Maturaarbeit Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Yael Gesù, Klasse 6f Kantonsschule Wiedikon Zürich 17.12.2014 Betreuer: Dr. Daniel Egli Korreferent: Marc Eger 1 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Fotos Titelblatt: Ein voll besetztes Tram in Zürich. Das Tram ist das meist benutze öffentliche Verkehrsmittel der Stadt. 2013 wurden damit über 200 Millionen Personen befördert. (http://www.katzenblog.ch/?tag=zurich) Eine fraktionierte Schafblutplatte, die für die Studie im Rahmen der Maturaarbeit mit einem Bakterienabstrich einer vorderen Tramhaltestange inkubiert wurde. Sie zeigt ein reichliches Wachstum resp. Vorkommen von pathogenen Darmbakterien. (Yael Gesù) 2 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Inhalt Abstract ................................................................................................................................. 4 Vorwort .................................................................................................................................. 5 1. Einleitung ....................................................................................................................... 7 2. Erkenntnisse aus der Mikrobiologie und Infektiologie ..................................................... 8 2.1. Mikroorganismen................................................................................................. 8 2.1.1. Bakterien ............................................................................................................11 2.1.2. Viren ..................................................................................................................13 2.1.3. Pilze und Protozoen ...........................................................................................15 2.2. 2.2.1. 2.2.2. 2.2.3. Mikroorganismen als Krankheitserreger .............................................................17 Infektionskrankheiten – Einige Statistiken ..........................................................17 Merkmale und Eigenschaften von Erregern ........................................................20 Infektionsmechanismen......................................................................................22 2.3. Studien zu Grippeinfektionen im öffentlichen Transport ......................................26 2.3.1. Nottingham-Studie 2011.....................................................................................26 2.3.2. Londoner-Studie 2014 ........................................................................................27 2.4. 3. 4. 5. Zusammenfassende Analyse .............................................................................28 Empirische Untersuchung..............................................................................................30 3.1. 3.1.1. 3.1.2. 3.1.3. 3.1.4. 3.1.5. Versuchsanordnung: Bakterielle Abstriche, Analysen und Bestimmungen ........30 Ziel .....................................................................................................................30 Allgemeines Vorgehen .......................................................................................31 Abstriche zum Nachweis pathogener Bakterien .................................................32 Kultivieren auf Nährboden ..................................................................................33 Weitere Analysen und Auswertung der Kulturen ................................................36 3.2. 3.2.1. 3.2.2. 3.2.3. 3.2.4. 3.2.5. 3.2.6. 3.2.7. Resultate ............................................................................................................44 Vorkommen und Mengen von Mikroorganismen in den Trams ...........................44 Anteile und Art der Mikroorganismen .................................................................47 Mengenvergleich nach Tramelementen und Abstrichorten .................................52 Materialienvergleich ...........................................................................................55 Bakterienvergleich Morgen und Abend ...............................................................56 Bakterienvergleich Wochentage sowie Arbeits- und Ferienzeit ..........................56 Wirksamkeit der Grossreinigung ........................................................................58 Schlussfolgerungen und Empfehlungen ........................................................................61 4.1. Allgemeine Schlussfolgerungen .........................................................................61 4.2. Wichtige Einzelfälle für Risikogruppen ...............................................................62 4.3. Verteilung der Krankheitserreger ........................................................................63 4.4. Materialien und Reinigung ..................................................................................65 4.5. Tipps zur allgemeinen Hygiene ..........................................................................66 Quellennachweis ...........................................................................................................69 3 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Anhänge Anhang 1 Taxonomie der Bakterien 75 Anhang 2 Einige humanpathogene Bakterien 76 Anhang 3 Laborjournal 78 Anhang 4 Informationen zu Schafblutplatten 104 Danksagung 108 Authentizitätserklärung 109 4 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Abstract Die jüngste Ebola-Epidemie in Westafrika hat der Angst vor unbeherrschbaren Seuchen und einem Rückfall in mittelalterliche Pestzeiten wieder Auftrieb gegeben. Die Sorgen sind nicht ganz unbegründet. Das Risiko, an einer Infektion zu erkranken, ist in den letzten Jahren gestiegen und wird auch in Zukunft nicht kleiner werden. Globalisierung, wachsende Mobilität, Massentierhaltung und Verstädterung begünstigen die Verbreitung von krankheitserregenden Mikroorganismen. In der Diskussion um Infektionsgefahren rücken vor allem öffentliche Personennahverkehrsmittel in den Mittelpunkt, die oft als eigentliche „Viren- und Bakterienschleudern“ betrachtet werden. Jeden Tag treffen dort mehrere Tausend Menschen auf engem Raum direkt oder indirekt aufeinander, was für die Übertragung und Verbreitung von mikrobiellen Krankheitserregern ideal sein müsste. Diese weit verbreitete Vermutung wurde bis anhin kaum wissenschaftlich belegt. Offen bleibt dadurch die Frage: Wie stark sind die öffentlichen Verkehrsmittel wirklich mit krankmachenden Erregern kontaminiert – oder: wie gross ist die Zuneigung von Mikroben zu öffentlichen Transportmitteln tatsächlich? Das Ziel der Arbeit ist es, eine begründete Einschätzung zu den Risiken zu geben, sich in öffentlichen Personennahverkehrsmitteln der Stadt Zürich mit einer bakteriellen Infektionskrankheit anzustecken. Die Risikobewertung basiert einerseits auf theoretischen Erkenntnissen aus der Mikrobiologie und Infektiologie. Andrerseits stützt sie sich auf die Resultate einer empirischen Studie, die speziell für diese Arbeit durchgeführt wurde. Dabei wurden in sieben Zürcher Trams – unter verschiedenen Bedingungen – das Vorkommen von Bakterien untersucht und deren Menge und Pathogenität ermittelt. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse werden auch Empfehlungen für eine Senkung des Infektionsrisikos gegeben. Angesichts der kleinen Stichprobengrösse der Trams haben die Studienresultate nur eine eingeschränkte Aussagekraft. Aus den Untersuchungsergebnissen lässt sich das generelle Fazit ziehen, dass das Risiko, sich in Zürcher Trams mit einer bakteriellen Infektionskrankheit anzustecken, prinzipiell gering ist. Bakterien, sowohl apathogene wie pathogene, sind zwar in nahezu allen untersuchten Trams nachgewiesen worden. Die durchschnittliche Menge an krankheitserregenden Bakterien ist aber klein – auch im Vergleich zu anderen möglichen Infektionsquellen – und stellt für gesunde Personen mit einem ausgebildeten, normal funktionierenden Immunsystem keine ausserordentlich hohe Gesundheitsgefährdung dar. Besondere Vorsichtsmassnahmen, die über normale alltägliche Hygienepraktiken hinausgehen, sind für diese Personen nicht erforderlich. Anders sieht die Situation für Menschen mit einer Immunschwäche, chronisch Kranke sowie Schwangere und Säuglinge aus, die anfälliger auf Infektionskrankheiten sind. Da in Einzelfällen durchaus eine erhöhte Menge an Bakterien und stark virulenten Krankheitserregern in Tramwagons vorhanden sein können, stellt das Tramfahren für diese Personenkreise ein erhöhtes Erkrankungsrisiko dar. Für diese Risikogruppen sind spezielle Vorsichtsmassnahmen empfohlen. Eine besonders hohe Ansteckungsgefahr besteht bei einem gehäuften Auftreten von Infektionskrankheiten (bei einer Endemie, Epidemie oder Pandemie). Hier sollten nicht nur die Risikogruppen, sondern auch weniger anfällige Menschen auf das Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln verzichten. Wie die Studie ergeben hat, kommen Bakterien, einschliesslich die Krankheitserreger, an bestimmten Stellen im Tram gehäuft vor – so etwa auf den Scheiben, den darunterliegenden Haltegriffen und der vordersten Haltestange. Auch sind abends mehr Pathogene vorhanden als jeweils am Morgen. Für die Risikogruppen ist es ratsam, diese stark kontaminierten Stellen zu meiden. Generell sollten sie sich auch im mittleren oder hinteren Wagenabschnitt aufhalten und die tiefgelegenen Druckknöpfe betätigen, bei denen wenig pathogene Bakterien nachgewiesen wurden. Für das Bakterienvorkommen spielen sowohl die Materialien der Tramelemente als auch die Reinigungsmassnahmen eine wichtige Rolle. Glas (Scheiben) und Textilien (Sitze) weisen besonders hohe Mengen an Mikroben, einschliesslich Krankheitserreger, auf. Ein besonders effektives Mittel zur Eindämmung der Mikroben sind die Grossreinigungen der Trams, mit denen an den geputzten Stellen alle Keime vollständig abgetötet werden. Angesichts der Wirksamkeit der Grossreinigungen ist darauf zu achten, dass diese regelmässig nach Plan – ohne Verzögerung – durchgeführt werden. Auch ist zu empfehlen, die Sessel und Scheiben vermehrt und gründlicher zu putzen. Für die Verbreitung von Bakterien in Trams sind hauptsächlich die Fahrgäste selbst verantwortlich. Infektionsrisiken können deshalb am wirkungsvollsten gesenkt werden, wenn alltägliche Hygienemassnahmen – wie etwa das regelmässige Händewaschen – eingehalten werden. 5 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams „Messieurs, ce sont les microbes qui auront le dernier mot!“ 1 (Louis Pasteur) „Viruses are bad news, wrapped in protein.“ 2 (Sir Peter Medawar) „Der Begriff ‚Gesundheitserreger‘ wäre eigentlich angebrachter als ‚Krankheitserreger‘.“ 3 (Gerald Handl) Vorwort Die Angst vor Epidemien und Pandemien hat in jüngster Vergangenheit mit der schnellen Ausbreitung der Ebola-Seuche in Westafrika stark zugenommen. Der „Ebola-Horror“ sei ausser Kontrolle und werde zur weltweiten Bedrohung, meint etwa die Tageszeitung Der Blick.4 Und selbst der seriöse Spiegel warnt davor, dass sich der „Schreckensvirus“ rasch von Westafrika nach Europa ausbreiten könnte.5 Die Sorgen sind nicht unbegründet. Wie die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Anfang Oktober 2014 mitteilte, sind in Westafrika nach offizieller Statistik innerhalb von zwei Monaten fast 7‘500 Personen an Ebola erkrankt und über 3‘400 Menschen sind der Seuche zum Opfer gefallen. Mit über Hunderttausend Erkrankungen wird in den nächsten 12-18 Monaten gerechnet. Um die Epidemie wirkungsvoll bekämpfen zu können, müssen nach Berechnungen der Vereinten Nationen 988 Millionen US Dollar von der Weltgemeinschaft aufgebracht werden.6 Die rasche Ebola-Ausbreitung wird oft als Vorbote einer neuen Ära gesehen, in der unbeherrschbare Seuchen wieder Millionen Opfer fordern – wie die Spanische Grippe Ende des Ersten Weltkriegs. Dabei geht es nicht nur um den Ebola-Virus. Seit der SARS-Pandemie (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom) 2002/2003, von der vor allem Asien betroffen war, haben in den letzten Jahren bekannte wie neue gefährliche Infektionserkrankungen zugenommen. Dazu gehören die Vogelgrippe oder das Dengue-Fieber, an dem jedes Jahr laut WHO 100 Millionen Menschen erkranken und das sich auch in Europa und der Schweiz verbreitet.7 Es sind aber nicht nur „exotische“ Krankheiten, die aufgrund des zugenommenen Reiseverkehrs über infizierte Personen vermehrt eingeschleppt werden und die Erkrankungsrisiken erhöhen. So stellt das Bundesamt für Gesundheit fest, dass schwere Durchfallerkrankungen, die vom in Europa endemischen EHEC-Darmbakterium (enterohämorrhagische Escherichia coli) verursacht werden, stark zugenommen haben.8 Und seit 2012 in Basel auf zwei Rhein-Hotelschiffen über In: Stock, Ingo: Bakterien, Viren, Wirkstoffe – Mikrobiologie für Pharmazeuten und Mediziner, Govi-Verlag, Eschborn, 2009, S. 2. Pasteur (1822-1895) entdeckte den bakteriellen Ursprung vieler Infektionskrankheiten. 2 In: Bartenschleger, Ralf: Molecular Virology, Universität Heidelberg, http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/ fileadmin/inst_hygiene/molekulare_virologie/mjr/Grundvorlesung-III_1_Einfuehrung_in_die_Virologie.pdf, 8.1.2012, besucht 17.10.2014. Sir Peter Brian Medawar, ein englischer Biologe, erhielt im Jahr 1960 den Nobelpreis für Medizin. 3 Handl, Gerald: Angewandte Hygiene, Infektionslehre und Mikrobiologie – Ein Lehrbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe, Facultas Verlag, Wien, 2014 (2. Auflage), S. 36 4 Epidemie ausser Kontrolle: 121 Ebola-Tote an einem Tag, in: Blick Online, 6.10.2014; http://www.blick.ch/ news/ausland/epidemie-ausser-kontrolle-121-ebola-tote-an-einem-tag-id3176955.html, besucht 6.10.2014 5 Ebola-Epidemie: Forscher rechnen mit Infizierten in Frankreich und Grossbritannien, in: Spiegel Online, 5.10.2014; http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/ebola-forscher-rechnen-mit-faellen-in-frankreich-undgrossbritannien-a-995443.html, besucht 6.10.2014 6 Weltgesundheitsorganisation/WHO: Ebola Response Roadmap Update, 3 October 2014; http://apps.who.int/iris/ bitstream/10665/135765/1/roadmapupdate3oct14_eng.pdf?ua=1, besucht 6.10.2014 7 Kutter, Susanne: Ebola-Epidemie: Die neue Angst vor Seuchen, in: Wirtschaftswoche Online, 12.07.2014; http://www.wiwo.de/technologie/forschung/ebola-epidemie-die-neue-angst-vor-seuchen/10149346.html, besucht 6.10.2014. Nach heutigen Schätzungen starben 1918-1920 rund 50 Millionen Menschen an der Spanischen Grippe, mehr als im Ersten Weltkrieg. 8 Gesundheits- und Sozialdepartement des Kanton Luzern: Ausbrüche gefährlicher Infektionskrankheiten; http://www.gesundheit.lu.ch/index/infektionskrankheiten/inf_handling_kontrolle_monitoring/inf_ausbrueche_infektionskrankheiten.htm, besucht 6.10.2014 1 6 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 150 Menschen an einem gefährlichen Brechdurchfall erkrankt sind, ist auch der dafür verantwortliche Norovirus bekannt. Der hochansteckende und gefährliche Erreger wurde erst 1972 entdeckt und verursacht seither vermehrt Infektionen in Institutionen wie Altersheimen, Spitäler und Ferienlager, wo viele Menschen engen Kontakt miteinander haben.1 Das Risiko, an Infektionen zu erkranken, hat sich erhöht und wird auch in Zukunft nicht kleiner werden. Eine zunehmend globalisierte Welt, wachsende Mobilität, Massentierhaltung und Verstädterung begünstigen die Verbreitung von Krankheitserregern. Ein weiterer Faktor, der das Erkrankungsrisiko erhöht, liegt in der steigenden Antibiotikaresistenz pathogener Mikroorganismen. Diese hat laut Fachleuten „besorgniserregende Ausmasse angenommen“.2 Schliesslich kommt die medizinische Bekämpfung neuer gefährlicher Krankheiten nur schleppend voran. Die Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen ist kostenintensiv. Solange die Krankheiten vor allem in den ärmeren Regionen der Erde auftreten, wo sich die Menschen keine teure medizinische Behandlung leisten können, scheuen die Pharmakonzerne die Ausgaben. „Wo es keinen Markt gibt, der Renditen garantiert“, erklärt der Virologe Ian Jones, „da wird nicht investiert.“3 Die intensiv geführten Debatten um neuartige Epidemien und Pandemien haben bei mir das Interesse geweckt, mich vertiefter mit Mikroorganismen und mikrobiellen Infektionskrankheiten zu beschäftigen. Dabei geht es mir auch darum, die Krankheitsübertragung und die Risiken einer Infektionserkrankung über pathogene Mikroorganismen genauer zu studieren und besser zu verstehen. Geleitet von meiner Neigung zur angewandten Forschung wollte ich mich nicht nur allgemein theoretisch mit dem Thema auseinandersetzen, sondern dieses auch mit einer kleinen empirischen Untersuchung angehen. Dabei soll konkret mittels Mikrobenabstrichen und deren Laboranalysen festgestellt werden, wieviel und welche pathogene Bakterien in Zürcher Trams vorhanden sind. Aus den Ergebnissen sollen Rückschlüsse gezogen werden, inwieweit krankheitserregende Mikroorganismen in den öffentlichen Personennahverkehrsmitteln der Stadt Zürich ein Risiko für die Übertragung und Verbreitung von bakterielle Infektionskrankheiten darstellen. Ausgangspunkt für die Fragestellung war die in der Öffentlichkeit oft geäusserte Annahme, dass die Ansteckungsgefahr in stark frequentierten öffentlichen Transportmitteln sehr gross sei.4 Trotz dieser weit verbreiteten Vermutung gibt es kaum wissenschaftliche Studien, welche die Infektionsrisiken im öffentlichen Personennahtransport untersuchen.5 Die empirische Studie, die den Schwerpunkt der Arbeit bildet, war relativ aufwändig und zeitintensiv. Für die Untersuchungen der Trams und die Laborarbeit wurden von August bis November insgesamt 20 Tage eingesetzt. Wie erwartet verliefen nicht immer alle Analysen und Tests reibungslos; einige mussten teilweise wiederholt oder gar neu konzipiert werden. Trotzdem war ge1 2 3 4 5 Bundesamt für Gesundheit (BAG): Noroviren – Biologische Merkmale, Epidemiologie, Klinik, Prävention. Empfehlungen zum Ausbruchs-Management, Bern, 2005, S. 5 Wegener, Henrik: Antibiotikaresistenz, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Antibiotikaresistenz#cite_note-9, Version 3.9.2014 Medizin – Ebola, das Stiefkind der Pharmaforschung, in: Wirtschaftswoche Online, 2.4.2014: http://www. wiwo.de/technologie/forschung/medizin-ebola-das-stiefkind-der-pharmaforschung/9704866.html, besucht 8.10.2014. Erst die Sorge, Terroristen könnten spezifische Erreger für Attacken nutzen, führte Ende der Neunzigerjahre zu verstärkter Forschung zu einzelnen Mikroorganismen – finanziert vor allem von staatlichen Förderprogrammen. Siehe etwa Troko, Joy et al.: Is public transport a risk factor for acute respiratory infection?; http://www.biomedcentral.com/content/pdf/1471-2334-11-16.pdf; BioMed Central/BMC der University of Nottingham, Nottingham, 14.1.2011, S. 1-6. Von der Ansteckungsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln warnen auch viele Ärzte und Gesundheitsratgeber. So bezeichnet zum Beispiel die deutsche Apothekerzeitschrift Apotheke Hausdorfstrasse Trams als krankmachenden „Bazillenmutterschiffe“. (Bonn, Juni 2013, S. 3) Carsten Noetzel von der Hamburger Hochschule für Angewandte Wissenschaften stellt fest, dass es zur Rolle öffentlicher Verkehrsmittel bei der Ausbreitung einer Infektionskrankheit „bislang nur wenige konkrete Ergebnisse gibt“. (Die Rolle öffentlicher Verkehrsmittel bei der Übertragung und Verbreitung von Krankheitserregern, in: German Medical Science/GMS, 58. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie e. V. – GMDS, 27.8.2013; http://www.egms.de/static/en/meetings/gmds2013/ 13gmds200.shtml, besucht 8.10.2010). Eine wissenschaftliche Untersuchung zu dieser Frage wurde bisher auch nicht in Zürich oder in anderen Städten der Schweiz durchgeführt. 7 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams rade der praktische Forschungsteil der Arbeit äusserst spannend und lehrreich. Wichtig waren für mich die Kenntnisse und praktischen Erfahrungen, die ich im Bereich der mikrobiologischen Forschungsmethoden, den Analyseverfahren und der Interpretation der Resultate gewinnen konnte. Ein grosser Teil der der Arbeit widmet sich denn auch der verwendeten Methodik zur Datenerhebung, der Versuchsanordnung, den Labortests bzw. dem praktischen Vorgehen bei der Bakterienanalyse und deren Auswertung. 1. Einleitung Das Ziel dieser Arbeit besteht darin, Ursachen und Abläufe mikrobieller Infektionskrankheiten aufzuzeigen und eine evidenzbasierte Einschätzung zu den Risiken zu geben, sich in öffentlichen Nahverkehrsmitteln der Stadt Zürich mit einer Krankheit anzustecken, die von pathogenen Bakterien hervorgerufen wird. Neben allgemeineren Erkenntnissen aus der Mikrobiologie und Infektiologie basiert die Risikobeurteilung vor allem auf den Resultaten einer selbst durchgeführten Untersuchung zu Vorkommen und Häufigkeit von krankheitserregenden Bakterien in Zürcher Trams. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse sollen schliesslich auch einige Hinweise für eine Senkung der Ansteckungsgefahr gegeben werden. Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile: (1) In einem ersten Schritt geht es darum, grundlegende Begriffe und Erkenntnisse aus der Mikrobiologie und Infektiologie zu Mikroorganismen und der von ihnen verursachten Infektionskrankheiten darzustellen. Zudem werden die Resultate von zwei neueren Studien zur Rolle der öffentlichen Verkehrsmittel bei der Übertragung und Verbreitung von Krankheitserregern vorgestellt. Das Kapitel legt in einem umfassenderen Rahmen auch die theoretischen Grundlagen für die praktische Forschungsstudie in Zürich. (2) Im zweiten Teil wird die empirische Untersuchung zu Infektionsrisiken durch pathogene Bakterien in Zürcher Trams vorgestellt. Dabei werden die Versuchsanordnung und -methoden sowie die einzelnen Untersuchungsschritte genauer beschrieben. Schliesslich werden die Analyseresultate zu Vorkommen, Häufigkeit und Art krankheitserregender Bakterien aufgezeigt und interpretiert. (3) Auf Grundlage der Studienresultate und der Erkenntnisse aus der Fachliteratur werden Schlussfolgerungen zur Ansteckungsgefahr in öffentlichen Nahverkehrsmitteln der Stadt Zürich gezogen. Diese werden mit einigen Empfehlungen zur Senkung eines Infektionsrisikos ergänzt. Die Eingrenzung der durchgeführten Untersuchung auf pathogene Bakterien1 als Krankheitserreger im städtischen Verkehrsmittel Tram hat pragmatische Gründe. Bakterien gehören mit den Viren, Pilzen und Parasiten zu den wichtigsten und häufigsten Mikroorganismen, die Infektionskrankheiten verursachen können. Während die beiden letzteren im öffentlichen Verkehr nur wenig vorkommen und eine relativ tiefe Pathogenität aufweisen, sind Bakterien und Viren in Nahverkehrsmitteln stark verbreitet und haben ein prinzipiell hohes Ansteckungspotenzial. Die weitere Einschränkung auf Bakterien als Untersuchungsobjekt hat damit zu tun, dass sich diese im Labor leichter nachweisen und bestimmen lassen als Viren. Der Auswahl des Trams lagen folgende Überlegungen zugrunde: Das Tramnetz erschliesst nahezu das ganze städtische Gebiet Zürichs und ist das meist genutzte öffentliche Personennah- 1 Der Begriff „pathogen“ wird in der Arbeit – wie von vielen Fachleuten üblich – verkürzt für „humanpathogen“ verwendet, was die grundsätzliche Fähigkeit umfasst, bei Menschen Krankheiten zu erzeugen. 8 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams verkehrsmittel der Stadt. Die Ergebnisse aus den Untersuchungen im Tram haben deshalb prinzipiell auch Geltung für die anderen öffentlichen Transportmittel bzw. ermöglichen generell Aussagen für alle öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt. Die Untersuchung erhebt nicht den Anspruch auf vollständige wissenschaftliche Exaktheit. Dafür wären unter anderem eine grössere Zahl und eine systematischere Auswahl der Tram-Stichproben nötig gewesen, was der begrenzte Rahmen eines Maturaprojekts nicht zuliess. Signifikanztests und Korrelationsberechnungen wurden nicht durchgeführt; die Resultate werden nach Plausibilitätsfaktoren interpretiert. Eindeutige Schlussfolgerungen lassen sich deshalb nur beschränkt aus der Untersuchung ableiten. Die Interpretationen der Studienergebnisse werden denn auch mit der nötigen Vorsicht formuliert. Generell versteht sich die Arbeit als ein „empirischer Annäherungsversuch“ an das Thema, der von einem persönlichen Interesse geleitet wird – aber auch von der Überzeugung, dass den Infektionsrisiken verstärkt wissenschaftliche statt hauptsächlich mediale Aufmerksamkeit zukommen soll. Noch ein Letztes: Die Arbeit konzentriert sich auf pathogene Mikroorganismen bzw. Bakterien. Damit soll nicht eine prinzipielle Gefährlichkeit von Mikroorganismen postuliert werden. Die überwältigende Mehrheit der Bakterien verursachen keine Krankheiten und sind sogar für Umwelt und Mensch nützlich. 2. Erkenntnisse aus der Mikrobiologie und Infektiologie 2.1. Mikroorganismen Der Begriff „Mikrobe“ (Synonym für Mikroorganismen), der 1878 vom französischen Chirurgen Charles-Emmanuel Sedillot geprägt wurde, setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern mikrós (klein) und bíos (Leben).1 Mikroorgansimen sind eine Gruppe unterschiedlicher kleiner Organismen – mehrheitlich Einzeller –, deren gemeinsames Merkmal ihre geringe Grösse ist. Da sie von blossem Auge meist nicht sichtbar sind, wurden sie erst entdeckt, nachdem die ersten Mikroskope im 17. Jahrhundert entwickelt worden waren. Heute werden die Mikroorganismen meist nach phylogenetischen Gesichtspunkten – das heisst nach der stammesgeschichtlichen Entwicklung aller Lebewesen – in drei Gruppen eingeteilt (Abb. 1):2 (1) Abb. 1: Die drei grossen biologischen Gruppen der Organismen3 1 2 3 Die Prokaryoten, die keinen membranumhüllten Zellkern besitzen, sind Bakterien (oder Bacteria) und Archaeen (oder Archaea). Stock, 2009, S. 11 Fuchs, Georg: Die Mikroorganismen – Eine kurze Einführung, in: Fuchs, Georg (Hrsg.): Allgemeine Mikrobiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2014 (9. Auflage), S. 34-36; Nethe-Jaenchen, Regina: Die Welt der Mikroorganismen, in: Munch, Katarina (Hrsg.): Taschenlehrbuch Biologie – Mikrobiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2008, S. 1-5; Schneider, Erwin: Die Prokaryonta und die prokaryontische Zelle, in: Fuchs, 2014, S. 67-69. Prokaryoten bzw. Eukaryoten werden auch ab und zu Prokaryonten resp. Eukaryonten genannt. Abbildung 1, in: Steinbüchel, Alexander & Oppermann-Sanio, Fred Bernd: Mikrobiologisches Praktikum – Versuche und Theorie, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg, 2013 (2. Auflage), S. 3 9 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams (2) Zu den eukaryotischen Mikroorgansimen, die einen abgegrenzten, „echten“ Zellkern mit einer in Chromosomen organisierten DNA haben, zählen unter anderem einzellige Algen, Protozoen – darunter Mikroparasiten – und viele Pilze. (3) Eine eigenständige Gruppe bilden schliesslich die Viren und Prionen, die heute meist auch zu den Mikroorganismen dazugerechnet werden, obwohl sie im strengen Sinn keine Lebewesen sind.1 Grössere Parasiten (Makroparasiten) wie Würmer, Läuse, Milben oder Flöhe werden bisweilen in mikrobiologischen Ausführungen behandelt, gehören aber nicht zu den Mikroorganismen. Die Grösse der meisten Mikroorganismen (Abb. 2) liegt unter einem Millimeter, wobei „der Grössenbereich eine ähnlich grosse Spannweite umfasst wie zwischen einer Fruchtfliege und einem Blauwal“2: Manche Amöben werden bis zu 1 mm lang; die kleinsten Viren haben nur einen Durchmesser von weniger als 0,02 µm. Da das menschliche Auge Objekte unter 0,1 mm Grösse nicht mehr erkennen kann, werden einzelne Mikroben unter dem Mikroskop untersucht. Äussere und innere Zellstrukturen sind nur mit Hilfe des Elektronenmikroskops sichtbar.3 Mikroorganismen sind die ältesten Lebensformen auf der Erde; bakterienähnliche Mikrofossilien wurden Abb. 2: Zusammenhang zwischen der Grösin rund 3,7 Milliarden altem Gestein gefunden. Sie sind se verschiedener Beobachtungsobjekte und nahezu überall auf der Erde verbreitet, und ihre Zahl dem Auflösungsvermögen von Auge, Lichtübertrifft massiv diejenige aller andern Spezies. Mikround Elektronenmikroskop: Der orange Teil umfasst den Grössenbereich der meisten organismen machen 70-75% der gesamten lebenden Mikroorganismen.5 4 Materie (Biomasse) aus. Dabei gedeihen sie in unterschiedlichsten Habitaten und besiedeln nahezu jede – auch scheinbar lebensfeindliche – ökologische Nische. Extreme Hitze, Kälte, Strahlung, Druck oder Dunkelheit scheinen einigen Mikroorganismen nichts auszumachen. Bakterien sind etwa in der Atmosphäre bis zu einem Kilometer Höhe reichlich anzutreffen; marine Mikroben findet man noch in Tiefen von 10 km unter dem Meeresspiegel. Mikroorganismen existieren in Geysiren, aber auch in der Antarktis, und zahlreiche Bakterienarten leben auf und in Pflanzen, Tieren und Menschen. 1 2 3 4 5 In dieser Arbeit wird die heute weitgehend akzeptierte Definition verwendet, die Viren und Prionen miteinschliesst. Für einige Biologen gelten diese aber nicht als Mikroorganismen, da sie keine echten Lebewesen sind. Viren haben keinen eigenen Stoffwechsel und können sich nicht selbst reproduzieren. Prionen sind Proteine mit virusähnlichen Eigenschaften. (Mikroorganismus, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Mikroorganismus, Version 7.10.2014; Stock, 2009, S. 11) Nethe-Jaenchen: Die Welt der Mikroorganismen, 2008, S. 3 Nethe-Jaenchen: Die Welt der Mikroorganismen, 2008, S. 3-4; Schneider, 2014, S. 67-68 Ein einziges Gramm Gartenerde enthält 107 bis 108 Bakterien, 500‘000 Pilze und 80‘000 andere Eukaryoten (Nethe-Jaenchen: Die Welt der Mikroorganismen, 2008, S. 3). Rohmilch enthält ca. 100‘000 Bakterien pro Gramm (Schneider, 2004, 46), und in einem Liter Meerwasser können mehr als 20‘000 unterschiedliche Arten von Mikroorganismen leben (Mikroorganismus, Wikipedia, 2014). Abbildung 2, in: Schneider, 2014, S. 68 10 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Die Besiedlung verschiedenster Lebensräume wird ermöglicht durch spezielle genetische und physiologische Anpassungsmechanismen, welche die Mikroben im Laufe ihrer Stammesgeschichte entwickelt haben und die vielfältigste Lebensweisen hervorbrachten. Während Menschen und Tiere zur Erhaltung ihrer Lebensfunktionen essentiell auf Sauerstoff angewiesen sind, findet man unter den Mikroorganismen neben aeroben auch anaerobe Arten, die zum Leben keinen Sauerstoff benötigen. Einige Bakterienarten sind fakultativ anaerob; sie können als Anpassung an Änderungen der Sauerstoffkonzentration ihren Energiestoffwechsel von aerob auf anaerob umschalten. Zusätzlich zu den heterotrophen Mikroben, die organische Verbindungen zum Aufbau ihrer Baustoffe verwenden, gibt es ebenfalls autotrophe Mikroorganismen, die ihre Nährstoffe ausschliesslich aus anorganischem Material beziehen. Phototrophe Mikroorganismen nutzen wie Pflanzen das Sonnenlicht als Energiequelle; chemotrophe verwenden chemische Energiesubstrate.1 Die grosse Vielfalt der Lebensweisen von Mikroorganismen ist das Resultat ihrer raschen Vermehrung bzw. häufigen Replikationszyklen, die mit den dabei auftretenden Mutationen eine schnelle Anpassung an unterschiedliche Umweltbedingungen ermöglichen. Die meisten Mikroben (Viren ausgenommen) vermehren sich durch einfache Zweiteilung – aus einer Zelle entstehen in der Regel zwei identische Tochterzellen. Die Zellteilung wird ausgelöst bei einer Zunahme der Zellmasse, wobei viele Mikroben aufgrund ihrer geringen Zellgrösse schnell wachsen können. Das Zellwachstum wird auch begünstigt durch die relativ grosse Zelloberfläche (im Vergleich zum Volumen), welche die Stoffaufnahme aus der Umwelt, aber auch die Ausscheidung von Abfallprodukten erleichtert. Unter günstigen Bedingungen und bei ausreichendem Nährstoffangebot reproduzieren sich Mikroorganismen also äusserst rasch, wobei die Vermehrung ihrer Population exponentiell verlaufen kann. Eine Bakterienzelle wie Escherichia coli teilt sich bei genügender Nährstoffversorgung alle 20 Minuten. Die kürzeste Generationszeit, die bei Bakterien beobachtet wurde, beträgt elf Minuten.2 Mit ihren vielfältigen Fähigkeiten und effizienten Anpassungsmechanismen beeinflussen die Mikroorganismen den gesamten Planeten und schaffen die Grundvoraussetzungen für das Leben auf der Erde. Bakterien und Pilze bauen als Destruenten organische Substanz ab und reduzieren es zu anorganischem Material, das wieder genutzt werden kann. Mikroben sind auch an allen biologisch wichtigen Stoffkreisläufen beteiligt. Im Kohlenstoffkreislauf etwa fixieren sie zusammen mit den Pflanzen atmosphärisches CO2. Im Stickstoffkreislauf wandeln sie elementaren Stickstoff (N2) um, der dann von Pflanzen und Tieren genutzt werden kann. Mikroorgansimen erzeugen auch mindestens die Hälfte des elementaren Sauerstoffs (O2) des Planeten.3 Ihre umfassenden Stoffwechseleigenschaften macht sich auch der Mensch zunutze. In der Lebensmittelindustrie werden sie zur Erzeugung von Nahrungsmitteln – wie etwa Molkerei- und Backprodukten oder alkoholischen Getränken – verwendet. Die Fähigkeit von Bakterien, rasch und nahezu vollständig organische Verbindungen zu CO2 oxidieren zu können, wird beim biologischen Abbau von Abfall und bei der Abwasserreinigung genutzt. Schliesslich werden Mikroorganismen auch in der Medizin und Mikrobiologie verwendet, etwa zur Produktion von Antibiotika oder Impfstoffen.4 Angesichts dieser vielfältigen Funktionen „im Dienste des Menschen“ spricht 1 Fuchs, 2014, S. 35-39; Jahn, Martina & Jahn, Dieter: Anpassungsfähigkeit von Mikroorganismen, in: Munch, 2008, S. 444-446 2 Nethe-Jaenchen, Regina: Mikrobielles Wachstum, in: Munch, 2008, S. 257-263; Fuchs, 2014, S. 39-45. Fuchs (2014, S. 42) hat die reproduktive Leistungsfähigkeit der Mikroorganismen in einem „Gedankenexperiment“ festgehalten: Bei einer stündlichen Zellteilung eines Bakteriums mit einer Masse von 10 -12 Gramm, erhält man theoretisch nach nur drei Tagen 272 Zellen (3 Tage x 24 Stunden = 72 Teilungen) mit einer Masse von 5‘000 Tonnen. Nach weniger als sechs Tagen (132 Teilungen) ergäbe sich eine Masse, die dem Gewicht der Erde entspricht. Das Gedankenspiel setzt ideale Wachstumsbedingungen für die Bakterien voraus, die in der Natur kaum gegeben sind. 3 Eikmanns, Marcella & Eikmanns, Bernd: Einfluss von Mikroorganismen auf Natur und Mensch, in: Munch, 2008, S. 512-523; Fuchs, 2014, S. 49-56 4 Fuchs, 2014, S. 59-63, Stock, 2009, S. 11-12; Mikroorganismus, Wikipedia, 2014 11 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Gerald Handl von Mikroorganismen als eigentlichen „Gesundheitserregern“, deren Ruf von einigen Krankheitserzeugern geschädigt wird.1 2.1.1. Bakterien Bakterien (vom griechischen baktērion „Stäbchen“) bilden neben den Archaeen und Eukaryoten eine der drei Domänen, in die heute alle Lebewesen eingeteilt werden (zur Taxonomie der Bakterien siehe Anhang 1). Sie sind einzellige, eigenständige Lebewesen – die meisten mit einer Länge von 0,6-5 µm und einem Durchmesser von 0,2-2,5 µm. Damit sind sie im Lichtmikroskop sichtbar. Bakterien zeigen eine weite Vielfalt an äusseren Formen, die auch für die mikroskopische Diagnostik von Bedeutung ist. Neben kugel- (Kokken), stäbchen- (Stäbchen/Bazillen) und schraubenförmigen Bakterien, die am häufigsten vorkommen, gibt es verzweigte, pyramidenartige, gestreckte und noch viele andersförmige. Zur Fortbewegung kann bzw. können eine oder mehrere Geisseln (Flagellen) dienen, die mit mehreren tausend Umdrehungen pro Minute wie Schiffsschrauben arbeiten. Unbegeisselte Bakterien sind unbeweglich.2 Obwohl sich Bakterien untereinander stark unterscheiden, weist ihr Zellaufbau (Abb. 3) Gemeinsamkeiten auf. Jede Bakterienzelle besteht aus Zytoplasma, einem Kernäquivalent (Nukleoid), Ribosomen und der – das Zellplasma nach aussen hin umschliessenden – semipermeablen Zytoplasmamembran. Letztere hat eine Barrierefunktion und übernimmt Aufgaben im Stofftransport, in der Verdauung und bei der Energiegewinnung. Das Zytoplasma besteht zu 80% aus Wasser und enthält verschiedene Organellen, wie Ribosomen3 zur Proteinbildung, Speicherstoffe sowie weitere Enzyme und den Nukleoid. Das Kernäquivalent, das die Erbinformation enthält, bildet meist ein ringförmig geschlossenes DNA-Molekül (Bakterienchromosom), das frei liegt und keinen eigentlichen Zellkern bildet (Stichwort Prokaryoten). Häufig befindet sich im Zytoplasma auch weitere DNA in Form von kleineren, ebenfalls in sich geschlossenen Molekülen. Diese Plasmide können unabhängig vom Chromosom vervielfältigt und weitergegeben werden. Nahezu alle Bak- Geissel Pili 1 Abb. 3: Schematische Zeichnung eines Bakteriums – aufgeteilt nach grampositiver (links) und gramnegativer Zellwandstruktur (rechts): Die Zellwand (dunkelblau) verleiht einem Bakterium die äussere Form. Die hellblau dargestellte Kapsel ist nicht bei allen Bakterien vorhanden. Die Zellmembran (dunkelgelb) ist Sitz einiger lebenswichtiger Enzymsysteme. Im Zentrum liegt das Zytoplasma, indem sich die Zellorganellen befinden.4 Handl, 2014, S. 36 Gross, Uwe: Kurzlehrbuch – Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/ New York, 2013 (3. Auflage), S. 37; Schwarzkopf, Andreas: Bakteriologie, in: Jassoy, Christian & Schwarzkopf, Andreas (Hrsg.): Hygiene, Infektiologie, Mikrobiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2013 (2. Auflage), S. 68-69 3 Als Prokaryoten besitzen Bakterien 70 S-Ribosomen. Die Spezifizierung 70 S bezieht sich auf den Wert, den Bakterienribosomen bei der Dichtezentrifugation einnehmen. Eukaroyten haben 80 S-Ribosomen. (Ribosom; Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Ribosom, Version 26.9.2014) 4 Abbildung 3, in: Schwarzkopf, Andreas: Bakteriologie, 2013, S. 68. Pili und Geissel hinzugefügt von der Autorin. 2 12 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams terien verfügen über Haftorgane (Pili), mit denen sie sich an belebte oder unbelebte Oberflächen anheften können.1 Soweit Bakterien eine Zellwand haben – die meisten besitzen eine –, lassen sie sich nach deren unterschiedlichen Aufbau unterteilen: Bei grampositiven Bakterien ist die Zellwand dick, bei gramnegativen dünn. Zudem besitzen gramnegative Bakterien ausserhalb der Zellwand eine weitere Biomembran (äussere Membran). Aufgrund der unterschiedlichen Zellwandstrukturen lassen sich Bakterien im Labor blau (grampositiv) oder rot (gramnegativ) einfärben. Dies ist für die kulturell-mikroskopische Untersuchung im Labor bedeutsam.2 Bakterien vermehren sich asexuell durch Zellteilung. Diese erfolgt meist durch eine Querteilung, kann aber auch durch eine Knospung oder Sporenbildung geschehen. Die Tochterzellen weisen ein identisches Genom auf und sind damit Klone. Die Generationszeit – die für die Verdoppelung der Zellzahl benötigte Zeitspanne – liegt zwischen 20 Minuten und 20 Tagen. Ein Gentransfer innerhalb der gleichen Bakteriengeneration geschieht bei engem Kontakt über den Austausch oder die Übertragung von Plasmiden. Schliesslich kann genetisches Material auch von Viren, die Bakterien befallen (Bakteriophagen), beim Übertritt von einem zum nächsten Bakterium übertragen werden.3 Je nach vorhandenen genetisch bestimmten Eigenschaften sind Bakterien in der Lage, Infektionskrankheiten auszulösen. Eine Liste mit wichtigen pathogenen Bakterien und der von ihnen verursachten Krankheiten befindet sich im Anhang 2. Im Folgenden sind einige wichtige krankheitserregende Faktoren ausgeführt:4 Manche Bakterien können ausserhalb der Zellwand Schleimkapseln bilden, die sie rundum umgeben. Die Kapseln schützen sie oft bei einer Infektion davor, von der körpereigenen Abwehr (des Menschen) erkannt und von leukozytischen Fresszellen aufgenommen zu werden (Phagozytose). Einigen Bakterien gelingt es, selbst in Fresszellen zu überleben. Mit Hilfe von Oberflächenproteinen verhindern sie die Verdauung durch die Zellen. Mit den Pili können sich Bakterien an menschliche Zellen anhaften. Gifte (Toxine) werden in der Zellwand gespeichert und von lebenden (Exotoxine) oder von zerfallenden, sterbenden Bakterien (Endotoxine) abgegeben. Einige Bakterien können Sporen bilden – langlebige und gegen Umwelteinflüsse und oft auch gegen Antibiotika hochresistente Dauerformen, die das gesamte Genom des Bakteriums besitzen. Durch den Austausch von Plasmiden können pathogene Eigenschaften oder Resistenzen gegen Antibiotika zwischen Bakterien übertragen werden. Wie im vorherigen Kapitel erwähnt, haben sich Mikroorganismen – und da vor allem Bakterien – optimal an ihre Lebensumstände angepasst. Für Bakterien, die beim Menschen Krankheiten verursachen können, lassen sich eine Reihe von bevorzugten Bedingungen auflisten: Viele pathogene Bakterien können in einem relativ weiten, gemässigten Temperaturspektrum wachsen. Die 1 2 3 4 Bakterien, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bakterien, Version 30.9.2014; Miksits, Klaus & Hahn, Helmut: Basiswissen Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg, 2004 (3. Auflage), S. 115; Nethe-Jaenchen, Regina & Eikmanns, Marcella: Struktur und Funktion der Zellen von Mikroorganismen, in: Munch, 2008, S. 14-18 Gross, 2012, S. 38-39; Stock, 2009, S. 34-35; Gram-Färbung, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/GramF%C3%A4rbung, Version 3.8.2014. Die Begriffe „grampositiv/-negativ“ und „Gramfärbung“ beziehen sich auf den dänischen Bakteriologen Hans Christian Gram (1853-1938), der die Färbmethode entwickelt hat. Handl, 2014, S. 58; Stock, 2009, S. 52; Bakterien, Wikipedia, 2014 Handl, 2014, S. 58 13 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams optimale Temperatur für ihr Wachstum liegt zwischen 35-40° C, was der menschlichen Körpertemperatur entspricht. Da sie auch niedrige Temperaturen „tolerieren“ – sie wachsen noch bei 8° C, wenn auch langsamer, und überleben grössere Kälte –, bleiben sie in Kühlschränken oder zur Winterzeit unbeschadet. Die meisten pathogenen Bakterien sind fakultative Anaerobier und können daher mit oder ohne Sauerstoff wachsen. Viele von ihnen bevorzugen auch ein Umfeld mit einem relativ neutralen pH-Wert (6-8), also weder zu saure noch zu basische Verhältnisse. Die meisten natürlichen Lebensräume sowie von Menschen genutzte Materialien besitzen einen relativ neutralen pH-Wert. Sie stellen somit optimale Bedingungen für das Bakterienwachstum dar. Alle Bakterien brauchen für ihre Vermehrung Wasser und Nährstoffe, die sie normalerweise in ihrer Umgebung – auch aufgrund ihrer geringen Ansprüche – genügend finden. Pathogene Bakterien, welche die nötigen Nährstoffe vor allem vom Menschen beziehen, sind auf diesen als Stofflieferant angewiesen. Schliesslich benötigen viele Bakterien zum Wachstum kein Licht. UVStrahlen des Sonnenlichts gelten gar als ihre „natürlicher Feind“, da sie bakterielles Erbgut schädigen können.1 Angesichts der grossen Lebenstoleranz gegenüber ihrer Umwelt und den geringen Bedürfnissen von Bakterien erstaunen die Resultate einer vor kurzem durchgeführten Studie zur Überlebensdauer von Mikroorganismen in Flugzeugen nicht wirklich. Die Untersuchung zeigte, dass etwa das potentiell stark pathogene Bakterium Staphylococcus aureus rund eine Woche auf Flugzeugsitzen haften kann; das Darmbakterium Escherichia coli war bis zu vier Tagen auf Armlehnen nachzuweisen.2 2.1.2. Viren Viren (Singular: das Virus, vom lateinischen virus „Schleim“, „Saft“, „Gift“) werden allgemein nicht als Lebewesen angesehen, sondern als infektiöse Partikel3. Sie bestehen aus einer Nukleinsäure, welche ihre Erbinformation in RNA oder DNA trägt und die von einem Eiweiss-/Proteinmantel (Kapsid) umgeben ist. Einige Viren haben zusätzlich eine lipidhaltige (wasserunlösliche) Hülle (Abb. 4). Mit einem Durchmesser zwischen 18 nm und 300 nm (Pockenvirus) sind sie deutlich kleiner als Bakterien und deshalb fast nur unter dem Elektronenmikroskop sichtbar. Dort erscheinen sie kugel-, quader- oder kristallförmig. Viren können sich nicht bewegen und werden meistens mit Abb. 4: Aufbau von Viren: Es kann zwischen umhüllten dem Wind oder mit Körperflüssigkeiten und nicht umhüllten oder zwischen DNA- und RNA-Viren 5 transportiert.4 unterschieden werden. Viren sind keine selbständigen Organismen. Sie haben keine Organellen, besitzen keinen eigenen Stoffwechsel und können sich – im Gegensatz zu Bakterien – auch nicht selbständig ver- 1 2 3 4 5 Schwarzkopf, Andreas: Bakteriologie, 2013, S. 68-70; Stock, 2009, S. 52-60 Studie zu Darmbakterien – Gefährliche Keime überleben tagelang im Flugzeug, in: Augsburger Allgemeine, 21.5.2014, http://www.augsburger-allgemeine.de/wissenschaft/Gefaehrliche-Keime-ueberleben-tagelang-imFlugzeug-id29922637.html, besucht 20.11.2014 In der Mikrobiologie spricht man allgemein von Viruspartikeln. Dabei wird unterschieden zwischen Virionen und Viren. Virionen sind vollständig aufgebaute Viruspartikel, die sich ausserhalb von Wirtszellen verbreiten. Viren sind Partikel, die sich innerhalb von Zellen vermehren. Jassoy, Christian: Virologie, in: Jassoy, Christian & Schwarzkopf, Andreas, 2013, S. 100; Miksits & Hahn, 2004, S. 51; Stock, 2009, S. 217; Viren, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Viren, Version 13.10.2014 Abbildung 4, in: Jassoy: Virologie, 2013, S. 100 14 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams mehren. Für ihre Replikation sind Viren ausschliesslich auf lebende Zellen – auf einen Wirt – angewiesen. Der Vermehrungsvorgang verläuft in charakteristischen Stadien (Abb. 5):1 (1) Um in eine Wirtszelle zu gelangen, docken Viren entweder an ein Molekül an der Zelloberfläche (Rezeptor) an, das ihnen das Eindringen erlaubt, oder sie penetrieren die Zelle direkt durch die Zellmembran. (2) Um die Zelle nicht zu beschädigen, nutzen viele Viren beim Eindringen Transportwege, durch die auch andere Substanzen aufgenommen werden. Zusätzlich wird oft die Immunabwehr des Wirtes unterdrückt. (3) Bei umhüllten Viren „verschmilzt“ die Virushülle meist mit der Zellmembran, wodurch das Kapsid und Genom in das Zytoplasma gelangen. Dort stellt das Virusgenom der Wirtszelle „Programme“ zur Anfertigung und Zusammensetzung von Virusbausteinen zur Verfügung. (4) Anschliessend wird das Erbmaterial/ Virusgenom vervielfältigt und werden die Hüllproteine gebildet. (5) Das Genom und die Proteine setzen sich selbständig zu Viruspartikeln zusammen, wobei in einer einzelnen infizierten Zelle mehr als 10‘000 Partikel gebildet werden können. Als Virionen verlassen sie die Zelle, indem entweder die Zellmembran aufgelöst wird (Lyse) oder indem sie ausgeschleust (Knospung/Exozytose) werden. Abb. 5: Vermehrungszyklus eines Virus3 Der Replikationszyklus ist je nach Virusart unterschiedlich lang und kann von einigen Stunden bis zu mehreren Tagen dauern. Bei einer Infektion werden in der Regel mehrere Zyklen nacheinander durchlaufen, ehe Krankheitssymptome auftreten. Die krankmachenden Eigenschaften pathogener Viren hängen von der Virusart ab. Da aber Viren meist nur bestimmte Zelltypen infizieren und sich darin vermehren können, brauchen sie auch den richtigen Wirt bzw. geeignete Wirtszellen, damit diese Eigenschaften zum Tragen kommen und eine Krankheit verursacht wird. Von den akuten Erkrankungen, die von Viren hervorgerufen werden, erholen sich die Infizierten in der Regel nach kurzer Zeit. Die Viren werden von der Immunabwehr meistens vollständig vernichtet. Ausnahmen bilden hier die „latenten“ Viren – etwa das Herpes-Virus oder das Humane Immunschwächevirus (HIV) –, die sich dem menschlichen Immunsystem entziehen können und lebenslang im Körper des Infizierten verweilen.2 Die krankmachende Wirkung pathogener Viren kann einerseits auf die direkte Auswirkung des Virus auf die infizierte Zelle zurückgeführt werden. Andrerseits können auch die immunologischen Abwehrreaktionen auf die Virusinfektion für die Krankheitssymptome verantwortlich sein; hier be- 1 2 3 Haller, Otto:, Allgemeine Virologie, in: Kayser, Fritz H. et al.: Taschenlehrbuch – Medizinische Mikrobiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2010 (12. Auflage), S. 402-411; Gross, 2012, S. 119-121; Jassoy: Virologie, 2013, S. 100-101; Stock, 2009, S. 223-224 Gross, 2012, S. 121; Haller, 2010, S. 418 & 515 Abbildung 5, in: Jassoy: Virologie, 2013, S. 101 15 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams wirkt die Immunabwehr erst die Krankheit. Folgende Faktoren können bei einer Virusinfektion zu einer manifesten Erkrankung führen:1 Die Viren sorgen nach ihrem Eindringen in die Wirtszelle für eine rasche Vermehrung und schädigen die Zelle bis zu deren Absterben (z. B. Pockenviren). Der vom Virus verursachte Zelluntergang ist meist eine Hauptursache für die beobachteten Krankheitssymptome. Die Viren verändern die Funktion der Wirtszelle und stimulieren deren Wachstum. Dabei kann es zu Warzen- und Tumorbildung – bei einigen Viren auch zu bestimmte Krebsarten – kommen. Die Viren verursachen keinen direkten Zellschaden. Dieser tritt erst ein, wenn das Immunsystem die infizierten Zellen erkennen und eliminieren (z. B. bei Hepatitis A-, B- und C-Viren). Eine Virusinfektion kann eine zusätzliche Infektion mit Bakterien erleichtern (Superinfektion). Viren können rasch Resistenzen gegenüber eingesetzten Wirkstoffen entwickeln. Ausserhalb ihrer Wirtszelle „überleben“ Viren – als inaktive Moleküle – oftmals weit extremere Umweltbedingungen als Bakterien. Obschon die Temperaturempfindlichkeit stark vom Virusstamm abhängig ist, bleiben viele Viren auch bei extremer Kälte (bis -60° C) infektiös. Die allermeisten sind zudem hitzeresistent bis zu einer Temperatur von 80° C. Viren sind ebenfalls laugenstabil. Während einige Viren durch Waschen und Desinfizieren der Haut nicht entfernt werden können, inaktivieren übliche Sterilisationsverfahren alle klassischen Viren.2 Obwohl das menschliche Immunsystem viele häufig vorkommende Viruserkrankungen selbständig mit Erfolg bekämpfen kann, gibt es eine Reihe schwerer viraler Erkrankungen, die einer medizinischen Behandlung bedürfen – oder besser: bedürften. Denn trotz einigen Fortschritten bei der Entwicklung antiviraler Wirkstoffe, gibt es bis heute nur wenige Therapien zur direkten Bekämpfung spezifischer Viren. Da Viren im Gegensatz zu Bakterien keine Zellen sind, können sie nicht wie diese abgetötet werden. Mittel, welche eine virale Infektion oder die Virusvermehrung hemmen, sind auch meist schädlich für das Zellleben des behandelten Organismus. Schliesslich stellt auch die rasche Resistenzentwicklung der Viren ein Problem dar. Den sichersten Schutz gegen Viruserkrankungen bieten deshalb nach wie vor Impfungen, welche die Bildung von Antikörpern anregen und damit zur körpereigenen Immunisierung führen. So konnten etwa die Pocken durch die Durchführung eines entsprechenden Impfprogramms in Europa ausgerottet werden. Heute gibt es unter anderem antivirale Impfstoffe gegen Tollwut, Kinderlähmung, Masern, Windpocken, Mumps und Grippe.3 2.1.3. Pilze und Protozoen Neben den Viren und Bakterien, welche die am weitest verbreiteten Krankheitserreger sind, spielen auch einige Pilze und Parasiten eine wichtige Rolle bei Infektionskrankheiten. Pilze Pilze, deren botanische Bezeichnung Fungi (vom lateinischen fungus „Pilz“) ist, sind Eukaryoten und bilden neben Tieren und Pflanzen ein eigenständiges – und vor allem auch heterogenes – Reich. Heute rechnet man mit rund einer Million (nach manchen Quellen gar über fünf Millionen) verschiedenen Arten, die sowohl Einzeller (z.B. Hefepilz) als auch Vielzeller umfassen. Entspre- 1 2 3 Gross, 2012, S. 121-122; Haller, 2010, S. 415-422; Miksits & Hahn, 2004, S. 53-55 Handl, 2014, S. 60, 107-109; Sterilisation, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Sterilisation, Version 18.9.2014 Stock, 2009, S. 224-225 16 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams chend sind sie auch unterschiedlich gross. Die mikroskopisch kleinsten haben einen Durchmesser von 2 µm; die grössten können mit ihren unterirdischen Fäden (Hyphen) mehrere Hektaren Fläche einnehmen und einige Tonnen wiegen. Im Gegensatz zu Pflanzen können sie nicht selbst organische Stoffe bilden und müssen daher die von anderen Lebewesen gebildeten organischen Substanzen verwerten. Pilze können sich geschlechtlich und ungeschlechtlich vermehren, wobei die asexuelle Reproduktion durch Sprossung, Zellteilung oder (ungeschlechtliche) Sporenbildung häufiger ist. Pilze sind weit verbreitet und machen zwischen 30-40% der Biomasse der Erde aus. Sie besiedeln nahezu jeden Lebensraum und sind auch an extremen Standorten wie dem antarktischen Eis oder in Wüsten auf Steinflächen zu finden.1 Von der Vielzahl an bekannten und unbekannten Pilzarten sind rund 300 als Krankheitserreger beschrieben. Ungefähr ein Dutzend dieser Arten sind für mehr als 90% aller durch Pilze verursachten Infektionskrankheiten (Mykosen) verantwortlich. Die meisten Mykosen sind relativ harmlos und betreffen häufig nur abwehrgeschwächte Menschen. Neben der Ausbreitung der floraeigenen Pilze bei Immunschwäche (endogene Infektion) können auch exogene Infektionen auftreten, wenn Pilze durch die Atemluft oder bei Verletzungen durch die Haut von aussen in den Körper gelangen. Bekannte Pilzerkrankungen sind Fuss-, Nagel- und Hautpilz. Schimmelpilze, die vorwiegend pflanzliche und tierische Stoffe besiedeln und eine Vielzahl von luftgetragenen Sporen bilden, können auch allergische Reaktionen verursachen. Sie stellen besonders für Menschen mit Lungenerkrankungen und Immunschwäche ein Risiko dar. Auf Lebensmitteln produzieren sie Gifte, die als krebserregend gelten. Da Pilze Feuchtigkeit und Wärme lieben, ist Vorsicht an „Sammelplätzen“ wie Bädern, Saunen und Sporthallen geboten. Mit korrekter Körperpflege können viele Mykosen vermieden werden; die meisten sind auch medizinisch behandelbar.2 Neben diesen Krankheitserregern gibt es eine Vielzahl von Pilzen, die vom Menschen genutzt werden. Von den einzelligen Pilzen sind die Wein-, Bier- und Backhefen die bekanntesten Nutzpilze. Protozoen Der Begriff Protozoen (griechisch protózoon „das erste Tier“) umfasst eine Gruppe frei oder parasitisch lebender Mikroorganismen, die den Eukaryoten angehören und tierische Einzeller sind (z.B. Pantoffeltierchen, Amöben). Die ehemals als Urtierchen bezeichneten Protozoen unterscheiden sich erheblich hinsichtlich ihrer Grösse. Gemeinsam ist ihnen, dass sie wie die Pilze heterotroph sind, also für ihren Stoffwechsel Substanzen benötigen, die von anderen Organismen aufgebaut wurden. Protozoen vermehren sich asexuell durch Zwei- oder Mehrfachteilung.3 Von den rund 40‘000 beschriebenen Protozoen-Arten können nur etwa 40 Menschen infizieren und Krankheiten (Protozoonosen) auslösen. Die meisten von ihnen kommen in den Tropen und Subtropen vor. Einige der pathogenen Protozoen werden über verseuchte Toiletten per Tröpfcheninfektion oder über verunreinigte Nahrung aufgenommen; andere werden durch Insektenstiche übertragen. Sie besiedeln vor allem den Darm, das Blut oder das Gewebe. Bekannte Protozoonosen sind die Amöbenruhr und die Malaria, die vom Einzeller der Gattung Plasmodium hervorgerufen und durch den Stich der Anopheles-Mücke übertragen wird. An Malaria sterben laut Weltgesundheitsorganisation weltweit jedes Jahr über zwei Millionen Menschen – die grosse Mehrheit in Afrika. Wichtige Präventionsmassnahmen sind Hygiene bzw. Mückenschutz; eine Impfung gegen Malaria existiert noch nicht.4 1 2 3 4 Kothe, Erika: Pilze in: Fuchs, 2014, S. 99-100; Miksits & Hahn, 2004, S. 213; Stock, 2009, S. 266; Wöstemeyer, Johannes: Mikrobiologie, Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart, 2009, S. 131-135 Handl, 2014, S. 38-40; Kayser, Fritz & Böttger, Erik: Allgemeine Mykologie, in: Kayser et al., 2014, S. 360-361, 365; Stock, 2009, S. 267-268 Deplazes, Peter & Eckert, Johannes: Protozoen, in: Kayser et al., 2014, S. 556; Miksits & Hahn, 2004, S. 233236, Schubert, Stefan: Parasiten, in: Jassoy, 2013, S. 136-137 Handl, 2014, 46-47; Protozoen, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Protozoeninfektion, Version 6.5.2014 17 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 2.2. Mikroorganismen als Krankheitserreger Der Mensch ist von Mikroorganismen dicht besiedelt. Auf und im menschlichen Körper existieren rund 10 bis 100 Mal mehr Mikroorganismen – vor allem Bakterien – als menschliche Zellen, aus denen wir bestehen. Das heisst: auf jede unserer Körperzellen kommen mindestens 10 Mikroben. Ihre Gesamtmasse macht bis zu zwei Kilogramm unseres Körpergewichts aus.1 Weniger betroffen ist die „lebensfeindliche“ trockene Haut, die nur von etwa einer Milliarde Mikroorganismen bewohnt wird (100-10‘000 pro cm2 Hautfläche) und damit relativ keimarm ist. Da Mikroben Wasser zum Leben benötigen, gedeihen sie vor allem in feuchten Körperzonen. So sind die inneren und äusseren Schleimhäute äusserst dicht mit Bakterien, aber auch Pilzen und Protozoen besiedelt. Der Mund- und Nasenraum kann als komplexes Biotop betrachtet werden; ein Milliliter Speichel enthält so viele Bakterien, wie auf unserer ganzen Haut vorkommen. Die meisten Mikroorganismen befinden sich aber im Verdauungstrakt des Menschen und insbesondere im Dickdarm. In einem einzigen Gramm menschlichen Kots befinden sich rund 100 Milliarden Mikroben.2 Die Besiedlung des gesunden menschlichen Körpers mit Mikroorganismen beginnt gleich nach der Geburt. Diese sogenannte Normalflora aus Bakterien, Pilzen und Protozoen steht in einem Gleichgewicht mit dem menschlichen Körper. Die Mikroben leben auf der Haut und den Schleimhäuten des Menschen, ohne ihn zu schädigen (Kommensalismus). Mehr noch: Viele der Mikroorganismen sind für unser Überleben notwendig. So wirken beim gesunden Menschen die Mikroben auf den Oberflächen der Schleimhäute als Schutz gegen mikrobielle Krankheitserreger. Sie konkurrieren mit von aussen kommenden pathogenen Mikroorganismen um Nahrung und Bindestellen der Schleimhäute. Verstärkt wird die Schutzwirkung durch die Schaffung ungünstiger Lebensbedingungen für fremde Mikroben (z.B. durch Säurebildung) und die permanente Stimulierung des Immunsystems. Die Mikroben der Darmflora sind auch verantwortlich für die Vergärung von Stoffen und die Vitaminproduktion.3 2.2.1. Infektionskrankheiten – Einige Statistiken Im Vergleich zur Vielfalt der Mikroorganismen gibt es nur einige wenige, die dem Menschen als Erreger von Krankheiten schaden. Trotzdem sind pathogene Mikroben für den Menschen von entscheidender Bedeutung: Etwa ein Drittel der jährlich weltweit registrierten Todesfälle (rund 15 Millionen Menschen) geht auf Infektionskrankheiten zurück (Abb. 6), die heute – auf globaler Ebene – die häufigste Todesursache darstellen. Während im Mittelalter vor allem Pest und Pocken die meisten Todesopfer forderten, zählen gegenwärtig neben der Tuberkulose und Malaria vor allem akute Atemwegsinfektionen, Durchfallerkrankungen und Infektionen mit humanen Immundefizienzviren zu den häufigsten tödlich verlaufenden Infektionskrankheiten. Die Häufigkeit von Infektionskrankheiten, die in den Entwicklungsländern am höchsten ist, hängt von den hygienischen Verhältnissen, der wirtschaftlichen Situation (Behandlungsmöglichkeiten) sowie der geografischen Lage der Länder ab.4 In Europa, wo das Gesundheitssystem ausgebaut, die Hygienesituation gefestigt und der allgemeine Gesundheitszustand der Menschen gut ist, stellen Infektionskrankheiten nicht mehr die vorrangige Todesursache dar; Herz- und Kreislaufbeschwerden sowie Krebs und Unfälle rangier- 1 2 3 4 Handl, 2014, S. 36. „Ein ausserirdischer in ferner Zukunft: Wir haben eine irdische Lebensform entdeckt. Sie besteht aus 1 Menschen, 74 Amöben, 497 Madenwürmern, 988 Spinnentieren und 100‘000‘000‘003‘009 Bakterien.“ Fuchs, 2014, S. 63; Gross, 2013, S. 79-82; Mikroorganismus, Wikipedia, 2014; Stock, 2009, S. 11-12; NetheJaenchen: Die Welt der Mikroorganismen, 2008, S. 8-11 Nethe-Jaenchen, Regina & Eikmanns, Marcella: Einfluss von Mikroorganismen auf Natur und Mensch, in: Munch, 2008, S. 530, Stock, 2009, 12 & 23 Fuchs, 2014, S. 64, Kayser, Fritz & Böttger, Erik: Allgemeine Aspekte der medizinischen Mikrobiologie, in: Kayser et al., 2014, S. 2; Stock, 2009, S. 12-13 18 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Mio. 4,5 Bis 4,4 Mio. 4 3,5 3 2,5 2 1,5 1 Bis 3,1 Mio. 2-3 Mio. 1,5-2,7 Mio. 2 Mio. 0,25-1 Mio. 0,75 Mio. 0,5 Mio. 0,25-0,5 Mio. 0,5 0 Abb. 6: Durchschnittliche weltweite Anzahl der Todesfälle durch Infektionen pro Jahr (Schätzwert für die vergangenen 10 Jahre)5 en noch vor ihnen.1 Seit einigen Jahren ist aber wieder ein Anstieg von Infektionen zu beobachten. In Deutschland etwa erhöhte sich die Zahl der Sterbefälle aufgrund einer Infektionskrankheit (rund 40‘000 Menschen jedes Jahr) zwischen 2002 und 2006 um 14%; mehr als die Hälfte der Verstorbenen litt an einer bakteriell oder viral bedingten Pneumonie/Lungenentzündung.2 Eine ähnliche Entwicklung ist in der Schweiz zu beobachten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Infektionskrankheiten für ein Viertel der Todesfälle verantwortlich. Durch neue Hygienemassnahmen (etwa Abwasserbehandlung), verbesserte Lebensbedingungen und den medizinischen Fortschritt (Impfungen und Antibiotika) verloren diese innerhalb eines Jahrhunderts an Bedeutung. Von 1970 bis zur Mitte der 1980er-Jahre ging die Sterblichkeit (Anzahl Todesfälle pro 100‘000 Einwohner) durch Infektionskrankheiten markant zurück (Abb. 7). Sie erreichte von 1990-1994 durch die Aids-Epidemie3 eine neue Spitze und flachte sich anschliessend bis 2005 wieder ab, wobei hierzu auch die Einführung der neuen internationalen Klassifikation der Krankheiten beitrug, welche gewisse Infektionskrankheiten von der statistischen Erfassung ausschloss.4 Im Zeitraum 2005-2009 starben in der Schweiz pro Jahr durchschnittlich rund 640 Men1 Handl, 2014, S.26 Stock, 2009, S. 13-14 3 Das Acquired Immune Deficiency Syndrom/Aids (erworbenes Immundefekt- oder -schwächesyndrom) bezeichnet eine spezifische Kombination von Symptomen, die infolge der Zerstörung des Immunsystems durch die Infektion mit dem Humanen Immundefizienz-Virus (HIV) auftreten. Bei den Erkrankten kommt es zu lebensbedrohlichen opportunistischen Infektionen und Tumoren. (Miksits & Hahn, 2004, S. 107-109; AIDS, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/AIDS, Version 9.11.2014) 4 In der Internationalen Klassifikation der Krankheiten und Todesursachen (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems/ICD) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind die Infektionskrankheiten definiert als „Krankheiten, die allgemein als ansteckend oder übertragbar anerkannt sind.“ Ausgeschlossen sind jedoch (menschliche) Keimträger, bestimmte lokalisierte Infektionen sowie gewisse infektiöse und parasitäre Krankheiten als auch Grippe und sonstige akute Infektionen der Atemwege.“ (ICD-Code 10, 2014, http://www.icd-code.de/icd/code/A00-B99.html, besucht 8.11.2014) 5 Abbildung 6, in: Stock, 2009, S. 1 2 19 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams schen (1% der gesamten Todesfälle) an den Folgen einer Infektionskrankheit, davon 60 an Aids.1 Die Mortalität ist seit 2005 wieder leicht ansteigend und kann sich laut dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) wieder rasch erhöhen. Die Fallzahlen von meldepflichtigen Infektionskrankheiten haben in den letzten Jahren zugenommen und lagen 2013 bei rund 22‘500 (2012: 19‘500).2 Abb. 7: Infektionskrankheiten in der Schweiz – Sterblichkeit 1970-2009: Während die Mortalitätsrate 1970-1974 noch 8,5 pro 100’000 Frauen und 16,0 pro 100’000 Männer betrug, war sie von 1980-1984 nur noch halb so hoch. Danach stieg die Sterblichkeit bis in die erste Hälfte der 1990er-Jahre an (Aids-Epidemie) – auf 7,6 pro 100’000 Frauen und 18,2 pro 100’000 Männer. Bis 2009 sank sie erneut bis auf 4,4 für Frauen und 6,7 für Männer.7 Die Ursachen für das steigende Risiko, sich mit einer Infektionskrankheit anzustecken, sind vielfältig. In den letzten Jahren verursachten bisher unbekannte Erreger immer wieder neuartige Erkrankungen. Nach der Aids-Pandemie in den 1980er-Jahren breitete sich Ende der 1990erJahre die „Vogelgrippe“ von Asien über den ganzen Globus aus. Dabei ist erstmals eine Unterform des hochpathogenen Influenza-Virus H5N1 von Vögeln auf Menschen „übergesprungen“. Die zwischen Tier und Mensch übertragenen Infektionskrankheiten über neue Erreger, die ursprünglich nur für Tiere gefährlich waren, aber über Mutationen auch für den Menschen pathogen wurden, stellen ein zunehmender Risikofaktor dar.3 So gilt als Auslöser der SARS-Pandemie (Schweres Akutes Respiratorisches Syndrom), die 2002/2003 rund 1‘000 Todesopfer forderte, ein Virus, das vorgängig nur chinesische Fledermäuse oder Schleichkatzen befallen hat.4 Fledermäuse und Dromedare sind die Wirtsorganismen für das neuartige Virus, das seit 2012 auf der arabischen Halbinsel die Atemwegserkrankung MERS (Middle East Respiratory Syndrome) verursacht.5 Schliesslich sind auch mutierte Viren sowohl für das Ebolafieber als auch für die „Schweinegrippe“ verantwortlich, an der bis jetzt mindestens 18‘500 Menschen starben6. Neben neuartigen Erkrankungen treten – auch in den westlichen Industrieländern – klassische Infektionskrankheiten wie Tuberkulose oder Diphterie wieder häufiger auf. Eine entscheidende Rolle spielt hier einerseits die rasche Entwicklung von Resistenzen der Mikroorganismen gegen 1 Bundesamt für Statistik (BFS): Todesfälle durch Infektionskrankheiten und Aids von 1970 bis 2009: Entwicklung von Generation zu Generation, Mai 2014, http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/publikationen. html?publicationID=5571 2 Bundesamt für Gesundheit (BAG): Infektionskrankheiten – Wöchentliche Fallzahlen, http://www.bag.admin.ch/ themen/medizin/00682/index.html?lang=de, besucht 8.11.2014 3 Handl, 2014, S. 22-23; Kayser & Böttger, 2014, S. 2-4; Vogelgrippe H5N1, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/ wiki/Vogelgrippe_H5N1, Version 22.10.2014 4 Schweres Akutes Atemwegssyndrom, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Schweres_Akutes_Atemwegssyndrom, Version 10.10.2014 5 MERS-CoV, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/MERS-CoV, Version 29.10.2014 6 Pandemie H1N1 2009/10, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Pandemie_H1N1_2009/10, Version 1.11.2014 7 Abbildung 7, in: Bundesamt für Statistik (BFS), Mai 2014, S. 5 20 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Antiinfektiva (Antibiotika). Andrerseits tragen auch die zunehmend invasiven und aggressiven Verfahren in der Medizin (etwa Transplantationen, Chemotherapie), welche die Abwehrmechanismen schwächen, dazu bei, Infektionsrisiken durch traditionelle Erreger zu erhöhen. Zusätzlich wird die Ausbreitung von ursprünglich geografisch begrenzten Erkrankungen durch die hohe Mobilität der Menschen und den weltweiten Handel gefördert. So gelangten Tigermoskitos, die mit Dengue-Viren infiziert waren, in Autoreifen von Asien in die USA.1 Schliesslich ist auch der Klimawandel für eine Zunahme von Infektionskrankheiten mitverantwortlich. Die Temperaturerhöhung begünstigt Wachstum und Ausbreitung von Krankheitserregern.2 2.2.2. Merkmale und Eigenschaften von Erregern Eine Infektion umfasst die Ansiedlung und die Vermehrung eines pathogenen Mikroorganismus in einem Makroorganismus (z.B. im lebenden menschlichen Organismus). Infektionen müssen nicht zwangsläufig zu Erkrankungen führen. Oft treten keine Krankheitssymptome bzw. nachweisbare Schäden auf (asymptomatische oder inapparente Infektionen). Zu einer Erkrankung (symptomatische oder apparente Infektion) kommt es in der Regel dann, wenn die Immunabwehr das Wachstum des Mikroorganismus nicht mehr kontrollieren kann und der Erreger den Wirt direkt schädigt. Andrerseits können Krankheitssymptome aber auch die Folge von Abwehrreaktionen des infizierten Organismus sein (vor allem hohes Fieber). Infektionskrankheiten entstehen also durch Wechselwirkungen zwischen dem Infektionserreger und dem Makroorganismus mit seinen spezifischen Abwehrmechanismen.3 Pathogenität und Virulenz Mikroorganismen, die ihren Wirt direkt oder indirekt schädigen – also krankmachend sind –, werden als pathogen oder Pathogene bezeichnet. Dabei wird unterschieden zwischen fakultativ pathogenen/opportunistischen und obligat pathogenen Mikroben. Die ersteren sind Mikroorganismen der körpereigenen Normalflora, die vor allem bei einer Immunschwäche oder bei Eindringen in neue Standorte Infektionskrankheiten auslösen (endogene Infektion). So kann etwa das Bakterium Escherichia coli, das zur residenten Darmflora gehört, in den Harnwegen zu Infektionen führen. Obligat pathogene Krankheitserreger gehören nicht zur Bakterienflora des Wirts und können auch bei intakter Abwehr mit hoher Wahrscheinlichkeit Infektionskrankheiten verursachen (z.B. Salmonellen, Tetanus, Tollwut, Tuberkulose). Da diese Mikroorganismen von aussen – der belebten oder unbelebten Umwelt – in den Körper eindringen, handelt es sich um exogene Infektionen. Solche können auch von fakultativ pathogenen Mikroben erzeugt werden, wenn diese von aussen in den Körper gelangen.4 Neben der oben beschriebenen Pathogenität ist auch die Virulenz ausschlaggebend dafür, ob ein Mikroorganismus eine Infektionskrankheit auslösen kann. Während die Pathogenität die generelle Fähigkeit einer bestimmten Art umschreibt, krankheitserregend zu wirken, umfasst der Begriff Virulenz das Ausmass der krankheitserregenden Eigenschaften – das heisst die potentielle Schwere der Schädigung bei Erkrankungen – bei einem bestimmten Erregerstamm (Untergruppe der Art). Dabei wird prinzipiell unterschieden zwischen virulenten und avirulenten Stäm- 1 2 3 4 Kayser & Böttger, 2014, S. 3-4; Nethe-Jaenchen: Die Welt der Mikroorganismen, 2008, S. 8-11 Bassetti, Stefano: ‚Neue‘ Infektionskrankheiten in der Schweiz durch den Klimawandel?, https://www.so-h.ch/ fileadmin/user_upload/solothurner_spitaeler_ag/Wissenschaftliche_Publikationen/pdf/Klima___Infektionen_SMF_09.pdf, Schweiz Med Forum 905 Curriculum, 2009 Ben-Barak, Idan: Kleine Wunderwerke – Die unsichtbare Macht der Mikroben, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 2010, S. 125-128; Handl, 2014, S. 62-63; Jassoy, Christian: Infektion und Infektionskrankheit, in: Jassoy, 2013, S. 26-27; Miksits & Hahn, 2004, S. 3; Stock, 2009, S. 23 Miksits & Hahn, 2004, S. 45; Stock, 2009, S. 23-24; Pathogenität, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Pathogenit%C3%A4t, Version 16.10.2014 21 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams men. Als Messgrösse der Virulenz dient die Anzahl der benötigten Mikroorganismen, um 50% einer Gruppe infizierter Wirtsorganismen zu töten (letale Dosis50/LD50).1 Die Virulenz wird von verschiedenen Faktoren bedingt, die bestimmte Eigenschaften und Fähigkeiten eines Mikroorganismus umfassen. Die Virulenzfaktoren können sowohl Strukturelemente als auch Stoffwechselprodukte von Erregern sein:2 Adhäsine (Anheftungsmechanismen) ermöglichen dem Mikroorganismus das Anheften an die Zielzellen des Wirts, der für diese oft spezifische Rezeptoren besitzt – z.B. Haftpili, Haftproteine der äusseren Zellmembran bei gramnegative Bakterien bzw. der Zellwand bei grampositiven Bakterien. Invasine (Infektionsmechanismen) begünstigen das Eindringen (Invasion) des Erregers in den Wirt und die Ausbreitung im Wirtsorganismus. Die Strategien hierzu sind vielfältig und reichen vom Eindringen über Verletzungen über Aufnahme und Transport durch Makrophagen (Fresszellen/Phagozyten) bis zur Auflösung der Zellstrukturen durch Toxine. Impedine oder Evasine (Verteidigungsmechanismen gegen die Wirtsabwehr) unterstützen die Ansiedlung des Erregers, indem die lokale Immunabwehr ausgeschaltet wird. Mikroorganismen können sich mit spezifischen Phagozyten-Toxinen gegen Fresszellen wehren oder sich durch ihre Kapseln vor einer Phagozytose (Aufnahme und Zerstörung durch Phagozyten) schützen. Zusätzlich können sie sich als wirtseigene Antigene tarnen oder mittels spezieller Proteine eine Agglutination (siehe Kapitel 3.1.5. Latex-Test) verhindern. Aggressine (Schädigungsmechanismen) bewirken als Toxine (Giftstoffe) eine unmittelbare Schädigung von Wirtsfunktionen oder verursachen indirekt Gewebsschäden über die von ihnen ausgelöste Abwehrreaktion (Entzündung). Viele Mikroorganismen besitzen Giftstoffe in Form von Exo- und/oder Endotoxinen. Exotoxine (meist Proteine) werden von lebenden Mikroben, v.a. Bakterien, als Sekret abgesondert, wobei die Wirtszellen enzymatisch oder physikalisch geschädigt werden. Exotoxine verursachen etwa Cholera, Keuchhusten, Diph- Kontakt Schädigung des Gewebes – Krankheit mit der pathogenen Mikrobe Adhäsion an Haut und/oder Schleimhaut Eindringen durch das Epithel Invasivität Toxizität Weiteres Wachstum am primären Ort oder an entfernten Stellen Lokale oder systemische Toxineffekte Besiedlung Ausprägung von Pathogenitätsfaktoren Abb. 8: Pathogenese mikrobieller Erkrankungen: Der typische Verlauf der Entstehung von Infektionskrankheiten (Pathogenese) beginnt mit dem Kontakt, der Anheftung und dem anschliessenden Eindringen des Mikroorganismus. Nach der Besiedlung der Wirtszellen erfolgt eine Wachstumsphase, die über längere Zeit andauern kann, bei stark toxischen Erregern aber rasch verläuft. Die Schädigung des Gewebes äussert sich in Krankheitssymptomen.3 1 2 3 Miksits & Hahn, 2004, S. 47; Stock, 2009, S. 26 Miksits & Hahn, 2004, S. 47; Medizinische Mikrobiologie: Einführung, Wikibooks: http://de.wikibooks.org/wiki/ Medizinische_Mikrobiologie:_Einf%C3%BChrung, Version 14.2.2012; Virulenzfaktor, DocCheck: http://flexikon.doccheck.com/de/Virulenzfaktor, besucht 14.11.2014 Abbildung 8, in: Stock, 2009, S. 24 22 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams therie, Tetanus und Scharlach. Endotoxine (Proteine, Mehrfachzucker und Fettkomponenten/Lipide) befinden sich in der äusseren Zellmembran gramnegativer Bakterien, die beim Absterben und Zerfall der Bakterien freigesetzt werden. Kommt es zum massenweisen Absterben, kann ein septischer Schock (Multiorganversagen) eintreten. Endotoxine führen z.B. zu Typhus und Salmonellose/Gastroenteritis. Henle-Koch-Postulate Ein wichtiger Durchbruch für die medizinische Mikrobiologie war die Festlegung von Kriterien, mit denen bestimmt wird, ob ein Mikroorganismus tatsächlich Ursache der Erkrankung oder eine Begleitescheinung ist. Die Anforderungen, die vom deutschen Mediziner und Nobelpreisträger Robert Koch um 1890 formuliert wurden, sind heute als Kochsche oder Henle-Koch-Postulate bekannt. Danach gilt ein spezifischer Mikroorganismus als Krankheitserreger, wenn folgende vier Leitsätze nachgewiesen werden: (1) Der mutmassliche Krankheitserreger muss immer in Lebewesen auftreten, die an der Krankheit leiden, und darf in gesunden Makroorganismen nicht nachweisbar sein. (2) Der in Verdacht stehende Erreger muss in Reinkultur gezüchtet werden können. (3) Bei einer experimentellen Infektion eines gesunden Lebewesens mit der Reinkultur muss eine identische oder ähnliche Krankheit erzeugt werden. (4) Der Erreger muss aus dem experimentell infizierten Makroorganismus wieder isoliert und in Reinkultur angezüchtet werden; der neu kultivierte Erreger muss mit dem ursprünglichen identisch sein. Durch die Erfüllung der Postulate werden auch heute noch Krankheitserreger schlüssig nachgewiesen. Da die Anforderungen aber vor allem für obligat pathogene Erreger entwickelt wurden, werden Mikroorganismen, welche die Postulate nicht erfüllen (einige fakultativ pathogene Mikroben oder solche, die in vitro nicht kultiviert werden können), als Krankheitserreger nicht ausgeschlossen. Für sie müssen weitere Untersuchungen vorgenommen werden.1 2.2.3. Infektionsmechanismen Infektionskette Eine Infektion ist das Resultat eines „kettenhaften“ Ablaufs, der als Infektionskette bezeichnet wird. Diese besteht aus der Infektionsquelle und dem Übertragungsweg sowie den Eintrittspforten und Infektionsorten beim Empfänger. Erst wenn alle Glieder dieser Kette durchlaufen sind, kann eine Infektionskrankheit entstehen. Eine vollständige Infektionskette ist auch Voraussetzung für die Ausbreitung jeder Infektionskrankheit. Infektionsquelle Infektionsweg Eintrittspforte Infektionsort Als Infektionsquellen, von denen der Erreger auf den Wirt übertragen wird, kommen kranke oder infizierte Menschen und Tiere sowie die Umwelt bzw. unbelebte Gegenstände, die mit dem Erreger kontaminiert sind, in Betracht. Die Übertragung von Mensch zu Mensch wird als Anthroponose bezeichnet; diejenige zwischen Tier und Mensch oder umgekehrt heisst Zoonose. Hauptquellen der Ansteckung zwischen Menschen sind Sputum (Auswurf) – ausgehustete Absonde1 Kayser & Böttger, 2014, S. 2-3; Miksits & Hahn, 2004, S. 47-48; Nethe-Jaenchen: Die Welt der Mikroorganismen, 2008, S. 2; Stock, 2009, S. 26-27 23 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams rung der Atemwegsschleimhaut –, Tröpfchen in der Ausatmungsluft, Blut, Stuhl, Eiter und Hautschuppen. Bei kranken oder infizierten Tieren gelten deren Ausscheidungen oder Kadaver als Infektionsquelle. Gegenstände treten als Quelle auf, wenn Mikroorganismen aus Erde, Wasser, Luft, Pflanzen, Nahrungsmitteln oder verunreinigte Gebrauchsobjekte die Infektion auslösen.1 Als Infektionswege kommen generell die endogene und exogene Übertragung resp. Infektion in Betracht (siehe Kapitel 2.2.2. Pathogenität und Virulenz). Unterschieden wird auch zwischen einer indirekten und einer direkten Übertragung (von Mensch zu Mensch oder von Tier zu Mensch), die einen unmittelbaren Kontakt zur Erregerquelle erfordert (Abb. 9). Die indirekte Übertragung, bei der kein enger Kontakt zum ursprünglichen Wirt notwendig ist, erfolgt auf zwei Arten:2 Abb. 9: Übertragungswege: Die direkte Kontaktinfektion wird von vielen Erregern genutzt, die ausserhalb des Menschen schwer oder gar nicht überleben können. Einer Infektion über Vektoren erfolgt fast ausschliesslich über Insekten. Die Umwelt und kontaminierte Gegenstände können ebenfalls Infektionsquellen darstellen.3 (1) Über unbelebte Träger – wie Staub (z. B. Tuberkulose), Erde (Tetanus), Wasser (Hepatitis A, Darminfektionen), Lebensmittel (Botulismus, Salmonellen), Schwebestoffe (Legionellose) oder Gegenstände –, die mit dem Erreger kontaminiert sind und diesen auch über grössere Distanzen transportieren und/oder längere Zeit beherbergen können. Bei Kontakt mit diesen Trägern oder Berührung der Gegenstände können die Erreger bei Verletzungen durch die Haut oder durch die Schleimhäute von Nase, Mund oder Augen in den menschlichen Körper gelangen (Schmierinfektion). Eine wichtige Rolle spielt hier auch das unbewusste Berühren des Gesichts mit keimhaltigen Händen. (2) Über sogenannte (belebte) Vektoren, die den Erreger als Zwischenwirt aufgenommen haben (aktive Übertragung) oder diesen einfach nur transportieren (passive Übertragung). Ein typischer aktiver Überträger ist die Anopheles-Stechmücke. Saugt sie Blut von einem mit Malaria infizierten menschlichen Hauptwirt, nimmt sie den entsprechenden Erreger auf. Beim Stechen eines nicht infizierten Menschen sondert sie diesen wieder ab und überträgt ihn so. Beispiele für passive Überträger sind Fliegen oder Kakerlaken, die oft äusserlich mit Krankheitserregern kontaminiert sind und diese als Transportwirte verteilen. Die direkte Übertragung erfolgt über unmittelbaren Kontakt oder über Luft bei kurzer Distanz (Tröpfcheninfektion, aerogene Übertragung). Bei der Luftübertragung geschieht die Ansteckung über keimhaltige Aerosole (Tröpfchenkerne) – eine Dispersion aus festen oder flüssigen Schwebeteilchen und einem Gas (Durchmesser < 5 µm) – oder über Tröpfchen (Durchmesser > 5 µm). Diese werden bei Sprechen, Husten, Niesen oder Erbrechen ausgestossen und gelangen auf die 1 2 3 Handl, 2014, S. 63-64; Hygiene – Infektionslehre – Umweltschutz, http://www.altenpflegeschueler.de/sonstige/hygiene-infektionslehre-umweltschutz.php, besucht 15.11.2014; Medizinische Mikrobiologie: Einführung, Wikibooks, 2012; Miksits & Hahn, 2004, S. 3-5 Gross, 2012, S. 20; Handl, 2014, S. 63-64; Miksits & Hahn, 2004, S. 5; Vektor (Biologie), Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Vektor_(Biologie), Version 7.7.2014 Abbildung 9, in: Jassoy, Infektion und Infektionskrankheit, 2013, S. 26 24 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Schleimhäute anderer Menschen (Abb. 10). Aerosole können aufgrund ihrer geringen Grösse längere Zeit in der Luft schweben und über weitere Distanzen übertragen werden. Die grösseren Tröpfchen sinken rascher ab; die maximale Distanz für eine Infektion beträgt hier drei Meter. Als aerogen übertragbar gelten beispielsweise Influenza, Masern, Tuberkulose und Diphterie.1 Für direkte Kontaktinfektionen lassen sich folgende Übertragungswege unterscheiden2: Fäkal-oral: Durch mit Stuhl verunreinigte Hände, Gegenstände, Lebensmittel etc. werden Erreger oral aufgenommen (z.B. Typhus, Ruhr, Cholera, Hepatitis A). Parenteral: Krankheitserreger gelangen direkt durch Stich- oder Schnittverletzungen, Kanülen etc. in den Blutkreislauf (z. B. Chlamydien, HIV, Hepatitis C). 3m Abb. 10: Tröpfcheninfektion: Bei der Tröpfcheninfektion werden Erreger, die von Erkrankten in kleinsten Flüssigkeitstropfen in den Raum verteilt wurden, aufgenommen. Die Erreger gelangen direkt über die eingeatmete Luft in den Körper oder werden von kontaminierten Oberflächen mit der Hand zu Nase, Mund oder Augen übertragen.4 Sexuell: Durch Schleimhautverletzungen beim Geschlechtsverkehr gelangen Erreger in den Blutkreislauf (z.B. Syphilis, Gonorrhoe, HIV, Hepatitis B). Diaplazentar: Erreger werden während der Schwangerschaft über die Plazenta auf das Ungeborene übertragen (z.B. Röteln, Syphilis, Listeriose). Perinatal: Krankheitserreger werden während des Geburtsvorgangs durch Schleimhautverletzungen auf das Neugeborene übertragen (z.B. HIV). Als Eintrittspforten für die Erreger kommen grundsätzlich alle Körperöffnungen und Verletzungen in Betracht. Zu den natürlichen Körperöffnungen zählen Nase, Ohren, Mund, Augen, Penis/ Vagina und After. Der Infektionsort kann mit der Eintrittspforte identisch sein, was sich in einer lokalen Infektion äussert. Je nach Infektionsweg, Abwehrlage und Erreger kann sich aber auch eine generalisierte Infektion mit dem Befall verschiedener Organe entwickeln (Abb. 11).3 Infektionsstrategien Krankheitserreger verfolgen verschiedene Infektionsstrategien, die von ihren Eigenschaften, ihrer Abhängigkeit vom Wirtsorganismus und ihrer Anpassung an den Wirt abhängen. Generell verhalten sich Mikroorganismen, die ausserhalb ihrer Wirte überleben und sich vermehren können und den Menschen bei günstiger Gelegenheit infizieren, anders als solche, die für ihr Überleben und Wachstum stark auf bestimmte Wirte angewiesen sind. Pathogene Mikroorganismen, die sich in ihrem Wirt nicht gut halten, aber diesen benötigen, vermehren sich rasch und wechseln ihren Wirt schnell. Bei dieser soggenannten Hit-and-Run-Strategie oder transienten Infektion zerstören die Erreger die Wirtszellen, was meist zu einer schwer verlaufenden akuten Erkrankung führt (z. B. Masern, Mumps, Röteln, Influenza, Hepatitis A). Im 1 2 3 4 Aerosol, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Aerosol, Version 4.9.2014; Gross, 2012, S. 20-21; Handl, 2014, S. 65; Jassoy, Infektion und Infektionskrankheit, 2013, S. 27-28; Miksits & Hahn, 2004, S. 5; Tröpfcheninfektion, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Tr%C3%B6pfcheninfektion, Version 30.9.2014 Handl, 2014, S. 65; Miksits & Hahn, 2004, S. 5 Handl, 2014, S. 65; Infektion, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Infektion, Version 5.11.2014 Abbildung 10, in: Jassoy, Infektion und Infektionskrankheit, 2013, S. 27 25 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Eintrittspforte: Nasenteil des Rachens (Nasopharynx); Infektionsort: Respirationstrakt Ursachen: aerogene Infektionen der Nasennebenhöhlen, des Rachens bis zur Lunge, bedingt auch durch Fremdkörper wie Tubus oder Magensonde. Eintrittspforte: Mundteil des Rachens (Oropharynx); Infektionsort: Verdauungstrakt (Gastrointestinaltrakt) Ursachen: über Nahrungsmittel, Hände und verunreinigte Gegenstände, z.B. Campylobacteriose, Rotaviren. Eintrittspforte: Harnröhre; Infektionsort: Urogenitaltrakt Ursachen: über Fremdkörper wie Harnkatheter, durch Verschleppung von Erregern aus Anus oder durch Überwucherung der normalen Flora, z.B. Harnwegsinfekt mit E. coli. Eintrittspforte: Penis/Vagina; Infektionsort: Genitaltrakt Ursachen: Kontaktinfektionen per Geschlechtsverkehr, Verletzungen oder Operationen, z.B. Gonorrhoe, Genitalherpes. Eintrittspforte: Haut/Schleimhaut; Infektionsort: Haut/Schleimhaut Ursachen: über Talg- oder Schweissdrüsen, Verletzungen oder Insektenstiche; es können unterschiedliche Hautschichten betroffen sein, z.B. Abszess, Furunkel. Abb. 11: Eintrittspforten und Infektionsorte von Krankheitserregern 3 Extremfall tötet der Mikroorganismus den Wirt und entzieht sich damit selbst seine Lebensgrundlagen (z. B. Pocken, Pest, Tollwut, Ebola).1 Erreger, die es gelernt haben, sich in ihrem Wirt zu halten, müssen meist weniger aggressiv auftreten – das rasche Töten des Wirts wäre kontraproduktiv. Ihre Infect-and-Persist-Strategie oder persistente Infektion ist darauf ausgelegt, die Wirtszellen möglichst lange zu nutzen. Um keine grossen Schäden zu verursachen, haben persistente Erreger eine relativ tiefe Reproduktionsrate. Gegen die Wirtsabwehr schützen sie sich über verschiedene Mechanismen, wobei hier die rasche Mutation eine wichtige Rolle spielt. Persistente Infektionen äussern sich oft in langen und relativ schwachen Erkrankungen (z.B. Borreliose, Herpes, Hepatitis B & C).2 Von der Epidemie zur Pandemie Viele Infektionskrankheiten können unter bestimmten Bedingungen gehäuft auftreten, wobei zeitliche und örtliche Faktoren eine unterschiedliche Rolle spielen. Ein unübliches, stark gehäuftes, aber zeitlich und räumlich begrenztes Auftreten einer Infektionskrankheit wird als Epidemie bezeichnet (z.B. Grippe, Salmonellen). Handelt es sich um einen länderübergreifenden oder sogar weltweiten Ausbruch, der mehrere Kontinente betrifft, aber zeitlich begrenzt ist, spricht man von einer Pandemie (z.B. SARS, Aids, Spanische Grippe, Pest im Mittelalter). Das zeitlich unbegrenzte, häufige Vorkommen einer Erkrankung, die aber nur regional auftritt, nennt man Endemie (z.B. regional begrenzte Grippe). 1 2 3 Hit and Run (Medizin), Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Hit_and_Run_(Medizin), Version 4.7.2014 Infect and Persist, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Infect_and_persist, Version 7.10.2014; Medizinische Mikrobiologie: Einführung, Wikibooks, 2012 Abbildung 11, in: Handl, 2014, S. 65 26 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Die wissenschaftliche Disziplin, die sich mit der Verbreitung, den Ursachen und Folgen von Infektionskrankheiten sowie mit Therapie- und Präventionsmassnahmen beschäftigt, ist die Infektionsepidemiologie. Sie hat international anerkannte, spezifische Parameter definiert, welche einen Überblick über die Situation und Ausbreitung von Infektionskrankheiten geben (etwa die Inzidenz: Zahl oder Prozentsatz der Neuerkrankungen/-infektionen pro Zeiteinheit). Überschreitet eine Kennzahl ein gewisses Mass, so sind die betroffenen Staaten und – in gewissen Fällen – auch die Staatengemeinschaft über die Weltgesundheitsorganisation angehalten, gezielte Massnahmen zu ergreifen.1 2.3. Studien zu Grippeinfektionen im öffentlichen Transport Im Hinblick auf die empirische Untersuchung im Rahmen dieser Arbeit sollen im Folgenden kurz zwei Studien vorgestellt werden, welche die Ansteckungsgefahr für Atemwegsinfektionen in öffentlichen Nahverkehrsmitteln analysierten. Da die Untersuchungen sich spezifisch auf die Risiken einer Influenza- oder grippeähnlichen Erkrankung konzentrierten, können sie als komplementäre Studien betrachtet werden, die zusätzliche Einsichten zur selbst durchgeführten Untersuchung erlauben. Angesichts der Tatsache, dass nur wenige Forschungsarbeiten zu Infektionsgefahren in öffentlichen Verkehrsmitteln vorliegen, kommt ihnen auch generelle Bedeutung für den Themenbereich zu. Darüber hinaus zeigen sie aber auch, wie komplex der Untersuchungsgegenstand ist und wie dieser Umstand zu widersprüchlichen Resultaten führen kann. 2.3.1. Nottingham-Studie 2011 2011 veröffentlichten Forscher der englischen Universität von Nottingham eine Untersuchung2 zu den Risiken, sich in öffentlichen Personennahverkehrsmitteln (ÖPNV) – Trams und Bussen – mit akuten Atemwegsinfektionen anzustecken. Die Studie, die während der Grippesaison von Dezember 2008 bis Januar 2009 durchgeführt wurde, wollte auch dazu beitragen, geeignete Massnahmen bei erhöhtem Auftreten von Influenzaerkrankungen zu definieren. Im Zentrum stand die Frage, ob die öffentlichen Verkehrsmittel während Epidemien und Pandemien ausser Betrieb gesetzt werden sollen oder nicht. Insgesamt wurden 138 Personen im Rahmen der Untersuchung interviewt. 72 der Befragten litten an einer (ärztlich registrierten) Atemwegserkrankung bzw. Grippe; 66 gehörten zur Kontrollgruppe, die Personen ohne Infektionsbeschwerden umfasste. Von einer bis fünftägigen Inkubationszeit für virale Atemwegsinfektionen ausgehend, wurden alle Studienteilnehmenden befragt, ob sie in den fünf Tagen vor Ausbruch der Krankheit mit einem Bus oder Tram gefahren seien. Die Resultate der Studie zeigten, dass diejenigen, die während fünf Tage vor Krankheitsausbruch ein Tram oder einen Bus benutzt haben, sechs Mal häufiger an Atemwegserkrankungen litten. Die Forscher zogen daraus den Schluss, dass ÖPNV-Nutzer generell ein sechs Mal höheres Risiko haben, an einer Grippe oder anderen akuten Atemwegsinfektion zu erkranken (Inzidenz), als Nicht-ÖPNV-Nutzer. Auffallend war, dass die Gruppe, welche nur unregelmässig und wenig mit öffentlichen Verkehrsmitteln fuhr, die meisten Krankheitsfälle aufwies. Bei regelmässigen und intensiven ÖPNV-Nutzern (> 3 Mal pro Woche) bestand kein erhöhtes Risiko. Dies führte wiederum zur Annahme, dass häufiges Tram- und Busfahren – und dem damit einhergehenden beständigen Kontakt mit Pathogenen – zur Immunität (oder Teilimmunität mit asymptomatischer Infektion) beitragen kann. Wie die Forscher selbst einräumten, hat die Untersuchung nur begrenzte Aussagkraft. Neben der sehr geringen Stichprobengrösse, wurden auch wenig Variablen miteinbezogen. So wurde 1 2 Kayser & Böttger, 2014, S. 46-47; Miksits & Hahn, 2004, S. 384-385; Stock, 2009, S. 25 Troko, Joy et al., 2011 27 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams etwa nicht abgeklärt, ob sich die Erkrankten auch an andern Orten – etwa am Arbeitspatz – hätten anstecken können. Zusätzlich galten nur solche Personen als „erkrankt“, bei denen eine Infektion ärztlich attestiert wurde. Inwieweit die Kontrollgruppe der „Gesunden“ auch Teilnehmende umfasste, die an Atemwegsbeschwerden litten, aber keinen Arzt besucht hatten, blieb unklar. Das Schlussfazit der Studie ist denn auch, dass weitere Forschung nötig ist, um sichere Aussagen zum Ansteckungsrisiko in ÖVPN machen zu können. 2.3.2. Londoner-Studie 2014 Zu anderen Ergebnissen als die Nottingham-Forscher kamen die Mediziner der London School of Hygiene and Tropical Medicine (LSHTM) in ihrer 2014 publizierten Grippestudie.1 Die breit angelegte, Internet-basierte Untersuchung umfasste rund 6‘000 Personen, die repräsentativ für die Gesamtbevölkerung waren. Diese wurden während der Grippesaison von Ende November 2012 bis April 2013 wöchentlich zu ihrem Gesundheitszustand befragt. Zudem wurden zusätzliche Informationen zur medizinischen Vorgeschichte, Verhaltensweisen, die für die Gesundheit relevant sind, und zur Nutzung von ÖVPN erhoben. Im Gegensatz zur Nottingham-Studie stellte die LSHTM-Untersuchung in ihren Resultaten fest, dass „Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln keinerlei höheres Risiko haben, sich mit Grippe oder grippeähnlichen Krankheiten anzustecken“. Die befragten Nicht-Nutzer des ÖVPN erkrankten sogar leicht häufiger als die interviewten Nutzer (Abb. 12),2auch wenn dieses Ergebnis nicht signifikant ist. Das höchste Ansteckungsrisiko haben Frauen, die häufig Kontakt mit Kindern haben und nicht gegen Grippe geimpft sind. Eine Risikogruppe stellen auch die generell Immungeschwächten und die Raucher dar. ––– ––– ––– Allg. Grippeinzidenz Keine ÖPNV-Nutzer ÖPNV-Nutzer Abb. 12: LSHTM-Studie: Wöchentliche Grippe-/grippeähnliche Neuerkrankungen (Inzidenz) bei Nutzern und Nicht-Nutzern des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV). Die Inzidenzwerte zeigen keinen signifikanten Unterschied zwischen den zwei Gruppen. Anfang März 2013 lag der Anteil der Neuerkrankungen bei den befragten Nicht-ÖPNV-Nutzern mit rund 4% sogar klar über demjenigen der ÖPNV-Nutzer (etwas über 3%).2 1 2 Adler, Alma et al: Incidence and risk factors for influenza-like-illness in the UK: online surveillance using Flusurvey, in: BMC Infectious Diseases, 2014, http://researchonline.lshtm. ac.uk/1776610/1/1471-2334-14-232.pdf, besucht 3.9.2014 Randelhoff, Martin: Ansteckungswahrscheinlichkeit in öffentlichen Verkehrsmitteln während der Grippezeit, in: Zukunft Mobilität: http://static.zukunft-mobilitaet.net/wp-content/uploads/2013/06/influenza-ansteckung-oepnvgrippe.jpg, 10.6.2013, besucht 3.9.2014; Abbildung 12, in: Randelhoff, 2013 28 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 2.4. Zusammenfassende Analyse Die Auseinandersetzung mit Mikroorganismen und der Gefahr, sich mit einer von ihnen verursachten Krankheiten anzustecken, muss auf einem grundlegenden Verständnis der „Akteure“ sowie ihrem Wirken in der Natur und im menschlichen Umfeld aufbauen. Sie erfordert auch Kenntnisse über Ursachen und Mechanismen mikrobieller Infektionskrankheiten. Der erste Teil der Arbeit versucht, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Die Erkenntnisse aus der Mikrobiologie und Infektiologie legen dabei nicht nur das theoretische Fundament für eine Studie zu bakteriellen Infektionsrisiken. Sie sind bei einer empirischen Untersuchung auch Voraussetzung dafür, eine effektive Versuchsanordnung zu definieren und angepasste Analysemethoden auszuwählen. Zudem bilden die mikrobiologischen und infektiologischen Erkenntnisse die Grundlage dafür, die Studienresultate angemessen zu interpretieren und akkurate Schlussfolgerungen für Massnahmen zu bestimmen. Die folgende kurze zusammenfassende Analyse konzentriert sich auf einige Merkmale und Faktoren, die für die empirische Untersuchung von besonderer Bedeutung sind. Generell lässt sich festhalten, dass die vermeintlich „einfachen“ Mikroorganismen und das Zustandekommen von Infektionskrankheiten tatsächlich äusserst heterogen und hochkomplex sind. Die sehr diversen Mikroben interagieren auf unterschiedlichste Weise mit ihrer Umwelt, einschliesslich dem Menschen, und passen sich kontinuierlich und rasch an neue Bedingungen an. Eine Infektionskrankheit beruht auf komplizierten Wechselwirkungen zwischen den Krankheitserregern und dem Wirtsorganismus, die auch von individuellen Faktoren – insbesondere der Empfänglichkeit des Wirts – abhängen. Kommt hinzu, dass trotz allen wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritten viele Fragen zur Wechselbeziehung zwischen Mensch und Mikroorganismen sowie zur Auslösung von Infektionskrankheiten noch offen sind. Von daher ist jede Studie zur Einschätzung mikrobieller Erkrankungsrisiken ein allgemein ambitiöses Unterfangen, das viele Variablen berücksichtigen und auch mit unbekannten Faktoren rechnen muss. Erste spezifische Herausforderungen für eine empirische Untersuchung stellen die Grösse und Vielfalt der Mikroorganismen dar. Zwar unterscheiden sich Mikroben stark in Grösse und Masse untereinander und innerhalb der eigenen Domäne; sie sind aber generell nur unter einem Mikroskop gut sichtbar. Mit dem Lichtmikroskop sind bei 1000facher Vergrösserung Bakterienkulturen mit 104-105 Keimen klar zu erkennen. Da diese Vergrösserung die Leistungsgrenze des Lichtmikroskops darstellt, sind für eine differenziertere Betrachtung von Bakterien aufwändigere Elektronenmikroskope nötig, die auch beim Beobachten der viel kleineren Viren zum Einsatz kommen. Um die Mikroskopie zu nutzen – mit der die morphologischen Merkmale (Grösse, Form, Farbe etc.) der Bakterien für deren erste Grobbestimmung festgestellt werden – müssen die Bakterien „aufbereitet“ werden. Einerseits müssen die verschiedenen Bakterienarten, die oft in Gruppen leben, voneinander getrennt werden. Andrerseits müssen, wenn möglich, Reinkulturen einer spezifischen Art auf Nährmedien angelegt werden, die dann beobachtet werden können. Zur besseren Betrachtung werden die Kulturen auch oft gefärbt. Dabei ist die Bestimmung der Bakterien aufgrund ihrer Morphologie nicht immer eindeutig, was weitere Analysen verlangt. Die Schwierigkeiten bei der Identifizierung hängen nicht nur mit der Kleinheit und Vielfalt der Bakterien zusammen. Sie ergibt sich auch aus der Tatsache, dass die heute rund 5‘000 bekannten Arten nach Schätzung von Wissenschaftlern nur ein Prozent der tatsächlich existierenden Bakterienarten ausmachen. Die Diversität der Mikroorganismen nimmt auch kontinuierlich zu. Ihre spezifische Fähigkeit zur raschen Vermehrung geht mit häufig auftretenden Mutationen einher, die immer wieder neue Arten entstehen lassen und auch zu neuartigen Infektionskrankheiten führen können. Die schnellen Replikationszyklen, die meist über eine Zweiteilung der Zellen erfolgen und unter günstigen Bedingungen ein exponentielles Wachstum erzeugen, werden auch bei der Kultivierung und Bestimmung von Bakterien im Labor genutzt. Dank ihrer raschen Vermehrung lassen sich innert 29 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams kurzer Zeit beobachtbare Kulturen züchten. Dabei gibt die Vermehrungsgeschwindigkeit auf spezifischen Nährmedien erste Hinweise zu ihrer Identifizierung. Die grosse Vielfalt der Mikroorganismen, die aus ihrer kurzen Generationszeit und den dabei auftretenden Mutationen resultiert, äussert sich auch in einer Vielzahl unterschiedlichster Lebensweisen. Besonders vielseitig ist der Stoffwechsel der Bakterien, die Energie aus verschiedensten Quellen gewinnen können. Die vielfältigen Stoffwechselleistungen, die sich je nach Bakterienart und -stamm in spezifischen Eigenschaften manifestieren, dienen als weitere Merkmale für die Bakterienbestimmung. Dabei werden die metabolischen Besonderheiten über Indikatormedien nachgewiesen, die mit speziellen Farbänderungen auf die Stoffwechselleistungen der Bakterien reagieren. Die vielfältigen Lebensweisen der Mikroorganismen und ihre hohe Anpassungsfähigkeit erlauben ihnen auch, unterschiedlichste und extreme Habitate zu besiedeln. Bakterien kommen in nahezu allen Lebensräumen vor und machen rund 50% der gesamten Biomasse aus. Eines ihrer Habitate ist der menschliche Körper, der mindestens zehn Mal mehr Bakterien als menschliche Zellen enthält. Von den rund 1‘000 verschiedenen Bakterienarten, aus der schätzungsweise die normale bakterielle Flora des Menschen besteht, wissen wir recht wenig. Bei den meisten dieser Bakterien handelt es sich um Kommensale, die mit dem Wirt eine „friedliche Koexistenz“ eingegangen sind. Darunter hat es aber auch Opportunisten, die unter bestimmten Voraussetzungen – vor allem bei einem Standortwechsel – eine Krankheit auslösen können. Schliesslich gibt es auch Bakterien, die nicht zur menschlichen Normalflora gehören und die mit hoher Wahrscheinlichkeit Krankheitserreger sind. Die krankheitserregende Fähigkeit und Wirkung von Bakterien werden von mehreren Faktoren bestimmt, die in einer empirischen Studie zu bakteriellen Infektionsrisiken mitberücksichtigt werden müssen. Die Pathogenität – die Potenz zur Krankheitserzeugung – hängt nicht nur vom vorher erwähnten Standort der Bakterien ab. Sie ist auch ein spezifisches Merkmal der Bakterienart bzw. des Bakterienstamms. Die Einschätzung einer Infektionsgefahr macht deshalb die (aufwändige) Artbestimmung notwendig. Diese ist auch Voraussetzung, um die – ebenfalls artspezifischen – Virulenzfaktoren festzustellen, auf deren Grundlage Aussagen zur möglichen Schwere der hervorgerufenen Krankheit gemacht werden können. Zu berücksichtigen gilt auch, dass eine Infektion durch den gleichen Erreger bei verschiedenen Wirtsindividuen unterschiedlich ablaufen kann. Dabei spielt die Empfänglichkeit und die Immunabwehr des Wirts eine wichtige Rolle. Wird eine „angemessene“ Immunantwort in Gang gesetzt, verläuft die Infektion eher gutartig und der Erreger wird eliminiert. Eine zu geringe, wie aber auch eine überschiessende Wirtsabwehr kann schwere Krankheiten oder sogar den Tod des Wirts zur Folge haben. Bei einer Untersuchung zu Infektionsgefahren gilt es deshalb, mindestens zwischen Personen mit gut funktionierendem Immunsystem und Risikogruppen mit geschwächter Abwehr zu unterscheiden. Schliesslich spielen auch die Infektionsorte und -wege eine wichtige Rolle. Da Bakterien ubiquitär sind, also nahezu überall vorkommen, kann das Ansteckungsrisiko eines spezifischen Orts oder Infektionsquelle (etwa die öffentlichen Personenverkehrsmittel) nur adäquat eingeschätzt werden, wenn dieser auch mit anderen Orten und deren potentiellen Infektionsgefahren verglichen werden. Bei den Infektionswegen ist zu berücksichtigen, dass Bakterien – die schwerer sind als Viren – weniger über die Luft (Tröpfcheninfektion) übertragen werden als vielmehr über direkten Kontakt und keimhaltige Gegenstände, die berührt werden (Schmierinfektionen). Die Untersuchung möglicher bakterieller Infektionsstellen in Trams muss sich deshalb vor allem auf diejenigen Elemente konzentrieren, die oft mit Händen in Kontakt kommen. 30 3. Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Empirische Untersuchung 3.1. Versuchsanordnung: Bakterielle Abstriche, Analysen und Bestimmungen 3.1.1. Ziel Mit der empirischen Untersuchung soll herausgefunden werden, ob und wie zahlreich pathogene Bakterien in Trams, die in der Stadt Zürich verkehren, vorkommen. Die Studie soll es ermöglichen, vorsichtige Rückschlüsse darüber zu ziehen, wie hoch das Risiko einer Krankheitsansteckung durch pathogene Bakterien in Zürcher Trams ist. Mitberücksichtigt werden dabei Reinigungs- und Desinfektionsmassnahmen, welche die für den Tramverkehr zuständigen Verkehrsbetriebe der Stadt Zürich (VBZ) anwenden. Hintergrund Die Meinung, dass öffentliche Personenverkehrsmittel – insbesondere in städtischen Agglomerationen – ein besonders hohes Risiko für die Ansteckung mit Infektionskrankheiten darstellen, ist weithin verbreitet.1 Wissenschaftliche Untersuchungen zu den Infektionsgefahren sind aber kaum durchgeführt worden. In der Stadt Zürich ist das Tram das meist genutzte öffentliche Verkehrsmittel.2 Mehr Menschen als etwa in städtischen Bussen oder Stadtschnellbahnen (S-Bahnen) treffen dort täglich auf engem Raum direkt oder indirekt aufeinander, womit das Risiko einer Krankheitsübertragung in Trams als speziell hoch eingestuft werden könnte. Dank seiner erheblichen Nutzerzahl und seinem weiten Netz kann das Tram auch als allgemeiner Repräsentant der öffentlichen städtischen Transportmittel gelten. Pathogene Bakterien sind mit den Viren die wichtigsten und häufigsten mikrobiellen Krankheitserreger in der Schweiz, die direkt oder indirekt von Mensch zu Mensch übertragen werden können. Sie stellen somit ein relevanter Risikofaktor für Infektionskrankheiten dar. Einschränkungen Die Studie lässt aufgrund einiger Faktoren nur beschränkt signifikante Aussagen zu. So konnten etwa die Tram-Stichproben nicht wissenschaftlich systematisch ausgewählt werden. Es konnten nur Trams untersucht werden, die an bestimmten Tagen von den VBZ für die Studie zur Verfügung gestellt wurden. Die Aussagekraft bleibt auch beschränkt durch die relativ geringe Zahl der Tramuntersuchungen (sieben Trams) und die eher kurze Zeitperiode dieser Untersuchungen (während zwei Wochen im Oktober). Für relevante Schlussfolgerungen zur Infektionsgefahr in öffentlichen Verkehrsmitteln hätte die Studie auch das Vorhandensein von Viren mit einschliessen sollen. Deren Nachweis im Labor ist aber aufwändig und kostenintensiv.3 Aus Zeit- und Auf- 1 2 3 „Gelegentliches Bahnfahren macht krank“, meint etwa Christoph Kottmann von der Zeitschrift „Men’s Health“ (Ansteckungsgefahr, in: Men‘s Health Online, 21.1.2011; http://www.menshealth.de/ health/allgemeine-gesundheit/gelegentliches-bahnfahren-macht-krank.179302.htm, besucht 8.10.2014). Und: „Keimschleuder – Bus, Bahn, Tram & Co.“ titelt die Zeitschrift „Focus“ (Infektionsrisiko, in: Focus Online, 20.1.2011, besucht 8.10.2014). 2013 wurden in der Stadt Zürich insgesamt 205,6 Millionen Personen (63% aller Nutzer des öffentlichen Verkehrs) mit dem Tram befördert. Die Nutzungszahl des Trams liegt damit klar an erster Stelle und übertrifft den Gebrauch aller anderen öffentlichen Transportmittel (Busse, S-Bahnen, Seilbahn). (VBZ: Fahrgastzahlen VBZ, https://www. stadt-zuerich.ch/vbz/de/index/die_vbz/portraet/zahlen_fakten/fahrgastzahlen.html, besucht 12.10.2014) Aufgrund der Reproduktionsfähigkeit von Bakterien lassen sich Bakterienkulturen direkt auf einem Nährmedium anlegen; diese sind von Auge erkennbar und können ohne allzu grossen technischen Aufwand analysiert wer- 31 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams wandsgründen wurde/n auch keine Vergleichs- oder Kontrollgruppe/n (andere Infektionsquellen als der öffentliche Verkehr, wie etwa private Transportmittel oder verbreitete Nutzgegenstände) mit in die Studie aufgenommen. Ein Vergleich der Ansteckungsgefahr zwischen Trams und anderen potenziellen Infektionsquellen wird jedoch aufgrund vorhandener Daten aus der Fachliteratur gemacht. 3.1.2. Allgemeines Vorgehen Die Studie umfasste die Zeitperiode von August bis November 2014. In der ersten Phase (August bis September) ging es darum, Unterlagen zum Thema zu sammeln und zu studieren, die Versuchsanordnung zu definieren sowie die Tramuntersuchungen und die Laborarbeit zu organisieren. In den ersten zwei Oktoberwochen fanden die Untersuchungen der Trams mittels Abstriche statt. Deren Analyse und Auswertung im Labor sowie die erste Interpretation der Resultate erfolgte bis Ende Oktober. Die Tramuntersuchung umfasste insgesamt sieben Tramzüge, die zu den Stosszeiten (von 6-9 Uhr und von 16-19 Uhr) im Einsatz sind.1 In jedem der Trams wurden jeweils im vordersten Wagen Oberflächenabstriche gemacht (Gesamtzahl Abstriche = 70), mit denen mittels Laboranalysen das Vorkommen von Bakterien nachgewiesen sowie deren Menge und Art bestimmt wurden. Die Abstriche in jedem Wagon wurden an verschiedenen vorher genau definierten Stellen (Abstrichorte) durchgeführt. Das Vorgehen ermöglichte eine Aggregation der Messergebnisse (pro Abstrichort) und liess Vergleiche der Resultate zu (nach Abstrichort und Tram). Abb. 13: Tramdepot Kalkbreite mit Trams der Modelle 2000 (aussen) und Bombardier Cobras (Mitte), die beide untersucht wurden.2 Die Wahl der Abstrichorte in den Wagen (siehe Kapitel 3.1.3. Abstriche zum Nachweis pathogener Bakterien) erfolgte aufgrund folgender Kriterien: Stellen, die ein hohes Risiko für eine Schmierinfektion darstellen – Orte also, mit denen Passagiere leicht und oft, besonders mit den Händen, in Berührung kommen. Über diese den. Für das Vorhandensein, die Quantifizierung und Typisierung von Viren, die sich nicht selbständig vermehren können, werden oft Genomnachweise (Nachweis des Erbguts des Virus) durchgeführt. Dabei wird häufig die PCR-Methode (Polymerase-Kettenreaktion / Polymerase Chain Reaction) verwendet, welche wo nötig die Ribonukleinsäure (RNA) der Viren zuerst in Desoxyribonukleinsäure (DNA) umwandelt und das Genom anschliessend mit Hilfe eines Enzyms (DNA-Polymerase) in einem aufwändigen, sich wiederholendem (Kettenreaktion) – und damit auch kostenintensiven – in-vitro-Verfahren vervielfältigt. (Roche: PCR: Eine ausgezeichnete Methode; www.roche.com/pcr_d.pdf, Version 25.2.2012; Polymerase-Kettenreaktion, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Polymerase-Kettenreaktion, Version 30.8.2014; Virologische Diagnostik, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Virologische_Diagnostik, Version 24.7.2014) 1 Die Begrenzung auf Stosszeitentrams dürfte auf die Ergebnisse der Untersuchung keinen Einfluss haben. Die Nutzung der Trams ist während den Hauptverkehrszeiten am höchsten. Regulär fahrende Trams haben nur eine minim höhere Auslastung. 2. Abbildung 13: Alle Abstriche wurden nach Abstellen der Trams im Depot Kalkbreite (Elisabethenstrasse 43, 8004 Zürich) entnommen. (http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/8/89/Tram_2000s_and_Bombardier_Cobras_in_Kalkbreite_tram_depot%2C_Zürich%2C_August_2009_%282%29.jpg) 32 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams werden Mikroben abgelegt (Kontamination), verteilt und an Körperstellen gebracht, wo sie eine Infektion auslösen können. Orte, mit denen Passagiere weniger Kontakt haben, um so einen allgemeinen Überblick über das Vorkommen von Mikroorganismen und deren Menge im Wagen zu bekommen. Nicht untersucht wurden schwebende Mikroorganismen (aerogene Krankheitsübertragung), da diese vor allem aus Viren bestehen. Neben den verschiedenen Abstrichorten waren weitere Rahmenbedingungen gegeben bzw. gewählt, die Vergleiche und differenzierte Aussagen ermöglichen. So wurden die Abstriche in sechs ungereinigten Trams gemacht (Serien) sowie in einem, vor und gerade nach einer Grossreinigung. Die Abstrichorte wurden auch nach unterschiedlichen Materialien klassifiziert, um Aussagen zu deren Auswirkungen auf Vorkommen und Menge von Bakterien machen zu können. Die Untersuchung der ungereinigten Trams wurde zusätzlich an unterschiedlichen Wochentagen (zwei Mal am Mittwoch und jeweils ein Mal am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag) und zu verschiedenen Tageszeiten (jeweils drei Trams am Morgen und am Abend) durchgeführt. Hierbei wurden auch die unterschiedlichen Wetterbedingungen, die sich in Variationen der Luftfeuchtigkeit und Temperatur manifestieren, berücksichtigt. Schliesslich wurden die Abstriche vor und während der Schulferien genommen. Ein ausführliches Untersuchungsprotokoll (Laborjournal), das die genaue schrittweise Versuchsdurchführung, die Bedingungen und das Datenmaterial beinhaltet, befindet sich im Anhang 3. Wie erwähnt wird der Nachweis krankheitserregender Bakterien über Abstriche gemacht, die im Labor untersucht und ausgewertet werden. Dieses Vorgehen soll im Folgenden detaillierter beschrieben werden. 3.1.3. Abstriche zum Nachweis pathogener Bakterien Vorgehen Benutzten Materialien: 10 Transwab® MW1701, Thermometer2, Hydrometer3, InfrarotTemperaturmessgerät4, Massband5, Abdeckband6 Verwendete Chemikalien: Desinfektionsmittel7 Um das Vorhandensein, die Anzahl, Verbreitung und Art von Bakterien in den Trams festzustellen, wurden Oberflächenabstriche an zehn vordefinierten Stellen in den vordersten Wagons gemacht. Dazu wurden sterile Wattestäbchen benutzt. Nach dem Abstreichen wurden die Stäbchen mit den aufgenommenen Mikroorganismen in einem speziellen Medium, das die Mikroben stabilisiert, ins Labor transportiert. Bei den Abstrichen wurde folgendes Vorgehen angewandt: 1 2 3 4 5 6 7 MWE – Medical Wire and Equipment, Corsham, Wiltshire, England, SN13 9RT: Transwab® MW170, RayonTupfer an Plastikstab, Amies Medium ohne Kohle, steril Wetekom, Multifunktions-Umweltgerät mit PC-Interface, Standard, ST 2232, Nr. 89 74 47 Wetekom, Multifunktions-Umweltgerät mit PC-Interface, Standard, ST 2232, Nr. 89 74 47 ELBRO AG, Swiss Technology Company, Infrarot-Temperaturmessgerät mit Laser Zielsuche, PT 305L, R. 113623 Massband, hoechstmass, Deutschland, standard 15 GL, 150 cm lang, 1,5 cm breit Abdeckband, Migros, Schweiz, M-Budget, 50 cm lang Oberflächen-Desinfektionsmittel, IVF Hartmann AG, Schweiz Bacillol® AF 33 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams (1) Raumtemperatur und Luftfeuchtigkeit in drei verschiedenen Höhen messen: in Bodennähe, an der Decke und in einer Höhe von ca. 160 cm. (2) Bei der Haltestangen und Heizung die abzustreichenden Flächen mit einem desinfiziertem Massband abmessen und mit einem Abdeckband umrahmen. (3) Temperatur und Material der Oberfläche, von der ein Abstrich entnommen wird, ermitteln und schriftlich festhalten. (4) Für Haltestangen, Scheiben und Heizung jeweils die Höhe und Breite für die abzustreichende Fläche mit einem desinfiziertem Massband abmessen und den Bereich, von dem ein Abstrich entnommen wird, mit einem Abdeckband umrahmen. (5) An den folgenden zehn vorbestimmten Stellen im Tram mit den Wattetupfern im markierten oder vorgegebenen Bereich abstreichen (Abb. 14). Dabei auch Grösse der abgestrichenen Fläche (cm2) erfassen: 1. Haltestange vor der Ausgangstür am Anfang des Wagens 2. Haltestange vor der Ausgangstür in der Mitte des Wagens 3. Haltestange vor der Ausgangstür am Ende des Wagens 4. Haltegriff im Abteil 5. tiefgelegener Druckknopf an der Wand 6. hochgelegener Druckknopf an Haltestange 7. Sesselpolster (Sitz) 8. Rückenpolster (Sitz) 9. Glasscheibe neben einem Sitz 10. Heizung (6) Den Wattetupfer mit den aufgenommen Mikroben ins Transportmedium geben und verschlossen transportieren. Die Abstriche sollten bis zur Weiterverwendung gekühlt gelagert werden. Abb. 14: Abstrichentnahme vom tiefgelegenen Druckknopf im Cobra-Tram (5. Serie). (Y. Gesù) Sicherheitshinweis: Direkter Augenkontakt mit dem Laser des Infrarot-Temperaturmessgeräts soll vermieden werden, da dies zu Verletzungen der Netzhaut führen kann. 3.1.4. Kultivieren auf Nährboden Für den Nachweis und die Identifizierung der Bakterien müssen diese in einem Nährmedium kultiviert werden. Dafür werden die Bakterien im Labor1 von den Watteköpfchen auf einen Nährboden in Petrischalen ausgestrichen und bebrütet. Durch die dadurch bewirkte Vervielfachung (durch Zellteilung) der ursprünglichen Bakterien entstehen sichtbare Bakterienkolonien, die erste, optische Bestimmungen zulassen und spezifischere Zusatzuntersuchungen ermöglichen. Für die Studie wurde ein Nährboden mit Schafblut verwendet (siehe Anhang 4), der die Vermehrung vieler Bakterienarten unterstützt und damit auch den Nachweis einer Vielzahl von Bakterien erlaubt. Ausserdem sind auf diesem Nährmedium Hämolysen gut sichtbar. 1 Alle Analysen und Auswertungen im Rahmen dieser Studie wurden in Laboren der ANALYTICA Medizinische Laboratorien AG an der Falkenstrasse in Zürich durchgeführt. 34 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Erstes Vorgehen Materialien: 10 Transwab® MWE 170, 10 CELLSTAR® Polystyrol Zellkultur-Röhrchen1, 10 10 µl-Ösen2, Multipipette®plus3, 10 Schafblutplatten4, Inkubator5, Rührplatte6 Chemikalien: 12 ml 0,9% NaCl-Lösung In einem ersten Verfahren wurden die in einer Lösung ausgewaschenen Mikroorganismen mit der Kreuzausstrich-Methode auf den Nährboden übertragen. Die dadurch erzeugten Kolonien sollten Aufschluss über die Anzahl Bakterien am ursprünglichen Abstrichort im Tram geben. (1) Je 1 ml NaCl-Lösung mit der Multipipette in die Polystyrol-Röhrchen geben. (2) Transwab®-Probe (Abstrich-Wattestäbchen) für 10 Sekunden in die NaCl-Lösung im Röhrchen tauchen und dieses dabei auf den Vortexmischer stellen, damit die Mikroben (die Bakterien und andere) vom Wattestäbchen in der NaCl-Lösung ausgewaschen werden. (3) Eine 10 µl-Öse in die NaCl-Lösung mit darin enthaltenen Mikroorganismen tauchen und 10 µl davon auf der sterilen Schafblutplatte mit der Öse wie folgt verteilen: Zuerst wird die Öse mit der Suspension – die SchafblutAbb. 15: Kreuzausstrich: platte halbierend – Bakterien, die vom Wattestäbnach unten und chen in einer 1 ml NaCl-Lösung ausgewaschen wurden, oben aufgestrichen, werden mit einer 10 µl Öse auf damit sich der Inhalt die Schafblutplatte ausgestrientleert. Anschlieschen. send wird mit der Das Ziel ist es, die BakterienÖse das Präparat kolonien zählen zu können und daraus abzuleiten (mit einer horizontal in engen 100fachen Multiplikation), wie Wellen von oben viele Bakterien pro cm² urnach unten über die sprünglich vorhanden waren. Platte verteilt. (Sie(Y. Gesù) he Abb. 15.) (4) Schafblutplatte mit Plastikdeckel abdecken und bei einer Temperatur von 37° Celsius (±0,5°) und 5% CO2-Luftanteil (±0,5%) für 1,5 Tage im Inkubator bebrüten lassen. Sicherheitshinweise: Das Bebrüten führt zu einer starken Vermehrung der Bakterien. Dabei können auch pathogene Bakterien hochkonzentriert auftreten. Wenn diese in einer grossen Anzahl in den menschlichen Körper gelangen, besteht ein hohes Risiko, dass es zu einer Erkrankung kommen kann. Deshalb soll auch darauf geachtet werden, dass der Kontakt mit den Bakterien via Utensilien vermieden wird. Generell sollte man sich während der Arbeit nicht ins Gesicht fassen, da die Bakterien dort leicht auf Schleimhäute gelangen und so in den Körper eindringen können. Besondere Vorsicht ist geboten, wenn Schnittwunden vorhanden sind. Befinden sich diese an den Händen, müssen Handschuhe getragen werden. Weiter ist zu beachten, dass die Hände vor dem Verlassen des Arbeitsplatzes gründlich desinfiziert werden, um allfällige pathogene Bakterien nicht weiter zu verbreiten. 1 2 3 4 5 6 Greiner bio-one, Zellkulturröhrchen, 14 ml, aus Polystyrol, mit Zweipositionen-Verschluss, steril Sarstedt AG & Co., Impfschlinge, mit dem Volumen von 10 µl, aus Polystyrol, gammasteril Eppendorf AG, Basel, Multipipette® plus, Dosierspektrum 1 µl bis 10 ml, mit 25 ml Combitip BD, Becton Dickinson AG, Allschwil, Columbia Agar mit 5% Schafblut Labtec Services AG, Villmergen, CO2-Inkubator, PANASONIC, MCO-20AIC Scientific Industries, Inc., USA, Vortex-Genie®2, 230V – Swiss Plug (Model G560E), auf Stufe 8 benutzt 35 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Entsorgungshinweis: Die verwendeten Ösen, Transwab®-Proben und Röhrchen sollen nach Gebrauch im Sondermüll sicher entsorgt werden. Sie könnten mit krankheitserregenden Bakterien in Berührung gekommen sein, die bei Kontakt mit Personen oder anderen Objekten weiterverbreitet werden und so Krankheiten auslösen können. Entgegen meinen Erwartungen sind bei diesem Versuch gar keine oder nur sehr wenige Bakterienkulturen auf den Schafblutplatten gewachsen. Meine Laborbetreuerin und ich kamen zum gemeinsamen Schluss, dass die Sensitivität beim angewandten Verfahren zu niedrig war oder dass zu wenig Bakterien am Abstrichort vorhanden waren. Bei dem angewandten Verfahren müssen mindestens 100 Bakterien einer Art auf dem Abstrichort gewesen sein. Nur mit dieser Menge besteht eine genügend hohe Wahrscheinlichkeit, dass mindestens ein Bakterium pro Art auf die Schafblutplatte übertragen wird. Zweites Vorgehen Materialien: 10 Einwegpipetten1, 10 CELLSTAR® Polystyrol-Röhrchen mit Suspension2, 10 Schafblutplatten, 10 10 µl-Ösen, Inkubator, Zentrifuge3 In einem zweiten sensitiveren Vorgehen wurden die Bakterien, die in der NaCl-Lösung enthalten waren, mittels Zentrifugation isoliert resp. konzentriert. Dadurch konnte gezielt eine grössere Anzahl von ihnen (annähernd alle) entnommen und auf die Schafblutplatte aufgetragen werden, was die Kolonienbildung nahezu sicherstellte. Das Vorgehen hat auch den Vorteil, dass durch die Entnahme (fast) aller Mikroorganismen auch eine grosse Wahrscheinlichkeit besteht, dass alle pathogenen Bakterien mitausgestrichen werden. Der Nachteil der Methode besteht darin, dass die Bakterien nicht mehr gezählt werden können, da sie im Rasen übereinander wachsen. Die Mengenbestimmung für den Abstrichort kann nur noch nach Einstufungen erfolgen (Abb. 16) und nicht mehr über die exakte Bakterienzahl. Für den Ausstrich wurde die Drei-Strich-/Ösen-Methode verwendet (Abb. 16). Diese fraktionierte Beimpfung oder Ausstreichung des Untersuchungsmaterials wird oft gebraucht, da sie eine – im Vergleich zum Kreuzausstrich – Verdünnung nach aussen erzielt und damit Einzelkolonien entstehen lässt, mit denen weitere Untersuchungen durchgeführt werden können. Abb. 16: Drei-Strich-Ausstrich: Depot: Wachstum: • < 10 Kolonien = vereinzeltes Vorkommen von Bakterien. • > 10 Kolonien und nur Wachstum in Depot = weniges Vorkommen von Bakterien. Fraktion 1: Wachstum bis in diese Fraktion = mässiges Bakterienvorkommen. Fraktion 2: Wachstum bis in diese Fraktion = reichliches Bakterienvorkommen. (Y. Gesù) 1 2 3 Semadeni Plastics Market, Ostermundigen, Einweg-Pipetten PE-LD 3,5 ml/156 mm, Saugvolumen 3,5 ml Suspension aus Mikroorganismen und NaCl-Lösung in CELLSTAR® Polystyrol Zellkultur Röhrchen. Hettich Lab Technology, Zentrifuge, Rotanta 460, Präparate für 10 Minuten mit der relativen Zentrifugalbeschleunigung (RZB) von 1‘500 m/s2 zentrifugiert. 36 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams (1) Die Suspension aus der NaCl-Lösung und den Mikroorganismen 10 Minuten zentrifugieren. (2) Mit einer sterilen Einwegpipette vom Boden des Präparats, wo sich die Mikroorganismen durch die Zentrifugation ansammeln, 0,3 ml absaugen und in einer Ecke der Schafblutplatte auftragen (Depot). (3) Mit einer 10 µl-Öse das Präparat in zwei weitere Fraktionen verteilen. Dabei wird die ganze Nährboden-Fläche ausgenützt. (4) Schafblutplatte verschliessen und bei einer Temperatur von 37° Celsius (±0,5°) und 5% CO2-Luftanteil (±0,5%) für 2 Tage im Inkubator bebrüten lassen. Sicherheits- und Entsorgungshinweise: Siehe oben „Erstes Vorgehen“. Anlegen und Vermehrung von Einzelkulturen Materialien: Schafblutplatten, 10 µl-Öse, Inkubator Um genügend Untersuchungsmaterial für weitere spezifische Analysen von bestimmten Bakterien zu haben, war immer wieder eine Vermehrung einzelner Bakterien in Reinkultur nötig. Hierfür wurde von der ursprünglichen Platte mit unterschiedlichen Kolonien ein Teil der Bakterienkolonie, die genauer untersucht und vermehrt werden soll, aufgenommen und auf einer neuen Schafblutplatte verteilt. Für das Ausstreichen wurde ebenfalls die Methode der fraktionierten Beimpfung angewandt (Abb. 17). (1) Von der ursprünglichen weiter zu untersuchenden Bakterienkolonie einen Teil mit der 10 µl-Impföse entnehmen. (2) Ausstreichen auf neuer Schafblutplatte, um Vereinzelung über vier Fraktionen zu erzielen. Abb. 17: Vermehrung und Ausstreichen von Einzel- bzw. Reinkulturen. Eine Reinkultur ist die Ansammlung weitgehend erbgleicher Individuen (Klone), die im Idealfall aus einer Zelle hervorgegangen sind. (Y. Gesù) Sicherheits- und Entsorgungshinweise: Siehe oben „Erstes Vorgehen“. 3.1.5. Weitere Analysen und Auswertung der Kulturen Die bei der zweiten Kultivierung entstandenen sichtbaren Bakterienkolonien wurden weiter analysiert. In einem ersten Schritt wurde das Bakterienwachstum auf den Schafblutplatten untersucht und festgehalten, wobei insbesondere das Wachstum in den verschiedenen Fraktionen beurteilt wurde. Aufgrund der Morphologie (Grösse, Form, Färbung, Biofilm, etc.) und Geruch der Kolonien wurden auch erste Annahmen zur Bestimmung der Bakterien gemacht. Ein Schwerpunkt bildete hier die Unterscheidung zwischen krankheitserregenden und apathogenen Bakterien. In Übereinstimmung mit dem Studienziel konzentrierten sich die anschliessenden Tests zur weiteren Identifizierung bzw. taxonomischen Bestimmung auf die vermutlich pathogenen oder noch unbestimmten Bakterienkulturen. Die verschiedenen durchgeführten Analysen und Testverfahren (Gram-Färbung, Oxidase-, Katalase- Latextest und Vitek-Diagnose) werden im Folgenden beschrieben. Eine Übersicht über alle Analyseschritte zeigt die Abb. 18. Für alle Analysen und Tests gelten die Sicherheits- und Entsorgungsmassnahmen, wie sie im Kapitel 3.1.4. Erstes Vorgehen erwähnt wurden. Abb. 18: Übersicht über die verschiedenen Verfahrensschritte zur Bestimmung der Kulturen (Y. Gesù) 37 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 38 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Gram-Färbung Materialien: Brenner1, Objektträger2, 10 µl-Öse, Filterpapier, Lichtmikroskop3 Chemikalien: Kristallviolett-Oxalat-Lösung4, Lugol5, 70% Aceton/Alkohol, Safranin-Lösung6, Paraffinöl7, Wasser Die Gram-Färbung ist eine effiziente Diagnose-Methode, mit der Bakterien relativ einfach und rasch nach dem Aufbau ihrer Zellwand unterschieden werden können (siehe Kapitel 2.1.1. Bakterien). Dickwandige Bakterien (etwa alle Arten des Stammes Actinobacteria und nahezu alle Firmcutus-Arten wie Entero-, Strepto- und Staphylokokken sowie Bacillus) sind grampositiv und erscheinen nach der Färbung dunkelviolett bis dunkelblau. Dünnwandige oder gramnegative (z. B. die Enterobakterien, zu denen auch die Salmonellen gehören) nehmen eine rote Farbe an. Bei der Gramfärbung werden die Bakterien mit einem basischen Farbstoff (Kristall- oder Gentianaviolett) und Lugol angefärbt, wobei sich in der Zellwand der Bakterien ein blauer Farbkomplex bildet. Durch Behandlung mit Aceton lässt sich dieser bei gramnegativen Bakterien extrahieren, die sich dabei entfärben. Grampositiven Bakterien bleiben blau, da sich der Farbstoff wegen ihrer dickeren, mehrschichtigen Zellwand nicht mehr auflösen lässt. Um die entfärbten gramnegativen Bakterien optisch besser darzustellen, werden sie mit Safranin oder Fuchsin gegengefärbt, woAbb. 19: Fotografien von Bakterien nach der Gramfärbung Darmbakterien bei 1000facher Vergrösserung unter dem Lichtmikroskop. Nach der Gramfärbung ist deutlich sichtbar, dass es sich um gramnegative (rote) Stäbchenbakterien handelt. Die Bakterien stammen vom Tramsessel-Abstrich der 1. Serie. Vermutlich Enterokokken bei 1000facher Vergrösserung unter dem Lichtmikroskop. Nach der Gramfärbung ist deutlich sichtbar, dass es sich um grampositive (violette) Bakterienkokken handelt. Die Bakterien stammen vom Tramscheiben-Abstrich der 2. Serie. (Y. Gesù) 1 2 3 4 5 6 7 IBS, Integra Biosciences, automatischer Brenner, FIREBOY plus Glaswarenfabrik Karl Hecht, Assistent, Objektträger ELKAmed, Kanten geschnitten, mit Mattstreifen, CE Nikon, Lichtmikroskop, ECLIPSE 50i, bei 1000facher Vergrösserung verwendet Von der ANALYTICA Medizinische Laboratorien AG selbst hergestellt Iod-Kaliumiodid-Lösung Von der ANALYTICA Medizinische Laboratorien AG selbst hergestellt bioMérieux, API, Paraffinöl 39 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams rauf sie rot bzw. rotorange erscheinen. Neben der Bestimmung des Zellwandaufbaus dient die Gram-Färbung auch dazu, die Morphologie der Bakterien (Kokken oder Stäbchen) unter dem Lichtmikroskop besser zu erkennen.1 Eine Gram-Färbung wurde mit den grau-weissen, vergleichsweise grossen Bakterienkulturen durchgeführt, die sich bei der zweiten Kultivierung gebildet haben. Das Ziel war es, eine Differenzierung zwischen – ausserhalb der Darmflora meist pathogenen – Darmbakterien (gramnegativ, Stäbchen) und apathogenen Bakterien der Normalflora (grampositiv, Kokken oder Stäbchen, Enterokokken) vorzunehmen (Abb. 19). (1) Mit einer 10 µl-Öse einen Teil der zu untersuchenden Kolonie entfernen und auf einem Objektträger verstreichen. (2) Luftgetrocknetes Präparat hitzefixieren, indem es drei Mal über eine Flamme gezogen wird. Dabei muss die Schicht nach oben zeigen, da es zu keinem direkten Kontakt mit der Flamme kommen darf. (3) Das Präparat wird für mindestens eine Minute mit einer Kristallviolett-Oxalat-Lösung überschichtet. (4) Den Objektträger mit Wasser abspülen. (5) Lugol mindestens zwei Minuten anwenden (mindestens doppelt so lange wie Kristallviolett-Oxalat). (6) Das Präparat mit Aceton/Alkohol entfärben, bis keine Farbwolke mehr abgeht. (7) Mit einer Safranin-Lösung wird das Präparat 30 Sekunden lang gegengefärbt. (8) Den Objektträger mit Wasser abspülen und zwischen zwei sauberen Filterpapieren trocknen. (9) Einen Tropfen Öl auf das Präparat geben und unter dem Lichtmikroskop bei 1000facher Vergrösserung untersuchen: Gram-Färbung und Bakterienform notieren. Oxidase-Test Materialien: Löschpapier, 10 µl-Öse Chemikalien: Oxidase-Reagenz2 Der Oxidase-Test ist ein einfaches und schnelles biochemisches Verfahren zum Nachweis des Enzyms Cytochrom c, das bei einigen Lebewesen am Energiestoffwechsel beteiligt ist. Bakterien, die das Enzym besitzen, reagieren bei Zugabe eines farblosen Oxidase-Reagenz sofort mit einer Blaufärbung (Oxidase-positiv); oxidasefreie bleiben farblos (Oxidase-negativ).3 Der Test wurde an denjenigen gramnegativen Bakterien durchgeführt, die keine klare Stäbchenoder Kokkenform hatten. Dabei ging es darum, die Oxidase-negativen pathogenen Darmbakterien von der Oxidase-positiven Normalflora und Umweltkeimen (Pseudomonas/„Pfützenkeim“) zu unterscheiden. (1) Mit der 10 µl-Öse einen Teil der zu untersuchenden Kolonie entfernen und auf ein Stück Löschpapier geben. 1 2 3 Gross, 2012, S. 38-39; Stock, 2009, S. 34-35; Gram-Färbung, DocCheck: http://flexikon.doccheck.com/de/ Gram-F%C3%A4rbungFlexikon, besucht 5.11.2014; Gram-Färbung, Wikipedia, 2014 bioMérieux, Oxidase-Reagenz Cytochrom-c-Oxidase, DocCheck: http://flexikon.doccheck.com/de/Cytochrom-c-Oxidase, besucht 5.11.2014; Oxidase-Test, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Oxidase-Test, Version 3.6.2014 40 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams (2) An der Flasche mit dem Oxidase-Reagenz durch Drücken Ampulle brechen und einen Tropfen Inhalt auf die Bakterien auf dem Löschpapier geben. Färbt sich das Präparat blau, dann ist der Test für diese Bakterien positiv. Bleibt der Versuch aber farblos oder wird er gelblich, so ist der Test negativ. Nachweistests für „Staphylococcus aureus“ Da sich um einige Bakterienkolonien sichtbare klare, durchsichtige Höfe gebildet hatten (siehe Anhang 4), die hämolyisierende bzw. hämolytische Bakterien1 darstellen (Abb. 20), wurden spezielle Nachweistests für das Bakterium Staphylococcus aureus (griech. staphylē „Traube“ und latein. aureus „golden“)2 durchgeführt. Dieses meist pathogene und relativ weit verbreitete Bakterium, das auch starke Resistenzen gegen Antibiotika aufweisen kann, gehört mit einigen Streptokokken-Arten zur Gruppe der wichtigsten Hämolyse auslösenden Mikroorganismen. Als grampositives Kugelbakterium ist es auch oft für Wundinfektionen verantwortlich. Abb. 20: Fotografien von verschiedenen Schafblutplatten mit Hämolysen: Ein Ausschnitt der Subkultur (Normalflora) vom Abstrich der Haltestange im Abteil der Serie 5. Zur Gewinnung einer Subkultur wurde eine hämolytische Bakterienkultur (Staphylococcus warneri-Bakterien) auf einer neuen Schafblutplatte vermehrt. Um Hämolysen besser erkennen zu können, wurden die inkubierten Schafblutplatten gegen eine Lichtquelle gehalten. Links: Hämolyse bei einer Staphylococcus aureus-Reinkultur auf einer Schafblutplatte nach einer Woche. Rechts: Schafblutplatte, welche mit dem Sessel-Abstrich der 6. Serie inkubiert wurde. Darauf sichtbar sind hämolytische und nicht-hämolytische Bakterienkulturen, die alle zur Normalflora zählen. (Y. Gesù) Für den Nachweis von Staphylococcus aureus wurden sowohl der Katalase-, Latex- und Agglutinations-Test wie auch die Vitek-Bestimmungsmethode durchgeführt. 1 2 Hämolytische oder hämolysierende Bakterien schädigen durch Toxine die Zellmembran von Erythrozyten (rote Blutkörperchen/-zellen), so dass es zum Austritt des Hämoglobins – Proteine, die vorwiegend dem Sauerstofftransport dienen – kommt. In Schafblutplatten bilden hämolytische Bakterienkolonien, die das in der Platte enthaltene Hämoglobin umwandeln oder abbauen, grüne oder durchsichtige Höfe. Kayser, Fritz & Böttger, Erik: Bakterien als Krankheitserreger, in: Kayser et al., 2014, S. 245-247; Staphylococcus aureus, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Staphylococcus_aureus, Version 31.10.2014 41 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Katalase-Test Materialien: Objektträger, 10 µl-Öse Chemikalien: 3% Wasserstoffperoxid-Lösung1 Der Katalase-Test wird zur Bakteriendifferenzierung eingesetzt, wobei er sich besonders dazu eignet, Staphylokokken von Streptokokken zu unterscheiden. Dabei macht sich der Test zu Nutze, dass Staphylokokken das Enzym Katalase besitzen und Streptokokken katalasefrei sind. Bei den Staphylokokken bewirkt das Enzym, dass Wasserstoffperoxyd in Wasser und Sauerstoff aufgespalten wird (2 H2O2 2 H2O + O2), wobei der freigesetzte Sauerstoff Bläschen bildet (Katalase-positive Reaktion). Bei den Streptokokken führt die Zugabe von Wasserstoffperoxid zu keiner Blasenbildung (Katalase-negative Reaktion).2 (1) Mit der 10 µl-Öse einen Teil der zu untersuchenden Kolonie entfernen und auf einen Objektträger geben. (2) Einen Tropfen der Wasserstoffperoxid-Lösung darauf geben und beobachten, ob das Präparat schäumt (Staphylokokken) oder nicht (Streptokokken). Latex-Agglutinationstest Materialien: Reaktionskarten3, Objektträger, 10 µl-Ösen Chemikalien: Latextest-Suspension4, Kontroll-Suspension5 (Negativprobe) Der Test ist ein Verfahren zum Nachweis und Sichtbarmachen von Antigen-Antikörper-Reaktionen6 (AAR). Dabei werden fertige Nachweis- bzw. Testlösungen benutzt, die spezifische – an Latexpartikel gebundene – Antikörper enthalten. Wird die zu untersuchende Substanz der Testlösung hinzugefügt, kommt es zu einer Antigen-Antikörper-Reaktion, wenn die Substanz die spezifischen Antigene besitzt, an die sich die Antikörper binden können. Die bei der Agglutination (oder Verklumpung) entstehende Ausflockung, das Präzipitat, ist mit blossem Auge sichtbar wegen der relativ grossen Latexpartikel, die mit den Antikörpern in der Verklumpung verbunden bleiben. Der in der Studie durchgeführte Latex-Test wurde mit einer spezifischen Testlösung durchgeführt, die mit Antikörpern zu den Antigenen des Staphylococcus aureus beladen war. Eine deutliche Verklumpung konnte somit als starke Indikation für das Vorkommen des Bakteriums gelten. Mit dem Test liess sich Staphylococcus aureus auch von anderen Staphylokokken abgrenzen (Abb. 21). 1 2 3 4 5 6 Von der ANALYTICA Medizinische Laboratorien AG selbst hergestellt Katalase, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Katalase, Version 27.10.2014; Katalase-Test, http://laborwissen.de/wiki/tiki-index.php?page=Katalase-Test, besucht 30.10.2014; Miksits & Hahn, 2004, S. 127 Thermo Scientific, Remel Microbiology Products, Staphaurex Plus, Reaktionskarte Thermo Scientific, Remel Microbiology Products, Staphaurex Plus, Test-Latex Thermo Scientific, Remel Microbiology Products, Staphaurex Plus, Kontroll-Latex; Suspension mit Latexpartikeln ohne Antikörper Antigene sind Stoffe, die sich bei eingedrungenen Fremdkörpern an deren Oberfläche befinden. Erkennen Antikörper die Antigene, binden sie sich an diese und bilden Antigen-Antikörper-Komplexe oder -Aggregate. Diese „Verklumpung“ (Agglutination) führt zu einer Ausfällung, also einer Ausscheidung eines gelösten Stoffs aus einer Lösung. Das Ausscheiden erfolgt als vollständig oder teilweise unlöslicher Niederschlag (Präzipitat) in Form von Flocken, Tröpfchen oder kristallinem Material. Durch die Agglutination werden die Fremdkörper neutralisiert – Bakterien werden aufgelöst – und verlieren meist ihre schädigende Wirkung. (Agglutinine, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Agglutinine, Version 24.9.2014; Antigen-Antikörper-Reaktion, Lexikon der Biologie: http://www. spektrum.de/lexikon/biologie/antigen-antikoerper-reaktion/4067, besucht 31.10.2014; Antigen, DocCheck Flexikon: http://flexikon.doccheck.com/de/Antigen, besucht 31.10.2014 Antigen, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Antigen, Version 14.5. 2014) 42 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams (1) Die Reaktionskarte wird vorbereitet, indem man in einen der darauf enthaltenen Kreise einen Tropfen des Latex-Tests gibt und in den anderen einen Tropfen der Negativprobe. Vor dem Gebrauch der beiden Proben, die Flaschen mit dem Inhalt gut schütteln. (2) Mit der 10 µl-Öse einen Teil der zu untersuchenden Kolonie entfernen und zuerst in der Negativprobe (Kontroll-Suspension) verteilen. (3) Mit der 10 µl-Öse erneut einen Teil der zu untersuchenden Kolonie entfernen und im Latex-Test verteilen. (4) Die Reaktionskarte schwenken, damit sich die Bakterien gut mit den Proben vermischen. (5) Darauf achten, ob sich nur bei der Latextest-Suspension Agglutinationen gebildet haben (Anzeichen für Staphylococcus aureus). Abb. 21: Latex-Test zur Bestimmung des Staphylococcus aureus: Auf der linken Seite der Reaktionskarte befinden sich in beiden Kreisen (1 und 4) Staphylococcus epidermidis-Bakterien, welche Bestandteil der normalen Hautflora sind. Auf der rechten Seite der Reaktionskarte (2 und 5) befinden sich Staphylococcus aureus-Bakterien, die zu den potentiell pathogenen Bakterien gehören. Beide Proben stammen von jeweiligen Reinkulturen. In den beiden Kreisen unten (4 und 5) sind die Bakterien in der Negativkontrolle (Latexkügelchen ohne Antikörper in Lösung) vermischt worden. Bei beiden zeigt sich keine Agglutination. In den oberen Kreisen (1 und 2) sind die Bakterien mit dem Latex-Test (Latexkügelchen mit Antikörper in Lösung) vermischt worden. Bei der Suspension mit den Hautflora-Bakterien (1) ist keine Agglutination zu sehen. Bei der Suspension mit den Staphylococcus aureus-Bakterien (2) ist hingegen eine unregelmässige Verklumpung klar sichtbar, was als Nachweis des Bakteriums gilt. (Y. Gesù) Vitek-Bestimmung für grampositive Bakterien Materialien: 10 µl-Öse, Subkultur1, Vitek®22, Grampositive Vitek®2-Karte3, CELLSTAR® Polystyrol Zellkultur Röhrchen, Rührplatte Chemikalien: 3 ml 0,45%-NaCl-Lösung, Das Vitek-System ist eine computerunterstützte biochemische Identifikationsmethode. Diese macht sich zunutze, dass sich Mikroorganismen in ihrer Enzymausstattung stark unterscheiden und dadurch auch den Stoffwechsel auf verschiedene Arten vollziehen. Die spezifischen, sich unterscheidenden Stoffwechselleistungen der diversen Bakterienarten werden mit dem Vitek-Sys1 2 3 BD, Becton Dickinson AG, Allschwil, Columbia Agar mit 5% Schafblut, darauf wurde die zu untersuchende Kultur aufgestrichen und anschliessend bebrütet. bioMérieux, API, Identifizierungsgerät für Bakterien, Vitek®2 mit Carrier Station TM und DensiCheckTM, System Version 06.01 bioMérieux, API, Identifizierungskarte, Vitek®2-Karte, für grampositive Bakterien, steril 43 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams tem durch verschiedene Farben sichtbar gemacht. Dabei werden die in einer Suspension aufgelösten Bakterien in einer Füllstation maschinell auf Karten, die unterschiedliche biochemische Substrate enthalten, aufgetragen. Im Ablesegerät werden die farblich sichtbaren Reaktionen in kurzen Zeitabständen (alle 15 Minuten) gemessen und danach im angeschlossenen Computersystem rasch analysiert und ausgewertet. Ein Resultat bzw. eine Artbestimmung liegt normalerweise schon nach vier bis sieben Stunden vor (bei der konventionellen, manuellen Methode braucht man ein bis zwei Tage).1 Die Vitek-Identifizierung wurde für diejenigen grampositiven Bakterien durchgeführt, die stark hämolytisch waren, aber beim Latex-Agglutinationstest nur eine feine Verklumpung zeigten und daher eine genauere Bestimmung benötigten. (1) Mit einer 10 µl-Öse einen Teil der zu untersuchenden Kolonie entfernen und in ein Röhrchen geben. (2) Von der 0,45%-NaCl-Lösung 3 ml dazu geben und die Suspension auf der Rührplatte 10 Sekunden gut durchmischen. (3) Die Trübung der Suspension mit dem Vitek®2 DensiCheckTM messen. Befindet sich dieser Wert zwischen 0,5 und 0,63, so kann man weiterfahren. Ist er jedoch zu hoch, so muss man erneut eine Suspension mit weniger Bakterien ansetzen. Ist der Wert zu tief, so kann man noch Bakterien dazugeben. (4) Anschliessend wird das Röhrchen mit dem Präparat in die Vitek®2 Carrier Station und die grampositive Vitek®2-Karte (Abb. 22) in die Halterung gestellt. Das Gerät beimpft die Karte nun mit dem Präparat, so dass alle Testfelder auf der Karte mit der Suspension befüllt werden. (5) Die Karte wird nun in den Vitek®2 gegeben, wo sie 4-7 Stunden lang bei einer Temperatur von 35,5° Celsius (± 1,0°) bebrütet werden. Dabei werden vom Gerät alle 15 Minuten die Veränderungen erfasst. (6) Bei Beendigung des Tests wird das Resultat vom Vitek®2-Gerät abgeglichen und ein Laborbefund mit dem Resultat, dem genauen Namen des Bakteriums, ausgedruckt. Abb. 22: Foto einer unbenutzten grampositiven Vitek®2-Karte: Karte mit den verschiedenen Reagenzien, welche von den Bakterien verändert werden können in Form von Verfärbungen oder Trübungen. Diese ergeben ein bestimmtes Muster. Der Abgleich der entstandenen Muster von unbestimmten Bakterien mit Mustern von identifizierten Bakterien führt zur deren Bestimmung. (Y. Gesù) 1 BioMérieux: Vitek® 2, http://www.biomerieux.de/servlet/srt/bio/germany/dynPage?doc=GRM_CLN_PRD_G_ PRD_CLN_11, besucht 5.11.2014; Farmatix: Arbeit in der Mikrobiologie, http://www.farmatix.com/apotheke/content/content.php?content.116.2, besucht 5.11.2014; Neumeister, Birgid: Makrobiologische Diagnostik, http://books.google.ch/books?id=zBeSYMNzVFYC&pg= PA14&lpg=PA14&dq=vitek+mikrobiologie&source= bl&ots=PKW4c0pcAr&sig=ggyrxIIa2zc1tJV-O2TCXKRsp-Q&hl=de&sa=X&ei=CkRWVICKNOSR7AbQ_ IHYAQ&sqi=2&ved= 0CEMQ6AEwBQ#v=onepage&q=vitek%20mikrobiologie&f=false, besucht 5.11.2014 44 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 3.2. Resultate Das Vorkommen und die Menge der gefundenen Mikroorganismen wurden wie erwähnt aufgrund ihres Wachstums im Labor bestimmt. Die gesammelte Menge wurde in verschiedene qualitative Kategorien eingestuft, da eine genaue Messung ihrer Anzahl durch die angewandte Kultivierungsmethode nicht möglich war (siehe Kapitel 3.1.4. Zweites Vorgehen). Die Einteilung in Kategorien lässt – trotz Fehlen exakter absoluter Mengenangaben – eindeutige Aussagen zur Häufung von Mikroorganismen an den verschiedenen Abstrichorten im Tram zu. Um diese einfacher auswerten und vergleichen sowie in Tabellen und Diagrammen (numerisch) darstellen zu können, wurden den verschiedenen Kategorien Zahlenwerte zugeteilt: Kein Vorkommen: 0 Vereinzeltes Vorkommen / sehr kleine Menge: 10 Weniges Vorkommen / kleine Menge: 20 Mässiges Vorkommen / mittlere Menge: 30 Reichliches Vorkommen / grosse Menge: 40 Zu erwähnen ist hier nochmals, dass die Resultate der Studie aufgrund der geringen Stichprobengrösse einen relativ hohen Unsicherheitsgrad besitzen. Sie lassen sich deshalb nur im begrenzten Rahmen verallgemeinern und haben eine limitierte Aussagekraft. Die Untersuchungsergebnisse werden aufgrund ihrer Plausibilität interpretiert. Wo das nicht möglich ist, wird auf die mögliche Zufälligkeit der Resultate hingewiesen. Die Studie konzentriert sich auf das Vorkommen von Bakterien in Trams und dem Risiko einer bakteriellen Krankheitsansteckung. Da die Laboranalysen auch Resultate zum potenziell pathogenen Schimmelpilz hervorbrachten, werden diese ebenfalls vorgestellt. Eine detaillierte Übersicht über die einzelnen Abstrich- und Analyseergebnisse befindet sich im Laborjournal im Anhang 3. 3.2.1. Vorkommen und Mengen von Mikroorganismen in den Trams Menge Mikroorganismen nach Kategorienwerten Diagr. 1: Durschnittsmengen verschiedener Mikroorganismen pro Tram 15 10 13,7 11,0 5 1,2 0 apathogene Bakterien pathogene Bakterien Schimmelpilz Diagramm 1 zeigt die durchschnittlichen Mengen von apathogenen und pathogenen Bakterien sowie Schimmelpilz, die in den sechs untersuchten ungereinigten Tramwagen gefunden wurden. Die Zahlenwerte stellen die durchschnittliche Mengensummen der Bakterien und des Schimmelpilzes dar, die in jedem Wagen bzw. Tram an zehn Abstrichorten gesammelt wurden. Generell lässt sich feststellen, dass Bakterien nur in geringen Mengen in den Trams vorhanden sind. Ihre durchschnittliche Gesamtmenge (Wert 24,7) pro Tram kann als klein bis mittel einge- 45 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams stuft werden. Werden die Bakterien noch nach ihrer Pathogenität unterschieden, zeigt sich, dass sowohl apathogene als auch pathogene Bakterien in den untersuchten Tramwagen im Durchschnitt sogar nur vereinzelt vorkommen (Wert 13,7 resp. 11,0). Die Menge des Schimmelpilzes ist nahezu vernachlässigbar. Gleichzeitig lässt sich aber auch festhalten, dass ein relativ ausgeglichenes Verhältnis zwischen apathogenen und pathogenen Bakterien vorhanden ist (Diagr. 2), wobei die Menge an apathogenen Bakterien (53%) leicht grösser ist als diejenige an pathogenen (42%). Wird der pathogene Schimmelpilz mitberücksichtigt, ist das Verhältnis zwischen den untersuchten Krankheitserregern und den apathogenen Bakterien fast ausgewogen (47%:53%). Diagr. 2: Anteil Pathogenität 5% 42% 53% Ein etwas differenzierteres Bild ergibt sich aus Diagramm 3, welches das Vorkommen und die durchschnittlichen Mengen der Mikroorganismen in den einzelnen untersuchten Trams darstellt (Serien). Hier zeigt sich eine grosse Spannweite der Mengen und Pathogenität der Bakterien. Am deutlichsten über den oben genannten Durchschnittswerten liegt das erste Tram (Serie 1). Im Vergleich zu den andern weist es klar am meisten Mikroben – ausschliesslich Bakterien – auf; deren Gesamtmenge (Wert 43) kann als „gross“ klassifiziert werden. Es ist auch das einzige Tram, wo der Anteil der pathogenen Bakterien höher ist als derjenige der apathogenen und wo die Menge der Erreger (Wert 27) nahezu einen mittleren Grössenbereich erreicht. In allen anderen Trams überwiegt der Anteil der apathogenen Bakterien. Besonders augenfällig ist dies im vierten Tram, das als einziges überhaupt keine krankheitserregenden Bakterien besitzt und allgemein das tiefste Bakterienvorkommen aufweist (Wert 11). Abgesehen von diesen sehr speziellen Fällen1, für die keine vordergründig plausiblen Erklärungen vorliegen und die wohl dem Zufall geschuldet sind, sticht noch das fünfte Tram heraus, das ein mittelgrosses Mikrobenvorkommen und den grössten Anteil an Schimmelpilz hat. Alle anderen Trams liegen im Bereich der Durchschnittswerte. Diagr. 3: Mengen in einzelnen Trams (Abstrichserien) apathogene Bakterien pathogene Bakterien Schimmelpilz 45 40 35 30 27 4 2 25 12 20 15 10 16 5 11 8 12 13 2 3 8 1 17 11 13 0 1 1 Serie/ Tram 4 5 6 Die Extremfälle von Tram 1 und 4 gleichen sich mehr oder weniger aus. Da nur eine geringe Stichprobengrösse vorhanden war, wurden diese speziellen Fälle in den Auswertungen miteinbezogen. 46 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Mögliche Erklärungen Auffällig ist die geringe effektive durchschnittliche Menge an Bakterien, die in den Trams gefunden wurde und deren Ruf als eigentliche „Bakterienschiffe“ widerspricht. Das generell wenige Vorkommen könnte damit erklärt werden, dass Bakterien in Trams keine optimalen Wachstumsbedingungen vorfinden. So bleibt die Wärme in Trams unter der idealen Temperatur für ihre Vermehrung (35-40° C) und eine häufige oder andauernde – speziell hohe – Feuchtigkeit herrscht nicht vor. Auch sind organische Nährstoffe kaum vorhanden. Trams sind ebenfalls hell; das leicht eindringende Sonnenlicht mit seinen UVA-Strahlen kann einen Teil der Bakterien schädigen und töten. Schliesslich werden Trams auch in ziemlich regelmässigen Abständen gereinigt und teilweise desinfiziert (siehe Kapitel 3.2.7. Wirksamkeit der Grossreinigung). Das geringe bakterielle Vorkommen ist auch darauf zurückzuführen, dass die Untersuchung nicht in einer Grippe- oder Erkältungsperiode durchgeführt wurde. Häufiges Husten und Niesen führen dann zu einer erhöhten Tröpfchenverteilung von Bakterien, und angeschwollene Nasenschleimhäute („laufende Nase“), die mit Händen berührt werden, verursachen vermehrte Schmierablagerungen. Eine stärkere Kontamination der Trams über keimhaltige Tröpfchen und Hände hätte eine höhere Bakterienmenge zur Folge. Das Resultat der geringen durchschnittlichen Mikrobenmenge in Trams wird etwas relativiert, wenn die Einzelfälle betrachtet werden. So wurde in einem Tram (Serie 1) durchaus eine grosse Menge an Bakterien – einschliesslich Krankheitserreger – gefunden. Über die spezifischen Ursachen dafür lässt sich nur spekulieren. Da es sich bei den Erregern um Darmbakterien handelt, kann aber auf eine mangelnde Hygiene beim Toilettenbesuch geschlossen werden. Abgesehen von diesem speziellen Fall, bleibt generell festzuhalten, dass zwischen den individuellen Trams grosse Mengenunterschiede herrschen, die auch von Zufallsfaktoren abhängen, die nicht kontrolliert werden können. Dies schliesst die Möglichkeit ein, dass einzelne Trams stark kontaminiert sein können, was für immungeschwächte Menschen von Bedeutung ist. Neben der grossen Spannbreite fällt ebenfalls das nahezu ausgewogene Verhältnis zwischen apathogenen und pathogenen Bakterien auf. Davon ausgehend, dass Passagiere Tramelemente (Haltestangen, Druckknöpfe etc.) vor allem mit ihren Händen berühren und dabei viele Hautbakterien hinterlassen, müsste eigentlich die apathogene Normalflora überwiegen. Die Wahrscheinlichkeit, dass dabei auch Krankheitserreger übertragen werden ist deutlich geringer. Eine mögliche Erklärung für die relativ hohe Menge an pathogenen Bakterien (Abb. 23) ist, dass die gefundenen Erreger (v.a. pathogenen Darmbakterien, wie zum Beispiel Escherichia coli) kürzere Generationszeiten haben und überlebensfähiger sind als die apathogenen Hautbakterien. Demnach könnten die Robustheit und das raschere Wachstum der pathogenen Bakterien zu einer Verdrängung der apathogenen Mikroben führen. Dies würde auch bedeuten, dass ursprünglich nur eine geringe Menge an Krankheitserregern übertragen werden muss, um ein späteres grosses Vorkommen zu erzeugen. Abb. 23: Fotografie einer beimpften Schafblutplatte, die ein mittleres Wachstum von pathogenen Darmbakterien (weiss-grau, oben) und ein kleines Vorkommen der Normalflora (gelb, unten links) zeigt. (Y. Gesù) Das Risiko, sich mit bakteriellen Infektionserkrankungen anzustecken, hängt nicht nur von der vorhandenen Menge der Mikroorganismen bzw. Krankheitserregern ab. Das Erkrankungsrisiko wird auch massgeblich von der Art der pathogenen Bakterien und ihren spezifischen Pathogenitätsfaktoren beeinflusst. Die Mikroorganismen, die in den Trams nachgewiesen wurden, werden im anschliessenden Kapitel detailliert vorgestellt. 47 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 3.2.2. Anteile und Art der Mikroorganismen Pathogene Mikroben Diagramm 4 zeigt die prozentualen Anteile der unterschiedlichen mikrobiellen Krankheitserreger, die in den sechs untersuchten ungereinigten Tramwagen gefunden wurden. Diagr. 4: Anteile Krankheitserreger 5% 10% Enterobakterien Schimmelpilz Mit 85% stellt die Familie der Enterobakterien (vor allem Darmbakterien) den Staphylococcus grössten Anteil an der total gesammelten aureus 85% Menge an Pathogenen. Enterobakterien waren in allen Trams, die Krankheitserreger hatten (5 von 6), vorzufinden und machten da den Hauptteil der pathogenen Mikroorganismen aus. Ihre durchschnittliche Menge pro Tram kann aber effektiv als sehr klein bis klein eingestuft werden. Der Mengenanteil des Schimmelpilzes, der in insgesamt drei Trams nachgewiesenen wurde, umfasst 10%. Dies ist doppelt so viel wie der Anteil der Bakterienart Staphylococcus aureus der Staphylokokken-Familie, die in zwei Trams unter den Pathogenen zu finden war. In einem Tram lag die effektive Menge des Staphylokokkus aureus im mittleren Bereich (Wert 30); im andern Tram kam das Bakterium nur in einer sehr kleinen Menge vor. Im Folgenden werden die Krankheitserreger kurz beschrieben. Dabei wird Schwergewicht auf ihre Pathogenitätsmerkmale und Virulenzfaktoren gelegt, die eine Einschätzung der Infektionsrisiken auf Grund der Erregereigenschaften erlauben soll. Enterobakterien Abb. 24: Fotografie einer beimpften Schafblutplatte, die ein reichliches Wachstum von Enterobakterien zeigt. (Y. Gesù) Die Familie der Enterobakterien umfasst gramnegative, meist motile (bewegliche), fakultativ anaerobe und Oxidase-negative Stäbchenbakterien. Durch die Möglichkeit der Sporenbildung, können sie sich gegen Hitzeeinwirkung, Chemikalien und Austrocknung schützen. Viele von ihnen gehören zur Normalflora des Darms, wo sie zahlreich vorkommen und kaum Infektionen auslösen. Einige Arten sind wegen ihrer Vitaminproduktion und Abbauprozesse sogar nützlich. Dies gilt aber nur für den Darm; extraintestinal (ausserhalb des Darms) sind Enterobakterien Krankheitserreger. So können sie beispielsweise Infektionen in den Augen, Ohren und Harnwegen auslösen und Wundinfektionen hervorrufen. Einige von ihnen sind sogar für tödliche Krankheiten wie Pest und Typhus verantwortlich. Enterobakterien (Abb. 24) sind für ihr schnelles Wachstum bekannt, was dazu führt, dass sie andere Bakterien verdrängen können.1 Die Untersuchungen haben insbesondere zwei Vertreter der Enterobakterien-Familie nachgewiesen: 1 Hof, Herbert & Dörries, Rüdiger: Medizinische Mikrobiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2002 (2., korrigierte Auflage), S. 359; Kayser & Böttger, 2014, S. 292-295; Miksits & Hahn, 2004, S. 157-159 48 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Escherichia coli: E. coli-Bakterien machen einen grossen Teil der normalen Darmflora des Menschen aus, wo die meisten fakultativ pathogen sind. Beim Eindringen an andere Standorte – etwa durch eine Schmierinfektion – können sie Krankheiten verursachen, die insbesondere für immungeschwächte Menschen bedrohlich sind. Zu den bekanntesten E. coliInfektionskrankheiten gehören Harnwegs- und Galleninfektionen, Meningitis (Hirnhautentzündung), Gastroenteritis und Durchfall. Ausserdem ist E. coli der häufigste Auslöser (1520% der Fälle) einer Sepsis („Blutvergiftung“), die bis zum Tod führen kann. Die prinzipiell hohe Pathogenität und Virulenz des Bakteriums ist auf zwei Merkmale zurückzuführen: Zum einen braucht es eine ausgesprochen kleine Menge, um Infektionen auszulösen – rund 100 E. coli-Bakterien reichen aus. Zum andern können die Erreger Exotoxine absondern, welche die Zellen direkt schädigen. Der bekannteste E.coli-Stamm, der ausgesprochen toxisch ist, ist der EHEC (enterohämorrhagische Escherichia coli). Wie einige andere E. Coli-Bakterien ist er darmpathogen, das heisst, er verursacht ebenfalls im Darm Infektionen (intestinal). Dabei adhäriert er an die Darmzellen, die er mit seinen Toxinen zerstört. Die Wasserrückresorption ist nicht mehr möglich, was zu Diarrhoe führt. Die Ausschüttung verschiedener Toxine kann auch ein Nierenversagen verursachen. In den Entwicklungsländern sind diese Bakterien, welche durch verunreinigtes Wassers eingenommen werden, ein häufiger Grund von Kindersterblichkeit.1 Proteus: Die Proteus-Bakterien (Abb. 25) wurden wegen ihrer Wandelbarkeit nach dem griechischen Meeresgott benannt. Die fakultativ pathogenen Darmbakterien haben eine Stäbchenform und sind gramneAbb. 25: Fotogativ. Sie kommen ebenfalls in der grafie einer beNatur vor, wo sie bei der Zersetzung impften Schafvon Eiweissen eine wichtige Bedeublutplatte mit tung haben. Als Krankheitserreger hareichlichem Wachstum von ben sie viele gleiche Merkmale wie die Proteus-Darmoben beschriebenen E. coli-Baktebakterien. rien. Proteus ist besonders bekannt (Y. Gesù) dafür, Infektionen des Urogenitaltrakts und Wundinfektionen zu verursachen. Nach E. coli ist er der zweithäufigste Erreger von Harnwegsinfektionen.2 Staphylokokken Rundliche, grampositive Bakterien, die fakultativ anaerob und nicht bewegungsfähig sind, bilden die Familie der Staphylokokken. Die meisten sind für Menschen mit einem normalen und ausgebildeten Immunsystem relativ ungefährlich. Der bedeutendste Virulenzfaktor dieser Bakterien ist das Vorhandensein von Koagulase – ein Enzym, welches sich ausserhalb der Zellwandoberfläche befindet. Diejenigen Bakterien, welche das Enzym nicht besitzen, also koagulasenegativ sind, sind wenig pathogen. Staphylokokken kommen beim Menschen speziell auf der Haut oder in Schleimhäuten vor – beispielsweise der Staphylococcus epidermis, Staphylococcus warneri oder Staphylococcus haemolyticus. Viele davon findet man auch in der Umwelt.3 In der Untersuchung wurde die Bakterienart Staphylococcus aureus gefunden, die eine starke Pathogenität haben kann: 1 2 3 Hof & Dörries, 2002, S. 373-376; Kayser & Böttger, 2014, S. 306-309; Miksits & Hahn, 2004, S. 159-161 Hof & Dörries, 2002, S. 380-381; Kayser & Böttger, 2014, S. 309; Miksits & Hahn, 2004, S. 157 Hof & Dörries, 2002, S. 275-278; Kayser & Böttger, 2014, S. 245-247; Miksits & Hahn, 2004, S. 127-129 49 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Staphylococcus aureus: Die Bakterien kommen in der Natur, etwa in Gewässern, aber auch bei 25-30% der Menschen vor. Beim Menschen existieren sie auf der Haut, in der Vagina (bei 20% aller Frauen) und in den oberen Atemwegen – beispielsweise der Nase –, wo sie oft symptomlos bleiben. Staphylococcus aureus-Bakterien (Abb. 26) sind weit verbreitet, weil sie verglichen mit den meisten anderen Bakterien besonders widerstandsfähig sind. Trockenheit und Hitze bis zu 60° C macht ihnen nichts aus. Sie trotzen pH- und Salzgehaltschwankungen und überleben starkes Sonnenlicht sowie viele chemische Desinfektionsmittel. Die Bakterien sind Träger des Koagulase-Enzyms, welches zur Bildung des Proteins Fibrin führt, das wiederum Blutgerinnsel (Thromben) verursachen kann. Das Fibrin wird von ihnen auch als Hülle genutzt, was sie vor der Phagozytose schützt. Zu Krankheitserscheinungen kommt es, wenn das Bakterium durch günstige Bedingungen (etwa Wunden) oder ein schwaches Immunsystem die Gelegenheit bekommt, sich auszubreiten. Lokale Infektionen führen zu Haut- und Ohrentzündungen, Muskelerkrankungen sowie eitrigen Abszessen. Wenn Organe infiziert sind, kommt es durch die Ausschüttung von Exotoxinen auch zu lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Lungen- und Herzinnenhautentzündung (Endokartitis) und Sepsis. Toxinbildende Stämme können das bekannte Toxische Schocksyndrom (TSS) auslösen, das bei längerer Benutzung eines Tampons entstehen kann. Eine besondere Gefährlichkeit weist Staphylococcus aureus auch dadurch aus, dass es nicht nur oft (80% aller Stämme) unempfindlich gegen Penizillin ist, sondern auch Multiresistenzen gegen mehrere Antibiotika erworben hat (5-20%). Diese sogenannten MRSA (multiresistente Staphylococcus aureus) sind besonders schwer zu eliminieren.1 Abb. 26: Mit einem Elektronenmikroskop aufgenommene Staphylococcus aureus. Gut zu erkennen sind die goldene Farbe und traubenförmige Anhäufung, die dem Bakterium den Namen gegeben haben.3 Schimmelpilz Schimmelpilze (Abb. 27) sind als Allergene Abb. 27: Fotound fakultative Krankheitserreger weit vergrafie einer beimpften Schafbreitet. Die kleinen Sporen des Schimmelpilblutplatte, die zes werden über die Atemluft im menschlivon reichlich chen Körper aufgenommen, wo sie bis zu den Schimmelpilz Alveolen gelangen oder über (Schleim-) überwachsen ist. Zu BakterienvorHäute in den Körper eindringen können. Sokommen und lange das Immunsystem intakt ist, kann es -menge lässt diese bekämpfen. Wenn die Sporen, die sich keine Aussage mehr malange im Körper überleben können, aber die chen. Chance erlangen, sich auszubreiten, kann es (Y. Gesù) zu schweren Erkrankungen kommen – beispielsweise der Aspergillose (Lungen- oder Haut-, Ohren-, Nasenentzündung). Ist man generell lange einer grossen Menge an Sporen ausgesetzt, so kann Asthma ausgelöst werden.2 1 2 3 Hof & Dörries, 2002, S. 275-283; Kayser & Böttger, 2014, S. 245-250; Miksits & Hahn, 2004, S. 127; Staphylococcus aureus, Wikipedia, 2014 Hof & Dörries, 2002, S. 469-473; Miksits & Hahn, 2004, S. 213-215 Abbildung 27, in: DocCheck Pictures: http://pictures.doccheck.com/de/photo/4745-staphylococcus-aureus-mrsarasterelektronenmikroskop 50 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Apathogene Bakterien Diagramm 5 zeigt die prozentualen Anteile der unterschiedlichen apathogenen Bakterien, die in den sechs untersuchten ungereinigten Tramwagen gefunden wurden. Bei den apathogenen Bakterien wurden deutlich am meisten Hautbakterien nachgewiesen. Sie weisen mit 85% den klar grössten Anteil an der gefundenen Gesamtmenge auf. Bakterien der Gattung Bacillus haben einen Anteil von 8%. Bakterien der Gattung Pseudomonas („Pfützenkeim“) und Enterokokken sind mit den geringsten Anteilen vertreten. Diagr. 5: Anteile apathogener Bakterien 4%3% 8% Hautbakterien Bacillus Pseudomonas Enterokokken 85% Hautbakterien Hautbakterien sind mehrheitlich Kommensalen und verursachen keine Schädigungen. Sie schützen die Haut und den Organismus als Ganzes vor pathogenen Mikroorganismen, indem sie ihr Revier verteidigen, und sind deshalb ausgesprochen nützlich. Zudem erzeugen sie Stoffwechselprodukte, die sich günstig auf die Eigenschaften der Haut auswirken.1 Enterokokken Enterokokken sind grampositive, fakultativ anaerobe Bakterienkokken, die zur Normalflora der Menschen und Tiere zählen. Sie kommen beim Menschen häufig im Darm vor und werden zur Förderung der Darmflora und des Geschmacks auch in Lebensmitteln eingesetzt. Weiter Stämme haben sich in der Umwelt weit verbreitet. Die weitaus meisten Enterokokken sind harmlos. Einige können aber auch Auslöser von Wundinfektionen, Sepsen und Harnwegsentzündungen sein.2 Pseudomonas Pseudomonas-Bakterien (Abb. 28) sind gramnegative, motile Stäbchenbakterien, welche im Gegensatz zu den Enterobakterien keine Sporen bilden können und oxidativ sind. Sie kommen sehr häufig in Gewässern vor, weshalb Abb. 28: Fotografie eisie auch als „Pfützenkeime“ bener beimpften Schafzeichnet werden. Für einige Fiblutplatte, die ein mässche und Pflanzenarten können siges Wachstum von Pseudomonas-Bakterien pathogen Normalflora bestehend aus Hautbakterien sein. Gelegentlich leben sie auch (gelb) und vermutlich im menschlichen Darm. Nur wenn Pseudomonas (weisssie in extrem hoher Anzahl vorlich/durchsichtig) zeigt. kommen, können sie Infektionen (Y. Gesù) auslösen und Schleimkapseln bilden. Für Menschen mit einem intakten Immunsystem und intakter Haut stellen die Bakterien aber keine Bedrohung dar.3 1 2 3 Hof & Dörries, 2002, S. 19; Kayser & Böttger, 2014, S. 715-716 Hof & Dörries, 2002, S. 298-302; Kayser & Böttger, 2014, S. 258-260; Miksits & Hahn, 2004, S. 125; Enterokokken, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Enterokokken, Version 13.7.2014 Hof & Dörries, 2002, S. 353-355; Kayser & Böttger, 2014, S. 240; Pseudomonas, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Pseudomonas, Version 19.10.2014 51 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Bacillus Bacillus-Bakterien (Abb. 29) sind grampositive, sporenbildende aerobe Stäbchenbakterien. Sie kommen vor allem im Erdboden vor und zählen deshalb zu den Umweltbakterien. Ausser dem Bacillus anthracis, welcher Milzbrand auslöst, sind sie weitestgehend harmlos. Sie können aber hin und wieder für Wundinfektionen und Lebensmittelvergiftungen verantwortlich 1 sein. Abb. 29: Fotografie des Depots einer beimpften Schafblutplatte, die weniges Wachstum von Normalflora aus Haut- (gelb & weiss) und Bacillus-Bakterien (grün-grau) zeigt. (Y. Gesù) Mögliche Erklärungen Der hohe Anteil an pathogenen Darmbakterien und ihre grosse Verbreitung in den Trams ist auffällig. Darmbakterien gehören ausserhalb des Darms nicht zur Normalflora des Menschen und sollten an den Händen generell in kleineren Mengen vorkommen als Hautbakterien. Ihre relativ hohe Menge lässt sich plausibel dadurch erklären, dass die untersuchten Trams von vielen Fahrgästen besucht wurden, die ein ungenügendes Hygieneverhalten bei der Toilettennutzung zeigen. Darmbakterien können beim Abwischen des Gesässes nach dem Stuhlgang oder beim Kratzen am After auf die Hände gelangen. Wenn diese nicht gründlich gewaschen werden, werden die Pathogene über eine Schmierablagerung weiter verbreitet. Das Vorkommen und die gefundene Menge von Staphylokokkus aureus-Bakterien scheinen plausibel. Die relativ geringe Anhäufung entspricht ihrer Verbreitung in der Bevölkerung. Das Bakterium ist bei rund 30% der Menschen Teil der Normalflora, vor allem im vorderen Nasenbereich. Über Tröpfchen und Schmierablagerung werden die Mikroben gestreut und agieren dann als Krankheitserreger. Ihre klar tiefere Menge gegenüber den Darmbakterien lässt sich auch damit begründen, dass die Untersuchung nicht in einer Erkältungszeit durchgeführt wurde, die eine stärkere Verbreitung des Bakteriums zur Folge hätte. Die Pathogenität und Virulenz der nachgewiesenen krankheitserregenden Bakterien (Staphylokokkus aureus sowie die Enterobakterien E. coli und Proteus) – können als potentiell hoch eingestuft werden. Die Pathogene stellen vor allem für Immungeschwächte, Schwangere und Kleinkinder ein Risiko dar. Alle von ihnen produzieren Toxine, die zu direkten Zellschädigungen und starken Entzündungen der Atemwege und verschiedener Organe führen können. Zudem können sie bei Eindringen in die Blutbahn eine Infektion generalisieren und den gesamten Organismus beeinträchtigen (Sepsis). Eine spezifisch hohe Pathogenität weist Escherichia coli aus, da es in sehr kleinen Mengen (rund 100 Bakterien) Infektionen auslösen kann. Bei Staphylokokkus aureus stellen die entwickelten Resistenzen ein zusätzlicher Risikofaktor dar. In den folgenden Kapiteln werden die Studienresultate vorgestellt, welche das Vorkommen und die Verteilung der Mikroorganismen an verschiedenen Stellen im Tram und zu unterschiedlichen Zeitpunkten zeigen. 1 Hof & Dörries, 2002, S. 315-317; Kayser & Böttger, 2014, S. 260-262; Miksits & Hahn, 2004, S. 149-150; Bacillus, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bacillus, Version 24.9.2014 52 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 3.2.3. Mengenvergleich nach Tramelementen und Abstrichorten Diagr. 6: Mengen an verschiedenen Tramelementen apathogene Bakterien pathogene Bakterien Schimmelpilz 20 2 15 0,3 6,5 0,5 1 7,3 11 10 5 4,5 4 11 8,0 7,5 7 6 Druckknopf Heizung Scheibe 0 Haltestange Sitz Tramelemente Diagramm 6 zeigt die durchschnittlichen Mengen von apathogenen und pathogenen Bakterien sowie Schimmelpilz an verschiedenen Elementen der sechs untersuchten, ungereinigten Tramwagen. Die Tramelemente sind teilweise Kombinationen der zehn verschiedenen Abstrichorte (Diagr. 7), an denen Mikroorganismen gesammelt wurden. Generell lässt sich feststellen, dass sich die höchsten Mengen an Mikroorganismen auf den Sitzen befinden (Wert 19,5), im spezifischen an den Rückenlehnen (Diagr.7, Wert 20), gefolgt von den Scheiben und den Haltestangen. Eine Ausnahme bildet hier der Haltegriff im vordersten Vierersitz-Abteil, der die zweitmeisten Mikroorganismen aufweist (Diagr. 7). Die wenigsten Mikroben sind auf der Heizung und auf den Druckknöpfen zu finden. Pathogene Mikroorganismen kommen mit Abstand am häufigsten an den untersuchten Scheiben vor, wobei ihre effektive Menge als klein bezeichnet werden kann (Wert 11). Der Anteil der pathogenen Bakterien an den Fenstern übertrifft auch klar denjenigen der apathogenen. Die zweithöchsten Mengen an Krankheitserregern befinden sich auf den Sitzen (Schimmelpilz eingerechnet) und an den Haltestangen. Im Vordergrund stehen bei den letzteren der Haltegriff, der allgemein eine relativ hohe Menge an Mikroorganismen besitzt, sowie die Haltestange neben der vordersten Tür im Tram (Diagr. 7). Die Haltestangen in der Mitte und hinten haben relativ wenig pathogene Bakterien. Von allen Tramelementen weisen aber die Druckknöpfe und die Heizung klar die kleinsten Mengen an krankheitserregenden Mikroorganismen auf. Bei den Druckknöpfen gilt es jedoch weiter zu differenzieren. So besitzt der hochgelegene Druckknopf auf der Haltestange neben der vordersten Tramtür eine vergleichsweise hohe Menge an pathogenen Bakterien, während am tiefer gelegenen Druckknopf an der Wand gegenüber überhaupt keine krankheitserregenden Bakterien vorhanden sind (Diagr. 7). Schimmelpilz wurde vor allem auf den Sitzen gefunden. Eine geringe Kontamination weisen auch die Heizung sowie die tiefer gelegenen Druckknöpfe und die Haltegriffe auf. Die beiden letzteren befinden sich nahe an der Heizung, die durch ihre Wärme das Wachstum von Schimmelpilz fördert. Mögliche Erklärungen Die Resultate widersprechen zu einem gewissen Grad der in der Öffentlichkeit – und teilweise in Fachkreisen – verbreiteten Vermutung, dass sich die meisten Mikroorganismen und Krankheits- 53 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams erreger an Haltestangen und Druckknöpfen befinden, da diese am meisten mit (kontaminierten) Händen berührt werden. Tatsächlich zeigen aber in der Untersuchung die Sitze von allen Tramelementen die höchsten Mengen an Mikroorganismen, die auch einen hohen Anteil an Krankheitserregern – einschliesslich Schimmelpilz – umfassen. Dies kann mehrere Gründe haben: Einerseits haben die Sesselpolster die grössten Kontaktflächen – es können also eine grosse Anzahl an Mikroben „abgestreift“ werden. Andrerseits überleben Mikroorganismen in porösen Textilien besser (siehe Kapitel 3.2.4. Materialienvergleich unten). Schliesslich ist eine gründliche Reinigung der Polster nicht ganz einfach. Eine Sesselwäsche mit Wasser und anschliessender Lufttrocknung werde laut VBZ auch nur etwa ein Mal pro Jahr durchgeführt. Zudem überstehen Staphylococcus aureus, darmbewohnende Enterobakterien wie Escherichia coli und Schimmelpilz 30-Grad-Wäschen mühelos. Eine eigentliche Desinfektion der Sitze findet nicht statt. Etwas überraschend ist auch der Befund, dass die meisten pathogenen Mikroorganismen an den Scheiben zu finden sind, zumal diese nach Angaben der VBZ gleich oft geputzt und desinfiziert werden wie die Haltestangen (ein Mal pro Woche). Eine Erklärung dafür kann sein, dass an ihnen Kondenswasser sowie Fett und Schweiss, die von Köpfen und Händen übertragen werden, trotz Routinereinigung besonders gut haften bleiben (siehe auch Kapitel Materialienvergleich unten). Als Nähstoffe der Bakterien fördern sie deren Vermehrung. Es braucht deshalb auch keine grosse Kontaminationszahl, um anschliessend eine grössere Menge an Mikroorganismen zu bekommen. Nach den Scheiben und den Sitzen befinden sich am meisten Krankheitserreger auf den Haltestangen (Abb. 30). Die durchschnittlich hohen Mengen an pathogenen Bakterien entsprechen den Erwartungen und scheinen plausibel. Die Stangen werden häufig und von vielen Menschen angefasst, die dabei Mikroben – darunter auch Erreger – übertragen. Markant sind jedoch die Unterschiede zwischen den verschiedenen Haltestangen. Dass der Haltegriff im Vierersitz-Abteil zuvorderst im Wagen am meisten kontaminiert ist, hat wahrscheinlich zwei Gründe: Einerseits bevorzugen die meisten Fahrgäste den vorderen Teil des Trams und dort die Sitzplätze, was die Passagierfrequenz – und damit das Kontaminationsrisiko – an dieser Stelle erhöht. Andrerseits ist anzunehmen, dass der Haltegriff besonders oft benutzt wird – beim Sitzen, aber auch als Hilfe beim Aufstehen. Abb. 30: Fotografien einer beimpften Schafblutplatte mit Abstrich der vorderen Haltestange (1. Serie): Die Platte zeigt ein reichliches Vorkommen resp. Wachstum von pathogenen Darmbakterien (graudurchsichtig) und wenig Normalflora aus mindestens zwei verschiedenen Bakterienarten (gelb und weiss). (Y. Gesù) Die Mengen an pathogenen Bakterien an den anderen Haltestangen (vorne und hinten an der Tür sowie in der Mitte) entsprechen der allgemeinen Verteilung der Passagiere, wie sie von der VBZ angegeben wird. Danach bevorzugen Tramfahrer den vorderen gegenüber dem hinteren Wagensektor. Davon ausgehend, dass die vorderen Haltestangen dementsprechend mehr berührt werden, sind an ihnen auch mehr Mikroben und Pathogene als an den hinteren zu finden. Am wenigsten halten sich Fahrgäste im mittleren Wagenabschnitt auf, da sich dieser weiter entfernt von der Tramtür befindet. Die Menge an pathogenen Bakterien ist denn auch an der dortigen Haltestange am tiefsten. 54 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Ein grosser Unterschied zeigt sich auch Abb. 31: Fotografie bei den Druckknöpfen (Abb. 31), bei einer beimpften Schafblutplatte mit denen zu erwarten ist, dass sie sehr oft Abstrich eines hochberührt werden und deshalb viele gelegenen DruckKrankheitserreger haben. Tatsächlich knopfs (1. Serie): weisen die hochgelegenen DruckDie Platte zeigt ein knöpfe an den Haltestangen neben der reichliches Vorkommen resp. Wachstum Tür relativ hohe Mengen an pathogevon pathogenen nen Bakterien auf. Dass diese effektiv Darmbakterien. Die dennoch kleiner sind als diejenigen an Fraktionen sind ebeneinigen Haltestangen und an den falls gut erkennbar. Scheiben hat sehr wahrscheinlich mit (Y. Gesù) ihrer geringen Flächengrösse zu tun, die auch wenig Platz für Mikroben bietet. Anders formuliert: Für ihre kleine Grösse ist die Menge an Mikroorganismen – einschliesslich Krankheitserregern – an den Druckknöpfen bemerkenswert hoch bzw. konzentriert. Die Situation zeigt sich völlig anders bei den tiefgelegenen Druckknöpfen, die sich an den Wänden der Stehabteile gegenüber den Türen befinden. Wie die Untersuchungsergebnisse zeigen, besitzen sie von allen Tramelementen generell am wenigsten Mikroben, und es waren überhaupt keine pathogenen Bakterien zu finden. Dies kann damit erklärt werden, dass diese Knöpfe wenig benutzt werden, da sie für Erwachsenen nicht einfach zu erreichen sind. Diagr. 7: Mengen an verschiedenen Abstrichorten apathogene Bakterien pathogene Bakterien Schimmelpilz 20 1 4 7 15 4 10 6 10 11 10 1 5 1 4 9 13 11 5 6 7 11 8 9 7 6 4 0 Orte im Tram 55 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 3.2.4. Materialienvergleich Diagr. 8: Mengen auf verschiedenen Materialien apathogene Bakterien pathogene Bakterien Schimmelpilz 20 2 0,3 15 6,5 7,3 11 10 5 0,5 4,5 11 7,8 7,5 6 0 (lackierter) Stahl Glas Textil Materialien Plastik Diagramm 8 zeigt die durchschnittlichen Mengen von apathogenen und pathogenen Bakterien sowie Schimmelpilz, die auf den verschiedenen Materialien der sechs untersuchten ungereinigten Tramwagen gefunden wurden. Die höchsten Mengen an Mikroorganismen befinden sich auf Textiloberflächen (Wert 19,5). Ein etwas kleineres Vorkommen weisen Glas- und Stahlelemente auf. Die wenigsten Mikroben lassen sich auf Plastikoberflächen nachweisen (Wert 12,5). Pathogene Mikroorganismen kommen mit Abstand am häufigsten auf Glas resp. den Scheiben vor (Wert 11). Dort beträgt die Menge an krankheitserregenden Bakterien nahezu das Doppelte gegenüber dem zweitplatzierten Stahl. Das geringste Vorkommen zeigt das Material Plastik (Wert 7,5). Schimmelpilz kommt am häufigsten in den Textilmaterialien, also den Sitzen, vor. Eine geringe Menge ist auch auf Plastik und Stahl zu finden, während Glas keine Kontamination zeigt. Mögliche Erklärungen Dass die meisten Mikroorganismen auf den Textilien – also auf den Sesselpolstern der Trams – zu finden sind, liegt neben den oben erwähnten Gründen (Kapitel 3.2.3.) auch an der Materialstruktur. Textil ist sehr porös und kann Feuchtigkeit und Wärme gut speichern. Dies sind gute Bedingungen für Mikroben, um lange zu überleben und sich zu vermehren. Auf der glatten und flachen Oberfläche der Scheiben, welche die zweitgrössten Mikrobenmenge zeigen, können Fett und Schweiss besonders leicht übertragen werden und lange festsitzen, was die Vermehrung der Bakterien fördert. Zudem kann Kondenswasser ein feuchtes mikrobenfreundliches Milieu erzeugen. Die grosse Anzahl an Mikroorganismen auf Textilien und Scheiben könnten also auch auf die guten Wachstumsbedingungen zurückgeführt werden, welche diese Materialen bieten. Diese Hypothese schliesst ebenfalls ein, dass die grossen Mengen nicht zwangsweise über eine starke Kontamination erzeugt werden müssen. Das starke Vorkommen könnte auch das Resultat von anfänglich kleinen Bakterienkolonien sein, die sich über die Zeit rasch vermehren. Ein Indikator für diese Annahme wäre eine geringe Variabilität der Bakterien. Tatsächlich liegt eine solche Tendenz bei den Ergebnissen vor. Auf Textilien und Scheiben wurden nur wenige unterschiedliche Bakterienarten gefunden. Die Vermutung wird zusätzlich unterstützt durch die Tastsache, dass Haltestangen und Druckknöpfe, die häufig in Hautkontakt kommen, zwar eine kleinere Menge an Mikroorganismen aufweisen, dafür aber eine grössere Variabilität zeigen. Um zu gesicherten Aussagen zu gelangen, müssten hierzu aber weitere Untersuchungen durchgeführt werden. 56 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 3.2.5. Bakterienvergleich Morgen und Abend Diagramm 9 zeigt den Zuwachs der durchschnittlichen Mengen von apathogenen und pathogenen Bakterien sowie Schimmelpilz, der vom Morgen (um 9 Uhr) bis zum Abend (19 Uhr) in den sechs untersuchten ungereinigten Tramwagen stattfand. Die Menge der gesammelten Mikroorganismen liegt am Abend deutlich höher als am Morgen. Mit einem Wert von 30 kann sie als mittelgross eingestuft werden. Demgegenüber ist das Vorkommen von Mikroben am Morgen (Wert 22,1) nur klein. Pathogene Mikroorganismen – Schimmelpilz eingeschlossen – gab es am Abend nahezu doppelt so viele (Wert 16) wie am Morgen (Wert 8,4). Die Menge der pathogenen Bakterien betrug abends gar das 2,3fache der Menge am Morgen. Diagr. 9: Mengenzunahme Morgen bis Abend 35 0,7 30 25 1,7 Schimmelpilz 15,3 20 15 6,7 10 5 14 13,7 0 Morgen pathogene Bakterien apathogene Bakterien Abend Demgegenüber blieb die Menge an apathogenen Bakterien mit einem Wert von rund 14 den Tag über ausgeglichen. Mögliche Erklärungen Die Ergebnisse scheinen plausibel. Die Menge an Mikroorganismen steigt kontinuierlich resp. summiert sich mit den zusätzlichen Fahrgästen, die während der Stosszeit am Abend die Trams benutzen und dabei Mikroben „ablegen“ – darunter Krankheitserreger. Dass dieser aggregierende Trend vor allem bei den pathogenen Bakterien und nicht in gleicher Weise bei den apathogenen zu beobachten ist, kann mit der schon beschriebenen Verdrängung (siehe Kapitel 3.2.1. Vorkommen und Mengen von Mikroorganismen in den Trams) zusammenhängen. Da die Krankheitserreger über stärkere Überlebens- und Wachstumsfähigkeiten verfügen als apathogene Bakterien, haben sie Wettbewerbsvorteile und können sich auch auf Kosten der apathogenen Keimen ausbreiten. 3.2.6. Bakterienvergleich Wochentage sowie Arbeits- und Ferienzeit Diagr. 10: Mengen an verschiedenen Wochentagen apathogene Bakterien 35 pathogene Bakterien Schimmelpilz 4 30 25 12 17,5 2 20 11 8 12 13 Donnerstag Freitag 15 10 1 5 11 17 14,5 0 Montag Dienstag Mittwoch Wochentag 57 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Diagramm 10 zeigt die durchschnittlichen Mengen von apathogenen und pathogenen Bakterien sowie Schimmelpilz, die an verschiedenen Wochentagen (Mittwoch bis Freitag und Montag bis Mittwoch) in den sechs untersuchten ungereinigten Tramwagen gefunden wurden. Am meisten Mikroorganismen wurden am Dienstag und Mittwoch gesammelt, an denen sie je eine mittelgrosse Menge ausmachten (Werte über 30). Die Mengen für Donnerstag und Freitag liegen tiefer, wobei am Montag (Wert 12) klar am wenigsten Mikroorganismen zu finden sind. Analog zu den oberen Messresultaten wurden die meisten pathogenen Bakterien ebenfalls am Mittwoch nachgewiesen; hier übertrifft ihre Menge (Wert 17,5) auch klar diejenige der apathogenen Bakterien (Wert 14,5). Mit einem Wert von 12 bzw. 11 halten sich die bakteriellen Krankheitserreger am Dienstag und Donnerstag etwa die Waage. Am Montag konnten überhaupt keine pathogenen Bakterien nachgewiesen werden. Mögliche Erklärungen Eine Erklärung für die teilweise Diagr. 11: Mengenabnahme von Schul- zu markant unterschiedlichen Werte Ferienzeit an den einzelnen Tagen ist 0,7 schwierig, zumal zwischendurch 30 auch keine Grossreinigung der 25 Trams stattfand. Hier könnte die 1,7 geringe Stichprobengrösse und 15,3 Schimmelpilz 20 kurze Untersuchungsdauer eine 6,7 besonders starke Rolle spielen, 15 pathogene die Zufallsfaktoren viel Raum lasBakterien sen. Andrerseits könnten die 10 apathogene Werte auch mit dem Umstand zuBakterien 13,7 13,7 5 sammenhängen, dass während der Zeitperiode der Messung die 0 Schulferien begannen (Diagr. 11). vor den Ferien während den Ferien Dies könnte die sehr geringe Mikrobenmenge am Montag, dem Ferienbeginn, teilweise erklären und auch das abnehmende Vorkommen zum Wochenende hin begründen – davon ausgehend, dass viele Menschen schon vor dem offiziellen Urlaubsanfang in die Ferien gingen. Eine Korrelation könnte auch mit der Teilzeitarbeit bestehen, bei welcher der Montag und Freitag als bevorzugte freie Tage gelten. Für die gemessenen Mengen an Mikroorganismen während und vor den Schulferien lässt sich allgemein feststellen, dass sie plausibel scheinen und anderen Ergebnissen der Studie entsprechen. Die geringere Mikrobenmenge während den Ferien (Wert 22,1) gegenüber der Schul-/ Arbeitszeit (Wert 29,7) spiegelt den Grundsatz wider, dass Vorkommen und Häufigkeit von Mikroorganismen in Trams von der Anzahl der Fahrgäste abhängen, die zur Verbreitung der Mikroben beitragen. Da in der Ferienzeit weniger Menschen in der Stadt sind und Tram fahren, werden die Trams auch weniger kontaminiert. 58 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 3.2.7. Wirksamkeit der Grossreinigung Diagr. 12: Mengen vor und nach Grossreinigung 20 1 15 apathogene Bakterien 12 10 pathogene Bakterien Schimmelpilz 5 5 0 vor Reinigung Diagramm 12 zeigt die durchschnittlichen Mengen von apathogenen und pathogenen Bakterien sowie Schimmelpilz, die in einem Tram vor und nach einer Grossreinigung (siehe Kasten Tramreinigung unten) gefunden wurden. Nicht untersucht wurden die Sessel, die auch bei einer umfassenden Reinigung der Trams nicht gewaschen werden. Eine Grossreinigung soll nach Plan ein Mal wöchentlich stattfinden, wobei die effektiven Intervalle zwischen den Reinigungen auch mehr als eine Woche dauern können. 0 nach Reinigung Die Untersuchung hat klare Resultate erzielt. Während mit den Abstrichen vor der Grossreinigung eine kleine Menge an Mikroorganismen gefunden wurden (Wert 18) – einschliesslich pathogene Bakterien (Wert 12) und Schimmelpilz –, konnten nach der Reinigung keine Mikroorganismen (Wert 0) mehr nachgewiesen werden. Diagr. 13: Mengentrends nach letzter Grossreinigung Menge an Mikroorganismen apathogene Bakterien pathogene Bakterien Schimmelpilz 0 45 40 35 4 30 25 4; 0 2 8 11 13 12 27 12 20 15 10 5 0 nach 10 Tagen 17 nach 15 Tagen nach 17 Tagen 16 nach 20 Tagen Zeitspanne seit der letzten Reinigung Diagramme 13 zeigt die durchschnittlichen Mengen von apathogenen und pathogenen Bakterien sowie Schimmelpilz, die in den sechs untersuchten ungereinigten Trams (10, 15, 17 und 20 Tage) nach einer Grossreinigung gefunden wurden. Das Diagramm stellt somit die Entwicklungstrends der Mikroorganismen nach einer Reinigung dar. Allgemein ist eine klare kontinuierliche Mengenzunahme der Mikroorganismen nach der Grossreinigung festzustellen. Deren Vorkommen hat sich in einem Zeitraum von zehn Tagen 59 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams mehr als verdoppelt. 10 Tage nach der Reinigung war nur eine kleine Menge (Wert 21) vorhanden; 20 Tage danach konnte eine grosse Mikrobenmenge (Wert 43) nachgewiesen werden. Im untersuchten zehntägigen Zeitraum hat insbesondere die Menge der pathogenen Bakterien stark und anhaltend zugenommen. Diese ist 20 Tage nach der Grossreinigung über drei Mal grösser als 10 Tage danach. Mit einem Wert von 27 kann sie als mittelgross eingestuft werden. Beim Schimmelpilz, der nur in einer sehr kleinen Menge vorkommt, ist bis zum siebzehnten Tag nach der Reinigung eine Steigerung zu beobachten; danach verschwindet er ganz. Die apathogenen Bakterien zeigen generell eine Mengenzunahme zwischen dem zehnten und siebzehnten Tag nach der Reinigung. In den anschliessenden drei Tagen ist eine leichte Abnahme festzustellen. Tramreinigung Die Trams werden ein bis zwei Mal täglich – jeweils nach ihrem Einsatz – im Depot in einer Aussenwaschanlage gereinigt. Zusätzlich werden die Böden mit einem Besen geputzt und eine Putzkraft entsorgt Abfälle, vor allem Zeitungen, im Traminnern. Aufräumarbeiten findet auch drei Mal täglich an den Endhaltestellen der Trams statt. Diese Art der Reinigung, die also regelmässig und häufig durchgeführt wird, dient primär der Abfallentsorgung. 1 Neben dieser täglichen Routinereinigung werden bei Bedarf auch die Scheiben oder/und der Boden zusätzlich geputzt. Letzteres ist besonders in den Wintermonaten der Fall, da dann von den Schuhen (dreckiger) Schnee und Salz ins Tram getragen werden. Auch bei besonderen Anlässen müssen die Trams häufiger geputzt werden, da etwa Konfetti oder andere Abfälle ins Tram gelangen. Die Sesselpolster der Trams werden nach einer gewissen Kilometeranzahl (etwa nach einem Jahr), die vom Tram zurückgelegt wurde, mit Wasser gewaschen und anschliessend luftgetrocknet. Grossreinigungen des Traminnern, die ebenfalls eine Desinfektion miteinschliessen, finden ebenfalls in den Depots statt und sind für jedes Tram ein Mal pro Woche geplant. Weil diese meistens in der Nacht stattfinden und das Tram dabei in einem geeigneten Depot stehen muss, wo auch genügend Putzkräfte vorhanden sind, kann es aber bis zu zwölf Tage oder länger dauern, bis tatsächlich eine Grossreinigung durchgeführt werden kann. Bei einer solchen umfassenden Reinigung nehmen die Putzkräfte die Tramböden feucht auf und reinigen alle Haltestangen. Dazu wird ein Universalreiniger 2 benutzt. Zusätzlich werden die Fenster mit Reinigungsalkohol3 geputzt. Mögliche Erklärungen Der Unterschied der Messresultate unmittelbar vor und nach der Grossreinigung ist markant. Die Putzmassnahmen, die auch eine Desinfektion verschiedener Tramelemente beinhalten, haben an den gereinigten Stellen sowohl die Bakterien als auch den Schimmelpilz vollständig abgetötet (Abb. 32). Die Grossreinigung und die dabei eingesetzten Putzmittel können daher als prinzipiell äusserst wirksame Massnahme zur Säuberung und Hygiene der Trams angesehen werden. 1 2 3 Abb. 32: Fotografie einer beimpften Schafblutplatte mit Abstrich einer vorderen Tramhaltestange nach der Reinigung: Die inkubierte Platte zeigt absolut kein Wachstum bzw. Vorkommen von Mikroorganismen. (Y. Gesù) Siehe auch VBZ: Häufige Fragen, Komfort & Sauberkeit, https://www.stadt-zuerich.ch/vbz/de/index/dialog faq_s/Komfort.html#wie_oft_werden_diefahrzeugedervbzgereinigt, besucht am 24.10.2014 Wetrok®, CH-8302 Kloten, Polex daily, Universalreiniger, zur Entfernung von Polymer und Wachsbeschichtungen, leicht alkalisch Wetrok®, CH-8302 Kloten, Alcosal, Reiniger auf der Basis von Reinigungsalkohol und Tensiden, pH neutral 60 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Die Aussage wird durch die Messungen der Entwicklungstrends nach der Reinigung bestätigt. Tendenziell steigt die Anzahl an Mikroorganismen kontinuierlich, je länger die letzte Grossreinigung zurückliegt. Der stetige Anstieg der Bakterienmenge während der zehntägigen Untersuchungsperiode lässt auch nicht den Schluss zu, dass das natürliche Absterben der Mikroorganismen zu einer zeitweiligen signifikanten Reduktion oder zu einer – zumindest kurzfristigen – natürlichen Nivellierung des Vorkommens führt. Während des Zeitabschnitts der Untersuchung ist eine durchgehende und klar positive Wachstumsrate auszumachen, wobei hier der Schimmelpilz eine Ausnahme bildet. Auffallend ist insbesondere die relativ schnelle Mengenzunahme der pathogenen Bakterien, die insbesondere ab dem siebzehnten Tag nach der Reinigung ein starkes – fast explosives – Wachstum zeigen. Dass die Menge der apathogenen Bakterien parallel dazu leicht abnimmt und der Schimmelpilz gar ganz verschwindet, kann mit dem schon beobachteten Verdrängungsmechanismus der krankheitserregenden Bakterien zusammenhängen (siehe Kapitel 3.2.1. Vorkommen und Mengen von Mikroorganismen in den Trams). 61 4. Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Schlussfolgerungen und Empfehlungen 4.1. Allgemeine Schlussfolgerungen Aus der Untersuchung lässt sich die allgemeine Schlussfolgerung ziehen, dass das Risiko, sich in den Zürcher Trams mit einer bakteriellen Infektionskrankheit anzustecken, prinzipiell gering ist. Pathogene Bakterien kommen durchschnittlich nur in geringen Mengen vor. Auf Grund der Studienresultate sind gesunde Menschen mit einem normal funktionierenden und ausgebildeten Immunsystem in Trams keiner ausserordentlich hohen bakteriellen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt. Besondere Vorsichtsmassnahmen, die über normale Hygienepraktiken hinausgehen, sind für sie nicht erforderlich. Angesichts der hohen Zahl von Trampassagieren und dem einheitlichen Management der Transportmittel kann die Aussage auch auf die anderen öffentlichen Personennahverkehrsmittel der städtischen Verkehrsbetriebe (VBZ) übertragen werden. Aus der Studie lässt sich das generelle Fazit ziehen, dass Bakterien – sowohl apathogene wie pathogene – im Schnitt aller untersuchten Trams nur in sehr kleinen Mengen vorkommen. Damit ist auch die Gefahr für gesunde Menschen, sich mit einer bakteriellen Infektion anzustecken, im Prinzip tief. Das geringe Vorkommen von Bakterien kann zum einen darauf zurückgeführt werden, dass Trams keine sehr guten Wachstumsbedingungen für Bakterien bieten. Zum andern sind die VBZ-Massnahmen zur Eindämmung der Mikroorganismen – im speziellen die Grossreinigungen der Trams – wirkungsvoll (siehe Kapitel 4.1.4.). Die generell kleinen Mengen an Mikroorganismen und vor allem Krankheitserregern, die in den Trams nachgewiesen wurden, stehen im Gegensatz zur weit verbreiteten öffentlichen Meinung, dass stark besuchte öffentliche Nahverkehrsmittel „Bakterienschleudern“ seien und eine hohe Ansteckungsgefahr für bakterielle Infektionskrankheiten besitzen. Die Resultate der Studie, die auf eine eher geringe „Zuneigung“ von Bakterien zu den Zürcher Trams schliessen lässt, werden indirekt durch andere Untersuchungen unterstützt. So hat etwa die breit angelegte LondonerStudie (siehe Kapitel 2.3.2.), welche die Ursachen für virale, aber auch bakterielle Atemwegserkrankungen erforschte, kein höheres Ansteckungsrisiko für Nutzer von öffentlichen Verkehrsmitteln festgestellt. Auch wenn sich die englische Untersuchung ausschliesslich auf Atemwegsinfektionen konzentrierte, kann ihr Ergebnis zumindest als unterstützender Indikator für die Richtigkeit der vorliegenden Studienresultate angesehen werden, zumal viele bakterielle Infektionskrankheiten die Atemwege betreffen. Untersuchungen zu Bakterienvorkommen in Trams oder anderen öffentlichen Verkehrsmitteln existieren bis heute nicht. Damit ist eine vergleichende Risikoeinschätzung zwischen Trams und anderen möglichen bakteriellen Infektionsquellen (öffentlich zugängliche Orte, Alltagsgegenstände etc.), für die Daten vorhanden sind, schwierig. Die in dieser Untersuchung errechnete durchschnittliche Bakterienzahl, die auf einem Quadratzentimeter an den Tramabstrichorten gefunden wurde, beläuft sich auf rund 12 Bakterien.1 Auch wenn der ermittelte Wert einen hohen Unsicherheitsgrad besitzt, kann er doch als Hinweis für die allgemeine Grössenordnung der Bakterienzahl in den untersuchten Trams gelten. Eine Gegenüberstellung mit deutschen Statistiken 1 Die Zahl wurde im Rahmen des ersten Ausstrichverfahrens (siehe Kapitel 3.1.4.) berechnet, das auf Grund unsicherer Sensitivität nicht weitergeführt wurde. Sie stellt die Durchschnittszahl der Bakterien pro cm 2 dar, die in den sechs untersuchten Trams an den verschiedenen Abstrichorten gefunden wurde: (100 x Anzahl Bakterien pro Tram) : (gesamte Abstrichfläche pro Tram) = durchschnittliche Anzahl Bakterien pro cm 2. Siehe dazu auch das Laborjournal im Anhang 3. 62 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams zur Bakterienmenge auf Alltagsgegenständen1 zeigt, dass die Bakterienzahl in den Trams vergleichsweise tief ist.2 Wer etwa täglich seinen Küchentisch oder das Essgeschirr mit dem Spüllappen reinigt und seine Einkäufe mit einem Geldschein bezahlt, kommt dabei mit grosser Wahrscheinlichkeit mit massiv mehr Bakterien in Kontakt, als wenn er Tram fährt. Somit stellt die Nutzung des Trams für gesunde Menschen prinzipiell kein aussergewöhnlich hoher Risikofaktor für eine bakterielle Infektion dar, insbesondere wenn alltägliche Hygienemassnahmen berücksichtigt werden (siehe Kapitel 4.1.5. Tipps zur allgemeinen Hygiene). 4.2. Wichtige Einzelfälle für Risikogruppen Trams weisen starke Unterschiede an Bakterienvorkommen auf. Wie die Studie zeigt, können in Einzelfällen relativ grosse Mengen an Bakterien und Krankheitserregern in Tramwagons vorhanden sein. Zudem können unter den Erregern auch stark virulente Pathogene auftreten. Für bestimmte Personenkreise (wie immungeschwächte Menschen, Schwangere und Säuglinge) können diese Faktoren eine erhöhte Erkrankungsgefahr darstellen. Für diese Risikogruppen – aber auch in Fällen von Endemien, Epidemien und Pandemien – sind spezielle Vorsichtsmassnahmen empfohlen. Wie die Studie zeigt, bestehen zwischen Trams relativ grosse Unterschiede in der Bakterienmenge. So waren im Tram mit der höchsten Kontamination dreieinhalb Mal mehr Bakterien vorhanden als im Tram, welches das tiefste Bakterienvorkommen aufwies. Analog zur Gesamtmenge verteilten sich auch die bakteriellen Krankheitserreger (Pathogene) unterschiedlich über die untersuchten Trams. Während in einem Tram gar keine pathogenen Bakterien gefunden wurden, wurde in einem andern Tram eine mittelgrosse Menge Krankheitserreger nachgewiesen. Die Variationen, die extremere Einzelfälle miteinschliessen können, hängen stark von Zufallsfaktoren, aber auch vom Hygieneverhalten der Fahrgäste ab, die weitgehend für die Übertragung der Mikroben verantwortlich sind. Ein einzelner Passagier, der viele Erreger auf sich trägt, kann einzelne Stellen im Tram stark kontaminieren. Der Einfluss der Hygiene bzw. mangelnder Hygiene zeigte sich auch bei der Zusammensetzung der gefunden Bakterien, bei der ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen apathogenen Bakterien und Krankheitserregern vorherrschte. Unter den Pathogenen machten die Darmbakterien den weitaus grössten Anteil (85%) aus. Sie waren auch in allen Trams, die mit Krankheitserregern kontaminiert waren, vorzufinden, was auf ein weit verbreitetes unachtsames Hygieneverhalten beim Toilettengang hinweist. Von besonderer Bedeutung ist dieser Umstand, weil Darmbakterien – aber auch die in kleineren Mengen gefundene Staphylococcus aureus-Bakterien – insbesondere für Risikogruppen stark virulent sein können. Kommt es zu einer symptomatischen Infektion, können sie gefährliche Krankheiten und Organschäden verursachen. Die Krankheitserreger, die in einigen Fällen auch Resistenzen gegen Antibiotika entwickelt haben, sind meist auch robuster als die apathogene Bakterien: sie wachsen schneller und überleben länger als die Apathogenen. 1 2 Statista – Online Statistik-Portal: Anzahl Bakterien auf alltäglichen Gegenständen in Deutschland (pro Quadratzentimeter, http://de.statista.com/statistik/daten/studie/201017/umfrage/anzahl-von-bakterien-auf-alltaeglichengegenstaenden/, besucht 5.12.2014 Mit 12 Bakterien pro Quadratzentimeter entspricht sie der effektiven Menge, die auf Computermäusen und -tastaturen sowie auf Toilettenspülen gefunden wurde (8-13 Bakterien/cm2), die in der Statistik zu den Gegenständen mit tiefsten Keimgehalt zählen. Festnetztelefone, Abfalleimer oder etwa Futternäpfe von Haustieren weisen eine klar höhere Bakterienzahl auf (49-327 Bakterien/cm2). In ganz anderen Grössenordnungen bewegt sich die Bakterienzahl in Küchenspülbecken, auf Handies und Spüllappen (2‘784, 3‘895 und 20‘868 Bakterien/cm 2), die um Dimensionen höher sind als die ermittelte effektive Bakterienmenge in den Trams. 63 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Die potenziell starke Virulenz der gefundenen Krankheitserreger und die breite Variation des Mikrobenvorkommens – die auch die Möglichkeit miteinschliesst, dass einmal ein Tram mit überdurchschnittlich vielen Krankheitserregern benutzt wird –, stellen für bestimmte Personenkreise ein erhöhtes Risiko dar. Dazu gehören immungeschwächte Menschen, Personen mit chronischer Erkrankung, Schwangere und Säuglinge. Bei ihnen reicht eine geringere Zahl an Pathogenen, um eine Infektionskrankheit auszulösen. Zudem können bei ihnen mehr (fakultativ pathogene) Bakterienarten symptomatische Infektionen verursachen. Spezielle Vorsichtsmassnahmen sind auch für Personen geboten, die beruflich mit vielen Menschen in engem Kontakt stehen (z.B. medizinisches Personal) und dadurch Erreger, die sie in Trams aufgenommen haben, leicht verbreiten können. Schliesslich ist Personen mit offenen Schnittwunden, die den Bakterien als Eintrittspforten dienen können, zu empfehlen, diese abzudecken. Ein speziell hohes Ansteckungs- und Verbreitungsrisiko besteht dann, wenn Infektionskrankheiten gehäuft auftreten (bei einer Endemie, Epidemie oder Pandemie). In diesem Fall sollten nicht nur die Risikogruppen, sondern auch Menschen, die normalerweise nicht oder wenig gefährdet sind, ansteckende Situationen möglichst vermeiden. Zu denen gehören vor allem Menschenansammlungen, wie sie etwa auch beim Fahren in öffentlichen Verkehrsmitteln zu den Hauptverkehrszeiten auftreten. Zu beachten ist hier auch, dass virale Infektionen – wie etwa Grippe oder Erkältungen –, das Immunsystem schwächen und zusätzliche Infektionen mit Bakterien erleichtern können (Superinfektion). 4.3. Verteilung der Krankheitserreger Wie die Studie ergeben hat, verteilen sich die Bakterien – einschliesslich die Krankheitserreger – unterschiedlich im Tramwagen. Relativ hohe Mengen an pathogenen Bakterien sind auf den Scheiben, den darunterliegenden Haltegriffen und vorderen Haltestangen zu finden. Ebenso sind abends mehr Krankheitserreger vorhanden als jeweils am Morgen. Den Risikogruppen ist zu empfehlen, wenn möglich, im mittleren oder hinteren Teil des Trams zu stehen und die tiefgelegenen Druckknöpfe zu benutzen, die alle weniger kontaminiert sind. Die Resultate der Studie zeigen, dass eine heterogene räumliche Verteilung der Mikroorganismen innerhalb der Tramwagen besteht. Generell lässt sich festhalten, dass im vorderen Teil des Wagens – nahe an der Führerkabine – tendenziell am meisten Mikroben, (apathogene und pathogene), nachzuweisen sind. Weniger befinden sich im hinteren Wagenabschnitt, und am wenigsten Mikroorganismen sind in der Wagenmitte zu finden (Abb. 33). Diese allgemeine Verteilung entspricht derjenigen der Passagiere, die den vorderen Wagensektor gegenüber dem hinteren bevorzugen und sich am wenigsten im mittleren Wagenteil, der weiter von der Tür entfernt ist, aufhalten. Etwas differenzierter sieht das Bild aus, wenn spezifisch betrachtet wird, wie sich die pathogenen Bakterien auf den Tramelementen verteilen (Abb. 33). Hier weisen die Scheiben am meisten Krankheitserreger auf, gefolgt von den Haltegriffen unter den Scheiben (in den Vierersitz-Abteilen) und den Haltestangen im vorderen Wagenteil. Eine relativ hohe Menge an Krankheitserregern befinden sich auch auf den Sitzen und hochgelegenen Druckknöpfen, während auf den tiefgelegenen Druckknöpfen gar keine Pathogene nachgewiesen wurden. Während die starke Kontaminierung der Haltestangen und hochgelegenen Druckknöpfe leicht nachzuvollziehen ist, da sie häufig von Händen berührt werden, entspricht das starke Vorkommen von (pathogenen) Mikroben auf Scheiben und Sitzen weniger den Erwartungen. Die Resultate zeigen, dass die Mikrobenmengen nicht nur von der Übertragung durch Passagiere, sondern auch von anderen Fakto- 64 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Scheiben mit Haltegriffen Scheiben Tiefgelegener Druckknopf Sessel Haltestange hinten Scheibe mit Haltegriff Haltestange Mitte Scheiben mit Haltegriffen Haltestange vorne mit hochgelegenem Druckknopf Abb. 33: Vorkommen und Verteilung von pathogenen Bakterien, wie sie in der Untersuchung auf verschiedenen Tramelementen nachgewiesen wurden: Der vordere Wagenteil ist generell stärker mit Krankheitserregern belastet (dunkelrot) als der hintere und mittlere Sektor (hellrot). Von allen Tramelementen weisen die Scheiben und die darunter liegenden Haltegriffe sowie die vordere Haltestange die meisten pathogenen Bakterien auf (dunkelrot). Relativ stark kontaminiert sind auch die Sitze. Keine Krankheitserreger zeigte in der Studie der tiefgelegene Druckknopf.1 ren – wie etwa dem Verhalten der Bakterien oder den Materialien von Tramelementen (siehe unten, Kapitel 4.4. Materialien und Reinigung) – abhängig sind. Die in der Untersuchung gefundenen Krankheitserreger sind meist überlebensfähiger und haben eine kürzere Generationszeit als die apathogene Bakterien – sie vermehren sich also rascher als die apathogenen Mikroben. Dieser Wettbewerbsvorteil äussert sich auch darin, dass die Erreger die apathogene Bakterien verdrängen. Dieses Verhalten zeigt sich ebenfalls bei der zeitlichen Verteilung der Mikroorganismen. Generell sind abends deutlich mehr Mikroben in den Trams zu finden als am Morgen. Ein markanter Zuwachs ist in der Studie aber im Speziellen bei den pathogenen Bakterien festzustellen, die sich innerhalb eines Tages mehr als verdoppelt haben. Die Resultate über verschiedenen Wochentage zeigen einen ähnlichen Trend. Eine relativ starkes Vorkommen von Mikroorganimen ist Mitte Woche (Dienstag bis Donnerstag) nachzuweisen, an denen auch der Anteil der Pathogenen tendenziell zunimmt.1 Die Studienresultate lassen eine Reihe von Empfehlungen für Personen der Risikogruppen zu. Um die Ansteckungsgefahr tief zu halten, sollten sie sich, wenn möglich, in der Mitte oder im hinteren Teil des Tramwagens aufhalten, wo am wenigsten Krankheitserreger zu finden sind. Die Haltestangen sind dort auch weniger mit pathogenen Bakterien belastet. Zudem empfiehlt es sich, einen gewissen Abstand von den Scheiben einzuhalten. Wenn möglich, sollten auch die Sitze und die sich dort befindenden Haltegriffe unter den Scheiben nicht benutzt werden. Zum Aussteigen ist es ratsam die tiefgelegenen Druckknöpfe zu brauchen. Zeitlich gesehen ist es vor1 Abbildung 33, technisches Design des Niederflur-Trams Cobra (http://www.bombardier.com/en/transportation/projects/project.cobra-zurich-switzerland.html?f-region=all&f-country=fr&f-segment=all&f-name=all); von der Autorin ergänzt mit Kontaminationsstellen. 65 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams teilhaft, am Morgen, sowie am Anfang und Ende der Woche Tram zu fahren, soweit hier überhaupt eine Wahlmöglichkeit besteht. 4.4. Materialien und Reinigung Eine wichtige Rolle für das Bakterienvorkommen in Trams spielen die Materialien der Tramelemente sowie Reinigungsmassnahmen. Scheiben und Sitze aus Textilien weisen besonders hohe Mengen an Mikroorganismen – darunter Krankheitserreger – auf. Ein wirksames Mittel zur Eindämmung der Mikroben sind die Grossreinigungen der Trams, die an den geputzten Stellen alle Keime vollständig abtöten. Es ist deshalb darauf zu achten, dass diese umfassenden Reinigungen, wenn immer möglich, regelmässig nach Plan stattfinden und die Sessel und Scheiben vermehrt und wirksamer geputzt werden. Ein wichtiger Faktor, der die Menge an Mikroorganismen beeinflusst, ist das Material der Tramelemente. Am meisten Mikroorganismen sind auf den Sitzen und auf den Scheiben zu finden, wo auch – eher unerwartet – die höchsten Mengen an Pathogenen nachgewiesen wurden. Fett und Schweiss scheinen besonders gut an den Glasscheiben haften zu bleiben. Sie werden dort als „nachhaltige“ Nährstoffquelle von den Mikroben genutzt, die sich dadurch rasch vermehren können. Die Sitze bestehen aus Textilien. Als poröses Material, das Feuchtigkeit und Wärme gut speichern kann, bietet dieses gute Lebensbedingungen für die Mikroorganismen. Zudem werden die Sesselpolster nur etwa ein Mal pro Jahr mit Wasser gereinigt, was vergleichsweise wenig ist und den meist robusten Pathogenen auch nicht viel anhaben kann. Die Putzen der Sessel ist auch nicht Teil der regelmässigen Grossreinigung der Trams, die eine Desinfektion der wichtigen Tramelemente umfasst und als äusserst effektive Massnahme zur Eindämmung bzw. Abtötung der Mikroben betrachtet werden kann. So hat die Untersuchung gezeigt, dass nach der umfassenden Reinigung der Trams absolut keine Mikroorganismen mehr auf den geputzten Stellen vorzufinden sind. Die Studie hat aber ebenfalls ergeben, dass es nicht zu einer natürlichen Nivellierung der Mikrobenmenge – insbesondere der Pathogenen – kommt, sondern deren Vorkommen kontinuierlich – bis zu einer grossen Menge – ansteigt, je weiter die Grossreinigung zurückliegt. Aus den Untersuchungsresultaten lassen sich einige Empfehlungen an die Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) ableiten. Angesichts der Wirksamkeit der Grossreinigung kann besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden, dass sie tatsächlich wie geplant jede Woche stattfinden. Verzögerungen der Reinigungsintervalle, die sich bis zwölf Tage oder länger hinziehen können, sollten wenn immer möglich vermieden werden. Zu überlegen ist auch, inwieweit die Sitze effektiver und vermehrt gereinigt werden können. Der Einsatz von Desinfektionsmitteln sollte hier in Betracht gezogen werden. Das Mikrobenvorkommen auf den Scheiben, das trotz wöchentlicher Reinigung und Desinfektion der Fenster sehr hoch ist, lässt zusätzliche Massnahmen ratsam erscheinen. Hier könnte überprüft werden, ob ein wirksameres Putzmittel oder zusätzliche Reinigungen bessere Erfolge zeigen. Der Einsatz von antibakteriellen Scheiben oder Textilien, die mit Silber versetzt sind, könnte – etwa bei Neuanschaffungen von Trams – bei einer positiven Kosten-NutzenAnalyse erwogen werden. 66 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 4.5. Tipps zur allgemeinen Hygiene Das Risiko, sich in öffentlichen Verkehrsmitteln mit einer Infektionskrankheit anzustecken, ist wie erwähnt stark vom Hygieneverhalten der Fahrgäste abhängig. Zum Abschluss der Arbeit sollen deshalb einige praktische Hinweise zu Hygienemassnahmen, die im Alltag angewendet werden können, kurz aufgelistet werden.1 Händewaschen: Regelmässiges Händewaschen – besonders nach dem Naseschnäuzen und Niesen sowie nach dem Toilettengang und vor dem Zubereiten von Speisen – gehört zu den wichtigsten Hygienemassnahmen. Dabei ist darauf zu achten, dass die Hände mindestens dreissig Sekunden (das reicht, um z.B. zwei Mal „Happy Birthday“ zu singen) unter fliessendem lauwarmen Wasser mit Seife – auch zwischen den Fingern – gründlich gereinigt werden. Anschliessend sollten die Hände sorgfältig abgetrocknet werden – auch wieder zwischen den Fingern –, denn auf feuchten Stellen siedeln sich die Bakterien wieder schnell an. Hygienisch niesen und husten: Wer kein Taschentuch zur Hand hat, sollte nicht in die Hände niesen oder husten. Das Motto „Hand vor den Mund“ ist zwar gut gemeint, aber ungesund. Zumindest für die Mitmenschen, denn dabei bleibt eine große Anzahl von Bakterien und Viren an den Händen kleben und werden von dort weiter verbreitet. Hygienischer ist es, in die Ärmelbeuge zu niesen oder husten. Damit bleiben die Hände sauber, und Erreger werden per Händeschütteln oder beim Berühren von Gegenständen nicht weitergereicht. Ebenso ist zu empfehlen, beim Niesen und Husten Abstand zu anderen Personen zu halten und sich dabei vom Gegenüber abzuwenden. Hände weg vom Gesicht: Die meisten Infektionen entstehen, wenn mit keimhaltigen Händen das Gesicht berührt wird. Augen, Nase und Mund sind die gängigsten Eintrittspforten für Krankheitserreger. Neben dem Händewaschen und hygienischem Niesen sollte – vor allem zur Grippezeit – auch darauf geachtet werden, die Hände möglichst vom Gesicht fernzuhalten. Abstand halten: Während einer Erkältungs- oder Grippezeit sowie bei Epidemien und Pandemien sollte allgemein Abstand zu anderen Personen gehalten werden. Auf engen Kontakt mit Mitmenschen – z.B. auf Händeschütteln oder Küssen – sollte verzichtet werden. Es ist auch ratsam, öffentliche Einrichtungen ausserhalb der Stosszeiten aufzusuchen. Auch sollten dann Veranstaltungen und Orte an denen viele Menschen zusammenkommen (z.B. öffentliche Verkehrsmittel, Kinos, Theater, Kirchen, Konferenzen, etc.), wenn möglich vermieden werden. Krankheiten zu Hause auskurieren: Wer krank ist, sollte nicht zur Arbeit oder Schule gehen, sondern die Krankheit daheim auskurieren. Das gewährleistet, dass sich der Körper schneller erholt, und hält das Risiko tief, Kollegen anzustecken. Arbeitgeber sollen bedenken, dass der zeitweilige Ausfall einer Einzelperson dem Unternehmen weniger schadet, als wenn ganze Abteilungen erkranken. Um die Ansteckungsgefahr für Familienmitglieder zu minimieren, sollte auch hier darauf geachtet werden, den Körperkontakt zu beschränken. Sauberkeit und Lüften: Um das Vorkommen von Mikroorganismen klein zu halten, sollte man generell darauf schauen, die Wohnung – insbesondere die Küche und das Bad – sowie den Arbeitsplatz sauber zu halten. Die meisten Mikroben sind in Putzlappen, Spülbe1 Benninghof, Linda: Erkältung ist ansteckend – So schützen Sie sich in öffentlichen Verkehrsmitteln, http://www. helpster.de/erkaeltung-ist-ansteckend-so-schuetzen-sie-sich-in-oeffentlichen-verkehrsmitteln_120410#anleitung, besucht 10.12.2014; Handl, 2014, S. 173-176, 181-183; Schwarzkopf. Andreas: Hygiene, in: Jassoy, Christian & Schwarzkopf, Andreas, 2013, S. 178-180 67 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams cken, Küchenboden, Waschmaschinen, Duschen und WCSchüsseln zu finden, die regelmässig, ein Mal pro Woche mit Putzmitteln gereinigt werden sollten (Abb. 34). Dasselbe gilt für Computertastaturen, Handies und Telefone. In geschlossenen Räumen kann die Anzahl der Mikroorganismen stark ansteigen. Regelmässiges Lüften der Zimmer (drei bis vier Mal am Tag für jeweils zehn Minuten) kann dem entgegenwirken. Ausserdem verbessert das Lüften das Raumklima und verhindert ein Austrocknen der Mund- und Nasenschleimhäute, die für die Abwehr der Krankheitserreger wichtig sind. Abb. 34: Untersuchung des Hygiene Council zu Kontaminationen im Haushalt: Die höchste Bakterienzahl wurde auf (1) dem Küchenschwamm gefunden (100 Mio.). Dann folgen: (2) der Abfalleimer, (3) der Kühlschrank, (4) die Computertastatur, (5) der Küchenwasserhahn, (6) der Waschbeckenabfluss, (7) der Schmutzwäschekorb, (8) die Silikonfugen im Badezimmer, (9) die Hauskatze und erst dann (10) die Toilette. Möchte man von einer sauberen Wohnung sprechen, sollte beim Küchenschwamm und Putzlappen und nicht bei der Toilette begonnen werden.1 Mit Lebensmitteln richtig umgehen: Der Leitsatz „Wash it, cook it, peel it or forget it!“ ist vor allem in wärmeren Klimazonen gültig. Bei uns sollte beim Einkauf Augenmerk darauf gelegt werden, dass die Lebensmittel einwandfrei sind. Salate, Früchte und andere Produkte, die roh gegessen werden, sollen vorher gewaschen werden. Wichtig ist auch ein sauberer Kühlschrank. Fällt der einmal kurzfristig aus, sollten die Auswirkungen auf die darin befindlichen Lebensmittel überprüft werden. 1 Stärken des Immunsystems: Damit das Abwehrsystem gut funktionieren kann, braucht es Vitamine und Mineralstoffe. Deshalb sollte das ganze Jahr über frisches Obst und Gemüse auf dem Speiseplan stehen. Gewürze – Inhaltsstoffe lebender Pflanzen – können auch mikrobenhemmende Wirkung haben, vor allem Knoblauch und Zwiebeln (!). Zudem sollte darauf geachtet werden, nicht unter kontinuierlichem Stress zu stehen und den Körper nicht mit allzu viel Nikotin, Alkohol oder Schlafmangel zu belasten, was auf die Dauer die Abwehrkräfte schwächt. Handkehrum sollte unser Immunsystem auch nicht unterfordert werden. Spaziergänge an frischer Luft verstärken das Abwehrsystem und machen es wirksamer. Wer aus Berufsgründen die Hände nicht mehrmals am Tag desinfizieren muss, sollte darauf verzichten. Desinfektionsmittel töten zwar Krankheitserreger, aber auch schützende Hautbakterien ab. Eine geringe Menge an verschiedenen Keimen ist aber nützlich zum Aufbau und zur Schulung eines umfassenden Immunsystems. Wirklich revolutionär sind diese Alltagstipps nicht – die meisten wurden uns schon von unseren Müttern und Grossmüttern gelehrt. Es geht letztendlich darum, ein bisschen Disziplin walten zu lassen und die Regeln, wenn immer möglich, auch tatsächlich einzuhalten. Viele Erkrankungsrisiken können mit diesen einfachen Hygienemassnahmen gebannt werden. So sind von den 35 Lebensjahren, die im letzten Jahrhundert hinzugewonnen wurden, nur fünf auf die Erfolge der fortgeschrittenen Medizin zurückzuführen. 30 Jahre sind den Erfolgen von Hygienemassnahmen und 1 Abbildung 34, in: Handl, 2014, S. 173 68 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams der öffentlichen Gesundheit zu verdanken.1 Oder wie der Mikrobiologe und Mediziner Idan BenBarak erklärt: Im Kampf gegen Infektionskrankheiten gibt es nur drei grosse Fortschritte – Antibiotika und Impfstoffe sind zwei davon, der grösste ist aber das Händewaschen.2 1 2 Handl, 2014, S. 16 2010, S. 133 69 5. Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Quellennachweis Vorwort Stock, Ingo: Bakterien, Viren, Wirkstoffe – Mikrobiologie für Pharmazeuten und Mediziner, Govi-Verlag, Eschborn, 2009 Bartenschleger, Ralf: Molecular Virology, Universität Heidelberg, http://www.klinikum.uni-heidelberg.de/ fileadmin/inst_hygiene/molekulare_virologie/mjr/Grundvorlesung-III_1_Einfuehrung_in_die_Virologie.pdf, 8.1.2012, besucht 17.10.2014 Handl, Gerald: Angewandte Hygiene, Infektionslehre und Mikrobiologie – Ein Lehrbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe, Facultas Verlag, Wien, 2014 (2., überarbeitete und aktualisierte Auflage) Epidemie ausser Kontrolle: 121 Ebola-Tote an einem Tag, in: Blick Online, 6.10.2014; http://www.blick.ch/news/ ausland/epidemie-ausser-kontrolle-121-ebola-tote-an-einem-tagid3176955.html, besucht 6.10.2014 Ebola-Epidemie: Forscher rechnen mit Infizierten in Frankreich und Grossbritannien, in: Spiegel Online, 05.10.2014; http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/ebola-forscher-rechnen-mit-faellen-in-frankreich-und-grossbritannien-a-995443.html, besucht 6.10.2014 Weltgesundheitsorganisation: Ebola Response Roadmap Update, 3 October 2014; http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/135765/1/roadmapupdate3oct14_eng.pdf?ua=1, besucht 06.10.2014 Kutter, Susanne: Ebola-Epidemie: Die neue Angst vor Seuchen, in: Wirtschaftswoche Online, 12.07.2014; http://www.wiwo.de/technologie/forschung/ebola-epidemie-die-neue-angst-vor-seuchen/10149346.html, besucht 6.10.2014 Gesundheits- und Sozialdepartement des Kanton Luzern: Ausbrüche gefährlicher Infektionskrankheiten; http://www.gesundheit.lu.ch/index/infektionskrankheiten/inf_handling_kontrolle_monitoring/inf_ausbrueche_infektionskrankheiten.htm, besucht 6.10.2014 Bundesamt für Gesundheit: Noroviren – Biologische Merkmale, Epidemiologie, Klinik, Prävention. 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Erkenntnisse aus der Mikrobiologie und Infektiologie Mikroorganismen Fuchs, Georg (Hrsg.): Allgemeine Mikrobiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2014 (9., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage) Fuchs, Georg: Die Mikroorganismen – Eine kurze Einführung, in: Fuchs (Hrsg.), 2014, op. cit., S. 34-66 70 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Munch, Katarina (Hrsg.): Taschenlehrbuch Biologie – Mikrobiologie, Georg Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2008 Nethe-Jaenchen, Regina: Die Welt der Mikroorganismen, in: Munch (Hrsg.), op. cit., 2008, S. 1-13 Schneider, Erwin: Die Prokaryonta und die prokaryontische Zelle, in: Fuchs (Hrsg.), op. cit., 2014, S. 67-98 Steinbüchel, Alexander & Oppermann-Sanio, Fred Bernd: Mikrobiologisches Praktikum – Versuche und Theorie, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg, 2013 (2., vollständig überarbeitete Auflage) Mikroorganismus, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Mikroorganismus, Version 7.10.2014 Jahn, Martina & Jahn, Dieter: Anpassungsfähigkeit von Mikroorganismen, in: Munch (Hrsg.), op. cit., 2008, S. 444-497 Nethe-Jaenchen, Regina: Mikrobielles Wachstum, in: Munch (Hrsg.), op. cit., 2008, S. 257-303 Eikmanns, Marcella & Eikmanns, Bernd: Einfluss von Mikroorganismen auf Natur und Mensch, in: Munch, 2008, S. 498-529 2.1.1. 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Viren Jassoy, Christian: Virologie, in: Jassoy, Christian & Schwarzkopf, Andreas (Hrsg.): op. cit., 2013, S. 100-127 Viren, in: Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Viren, Version 13.10.2014 Kayser, Fritz H. et al.: Taschenlehrbuch – Medizinische Mikrobiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2010 (12., überarbeitete und erweiterte Auflage) Haller, Otto: Allgemeine Virologie, in: Kayser, Fritz H. et al., op. cit., 2010, S. 390-448 Sterilisation, in: Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Sterilisation, Version 18.9.2014 2.1.3. Pilze und Protozoen Kothe, Erika: Pilze in: Fuchs (Hrsg.), 2014, op. cit, S. 99-161 Wöstemeyer, Johannes: Mikrobiologie, Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart, 2009 Kayser, Fritz & Böttger, Erik: Allgemeine Mykologie, in: Kayser et al., op. cit., 2014, S. 360-387 71 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Deplazes, Peter & Eckert, Johannes: Protozoen, in: Kayser et al., op. cit., 2014, S. 556-611 Schubert, Stefan: Parasiten, in: Jassoy, op. cit., 2013, S. 136-147 Protozoen, in: Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Protozoeninfektion, Version 6.5.2014 2.2. Mikroorganismen als Krankheitserreger Nethe-Jaenchen, Regina & Eikmanns, Marcella: Einfluss von Mikroorganismen auf Natur und Mensch, in: Munch, op. cit., 2008, S. 498-548 2.2.1. Infektionskrankheiten – Einige Statistiken Kayser, Fritz & Böttger, Erik: Allgemeine Aspekte der medizinischen Mikrobiologie, in: Kayser et al., op. cit., 2014, S. 2-43 AIDS, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/AIDS, Version 9.11.2014 ICD-Code 10 2014, (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems/ICD – Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, http://www.icd-code.de/icd/code/A00-B99.html, besucht 8.11.2014 Bundesamt für Statistik (BFS): Todesfälle durch Infektionskrankheiten und Aids von 1970 bis 2009: Entwicklung von Generation zu Generation, Mai 2014, http://www.bfs.admin.ch/bfs/portal/de/index/news/publikationen.html?publicationID=5571 Bundesamt für Gesundheit (BAG): Infektionskrankheiten – Wöchentliche Fallzahlen, http://www.bag. admin.ch/themen/medizin/00682/index.html?lang=de, besucht 8.11.2014 Vogelgrippe H5N1, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Vogelgrippe_H5N1, Version 22.10.2014 Schweres Akutes Atemwegssyndrom, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Schweres_Akutes_Atemwegssyndrom, Version 10.10.2014 MERS-CoV, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/MERS-CoV, Version 29.10.2014 Pandemie H1N1 2009/10, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Pandemie_H1N1_2009/10, Version 1.11.2014 Bassetti, Stefano: ‚Neue‘ Infektionskrankheiten in der Schweiz durch den Klimawandel?, https://www.so-h.ch/filead-min/user_upload/solothurner_spitaeler_ag/Wissenschaftliche_Publikationen/pdf/Klima___Infektionen_SMF_09.pdf, Schweiz Med Forum 905 Curriculum, 2009 2.2.2. 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Ziel Kottmann, Christoph: Ansteckungsgefahr – Gelegentliches Bahnfahren macht krank, in: Men‘s Health Online, 21.1.2011; http://www.menshealth.de/ health/allgemeine-gesundheit/gelegentlichesbahnfahren-macht-krank.179302.htm, besucht 8.10.2014 Infektionsrisiko, in: Focus Online, 20.1.2011, besucht 8.10.2014 VBZ: Fahrgastzahlen VBZ, https://www. stadt-zuerich.ch/vbz/de/index/die_vbz/portraet/zahlen_fakten/fahrgastzahlen.html, besucht 12.10.2014 Roche: PCR: Eine ausgezeichnete Methode; www.roche.com/pcr_d.pdf, Version 25.2.2012 Polymerase-Kettenreaktion, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Polymerase-Kettenreaktion, Version 30.8.2014 Virologische Diagnostik, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Virologische_Diagnostik, Version 24.7.2014 3.1.5. Weitere Analysen und Auswertung der Kulturen Gram-Färbung, DocCheck: http://flexikon.doccheck.com/de/ Gram-F%C3%A4rbungFlexikon, besucht 5.11.2014 Cytochrom-c-Oxidase, DocCheck: http://flexikon.doccheck.com/de/Cytochrom-c-Oxidase, besucht 5.11.2014 Oxidase-Test, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Oxidase-Test, Version 3.6.2014 Kayser, Fritz & Böttger, Erik: Bakterien als Krankheitserreger, in: Kayser et al., op. cit., 2014, S. 245-357 Staphylococcus aureus, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Staphylococcus_aureus, Version 31.10.2014 73 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Katalase, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Katalase, Version 27.10.2014 Katalase-Test, http://laborwissen.de/wiki/tiki-index.php?page=Katalase-Test, besucht 30.10.2014 Agglutinine, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Agglutinine, Version 24.9.2014 Antigen-Antikörper-Reaktion, Lexikon der Biologie: http://www.spektrum.de/lexikon/biologie/antigenantikoerper-reaktion/4067, besucht 31.10.2014 Antigen, DocCheck Flexikon: http://flexikon.doccheck.com/de/Antigen, besucht 31.10.2014 Antigen, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Antigen, Version 14.5. 2014 BioMérieux: Vitek® 2, http://www.biomerieux.de/servlet/srt/bio/germany/dynPage?doc=GRM_ CLN_PRD_G_PRD_CLN_11, besucht 5.11.2014 Farmatix: Arbeit in der Mikrobiologie, http://www.farmatix.com/apotheke/content/content.php?content.116.2, besucht 5.11.2014 Neumeister, Birgid: Makrobiologische Diagnostik, http://books.google.ch/ books?id=zBeSYMNzVFYC&pg= PA14&lpg=PA14&dq=vitek+mikrobiologie&source=bl&ots=PKW4c0pcAr&sig =ggyrxIIa2zc1tJV-O2TCXKRsp-Q&hl=de&sa=X&ei=CkRWVICKNOSR7AbQ_IHYAQ&sqi =2&ved= 0CEMQ6AEwBQ#v=onepage&q=vitek%20mikrobiologie&f=false, besucht 5.11.2014 3.2. Resultate 3.2.2. Anteile und Art der Mikroorganismen Hof, Herbert & Dörries, Rüdiger: Medizinische Mikrobiologie, Thieme Verlag, Stuttgart/New York, 2002 (2., korrigierte Auflage) Enterokokken, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Enterokokken, Version 13.7.2014 Pseudomonas, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Pseudomonas, Version 19.10.2014 Bacillus, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bacillus, Version 24.9.2014 VBZ: Häufige Fragen, Komfort & Sauberkeit, https://www.stadt-zuerich.ch/vbz/de/index/dialogfaq_s/ Komfort.html#wie_oft_werden_diefahrzeugedervbzgereinigt, besucht am 24.10.2014 4. 4.1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen Allgemeine Schlussfolgerungen Statista – Online Statistik-Portal: Anzahl Bakterien auf alltäglichen Gegenständen in Deutschland (pro Quadratzentimeter), http://de.statista.com/statistik/daten/studie/201017/umfrage/anzahl-vonbakterien-auf-alltaeglichen-gegenstaenden/, besucht 5.12.2014 4.5. Tipps zur allgemeinen Hygiene Benninghof, Linda: Erkältung ist ansteckend – So schützen Sie sich in öffentlichen Verkehrsmitteln, http://www.helpster.de/erkaeltung-ist-ansteckend-so-schuetzen-sie-sich-in-oeffentlichen-verkehrsmitteln_120410#anleitung, besucht 10.12.2014 Schwarzkopf. Andreas: Hygiene, in: Jassoy, Christian & Schwarzkopf, Andreas (Hrsg.), op. cit., 2013, S. 168-201 74 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Anhänge Anhang 1: Taxonomie der Bakterien Anhang 2: Einige humanpathogene Bakterien Anhang 3: Laborjournal Anhang 4: Informationen zu Schafblutplatten 75 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Anhang 1: Taxonomie der Bakterien Der Name eines Bakteriums (z. B. Staphylococcus aureus) wird aus dessen Gattungsnamen (hier: Staphylococcus) und Artnamen (hier: aureus) gebildet. Wie bei allen anderen Taxa auch, wird der Name immer kursiv geschrieben. Nach einer ersten vollständigen Nennung wird der Gattungsname oft nachfolgend mit dem ersten Buchstaben abgekürzt (hier: S. aureus). Für die Mikrobiologie sind die Bakterienstämme am bedeutendsten. Ein Stamm umfasst die Nachfahren – in Form einer Reinkultur – eines bereits isolierten Bakteriums mit bekannter Herkunft. Die wichtigste taxonomische Einheit ist die Art oder Spezies. Darunter versteht man eine bestimmte Gruppe von Stämmen, die sich in wichtigen phänotypischen Eigenschaften – also in ihrem Erscheinungsbild – sehr ähnlich sind. Innerhalb einer Spezies können einzelne Stämme aufgrund von phänotypischen Merkmalen in Subspezies unterteilt werden. Die nächst höhere Ebene in der taxonomischen Hierarchie ist die Gattung, in der verschiedene Spezies zusammengefasst werden. Wichtige phänotypische Eigenschaften sollten hier übereinstimmen. Insgesamt werden heute rund 1‘200 Bakteriengattungen unterschieden. Diese werden dann zu insgesamt 203 Familien, diese zu 88 Ordnungen und diese wiederum zu 41 Klassen zusammengefasst.1 1 Steinbüchel, Alexander & Oppermann-Sanio, Fred Bernd: Mikrobiologisches Praktikum – Versuche und Theorie, Springer Verlag, Berlin/Heidelberg, 2013 (2. Auflage), S. 2-4; Abbildung S. 3 76 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Anhang 2: Einige humanpathogene Bakterien Gattung und Arten Verursachte Infektionskrankheiten1 Bordetellen Bordetella pertussis Borrelien Verschiedene Arten Corynebakterien Corynebacterium diphtheriae Corynebacterium minutissimum Chlamydien Pertussis/Keuchhusten Verschiedene Arten Chlamydiose (Infektionen im Augen-, Atemwegs- und Genitalbereich) Campylobakterien Campylobacter coli, Campylobacter jejuni Clostridien Clostridium botulinum Clostridium tetani Enterokokken E. faecalis-Stämme Escherichia Escherichia coli Haemophilus Haemophilus influenzae Klebsiella Klebsiella granulomatis Legionellen Legionella pneumophila Leptospiren Verschiedene Arten Listerien Listeria monocytogenes Mykobakterien Mycobacterium tuberculosis Mycobacterium tuberculosis Mykoplasmen Mycoplasma pneumoniae Mycoplasma genitalium Mycoplasma fermentans 1 Borreliose, Rückfallfieber Diphtherie Erythrasma/Bärensprungsche Krankheit Durchfall-Erkrankungen Botulismus (lebensbedrohliche Fleischvergiftung) Tetanus/Wundstarrkrampf Harnwegsinfekte, Sepsis, Endokarditis/Herzinnenhaut-Entzündung ausserhalb des Darmes diverse Infektionen wie beispielsweise Harnwegsinfekte, Bauchfellentzündung, Hirnhautentzündung, Gastroenteritis, Darmentzündung, Durchfall, Reisediarrhoe Bronchitis, Sinusitis, Mittelohrentzündung, Meningitis/Hirnhautentzündung Granuloma inguinale/Donovanosis Legionellose/Legionärskrankheit Leptospirosen, Weil-Krankheit, Weil-ähnliche Krankheiten Listeriose (Lebensmittelinfektionen mit teils tödlichem Ausgang) Tuberkulose Lepra atypischen Pneumonie/Lungenentzündung, Tracheobronchitis, Pharyngitis, Meningitis/Hirnhautentzündung, Mittelohrentzündungen non-gonococcal-Urethritis/Harnröhren-Entzündung Chronic Fatigue Syndrome (CFS), Golfkriegssyndrom Basierend auf: Bakterielle Infektion, Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Bakterielle_Infektion, Version 8.10.2014 77 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Gattung und Arten Verursachte Infektionskrankheiten Neisserien Neisseria gonorrhoeae Neisseria meningitidis, Neisseria sicca Proteus Gonorrhoe/Tripper Meningitis/Hirnhautentzündung, Waterhouse-Friderichsen-Syndrom/Nebennierenapoplexie Verschiedene Arten Rickettsien Verschiedene Arten Salmonellen Verschiedene Arten Serratia Serratia marcescens Zystitis/Harnblasenentzündung, Nierenbeckenentzündung, Prostatitis/Prostataentzündung, Durchfall Typhus/Fleckfieber, Rickettsienpocken, Brill-Zinsser-Krankheit, Boutonneuse-/Mittelmeer-Zeckenfleckfieber, Rocky-MountainsFleckfieber Durchfallerkrankungen (bei immungeschwächten Patienten schwere Allgemeininfektionen) Harnwegsentzündungen, Sepsis, Pneumonie, Endokarditis/Herzinnenhaut-Entzündung, Meningitis, Osteomyelitis/Knochenmarkentzündung Shigellen Verschiedene Arten Staphylokokken Staphylococcus aureus Staphylococcus intermedius Streptokokken Streptococcus mutans, Streptococcus sobrinus Streptococcus salivarius Streptococcus pneumoniae Streptococcus pyogenes Viridans-Streptokokken Treponema Treponema pallidum Ureaplasmen Ureaplasma urealyticum Vibrionen Vibrio cholerae Vibrio parahaemolyticus Shigellosen/Bakterienruhr Furunkel, Karbunkel/Eiterbeule, bullöse Impetigo/Grindflechte, Wundinfektion, Sinusitis, Otitis media/Mittelohrentzündung, Sepsis, septischer Schock, Endokarditis/Herzinnenhaut-Entzündung, Osteomyelitis/Knochenmarkentzündung, bakterieller Gelenksentzündung, Pneumonie/Lungenentzündung Pyodermie/Hautentzündung, Otitis externa/Aussenohrentzündung, Pyometra/eitrige Gebärmutterentzündung, Wundinfektion Verursacher der Karies Lungenentzündung, Mittelohrentzündung, Sinusitis, bakterieller Endokarditis Scharlach, Erysipel/Wundrose, Sinusitis, Impetigo/Grindflechte, Lungenentzündung, Mittelohrentzündung, Mandelentzündung, Sepsis, septischer Schock, nekrotisierende Fasziitis/Wundinfektion etc. bakterieller Endokarditis/Herzinnenhaut-Entzündung Syphilis nicht-gonorrhoischen Urethritis und Prostatitis/Prostata-Entzündung Cholera Gastroenteritis/Brechdurchfall-Erkrankungen 78 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Anhang 3: Laborjournal 1. Abstriche zum Nachweis pathogener Bakterien Idee: Damit die Menge und Pathogenität der Bakterien auf den Abstrichorten beurteilt werden kann, muss man die winzigen Mikroben erkennen können. Dafür wird deren Fähigkeit zur selbstständigen Vermehrung genutzt. Man entfernt also alle Bakterien via Wattetupfer vom Abstrichort und transportiert diese in ein Labor, wo sie vermehrt werden. Dafür müssen gute Bedingungen geschaffen werden, wie genügend Nährstoffe in Form einer Schafblutagarplatte (oder Kurzbezeichnung: Schafblutplatte), Wärme und für einige auch CO2 – die letzteren zwei sind durch den Inkubator gegeben. Wenn sich die Bakterien in kurzer Zeit zu sichtbaren Kolonien vermehrt haben, kann deren Menge (eine Kolonie steht für ein ursprüngliches Bakterium) und Morphologie ermittelt werden. Auch stehen damit für weiterführende, differenziertere Test genügend viele Bakterien zur Verfügung. Benutzte Materialien: 10 Transwab® MW1701, Thermometer2, Hydrometer3, Infrarot-Temperaturmessgerät4, Massband5, Abdeckband6 Verwendete Chemikalien: Desinfektionsmittel7 Die Materialien für die jeweils anstehende Untersuchung in einem Tram wurden in ein Abteil gestellt, in dem keine Abstriche entnommen wurden. Damit sollten mögliche Verfälschungen der Resultate verhindert werden. Auch wurde von Anfang an darauf geachtet, keine zu untersuchenden Gegenstände anzufassen. Das Datum und die Uhrzeit der Abstrichentnahme, sowie die Tramserie, Tramlinie, das Datum der letzten Grossreinigung und die Einsatzzeiten des Trams wurden in eine Tabelle eingetragen, welche die Protokollführung erleichtern sollte (siehe Kapitel 8 unten). Abb. 35: Fotografie von Cobra-Tram der Verkehrsbetriebe Zürich: Zustand der Trams vor der Abstrich-Entnahme (zum Teil nasser Boden, keine Abfälle). Zu sehen sind die Abstrichorte 2-6 und 9. (Y. Gesù) Weitere Hinweise oder Auffälligkeiten im Tram wurden ebenfalls festgehalten. Anschliessend wurden Raumtemperatur und Luftfeuchtig- MWE – Medical Wire and Equipment, Corsham, Wiltshire, England, SN13 9RT: Transwab® MW170, RayonTupfer an Plastikstab, Amies Medium ohne Kohle, steril 2 Wetekom, Multifunktions-Umweltgerät mit PC-Interface, Standard, ST 2232, Nr. 89 74 47 3 Wetekom, Multifunktions-Umweltgerät mit PC-Interface, Standard, ST 2232, Nr. 89 74 47 4 ELBRO AG, Swiss Technology Company, Infrarot-Temperaturmessgerät mit Laser Zielsuche, PT 305L, R. 113623 5 Massband, hoechstmass, Deutschland, standard 15 GL, 150 cm lang, 1,5 cm breit 6 Abdeckband, Migros, Schweiz, M-Budget, 50 cm lang 7 Oberflächen-Desinfektionsmittel, IVF Hartmann AG, Schweiz Bacillol® AF, haltbar bis Juni, 2018 1 79 keit – in der Mitte des Tramabteils – in drei verschiedenen Höhen gemessen. Danach wurden die Materialien, von denen Abstriche genommen wurden, ermittelt. Das Oberflächentemperaturmessgerät wurde auf den entsprechenden Emissionsgrad eingestellt, bevor die Oberflächentemperatur gemessen werden konnte. Für Glas und zu stark glänzende Stahloberflächen (in den 2000er-Trams) war die Temperaturmessung nicht möglich. Anschliessend wurde für die Haltestangen, Heizungen und Glasscheiben mit einem zuvor desinfizierten und für etwa 30 Sekunden luftgetrockneten Massband der Bereich abgemessen, von dem ein Abstrich genommen werden sollte. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Stelle, an der das Massband gehalten wurde, nicht auf die abzustreichende Fläche gelangt. 1 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 1 Abb. 36: Fotografien von Cobra-Tram der Verkehrsbetriebe Zürich: Eingekreist sind die Abstrichorte 1, 7-8 und 10. Der Abstrichort 8 befindet sich unmittelbar über dem Abstrichort 10 in der Nische für den Kinderwagen. (Y. Gesù) Die abgemessene Fläche wurde mit einem Abdeckband umrahmt. Danach wurde die Verpackung mit dem sterilen Wattestäbchen und dem TransportmitAbb. 37: Zwei 2000er-Trams der Verkehrsbetriebe Zürich: Eingekreist telröhrchen geöffnet. Das Röhrsind die Abstrichorte 1-7 und 9-10. Die Heizung (10) befindet sich unchen wurde aus der Packung ter dem Tramsitz.1 gezogen und beschriftet. Das Abb. 38: Wattestäbchen wurde erst in unmittelbarer Nähe des abzustreichen2000erden Ortes an der blauen Halterung aus der Verpackung gezogen. Mit Tram der Dreh-, Auf- und Abwärtsbewegungen des Stäbchens wurde nur die Verkehrsbebegrenzte Fläche abgestrichen. Anschliessend wurde das Wattetriebe Zürich mit dem stäbchen direkt ins Nährmedium gegeben und nach Hause oder ins Druckknopf Labor transportiert (siehe Kapitel 8 unten).2 an der Im Tram, das speziell für die Studie einer Grossreinigung unterzogen wurde, wurden jeweils vor wie nach der Säuberung von fünf Orten (siehe Kapitel 8.7. und 8.8.) Abstriche genommen. Es wurde darauf geachtet, dass die gleichen Reinigungsmethoden und -mittel verwendet wurden wie bei einer normalen Grossreinigung. Sichergestellt wurde ebenfalls, dass die Abstriche vor und nach der Reinigung an 1 2 Wand.2 Abbildung 37, rechts: Internet, http://u.jimdo.com/www62/o/s4c69491264d91505/img/ie4f2924593cc1a4e/ 1340701066/std/image.jpg, besucht am 10.12.2014; links: Internet, http://railimages.senn.ch/fotos/d/600293/DSCN3011.jpg, besucht am 10.12.2014. Markierungen von Autorin eingesetzt. Abbildung 38, https://c2.staticflickr.com/8/7065/6934572816_8c35f9efe2_z.jpg. Markierungen von Autorin. 80 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams den gleichen Orten entnommen wurden. Eine Sesselreinigung wurde nicht durchgeführt, da dies auch nicht Teil der normalen Grossreinigung ist. Die Sesselpolster werden nur etwa ein Mal im Jahr mit Wasser gewaschen und anschliessend luftgetrocknet. 2. Kultivierung auf Nährböden: Erstes Vorgehen Idee: Damit eine ungefähre Anzahl an Bakterien pro cm2 berechnet werden kann, wird das Wattestäbchen mit den Bakterien vom Abstrichort in einer NaCl-Lösung (1 ml) ausgewaschen. Von dieser Suspension werden anschliessend 10 µl entnommen und auf einer Schafblutplatte ausgestrichen. Nach der Inkubation sollte es möglich sein, die einzelnen Bakterienkulturen zu zählen. Die Verdünnung beträgt 1:100, weshalb man die erhaltene Anzahl an Mikroben verhundertfacht und anschliessend durch die Fläche des entsprechenden Abstrichorts dividiert. Das Ergebnis zeigt die ursprüngliche Menge an Bakterien pro cm2. Eine Voraussetzung für das Gelingen des Verfahrens ist, dass eine ausreichende Menge an Bakterien im Tram auf dem Wattestäbchen gesammelte wurde. Es müssen also genügend Bakterien (mindestens 100; optimal 12‘000-20‘000) vorhanden sein, damit anschliessend Kolonien (optimal 12-20) entstehen und gezählt werden können – die kritische Masse definiert die Sensitivität der Methode, welche deren Fähigkeit umfasst, Bakterien zu erkennen. Es dürfen aber auch nicht zu viele Kolonien wachsen, da man diese dann nicht mehr erkennen und zählen kann. Dass einige Bakterien bei der Entnahme aus der Lösung nicht erfasst werden – für welche also die Sensitivität des Tests zu tief ist (< 100 Bakterien) - ist vernachlässigbar. Denn damit beim Menschen eine Infektion ausgelöst werden kann, müssen mehr als 100 Bakterien vorhanden sein. Weniger haben keinen oder einen sehr geringen Einfluss auf den Menschen. Abb. 39: Schematische Darstellung der Methode: 100 Bakterien einer Art (blau) und vier einer anderen (rot) wurden vom Wattestäbchen in 1 ml NaCl-Lösung ausgewaschen. Anschliessend wird davon mit einer Öse 10 µl entnommen, die nur ein Bakterium der blauen Art enthält, was der reellen Wahrscheinlichkeit entspricht. Danach wird die Öse auf einer Schafblutplatte ausgestrichen, auf der nach dem Inkubieren eine blaue Bakterienkolonie wächst. Rechnet man nun dieses Bakterium Mal hundert, so enthält man die ursprüngliche Anzahl dieser Art. Die vier weiteren Bakterien wurden nicht entdeckt, da sie in zu geringer Menge vorkamen. Die errechnete Anzahl von 100 Bakterien ist trotzdem realistisch. (Y. Gesù) 81 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Materialien: 10 Transwab® MWE 170, 10 CELLSTAR® Polystyrol Zellkultur-Röhrchen1, 10 10 µl-Ösen2, Multipipette®plus3, 10 Schafblutplatten4, Inkubator5, Rührplatte6 Chemikalien: 10 ml 0,9% NaCl-Lösung Zehn sterile Polystyrol-Röhrchen, die mit einem Deckel verschlossen waren, wurden vorbereitet, indem man sie beschriftet in ein Reagenzglasgestell stellte und je fünf nacheinander öffnete. Anschliessend wurde mit einer Multipipette mit sterilem Combitip 10 ml sterile NaCl-Lösung aufgesogen und die erste Pipettiermenge von 1 ml verworfen. Danach gab man in jedes der zehn Röhrchen 1 ml der Lösung und verschloss die Röhrchen anschliessend. Beim Ablegen der Pipette wurde darauf geachtet, dass nur die Pipettierhalterung auf dem Tisch lag und der darüberhängende restliche Teil mit nichts in Berührung kam. Anschliessend wurden die Röhrchen zu den jeweils passenden Proben (Wattestäbchen in Transportmedium) gelegt und geöffnet. Die Wattestäbchen wurden jeweils sofort aus dem Medium genommen und in die Lösung getaucht. Nachdem beide – Röhrchen und Wattestäbchen – auf die Rührplatte gestellt wurden, drehte man die Wattestäbchen für 10 Sekunden in der NaCl-Lösung, damit die darauf enthaltenen Mikroorganismen darin ausgewaschen wurden. Danach wurden die Wattestäbchen am Röhrchenrand ausgedrückt und zurück ins Transportmedium gestellt. Nach dem Verschliessen der Röhrchen mit der Suspension, wurden die Schafblutplatten beschriftet und zur jeweiligen dazugehörigen Suspension im Röhrchen gestellt. Anschliessend wurden die Schafblutplatten und Röhrchen geöffnet, und eine sterile 10 µl-Öse wurde in die Suspension getaucht. Die Öse wurde herausgezogen und – wenn sie gefüllt war – auf eine Schafblutplatte verteilt, wobei darauf geachtet wurde, dass sie flach auf dem Agar auflag, um die Agaroberfläche nicht zu beschädigen. Die Bakterien-Suspension wurde zuerst mit einem Auf- und Abstrich – die Schafblutplatte halbierend – ausgestrichen und anschliessend in engen, senkrechten Wellen auf der Schafblutplatte verteilt. Die Öse wurde im Sondermüll entsorgt und sowohl Schafblutplatte als auch Röhrchen geschlossen. Die Materialien wurden alle im Sondermüll entsorgt. Danach wurden die beimpften und gestapelten Schafblutplatten zwei Tage lang im Inkubator bei 37 (±0,5)° Celsius und 5,0 (±0,5)% CO2 bebrütet. Die Röhrchen mit den Proben wurden im Kühlschrank aufbewahrt. 3. Analysen zum ersten Vorgehen Die inkubierten Schafblutplatten wurden nach zwei Tagen aus dem Brutkasten genommen. Jede Platte wurde zuerst optisch – vor weissem Hintergrund – nach Wachstum von Bakterienkulturen beurteilt. Die genaue Anzahl an Bakterienkulturen wurde in einer Tabelle, welche die Auswertungen erleichtern sollte, festgehalten (siehe Kapitel 8). Auch die Dauer der Inkubation, die Zeit und das Datum der Analyse wurden notiert. Die sehr geringe Anzahl an Bakterienkulturen deutete darauf hin, dass die Sensitivität der Methode für die gesammelte Bakterienmenge im Tram zu tief war. Gemeinsam mit einer erfahrenen medizinischen Laborantin und der Leiterin der mikrobiologischen Abteilung der Analytica Medizinische Laboratorien wurde beschlossen, die Versuchsanordnung zu ändern. Damit aber bei den folgenden, vergleichenden Analysen ohne genaue Zahlangaben die Bedingungen gleich blieben – und so auch sinnvolle Vergleiche ermöglicht wurden –, führte man für alle Proben das erste Verfahren ebenfalls durch. 1 2 3 4 5 6 Greiner bio-one, Zellkulturröhrchen, 14 ml, aus Polystyrol, mit Zweipositionen-Verschluss, steril Sarstedt AG & Co., Impfschlinge, mit dem Volumen von 10 µl, aus Polystyrol, gammasteril Eppendorf AG, Basel, Multipipette® plus, Dosierspektrum 1 µl bis 10 ml, mit 25 ml Combitip BD, Becton Dickinson AG, Allschwil, Columbia Agar mit 5% Schafblut Labtec Services AG, Villmergen, CO2 Inkubator, PANASONIC, MCO-20AIC Scientific Industries, Inc., USA, Vortex-Genie®2, 230V – Swiss Plug (Model G560E), auf Stufe 8 benutzt 82 4. Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Kultivierung auf Schafblutplatten: Zweites Vorgehen Idee: Da das erste Verfahren gescheitert ist, sollen nun möglichst alle Mikroben vom Ursprungsort auf eine Schafblutplatte übertragen werden. Zwar können so die gewachsenen Bakterienkolonien nicht mehr gezählt werden, und dadurch können auch keine genauen Angaben zur Anzahl Bakterien gemacht werden. Das neue Vorgehen hat aber den Vorteil, dass durch die Entnahme (fast) aller Mikroorganismen auch eine grosse Wahrscheinlichkeit besteht, dass alle pathogenen Bakterien mitausgestrichen werden und damit die Pathogenität der Bakterien besser beurteilt werden kann. Der Nachteil der Methode besteht darin, dass die Mengenbestimmung für den Abstrichort nur noch nach Einstufungen erfolgen kann und nicht mehr über die exakte Bakterienzahl. Mit dem neuen Verfahren erhält man zudem ein realistischeres Abbild vom Abstrichort. Materialien: 10 Einwegpipetten1, 10 CELLSTAR® Polystyrol-Röhrchen mit Suspension2, 10 Schafblutplatten, 10 10 µl-Ösen, Inkubator, Zentrifuge3 Die Röhrchen mit den Mikroorganismen-Suspensionen wurden aus der Kühlung genommen und 15 Minuten lang zentrifugiert. Danach gab man die Röhrchen vorsichtig in ein Reagenzglasgestell, ohne die Suspension erneut zu vermischen. Anschliessend wurden etwa 0,1 ml des Bodensatzes und der Salzlösung mit sterilen Einwegpipetten entnommen. Die Suspension wurde darauf am Rand einer beschrifteten Schafblutplatte entleert. Mit einer sterilen 10 µl-Öse strich man sie anschliessend verdünnend über die Schafblutplatte (Anhang 4). Es wurde wieder darauf geachtet, dass man nicht sprach, die Öse flach auflegte und die Schafblutplatte nur so lange wie nötig geöffnet liess. Die Materialien wurden alle im Sondermüll entsorgt. Danach wurden die gestapelten und beimpften Schafblutplatten zwei Tage lang im Inkubator bei 37 (±0,5)° Celsius und 5,0 (±0,5)% CO2 bebrütet. 5. Anlegen und Vermehrung von Einzelkulturen Idee: Wenn für wiederholende oder weiterführende Tests zu wenige Bakterien vorhanden sind, so werden sie in Form einer Reinkultur erneut angelegt und vermehrt. Materialien: Schafblutplatten, 10 µl-Öse, Inkubator Ein Teil der zu untersuchende Kolonie wurde mit einer sterilen 10 µl-Öse entnommen und auf einer neuen Schafblutplatte erneut ausgestrichen. Die Öse wurde im Sondermüll entsorgt. Danach wurden die beimpften Schafblutplatten gestapelt und zwei Tage lang im Inkubator bei 37 (±0,5)° Celsius und 5,0 (±0,5)% CO2 bebrütet. Für welche Bakterienkolonien dies durchgeführt werden musste, kann man in Kapitel 8 unten nachlesen. 1 2 3 Semadeni Plastics Market, Ostermundigen, Einweg-Pipetten PE-LD 3,5 ml/156 mm, Saugvolumen 3.5 ml Suspension aus Mikroorganismen und NaCl-Lösung in CELLSTAR® Polystyrol Zellkultur Röhrchen. Hettich Lab Technology, Zentrifuge, Rotanta 460, Präparate für 10 Minuten mit der relativen Zentrifugalbeschleunigung (RZB) von 1500 m/s2 zentrifugiert. 83 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 6. Analysen zum zweiten Vorgehen 6.1. Allgemein Bei dieser Analyse wurde eine Tabelle verwendet, welche die Protokollführung erleichtern sollte (siehe wieder Kapitel 8). Einzeln wurden die Schafblutplatten zuerst optisch nach deren Wachstum in den verschiedenen Kategorien beurteilt. Für eine Geruchsprobe, welche weitere Hinweise zu den Bakterien gab, wurden die Schafblutplatten geöffnet. Die Kulturen wurden nun nach deren Morphologie beurteilt. Kleine, gelbe Kolonien wurden als apathogene Hautbakterien bestimmt und nicht mehr weiter betrachtet. Anschliessend wurden die Platten vor einem Schreibtischlicht angeschaut. Schon bei geringster Hämolyse, welche als Verfärbung oder Entfärbung der Schafblutplatten erkennbar war, wurde ein Latex- und Katalasetest durchgeführt. Für grosse Bakterienkulturen, welche grau-weiss gefärbt waren und bei denen oft ein Fäkalgeruch wahrgenommen wurde, wurde eine Gramfärbung gemacht sowie teilweise ein Oxidasetest. Wenn Schimmelpilz vorhanden war, notierte man die Menge, untersuchte diesen aber nicht weiter. Hatte man eine Bakterienkolonie auf einer Schafblutplatte identifiziert, ging man davon aus, dass es sich bei gleich aussehenden anderen Kolonien auf derselben Platte um die gleiche Art handelte. 6.2. Gram-Färbung Idee: Um die verschiedenen Bakterien und deren Form, sprich Kokken oder Stäbchen, unter dem Mikroskop besser zu erkennen und Auskunft über deren Zellwandstruktur zu bekommen, kann man sie einfärben. Nach dieser Färbung erscheinen dickwandige, grampositive Bakterien violett und dünnwandige, gramnegative rot. Mit den Angaben, welche Gramfärbung und Form eine Kolonie hat und anderen morphologischen Eigenschaften, sollen bereits erste Rückschlüsse auf die Art der vorgefundenen Bakterien gezogen werden. Materialien: Brenner1, Objektträger2, 10 µl-Öse, Filterpapier, Lichtmikroskop3 Chemikalien: Kristallviolett-Oxalat-Lösung4, 70% Aceton/Alkohol, Safranin-Lösung5 Für die Gramfärbung wurden grau-weisse, verhältnismässig grosse Bakterienkulturen verwendet, die oft auch nach Fäkalien gerochen haben. Ein Teil der zu untersuchenden Kolonie wurde mit einer sterilen 10 µl-Öse entnommen und auf einem Objektträger aufgetragen. Es wurde noch beschriftet, um welche Kolonie (Abstrichort, Serie, Aussehen) es sich handelte. Anschliessend wurde das Präparat mit der Bakterienschicht nach oben drei Mal über eine Flamme gezogen, wobei man es mit einer Zange festhielt. Dies machte man, damit die Bakterien auf dem Objektträger haften bleiben und nicht weggeschwemmt werden. Anschliessend brachte man die Probe zur Färbestation, wo sie mit einer Kristallviolett-Lösung übergossen und für eine Minute damit bedeckt stehen gelassen wurde. Die Zeit mass man mit Hilfe einer Stoppuhr. Danach wurde das Präparat kurz mit Hahnenwasser abgespült und mit Aceton/Alkohol entfärbt, bis keine Farbe mehr ausgewaschen wurde. Wenn dies der Fall war, übergoss man die Bakterien mit einer Safranin-Lösung, die nach 30 Sekunden mit Wasser abgespült wurde. Danach trocknete man die Präparate, indem man sie zwischen zwei Filterpapieren abtupfte. Um die Gramfärbung zu erkennen, gab man einen Tropfen Mikroskopier-Öl auf die Bakterien und betrachtete sie anschliessend unter einem Mikroskop bei 1000facher Vergrösserung. 1 2 3 4 5 IBS, Integra Biosciences, automatischer Brenner, FIREBOY plus Glaswarenfabrik Karl Hecht, Assistent, Objektträger ELKAmed, Kanten geschnitten, mit Mattstreifen, CE Nikon, Lichtmikroskop, ECLIPSE 50i, bei 1000facher Vergrösserung verwendet Von der ANALYTICA Medizinische Laboratorien selbst hergestellt Von der ANALYTICA Medizinische Laboratorien selbst hergestellt 84 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 1) Erkannte man die Bakterien unter dem Mikroskop als violette Bakterienkokken, so kamen Enterokokken in Frage. Das Resultat verifizierte man mit Hilfe der Bakterienkolonie auf der Schafblutplatte. Das endgültige Resultat erfolgte also aus der Beobachtung der Morphologie und dem Testergebnis. 2) Erkannte man die Bakterien unter dem Mikroskop als rote Bakterienstäbchen, so war das ein Hinweis auf Darmbakterien. Das Resultat verifizierte man mit Hilfe der Bakterienkolonie auf der Schafblutplatte. 3) Erkannte man die Bakterien unter dem Mikroskop als rote kugelige Bakterien (kokkide Stäbchen), so kamen Pseudomonas oder Darmbakterien in Frage. Um ein eindeutiges Resultat zu erhalten, wurde ein Oxidase-Test durchgeführt. Die Materialien wurden anschliessend alle im Sondermüll entsorgt. Für welchen Abstrichen eine Gramfärbung durchgeführt wurde, und wie das Resultat aussah, kann man in Kapitel 8 nachlesen. 6.3. Oxidase-Test Idee: Durch den Nachweis des Enzyms Cytochrom c, welches für Energiestoffwechselmechanismen verantwortlich ist, können Pseudomonas- von Darmbakterien unterschieden werden. Denn im Gegensatz zu den Psedomonas-, haben Darmbakterien kein solches Enzym. Durch die Zugabe eines Oxidase-Reagenz wird dies auch optisch sichtbar, da das Enzym mit dieser reagiert und dabei eine Blaufärbung entsteht. Ist das Enzym nicht vorhanden, so bleibt das farblose Reagenz durchsichtig. Pseudomonas sind somit oxidase-positiv (Blaufärbung) und Darmbakterien oxidase-negativ. Materialien: Löschpapier, 10 µl-Öse Chemikalien: Oxidase-Reagenz1 Ein Teil der zu untersuchenden Kolonie wurde mit einer sterilen 10 µl-Öse entnommen und auf ein Stück Löschpapier gegeben. Anschliessend wurde das gekühlte Oxidase-Reagenz geschüttelt und einen Tropfen davon auf die Bakterien auf dem Löschpapier gegeben. Bei einer Blaufärbung waren vermutlich Pseusomonas vorhanden, da deren Enzyme reagierten. Blieben die Bakterien hingegen farblos oder wurden leicht gelblich, so besassen diese das Enzym nicht und konnten als Darmbakterien identifiziert werden. Die Materialien wurden anschliessend alle im Sondermüll entsorgt. Für welche Abstriche ein Oxidase-Test durchgeführt wurde und wie das Resultat aussah, ist in Kapitel 8 aufgeführt. 6.4. Nachweistests für „Staphylococcus aureus“ 6.4.1. Katalase-Test Idee: Um Streptokokken von Staphylokokken unterscheiden zu können, macht man sich ein Enzym, die Katalase, zu nutzen, welches ausschliesslich bei Staphylokokken vorkommt. Das Enzym wandelt Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff um. Der Sauerstoff wird dabei als Bläschen sichtbar. Da es sich bei den Stapylococcus aureus um ein katalase-positives Bakterium handelt, müsste ein Schäumen sichtbar werden. 1 bioMérieux, Oxidase-Reagenz 85 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Materialien: Objektträger, 10 µl-Öse Chemikalien: 3% Wasserstoffperoxid-Lösung1 Ein Teil der zu untersuchenden Kolonie wurde mit einer sterilen 10 µl-Öse entfernt und auf einen Objektträger gegeben. Darauf wurde einen Tropfen der gekühlten Wasserstoffperoxid-Lösung gegeben und beobacht, ob das Präparat schäumt (Staphylokokken) oder nicht (Streptokokken). Die Materialien wurden anschliessend alle im Sondermüll entsorgt. Für welche Abstriche ein Katalase-Test gemacht wurde, und wie das Ergebnis aussah, ist in Kapitel 8 nachzulesen. 6.4.2. Latex-Agglutinationstest Idee: Um den Staphylococcus aureus von den anderen Staphylokokken zu unterscheiden, kann man sich spezielle Antigene an der Oberfläche des Staphylococcus aureus zu nutzen machen. Denn kommen diese Antigene mit den dazu passenden Antikörpern in Berührung, so wird eine Agglutination (Verklumpung) sichtbar. Es kann also eine Suspension verwendet werden, in der solche Antikörper vorhanden sind, damit bei einer Vermischung eine solche Verklumpung sichtbar wird. Bei diesem Versuch waren die Antikörper an Latexkügelchen befestigt, die in einer Suspension sind. Um das Resultat sicher zu stellen wird noch eine Suspension verwendet, welche Latexkügelchen ohne Antikörper besitzt. Materialien: Reaktionskarten2, Objektträger, 10 µl-Ösen Chemikalien: Latextest-Suspension3, Kontroll-Suspension4 (Negativprobe) Für den Latextest wurden gekühlte Reagenzien verwendet. Sowohl das Latex-Test-Fläschchen wie auch das Test-Latex wurden vor deren Gebrauch geschüttelt. Anschliessend wurde eine sterile Reaktionskarte auf den Tisch gelegt und je ein Tröpfchen der beiden Lösungen in einen Reaktionskreis gegeben. Danach wurde mit einer sterilen 10 µl-Öse ein Teil der zu untersuchenden Kolonie entfernt. Zuerst wurden die Bakterien im Kontroll-Latex mit flachen Kreisbewegungen verteilt, bis sie optisch nicht mehr erkennbar waren. Nachdem mit einer neuen 10 µl-Öse erneut ein Teil der zu untersuchenden Kolonie entnommen wurde, wurde dieser mit dem Test-Latex solange mit Kreisbewegungen vermischt, bis man keine Bakterien mehr erkennen konnte. Die beiden 10 µl-Ösen wurden im Sondermüll entsorgt. Die beiden Suspensionen in den Reaktionskreisen wurden nun mit kreisenden Kippbewegungen der Reaktionskarte noch einmal gemischt. Dabei wurde beobachtet, ob sich etwas verändert: Es bilden sich keine Agglutinationen, welche durch kleine, unregelmässige gelbe Klümpchen sichtbar wären negativ kein Staphylococcus aureus. Es bilden sich sowohl im Test-Latex als auch im Kontroll-Latex feine, gleichmässige Agglutinationen Test wiederholen ( Vitek-ID). Es bilden sich nur im Test-Latex feine Agglutinationen Test wiederholen ( Vitek-ID). Es bilden sich nur im Test-Latex Agglutinationen positiv erneuter Test auch positiv Staphylococcus aureus. Auch bei dieser Analyse wurde die Kolonie auf der Schafblutplatte zur Verifizierung des Resultats beigezogen. Gab es weiterhin Unsicherheiten, so wurde eine Vitek-Identifikation (ID) durchge1 2 3 4 Von der ANALYTICA Medizinische Laboratorien selbst hergestellt Thermo Scientific, Remel Microbiology Products, Staphaurex Plus, Reaktionskarte Thermo Scientific, Remel Microbiology Products, Staphaurex Plus, Test-Latex Thermo Scientific, Remel Microbiology Products, Staphaurex Plus, Kontroll-Latex; Suspension mit Latexpartikeln ohne Antikörper 86 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams führt. Die Materialien wurden im Sondermüll entsorgt. Für welche Abstriche ein Latex-Test durchgeführt wurde, kann man in Kapital 8 nachlesen. 6.4.3. Vitek-Bestimmung für grampositive Bakterien Idee: Um ein eindeutiges Resultat zu erhalten, um welche Bakterien es sich handelt, kann man sich deren spezifischen Stoffwechselmechanismen zu Nutze machen, anhand derer eine sehr genaue Identifizierung möglich ist. Man benutzt für eine solche Identifizierung das Vitek-System, welches eine computerunterstützte, biochemische Identifikationsmethode darstellt. Dort werden die spezifischen Stoffwechselleistungen der Bakterienarten mit verschiedenen Farben sichtbar gemacht. Die Bakterien werden mit unterschiedlichen biochemischen Substraten vermischt und es wird abgelesen, ob eine Reaktion (Farbveränderung) stattgefunden hat. Die gemessen Daten werden anschliessend mit Referenzwerten verglichen, wodurch die Bakterienart bestimmt werden kann. Da die Bakterien, bei denen im vorherigen Latex-Test Unsicherheiten auftraten, grampositiv sind, wurde der Versuch auf diese angewandt. Materialien: 10 µl-Öse, Subkultur1, Vitek®22, Grampositive Vitek®2-Karte3, CELLSTAR® Polystyrol Zellkultur Röhrchen, Rührplatte Chemikalien: 3 ml 0,45%-NaCl-Lösung, Einige zu untersuchende Kolonien wurden mit einer sterilen 10 µl-Öse entnommen und in ein steriles Röhrchen gegeben. Dieses wurde bis auf 3 ml mit einer sterilen NaCl-Lösung aufgefüllt. Mit dem Deckel verschlossen wurde die Suspension anschliessend auf eine Rührplatte gestellt und 10 Sekunden lang gut durchmischt. Danach hat man die Trübung der Suspension mit Hilfe des Vitek®2 DensiCheckTM-Geräts gemessen. Lag der erhaltene Wert zwischen 0,5 und 0,63 NTU, konnte mit dem Test weitergefahren werden. War er jedoch zu hoch, so musste man eine neue Suspension mit weniger Bakterien ansetzen. War der Wert zu tief, mussten noch Bakterien dazugeben und die Suspension erneut auf der Rührplatte durchmischt werden. Anschliessend wurde das Röhrchen mit dem Präparat in die Vitek®2 Carrier Station gegeben und eine gekühlte, grampositive Vitek®2-Karte in die dafür vorgesehene Halterung gestellt. Das Gerät beimpfte die Karte nun mit dem Präparat automatisch, sodass alle Testfelder (mit den Substraten der Karte) mit der Bakterien-Suspension befüllt wurden. Nach diesem Vorgang wurde die beimpfte Karte in den Vitek®2 gegeben, wo sie 4-7 Stunden lang bei einer Temperatur von 35,5° Celsius (± 1,0°) bebrütet wurde. Dabei erfasste das Gerät alle 15 Minuten die aufgetretenen Veränderungen. Danach wurde das Resultat vom Gerät abgeglichen und ein Laborbefund mit dem genauen Namen des Bakteriums ausgedruckt. Die Vitek®2-Karte wurde im Sondermüll entsorgt. Für welche Abstriche eine Vitek-ID durchgeführt wurde, und wie der Befund aussah, steht in Kapitel 8. 7. Fehlerquellen 7.1. Rahmenbedingungen Da die Anzahl an Abstrichen relativ gering ist, ist auch die Aussagekraft der Schlussfolgerungen begrenzt. Angesichts der verhältnismässig kleinen Abstrichzahl wurden auch Extremfälle mitberücksichtigt. Signifikanz- und Korrelationsberechnungen wurden nicht durchgeführt. Ebenfalls 1 2 3 BD, Becton Dickinson AG, Allschwil, Columbia Agar mit 5% Schafblut, darauf wurde die zu untersuchende Kultur aufgestrichen und anschliessend bebrütet. bioMérieux, API, Identifizierungsgerät für Bakterien, Vitek®2 mit Carrier Station TM und DensiCheckTM, System Version 06.01 bioMérieux, API, Identifizierungskarte, Vitek®2-Karte, für grampositive Bakterien, steril 87 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams wurden die untersuchten Trams nicht wissenschaftlich systematisch ausgesucht, sondern begrenzten sich auf wenige Tramlinien, die zur Verfügung gestellt wurden. Die Stichprobengrösse der Trams war zu begrenzt, um tatsächlich repräsentativ zu sein. Zusätzlich führen die vielen verschiedenen Rahmenbedingungen (Variablen) auch zu einer Vieldimensionalität, welche in den Analysen nicht ganzheitlich erfasst werden konnte. 7.2. Abstrichentnahme 1) Bereits bei der Entnahme der Abstriche könnten Bakterien der anwesenden Personen oder Gegenstände ans Wattestäbchen oder den Abstrichort gelangt sein, was die Untersuchung verfälscht hätte. 2) Wäre das desinfizierte Massband zu schnell auf die abzumessende Abstrichfläche gelegt worden, so hätten dort Bakterien von noch nicht verdunstetem Desinfektionsmittel abgetötet werden können. Hätte man aber zu lange gewartet, so hätten anschliessend schwebende Bakterien vom Massband auf die Oberfläche des Abstrichorts gelangen können. 3) Der Wattetupfer für die Entnahme der Abstriche hätte mit schwebenden Bakterien kontaminiert sein können. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist aber gering. 4) Solange das Röhrchen mit dem Transportmedium offen war, hätten Bakterien in das sterile Medium gelangen und von dort aus auf der Schafblutplatte ausgestrichen werden können. 5) Da es nicht möglich war, nach jeder Abstrichserie ins Labor zu gehen, um diese dort direkt auf Schafsblutplatten zu übertragen, hätten sich die Bakterien in der Zwischenzeit vermehren können. Dies hätte dazu führen können, dass auf den Schafblutplatten danach mehr Bakterienkolonien gefunden worden wären. Die Vermehrung hätte nur vermieden werden können, wenn man direkt im Tram ausgestrichen hätte, was sehr aufwändig gewesen wäre. Eine andere Option wäre die Benutzung von Abklatschplatten gewesen. Diese sind aber für Abstriche im Tram eher unpraktisch, da die Oberflächen dann zum Teil nicht vollständig oder sehr umständlich direkt mit der Platte abgedruckt worden wären. Ausserdem sind diese Platten sehr kostenaufwändig. 6) Da die Grossreinigung speziell für die Untersuchungen durchgeführt wurde und dabei kein Zeitdruck herrschte, besteht die Möglichkeit, dass das Putzpersonal gründlicher als gewöhnlich gereinigt hat. Das Ergebnis wäre also kein realistisches Abbild der Wirksamkeit der Reinigungsmethode. 7.3. Ausstrich 1) Wenn Instrumente wie Pipetten, Ösen, etc. nicht nur an den Haltegriffen angefasst worden wären, hätten Bakterien von den Händen auf die Proben gelangen können. 2) Bakterien des Sputums oder der Mundschleimhaut der untersuchenden Person hätten beim Sprechen zu den Trambakterien gelangt sein können. 3) Die Schafblutplatten und Suspensions-Röhrchen wurden nur dann geöffnet, wenn es notwendig war, um die Zeit, in der Bakterien hinein gelangen können, möglichst kurz zu halten. Trotzdem hätte dies geschehen können. 4) Bakterien hätten an Ösen hängenbleiben können und wären somit nicht aufs Nährmedium gelangt. 88 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 5) Bei unkonzentriertem Arbeiten hätte es geschehen können, dass eine Öse oder Einwegpipette zwei Mal verwendet wurde. So wären Bakterien des einen Abstriches zu denen eines anderen gelangt. 6) Beim Auswaschen der Wattestäbchen wurden möglicherweise nicht alle Bakterien in die Lösung geschwemmt. 7) Da zwischen den beiden Ausstrichmethoden zwei Tage vergingen, hätten sich die Mikroben in dieser Zeit erneut vermehren können. 8) Beim zweiten Ausstrich nach dem Zentrifugieren wurden möglicherweise nicht alle Bakterien auf die Schafblutplatten übertragen, da nicht alle mit der Pipette aufgesogen wurden. Auch wurden eventuell im ersten Vorgehen schon ein paar Bakterien aus der Suspension auf eine Schafblutplatte übertragen. Diese hätten anschliessend auf den neuen Platten gefehlt. 7.4. Auswertung 1) Pathogene Bakterien, beispielsweise das Staphlyococcus aureus, hätten auf Grund einer sehr schwachen Hämolyse nicht erkannt werden können. 2) Reagenzien hätten nicht funktionieren können, was zu falschen Resultaten geführt hätte. 7.5. Zusammenfassend Da Bakterien praktisch überall vorkommen, war es schwierig, die Untersuchungen nicht zu verfälschen. Verschiedene Massnahmen wurden getroffen, um Fehlerquellen zu minimieren: So wurden prinzipiell nur sterile Utensilien verwendet. Es wurden auch weitere Vorkehrungen getroffen, wie etwa bei der Arbeit nicht zu sprechen, Deckel gleich wieder zu verschliessen und die verwendeten Test-Reagenzien vor dem Gebrauch jeweils mit einer für diesen Test positiven Reinkultur zu testen. Auch wurden die Suspensionen und Wattestäbchen-Proben bis zu deren Weiterverarbeitung gekühlt gelagert, was die Bakterienvermehrung einschränkt. Die Untersuchungen wurden in einem Labor durchgeführt, das auf mikrobiologische Untersuchungen spezialisiert ist. Ebenso wurde die praktische Arbeit von einer erfahrenen Laborantin begleitet. Deshalb ist davon auszugehen, dass Verfälschungen nur begrenzt auftraten und die Resultate ein realistisches Abbild der Pathogenität und Menge an Bakterien im Tram darstellen. Ausserdem umfassen die Mengenangaben, welche für die Auswertung verwendet wurden, keine effektiven Zahlangaben, sondern Grössenkategorien. Dies führt wiederum dazu, dass kleine Verfälschung keinen sehr grossen Einfluss auf die Resultate hätten. 89 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8. Tabellen zur Protokollführung 8.1. Entnahme der Abstriche, Serie 1 Mittwoch, 1. Oktober 2014 17:45 - 18:50 Uhr am Boden in 160 cm Höhe an der Decke Raumtemperatur (± 0.1) °C 20,9 20,9 20,9 Luftfeuchtigkeit (± 0.1) %RH 74,3 74,9 75,2 Oberflächentemperatur (±0.5) °C Abstrich Ort Material Abstrich 1 Haltestange vorne lackierter Stahl 18,5 Absrtich 2 Haltestange hinten lackierter Stahl 17,5 Abstrich 3 Haltestange Mitte lackierter Stahl 17,5 Abstrich 4 Sessel Textil 19,0 Abstrich 5 Rückenlehne Textil 18,5 Abstrich 6 Scheibe Glas - Abstrich 7 Druckknopf hoch (Haltestange) Plastik 18,5 Abstrich 8 Druckknopf tief (Wand) Plastik 18.0 Abstrich 9 Haltestange Abteil lackierter Stahl 17,5 Abstrich 10 Lüftung/ Heizung lackierter Stahl 17,0 Tramlinie 9 Tramserie zuletzt gereinigt am Cobra Freitag, 12. September 2014 Einsatzzeiten des Trams 06:00-09:00 & 16:00-18:00 Uhr allgemeiner Zustand des Trams kein Abfall, nasser Boden weitere Informationen Stosszeitentram, vor Ausstrich 2 Tage im Kühlschrank gelagert 8.1.1. Analysen des ersten Verfahrens, Serie 1 Montag, 6. Oktober 2014 11:00 Uhr Abstrich Abstrichfläche (cm²) Anzahl Kolonien Anzahl Bakterien am Ursprungsort Anzahl Bakterien am Ursprungsort/ cm² 1 20 2 200 10 2 20 2 200 10 3 20 1 100 5 4 20 2 200 10 5 20 2 200 10 6 20 3 300 15 7 4 2 200 50 8 4 1 100 25 9 20 2 200 10 10 20 2 200 10 Inkubation Temperatur CO₂-Gehalt weitere Ergebnisse/ Hinweise 03.10. - 05.10. 37° Celsius (± 0.5° C) 5% (± 0.5%) 90 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.1.2. Analysen des zweiten Verfahrens, Serie 1 Mittwoch, 8. Oktober 2014 Abstrich 1 2 Apathogene Bakterien Pathogene Bakterien keine mässig Normalflora (Haut) reichlich Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäbchen keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. keine Gramfärbung: rote kokkide Stäb., Oxidase: pos. reichlich Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäb. reichlich Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäb. mässig Normalflora (Pseudomonas) vereinzelt Normalflora (Haut) mässig Normalflora (Haut, Bacillus) vereinzelt Normalflora (Haut) 3 4 5 6 11:00 Uhr Weiteres Tests reichlich Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäb. reichlich Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäb. 9 keine wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) mässig Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäb. 10 keine reichlich Proteus (Darmbakterium) Schwärmen von Proteus optisch 7 8 Inkubation 06.10.-08.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) keine weitere Ergebnisse/ Hinweise 8.2. Entnahme der Abstriche, Serie 2 Donnerstag, 2. Oktober 2014 18:15 - 18:45 Uhr am Boden in 160 cm Höhe an der Decke Raumtemperatur (± 0.1) °C 20,8 20,8 20,8 Luftfeuchtigkeit (± 0.1) %RH 67,1 67,8 68,1 Oberflächentemperatur (±0.5) °C Abstrich Ort Material Abstrich 1 Haltestange vorne lackierter Stahl 18,5 Absrtich 2 Haltestange hinten lackierter Stahl 19,0 Abstrich 3 Haltestange Mitte lackierter Stahl 18,5 Abstrich 4 Sessel Textil 19,5 Abstrich 5 Rückenlehne Textil 19,5 Abstrich 6 Scheibe Glas Abstrich 7 Druckknopf hoch (Haltestange) Plastik 18,5 Abstrich 8 Druckknopf tief (Wand) Plastik 18,5 Abstrich 9 Haltestange Abteil lackierter Stahl 19,0 Abstrich 10 Lüftung/ Heizung lackierter Stahl 22,0 Tramlinie 9 Tramserie zuletzt gereinigt am Cobra Donnerstag, 18. September 2014 Einsatzzeiten des Trams 06:00-09:00 & 16:00-18:00 Uhr allgemeiner Zustand des Trams kein Abfall weitere Informationen Stosszeitentram, vor Ausstrich 1 Tag im Kühlschrank gelagert - 91 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.2.1. Analysen des ersten Verfahrens, Serie 2 Montag, 6. Oktober 2014 11:00 Uhr Abstrich Abstrichfläche (cm²) Anzahl Kolonien Anzahl Bakterien am Ursprungsort Anzahl Bakterien am Ursprungsort/ cm² 1 20 2 200 10 2 20 2 200 10 3 20 2 200 10 4 20 3 300 15 5 20 0 0 0 6 20 0 0 0 7 4 2 200 50 8 4 0 0 0 9 20 0 0 0 10 20 2 200 10 Inkubation 03.10. - 05.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise 8.2.2. Analysen des zweiten Verfahrens, Serie 2 Mittwoch, 8. Oktober 2014 Abstrich 11:00 Uhr Apathogene Bakterien Pathogene Bakterien 1 keine reichlich Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäbchen 2 keine wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Pseudomonas, Haut) wenig Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) mässig Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäb. keine wenig Darmbakterien Latex- & Katalasetest: neg. & pos. 2x Gramfärbung: rote Stäb, rot, 1x Oxidase: pos. keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. keine wenig Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) wenig Darmbakterien 3 4 5 6 7 8 9 10 Inkubation 06.10. - 08.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise Weiteres Tests keine Gramfärbung: rote Stäb. keine keine keine vereinzelt Schimmelpilz vereinzelt Schimmelpilz Latex- & Katalasetest: neg. & pos. 92 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.3. Entnahme der Abstriche, Serie 3 Freitag, 3. Oktober 2014 17:15 - 17:40 Uhr am Boden in 160 cm Höhe an der Decke Raumtemperatur (± 0.1) °C 20,6 20,6 20,6 Luftfeuchtigkeit (± 0.1) %RH 68,4 68,6 68,8 Oberflächentemperatur (±0.5) °C Abstrich Ort Material Abstrich 1 Haltestange vorne lackierter Stahl 24,5 Absrtich 2 Haltestange hinten lackierter Stahl 25,0 Abstrich 3 Haltestange Mitte lackierter Stahl 24,0 Abstrich 4 Sessel Textil 21,5 Abstrich 5 Rückenlehne Textil 21,5 Abstrich 6 Scheibe Glas Abstrich 7 Druckknopf hoch (Haltestange) Plastik 21,0 Abstrich 8 Druckknopf tief (Wand) Plastik 21,5 Abstrich 9 Haltestange Abteil lackierter Stahl 23,5 Abstrich 10 Lüftung/ Heizung lackierter Stahl 27,5 Tramlinie 9 Tramserie zuletzt gereinigt am Cobra Mittwoch, 24. September 2014 Einsatzzeiten des Trams 06:00-09:00 & 16:00-18:00 Uhr allgemeiner Zustand des Trams kein Abfall, nasser Boden weitere Informationen Stosszeitentram, am selben Tag ausgestrichen - 8.3.1. Analysen des ersten Verfahrens, Serie 3 Montag, 6. Oktober 2014 11:00 Uhr Abstrich Abstrichfläche (cm²) Anzahl Kolonien Anzahl Bakterien am Ursprungsort 1 20 1 100 5 2 20 0 0 0 3 20 0 0 0 4 20 2 200 10 5 20 0 0 0 6 20 0 0 0 7 4 0 0 0 8 4 2 200 50 9 20 0 0 0 10 20 0 0 0 Inkubation 03.10. - 05.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise Anzahl Bakterien am Ursprungsort/ cm² 93 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.3.2. Analysen des zweiten Verfahrens, Serie 3 Mittwoch, 8. Oktober 2014 Abstrich 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11:00 Uhr Apathogene Bakterien vereinzelt Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Bacillus) wenig Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Enterokokken) Pathogene Bakterien keine vereinzelt Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) keine Weiteres Tests keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. vereinzelt Staph. Aureus Latex- & Katalasetest: pos. & pos. keine keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. 2x Gramfärbung: rote Stäb. & vio. Kokken mässig Darmbakterien keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. reichlich Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäbchen keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. Inkubation 06.10. - 08.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise 8.4. Entnahme der Abstriche, Serie 4 Montag, 6. Oktober 2014 9:20 - 9:50 Uhr am Boden in 160 cm Höhe an der Decke Raumtemperatur (± 0.1) °C 22,2 22,2 22,2 Luftfeuchtigkeit (± 0.1) %RH 64,1 63,9 63,7 Oberflächentemperatur (±0.5) °C Abstrich Ort Material Abstrich 1 Haltestange vorne Stahl - Absrtich 2 Haltestange hinten Stahl - Abstrich 3 Haltestange Mitte Stahl - Abstrich 4 Sessel Textil 19,5 Abstrich 5 Rückenlehne Textil 19,5 Abstrich 6 Scheibe Glas Abstrich 7 Druckknopf hoch (Haltestange) Plastik 19,0 Abstrich 8 Druckknopf tief (Wand) Plastik 19,0 Abstrich 9 Haltestange Abteil Stahl - Abstrich 10 Lüftung/ Heizung Stahl - Tramlinie 3 Tramserie zuletzt gereinigt am 2000 Donnerstag, 25. September 2014 Einsatzzeiten des Trams 06:00-09:00 & 16:00-18:00 Uhr - allgemeiner Zustand des Trams kein Abfall weitere Informationen Stosszeitentram, wegen zu starker Spiegelung des unlackierten Stahls konnten Oberflächentemperaturen nicht gemessen werden, vor Ausstrich 2 Tage im Kühlschrank gelagert 94 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.4.1. Analysen des ersten Verfahrens, Serie 4 Freitag, 10. Oktober 2014 11:00 Uhr Abstrich Abstrichfläche (cm²) Anzahl Kolonien Anzahl Bakterien am Ursprungsort Anzahl Bakterien am Ursprungsort/ cm² 1 20 2 200 10 2 20 0 0 0 3 20 2 200 10 4 20 1 100 5 5 20 0 0 0 6 20 0 0 0 7 4 0 0 0 8 4 5 500 125 9 20 10 1000 50 10 20 0 0 0 Inkubation 08.10. - 10.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise 8.4.2. Analysen des zweiten Verfahrens, Serie 4 Montag, 13. Oktober 2014 Abstrich 11:00 Uhr Apathogene Bakterien Pathogene Bakterien 1 keine keine 2 keine 9 keine wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Enterokokken) 10 keine keine 3 4 5 6 7 8 Inkubation 10.10. - 12.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise keine Weiteres Tests Latex- & Katalasetest: neg. & pos. keine keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. keine keine keine vereinzelt Schimmelpilz Latex- & Katalasetest: neg. & pos. Gramfärbung: violette Kokken 95 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.5. Entnahme der Abstriche, Serie 5 Dienstag, 7. Oktober 2014 9:15 - 9:40 Uhr am Boden in 160 cm Höhe an der Decke Raumtemperatur (± 0.1) °C 19,8 19,8 19,8 Luftfeuchtigkeit (± 0.1) %RH 74,2 74,6 74,9 Oberflächentemperatur (±0.5) °C Abstrich Ort Material Abstrich 1 Haltestange vorne lackierter Stahl 18,5 Absrtich 2 Haltestange hinten lackierter Stahl 18,5 Abstrich 3 Haltestange Mitte lackierter Stahl 18,0 Abstrich 4 Sessel Textil 18,5 Abstrich 5 Rückenlehne Textil 18,5 Abstrich 6 Scheibe Glas Abstrich 7 Druckknopf hoch (Haltestange) Plastik 18,0 Abstrich 8 Druckknopf tief (Wand) Plastik 17,5 Abstrich 9 Haltestange Abteil lackierter Stahl 18,0 Abstrich 10 Lüftung/ Heizung lackierter Stahl 18,5 Tramlinie 9 Tramserie zuletzt gereinigt am Cobra Sonntag, 21. September 2014 Einsatzzeiten des Trams 06:00-09:00 & 16:00-18:00 Uhr allgemeiner Zustand des Trams kein Abfall weitere Informationen Stosszeitentram, vor Ausstrich 1 Tag im Kühlschrank gelagert - 8.5.1. Analysen des ersten Verfahrens, Serie 5 Freitag, 10. Oktober 2014 11:00 Uhr Abstrich Abstrichfläche (cm²) Anzahl Kolonien Anzahl Bakterien am Ursprungsort Anzahl Bakterien am Ursprungsort/ cm² 1 20 1 100 5 2 20 20 2000 100 3 20 2 200 10 4 20 13 1300 65 5 20 2 200 10 6 20 0 0 0 7 4 1 100 25 8 4 0 0 0 9 20 1 100 5 10 20 3 300 15 Inkubation 08.10. - 10.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise 96 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.5.2. Analysen des zweiten Verfahrens, Serie 5 Montag, 13. Oktober 2014 Abstrich 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Apathogene Bakterien mässig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) 11:00 Uhr Pathogene Bakterien vereinzelt Staph. Aureus wenig Darmbakterien keine Aussage keine wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) keine Gramfärbung: rote Stäb. reichlich Schimmelpilz überwächst Platte Latex- & Katalasetest: neg. & pos., Gramfärbung: rote Stäb. mässig Darmbakterien keine keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. mässig Staphylococcus aureus **Subkultur (Tests wiederholt: fein pos. & pos. →Vitek-ID: Staphylococcus haemolyticus ) keine Inkubation 10.10. - 12.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise Schimmelpilz überwächst eine Platte! 8.6. Tests 2x Latex- & Katalasetest: pos. & pos. / fein pos. (?) & pos. * Gramfärbung: rote Stäbchen mässig Darmbakterien keine Aussage wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Haut, Bacillus) Weiteres *Subkultur (Tests wiederholt: neg. & pos.) 2x Latex- & Katalasetest: pos. & pos. / fein pos. (?) & pos. ** Latex- & Katalasetest: neg. & pos. Entnahme der Abstriche, Serie 6 Mittwoch, 8. Oktober 2014 8:45 - 9:05 Uhr am Boden in 160 cm Höhe an der Decke Raumtemperatur (± 0.1) °C 20,2 20,2 20,2 Luftfeuchtigkeit (± 0.1) %RH 72,6 72,5 72,6 Oberflächentemperatur (±0.5) °C Abstrich Ort Material Abstrich 1 Haltestange vorne Stahl - Absrtich 2 Haltestange hinten Stahl - Abstrich 3 Haltestange Mitte Stahl - Abstrich 4 Sessel Textil 19,0 Abstrich 5 Rückenlehne Textil 19,0 Abstrich 6 Scheibe Glas - Abstrich 7 Druckknopf hoch (Haltestange) Plastik 18,0 Abstrich 8 Druckknopf tief (Wand) Plastik 18,0 Abstrich 9 Haltestange Abteil Stahl - Abstrich 10 Lüftung/ Heizung Stahl - Tramlinie 17 Tramserie zuletzt gereinigt am 2000 Montag, 29. September 2014 Einsatzzeiten des Trams 06:00-09:00 & 16:00-18:00 Uhr allgemeiner Zustand des Trams kein Abfall weitere Informationen Stosszeitentram, wegen zu starker Spiegelung des unlackierten Stahls konnten Oberflächentemperaturen nicht gemessen werden, am selben Tag ausgestrichen 97 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.6.1. Analysen des ersten Verfahrens, Serie 6 Freitag, 10. Oktober 2014 11:00 Uhr Abstrich Abstrichfläche (cm²) Anzahl Kolonien Anzahl Bakterien am Ursprungsort Anzahl Bakterien am Ursprungsort/ cm² 1 20 0 0 0 2 20 0 0 0 3 20 0 0 0 4 20 3 300 15 5 20 1 100 5 6 20 0 0 0 7 4 0 0 0 8 4 0 0 0 9 20 2 200 10 10 20 6 600 30 Inkubation 08.10. -10.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise 8.6.2. Analysen des zweiten Verfahrens, Serie 6 Montag, 13. Oktober 2014 Abstrich 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11:00 Uhr Apathogene Bakterien Pathogene Bakterien Weiteres wenig Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) vereinzelt Darmbakterien keine wenig Normalflora (Haut) wenig Normalflora (Bacillus) vereinzelt Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut) vereinzelt Normalflora (Haut, Enterokokken) wenig Normalflora (Haut) keine Inkubation 10.10. - 12.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise *Subkultur (Tests wiederholt: neg. & pos. Verdacht durch Morphologie bleibt → Vitek-ID: Latex- & Katalasetest: neg. (?) & pos.*, Staphylococcus warneri Gramfärbung: rote Stäbchen keine keine keine reichlich Darmbakterien mässig Darmbakterien Tests Latex- & Katalasetest: neg. & pos. **Subkultur (Tests wiederholt: neg. & pos.) Latex- & Katalasetest: fein pos. & pos. ** Gramfärbung: rote Stäb. keine Gramfärbung: rote Stäb. Latex- & Katalasetest: neg. & pos., Gramfärbung: violette Kokken keine Latex- & Katalasetest: neg. & pos. keine 98 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.7. Entnahme der Abstriche, vor der Reinigung Freitag, 3. Oktober 2014 18:10 - 18:20 Uhr am Boden in 160 cm Höhe an der Decke Raumtemperatur (± 0.1) °C 20,6 20,6 20,6 Luftfeuchtigkeit (± 0.1) %RH 67,3 67,5 67,8 Oberflächentemperatur (±0.5) °C Abstrich Ort Material Abstrich 1 Haltestange vorne lackierter Stahl 18,5 Absrtich 2 Haltestange hinten lackierter Stahl 18,5 Abstrich 6 Scheibe Glas Abstrich 7 Druckknopf hoch (Haltestange) Plastik 19,0 Abstrich 8 Druckknopf tief (Wand) Plastik 19,0 Tramlinie 9 Tramserie zuletzt gereinigt am Cobra Donnerstag, 18. September 2014 Einsatzzeiten des Trams 06:00-09:00 & 16:00-18:00 Uhr allgemeiner Zustand des Trams kein Abfall weitere Informationen Stosszeitentram, Reinigungstram vorher, gleiches Tram, gleiche Abstrichorte wie bei "nach Reinigung", am selben Tag ausgestrichen - 8.7.1. Analysen des ersten Verfahrens, vor der Reinigung Montag, 6. Oktober 2014 11:00 Uhr Abstrich Abstrichfläche (cm²) Anzahl Kolonien Anzahl Bakterien am Ursprungsort Anzahl Bakterien am Ursprungsort/ cm² 1 20 2 200 10 2 20 0 0 0 6 20 0 0 0 7 4 0 0 0 8 4 0 0 0 Inkubation 03.10. -05.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise 99 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.7.2. Analysen des zweiten Verfahrens, vor der Reinigung Mittwoch, 8. Oktober 2014 Abstrich Apathogene Bakterien 1 keine 2 keine mässig Normalflora (Bacillus & Pseudomonas) vereinzelt Normallora (Haut) vereinzelt Normallora (Haut) 6 7 8 11:00 Uhr Pathogene Bakterien reichlich Darmbakterien reichlich Darmbakterien Weiteres Tests Gramfärbung: rote Stäbchen vereinzelt Schimmelpilz keine vereinzelt Darmbakterien mässig Darmbakterien Gramfärbung: rote Stäbchen Gramfärbung: rote kokkide Stäb., Oxidase: pos. Gramfärbung: rote Stäbchen Gramfärbung: rote Stäbchen Inkubation 06.10. - 08.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise 8.8. Entnahme der Abstriche, nach der Reinigung Freitag, 3. Oktober 2014 17:45 - 18:00 Uhr am Boden in 160 cm Höhe an der Decke Raumtemperatur (± 0.1) °C 20,6 20,6 20,6 Luftfeuchtigkeit (± 0.1) %RH 67,3 67,5 67,8 Oberflächentemperatur (±0.5) °C Abstrich Ort Material Abstrich 1 Haltestange vorne lackierter Stahl 18,0 Absrtich 2 Haltestange hinten lackierter Stahl 18,0 Abstrich 6 Scheibe Glas Abstrich 7 Druckknopf hoch (Haltestange) Plastik 18,0 Abstrich 8 Druckknopf tief (Wand) Plastik 19,0 Tramlinie 9 Tramserie zuletzt gereinigt am Cobra unmittelbar vor Abstrichentnahme Einsatzzeiten des Trams 06:00-09:00 & 16:00-18:00 Uhr allgemeiner Zustand des Trams kein Abfall weitere Informationen Stosszeitentram, Reinigungstram nacher, gleiches Tram und gleiche Abstrichorte wie bei "vor Reinigung", am selben Tag ausgestrichen - 100 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 8.8.1. Analysen des ersten Verfahrens, nach der Reinigung Montag, 6. Oktober 2014 11:00 Uhr Abstrich Abstrichfläche (cm²) Anzahl Kolonien Anzahl Bakterien am Ursprungsort Anzahl Bakterien am Ursprungsort/ cm² 1 20 0 0 0 2 20 0 0 0 6 20 0 0 0 7 4 0 0 0 8 4 0 0 0 Inkubation 03.10. -05.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise 8.8.2. Analysen des zweiten Verfahrens, nach der Reinigung Mittwoch, 8. Oktober 2014 Abstrich 11:00 Uhr Apathogene Bakterien Pathogene Bakterien 1 keine keine 2 keine keine 6 keine keine 7 keine keine 8 keine keine Inkubation 06.10. - 08.10. Temperatur 37° Celsius (± 0.5° C) CO₂-Gehalt 5% (± 0.5%) weitere Ergebnisse/ Hinweise Weiteres Tests 1,2 11,2 11,7 138 13,8 10 70 7 40 660 67,3 70 810 82,9 0 0 0 0 80 8 20 130 13 0 40 4 0 120 13,3 20 170 18,9 0 10 1 0 0 0 0 110 11 0 0 0 0 80 8 10 130 13 10 20 2 0 110 11 20 120 12 0 0 0 40 270 27 0 150 15 Lüftung Heizung o.B. = ohne Befund Total Ø pro Tram Total Tram 13,3 10 100 80 0 0 10 0 30 20 0 0 10 0 40 10 10 0 10 0 30 20 Haltestange Abteil 112 6,67 16,7 11,8 1,67 1,67 1,67 18,3 0 0 0 10 0 0 20 0 20 0 0 0 0 0 6,67 0 10 90 40 110 0 30 10 0 0 20 0 10 0 10 0 0 0 20 0 20 0 20 0 0 0 0 15 18,3 0 0 8,33 0 110 50 0 40 10 0 0 0 0 0 10 0 30 10 0 0 10 0 40 10 Scheibe 11,7 6,67 40 21,7 0 70 130 0 0 20 0 30 20 0 0 20 0 0 20 0 0 20 0 40 30 Rückenlehne 12 0 0 18 40 60 90 0 0 20 40 o.B. 0 0 20 0 0 20 0 20 20 0 40 10 Sessel 6,67 0 0 S = Schimmelpilz 20 18,3 0 40 110 0 0 0 0 30 20 o.B. 0 0 20 0 10 20 0 0 20 0 0 30 Haltestange Mitte 8,33 S P = Pathogene Bakterien Druckknopf tief 11,7 0 50 70 0 0 10 0 20 20 0 0 0 0 0 10 0 30 0 0 0 30 Haltestange hinten 16,7 P A = Apathogene Bakterien Druckknopf hoch 10 0 100 60 0 A 10 S 20 P A 0 S 10 P A 30 S 0 P A 0 S 0 P 0 A 0 S 10 P Total Ø pro Ort 0 A Total Ort 40 S Tram 6 0 P Tram 5 0 A Tram 4 40 S Tram 3 0 P Tram 2 8.9. Haltestange vorne A Tram 1 101 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Übersichtstabelle aller Resultate 102 8.10. Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Vitek-Testergebnisse 8.10.1. Ergebnis Serie 5, Abstrich 9 103 8.10.2. Ergebnis Serie 6, Abstrich 1 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 104 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Anhang 4: Informationen zu Schafblutplatten 105 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 106 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 107 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams 108 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Danksagung ANALYTICA Medizinische Laboratorien AG An dieser Stelle möchte ich mich auch ganz herzlich bei der ANALYTICA Medizinische Laboratorien AG an der Falkenstrasse in Zürich bedanken. Der Laborbetrieb, der seit 1957 im Bereich der medizinischen Labordiagnostik tätig ist, hat mich bei der Durchführung der Studie bereitwillig und grosszügig unterstützt. Das Unternehmen hat mir nicht nur sämtliche Materialien, die für die Untersuchung nötig waren, zur Verfügung gestellt. Ich konnte auch ein betriebseigenes Labor für die Analysen und deren Auswertung nutzen. Ein ganz spezieller Dank geht an Frau Sandra Lienhard, biomedizinische Analytikerin der Abteilung Mikrobiologie, die mich bei der Untersuchung fachkundig angeleitet hat und mir mit ihren umfassenden praktischen wie theoretischen Kenntnissen hilfreich zur Seite gestanden ist. Damit hat sie massgeblich zum Gelingen der Studiendurchführung beigetragen. Verkehrsbetrieben der Stadt Zürich (VBZ) Bedanken möchte ich mich ebenfalls bei den Verkehrsbetrieben der Stadt Zürich (VBZ). Sie haben es mir einerseits ermöglicht, Abstriche in Trams – vor und nach der Reinigung – zu machen. Andrerseits haben die VBZ-Mitarbeitenden des Depots Kalkbreite breitwillig und fundiert Auskunft zu den Reinigungsabläufen, -methoden und -mitteln gegeben. 109 Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams Authentizitätserklärung Hiermit bezeuge ich, Yael Gesù, dass ich die vorliegende Arbeit mit dem Titel „Von Mikroben und ihrer Zuneigung zu Zürcher Trams“ selbständig verfasst und alle Quellen und Hilfsmittel angegeben habe. Zürich, 15. Dezember 2014 _____________________________ Yael Gesù