≥2
n-atomig, gewinkelt
3
n≥3
frot
1
f
2 osc
f
0
2∗
2∗
3
2
0
1
4∗∗
3
3n-5
3
7
13
12
6n-5
3
3n-6
6n-6
Tabelle 2.1 Freiheitsgrade
Die Zahl f für einige Gasmoleküle
• 1-atomige Moleküle:
f = ftransl = 3
Beispiele: Ar, He, Kr
• starre 2-atomige Moleküle:
f = ftransl + frot = 5
Beispiele: H2 , O2 , N2 bei Raumtemperatur
• oszillierende 2-atomige Moleküle:
f = ftransl + frot + fosc = 7
Gleichverteilungssatz (Äquipartitionstheorem)
Auf jeden Freiheitsgrad eines Moleküls entfällt im thermischen Gleichgewicht die gleiche mittlere Energie 21 kT .
Dabei ist k = 1, 38 · 10−23 J K −1 die Boltzmann-Konstante.
Ein Molekül mit f Freiheitsgraden enthält daher die mittlere Gesamtenergie
W =
f
kT .
2
TH Nürnberg
49
Welche Energie benötigt man, um die Temperatur eines homogenen Körpers der Masse m,
bestehend aus Atomen der Masse mA , von T1 auf T2 > T1 zu erhöhen?
Dazu braucht man die Energie
m f
k4T .
mA 2
Die Wärmekapazität des Körpers ist daher
C=
m f
k.
mA 2
Seine spezifische Wärmekapazität ist
c=
f
k.
2mA
Es gilt mA = µm0 , wobei µ die relative Atommasse und m0 = 1, 67 · 10−27 kg die Atomgewichtseinheit ist.
Beispiel: Für Eisen erhalten wir
c=
3k
= 444J kg −1 K −1 ,
µm0
wegen f = fosc = 6 und µ = 55, 85. Der gemessenen Wert ist c = 460J kg −1 K −1 .
Die molare Wärmekapazität ist
f
Cmol = NA k .
2
Die Regel von Dulong und Petit
Für Metalle, und allgemein für Elementkristalle mit f = 6 gilt
Cmol = 3NA k = 24, 9J mol−1 K −1 .
• Die Regel von Dulong und Petit ist, wie obige Tabelle zur molaren Wärmekapazität zeigt,
für schwerere Elemente gut erfüllt.
• Im unteren Temperaturbereich treten Abweichungen von dieser Regel auf.
TH Nürnberg
50
”Einfrieren” von Schwingungs- und Rotationsfreiheitsgraden
C mol
R
3
Pb
2
Cu
1
C
0
100
200 K
T
Abbildung 2.3 Cmol (T ) von Elementkristallen
Dabei ist die Gaskonstante R gegeben durch
R := NA k = 8, 31 JK −1 mol−1 .
Anmerkungen zum ”Einfrieren” der Schwingungs- und Rotationsfreiheitsgraden
• Bei tiefen Temperaturen geringere Energieaufnahme durch verringerte Freiheitsgrade.
• In der Nähe des absoluten Nullpunkts strebt der zugehörige energetische Beitrag gegen
Null.
Die Wärmekapazität von Gasen
• Bei Gasen muss man unterscheiden, ob die spezifische Wärmekapazität bei konstantem
Volumen (cV ) oder bei konstantem Druck (cp ) gemessen wird.
• cp enthält auch die Arbeit, die das Gas bei seiner Wärmeausdehnung leisten muss.
• Bei Festkörpern ist der Unterschied weniger groß, da die Ausdehnung relativ gering ist.
TH Nürnberg
51
Spezifische und molare Wärmekapazitäten einiger Gase bei 0◦ C
cp in
cV in
Cp in
CV in
γ
−1 −1
−1 −1
−1 −1
−1 −1
J kg K
J kg K
J mol K
J mol K
He
5230
–
20,9
12,6
1,66
Ar
518
314
20,7
12,4
1,67
Luft
1003
715
29,1
20,7
1,40
O2
915
656
29,3
21,0
1,40
N2
1037
740
29,0
20,7
1,40
H2
14210
10078
28,5
20,2
1,41
CO2
819
627
32,9
25,1
1,30
N2 O
849
660
34,1
26,5
1,29
Tabelle 2.2 Spezifische und molare Wärmekapazität von Gasen
Der Adiabaten- oder Isentropen-Exponent γ ist gegeben durch:
γ :=
cp
Cp
=
.
cV
CV
Beispiele
N2 bei Zimmertemperatur
• Es gilt f = 5 für N2 bei Zimmertemperatur.
• Nach Rechnung erhalten wir: cV = 738J kg −1 K −1 .
• Die Messung ergibt: cV = 740J kg −1 K −1 .
H2 O bei Zimmertemperatur
• Die Molekülatome von H2 O sind hier nahezu frei.
• Wir setzen daher f = 6 für jedes einzelne Atom und
• rechnen mit der mittleren relativen Atommasse
1
(16 + 1 + 1) = 6 .
3
• Damit erhalten wir rechnerisch: c = 4150J kg −1 K −1 .
• Die Messung ergibt: c = 4185J kg −1 K −1 .
Zusammenhang der Einheiten Joule und cal
Die Energie 4, 185J, die man braucht, um 1g H2 O um 1K zu erwärmen, wird 1 cal genannt.
TH Nürnberg
52
Temperaturabhängigkeit von cV
Translations-, Rotations- und Schwingungsanteile der Wärmekapazität sind temperaturabhängig.
Die folgende Abbildung zeigt den Einfluss der Temperatur auf den Schwingungsanteil cosz der
Wärmekapazität.
cosz
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
1,4
T
hν
Abbildung 2.4
Die Wärmekapazität
cosz (T ) für ein diatomares ideales Gas
TH Nürnberg
2.3
53
Die Zustandsgleichung und Zustandsänderungen idealer Gase
Die kinetische Gastheorie leitet die Eigenschaften der Gase aus mechanischen Bewegungsvorgängen der einzelnen Moleküle ab.
Wir betrachten nun
• ein verdünntes Gas
• im Gleichgewichtsfall, das
• in einen quaderförmigen Kasten, eingeschlossen ist, wobei
• zwei gegenüberliegende Randflächen A1 und A2 jeweils den Flächeninhalt A haben.
Wir interessieren uns dabei für die Frage:
Wie viele Moleküle treffen in einer Zeiteinheit auf die Randflächen?
uΔt
A
Abbildung 2.5 Impulsübertragung und Gasdruck
TH Nürnberg
54
Annahmen
• Die Masse des Moleküls sei m.
• Die Moleküle verhalten sich wie vollkommen elastische Kugeln.
• Eine Wechselwirkung tritt nur durch Stöße auf.
• Die N Moleküle bewegen sich voneinander unabhängig, ohne eine Richtung im Raum zu
bevorzugen, mit der Geschwindigkeit
q
p
2
¯
u := v = v¯x2 + v¯y2 + v¯z2 .
• Die Molekülzahldichte n :=
zeitlich konstant.
N
V
ist homogen und, in Folge der Gleichgewichtsbedingung,
• In der Nähe von A1 bewegen sich n6 Moleküle pro Volumeneinheit in und ebenso viele
entgegen der Normalenrichtung von A1 .
Ein Molekül mit der Geschwindigkeit v gibt an die Wand den Impuls 2mv ab.
Innerhalb des Quaders betrachten wir ein Volumen mit der Grundfläche A und der Höhe u4t.
Darin befinden sich nAu4t Moleküle.
Nach unserem Modell wird daher folgende Kraft auf die Wand ausgeübt:
1
F = 2mu nAu .
6
Der auf die Wand ausgeübte Druck p ist daher
p=
1
1
F = mnu2 .
A
3
Nach der kinetischen Wärmetheorie ist die Temperatur nur ein anderes Maß für die mittlere
kinetische Energie der Moleküle. Betrachten wir nur die Translationsenergie, so erhalten wir
nach dem Gleichverteilungssatz
1
3
W̄trans = mu2 = kT .
2
2
TH Nürnberg
55
Die Grundgleichung der kinetischen Gastheorie von Daniel Bernoulli lässt sich daher folgendermaßen schreiben:
p = nkT .
Mit n =
N
V
erhalten wir schließlich
pV = N kT.
p
T
V
Abbildung 2.6 Der Graph der Zustandsfunktion p(V, T )
eines Idealgases
Der Zustand einer gegebenen Masse M eines idealen Gases mit fester Teilchenzahl N ist damit
durch die drei Größen T , p und V vollständig beschrieben.
Zwei davon können unabhängig voneinander variiert werden.
Die dritte ist dann eindeutig bestimmt.
Setzen wir N = νNA und R = NA k = 8, 31JK −1 mol−1 , so gilt:
pV = νRT .
Der Zusammenhang von Cp und CV
Bei konstantem Druck erfordert die Erwärmung eines Gases mehr Energie als bei konstantem
Volumen, da das System auch für die Volumenzunahme Energie benötigt.
Nach der Zustandsgleichung idealer Gase erhalten wir
4V = V
4T
T
und somit
p4V = pV
4T
4T
= νRT
= νR4T
T
T
TH Nürnberg
56
Daher gilt für die molare Wärmekapazität Cp
Cp = CV + R = (
f
+ 1)R
2
und für den Adiabaten-Exponenten
γ :=
Cp
f +2
=
CV
f
Nun werden Änderungen der Zustandsgrößen p, V, T betrachtet.
Die Teilchenzahl N ist konstant.
Wir unterscheiden zwischen
• isochoren Zustandsänderungen
• isobaren Zustandsänderungen
• isothermen Zustandsänderungen
• adiabatischen Zustandsänderungen
Ist die innere Energie, wie bei idealen Gasen, Bewegungsenergie, so gilt:
dU = νCV dT .
Weitere Formen der inneren Energie zeigen sich, wenn Energie bei
• Schmelz• Verdampfungs• oder Lösungsvorgängen,
oder beispielsweise zur Überwindung der
• chemischen Bindungsenergie oder
• elektromagnetischen Wechselwirkung
aufgewandt wird.
TH Nürnberg
57
a) Isochore Zustandsänderung
Hier ist V = const. Somit gilt p ∼ T .
p
p1
T1
T0
p0
V 0=V 1
V
Abbildung 2.7 Isochore Zustandsänderung
Außerdem gilt hier dV = 0.
Nach dem 1. Hauptsatz
dU = dQ − p dV
erhalten wir
dU = dQ .
Anmerkung: Wir verwenden hier dQ lediglich im Sinne einer bequemen Schreibweise, also
auch dann, wenn Q hinsichtlich der zu betrachtenden Variablen nicht differenzierbar ist.
Ferner gilt
dQ = νCV dT .
TH Nürnberg
58
b) Isobare Zustandsänderungen
Hier ist p = const. Somit gilt V ∼ T .
p
p 0 = p1
T1
T0
V0
V1
V
Abbildung 2.8 Isobare Zustandsänderung
Nach dem 1. Hauptsatz erhalten wir
dU = dQ − p dV .
Ferner gilt
dQ = νCp dT
und nach der Zustandsgleichung für ideale Gase
pdV = νRdT .
Insgesamt erhalten wir daher
dU = νdT · (Cp − R) = νCV dT .
TH Nürnberg
59
c) Isotherme Zustandsänderungen
Hier ist T = const. Somit gilt p ∼ V −1 .
p
p1
T 0 =T 1
p0
V1
V0
V
Abbildung 2.9 Isotherme Zustandsänderung
Die innere Energie U eines Idealgases mit f Freiheitsgraden und N Molekülen beträgt
U=
f
N kT .
2
Da hier T konstant ist, erhalten wir 4U = 0 und nach dem 1. Hauptsatz:
ZV1
4Q −
p dV = 0
V0
Außerdem gilt hier
ZV1
ZV1
p dV = νRT
V0
V1
V1
1
dV = νRT ln V = νRT ln( ) .
V
V0
V0
V0
Schließlich erhalten wir
4Q = νRT ln(
V1
).
V0
TH Nürnberg
60
d) adiabatische Zustandsänderungen
Eine thermodynamische Zustandsänderung ohne Wärmeaustausch (d.h. mit dQ = 0) wird
adiabatisch genannt.
p
p1
p0
V1
V0
V
Abbildung 2.10 Adiabatische Zustandsänderung
Der 1. Hauptsatz lautet
dQ = dU + p dV .
Für die innere Energie U eines Idealgases gilt
dU = νCV dT .
Daher erhalten wir für eine adiabatische Zustandsänderung:
νCV dT = −p dV .
Mit der Zustandsgleichung des Idealgases
p = νRT · V −1
und der molaren Wärmekapazität CV , mit
CV =
f
R,
2
erhalten wir
f dT
dV
=−
.
2 T
V
Eine Integration impliziert
f
V ∼ T−2 .
TH Nürnberg
61
Mit dem Adiabatenexponent
γ=
f +2
f
erhalten wir
1
V ∼ T − γ−1
Mit Hilfe der Zustandsgleichung erhalten wir
T =
pV
νR
und daher
pV
· V γ−1 = const.
νR
Zusammengefasst bedeutet das:
p ∼ V −γ
mit γ: 1 < γ ≤ 53 .
Zum Vergleich: Für die Isothermen des Idealgases gilt p ∼ V −1 .
Betrachten wir nun
p ∼ V −γ
und beispielsweise
1
V ∼ T − γ−1
so zeigt sich, dass sich p auch als Funktion mit der Temperatur T als einziger Variablen ausdrücken lässt:
So erhalten wir
γ
p ∼ T γ−1 .
Zusammengefasst lauten die Adiabaten- oder Poisson-Gleichungen:
pV γ = c1
T V γ−1 = c2
p1−γ T γ = c3 .
Dabei sind ci , i = 1, 2, 3 reelle Konstanten.
TH Nürnberg
62
Bei adiabatischer Kompression wird das Gas erwärmt.
• Ursache ist die, bei der Kompression geleistete Arbeit.
• Anders als bei der isothermen Kompression kann hier die Wärme nicht an ein Wärmebad
abgeführt werden.
• Die Temperaturerhöhung lässt sich mittels
V1
T1
= ( )1−γ
T0
V0
berechnen.
4W und 4U lassen sich auch für adiabatische Zustandsänderungen berechnen:
Es gilt für γ 6= 1:
ZV1
ZV1
p dV = c1
V0
V −γ dV ,
V0
wobei
ZV1
V
−γ
V1
1
1
−γ+1 V
(V11−γ − V01−γ ) .
dV =
=
−γ + 1
1−γ
V0
V0
Da c1 = pV γ , erhalten wir schließlich
ZV1
p dV =
1
1
· (p1 V1γ V11−γ − p0 V0γ V01−γ ) =
· (p1 V1 − p0 V0 ) .
1−γ
1−γ
V0
Der Term
4U = −
1
· (p1 V1 − p0 V0 )
1−γ
lässt sich mit Hilfe der Zustandsgleichung folgendermaßen umformen:
4U =
1
· νR · (T1 − T0 ) .
γ−1
Berücksichtigen wir, dass für γ
γ=
f +2
2
=1+
f
f
TH Nürnberg
63
und für die molare Wärmekapazität CV
CV =
f
R
2
gilt, so zeigt sich, dass
R
= CV .
γ−1
Somit erhalten wir für die Änderung der inneren Energie 4U wieder
4U = νCV · 4T .
Betrachten wir die Bestimmung der inneren Energie
wie in unserer Bemerkung zum 1. Hauptsatz der Thermodynamik,
so zeigt sich, dass die innere Energie eines idealen Gases durch
dU = νCV dT
auch allgemein, d.h. nicht nur im Rahmen adiabatischer Zustandsänderungen, bis auf eine additive Konstante, bestimmt ist.
TH Nürnberg
64
e) Beschreibungen und Folgerungen der Zustandstandsänderungen
Überblick
Beschreibung der Zustandsänderung
Zustandsänderung Bedingung
Graph im
Funktionen der
p(V )-Diagramm
Zustandsgrößen
isochor
dV = 0
V = const.
pT −1 = const.
isobar
dp = 0
p = const.
V T −1 = const.
isotherm
dT = 0
p ∼ V −1
pV = const.
adiabatisch
dQ = 0
p ∼ V −γ
pV γ = const.
T V γ−1 = const.
(isentrop)
p1−γ T γ = const.
Folgerungen der Zustandsänderung
Zustandsänderung
4Q
I. Hauptsatz
RV1
p dV
V0
isochor
dU = dQ
4Q = νCV 4T
0
isobar
dU = dQ − p dV
4Q = νCp 4T
p4V
dQ = p dV
4Q = νRT ln( VV10 )
4Q
isotherm
adiabatisch
dU = −p dV
4Q = 0
1
(p1 V1
1−γ
− p0 V 0 )
(isentrop)
Tabelle 2.3 Überblick: Zustandsänderungen
Anmerkung: Cp und CV werden hier als von T unabhängige Größen vorausgesetzt.
TH Nürnberg
2.4
65
Wärmekraftmaschinen und Kraftwärmemaschinen
Unter einem Kreisprozess verstehen wir eine Folge von Zustandsänderungen, die periodisch
durchlaufen wird.
• Damit erhalten wir Maschinen, die eine Folge von Zustandsänderungen zyklisch durchlaufen.
• Zusätzlich können wir uns die Folge von Zustandsänderungen auch in umgekehrter Reihenfolge denken.
Wärmekraftmaschinen wandeln Wärmeenergie in mechanische Energie um.
Beispiele: Dampfmaschinen, Verbrennungsmotoren,
Gas- und Dampfturbinen
Kraftwärmemaschinen wandeln mechanische Energie in Wärmeenergie um.
Beispiele: Kältemaschinen (Kühlschrank, Klimaanlage), Wärmepumpe
Q2
Q2
W
Q1
Wärmekraftmaschine
W
Q1
Kraftwärmemaschine
Abbildung 2.11 Wärme und Arbeit
Bei Wärmekraftmaschinen wird
• Wärme dem heißen Gas entzogen,
• mechanische Energie abgegeben und
• Wärme an das kühle Gas abgeführt.
TH Nürnberg
66
Bei Kraftwärmemaschinen wird
• Wärme dem heißen Gas zugeführt,
• mechanische Energie zugeführt und
• Wärme dem kühlen Gas entzogen.
2.4.1
Arbeitsdiagramme
Der Carnot-Kreisprozess
Folge der Zustandsänderungen: isotherm, adiabatisch, isotherm, adiabatisch
p
1
2
4
3
VV
Abbildung 2.12 Carnot-Zyklus im p-V-Diagramm
T
1
2
4
3
S
Abbildung 2.13 Carnot-Zyklus im T-S-Diagramm
TH Nürnberg
67
Der Stirling-Kreisprozess
Folge der Zustandsänderungen: isotherm, isochor, isotherm, isochor
p
1
2
4
3
V
Abbildung 2.14 Stirling-Zyklus im p-V-Diagramm
T
1
4
2
3
S
Abbildung 2.15 Stirling-Zyklus im T-S-Diagramm
TH Nürnberg
68
Der Otto-Kreisprozess
Folge der Zustandsänderungen: adiabatisch, isochor, adiabatisch, isochor
p
1
4
2
3
V
Abbildung 2.16 Otto-Zyklus im p-V-Diagramm
1
T
4
2
3
S
Abbildung 2.17 Otto-Zyklus im T-S-Diagramm
TH Nürnberg
69
Der Diesel-Kreisprozess
Folge der Zustandsänderungen: isobar, adiabatisch, isochor, adiabatisch
p
1
2
3
4
V
Abbildung 2.18 Diesel-Zyklus im p-V-Diagramm
T
2
3
1
4
S
Abbildung 2.19 Diesel-Zyklus im T-S-Diagramm
TH Nürnberg
2.4.2
70
Der Wirkungsgrad von Carnot-Wärmekraftmaschinen
Der Carnot-Kreisprozess
p
1
2
4
3
VV
Abbildung 2.20 Carnot-Zyklus im p-V-Diagramm
Folge der Zustandsänderungen:
1.) isotherme Expansion 1 → 2,
2.) adiabatische Expansion 2 → 3,
3.) isotherme Kompression 3 → 4,
4.) adiabatische Kompression 4 → 1
isotherme Expansion 1 → 2 und isotherme Kompression 3 → 4
Die innere Energie U ist konstant, d.h. 4U = 0.
Wärmeaustausch bei 1 → 2
V2
4Q = νRT1 ln( )
V1
und bei 3 → 4
V4
4Q = νRT3 ln( )
V3
adiabatische Expansion 2 → 3 und adiabatische Kompression 4 → 1
Die Wärmeenergie Q ist konstant, d.h. 4Q = 0.
Mit unserer Formel für die innere Energie
dU = νCV dT
erhalten wir daher bei 2 → 3:
ZV3
−
p dV = νCV · (T3 − T2 )
V2
TH Nürnberg
71
und bei 4 → 1:
ZV1
p dV = νCV · (T1 − T4 ) .
−
V4
Um den Wirkungsgrad einer Carnot-Wärmekraftmaschine zu berechnen, bestimmen wir den
Wert
I
p dV
hinsichtlich eines Carnot-Kreisprozesses.
Für die beiden adiabatischen Prozesse berücksichtigen wir:
Da T2 = T1 und T4 = T3 gilt, unterscheiden sich die Werte für die Volumenarbeit
bei 2 → 3 und 4 → 1 nur durch das Vorzeichen und heben sich daher auf.
Für die beiden isothermen Prozesse berücksichtigen wir:
Sowohl T2 = T1 und T4 = T3 sind durch die Adiabatengleichung verknüpft. So gilt
T1
V4
T2
V3
= ( )γ−1 =
= ( )γ−1
T4
V1
T3
V2
und daher
V4
V1
=
.
V3
V2
Betrachten wir einen Umlauf 1 → 2 → 3 → 4 → 1, so erhalten für den gesamten Wärmeaustausch 4Q:
V4
V2
4Q = νRT1 ln( ) + νRT3 ln( )
V1
V3
V2
= νR ln( )(T1 − T3 )
V1
und für die nutzbare mechanische Arbeit WN utzen
V2
| WN utzen |= νR ln( )(T1 − T3 ) .
V1
Für den Wirkungsgrad einer Wärmekraftmaschine gilt
| WN utzen |
η=
.
| QAuf wand |
Daher erhalten wir
η=
νR ln( VV21 )(T1 − T3 )
νRT1 ln( VV21 )
=
T1 − T3
.
T1
TH Nürnberg
2.5
72
Übungsaufgaben
Aufgabe 1
Das Volumen eines mit Luft der Temperatur 20◦ C gefüllten Stoßdämpfers kann sich von 0, 02 m3
auf 0, 004 m3 verringern, wobei der Druck beim Ausgangsvolumen 1 bar beträgt. Die Kompression verläuft adiabatisch.
a) Welche Energie nimmt der Stoßdämpfer auf, wenn sich das Volumen auf den
kleinsten Wert verringert?
b) Welchen Wert erreichen Druck und Temperatur im Zustand des kleinsten Volumens?
Aufgabe 2
Ein Kreisprozess bestehe aus einer isochoren Zustandsänderung von A nach B, einer isothermen Zustandsänderung von B nach C und einer isobaren Zustandsänderung von C nach A.
Dabei ist das Gas monoatomar und die Anzahl der Gasteilchen bleibe konstant. Ferner sei
pA = pC = 3 bar, pB = 1 bar,
TB = TC = 300 K,
VA = VB = 1 dm3 .
a) Zeigen Sie, dass die Stoffmenge des Gases 0, 04 mol beträgt.
b) Geben Sie die isobare und die isochore molare Wärmekapazität des Gases an.
c) Berechnen Sie das Volumen des Gases am Punkt C.
d) Berechnen Sie die Temperatur des Gases am Punkt A.
e) Die Zustandsänderungen werden bei dem Kreisprozess gegen den Uhrzeigersinn durchlaufen. Berechnen Sie für jede Zustandsänderung die mit der Umgebung ausgetauschte
Wärmemenge und die verrichtete Arbeit. Zeichnen Sie die entsprechenden Größen in ein
p-V -Diagramm ein.
Aufgabe 3
Eine Maschine, die nach einem Carnot-Prozess arbeitet, hat Kontakt zu zwei Wärmebädern mit
den Temperaturen 220 K bzw. 550 K. Während der isothermen Expansion vergrößert sich das
Volumen von 1, 11 dm3 auf 12, 2 dm3 . Als Arbeitsstoff dient Luft der Masse m = 200 g. Für
deren molare Masse gilt Mmol = 29 g/mol und für deren Adiabatenexponenten γ = 1, 40.
a) Welche Arbeit hat die Maschine nach Durchlaufen eines Zyklus verrichtet?
pmax
?
b) Wie groß ist das Verhältnis des maximalen zum minimalen Druck,
pmin
TH Nürnberg
73
Aufgabe 4
Ein ideales Gas, mit
Ri :=
R
J
= 288, 2
, γ = 1, 40 ,
Mmol
kg · K
und zwei Wärmereservoirs mit den Temperaturwerten 580◦ C bzw. 20◦ C werden für den Betrieb
eines Stirling-Motors verwendet. Dabei durchläuft der Motor folgende Zustandsänderungen
1 → 2: Isotherme Expansion von V1 = 40 dm3 auf V2 = 400 dm3
2 → 3: Isochore Abkühlung
3 → 4: Isotherme Kompression von V2 auf V1
4 → 1: Isochore Erwärmung
a) Stellen Sie den Kreisprozess in einem p-V -Diagramm dar.
b) Berechnen Sie die, für einen Umlauf, zu- und abgegebene Wärmeenergie und verrichtete
Arbeit, falls die Gasmasse m = 4, 0 g beträgt.
c) Wie groß ist der thermische Wirkungsgrad? Vergleichen Sie den Wirkungsgrad mit dem
eines Carnot-Prozesses zwischen den gleichen Temperaturen. Welcher thermische Wirkungsgrad ergibt sich, wenn die zur isochoren Erwärmung benötigte Wärmeenergie Q41
durch die, bei der isochoren Abkühlung freiwerdende Abwärme Q23 = −Q41 gedeckt
wird?
TH Nürnberg
3
3.1
74
Elektromagnetische Wellen
Das Spektrum elektromagnetischer Wellen
Zu den elektromagnetischen Wellen gehören beispielsweise Funkwellen, die Infrarot-Strahlung,
das sichtbare Licht, die Ultraviolett-Strahlung, die Röntgenstrahlung und die γ-Strahlung.
Radiowellen
Mikrowellen
sichtbares
Infrarot- Licht UVRöntgenstahlung
strahlung
Strahlung
Gammastahlung
ν
10 10
10 5
10 15
10
20
10
25
s
−1
λ
3⋅10
3
−2
3⋅10
3⋅10
−7
−12
3⋅10
−17
3⋅10
m
Abbildung 3.1 Das elektromagnetische Spektrum
Für Frequenz und Wellenlänge gilt
λν = c .
Abhängig vom Frequenzbereich gibt es folgende Quellen und Nachweismöglichkeiten:
Funkwellen
elektronische Schaltungen, Antennen
IR, sichtbares Licht Temperaturstrahlung, Lumineszenz
sichtbares Licht, UV elektronische Übergänge in Atomen
Röntgenstrahlung
beschleunigte Elektronen
γ-Strahlung
Kernprozesse
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3.2
75
Die Maxwell-Gleichungen
Für ein beschränktes Gebiet im R3 mit einer endlichen Anzahl von Zusammenhangskomponenten und geeignetem Rand lassen sich die Maxwell-Gleichungen in integraler Form angeben:
• Coulomb
I
~ d~a = Q ,
D
S
• Ampère-Maxwell
Z
I
∂
~ d~a + I ,
~
D
H d~s =
∂t
S
C
• Faraday
I
~ d~s = − ∂
E
∂t
C
Z
~ d~a ,
B
S
•
I
~ d~a = 0 .
B
S
3.3
Elektromagnetische Wellen
~ und B
~ hinreichend differenzierbar sind, so erhalten
Setzen wir voraus, dass ρ = 0, ~j = 0 und E
wir für das Vakuum die Wellengleichungen
~ − c−2
4E
~
∂ 2E
=0
∂t2
~ − c−2
4B
~
∂ 2B
= 0,
∂t2
und
wobei
c= √
1
0 µ0
TH Nürnberg
76
die Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Welle im Vakuum, d.h. die Lichtgeschwindigkeit, ist.
Nehmen wir an, dass das Gebiet, in dem sich die elektromagnetische Welle ausbreitet, in jeder
Richtung unbegrenzt ist, so können wir von Randwerten an die Felder absehen.
Lassen wir auch Anfangswerte außer Acht, so erhalten wir als Lösungen des Problems die
harmonischen Wellenfunktionen
~ r, t) = E
~ 0 ei(~k·~r−ωt)
E(~
und
~ r, t) = B
~ 0 ei(~k·~r−ωt) .
B(~
Dabei ist ~k der Wellenzahlvektor mit
2π
|~k| =
λ
und ~k weist in Richtung der Wellenausbreitung.
Betrachten wir die Felder komponentenweise, so können wir die Ausbreitung einer ebenen
linear polarisierten Welle und die zugehörige Oszillation der Felder folgendermaßen darstellen:
x
⃗
k
z
⃗
B
⃗
E
y
Abbildung 3.2 Linear polarisierte elektromagnetische Welle
Die ebene harmonische elektromagnetische Welle soll sich in x-Richtung ausbreiten und das
elektrische Feld die Form
~ =E
~ 0 sin(ωt − kx) = E
~ 0 sin(ω(t − x ))
E
c
besitzen.
TH Nürnberg
77
Die Änderung des elektrischen Feldes verursacht ein Magnetfeld B, das sich ebenfalls harmonisch in Abhängigkeit von t − xc ändert.
Die Änderung dieses Magnetfeldes ruft wiederum ein elektrisches Feld hervor.
Im Vakuum breiten sich elektromagnetische Wellen mit der Geschwindigkeit
c0 = √
m
1
= 3 · 108
0 µ0
s
aus.
In Materie beträgt die Ausbreitungsgeschwindigkeit
c0
c= √ .
µ
Im Falle von µ = 1 erhalten wir die Maxwell-Relation
n=
c0 √
= .
c
Während sich bei linear polarisierten elektromagnetischen Wellen die Schwingungsrichtung
~ und B
~ nicht verändert, dreht sich die jeweilige Schwingungsrichtung bei elliptisch und
von E
zirkular polarisierten Wellen.
z
z
y
E⃗0
x
⃗
k
E⃗0
y
~ 0 für eine elliptisch polarisierte Welle
Abbildung 3.3 E
TH Nürnberg
78
In natürlichem Licht, wie es beispielsweise ein glühender Körper aussendet,
• sind die verschiedenen Polarisationsrichtungen regellos vertreten und das Licht wird als
unpolarisiert bezeichnet,
• sind die Wellenzüge nicht kohärent und das Licht enthält viele regellos und rasch aufeinanderfolgende Wellengruppen, da an der Emission eine große Zahl von Atomen beteiligt
ist und die Emissionsdauer sehr kurz ist.
Zwei ebene harmonische elektromagnetische Wellen gleicher linearer Polarisierung, gleicher
Frequenz und gleicher Wellenlänge werden als kohärent bezeichnet, wenn die Differenz ihrer
Nullphasen konstant ist.
Die Kohärenzlänge eines Wellenzuges ist durch die Länge des Wellenzuges begrenzt. Zumal
die mittlere Dauer der Lichtemission bei isolierten Atomen im Bereich 10−8 s liegt, beträgt die
Kohärenzlänge des natürlichen Lichts wenige Meter.
3.4
Energiedichte und Energiestrom
Eine ebene, ungedämpfte Welle hat die Energiedichte
1
w = (ED + HB) = 0 E 2 = µµ0 H 2
2
und die Energiestromdichte
~ = EH = cw .
S = |S|
Die Intensität I ist der Zeitmittelwert von S, d.h.
1
I = cw̄ = c
T
ZT
1
1
w(t) dt = c 0 E02 = c µµ0 H02 .
2
2
0
3.5
Der lineare Oszillator
Der Hertzsche Oszillator
Denken wir uns einen Schwingkreis, dessen Kapazität und Induktivität durch einen linienförmigen Leitungsdraht gegeben sind, so erhalten wir einen linearen oder Hertzschen Oszillator. Der
umgebende Raum soll ein Vakuum sein.
Strom- und Spannungsverteilung oszillieren, wobei der Phasenabstand beider Schwingungen,
bei rein induktivem Widerstand, π2 beträgt.
TH Nürnberg
79
Abbildung 3.4 Schwingkreis und Hertzscher Oszillator
t =0
I
U
1
t= T
4
1
t= T
2
3
t= T
4
t =T
λ
2
Abbildung 3.5 Stromstärke und Spannung des Hertzschen Oszillators
Im linearen Oszillator bildet sich eine stehende Welle des elektrischen Feldes, deren Wellenlänge doppelt so lang wie der Stab ist.
Diese lässt sich als Überlagerung zweier Wellen gleicher Amplitude und der Lichtgeschwindigkeit c = 3 · 108 ms als Phasengeschwindigkeit verstehen.
Die Schwingungsfrequenz des linearen Oszillators der Länge l beträgt
ν=
c
c
= .
λ
2l
Elektrisches und magnetisches Feld eines Hertzschen Oszillators oszillieren und breiten sich
mit der Geschwindigkeit c im Raum aus.
TH Nürnberg
80
Die Feldlinien lösen sich folgendermaßen vom Hertzschen Dipol:
⃗
E
⃗
B
⃗j
t =0
+
1
t= T
4
-
1
t= T
2
3
t= T
4
-
+
t =T
Abbildung 3.6 Das elektrische und magnetische Feld eines Hertzschen Oszillators
Da im Oszillator
• das maximale Magnetfeld bei maximalem Strom auftritt und
• diese hier um π2 gegen die Zeitpunkte maximalen elektrischen Feldes (oder elektrischen
Dipolmomentes) verschoben auftreten,
sind, im Nahbereich des Oszillators, beide Felder räumlich getrennt.
In Abständen vom Oszillator, die groß im Vergleich zu λ sind,
• oszillieren elektrisches und magnetisches Feld hingegen in Phase,
• sind zueinander orthogonal und
• bilden eine ebene elektromagnetische Welle.
TH Nürnberg
81
Die Abstrahlcharakteristik eines Hertzschen Dipols, gegeben durch den Poynting-Vektor
~=E
~ ×H
~,
S
ist in folgender Abbildung dargestellt:
ϑ
Abbildung 3.7 Das Strahlungsdiagramm des Hertzschen Oszillators
~ weist hier radial nach außen.
Der Poynting-Vektor S
~ ist die Energiestromdichte. Es zeigt sich, dass sich S
Die Größe S = |S|
• zum Abstand r vom Dipolmittelpunkt gemäß
S ∼ r−2
• zum Winkel ϑ gemäß
S ∼ sin2 ϑ
• und zur Kreisfrequenz ω des Oszillators gemäß
S ∼ ω4
verhält.
Eine genaue Rechnung zeigt, dass
S=
p2 ω 4 sin2 ϑ
,
4π0 c3 r2
wobei das elektrische Dipolmoment p = e l ist.
TH Nürnberg
82
Der Wirkungsgrad η eines Hertzschen Dipols zeigt folgendes Verhalten
η ∼ λ−3 ,
da für die Joule-Leistung P
P ∼ω
gilt.
Das genaue Resultat lautet
h
η = 8 ( )3 ,
λ
wobei h die Antennenhöhe bezeichnet und h ≤
λ
2
vorausgesetzt sei.
Würde eine Rundfunksendung beispielsweise mit 200 Hz, statt moduliert mit einer Trägerwelle
einer Frequenz über 100 kHz, gesendet, so wäre eine Übertragung bei üblichen Entfernungen
und Leistungsdaten nicht möglich.
Da wir auch die Luftmoleküle als Hertzsche Oszillatoren auffassen können, zeigt das Verhalten
S ∼ ω4 ,
zusammen mit weiteren Überlegungen, dass das Streulicht wesentlich mehr Blau als Rot enthält
und der Himmel blau ist.
TH Nürnberg
3.6
83
Interferenz harmonischer Wellen gleicher Frequenz
Zwei ebene harmonische Wellen gleicher Frequenz lassen sich folgendermaßen darstellen:
u1 (x, t) = u0,1 sin(ωt − kx + ϕ1 )
und
u2 (x, t) = u0,2 sin(ωt − kx + ϕ2 )
Sind die Ausgangsgleichungen linear, wie beispielsweise für Wellen mit kleiner Amplitude in
elastischen Medien, dann gilt das Superpositionsprinzip.
Der Gangunterschied der beiden Wellen beträgt
4=
ϕ1 − ϕ2
ϕ1 − ϕ2
=λ
.
k
2π
Bei Interferenz der beiden harmonischer Wellen entsteht eine harmonische Welle, deren Amplitude von u0,1 und u0,2 und dem Gangunterschied jener Wellen abhängt.
Bei Wellen mit
• dem Gangunterschied
nλ , n ∈ N0 (Phasendifferenz 0)
addieren sich die Amplituden
• dem Gangunterschied
λ
(2n + 1) , n ∈ N0 (Phasendifferenz π)
2
subtrahieren sich die Amplituden.
TH Nürnberg
84
Überlagerung zweier Wellen bei Gangunterschied nλ, n ∈ N0
u ( x ,t )
x
Abbildung 3.8 Überlagerung bei einem Gangunterschied von nλ
Überlagerung zweier Wellen gleicher Amplitude bei Gangunterschied (2n + 1) λ2 , n ∈ N0
u ( x ,t )
x
Abbildung 3.9 Überlagerung bei einem Gangunterschied von (2n + 1) λ2
Für die Überlagerung der Wellen
u1 (x, t) = u0 cos(ωt − kx)
und
u2 (x, t) = u0 cos(ωt − kx + ϕ)
erhalten wir
u(x, t) = u1 (x, t) + u2 (x, t) = u0 cos(ωt − kx) + u0 cos(ωt − kx + ϕ)
ϕ
= Aϕ cos(ωt − kx + ) ,
2
wobei
ϕ
Aϕ := 2u0 cos( ) .
2
TH Nürnberg
85
Der Betrag von Aϕ ist im Falle
• ϕ = 2n · π , n ∈ N0
maximal und hat den Wert 2u0 (konstruktive Interferenz),
• ϕ = (2n + 1) · π , n ∈ N0
minimal und hat den Wert 0 (destruktive Interferenz).
Dieses Interferenzverhalten wird beispielsweise genutzt bei
• der Längenmessung mit Hilfe eines Interferometers,
• der Messung der Schallgeschwindigkeit mit der Quinckeschen Posaune,
• der Bestimmung der Richtcharakteristik von Antennen und Schallquellen.
Längenmessung mit Hilfe eines Interferometers
Kalibrierung eines Maßstabs
Maßstab
Spiegel
Detektor
HeNe-Laser
Interferenz
Abbildung 3.10 Längenmessung am Interferometer
TH Nürnberg
Es gilt
4
ϕ
=
.
λ
2π
Gilt für den Wegunterschied 4 beider Strahlen
λ
• 4 = (2n + 1) , mit n ∈ N0 , so tritt destruktive Interferenz auf,
2
• 4 = nλ, mit n ∈ N0 , so tritt konstruktive Interferenz auf.
Die resultierende ”Amplitude” Aϕ ist proportional zu
ϕ
4
cos( ) = cos
π .
2
λ
86
TH Nürnberg
3.7
87
Stehende Wellen
Stehende Wellen lassen sich in Hinblick auf die Randbedingungen unterscheiden.
Bei festen Enden gilt für die Eigenfrequenzen
νn = n
c
, wobei n ∈ N .
2l
Grundschwingung
1. Oberschwingung
2. Oberschwingung
3. Oberschwingung
4. Oberschwingung
x
0
l
Abbildung 3.11 Grund- und Oberschwingungen bei festen Enden
Auch bei freien Enden gilt für die Eigenfrequenzen
νn = n
c
.
2l
x
0
l
Abbildung 3.12 Grund- und Oberschwingungen bei freien Enden
TH Nürnberg
88
Bei einem festen und einem freien Ende gilt für die Eigenfrequenzen
νn = (2n − 1)
c
,
4l
x
0
l
Abbildung 3.13 Grund- und Oberschwingungen bei einem festen und einem freien Ende
Beispiel für eine stehende Welle: Reflexion elektromagnetischer Wellen an Metallflächen
Sender
Metallplatte
Abbildung 3.14 Reflexion elektromagnetischer Wellen
Beträgt die Sendefrequenz ν = 433, 92 M Hz und der Abstand zweier Knoten des elektrischen
Feldes D = λ2 = 34 cm, so erhalten wir für die Ausbreitungsgeschwindigkeit
c = λ · ν = 0, 68 m · 433, 92 · 106
1
m
= 2, 95 · 108 .
s
s
Zum Vergleich der Literaturwert für die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum:
c0 = 2, 99793... · 108
m
.
s
TH Nürnberg
3.8
3.8.1
89
Wellenausbreitung nach Huygens und Fresnel
Elementarwellen
Das Huygenssche Prinzip
Der Ausbreitungsvorgang einer Welle wird so konstruiert, dass von jedem Punkt einer Wellenfläche eine kugelförmige ”Elementarwelle” ausgeht.
Die Einhüllende dieser Elementarwellen ergibt die Wellenfläche für einen späteren Zeitpunkt.
Beispielsweise lassen sich
• das Reflexionsgesetz und
• das Brechungsgesetz nach Snellius
mit Hilfe des Huygensschen Prinzips herleiten.
Nach dem Huygens-Fresnelschen Prinzip ergibt sich die Wellenanregung in einem Punkt als
Überlagerung aller von verschiedenen Punkten ausgehenden Elementarwellen, wobei deren
Phase berücksichtigt wird.
Mit diesem Prinzip kann beispielsweise die Interferenz an Beugungsgittern erklärt werden.
3.8.2
Beugung und Interferenz an Beugungsgittern
Beugung: Trifft eine ebene Welle in Normalenrichtung auf eine Ebene mit einer engen Öffnung,
deren Durchmesser klein im Vergleich zur Wellenlänge ist, so wird die eintreffende Welle abgelenkt.
Diese Beugung lässt sich erklären durch die Annahme, dass die einfallende Welle an der Öffnung (halb-)kugelförmige Elementarwellen entstehen lässt.
TH Nürnberg
90
Beugung an einem Beugungsgitter
d
ϑ
Abbildung 3.15 Beugungsgitter
d: Gitterkonstante
p: Anzahl der Öffnungen
ϑ: Winkel zwischen Ausbreitungsrichtung der einfallenden und
der abgelenkten Wellen
Parallele Strahlen, die von zwei benachbarten Öffnungen ausgehen, und jeweils um ϑ abgelenkt
werden, weisen den Gangunterschied
4 = d sin ϑ
auf.
Betrachten wir lediglich Überlagerungen zweier Wellen, die an zwei Öffnungen im Abstand d
gebeugt werden, so gilt
für die Richtungen mit konstruktiver Interferenz
sin ϑ = n ·
λ
, wobei n ∈ N0
d
und für die Richtungen mit destruktiver Interferenz
sin ϑ =
2n + 1 λ
· , wobei n ∈ N0 .
2
d
TH Nürnberg
3.9
91
Optischer Doppler-Effekt
Bei elektromagnetischen Wellen gibt es eine von der Relativgeschwindigkeit abhängige Frequenzverschiebung.
Dabei wird eine
• Blauverschiebung der Wellen bei relativer Annäherung und
• eine Rotverschiebung bei relativer Entfernung
von Beobachter und Quelle gemessen.
B
Q
Abbildung 3.16 Optischer Doppler-Effekt
Nun betrachten wir eine Kugelwelle, die von einer punktförmigen Lichtquelle Q emittiert wird.
Die Lichtquelle Q ruhe im Ursprung des Bezugsystems S, der Beobachter ruhe im Bezugsystem
S 0.
Die Relativgeschwindigkeit zwischen S und S 0 betrage u.
Im System S wird durch die Gleichung
u(r, t) =
A iω(t− r )
c
e
r
eine harmonische Kugelwelle beschrieben. Dabei ist ω = 2πν, ν die Frequenz hinsichtlich S
und r = BQ.
TH Nürnberg
92
Der gegenseitige Abstand Punkte B und Q ist
r = x · cos ϕ + y · sin ϕ .
B ( x , y)
y
y
y sin φ
r
.
x cos φ
φ
φ
x
Q (0,0)
Abbildung 3.17
und Koordinaten
x
Doppler-Verschiebung
Um die Kugelwelle im System S 0 zu betrachten, transformieren wir
• den Abstand r = r(x, y, t) und
• die Phase
x
y
r
ω (t − ) = ω (t − cos ϕ − sin ϕ)
c
c
c
mit Hilfe der Lorentz-Transformation.
Damit erhalten wir
• den Abstand r0 := r(x0 , y 0 , t0 ) und
• die Phase
t0 + cu2 x0
x0 + ut0 cos ϕ
sin ϕ
ω (p
−p
·
− y0 ·
),
2
2
c
c
1−β
1−β
wobei β := uc .
Mit den Bezeichnungen ν 0 und ϕ0 und folgender Darstellung der Phase
x0
y0
0
2πν (t − cos ϕ − sin ϕ0 )
c
c
0
0
TH Nürnberg
93
erhalten wir die Gleichungen
t0
ut0
cos ϕ
),
ν 0 t0 = ν ( p
−p
1 − β2
1 − β2 c
−ν 0
u 0
x0
x0
cos ϕ
2x
cos ϕ0 = ν ( p c
−p
·
),
c
c
1 − β2
1 − β2
−ν 0
y0
sin ϕ
sin ϕ0 = −νy 0
.
c
c
Somit gilt
1 − β cos ϕ
ν0 = ν p
,
1 − β2
ν cos ϕ − β
p
,
ν0
1 − β2
ν
sin ϕ0 = 0 sin ϕ .
ν
cos ϕ0 =
• Die erste dieser Gleichungen gibt die Doppler-Verschiebung an,
• die beiden folgenden Gleichungen zeigen, dass sich die Einfallswinkel in beiden Systemen unterscheiden, d.h. unterschiedliche Aberrationswinkel auftreten.
Die Gleichungen gelten auch, wenn wir u durch −u, und damit β durch −β, ersetzen.
Vertauschen wir die zusätzlich die Rollen von S und S 0 , so erhalten wir gemäß der ersten Gleichung:
p
1 − β2
.
ν0 = ν
1 + β cos ϕ0
TH Nürnberg
94
(i) longitudinaler Doppler-Effekt
Hier bewegen sich der Beobachter B und die Lichtquelle Q entlang einer Verbindungslinie.
Ist ϕ0 = 0, so entfernen sie sich voneinander. Dann gilt
p
1 − β2
.
ν0 = ν
1+β
Ist ϕ0 = π, so bewegen sie sich aufeinander zu. Dann gilt
p
1 − β2
.
ν0 = ν
1−β
Entwickeln wir diese Terme bis zur zweiten Ordnung in β, so erhalten wir
1
ν 0 ≈ ν(1 ∓ β + β 2 ) ,
2
wenn β 1.
(ii) transversaler Doppler-Effekt
Sind Beobachtungsrichtung und Bewegungsrichtung zueinander orthogonal, so erhalten wir,
mit ϕ0 = π2 ,
ν0 = ν
p
1 − β2 < ν .
In der nichtrelativistischen Mechanik tritt dieser Effekt nicht auf.
Ferner erhalten wir für ϕ die Gleichung
cos ϕ = β .
Setzen wir für v die Bahngeschwindigkeit der Erde relativ zur Sonne, so erhalten wir
β ≈ 10−4 und ϕ0 − ϕ ≈ 2000 .
TH Nürnberg
95
3.10
Wechselwirkung elektromagnetischer Wellen mit Materie
3.10.1
Die Quantenzahlen von Elektronen der Atomhülle
Die Zustand eines Hüllenelektrons wird charakterisiert durch folgende Quantenzahlen:
Hauptquantenzahl n
n = 1, 2, ...
(K−, L−, ... Schale)
Neben- oder Drehimpulsquantenzahl l
l = 0, 1, 2, 3, ...., n − 1
(s−, p−, d−, f − Elektronen)
magnetische Quantenzahl m
Spinquantenzahl s
m = −l, −l + 1, ..., 0, ..., l − 1, l
s ± 12
Die Elektronen werden beispielsweise beschrieben anhand der Lösungen ψ der Schrödingergleichung. Mittels ψ lässt sich deren Wahrscheinlichkeitsdichte bestimmen.
Doch bereits mit Hilfe von Niels Bohrs Atommodell (1913) ließ sich das H-Linienspektrum
erklären.
Bohr ging davon aus, dass
• stationäre Energiezustände mit Energiewerten Wk existieren, in denen das Atom nicht
strahlt,
• Strahlung nur beim Übergang zwischen zwei Energiezuständen auftritt und diese die
Energie
hν = Wk − Wl , wobei h : Plancksches Wirkungsquantum ,
besitzt und
• für den Drehimpuls L der Elektronen die Bedingung
L=n
h
, wobei n ∈ N ,
2π
gilt.
Bohr interpretierte die Elektronenzustände als Bewegungen der Elektronen auf Kreisbahnen.
Nach Bohr beträgt die Gesamtenergie des Elektrons der Masse m auf der Bahn n
Wn = −
me4 1
820 h2 n2
und die Frequenz ν der, beim Übergang von Bahn n2 zu Bahn n1 emittierten Strahlung
ν=
Wn2 − Wn1
1
me4 1
= 2 3 ( 2 − 2).
h
80 h n1 n2
TH Nürnberg
96
Der Aufbau der Elektronenhülle genügt
• dem Pauli-Prinzip, das besagt, dass sich zwei Elektronen eines Atoms in zumindest einer
Quantenzahl unterscheiden müssen und
• der Regel, dass von zwei möglichen Zuständen der energetisch günstigere angenommen
wird.
3.10.2
Das Photon
Einstein konnte 1905 durch seine Deutung des äußeren Photoeffekts die Beobachtung von W.
Hallwachs (1888), dass
• die Energie der aus einer negativ geladenen Metallplatte austretenden Elektronen nur von
der Frequenz des Lichtes und
• ihre Anzahl nur von der Intensität des Lichtes abhängt,
erklären.
Ist die Wellenlänge des Lichts hinreichend klein, so treten aus einer Metalloberfläche Elektronen aus.
Deren kinetische Energie W lässt sich beispielsweise durch eine Gegenspannung messen.
-
K
A
+
Abbildung 3.18 Photozelle zur Messung der Lichtintentsität
Die Einstein-Gleichung
W = hν − W0
zeigt, dass die kinetische Energie der Elektronen mit der Frequenz des Lichtes zunimmt. W0 ist
die Arbeit, die für die Lösung der Elektronen von der Metalloberfläche notwendig ist.
TH Nürnberg
97
Nach der Hypothese, dass Lichts eine elektromagnetische Welle ist, würde sich die Energie mit
der Lichtintensität erhöhen.
Nach der Planckschen Hypothese hingegen, besteht Licht der Frequenz ν aus Photonen der
Energie hν.
3.10.3
Das Plancksche Strahlungsgesetz
Um die empirischen Ergebnisse zur Energieverteilung der schwarzen Strahlung zu erklären,
stellte Max Planck 1900 eine der klassischen Physik widersprechende Annahme vor. Diese
Hypothese besagt, dass
ein strahlendes System Energie nicht kontinuierlich an ein Strahlungsfeld abgeben
kann, sondern nur in ganzzahligen Vielfachen des Energiequantums hν.
Nach Planck genügt die spektrale Energiedichte ρ(ν, T ) der Hohlraumstrahlung im thermischen
Gleichgewicht dem Gesetz
ρ(ν, T ) =
4πh ν 3
.
hν
c3 e kT
−1
In folgender Abbildung ist ρ als Funktion ρ = ρ(ν), parametrisiert für T , dargestellt:
ρ( ν ,T )
−16
10
−3
Js m
8000 K
6000 K
4000 K
2000 K
IR
UV
ν
10 14 s−1
Abbildung 3.19 Die spektrale Energiedichte ρ(ν, T )
TH Nürnberg
98
Einsteins Herleitung des Planckschen Strahlungsgesetzes
Werden Atome durch die Absorption der Energie hν angeregt, so ist das Verhältnis der Teilchenzahldichte n0 der nicht-angeregten Atome zu der Teilchenzahldichte n∗ der angeregten
Atome im thermischen Gleichgewicht durch die Boltzmann-Verteilung
hν
n∗
= e− kT
n0
bestimmt.
Neben den beiden bekannten Prozessen, der Absorption und der spontanten Emission, stellt
Einstein einen weiteren Prozess vor, der als erzwungene oder stimulierte Emission bezeichnet
wird, und als ein zur Absorption inverser Vorgang betrachtet werden kann.
Im Gleichgewicht ist die Häufigkeit der Absorptionen von Photonen der Energie hν gleich der
Häufigkeit der entsprechenden Emissionen.
Folgende Prozesse tragen dabei zum Energieaustausch zwischen Atomen und Photonen bei:
• Absorptionen, wobei deren Häufigkeit proportional zu n0 und ρ(ν, T ) ist,
• spontane Emissionen, wobei deren Häufigkeit proportional zu n∗ ist,
• stimulierte Emissionen, wobei deren Häufigkeit proportional zu n∗ und ρ(ν, T ) ist.
Wechselwirkungen mit elektromagnetischen Wellen der Energie hν können auftreten, wenn die
Energie gleich der Differenz im Energieniveau 4E zu einem freien Quantenzustand ist.
E
ΔE
Absorption
spontane
Emission
stimulierte
Emission
Abbildung 3.20 Wechselwirkungen mit dem Strahlungsfeld
TH Nürnberg
99
Anmerkung
Der Prozess der erzwungenen Emission ist notwendig für die Wirkungsweise des Lasers (Light
Amplification by Stimulated Emission of Radiation) und Masers (Microwave Amplification by
Stimulated Emission of Radiation). Zusätzlich muss, bei zwei Niveaus, der angeregte Zustand
stärker besetzt sein als der Grundzustand.
TH Nürnberg
100
3.11 Übungsaufgaben
Aufgabe 1
Ein Hertzscher Oszillator sende, nach einer zusätzlichen Amplitudenmoduation, ein Signal der
Form
U (t) = U0 (1 + m sin(2πν · t + ϕ)) cos(2πν0 )
mit ν = 200 Hz und der Frequenz ν0 = 600 kHz der Trägerwelle. Der Wirkungsgrad
h
η = 8( )3
λ
für die Abstrahlung der Trägerwelle sei 10%.
a) Bestimmen Sie die Antennenhöhe h.
b) Welchen Wirkungsgrad hätte der Sender, wenn das Signal
U (t) = U0 (1 + m sin(2πν · t + ϕ))
übertragen würde?
c) Vergleichen Sie die radiale Abhängigkeit der Feldstärke E = E(r) des Fernfeldes mit
der eines statischen Dipols.
Aufgabe 2
a) Bestimmen Sie eine Lösung der Telegraphengleichung
~ = µ0 0
4E
~
~
∂E
∂ 2E
+
µ
σ
0
∂t2
∂t
für eine ebene, sich in x-Richtung in einem Medium mit der Leitfähigkeit σ fortpflanzende Welle.
b) Geben Sie, für große Frequenzen ω µ0 σc2 , eine von der Wellenlänge abhängige untere
Schranke für die Intensität der Welle an.
TH Nürnberg
101
Aufgabe 3
In der abgebildeten Versuchsanordnung dienen als bewegte Lichtquelle sich mit hoher Geschwindigkeit bewegende Atome eines Kanalstrahls.
Interferometer
Spiegel
Spalt eines
Spektrographen
Kanalstrahl
Deren Licht wird sowohl direkt, durch ein Interferometer, als auch indirekt, über einen Spiegel und durch das Interferometer, auf einen Spalt eines Spektrographen abgebildet. Dabei gelte
ϕ0 = π bei der direkten und ϕ0 = 0 bei der indirekten Beobachtung. Bei der indirekten Beobachtung wird die Wellenlänge
λrot = 4885, 18 Å ,
bei der direkten Beobachtung die Wellenlänge
λblau = 4836, 94 Å
gemessen.
a) Entwickeln Sie die Frequenzen ν 0 des longitudinalen Dopplereffekts für ϕ0 = 0 und
ϕ0 = π bis zur 2. Ordnung in β zum Entwicklungspunkt β0 = 0.
b) Bestimmen Sie die Geschwindigkeit der Atome und die Wellenlänge λ des Emissionsspektrums im Ruhesystem.
Aufgabe 4
Um die Geschwindigkeit zu bestimmen, mit der eine Rakete fliegt, wird sie von der Startstelle
aus mit Radarwellen verfolgt. Sie treffen die Rakete in Flugrichtung und werden von ihr reflektiert. Wird die ausgesandte Welle mit der (empfangenen und geeignet verstärkten) reflektierten
Welle im Empfänger überlagert, so entsteht eine im Kopfhörer wahrnehmbare Schwebungsfrequenz. Welche Geschwindigkeit hat die Rakete, wenn die ausgesandte Welle die Frequenz
300 M Hz hat und die Schwebungsfrequenz 1500 Hz beträgt?
TH Nürnberg
102
Aufgabe 5
Die beobachteten Wellenlängen λ des Balmer-Spektrums des Wasserstoffatoms lassen sich sehr
gut mittels
λ−1 = const. · (
1
1
− 2 ) , mit n2 = 3, 4, 5, .... ,
2
2
n2
bestimmen.
a) Geben Sie den Zusammenhang zwischen beobachteten Frequenzen und den Energieniveaus des Bohrschen Atommodells an und geben Sie den Wert obiger Konstanten an.
b) Bestimmen Sie die Wellenlänge jener Balmer-Spektrallinie, welche die niedrigste Energie
aufweist.
Aufgabe 6
a) Leiten Sie aus dem Planckschen Strahlungsgesetz den Wert νm her, an dem das Maximum
der Strahlungsdichte ρ(., T ) eines Hohlraumstahlers liegt und bestimmen Sie den Wert
der maximalen Strahlungsdichte ρ(νm , T ).
b) Für die Sonne gilt νm = 3, 4 · 1014 Hz. Bestimmen Sie die Oberflächentemperatur der
Sonne.
TH Nürnberg
Notation und Konstanten
k:
h:
Botzmann-Konstante, k = 1, 38 · 10−23 JK −1
Plancksche Konstante h = (6, 62620 ± 5) · 10−34 Js
E: elektrische Feldstärke
D: Verschiebungsdichte
H: magnetische Feldstärke
B: magnetische Flussdichte
:
Dielektrizitätskonstante
0 : elektrische Feldkonstante, Influenzkonstante; 0 = 8, 8542 · 10−12 CV −1 m−1
µ: Permeabilität
µ0 : magnetische Feldkonstante, Induktionskonstante; µ0 = 1, 2566 · 10−6 V sA−1 m−1
103
TH Nürnberg
104
Literatur
[1] L. Bergmann C. Schaefer, Lehrbuch der Experimentalphysik, Band III Optik,
W. de Gruyter
[2] I. N. Bronstein, K. A. Semendjajew, Taschenbuch der Mathematik, B. G. Teubner, Nauka
[3] A. Budó, Theoretische Mechanik, VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften
[4] C. Gerthsen, H. O. Kneser, H. Vogel, Physik, Springer-Verlag
[5] H. F. Grave, Grundlagen der Elektrotechnik I, II, Akademische Verlagsgesellschaft
[6] K.-H. Hellwege, Einführung in die Festkörperphysik, Springer-Verlag
[7] E. Hering, R. Martin, M. Stohrer, Physik für Ingenieure, Springer-Verlag
[8] H. Heuser, Gewöhnliche Differentialgleichungen, B. G. Teubner
[9] J. Hugel, Elektrotechnik, Grundlagen und Anwendungen, B. G. Teubner
[10] J. D. Jackson, Classical Electrodynamics, John Wiley & Sons
[11] L. D. Landau, E. M. Lifschitz, Lehrbuch der Theoretischen Physik, Band V,
Statistische Physik, Teil I, Akademie Verlag
[12] F. Reif, Statistische Physik und Theorie der Wärme, W. de Gruyter
[13] A. Sommerfeld, Thermodynamik und Statistik, Verlag Harri Deutsch
[14] U. Tietze, Ch. Schenk, Halbleiterschaltungstechnik, Springer-Verlag
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