Fakultät für Informatik – Humanoids and Intelligence Systems Lab – Institut für Anthropomatik Mittwochs von 12:15-13:45 Erkrankungen des Nervensystems Neurologisch – Neurochirurgische Krankheitsbilder Uwe Spetzger Neurochirurgische Klinik, Klinikum Karlsruhe Strategie Anamnese (Erhebung der Krankengeschichte - Dialog) Klinische & neurologische Untersuchung Apparative Diagnostik Therapieplanung und Therapie Nachuntersuchungen (follow-up) Neurologische Erkrankungen Zirkulationsstörungen (zerebral / spinal) (Infarkt, Thrombose, Blutung, etc.) Raumforderungen (zerebral / spinal) (benigne & maligne Tumore, Blutungen, etc.) Infektionen (zerebral / spinal) (bakterielle, virale, parasitäre Entzündungen) (Autoimmunerkrankungen) V Entzündungen des Nervensystems 18 Bakterielle Entzündungen des Gehirns und seiner Häute 18.1 Akute, eitrige Meningitis 18.2 Tuberkulöse Meningitis 18.2.1 Andere Infektionen mit Mykobakterien 18.3 Andere bakterielle Meningitisformen 18.3.1 Traumatische Meningitis 18.3.2 Listerienmeningitis 18.4 Hirnabszesse 18.5 Embolisch-metastatische Herdenzephalitis 18.6 Treponemeninfektionen: Lues und Borreliose 18.6.1 Lues 18.6.2 Neuroborreliose 18.7 Clostridieninfektionen 18.7.1 Tetanus 18.7.2 Botulismus 18.8 Andere bakterielle Infektionen 18.8.1 Rickettsiosen: Fleckfieber-Enzephalitis 18.8.2 Leptospirose 18.8.3 Neurobruzellose 18.8.4 Aktinomykose und Nokardiose 18.8.5 Legionellose 18.8.6 Zerebraler M. Whipple 437 438 445 446 447 447 447 447 450 450 450 454 455 456 458 458 458 458 458 458 459 459 19 Virale Entzündungen und Prionkrankheiten 19.1 Virale Meningitis (akute, lymphozytäre Meningitis) 19.2 Chronische, lymphozytäre Meningitis 19.2.1 Morbus Boeck 19.3 Akute Virusenzephalitis 19.3.1 Herpes-simplex-Enzephalitis (HsE) 19.3.2 Zosterinfektionen (Varizella-Zoster-Virus, VZV) 471 19.3.3 Epstein-Barr-Virus-Infektion (EBV) 19.3.4 Zytomegalie-Virus-Infektion (CMV) 19.3.5 Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) 19.3.6 Coxsackie- und Echovirus-Meningitis 19.3.7 Poliomyelitis acuta anterior (Polio) 19.3.8 Myxoviren 19.3.9 Rabies (Lyssa, Tollwut) 19.3.10 Weitere akute Virusmeningoenzephalitiden 19.4 HIV-Infektion (Neuro-AIDS) 19.4.1 Neurologische Beteiligung bei HIV-Infektion 19.4.2 Opportunistische Infektionen bei HIV 19.4.3 HIV-assoziiertes ZNS-Lymphome 19.4.4 Die HIV-assoziierte Demenz 19.5 Prionkrankheiten 19.5.1 Creutzfeldt-Jacob-Krankheit (CJK) 19.5.2 Neue Variante der CJK 463 464 466 466 467 468 20 Entzündungen durch Protozoen, Würmer und Pilze 20.1 Protozoenerkrankungen 20.1.1 Toxoplasmose 20.1.2 Amöbiasis 20.1.3 Malaria 20.2 Wurminfektionen 20.2.1 Zystizerkose 20.2.2 Trichinose 20.2.3 Echinokokkose 20.2.4 Hundespulwurm 20.3 Pilzinfektionen 20.3.1 Spezielle Aspekte einzelner Pilzerkrankungen 489 490 490 491 491 492 492 492 492 492 493 494 473 473 473 473 474 475 475 476 477 478 479 481 482 482 482 485 Neurologische Erkrankungen Gefäßmißbildungen (zerebral / spinal) (Aneurysmen, Angiome, Cavernome, etc.) Epilepsien (nicht epileptische Anfälle) Stoffwechselerkrankungen (Speicherkrankheiten) (Vergiftungen, Arzneimittel, Rauschmittel, etc.) Epilepsie Anfall, Fallsucht oder auch Krampfleiden genannt. Epilepsie bezeichnet ein Krankheitsbild mit einem spontan auftretenden Krampfanfall. Epileptischer Krampfanfall ist Folge anfallsartiger (paroxysmaler) synchroner Entladungen von Neuronengruppen im Gehirn, die zu plötzlichen, unwillkürlichen und stereotypen Verhaltens- oder Befindensstörungen führen. Zur Diagnostik gehört die sorgfältige Anamnese mit Schilderung des Anfalls-muster. Danach wir eine Hirnstromkurve (Elektroencephalogramm = EEG) abgeleitet. Zur weiteren Routinediagnostik gehört auch ein MRT des Gehirns. Die Therapie besteht zunächst in der Gabe Antikonvulsiva (krampfunterdrückenden Medikamenten). In therapieresistenten Fällen kommen auch operative Methoden bis hin zur chirurgischen Entfernung der epilepsie-auslösenden Hirnareale zum Einsatz. Epilepsie betrifft nicht nur Menschen, sondern kann in ähnlicher Form auch bei verschiedenen Tieren auftreten. Epilepsie Ca. 10 % aller Menschen zeigen im EEG eine erhöhte Krampfbereitschaft. Ca. 4–5 % aller Menschen erleiden einmal oder wenige Male in ihrem Leben (meistens unter besonderen Einwirkungen) einen epileptischen Anfall (Gelegenheitskrämpfe, Fieberkrämpfe). Pro Jahr tritt bei etwa 60 von 100.000 Kindern eine Epilepsie neu auf. Die Inzidenz (Häufigkeit des Neuauftretens) von Epilepsien ist abhängig vom Lebensalter. Fokale Anfälle - Herdanfälle Beginn des Anfallsgeschehens in einer umschriebenen Region des Gehirns. Insbesondere ein Anfallsbeginn mit einer Aura hat einen hohen Aussagewert darüber, in welcher Hirnregion der Anfall seinen Ursprung hat, denn sie ist das Ergebnis einer umschriebenen Aktivierung von Nervenzellverbänden. Generalisierte Anfälle Der Anfall wird als generalisiert bezeichnet wenn er das gesamte Hirn betrifft und der Anfallsverlauf und die Symptome keine anatomisch begrenzte Lokalisation zeigen. Absencen: Bewustsinspausen (petit-mal) Tonisch-klonische Anfälle: „große“ Anfall mit Bewusstseinsverlust, Sturz, Verkrampfung und rhythmischen Zuckungen der Arme und Beine, Zungenbiss (grand-mal) Astatische Anfälle: Sturzanfälle mit atoner Muskulatur Status epilepticus: Anfallsserie (kann lebensbedrohlich sein) Neurologische Erkrankungen Erkrankungen des PNS & Myopathien (Neuropathien, etc.) Systemerkrankungen des ZNS (Nukleäre Atrophien, Spinalparalyse) (Amyotrophe Lateralsklerose ALS, etc.) Psychiatrische Störungen (Schizophrenie, Psychose, Neurose, Angst) (Anpassungsstörungen, Persönlichkeitsstörungen) Courtesy of Joni Harbeck „Gutartige Gehirntumore“ Hirneigene Tumore (WHO Grad I und II) Astrozytome, Oligodendrogliome, Ependymome, etc. Meningeome Hypophysenadenome Neurinome Hämangioblastome Dysplasien (Hamartome, Kolloidzysten, Dermoide, etc.) (WHO Grad I und II) (inkl. Fehlbildungen) (Hirnnerven VIII, V, IX, VII, etc.) (Kleinhirn und Hirnstamm) Definition – „gutartig“ Morphologie / Histologie (WHO -Klassifikation) Wachstumsverhalten (Zellteilungsindex / infiltrativ?) Lokalisation (eloquente Areale, HN-Kontakt, etc.) Größe (Kompressionseffekt, Vorschädigung) Ärztliche Einschätzung (subjektive Sichtweisen!) Klinische & statistische Ergebnisse (outcome) Hirneigene Tumore gutartig (benigne) Astrozytom (WHO Grad I – pilozytisches Astrozytom) Lokalisation HSG bei Kindern Operativ gute Behandlungsergebnisse Astrozytom (WHO II) Lokalisation und Größe ist entscheidend Operativ gute Behandlungsergebnisse Rezidivrate (98%) Mittlere Dauer des Wiederauftretens (5 – 13 Jahre) Mischgliome (Oligoastrozytome, Oligodendrogliome) Craniopharyngeome Kleiner, intrasellärer Tumor Endonasale oder transkranielle Operation Komplette Tumorresektion selten möglich Keine aussagekräftige Statistik! Großer, supra- und intrasellärer Tumor Operative Therapie nie radikal möglich Neurologische und endokrinologische Defizite Infiltration der Umgebung (ossär – neurogen – vaskulär) Operative Morbiditätsrate (12 – 27%) Sehr hohe Rezidivrate (21 – 69 %) Prognose – „gutartig“ Intramedulläres Cavernom HW 6/7 OP eines temporalen Cavernoms (1999) Bekanntes Cavernom Kopf & HWS Akuter inkompl. Querschnitt Spinale Blutung & Ödem Kortison & Notfall-OP OP – intradedulläres Cavernom Teilhemilaminektomie Mikrochirurgische Resektion Entfernung subdurales Blut Gute neurologische Restitution (HW 6/7 rechts) Spinales Astrozytom - Symptome 11 Jahre / männlich Muskelschwäche und Dysästhesien spinale Ataxie progrediente Tetraspastik gutes Ansprechen auf Dexamethason (rasch progredient) (leichtgradige Defizite) postoperativ postoperativ KM postoperativ KM Klinische Symptomatik (spinale av-Fistel) 43 Jahre / männlich Muskelkrämpfe, Dysästhesien (Waden & Füße) schleichende Blasenstörung milde Paraspastik Orthopäde / Neurologe / Radiologe (MRT - LWS und BWS) (urologisch o.B.) (sensomotorische Defizite) Operative Therapie Mikrochirurgische Resektion der dAV-F SOC lateraler Zugang Koagulation des Fistelpunktes Resektion spinale Dura Angiographie postop. (Duraersatzplastik) (komplette Ausschaltung) Pathologie intrakranieller Aneurysmen Embryonaler Gefäßwanddefekt Gefäßteilungsstellen Exogene Faktoren Entzündungen Hämodynamik (AVM) Epidemiologie bei intrakraniellen Aneurysmen 1 - 5% intrakranielle Aneurysmen 15 - 20% multiple Aneurysmen 80 - 85% im vorderen Hirnkreislauf 15 - 20% im hinteren Hirnkreislauf 10 - 11 / 100.000 SAB-Inzidens 1 - 2% / Jahr Rupturrisiko (Autopsie) (Japan, Finnland) (Aneurysmagröße?) Symptomatik innozenter Aneurysmen Symptomlos! Zystennieren, Bauchaortenaneurysmen Oculomotoriusparese Visusminderung Anfallartige Kopfschmerzen „Warnblutungen“ Symptomatik rupturierter Aneurysmen Plötzlicher, vernichtender Kopfschmerz Bewußtseinstrübung, Bewußtlosigkeit Nackenschmerz, Meningismus ICP CPP Zerebraler Kreislaufstillstand Morbidität und Mortalität der aneurysmatischen SAB Operative Mortalität 30 - 44% Operative Mortalität 0,5 - 3% (aktuell) Operative Morbidität 2 - 13% (unterschied. Studien) Natürlicher Verlauf: (Sahs 1969 bei 830 SAB-Patienten) (1954 - 1966) Mortalität nach 1 Tag 10% Mortalität nach 1 Woche 27% Mortalität nach 1 Monat 49% Mortalität nach 1 Jahr 63% Fakultät für Informatik – Humanoids and Intelligence Systems Lab – Institut für Anthropomatik Mittwochs von 12:15-13:45 Diskussion & Fragen Gehirn und Zentrales Nervensystem Struktur, Informationstransfer, Reizverarbeitung, Neurophysiologie und Therapie Uwe Spetzger Neurochirurgische Klinik, Klinikum Karlsruhe