Dieses Manuskript stimmt nicht unbedingt mit dem Wortlaut der Sendung überein. Es darf nur zur Presse- und Hörerinformation verwendet und nicht vervielfältigt werden, auch nicht in Auszügen. Eine Verwendung des Manuskripts für Lehrzwecke sowie seine Vervielfältigung und Weitergabe als Lehrmaterial sind nur mit Zustimmung der Autorin/des Autors zulässig. hr2-kultur | Camino – Religionen auf dem Weg Sonntag, 07. August 2016, 11:30 Uhr Religion ist zum Fürchten Über göttliche Drohungen und menschliche Ängste Von Detlef Kühn Wenn ein Unwetter aufzieht, Blitze über den Himmel zucken, das ferne Donnergrollen näher kommt, schließlich Blitze direkt über uns aus den dunklen Wolken schießen, der Donner uns unmittelbar trifft wie ein schmerzhafter Schlag, dann empfinden wir Angst, fühlen uns bedroht und den Naturgewalten ausgeliefert. Viel stärker noch war dieses Gefühl der Ohnmacht als die Menschen noch keine Naturwissenschaften kannten, nichts wussten über elektrische Auf- und Entladungen, als ihnen noch keine Blitzableiter Schutz boten. Damals suchten sie die Erklärung für alle Naturerscheinungen in einer anderen, mächtigeren Welt, in der Welt der Götter. Unwetter, Überschwemmungen und Dürren, Hungersnöte und Krankheiten waren für sie Strafen der Götter. Als der junge Martin Luther in ein Gewitter geriet, gelobte er, Mönch zu werden, wenn er das Unwetter überlebt. Für Friedrich Schiller stand fest: "Furcht ist der Geist aller Gottesverehrung." In der Aufklärung hatten der schottische Philosoph David Hume und andere dazu aufgerufen, sich aus den Fesseln religiöser Ängste und Vorschriften zu befreien und der eigenen – von Gott gegebenen – Vernunft zu folgen. Der Mensch sollte sich, wie Kant es formulierte, seines Verstandes bedienen „ohne die Leitung eines anderen“. Er sollte sich durch den Mut zu eigenem Denken aus seiner „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ befreien. Früher noch als die abendländischen Aufklärer des 18. Jahrhunderts, hatten muslimische Denker nach der Vernunft gerufen: in der Zeit der islamischen Aufklärung zwischen dem 9. Und 12. Jahrhundert. Der Philosoph Averroes (1126-1198) und andere lehnten es ab, den Koran wortwörtlich zu verstehen. Sie erklärten, nur über die von Gott gegebene Vernunft könne der menschliche Geist zur Wahrheit der Religion vorstoßen. Einer der frühesten uns bekannten Aufklärer war jedoch der griechische Philosoph Epikur. Schon vor mehr als 2.200 Jahren führte er die Entstehung der Religion auf die menschliche Furcht zurück. Im ersten Jahrhundert vor Christus fasste der römische Dichter Lukrez Epikurs Philosophie zusammen – in dem Lehrgedicht Von der Natur der Dinge. Epikur hielt nichts davon, Unwetter und Naturkatastrophen als göttliche Strafen anzusehen, an Altären Tiere zu opfern, oder „zur Erde zu fallen der Länge nach oder die Hände zu heben nach den Tempeln der Götter“. Epikur wollte nicht, dass die Menschen von sich selbst gering denken. Seine von Lukrez überlieferten Gedanken sind eine frühe und sehr nachdrückliche Religionskritik. Deren Forderung lautet: Statt strafende, zornige Götter zu fürchten und auf ihre Barmherzigkeit zu hoffen, sollten die Menschen „mit ruhigem Geist“ auf die Dinge zwischen Himmel und Erde schauen. Die Menschen aber, so die Kritik von Epikur und Lukrez, machten durch die Religion alles nur noch schlimmer: ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Unseliges Menschengeschlecht, das solches den Göttern Zuschrieb, ja ihnen gar der Zornwut Bitterkeit beigab! Wie viel Seufzer erschuf es sich selbst, wie grässliche Wunden Schlug es auch uns, was kommt noch an Tränen auf unsere Kinder! Lukrez: Von der Natur der Dinge, Wiss. Buchgesellschaft Darmstadt 1993, 499-501 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- ---------- Wie viel Leid der Glaube an zornige Götter seither über die Menschheit gebracht hat, lehrt ein Blick in die Geschichte. Und wir sehen es auch heute. Erbarmungslose Menschen führen in Gottes Namen Krieg und überziehen die Welt mit Terror. Organisationen wie Al Quaida oder der Islamische Staat berufen sich auf den Koran und den Propheten Mohammed. Opfer ihres Heiligen Krieges sind vor allem andere Muslime, denen sie den rechten Glauben absprechen. Aber auch Christen, Juden, Ungläubige. Und immer wieder auch viele Frauen und Kinder. Wie am Ostersonntag 2016 in der pakistanischen Stadt Lahore bei einem Selbstmordanschlag der Taliban gegen Christen. Die Religionen, die doch, geboren aus der Angst, vor allem der Überwindung der Angst dienen sollten, verbreiten selbst Furcht und Schrecken. In seinem Buch Religion und Krieg schreibt der Berliner Religionshistoriker und Ethnologe Hartmut Zinser, allen Religionen wohne eine Tendenz zur Gewalt inne. Denn das Prinzip der Religion ist die Abgrenzung – die Abgrenzung von Menschen mit einem anderen Glauben, mit einer anderen Identität. ------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Religionen tragen zur kulturellen Identität von Menschen bei, von Völkern und Staaten, Familien und Gemeinschaften. Identität hat das zum Inhalt, was man zu verteidigen bereit ist. Zum Leben gehört eben nicht nur die Aufrechterhaltung des Lebens, sondern ebenso die Art und Weise, wie man lebt. Und genau diese Vorstellungen des Lebens werden oder wurden wesentlich durch Religionen formuliert. Religionen geben Antwort auf die Fragen, was darf ich tun, was nicht, was kann ich hoffen, wie soll ich leben. Hartmut Zinser, Religion und Krieg, 68 ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Die religiöse Abgrenzung kann besonders gefährlich werden, wenn der Wahrheitsanspruch einer Religion absolut ist. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Religionen spielen für die Unterscheidungen in „wir“ und „die anderen“ eine herausragende Rolle, bis hin zur Unterscheidung, dass alle Anhänger einer bestimmten Lehre erlöst und alle anderen verworfen sind vor Gott. Religionen sind in ihrem Kern nicht kompromissfähig. Hartmut Zinser, Religion und Krieg, 69 Religionen tragen zur Unterscheidung von Freund und Feind und einem entsprechenden Denken bei. Verschärft wird die Situation noch, wenn die eigene Gottesvorstellungen absolut gesetzt wird. Über das Absolute sind keine Kompromisse möglich. Hartmut Zinser, Religion und Krieg, 185-186 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- ----------- Die polytheistischen Religionen, die an eine Vielzahl von Göttern glaubten, haben sich meist relativ tolerant gezeigt. Da sie mit dem Glauben an unterschiedliche Götter vertraut waren, hielten sie es meist auch für akzeptabel, wenn andere Völker eigene Götter besaßen. Allerdings: Auch polytheistische Völker zogen in den Krieg – mit ihren Göttern. Für deren Beistand brachten sie zuvor Opfer. Aber die religiöse Intoleranz, so sagen viele Religions- und Altertumsforscher, kam erst mit dem Monotheismus in die Welt. Und der wurde durch die heiligen Texte des Judentums begründet. Jene Schriften, die sich die Christen als das Alte Testament zu eigen machten und auf die auch der Prophet Mohammed seine Lehre zurückführte. Bis zu Abraham, der so zum Stammvater aller drei großen monotheistischen Religionen wurde. Der Ägyptologe Jan Assmann hat in den letzten Jahren immer wieder auf eine grausame Episode im Alten Testament verwiesen und auf ihre Bedeutung für die Intoleranz des Monotheismus. Es ist das entsetzliche Gemetzel, das Moses im Namen Gottes anordnet, als er sieht, dass das Volk Israel um ein goldenes Kalb tanzt, statt einzig und allein seinem Gott Jahwe zu huldigen. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Mose trat an das Lagertor und sagte: Wer für den Herrn ist, her zu mir! Da sammelten sich alle Leviten um ihn. Er sagte zu ihnen: So spricht der Herr, der Gott Israels: Jeder lege sein Schwert an. Zieht durch das Lager von Tor zu Tor! Jeder erschlage seinen Bruder, seinen Freund, seinen Nächsten. Die Leviten taten, was Mose gesagt hatte. Vom Volk fielen an jenem Tag gegen dreitausend Mann. 2 Mose 32, 26-28 Einheitsübersetzung ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- In dieser Geschichte zeigt sich laut Assmann eine neue Form der Gewalt. ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Wir wissen natürlich, dass die Geschichte der Menschheit voller Kriege und Gewalt war. Das gilt auch für die Religionen. Dennoch ist mit den monotheistischen Religionen eine bestimmte Form von Gewalt zuallererst in die Welt gekommen: die Gewalt im Namen Gottes. Assmann, Monotheismus und Gewalt, in: Schieder, Die Gewalt des einen Gottes, 37 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------„In aller Ruhe“, wie es der Philosoph Peter Sloterdijk formuliert, und wohl auch zur Überraschung vieler theologischer Laien, gehen evangelische wie katholische Theologen heute davon aus, dass die Texte des Alten Testamentes meist keinen realen Ereignissen entsprechen, sondern Legenden und Mythen sind. Sie wurden, so die Theologen, erzählt und niedergeschrieben, um dem Volk Israel, dem Volk ohne Land, eine Identität zu geben und sein Überleben zu sichern. Der Massenmord am Sinai, kurz nach der Verkündung der Zehn Gebote, kurz nach dem Bundesschluss Gottes mit seinem auserwählten Volk, hätte demnach also vermutlich gar nicht stattgefunden. Auch die anderen Gräueltaten des Alten Testamentes sind vermutlich nicht genau so passiert. Aber sie könnten sich so ereignet haben. Denn die schrecklichen Kriegsgeschehnisse und Völkermorde, die im Alten Testament beschrieben – und als Gottes Wille ausgegeben - werden, entsprachen durchaus den Gepflogenheiten jener Zeiten: Stämme und Völker nicht nur des Vorderen Orients nahmen sich das Land, das sie begehrten, mit Gewalt. Sehr oft wurden keine Gefangenen gemacht. Und alle Menschen in den eroberten Siedlungen getötet – einschließlich Frauen, Kindern und Greisen. Beim Vernichtungsfeldzug gegen die Midianiter ist Moses erzürnt über seine Heerführer: Sie haben nur alle Männer töten lassen. Moses befiehlt ihnen, auch alle männlichen Kinder umzubringen und alle Frauen, die keine Jungfrauen mehr sind. Im Alten Testament schärft Gott seinem auserwählten Volk ein, erbarmungslos zu sein. Wenn in einer eroberten Stadt versucht wird, sein Volk zu einem anderen Glauben zu verführen, dann gibt es nur eins: -----------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Dann sollst du die Bürger dieser Stadt mit scharfem Schwert erschlagen, du sollst an der Stadt und an allem, was darin lebt, auch am Vieh, mit scharfem Schwert die Vernichtungsweihe vollstrecken. 5 Mose 13,16-17 Massenmord wird zu einem heiligen Akt. Kein Erbarmen soll es auch mit der eigenen Familie und guten Freunden geben. Wenn der Bruder oder Sohn, die Frau, die Tochter oder der Freund für einen fremden Glauben werben, erlaubt Gott demjenigen gegenüber keine Nachsicht: ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Du sollst in dir kein Mitleid mit ihm aufsteigen lassen, sollst keine Nachsicht für ihn kennen. Sondern du sollst ihn anzeigen. Wenn er hingerichtet wird, sollst du als Erster deine Hand gegen ihn erheben, dann erst das ganze Volk. Du sollst ihn steinigen und er soll sterben; denn er hat versucht, dich vom Herrn, deinem Gott, abzubringen. 5 Mose, 13, 9-11 --------------------------------------------------------------------------------------------------------Nur auf Vater und Mutter darf man offenbar nicht den ersten Stein werfen. Das dürfen dann nur die Großeltern. Der Gott des Alten Testamentes ist kein lieber Gott, sondern ein strafender, den man fürchtet. Er vertreibt Adam und Eva aus dem Paradies, schickt Plagen, vernichtet Städte, Völker und schließlich, mit der Sintflut, bis auf Noahs Familie die gesamte Menschheit. Für den Ägyptologen Jan Assmann sind alle monotheistischen Religionen potentiell gewalttätig. Sie unterscheiden strikt zwischen wahr und falsch, kennen nur entweder oder, fordern bedingungslose Treue. Man kann auch sagen: Kadavergehorsam. Blinden Gehorsam, der keine kritischen Fragen stellt. Der Philosoph Peter Sloterdijk sieht Gläubige durch eine Erzählung wie die vom Goldenen Kalb in einen unlösbaren Widerspruch verstrickt: ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Die Gläubigen sehen sich mit der Aufforderung konfrontiert, unbedingtes Vertrauen zu Gottes Erbarmen zu fassen weil Gott sie andernfalls unbarmherzig vernichtet. I In: Schieder, Die Gewalt des einen Gottes, 135-36 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Hier wird, sagt Sloterdijk, das Vertrauen zu Gott überlagert von Furcht. Auch er betont, dass die Grundstrukturen des religiösen Denkens, wie sie sich in der Schreckensgeschichte von Goldenen Kalb und anderen Stellen des Alten Testaments zeigen, in wesentlichen Elementen in das Christentum und den Islam übergegangen sind. Und in der Tat hat das Christentum trotz des Gebotes der Nächstenliebe oft genug mit Krieg, Folter und Hinrichtungen für die vermeintliche Sache Gottes gekämpft. Es gab Kreuzzüge, um das von den Muslimen besetzte Heilige Land zurück zu erobern. Abweichler wurden von der Inquisition gefoltert, wurden als Ketzer verbrannt. In den Zeiten der Hexenverfolgung wurden Frauen und Männer hingerichtet, weil sie angeblich vom Teufel besessen waren. Katholiken und Protestanten kämpften im 30-jährigen Krieg gegeneinander. Die Eroberung neu entdeckter Länder wurde von den Kirchen unterstützt. Mit der Begründung, den unwissenden Völkern könne man so die Erlösung bringen - die frohe Botschaft des Christentums. Heute ist es der Islam, der das Gewalt-Potential des Monotheismus auf dramatische Weise zeigt. Im Streit um den wahren Glauben kämpfen Schiiten und Sunniten gegeneinander. Zur Durchsetzung des wahren Glaubens verüben muslimische Terroristen Anschläge rund um den Erdball. Immer mehr gerät dabei der Koran in den kritischen Blick, denn auf den berufen sich alle, die in den Djihad ziehen, in den sogenannten Heiligen Krieg, ob in den Truppen des Islamischen Staates in Syrien, Libyen und im Irak, in der Terrormiliz des Boko Haram in Nigeria oder als Attentäter auf der ganzen Welt. Der – in poetischer Versform verfasste – Koran fordert dazu auf Gutes zu tun, denn Allah liebt alle, die Gutes tun. Der Koran preist die Barmherzigkeit Gottes. Und das in vielen seiner Verse. Aber diese Barmherzigkeit steht nur den Rechtgläubigen zu, die den Worten Allahs und seines Propheten Mohammed folgen. Sie dürfen auf die Freuden des Paradieses hoffen. Wer aber als Muslim den Geboten des Korans nicht hinreichend nachkommt, dem drohen im Jenseits Höllenqualen. Und wer im Diesseits zu den Ungläubigen gezählt wird, dem droht die Unterwerfung oder - sofern er sich nicht bekehren lässt – gar der Tod. In Sure 47 heißt es: ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Und wenn ihr die Ungläubigen trefft, dann herunter mit dem Haupt, bis ihr ein Gemetzel unter ihnen angerichtet habt; dann schnüret die Bande. Sure 47 4,4 Und dann entweder Gnade hernach oder Loskauf, bis der Krieg seine Lasten niedergelegt hat. Sure 47, 4,5 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Auch Sure 2 fordert zum Kampf gegen die Ungläubigen auf: -------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Und erschlagt sie, wo immer ihr auf sie stoßt, und vertreibt sie, von wannen sie euch vertrieben; denn Verführung ist schlimmer als Totschlag. Sure 2, 191 So sie jedoch ablassen, siehe, so ist Allah verzeihend und barmherzig. Sure 2, 192 Bekämpft sie, bis die Verführung aufgehört hat, und der Glaube an Allah da ist. Und so sie ablassen, So sei keine Feindschaft, außer wider die Ungerechten. Sure 2, 193 ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Die Barmherzigkeit beginnt, sobald die Andersgläubigen Allah anerkennen. Für den korantreuen Muslim gibt es nur eine wahre Religion. Die muss weltweit herrschen. Der jetzt in Berlin arbeitende Psychologe Ahmad Mansour stammt aus einem kleinen arabischen Ort nahe Tel Aviv. In seinem Buch „Generation Allah“ erinnert er sich an seine Zeit in der Koranschule und daran, wie sich das Verhalten des von ihm wie ein Vater verehrten Imam veränderte: -------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Plötzlich sprach er nicht mehr von poetischen Suren. Stattdessen malte er uns bedrohliche Szenarien aus. Er beschwor eine (muslimische) Gemeinschaft der Gläubigen, die überall auf der Welt bekriegt und unterdrückt werde. Generation Allah, 60 Christen, Amerikaner, Europäer, Demokraten - einer schlimmer als der andere, allesamt unsere Gegner und allesamt des Teufels. Ihnen allen stünde ein grausamer Tod bevor, die schlimmsten Qualen der Hölle. Generation Allah, 61 Eindringlich sprach er vom Fluch, der auf den Juden laste, von der unausweichlichen Wiedereroberung Spaniens, der Islamisierung Europas wie des gesamten Erdkreises. Weinend haben die Imame uns versprochen: „Wir werden Rom erobern!“ Weinend beteten sie zu Allah, damit sie diesen Sieg noch erleben mochten. Generation Allah, 60 ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------In Leipzig und Dresden wurde die umstrittene Bürgerbewegung Pegida gegründet: „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung Europas“. Von den Medien wird sie „islamfeindlich“ genannt. Aber die Furcht vor dem Islam nimmt zu. Auch immer mehr Muslime haben Angst - vor ihren eigenen Glaubensbrüdern. Sie machen sich kritische Gedanken über ihre Religion und darüber, wie man sie mit den Grundsätzen von Demokratie und Glaubensfreiheit in Einklang bringen kann. Der aus Marokko stammende Schriftsteller Tahar Ben Jelloun klagt: --------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Alles, was mit dem Islam zu tun hat, ist zur Tragödie geworden. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------Jelloun kritisiert, es gebe in keinem einzigen islamischen Staat die Trennung von Staat und Religion, die für die Freiheit so wichtig sei. Nicht einmal mehr in der Türkei. Die Terroranschläge reißen nicht ab, und so fordert Jelloun in seinem Buch „Der Islam, der uns Angst macht“: -------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Wir (Muslime) können nicht länger schweigen oder uns damit begnügen, zu sagen: „Das ist nicht der Islam.“ Aber woher kommt dieser Islam, der Angst macht, der bedroht, tötet, köpft und Terror sät? ------------------------------------------------------------------------------------------------------------Woher dieser Islam kommt, das wird kontrovers diskutiert. Die Terroristen und Anhänger des bewaffneten Kampfes hätten den Koran falsch verstanden, heißt es immer wieder. Die Aufrufe im Koran zum Kampf gegen Ungläubige seien besonderen Umständen im siebten Jahrhundert geschuldet. Der Koran müsse mit Vernunft gelesen werden. Aber die muslimischen Gotteskrieger sehen sich in derselben Situation wie einst Mohammed. Er und seine Nachfolger eroberten innerhalb weniger Jahrzehnte, beginnend mit dem schon damals heiligen, aber noch polytheistischen Mekka, fast den gesamten Orient, einschließlich großer Gebiete des christlichen Oströmischen Reiches. Wenig später auch die westlichen Länder des Orients und Spanien. All dies nicht mit friedlicher Mission, sondern durch Feldzüge. Die heutigen Gotteskrieger wollen deshalb weiter für die Verteidigung und Ausbreitung des Islam kämpfen. Bis Rom, Europa und die ganze Welt nur noch dem Willen Allahs gehorchen und überall das göttliche Recht herrscht, die Scharia. In Koranschulen in Deutschland lernen muslimische Kinder Arabisch, um den Koran in dieser als heilig geltenden Sprache lesen zu können. Vermutlich erfahren sie dann auch, dass im 51. Vers von Sure 5 die Freundschaft mit Juden und Christen verboten wird. Und in Sure 9, Vers 30, heißt es: -------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Zitat Und sprechen die Nazarener „Der Messias ist Allahs Sohn.“ Sie führen ähnliche Reden wie die Ungläubigen. Allah schlage sie tot! ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------Laut Koran ist Jesus Allahs Prophet. Aber ihn als Gottes Sohn zu bezeichnen, ist Gotteslästerung. Seit Jahrtausenden haben Religionen Furcht erzeugt. Durch Worte wie Taten. Der Religionshistoriker Hartmut Zinser stellt fest: -------------------------------------------------------------------------------------------------------------Zitat Alle Religionen (sind) aus sich selber nicht friedfertig und ihnen (muss) der Frieden im Zweifelsfall auch aufgezwungen werden. Dabei wird man von den Religionen fordern (müssen), dass sie andere Religionen nicht nur ertragen, sondern als gleichberechtigt und gleichwürdig anerkennen. Hartmut Zinser. Religion und Krieg, 186 --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Immer wieder zogen Völker mit ihren Göttern oder für ihren Gott in den Krieg. Abtrünnige wurden getötet, Menschen den Göttern als Opfer dargebracht. Die Azteken rissen ihnen die noch schlagenden Herzen aus dem Leib. Atheisten sind sich daher sicher: „Wir brauchen keinen Gott“. So nannte denn auch der Franzose Michel Onfray sein Buch, in dem er erklärt, warum man heute Atheist sein müsse. Aber die Religion lässt sich nicht abschaffen: Das Bedürfnis nach ihr ist Teil des Menschen. Und im Zweifelsfall findet er sie auch in politischen Ideologien. Er sucht einen Sinn für seine Existenz, ist anfällig für Verheißungen, hofft auf ein Paradies – im Himmel oder auf Erden. Und dann folgen Millionen Menschen nicht einem Gott, sondern einer Idee. Dann töten sie alle, die sich dieser Idee in den Weg stellen, überfallen andere Völker, um der Idee zum Sieg zu verhelfen. Dann triumphieren irdische Heilsbringer wie Hitler, Stalin oder Mao Tse-tung. Dann sterben Millionen Menschen. Dann wird in Kambodscha ein Viertel des Volkes getötet, weil Staatschef Pol Pot überall Verrat wittert und Untreue. Religion ist zum Fürchten. Ganz besonders der Absolutheitsanspruch des Monotheismus. Aber in erster Linie muss sich der Mensch nicht vor der Religion fürchten. Sondern grundsätzlich vor sich selbst. Es ist seine angeborene, zu allem bereite Aggressivität, seine Unduldsamkeit, die auch in Religionen und Ideologien zur bestimmenden Kraft werden kann. Der Mensch sorgt für die dunklen Wolken, die immer wieder, seit Kain seinen Bruder Abel erschlug, am Himmel aufziehen. ----------------------------------------------------------------------------ENDE------------------------------------