Häufiges Umbullen Ursachen und Maßnahmen M. Feldmann Klinik für Rinder Arbeitsbereich Bestandstiermedizin Tierärztliche Hochschule Hannover Definition • Wiederholtes regelmäßiges Umrindern (alle 18-24 Tage) „Repeat breeder syndrome“ • Keine krankhaften Veränderungen bei Routine-Untersuchung • Zustand reduzierter oder aufgehobener Fruchtbarkeit, meist vorübergehend Vorkommen und Bedeutung • Eine der wichtigsten Fruchtbarkeitsstörungen • 5 bis 20 % der Tiere betroffen • Variation zwischen und innerhalb der Betriebe • Bestimmter Anteil der Tiere ist normal fruchtbar (NRR Kühe 60 %; Färsen 75-80 %) Anteil „Repeat breeders“ bei verschiedenen Konzeptionsraten Konzeptionsrate (%) Tragend nach 3. KB (%) Repeat breeders (%) Tragend nach 5. KB (%) 70 97 3 100 60 94 6 99 50 12 Problem > 1588 % Repeat breeders 94 40 78 22 92 30 66 34 83 20 49 51 67 Reneau u. Conlin, 1984 Ökonomische Bewertung Beispiel Milchkuh 7300 kg Leistungen je Laktation v.K. u. GF-Kosten DB je Kuh und Jahr DB je Kuh u. Lakt. 1200 5000 1154 1146 1129 1153 1100 1086 4000 990 1 x Umrindern = 50 € 3000 2649 2818 2738 1000 900 2892 800 700 2000 1520 1592 1665 1739 600 500 1000 400 365 385 405 425 Zwischenkalbezeit Over 2006 DB II (€/Kuh) Leistung (€/Kuh) 1040 Ursachen „Wiederholtes Umrindern“ Künstliche Besamung Genetische Faktoren Umwelt • Befruchtungsstörung • Embryonale Mortalität Dysfunktion Uterus u. Eileiter Dysfunktion Ovar Wiederholtes Umrindern Ursachen „Befruchtungsstörung“ Inseminationsfehler • Nicht termingerechte Besamung BRUNSTBEOBACHTUNG!!! Ursachen „Befruchtungsstörung“ Inseminationsfehler • Nicht termingerechte Besamung ++++++ - - ++++++ - ++++++ - OVU OVU Brunst 0 6 12 18 24 30 36 42 48 Std Ursachen „Befruchtungsstörung“ Verzögerte Ovulation Diagnose • Verdacht bei wiederholtem Umrindern • Verdacht bei verlängerter Brunstdauer • Bestätigung durch wiederholte Follikelkontrolle Ursache • LH-Mangel, nicht zeitgerechter LH-Peak Risikofaktoren • Kurze Rastzeit (< 42 Tage) • Hohe Milchleistung • Energiemangel • Chronische Erkrankungen Ursachen „Befruchtungsstörung“ Verzögerte Ovulation Maßnahmen • Anpassung des KB Termins 1. KB in zweiter Brunsthälfte 2. KB 24 h später • Hormonelle Ovulationseinleitung bei der KB GnRH HCG • Risikofaktoren minimieren Ursachen „Befruchtungsstörung“ Endometritis subclinica mit Routinediagnostik nicht nachweisbar Klinische Endometritis Subklinische Endometritis Uterusmilieu nicht geeignet für Spermien/Embryo Ursachen „Befruchtungsstörung“ Endometritis subclinica Gegenmaßnahmen Ausstrich Gebärmutter Uterusinfusion Tag 1 nach KB Ursachen „Embryonale Mortalität“ Ovulation Fertilisation Embryonale Phase 35 % Fetale Phase Perinatale Phase 5% Ursachen „Embryonale Mortalität“ Embryonale Phase von Fertilisation bis ca. Tag 42 Frühembryonale Phase bis Implantation des Embryos ca. Tag 20-24 Verluste von ca. 75% der EM Normaler Brunstzyklus Diagnostik Problem !! Spätembryonale Phase Tag 20-24 bis 42 Verluste von ca. 25% der EM Verlängerter Brunstzyklus Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Trächtigkeit Ovulation mit qualitativ „guten“ Eizellen IGF1 Östrogen LH-Peak Ovulation Gelbkörper Progesteron-Produktion („Trächtigkeitshormon“) Embryo Interferon-τ-Produktion Ursachen „Embryonale Mortalität“ • Infektionen/Entzündliche Prozesse • Stress • Zu hoher Proteinanteil in der Futterration • Qualität der Eizelle • Progesteronmangel Kausale Zusammenhänge zwischen diesen Ursachen erschweren die Erkennung bezüglich einer therapeutischen/präventiven Intervention Entzündliche Prozesse und „Embryonale Mortalität“ • Direkte Einwirkung von Erregern Hauptsächlich Viren BHV-1 (IBR) BVD Infektion eines Embryos mit BHV-1 oder BVD hat direkte embryolytische Wirkung & führt zu einer Beeinträchtigung der Funktion der Eileiter Entzündliche Prozesse und „Embryonale Mortalität“ • Indirekte Wirkung Systemisch pathogene Keime haben negative Wirkung auf die embryonalen Überlebensraten Fieber → Denaturierung der embryonalen Proteine Entzündung → Luteolyse Embryonale Mortalität infolge erhöhter PGF2a-Synthese Entzündung PGF2αα CL Progesteron Embryo Ovar Erkrankungen – Milchleistung ( Fleischer et al. 2001 ; J. Dairy Sci 84 , 20252025-2035 ) Erkrankungshäufigkeit in % Mastitis Klauenkrankheiten Ovarialzysten Endometritis Retention secundinarum Milchfieber Milchleistung ( x 1000 kg ) Entzündliche Prozesse und „Embryonale Mortalität“ Hansen 2004 Ursachen „Embryonale Mortalität“ • Infektionen/Entzündliche Prozesse • Stress • Zu hoher Proteinanteil in der Futterration • Qualität der Eizelle • Progesteronmangel Kausale Zusammenhänge zwischen diesen Ursachen erschweren die Erkennung bezüglich einer therapeutischen/präventiven Intervention Stress und „Embryonale Mortalität“ Hitze www.braunviehaustria.at Überbelegung Stress und „Embryonale Mortalität“ % Thermoneutral Hitzestress 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Gute bis hervoraggende Schlechte bis mäßige Qualität der Embryonen Putney, 1988 Stress und „Embryonale Mortalität“ Möglichkeiten zur Gegensteuerung: • Prävention viraler Krankheiten und Entzündungen • Stress vermeiden • Hemmung der PGF2α-Synthese durch: Omega-3-Fettsäuren Hemmung der PGF2a-Synthese mittels Omega-3-Fettsäuren Omega-3-FS Entzündung PGF2αα CL Progesteron Embryo Ovar Effekt einer Fischmehlsupplementation auf die Prostaglandinfreisetzung des Uterus PGFM [ng/ml] 400 Kontrollgruppe 350 300 Omega-3-Fütterung 250 200 150 100 50 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 Stunden nach Oxytocingabe (Mattos et al. 2002, Petit et al. 2002, Mattos et al. 2004) Ursachen „Embryonale Mortalität“ • Infektionen/Entzündliche Prozesse • Stress • Zu hoher Proteinanteil in der Futterration • Qualität der Eizelle • Progesteronmangel Kausale Zusammenhänge zwischen diesen Ursachen erschweren die Erkennung bezüglich einer therapeutischen/präventiven Intervention Futterprotein und „Embryonale Mortalität“ Trächtigkeitsraten bei hohem Proteinanteil in der Ration Trächtigkeitsrate (%) 75 Studie A 160 Tiere Studie B 155 Tiere 50 25 0 < 19 > 19 PUN (mg/dl) PUN=Plasma-Harnstoff-N < 19 > 19 MUN (mg/dl) (Butler et al., 1996) uteriner pH-Wert Zusammenhang zwischen Plasmaharnstoff und uterinem pH-Wert Plasma-Harnstoff-N [mg/dl] Butler, 1998 Futterprotein und „Embryonale Mortalität“ Futterration regelmäßig durch die Milchdaten kontrollieren. Falls die Ration in Bezug auf das Energie-Eiweiß-Verhältnis unausgeglichen ist → korrigieren. Ursachen „Embryonale Mortalität“ • Infektionen/Entzündliche Prozesse • Stress • Zu hoher Proteinanteil in der Futterration • Qualität der Eizelle • Progesteronmangel Kausale Zusammenhänge zwischen diesen Ursachen erschweren die Erkennung bezüglich einer therapeutischen/präventiven Intervention Qualität der Eizelle „Embryonale Mortalität“ Qualität der Eizelle wichtig für das Überleben des Embryos Schlechte Qualität bei • spätem Eintreten der 1. Ovulation nach Abkalbung ausgeprägte negative Energiebilanz!! Energetische Situation in der Laktation katabol anabol 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Laktationsmonate Futteraufnahme Milchleistung Körpergewicht Modifiziert nach Bell ( 1995 ) IGF-1 Östrogen LH-Peak Ovulation LH Peak liver Ovulation CL IGF1 Geburt Ö 3 W pp Anovulation IGF-1 Ö IGF-1 Östrogen kein LH-Peak keine Ovulation Kawashima et al. 2007 50 a b Erstbesamungserfolg (%) 40 30 20 10 0 ∆BCS≤1 ∆BCS>1 Tsousis, 2005 Qualität der Eizelle „Embryonale Mortalität“ • Möglichkeiten zur Gegensteuerung: Zykluskontrolle der Tiere 4 Wochen p.p. Eventuell Hochleistungstiere erst besamen, wenn die NEB beseitigt ist (ca. Tag 75 p.p.) Energieversorgung durch regelmäßige Kontrolle der Milchdaten überprüfen BCS/RFD Messung Milcheiweißgehalt Winterfütterung Laktation 1. Drittel 2. Drittel 3. Drittel Milcheiweißgehalt Sommerfütterung Laktation 1. Drittel 2. Drittel 3. Drittel BCS: Normalbereich 5,0 BCS 4,5 4,0 3,5 3,0 2,5 2,0 trocken früh Mitte spät trocken Qualität der Eizelle „Embryonale Mortalität“ Qualität der Eizelle wichtig für das Überleben des Embryos Schlechte Qualität bei • spätem Eintreten der 1. Ovulation nach Abkalbung • Progesteronmangel vor der Ovulation Progesteronmangel und „Embryonale Mortalität“ Mangelhafte Progesteronwerte durch: • erhöhten Abbau in der Leber • mangelhafte Produktion vom Corpus luteum Zusammenhang zwischen der Leberdurchblutung und Progesteronabbau Progesteron-Clearence [ng/min/kg KGW0,75] 0,50 0,45 0,40 0,35 0,30 0,25 0,20 0,05 0,10 0,15 0,20 0,25 0,30 Leberdurchblutung [l/min/kg KGW0,75] Sangsritavong et al., 2002 Progesteronmangel und „Embryonale Mortalität“ • Möglichkeiten zur Gegensteuerung: Progesteronsupplementation der Tiere kann zu verbesserten Trächtigkeitsraten führen 30 Trächtigkeitsraten bei versch. Hormonprogrammen 25 % 20 15 10 5 0 GnRH/PGF2α GnRH/PGF2α+PRID Kontrollgruppe López-Gatius, 2001 Ursachen „Embryonale Mortalität“ • Entzündliche Prozesse • Hitze/Stress • Zu hoher Proteinanteil in der Futterration • Qualität der Eizelle • Progesteronmangel nach der Besamung Kausale Zusammenhänge zwischen diesen Ursachen erschweren die Erkennung bezüglich einer therapeutischen/präventiven Intervention Progesteronmangel und „Embryonale Mortalität“ Eine mangelhafte Progesteronproduktion nach der Besamung bedingt: Mangelhafte embryonale Entwicklung und damit einhergehend eine verringerte Konzentrationen des antiluteolytischen Proteins Interferon-τ Zusammenhänge zwischen Progesteronspiegel, Größe u. Produktion von Interferon τ des Embryos Progesteronmangel und „Embryonale Mortalität“ Möglichkeiten zur Gegensteuerung: • Progesteronsupplementation ab Tag 5 p.i. (z.B. von Tag 5 bis Tag 19) kann zu höheren Trächtigkeitsraten führen) Progesteronmangel und „Embryonale Mortalität“ Trächtigkeitsraten nach Progesteronsupplementation % Mit Progesteron Ohne Progesteron 80 70 60 50 40 30 20 10 0 Larson et al. 2007 Villaroel et al. 2004 (1. & 2. Laktation) Progesteronmangel und „Embryonale Mortalität“ Möglichkeiten zur Gegensteuerung: • Progesteronsupplementation ab Tag 5 p.i. (z.B. von Tag 5 bis Tag 19) kann zu höheren Trächtigkeitsraten führen) • hCG Gabe an Tag 5 p.i. kann die Anzahl der Gelbkörper erhöhen und zu einer Verbesserung der Trächtigkeitsrate führen Effekt einer hCG Gabe am Tag 5 auf die Fertilität in Abhängigkeit von der Körperkondition Trächtigkeitsrate [%] 60 hCG 50 40 K hCG K 30 hCG K 20 10 Zunahme Unverändert Änderungen des BCS Abnahme (>1) Zusammenfassung • Bei Hochleistungskühen ist infolge des hohen Stoffwechsels und der Empfindlichkeit gegenüber infektiöser Erkrankungen das Risiko von Fruchtbarkeitsstörungen erhöht • Embryonale Mortalität ist die Hauptursache der Fertilitätsstörungen bei Hochleistungskühen • Eine erhöhte embryonale Mortalität ist vorwiegend auf peripartale Stoffwechselstörungen zurückzuführen • Bei entsprechenden Vorsorge- und Behandlungsmaßnahmen lassen sich auch zufrieden stellende Fruchtbarkeitsergebnisse erzielen