Enzymatische Studien an Milchsäurebakterien.

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Enzymatische Studien an Milchsäurebakterien.
Von
Artturi L Yirtaneu.
Mit 2 Figuren im Text.
(Aus dem Biochemischen Laboratorium der Universität Stockholm.)
(Der Redaktion zugegangen am 17. Dezember 19230
Die Bildung eines Hexosephosphorsäureesters, des Zymophosphats, als Zwischenprodukt bei der alkoholischen Gärung
ist sehr wichtig für die ganze Gärungschemie geworden durch
die Befunde von Embden und Mitarbeiter, daß Muskelpreßsaft eine Bildung von Milchsäure aus Zymophosphat hervorruft.
Die alte von Buchner und Meisenheimer vertretene Annahme von der Milchsäure als Zwischenprodukt der alkoholischen Gärung tritt dadurch von neuem hervor. Andererseits
haben die Arbeiten von Neuberg und Mitarbeiter die Brenztraubensäure als Zwischenprodukt der alkoholischen Gärung
sehr wahrscheinlich gemacht.
Von großem Interesse für die Frage von der Bedeutung
des Zymophosphats bei der Milchsäurebildung ist: Wird bei
der normalen, von typischen Milchsäurebakterien hervorgerufenen
Milchsäuregärung Zymophosphat als Zwischenglied gebildet
oder nicht. Mit dieser Frage haben schon Euler und Svanb er g1) vor Jahren sich beschäftigt und zwar mit negativem
.Resultate. Da sie jedoch nur mit lebenden Bakterien (B.
casei E.) in verhältnismäßig schwachen Bakterienemulsionen
gearbeitet haben, scheint die Prüfung der Frage mit konzen*) Diese Zs. Bd. 100, S. 148 (1911).
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Enzymatische Studien an Milchsäurebakterien.
801
trierten Bakterienlösungen und Bakterientrockenpräparaten erforderlich.
Über den Enzymgehalt, die Enzymbildungen und EnzymVeränderungen der Hefen gibts schon eine Menge quantitative
Bestimmungen, besonders von Euler und Mitarbeiter. Da die
Mikroorganismen nur wegen ihrer Enzyme chemisch wirksam
sind, bilden diese Arbeiten den Anfang für die moderne Biochemie der Mikroorganismen. Über die Enzyme der Bakterien
ist noch sehr wenig Quantitatives bekannt. Um auch in der
Bakteriologie die quantitative Enzymbestimmung einzuführen,
wurde in vorliegender Arbeit das Gärungsvermögen der Milchsäurebakterien pro Zelle zu bestimmen versucht. Einige Versuche über die Katalase und das Vermögen der Milchsäurebakterien, das Methylenblau zu reduzieren, wurden auch ausgeführt.
Die Herstellung des Trockenpräparats und Acetondauerpräparats.
Das Bakterienmaterial wurde von einer Eeinkultur des
Streptococcus lactis in der Molke hergestellt. Die Lactokokken
wurden an Stelle der viel größeren Caseibakterien gewählt,
-weil sie viel alkalitoleranter sind als diese. Das pH-Maximum
der Caseibakterien ist nämlich bei pH 6—7, wo die Zymophospbatbildung mit Hefe nach Euler und Nordluüd 1 ) sein
Optimum hat; die Lactokokken gedeihen sehr gut noch bei
PH über 7. Eine Reinkultur von Str. lactis in Milch verdanke
ich Herrn Prof. Chr. Barthel, Experimentalfältet, Stockholm.
Das Züchten der Bakterien in großer Skala für die Herstellung des Trockenpräparats geschah in geklärter Molke. Für
die Beschaffung der Molke danke ich bestens dem Vorstand
des Molkereiversuchslaboratoriums des Staates, Herrn E. Haglund und Assistent C. Buhrgard. Die sterilisierte Molke
mit 2—3°/0 Molkereinkultur von Str. lactis geimpft, wurde
2—3 Tage bei Zimmertemperatur stehen gelassen und dann
mit einer Zentrifuge von 7000 Tourenzahl pro Minute zentrifugiert. Der ausgeschiedene grauweiße Zentrifugenschlamm
l
) Diese Zs. Bd. 116, S. 229 (1921),
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302
Artturi LVirtanen,
wurde mit Wasser gewaschen und dann auf Tonteller in
dünner Schicht getrocknet Nach 10—15 Stunden war die
Masse ganz trocken (Trockenpräparat). Die Ausbeute an
Trockenpräparat pro 100 Liter Molke betrug etwa 40 g.
Zur Überführung in das Dauerpräparat wurde das Trockenpräparat in das zehnfache Gewicht Aceton eingetragen, nach
15 Minuten an der Saugpumpe filtriert, auf dem Filter sorgfältig mit Äther gewaschen und im Vakuum getrocknet.
Die Farbe sowohl des Trockenpräparats als des Acetondauerpräparats war hellgelb. Bei mikroskopischer Untersuchung nach Färbung mit Methylenblau zeigte sich, daß die
beiden Präparate aus gut gefärbten Bakterienzellen bestehen,
welche große Klumpen bildeten. Ungeformte Verunreinigungen
(Eiweißstoffe usw.) waren nur in Spuren vorhanden.
Die Anzahl der Bakterien im Trockenpräparat.
Das Zählen der Zellen direkt im Trockenpräparat gelang
nicht wegen der Unmöglichkeit, eine homogene Emulsion der
getrockneten Bakterien in Wasser zu erhalten. Vor dem
Trocknen gelang es jedoch die Bakterienmasse durch energisches
Schütteln ziemlich homogen in Wasser zu mischen und in der
Lösung die Bakterien nach Skar zu zählen. Folgende Zählung
zeigt die Bakterienzahl in l g Trockenpräparat, für dessen
Herstellung sehr klare Molke angewandt wurde:
0,2925 g sehr reine, nicht getrocknete Bakterienmasse
(Wassergehalt 70,4°/0) wurde in 950 ccm Wasser eingetragen
und die Lösung l/2 Stunde in der Schüttelmaschine geschüttelt.
Nachdem 50 ccm sterilisierte Milch zugesetzt1) und die Lösung
nochmals einige Minuten geschüttelt war, wurden die Bakterien
nach Skar gezählt. Als Resultat von zwei Bestimmungsserien wurden 99 Millionen und 89 Millionen, Mittel 94 Millionen
Bakterien im ccm, in der ganzen Lösung also 94 Milliarden
gefunden. Da der Wassergehalt des Präparats 70,4°/0 ist,
enthält l -g wasserfreies Trockenpräparat 950 Milliarden —
9,5-1011 — Bakterien.
*) Die Milch wurde zugesetzt, um eine gleichmäßige Verteilung der
Lösung auf das Objektglas zu ermöglichen.
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Euzymatische Studien an Milchsäurebakterien.
303
Weil das für die Zahlung angewandte Präparat sehr rein
war und höchstens Spuren von Verunreinigungen enthielt, kann
man aus obigen Zahlen das Gewicht einer getrockneten Str.
lactis-Zelle zu l · 10~10 mg berechnen. Der Trockensubstanzgehalt der lebenden Bakterien ist etwa 10— 20%. Das Lebendgewicht einer Zelle von Str. lactis ist also etwa 5 bis 10· l O""10 mg.
Beim Züchten der Bakterien in großer Skala war die angewendete Molke nicht ganz klar und die Bakterienzahl in
Trockenpräparaten aus diesen Kulturen war darum bedeutend
niedriger als diejenige aus wasserkiarer Molke. In verschiedenen
Trockenpräparaten dieser Art wurden 650—750 Milliarden
Zellen, im Mittel 700 Milliarden pro l g Trockensubstanz
gefunden.
Das Gärungsvermögen der lebenden und getrockneten Zellen.
Prinzipiell bietet die Bestimmung des Gärungsvermögens
der Milchsäurebakterien keine Schwierigkeiten. Die Bildung
der Milchsäure ist durch Titrieren zu bestimmen und die
Bakterien kann man unter dem Mikroskop zählen. Die Tatsache, daß die Milchsäuregärung ziemlich langsam vor sich geht,
macht die Bestimmung jedoch komplizierter. Während der
relativ langdauernden Versuchszeiten wird die Anzahl der
Zellen, besonders im Anfang der Versuche stark vermehrt und
es ist nicht leicht, die Bakterienzahl, die durchschnittlich
während der ganzen Zeit eingewirkt hat, zu berechnen. 0. K ah n *),
der in einer sehr interessanten Arbeit die Stundengärleistung
von Str. lactis zu bestimmen versuchte, hat für die Stundengärleistung pro Zelle" die Formel aufgestellt:
S
y(b-a)
WO
f(i-a)log2
x = Stundengärleistung pro Zelle,
S = die Menge der während der Zeit t gebildeten Milchsäure,
y = die Generationsdauer,
a == die Zahl der Zellen zu Beginn des Versuchs,
b = die Zahl der Zellen nach Ablauf der Zeit t.
l
) Centralbl. f. Bakt, II. Abt., Bd. 32, S. 875 (1912).
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Artturi L Virtanen,
Die wichtigste Annahme bei der Berechnung dieser Formel
ist, daß die Bakterien sich in geometrischer Reihe fortpflanzen,
was ja im großen und ganzen nach mehreren Forschern zutrifft.
Eine regelmäßige Fortpflanzung kommt jedoch nur während
der Anfangsperiode vor, dann wird die Fortpflanzung sehr
langsam und nicht mehr alle Zellen teilen sich. Während
der Fortpflanzungsperiode konnte die Rahnsche Formel große
Dienste leisten, wenn die gebildete Milchsäuremenge hier nicht
so klein wäre, daß sie nicht mit genügender Genauigkeit bestimmt werden kann. Es ist darum zweckmäßig, daß man
das Gärungsvermögen der Zellen erst dann bestimmt, wenn
die Milchsäure in der zu den quantitativen Bestimmungen
ausreichenden Menge gebildet wird. Die Bakterienfortpflanzung
ist während dieser Zeit schon sehr langsam und die Berechnungen werden dadurch einfacher.
Rahn hat die Stundengärleistung des Str. lactis in Milch
bestimmt und zwar durch die Säurezunahme, gewöhnlich nach
12 bzw. 24 und 48 Stunden, ohne die Säure in den Kulturen
während der'Gärung zu neutralisieren. Da die Wasserstoffionenkonzentration durch die gebildete Milchsäure während
des Versuchs stark zunimmt und die Gärungsfähigkeit von der
Wasserstoffionenkonzentration in hohem Grade abhängig ist,
kann von einer konstanten Stundengärleistung bei diesen Versuchen nicht die Rede sein. Dies zeigt sich sehr auffallend
in einer Versuchsserie von Rahn 1 ), in welcher die Säurezunahme nach je 3 Stunden bestimmt wurde. Wenn die
Stundengärleistung nach 15 Stunden 13,8 ·10~10 betrug, war
sie nach 21 Stunden 6,6 · 10""10 und nach 24 Stunden nur
2,0-10-10.
Ich habe meine Gärungsversuche bei möglichst konstantem
PH in der Molke ausgeführt. Die Versuchslösungen wurden
mit Brom-Kresol-Phenol — l ccm 0,04 °/0 Indicatorlösung
pro 50 ccm Molke — versetzt, die Lösungen mit einer Molkereinkultur von Str. lactis geimpft und dann mit Natronlauge bis
zu einer Farbenstärke titriert, bei der pH der Molke nach den
l
) a. a. 0. S. 388.
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Enzyinatische Studien an Milchsäurebakterien.
305
elektroinetrischen Messungen 6,25 war. Um dem Farbenumschlag
in den Versuchslösungen genauer zu folgen, wurde zur Vergleichung eine Kontrolllösung von Molke angewandt, die bis
zu derselben Farbenstärke titriert war. Die Kulturen wurden
dann von Zeit zu Zeit mit 0,2 n-Natronlauge titriert. Die
Lactokokken haben nach Svanberg 1 ) ein flaches "Wachstumsoptimum bei PH 5,5—6,4, so daß die Gärungen unter optimaler
Wasserstoffionenkonzentration verliefen.
Um das Gärungsverrnögen der Bakterien quantitativ auszudrücken und vergleichbare Werte mit den bei Hefe untersuchten Enzymwirkungen zu erhalten, wurden die Rechnungen
unter der Annahme, daß die Eeaktion nach der monomolekularen Gleichung
a—
verläuft, ausgeführt Die gebildeten Milchsäuremengen sind
bei genügender Zuckerkonzentration von der Anfangskonzentration des Zuckers unabhängig, der Reaktionskoeffizient k ist
also umgekehrt proportional der Zuckerkonzentration, so daß:
k Zuckerkonzentration = konst. Da die Reaktionsgeschwindigkeit der Enzymkonzentration, in unserem Falle der Zellenzahl
proportional ist, wird das Gärucgsvermögen pro Zelle durch
den Quotienten
k
Zackerkonzentration
Zellenzahl
ausgedrückt. Ich werde diesen Ausdruck mit G v (Gärungsvermögen) bezeichnen.
Die Bestimmung der Zellenzahl geschah unter dem Mikroskop mit einem Mikrometerokular von Skar. Um die Volumenvenninderungen während der Gärung, welche die Rechnungen
von k kompliziert gemacht hätten, zu vermeiden, wurde die
Skarsche BakterienzähluDgsmethode etwas modifiziert. Nach
tüchtigem Umrühren wurde direkt aus der Versuchslösung
0,02 ccm herauspipettiert und auf ein Objektglas gesetzt. Der
Tropfen wurde dann mit dem Platindraht mit Carbolmethylenblau versetzt, gut umgerührt und dann auf einer Oberfläche
*) Diese Zs. Bd. 10S, S. 120 (1919).
Hoppe-Seyler's Zeitschrift f. pbyrfol, Chemie. CXXXIV.
20
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306
Artturi I. Virtanen,
von 20 24 mm2 verbreitet. Nach dem Trocknen bei Zimmertemperatur wurden die Bakterien nach Skar gezählt Einige
vergleichende Bestimmungen zeigten, daß man nach dieser
Methode ziemlich übereinstimmende Werte mit der ursprünglichen Skar sehen Methode erhält Dies geht aus folgenden
Bakterienzählungen in Molkekultur von Str. lactis hervor:
nach Skar
nach meiner Modifizierung
175 000 Bakterien in l ccm
225000
„
„
„
370000
„
.,
„
160000 Bakterien in l ccm
250000
„
„ :?
345000
.,
., ..
Die durchschnittliche Bakterienzahl, welche während der
Verzuchszeit zwischen zwei Säurebestimmungen eingewirkt hat,
wurde einer Kurve entnommen, welche mit der Bakterienzahl
als Ordinate und der Versuchszeit als Abszisse gezeichnet war.
Der der halbierten Versuchszeit entsprechende Punkt zeigt
die durchschnittliche Zeilenzahl. Ist die Bakterienvermehrung
stark, so kann diese Eechnungsmethode keine richtigen Resultate
geben. Bei meinen Versuchen ist jedoch die Zunahme der
Zellenzahl während der Säurebildungsperiode, besonders bei 30
und 37 ° so gering, daß die auf obige Weise ermittelten durchschnittlichen Bakterienzahlen im großen und ganzen zutreffen.
Die Resultate der Gärungsversuche bei verschiedenen
Temperaturen gehen aus folgenden Tabellen hervor. Das anTabelle 1.
Die Milchsäuregärung mit lebenden Zellen bei 18—19°.
Bakterienzahl
ccm
pro ccm
0,2n-NaOH
in Minuten in Millionen
Zeit
0
560
1350
1680
2025
2770
5
200
450
520
615
667
1
t
Q, —r X
k X g Zucker
Zellenzahl
__
0,40
2,00
3,35
5,35
8,45
2,1- 10-6
6,8-10-°
13,9*10-°
18,8·10~6
14,5-10-°
k x g Zucker
im Mittel = 10,6 -10— 16
Zellenzahl
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—
8,7·10-16
11,7·10-16
13,2- -16
8,6· -16
Enzymatische Studien an Milchs urebakterien.
307
Tabelle 2.
Die Milchs uveg rung mit lebenden Zellen bei 30°.
Bakterienzahl
ccm
„ ΙΛΟ»
pro ccm
0,2n-NaOH t 10g a - χ
in Minuten in Millionen
k X g Zucker
Zellenzahl
Zeit
0
560
5
205
300
810
340
340
330
1350
1500
1680
2025
2770
Zellenzahl
—
1,00
4,90
6,10
7,90
10,40
15,20
—
—
5,9· 10""°
16,8 ·10~6
27,2· 10~16
34,8· 10-16
40,6·10~10
27,7 ·10-10
24,0· 10-10
27,3 ao-
35,0· 10~6
26,1 *10~6
23,6·10-ΰ
Mittel =30,9- 10-«.
Tabelle 3.
Die Milchs ureg rung mit lebenden Zellen bei 37°.
Zeit
in Minuten
0
560
1350
1680
2025
2770
Bakterienzahl
pro ccm
ccm
1
0,2 n-NaOE
in Millionen
_
5
120
197
—
270
246
0,90
3,10
4,50
6,20
9,20
a
t <·>.-,
}
k X g Zucker
Zellenzahl
—
—
5,2* 10-°
9,4 ΊΟ-6
14,5 -ΙΟ""6
17,1-10-°
14,4 ·10~6
24,6- 10~16
28,0· ΙΟ""lc
28,8· 10""1C
22,3·10~1β
bXjrZucker . «... , 0 _ n ,-ic
rr- im Mittel = 25,9 · 10
Zeilenzahl
—~
fangliche Volumen der G rl sungen war in jedem Falle 53,3 ccm.
Der Milchzuckergehalt der L sungen betrug 0,0441 g pro l ccm.
Beim Rechnen der Werte von k sind die beim Titrieren entstehenden Zunahmen des Volumens mitberechnet.
Aus den Tabellen geht hervor, da die Beziehung
Zucker
Zellenzahl
mit ausreichender Genauigkeit gilt Die Konstanz des Quotienten
ist besonders in der Versuchsserie bei 37° berraschend gut
20*
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308
Arttüri LYirtaoen,
Die Baktcrienvennehrung und das Grärungsvennogen der
Zellen bei verschiedenen Temperaturen sind graphisch in
700
650
600
SSO
ii***
40 7
I:
t
250
900
50
.250
500
750 1000 2250 7500 175O 2000 2250 2500 2750 3000
Zeit In Minuten
Kg. 1.
**
Gärungs
\
15
20
25
3Q
Temperatur
35
Fig. 2.
Fig. l und 2 dargestellt. Aus denselben ersehen wir, daß die
Bakterienzahl ihre höchsten Werte bei niedriger Temperatur
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309
Enzymatische Studien an Milchs urebakterien.
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iurenK
erreicht, das Optimum
des G rungsverm gens
dagegen bei etwa 30°
liegt
Berechnet man die
Stundeng rleistungen aus
den obigen Zahlen nach
der Formel von Rahn
und einfach dadurch,
da die in bestimmter
Zeit gebildete Milchs ure
durch die durchschnittliche Zellenzahl und die
Zeit in Stunden dividiert
wird, erh lt man folgende
Werte.
Die Tabelle zeigt,
da
die Stundeng rleistungen, nach Rahn
berechnet, etwas hoher
sind als nach unseren
Rechnungen. Der Unterschied ist jedoch nicht
sehr gro . Auffallend
ist die gute Konstanz
der Stundeng rleistungen
nach unseren __ Rechnungen.
Die Bestimmungen
der Stundeng rleistungen
von Rahn 1 ) f r acht
verschiedene St mme von
Str. lactis bei Zimmertemperatur haben Zahlen
zwischen 734·10~ι° und
ι
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810
Arfcturi L Virtanen,
32,5· 10~10 gegeben, also bedeutendhöheralsmeine Bestimmungen.
Das beruht zum größten Teil darauf, daß Kahn die Bakterien
mittels der Plattenmethode bestimmt, und dadurch mindestens
um die Hälfte zu niedrige Bakterienzahlen gefunden hat.
Andererseits ist die Wasserstoffionenkonzentration am Ende
seiner Versuche sehr hoch gewesen, so daß das Gärungsvermögen während der Gärungen nicht konstant gewesen ist,
wie schon oben gesagt.
Zur Vergleichung des Enzymgehalts in Hefen und Lactokokken sei hier das Inversionsvermögen einiger Hefen bei 17°
und optimaler Acidität nach Euler und Mitarbeiter erwähnt.
Inv.
Hefe,H; untergärige Brauereihefe ) .
10 ± 2 · l (T"1*
Hefe SB; Brennerei-Oberhefe1) . . . 3,0 ± 0,5 · 10~13
Oberhefe B,2)
8,5 -K)-12
Saccharomyces Marxianus*)
4,6-10~"u
8
Torula )
1,1- "13
1
Die Inversionsfähigkeit der Hefen ist also viel größer als
das Gärungsvermögen der Lactokokken. Es gibt jedoch große
Unterschiede zwischen verschiedenen Hefestämmen bezüglich
des Inversionsvermögens, wie auch sicher zwischen verschiedenen Lactokokkenstämmen bezüglich des Gärungsvermögens.
Das Gärungsvermögen der getrockneten Zellen wurde auf
dieselbe Weise wie die der lebenden bestimmt. 12,5 ccm sterile
Molke, mit 0,25 ccm 0,04°/0 Brom-Kresol-Phenol und 1,95 g
Trockenpräparat versetzt, wurden mitNaOH-Lösung bis pH = 6,25
titriert. Das Anfangsvolumen der Lösung betrug 13,25 ccm.
Der Milchzuckergehalt war 0,0435 g pro l ccm. Die Bakterienanzahl pro ccm betrug 103 Milliarden (l g Trockenpräparat
enthält 700 Milliarden Bakterien). Die untenstehenden Tabellen
zeigen die Resultate von Gärversuchen mit zwei verschiedenen
Präparaten.
- 1 ) Euter u. Svanberg, Diese Zs. Bd. 106, S. 218 (1919).
2
) Euler u. Josephson, Diese Zs. Bd. 120, S. 42 (1922).
3
) Svanberg, Fermentforschung Bd. 2, S. 207 (1918).
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Enzymatische Studien an Milchsäurebakterien,
311
Die Milchsäuregärung mit Acetondauerpräparat I bei 30°.
Bakterienzahl
cem
pro ccm
0,2 n-NaOH
in Minuten in Milliarden
Zeit
120
240
360
480
103
96
91
86
Zellenzahl
t
g
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1,0
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8,8·10-
k X. g Zucker
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48,6-10-"
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Die Milchsäuregärung mit Acetondauerpräparat II bei 30°.
Bakterienzähl
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pro ccm
0,2n-NaOH
in Minuten in Milliarden
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Zeit
120
240
360
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1,5
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100
97
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Zellenzahl
19,0 -18
19,6- 10-16
19,4« 10"18
14,3 ·10~18
Mittel -18,1.10-».
Die Versuche zeigen, daß das Gärungsvermögen der getrockneten Zellen in Acetondauerpräparaten nur ein minimaler
Bruchteil, etwa 0,5—1°/0 desjenigen der lebenden Zellen ist.
Bei Hefen ist die Verminderung der Gärkraft durch Trocknung
von derselben Größe.
Versuche über die Zymophosphatbildung bei der Milchsäuregärung.
Bekanntlich macht sich die Bildung des Zymophosphats
mit Hefe besonders in Gegenwart von Protoplasmagiften, wie
Toluol, geltend. Die Versuche zur Synthese des Zymophosphats mit Str. lactis wurden darum auch in Gegenwart von
Toluol ausgeführt. Phosphatkonzentration variierte bei verschiedenen Versuchen zwischen 0,1—0,8 n. Die meisten Versuche wurden bei pH 6—7, wo das Optimum der Zymophosphatbildung bei Anwendung von Hefe liegt, ausgeführt, einige
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312
A r t t u r i L Virtanen,
Versuche auch bei PH 5—6. Versuchstemperatur war stets
30°. Den Versuchsmischungen wurden zur Verfolgung der
Reaktion von Zeit zu Zeit Proben entnommen, filtriert und
der Rückstand auf dem Filter zweimal mit Wasser gewaschen.
In dem mit der Waschflüssigkeit vereinigten Filtrat wurde das
freie Phosphat mit Magnesiamischling bei Zimmertemperatur ausgefällt Nach 12 Stunden wurde die Fällung in Mg^O, umgewandelt und gewogen. Der Zucker wurde nachB er tr an dbestimmt.
Versuch 1.
30 cem 0,2 n-Phosphatlösung von pH 6;6 -f- 0,6 g Acetondauerpräparat
-l· 2 g Milchzucker + 0,5 ccm Toluol.
• Stunden
0
24
Mg2P207 per 5 ccm Losung
Lactose per 1 ccm Lösung
0,0661 g
. 0,0865g
0,0862
0,0650
Versuch 2.
30 ccm 0,4 n-Phosphatlösung von pfl 6,6 -f- 0,6 g Trockenpräparat
4- 1,5 g Glucose -f- 0,5 ccm Toluol.
Stunden
Mg2P207 per 5 ccm Lösung
Glucose per 1 ccm Lösung
0
24
0,1725g
0,1718
0,0492 g
0,0489
Versuch 3.
30 ccm 0,2 n-Phosphatlösung von pH 5,8 + 4,0 g Trockenpräparat
•f 1,5 g Glucose + 0,5 ccm Toluol.
Stunden
0
24
Mg2P207 per 5 ccm Lösung
.
0,0850g
0,0820
Versuch 4.
30 ccm 0,2 n-Phosphatlösung von pH 6,3 + 4,0 g Acetondauerpräparat
-f- 2,0 g Lactose + 0,5 ccm Toluol.
Stunden
Mg2P207 per 5 ccm Lösung
Lactose per 1 ccm Lösung
0
8
25
48
0,0845 g
0,0765
0,0775
0,0775
0,0650g
—
0,0638
—
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Enzymatische Studien an Milchsäurebakterien.
313
Versuch 5.
SO ccm 0,4 n-Phosphatlösung von pH 6,6 + 4,0 g Acetondauerpräparat
+ 1,5 g Lactose + 0,5 ccm Toluol.
Stunden
Mg2P207 per 5 ccm Lösung
0
0,1694g
8
0,1591
24
0,1600
Versuch 6.
30 ccm 0,8 n-Phosphatlösung von pH 6,7 + 5,0 g Acetondauerpräparat
•f 1,5g Glucose 4- 0,5 ccm Toluol.
Stunden
Mg2P207 per 2 ccm Lösung
Glucose per 1 ccm Lösung
0,1330g
0,0490g
0
4
21
50
0,1286
—
0,1240
0,0480
0,1244
—
Versuch 7.
30 ccm 0,4 n-Phosphatlösung von pH 5,2 4- 12 g nicht getrocknete Bakterienmasse (Wassergehalt 70,4 %) + 2 g Lactose -f 0,5 ccm Toluol.
Stunden
Mg4P207 per 5 ccm Lösung
0
0,1650g
13
0,1651
Versuch 8.
SO ccm 0,2 n-Phosphatlösung von pH 5,6 -f 10g nicht getrocknete Bakterienmasse -f- 2 g Lactose + 0,5 ccm Toluol.
Stunden
0
13
MgeP207 per 5 ccm Lösung
0,0830 g
0,0820
Versuch 9.
30 ccm 0?2 n-Phosphatlösung von pH 6,2 -f 10 g nicht getrocknete Bakterienmasse -{-2g Lactose -f- 0,5 ccrn Toluol.
Stunden Mg2P207 per 5 ccm Lösung
0
13
0,0825 g
0,0820
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314
Artturi LVirtanen,
Versuch 10.
30 ccm 0,1 n-Pliospbatlosung von pH 6,6 4- 11 g nicht getrocknete Bakterienmasse + 2 g Lactose + 0,5 ccm Toluol.
Stunden
Mg*P207 per 5 ccm Lösung
0
13
0,0470 g
0,0470
Aus den obigen Versuchen geht hervor, daß die Phosphatmenge bei den meisten Versuchen unverändert ist Nur
in Versuchen 4, 5 und 6, bei welchen sehr große Mengen
von Trockenpräparat, bis 13—17°/0 in Anwendung kamen,
wurde eine Heine Verminderung des Phosphates, höchstens
9,5 °/0 von der angewendeten Phosphatmenge (Versuch 4) in
6—8 Stunden beobachtet. Weil "bei fortgesetzter Versuchszeit keine weitere Verminderung des Phosphats stattfindet,
kann von einer Bildung des Hexosephosphorsäureesters nicht
die Rede sein. Die kleinen Unterschiede zwischen den Phosphatbestimmungen im Anfang der Versuche und einige Stunden
später sind vielleicht darauf zurückzuführen, daß das Bakterientrockenpräparat nicht sofort vollkommen mit der Lösung ins
Gleichgewicht kommt und die Proben darum ungleich sind.
Bei Anwendung von nichtgetrockneter Bakterienmasse wurde
keine Verminderung des Phosphats gefunden. Die Versuche
sowohl mit Trockenpräparaten und Acetondauerpräparaten als mit konzentrierten Emulsionen von
lebenden Bakterien haben also wahrscheinlich gemacht, daß keine Veresterung des Zuckers mit Phosphat bei der von Str. lactis hervorgerufenen Milchsäuregärung stattfindet. Die Bildung der Milchsäure bei
der eigentlichen Milchsäuregärurig verläuft also vermutlich nicht
auf dieselbe Weise wie nach Embden und Mitarbeiter iin
Muskel.
'
Im Anschluß, an die obigen Versuche wurde auch die
eventuelle Vergärung des Fructosediphosphorsäureesters durch
das Trockenpräparat der Lactokokken untersucht. Die Resultate gehen aus folgendem Versuche hervor.
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Enzymatische Studien an» Milchsäurebakterien.
315
Versuch 11.
30 cem steriles Wasser + 1,5 g fructose-di-phosphorsaures Natrium
+ 4,0 g Acetondauerpräparat. Versuchstemperatur 30°.
Stunden
0
8
24
MgjPj07 per 5ccm Lösung Milchsäure per 10 ccm Losung1)
0,0015 g
0,0040g
0,0060
0,0021
Milchsäurebildung hatte also nicht stattgefunden.
In einer Kontrolllösung, welche in 30 ccm Wasser 1,5g
fructosediphosphorsaures Natrium und kein Bakterienpräparat
enthielt, wurde nach 7 Stunden 0,0200 g MgaP207 gefunden.
Durch Str. lactis wird also Fructosediphosphorsäure nicht
zersetzt
Der Katalasegehalt des Str. lactis.
Die Katalase gehört zu den meist verbreiteten Enzymen,
da sie überall in lebenden Zellen vorkommt. Die Bedeutung
dieses Enzyms ist noch nicht aufgeklärt, jedoch ist die Auffassung sehr allgemein, daß die Katalase ein wichtiger Faktor
bei den Oxydations- bzw. Reduktionsvorgängen in Zellen ist.
Der Befund von Orla-Jensen 2 ), daß die eigentlichen Milchsäurebakterien im Gegensatz zu anderen Mikroorganismen
keine Katalase enthalten, ist darum sehr wichtig.
Das Fehlen der Katalase könnte vielleicht bei den Milchsäurebakterien die Ursache sein, daß bei der von diesen Bakterien hervorgerufenen Gärung neben der Milchsäure nur
minimale Mengen .anderer Produkte (flüchtige Fettsäuren) entstehen.
Da Jensen den Katalasegehalt der Milchsäurebakterien
nur in Milchkultnren bestimmt hat, war die Prüfung seiner
Beobachtung mit meinem Bakterienpräparat von Interesse. Das
um so mehr, als Euler und Blix3) eine enorme, 10—löfache
Erhöhung der Katalasewirkung der Hefezellen durch Trocknung konstatiert haben.
*) Die Milchsäure wurde nach Embden und L a q u e r bestimmt.
) Kevue g&iorale du Lait Bd. 6 Nr. 2 und 3 (1906).
') Diese Zs. B. 105, S. 83 (1919).
2
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316
Artturi» L Virtanen,
Die Versuche, welche sowohl mit feuchten als getrockneten Bakterienmassen von Str. lactis ausgeführt wurden, gaben
jedoch an Katalase völlig negative .Resultate. In Wasserstoffsuperoxydlösungen, deren Konzentration bei verschiedenen Versuchen zwischen 0,01—0,3 n. variierte, wurde keine Gasbildung
bei 0—30° C beobachtet. Str. lactis enthält also keine
Katalase.
Die Reduktion des Methylenblaues durch Str. lactis.
Eine bekannte Tatsache ist, daß die Bakterienkulturen in
Milch Methylenblau entfärben. Die Entfärbungszeit ist ungefähr proportional der Bakterienzahl und es wird jetzt ganz
allgemein in der Praxis die Bakterienzahl in der Milch nach
der Reduktaseprobe bestimmt Theoretisch ist die Reaktion
jedoch noch nicht erklärt und man weiß noch nicht sicher,
welche die Ursachen der Abfärbung sind. Nachdem Bur r i
und Kürsteiner 1 ) und dann Barthel 2 ) gezeigt hatten, daß
die Milch auch ohne Bakterien Methylenblau entfärben kann
sobald der Sauerstoff der Lösung entzogen ist, gab Barthel
der Reaktion folgende Erklärung: Die Reaktion verläuft in
2 Phasen. Erst wird der Sauerstoff von den Bakterien verbraucht, dann erfolgt die Abfärbung durch die reduzierenden
Substanzen der Milch. Die Einwirkung der Bakterien bei der
Reaktion ist dadurch hauptsächlich indirekt.
Die Auffassung von Barthel erklärt plausibel manche
Tatsachen bei der Reduktaseprobe. Daß verschiedene Bakterien
in Milchkulturen verschiedene Entfärbungszeit haben, ist sehr
gut auf ihr verschiedenes Vermögen, Sauerstoff zu verbrauchen
zurückzuführen.
Um Klarheit über die Ursache der Abfärbung des Methylenblaues zu erhalten, habe ich einige Versuche mit Str. lactis
ausgeführt: Die gewonnene Bakteriemasse wurde in 20 ccm
destilliertes Wasser im Probierrohre eingetragen und die
Lösung kräftig geschüttelt, um die Bakteriemasse im Wasser
zu emulgieren. Nach 3 minutigem Stehen bei 38° wurde die
J
2
) Milchwirtsch. Zbl. S. 40 (1912).
) Zs. f. Unters. Nahrungs- u. Genußmittel Bd. 34, S. 187 (1917).
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Enzymatisehe Studien an Milchsäurebakterien.
317
Lösung mit 0,5 ccm der Methylenblaulösung1) versetzt und das
Rohr dann zweimal umgewendet. Die Proben wurden bei 38 °
behalten. Die Resultate sind in folgender Tabelle zu finden.
Nummer
7
8
Art des Bakteriepräparates
0,150 g feuchte Bakteriemasse sofort nach
Zentrifugieren
l Milliarde Bakterien per ccm
0,500 g feuchte Bakteriemasse sofort nach
Zentrifugieren
3,3 Milliarden Bakterien per ccm
1,0 g feuchte Bakteriemasse sofort nach
Zentrifogieren
6,6 Milliarden Bakterien per ccm
1,0g feuchte Bakteriemasse sofort nach
Zentrifugieren
in Lösung zum Sieden erhitzt
1„0 g Bakteriemasse nach 5 stündigem
Trocknen in Luft
1,0 g Bakteriemasse nach 15 stündigem
Trocknen in Luft (Trockenpräparat)
1,0 g Acetondauerpräparat
Eine 24 Std. alte Milchkultur von Str. lactis
900 Millionen Bakterien per ccm
Abfärbungszeit
3 Minuten
35 Sekunden
Momentan
Keine Entfärbung
Keine Entfärbung
Keine Entfärbung
Keine Entfärbung
3 Minuten
Die Versuche zeigen, daß Str. lactis-Zellen in reiner Wasserlösung Methylenblau energisch reduzieren. Die Abfärbungszeiten in Wasser und Milch mit denselben Bakterienzahlen
sind gleich (Versuche l und 8), Das gilt wenigstens sehr
bakterienreichen Lösungen. In der Milch wird also Methylenblau direkt von "den Bakterien reduziert, obwohl die reduzierenden Substanzen der Milch in mehr bakterienarmen Proben,
die ja in der Praxis hauptsächlich in Frage kommen, auch
an der Reduktion teilnehmen können. Nur die lebenden Zellen
reduzieren Methylenblau, wie aus obigen Versuchen hervorgeht.
Schon durch eine kurzdauernde Trocknung in der Luft wird
das Reduktionsvermögen zerstört. Die Reduktionsfähigkeit
scheint mit der Tätigkeit der lebenden Zellen verbunden zu
*) Die Methylenblaulösung war dieselbe, die bei der Reduktaseprobe
der Milch in Anwendung kommt.
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318
Artturi L Virtanen,
sein* Werden die Proben nämlich nach der Abf ärhung einige
Zeit stehen gelassen, so daß die Bakterien zu Boden sinken,
so nimmt die Märe Lösung die blaue Farbe zurück. Nach
Schütteln verschwindet die Farbe wieder. Nach erneuter
Zurückfärbung wird die Lösung auch beim Schütteln nicht
mehr entfärbt.
Die Entfärbung des Methylenblaues verläuft in konzentrierter Bakterienemulsion momentan schon beim Schütteln.
Die Anwesenheit des Sauerstoffs kann hier also die Eeduktion
nicht verhindern.
Bei höherer Temperatur wird das Keduktionsvermögen
der Zellen zerstört (Versuch 4). Die Eeduktion ist dadurch
wahrscheinlich eine enzymatische Reaktion (Reduktase). Die
Reduktionsfähigkeit der Milch scheint dagegen andersartig zu
sein. Nach Barthel hat nämlich auch die sterilisierte Milch
die Fähigkeit, nach Sauerstoffentziehung Methylenblau zu entfärben.
Die Untersuchungen über das Reduktionsvermögen der
Bakterien werden fortgesetzt.
Herrn Prof. Chr. Barthel danke ich herzlich für sein
freundliches Entgegenkommen beim Züchten einiger Kulturen in seinem Laboratorium, sowie wertvolle bakteriologische
Winke.
Zusammenfassung.
1. In einem sehr reinen Trockenpräparate von Str. lactis
wurde die Anzahl der Kokken auf 950 Milliarden per l g festgestellt. Eine getrocknete Zelle wiegt also etwa l
l O""10 mg,
eine lebende mit 80— 90 °/0 Wasser etwa 5— 10 10~"10 mg.
2, Das Gärungsvermögen des Str. lactis wurde nach der
monomolekularen Gleichung 7e = — log —-— berechnet.
t
a—
Versuche zeigen, daß die Beziehung
Die
mit ziemlich großer Genauigkeit gilt. Bei 18 — 19° war das
Gärungsvermögen 1Q,6
10~1 , bei 30° 30,9 10~1 und bei
37» 25,9 10-1 .
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Enzymatisehe Studien an Milchsäurebakterien.
319
3. Die eventuelle Bildung des Zymophosphats wurde
sowohl mit Trockenpräparaten als mit lebenden Zellen von
Str. lactis bei verschiedenen pH- und Phosphatkonzentrationen
untersucht. Es konnte keine Zymophosphatsynthese konstatiert
werden.
4. Fructosediphosphorsaures Natrium wird vom Trockenpräparat des Str. lactis nicht vergoren.
5. Daß Str. lactis Katalase nicht enthält, wurde sowohl mit
feuchten Bakterienmassen als mit Trockenpräparaten konstatiert.
6. Die lebenden Str. lactis-Zellen reduzieren in Wasserlösung Methylenblau energisch, das Trockenpräparat gar nicht.
Die Reaktion ist wahrscheinlich enzymatisch. Bei der Reduktaseprobe der Milch wird die Entfärbung des Methylenblaues,
wenigstens zum großen Teil, direkt von Bakterien verursacht.
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