Geld und das Finanzsystem - Webarchiv ETHZ / Webarchive ETH

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Geld und das
Finanzsystem
Makroökonomik
15.5.2006
Was ist Geld?
Geld umfasst alle Arten von Gütern
und Vermögenswerten, die allgemein
zur Zahlung angenommen werden.
Salz
Felle
Vieh (Ochsen)
Stockfisch
Zigaretten
Münzen
Papier mit besonderem Aufdruck
elektronisch gespeicherte Daten
2
1
Königreich Lydien, Krösus (561-546 v. Chr.), schwerer Goldstater
Quelle: www.moneymuseum.com
vorne
hinten
EC Karte, Zentraleuropa (ca. 2006 n. Chr.)
vorne
hinten
3
Was ist Geld?
O
O
O
Geld ist nicht Einkommen oder Reichtum.
Was Geld ist, kann auch gesetzlich festgeschrieben
werden.
Die entscheidende Eigenschaft ist das Vertrauen in
das Geld als Tauschmittel.
4
2
Die drei Funktionen des Geldes
Tauschmittel
Recheneinheit, Wertmassstab
Wertaufbewahrungsmittel
5
Zwei Hauptakteure des Geldangebots
Zentralbank
O Schweizerische Nationalbank (SNB) ist weitgehend
unabhängig von Regierung und Parlament.
O Aufgaben:
1. Sicherung der primären Geldversorgung,
2. Sicherung des inneren Werts der Währung (= Preisstabilität),
3. Sicherung des Aussenwerts der Währung (= Wechselkurs des
Franken) Problem: möglicher Zielkonflikt mit Preisstabilität
4. Bank der Banken (Lender of Last Resort), Schutz der
Kreditinstitute vor allgemeiner Vertrauenskrise (bank run):
Möglichkeit in Zahlungsschwierigkeiten geratene
Geschäftsbanken unbegrenzt mit Zentralbankgeld versorgen
(lend freely!) Problem: Moral Hazard
6
3
Zwei Hauptakteure des Geldangebots
Geschäftsbanken
O Vermitteln zwischen Geldgebern und Kreditnehmern
(= Finanzintermediation).
O Multiplizieren so das Zentralbankgeld und schaffen
Geld.
Überschusseinheiten
Private Haushalte
Einlagen
Banken
Kredite
Defiziteinheiten
Unternehmen
7
Gesamtwirtschaftlicher Kreislauf
und Finanzsystem
8
4
Funktionen der Finanzintermediation
O
Transfer von Kaufkraft zwischen Überschuss- und
Defiziteinheiten (und damit das volkswirtschaftliche Investitionsvolumen) durch:
· Verringerung von Informationskosten (Vermittlung
zwischen Gläubigern und Schuldnern)
· Kreditgrössentransformation (Kreditvolumen der
Titel)
· Risikotransformation (Sicherheit der Titel)
· Fristentransformation (Laufzeit der Titel)
9
Funktionen der Finanzintermediation
O
O
Führt zu einer effizienteren Kapitalzuordnung
durch:
· Auswahl der ertragreichsten Investitionen
· laufende Beratung und Kontrolle der Schuldner
(Investoren).
Erhöht die gesamtwirtschaftliche Liquidität durch
die Schaffung von Geld durch:
· Schuldtitel, die der Wertaufbewahrung dienen
· Schuldtitel, die Zahlungsmittel darstellen
(Geschäftsbankengeld).
10
5
Bruttoproduktionswert
2003 provisorisch
Branchen
Vorleistungen
Bruttowertschöpfung
Anteil
Bruttowertschöpfung
Land- u. Forstwirtschaft, Jagd, Fischerei, Fischzucht
Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden
Industrie, verarbeitendes Gewerbe
Energie- und Wasserversorgung
Baugewerbe
Handel und Reparatur
Gastgewerbe
Verkehr und Nachrichtenübermittlung
Kreditgewerbe
Versicherungsgewerbe
Immobilien, Vermietung, Informatik, F&E
Öffentliche Verwaltung; öff. Sozialversicherung
Unterrichtswesen
Gesundheits- und Sozialwesen
Sonst. öff. u. pers. Dienstleistungen, Priv. Haushalte
Vermietung (private Haushalte)
12'808
1'463
223'282
23'838
47'432
86'062
20'182
59'189
56'893
45'465
72'956
63'624
4'208
36'196
20'486
36'077
7'382
733
142'190
13'586
23'518
29'640
9'595
31'685
16'683
22'819
29'486
16'690
1'614
11'239
10'083
4'711
5'426
730
81'092
10'253
23'914
56'422
10'588
27'504
40'210
22'646
43'470
46'934
2'593
24'956
10'403
31'366
1.2%
0.2%
18.5%
2.3%
5.5%
12.9%
2.4%
6.3%
9.2%
5.2%
9.9%
10.7%
0.6%
5.7%
2.4%
7.2%
Total vor Berichtigungen
810'161
371'654
438'507
100.0%
Unterstellte Produktion
von Bankdienstleistungen (FISIM)
Gütersteuern
Gütersubventionen
-28'913
28'770
-3'801
Total nach Berichtigungen*
434'562
Quelle: BfS, provisorisch
11
Was ist Geld in der Schweiz?
O
Bargeld (Noten und Münzen) + Guthaben auf
Bankkonten.
· Die SNB veröffentlicht Statistiken zu
verschiedenen Geldaggregaten.
12
6
Zwei wichtige Geldaggregate
Geldmenge M1
= Bargeld des Publikums
+ sofort verfügbare Guthaben des
Publikums bei Geschäftsbanken
M1 entspricht den unmittelbar verfügbaren
Tauschmitteln des Publikums.
Notenbankgeldmenge NGM = Bargeld bei Publikum
und Geschäftsbanken
+ Guthaben der Geschäftsbanken bei der SNB
Die Notenbankgeldmenge ist unter der
direkten Kontrolle der Nationalbank.
13
Verschiedene Geldaggregate
Notenbankgeldmenge NGM
NGM
= Notenumlauf
+ Guthaben der Banken bei der
Nationalbank (Giroguthaben)
M1
= Bargeldumlauf (Noten und Münzen)
+ Sichteinlagen
+ Einlagen auf Transaktionskonti
M2
= M1
+ Spareinlagen
M3
= M2
+ Termineinlagen
die Aggregate
sind nach
ihrer
Liquidität
geordnet
14
7
M1 und NGM in der Schweiz
1985-2006
Mrd. Fr.
300
250
200
M1
150
100
50
NGM
0
85
87
89
91
93
95
97
99
01
03
05
Quelle: SNB
15
Geldaggregate Schweiz
1985-2006
Mrd. Fr.
600
M3
500
400
M2
300
200
M1
100
NGM
0
85
87
89
91
93
95
97
99
01
03
05
Quelle: SNB
16
8
Zentralbank
Notenbankgeldmenge
kontrolliert
Geschäftsbanken
entscheiden über Höhe
der Liquiditätsreserven
Publikum
Multiplikation
der Bankeinlagen
entscheidet über Höhe
der Kassenhaltung
Geldmenge M1
17
Geldmultiplikator
Beziehung zwischen Geldmenge M1 und Notenbankgeldmenge NGM:
M1 = m·NGM
m>1
Was bestimmt die
Grösse von m ?
18
9
Geldmultiplikator
O
Banken halten einen Teil der einbezahlten Gelder
(Einlagen) als Reserven. Der andere Teil wird etwa in
Form von Krediten ans Publikum vergeben.
Reservesatz r =
O
Reserven
Einlagen
Das Publikum deponiert einen Teil der erhaltenen
Kredite bei den Banken und behält den Rest als
Bargeld.
Kassenhaltungskoeffizient cu =
Bargeld bei Publikum
M1
19
Zentralbank
bestimmt Notenbankgeldmenge
r
cu
Geschäftsbanken
multiplizieren
Einlagen
Reserven
Geschäftsbanken
Kassenhaltung
Haushalte &
Unternehmen
20
10
Beispiel Geldmultiplikator:
1. Die Zentralbank kauft für Fr. 1‘000 Dollar bei
einem Devisenhändler.
2. Der Devisenhändler deponiert die Fr. 1‘000 bei
der Bank 1.
3. Da kaum alle Bankkunden ihre Guthaben auf
einmal auflösen werden, kann die Bank 1
Fr. (1 - r)· 1‘000 ans Publikum ausleihen.
4. Das Publikum behält „Bargeld“ und zahlt
Fr. (1 - cu)(1 - r)· 1‘000 bei der Bank 2 ein.
5. Die Bank 2 vergibt nach Abzug der Reserven
Fr. (1 - cu)(1 - r)2· 1‘000 als Kredit usw.
21
Wie die Geschäftsbanken Geld schaffen
Bank 1 hat Einlagen von 1‘000.- Fr.
Bank 1 (100% Reserven)
Einlagen 1‘000.-
Reserven 1‘000.-
r=1
hier wird kein
neues Geld
geschaffen
22
11
Reservesatz r
r = 0.1
cu = 0
Bank 1 (10% Reserven)
Einlagen 1‘000
Reserven
Kredite
100
900
Bank 2 (10% Reserven)
Einlagen 900
Reserven
90
Kredite
810
Bank 3 (10% Reserven)
Einlagen 810
Reserven
81
Kredite
729
23
Formale Herleitung des
Geldmultiplikators
cu = Kassenhaltungskoeffizient
r = Reservesatz
M1 = BarPublikum + Einlagen
NGM = BarPublikum + BarBanken + Guthaben Banken bei SNB
NGM =
cu M1
+
Reserven = r Einlagen
= r (M1 - BarPublikum)
= r (M1 - cu M1)
= M1 r ( 1 - cu)
NGM = M1 [cu + r ( 1 - cu) ]
M1 =
1
cu + r ( 1 - cu)
NGM
24
12
Notenbankgeldmenge
Multiplikator
M1 = m·NGM =
1
NGM
cu + r (1-cu)
Kassenhaltungskoeffizient
Reservesatz
25
Aufgabe
cu = 1/4
r = 1/5
·m=?
NGM steigt um 200 Fr.
· Veränderung M1?
· Veränderung Kredite?
26
13
Veränderung Kredite ?
NGM = BarPublikum + BarBanken + Guthaben Banken bei SNB
NGM = BarPublikum + Reserven
BarPublikum = NGM - Reserven
M1 = BarPublikum + Einlagen
M1 = BarPublikum + Kredite + Reserven
M1 = NGM - Reserven + Kredite + Reserven
M1 = NGM + Kredite
27
Der Geldmultiplikator Schweiz
1985-2005
m=
M1
8NGM
lockere
Geldpolitik
7
6
5
4
3
Strukturbruch
Ende 1987
2
1
0
85
87
89
91
93
95
97
99
01
03
05
Quelle: SNB, eigene Berechnung
28
14
Freiwilliger Reservesatz der Geschäftsbanken
(1985-2006)
r=
Reserven
0.16
Einlagen
1987 Strukturbruch des Multiplikators durch
Halbierung des Reservesatzes.
· Einführung des Swiss Interbank Clearing
(SIC)
· Neue Liquiditätsvorschriften
0.12
0.08
0.04
Die sinkende Reservehaltung
erhöht den Geldmultiplikator.
0.00
85
87
89
91
93
95
97
99
01
03
05
Quelle: SNB, eigene Berechnung
29
Entwicklung der Notenbankgeldmenge
(1985-2005)
Mio. Fr.
40'000
30'000
Notenumlauf
20'000
10'000
Giroguthaben
0
85
87
89
91
93
95
97
99
01
03
05
Quelle: SNB
30
15
Kassenhaltungskoeffizient
(1985-2006)
Bargeld Publikum
cu 0.30
=
M1
Die sinkende Kassenhaltung
erhöht den Geldmultiplikator.
0.25
0.20
0.15
0.10
0.05
0.00
85
87
89
91
93
95
97
99
01
03
05
Quelle: SNB, eigene Berechnung
31
Instrumente der Geldpolitik
Die Zentralbank steuert die Geldmenge;
O Direkt über die Notenbankgeldmenge
· Repo-Geschäfte: Bei Kauf von Wertpapieren wird
Vertrag für Rückverkauf abgeschlossen (wichtigstes
Instrument der SNB)
· Devisengeschäfte: An- und Verkauf von Devisen
Der Gesetzgeber steuert die Geldmenge indirekt
durch den Mindestreservesatz rmin
· in der Schweiz heute 2,5%
32
16
Repo-Geschäfte und Devisen-Swaps
der SNB 1990-2003
Mio. Fr.
25'000
Forderungen aus
Repo-Geschäften
20'000
Devisen-Swaps
15'000
10'000
5'000
0
90
91
92
93
94
95
96
97
98
99
00
01
02
03
Quelle: SNB
33
Repo-Geschäfte
steuern Kurzfristzinsen
10
9
8
Kurzfristzins SNB (3 Monate)
7
6
5
4
3
2
1
0
84
86
88
90
92
94
96
98
00
02
04
06
Quelle: SNB
34
17
Kurzfristzins und Geldmenge M3
14
Kurzfristzins SNB
(3 Monate)
12
Vorjahresveränderung
Geldmenge M3
10
8
6
4
2
0
-2
86
88
90
92
94
96
98
00
02
04
Quelle: SNB
06
35
Simulation Geldangebot
36
18
Finanzierungsrechnung
der Schweiz (2003)
Nichtfinanzielle
Finanzielle
Unternehmen Unternehmen
Mrd. Fr.
Staat
Private
Haushalte
Ausland
3 500
Forderungen
2 500
Bargeld und Einlagen
1 500
Geld- und Kapitalmarktpapiere
Kredite
500
Aktien und andere Anteilsrechte,
- 500
Ansprüche gegenüber
Versicherungen und Pensionskassen
- 1 500
- 2 500
Verpflichtungen
- 3 500
Mrd. Fr.
Nichtfinanzielle
Finanzielle
Unternehmen Unternehmen
Staat
Private
Haushalte
Ausland
1 000
500
0
- 500
Nettovermögen
- 1 000
Quelle: SNB
37
Wirtschaftskreislauf mit Vermögensbildung
Verwendung
Gesamtnachfrage
Produktion
gesamtwirtschaftliche
Produktion
Einkommen
Löhne
Zinsen
Gewinne
verfügbares
Einkommen
Steuern
Staat und Sozialversicherungen
Defizit
Banken &
Finanzmärkte
Staatsausgaben
Investitionen
Sparen
Konsumkredit
Vermögensauflösung
privater Konsum
Vermögen,
Kredite
38
19
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