Wahrscheinlichkeitsrechnung Einführung in Quantitative Methoden Pantelis Christodoulides & Karin Waldherr 13. April 2011 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 1/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Ziele I Statistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff geht zurück auf 17. Jahrhundert: Wirksamkeit von ’Zufallsgesetzen’ bei Glücksspielen. I Erkennen von Regelmäßigkeiten bei Vorgängen, deren Ergebnisse vom Zufall abhängen. I Hinderer (1980): ’Statistischer Wahrscheinlichkeitsbegriff dient der Beschreibung von beobachteten Häufigkeiten bei beliebig oft wiederholbaren Vorgängen, deren Ausgang nicht vorhersehbar ist.’ I Zentraler Begriff: Zufallsexperiment Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 2/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Zufallsexperiment I (Im Prinzip) Beliebig oft wiederholbarer Vorgang, der nach bestimmter Vorschrift ausgeführt wird, wobei das Ergebnis vom Zufall abhängt, d.h. der Ausgang kann nicht eindeutig im voraus bestimmt werden. I Folge von gleichartigen, voneinander unabhängigen Versuchen möglich. I Entweder Folge voneinander unabhängiger Versuche mit einem Objekt oder jeweils einmaliger Versuche mit ”gleichartigen” (unabhängigen) Objekten. Beispiel 1: Ein Würfel wird wiederholte Male geworfen und es wird beobachtet, wie oft jede Zahl kommt. Beispiel 2: Parteipräferenz bei weiblichen Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren. Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 3/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV I Die möglichen Ergebnisse des Zufallsexperimentes heißen Elementarereignisse ω I Die Menge aller möglichen Ergebnisse eines Zufallsexperimentes bezeichnet man als Ereignisraum Ω. I Beispiel: ’Einmaliges Würfeln’: Elementarereignisse sind {1}, {2}, {3}, {4}, {5}, {6}. Ereignisraum Ω = {1, 2, 3, 4, 5, 6}. I Ereignis A: Zusammengefasste Elementarereignisse, z.B. alle geraden Augenzahlen beim Würfeln. Es gilt: ω ∈ A, A ⊂ Ω Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 4/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV I Sicheres Ereignis: Jenes Ereignis, welches unter gegebenen Bedingungen immer eintritt (entspricht Ω). I Unmögliches Ereignis: Jenes Ereignis, welches unter gegebenen Bedingungen nie eintritt (ω ∈ / Ω). Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 5/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Einander ausschließende Ereignisse Zwei Ereignisse A und B heissen einander ausschließend, wenn sie niemals gemeinsam auftreten (sie haben kein Elementarereignis gemeinsam). Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 6/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Zusammengesetzte Ereignisse A ∧ B (Durchschnitt - ’und’) Unter dem Ereignis A ∧ B versteht man jene Ereignisse aus Ω, die sowohl zu A als auch zu B gehören (d.h. sowohl A als auch B treten ein, ω ∈ A ∩ B). Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 7/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Zusammengesetzte Ereignisse A ∨ B (Vereinigung - ’oder’) Unter dem Ereignis A ∨ B versteht man jene Ereignisse aus Ω, die entweder zu A, oder zu B, oder zu beiden gehören (d.h. mindestens eines der Ereignisse A oder B tritt ein, ω ∈ A ∪ B). Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 8/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV A\B Unter dem Ereignis A\B versteht man jene Ereignisse aus Ω, die zu A gehören, aber nicht gleichzeitig zu B. Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 9/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Komplementäres Ereignis Komplementärereignis A: Jenes Ereignis, welches genau dann eintritt, wenn A nicht eintritt (Ω\A). Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 10/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Komplementärereignis zu A ∧ B (A ∧ B) Unter dem komplementären Ereignis A ∧ B versteht man jene Ereignisse aus Ω, die nicht zu A ∧ B gehören. Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 11/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung I I I Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Würde man (theoretisch) unendlich oft eine faire Münze werfen, könnte man beobachten, dass sich mit wachsender Anzahl n der Münzwürfe die relativen Häufigkeiten der beiden Elementarereignisse {Kopf} und {Zahl} stabilisieren, und zwar bei 0.5. D.h. die relativen Häufigkeiten streben einem Grenzwert zu = empirisches Gesetz der großen Zahlen. Die n Münzwürfe sind eine Zufallsstichprobe vom Umfang n aus der (unendlich großen) Population aller möglichen Münzwürfe. Aufgrund dieser Zufallsstichprobe können wir auf die Gegebenheiten in der Population schließen indem wir das Grenzverhalten der relativen Häufigkeiten der möglichen Ergebnisse betrachten. Allgemein wird der Wert, bei dem sich die relativen Häufigkeiten von Ereignissen stabilisieren, als statistische Wahrscheinlichkeit (Chance) ihres Auftretens betrachtet. Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 12/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Definition der statistischen Wahrscheinlichkeit Die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Ereignisses A, P(A), ist jener Wert, bei dem sich die relative Häufigkeit rn (A) bei n → ∞ Versuchen unter gleichen Bedingungen stabilisiert. P(A) = lim rn (A) n→∞ Wichtig! Die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses gibt an, mit welcher relativen Häufigkeit das Ereignis eintritt, wenn man den Versuch theoretisch unendlich oft wiederholen würde. Sie sagt jedoch nichts darüber aus, wie häufig das Ereignis bei einer kleinen Anzahl von Versuchen, z.B. n = 20, auftritt. Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 13/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Laplace-Wahrscheinlichkeit Bei Zufallsexperimenten, bei denen nur endlich viele, gleichwahrscheinliche Ergebnisse möglich sind, ergibt sich für ein beliebiges Ereignis A die Wahrscheinlichkeit P(A) = Anzahl der für A ’günstigen’ Ereignisse Anzahl der ω in A = Anzahl der ω in Ω Anzahl der möglichen Ereignisse Beispiele: P(K ) bei Münzwürfen = P(1) beim Würfeln = Christodoulides / Waldherr 1 6 1 2 = limn→∞ rn (K ) = limn→∞ rn (1) Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 14/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Beispiele I Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei fünfmaligem Würfeln nur Zahlen größer als ’3’ vorkommen? I In der Sendung ’Millionenshow’ müssen zu Beginn 10 TeilnehmerInnen eine Auswahlfrage beantworten, bei der jeweils 4 Objekte den Buchstaben A bis D zuzuordnen sind. Sei die Frage z.B. ’Ordnen Sie folgende Seen nach ihrer Größe, beginnend beim kleinsten: 1) Titicacasee, 2) Chiemsee, 3) Michigansee, 4) Bodensee. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit durch reines Raten die richtige Reihenfolge zu finden? Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 15/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Axiome der Wahrscheinlichkeitsrechnung nach Kolmogoroff Wahrscheinlichkeiten lassen sich durch drei Eigenschaften, die auch für relative Häufigkeiten gelten, und aus denen sich alle Rechenregeln für Wahrscheinlichkeiten ableiten lassen, charakterisieren: 1. Für die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses gilt stets: 0 ≤ P(A) ≤ 1. 2. Die Wahrscheinlichkeit eines sicheren Ereignisses beträgt P(Ω) = 1. 3. Additionsregel der Wahrscheinlichkeit: Die Wahrscheinlichkeit, dass eines von k einander ausschließenden Ereignissen auftritt, ist die Summe der einzelnen Wahrscheinlichkeiten P(A1 ), P(A2 ), . . . , P(Ak ). P(A1 ∨ A2 ∨ . . . ∨ Ak ) = P(A1 ) + P(A2 ) + . . . + P(Ak ) Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 16/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Rechenregeln I Die Wahrscheinlichkeit des unmöglichen Ereignisses B beträgt P(B) = 0. Wenn B ein unmögliches Ereignis ist, kann es nie eintreten → rn (B) = 0 → P(B) = 0. Achtung: Aus P(B) = 0 folgt aber nicht, dass B ein unmögliches Ereignis ist. Das bedeutet nur, dass der Grenzwert der relativen Häufigkeit für n → ∞ Null ist, woraus aber nicht folgt, dass B nie eintreten kann! (Analoges gilt für P(A) = 1). Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 17/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Rechenregeln I P(A) + P(A) = 1, P(A) = 1 − P(A) A tritt immer dann ein, wenn A nicht eintritt → rn (A) + rn (A) = 1 Beispiel: Münzwurf: P(K ) + P(Z ) = 0.5 + 0.5 = 1 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 18/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Rechenregeln I P(A ∨ B) = P(A) + P(B) − P(A ∧ B) Addiert man P(A) und P(B) geht P(A ∧ B) zwei Mal in die Summe ein → ein Mal wieder abziehen Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 19/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Beispiele I 52 Spielkarten, 4 Farben je 13 Karten: P(Herz ∨ Dame) = ? P(Herz) = 13 , 52 P(Dame) = 4 , 52 P(Herz ∧ Dame) = 1 52 P(Herz ∨ Dame) = 0.25 + 0.08 − 0.02 = 0.31 I Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Münzwurf das Ergebnis ’Zahl’ ist: P(Z ) = 1 − P(K ) = 0.5 I Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Münzwurf das Ergebnis ’Zahl’ oder ’Kopf’ ist: P(Z ∨ K ) = P(Z ) + P(K ) = 1 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 20/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Beispiele I Ein Kraftwerk besitzt für den Fall eines Maschinenausfalles zwei Sicherheitssysteme. System A wird im Falle eines Maschinenausfalles mit einer Wahrscheinlichkeit von 95% aktiviert, System B mit einer Wahrscheinlichkeit von 91%. Mit 86.45%iger Wahrscheinlichkeit reagieren beide Systeme gleichzeitig. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Maschinenausfall zumindest eines der beiden Systeme aktiviert wird? P(A) = 0.95, P(B) = 0.91, P(A ∧ B) = 0.8645 P(A∨B) = P(A)+P(B)−P(A∧B) = 0.95+0.91−0.8645 = 0.9955 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 21/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Bedingte Wahrscheinlichkeit Unter der bedingten Wahrscheinlichkeit P(A|B) (sprich: A unter der Bedingung B) versteht man die Wahrscheinlichkeit von Ereignis A unter der Bedingung, dass Ereignis B bereits eingetreten ist. D.h. das Eintreten von B beeinflusst die Wahrscheinlichkeit von A. Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 22/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Beispiel 100 KlientInnen, die vor einiger Zeit auf einer Warteliste für eine Psychotherapie standen, werden nach ihrem subjektiven Gesundheitszustand befragt. Einige dieser KlientInnen haben in der Zwischenzeit einen Therapieplatz bekommen, andere noch nicht. Bivariate Häufigkeitstabelle: Häufigkeiten von bereits in Behandlung befindlichen und noch wartenden KlientInnen bezüglich subjektiv gesund und nicht gesund. gesund nicht gesund Christodoulides / Waldherr bereits Therapie 25 15 40 noch keine Therapie 25 35 60 Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 50 50 100 23/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung gesund nicht gesund bereits Therapie 25 15 40 Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV noch keine Therapie 25 35 60 50 50 100 40 50 = 0.4, r (G ) = = 0.5 100 100 r (G ∧ T ) 25 r (G |T ) = = = 0.625 r (T ) 40 r (T ) = ⇒ eine geschätzte Wahrscheinlichkeit P(G |T ) = Christodoulides / Waldherr P(G ∧ T ) = 0.625 P(T ) Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 24/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Multiplikationssatz der Wahrscheinlichkeit Durch Umformen der bedingten Wahrscheinlichkeit ergibt sich P(G ∧ T ) = P(G |T )P(T ) bzw . P(G ∧ T ) = P(T |G )P(G ) Aus den bedingten Wahrscheinlichkeiten kann man die Wahrscheinlichkeit des Durchschnittsereignisses ausrechnen. Beispiel: Mit einer Wahrscheinlichkeit von 1% rollt einem Autofahrer in einer Wohngegend ein Ball vor das Auto. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass unmittelbar hinter dem Ball ein Kind nachgelaufen kommt, beträgt p = 0.99. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Ball auf die Straße rollt und ein Kind hinterherläuft? P(B ∧ K ) = P(K |B)P(B) = 0.99 · 0.01 = 0.0099 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 25/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Stochastische Unabhängigkeit von Ereignissen Zwei Ereignisse sind stochastisch unabhängig, wenn das Eintreten des einen Ereignisses keinen Einfluss auf das Eintreten des anderen Ereignisses hat ⇒ P(A|B) = P(A) und P(B|A) = P(B) Daraus folgt weiters: P(A|B) = P(A ∧ B) = P(A) ⇒ P(A ∧ B) = P(A)P(B) P(B) Zwei Ereignisse sind voneinander unabhängig, wenn die Wahrscheinlichkeit für das gemeinsame Auftreten dem Produkt ihrer Einzelwahrscheinlichkeiten entspricht = Multiplikationssatz für unabhängige Ereignisse. Außerdem gilt: P(A|B) = P(A) = 1 − P(A) Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 26/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Beispiel Beim Ziehen mit Zurücklegen sind die einzelnen Wahrscheinlichkeiten gleich und die Ziehungen stochastisch unabhängig. Beim Ziehen ohne Zurücklegen ändern sich mit jeder Ziehung die Anteile der ’günstigen’ ωi , und daher auch die Wahrscheinlichkeiten. Die Ziehungen sind daher stochastisch abhängig. Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 27/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit Gegeben sind k einander ausschließende Ereignisse Ai , i = 1, . . . , k, die zusammen den Ereignisraum Ω ergeben. Wenn ein Ereignis B immer gleichzeitig mit einem von den Ai auftritt, schließen sich die Ereignisse (B ∧ A1 ), (B ∧ A2 ), . . . (B ∧ Ak ) ebenfalls gegenseitig aus, und nach der Additionsregel erhält man P(B) = k X P(B ∧ Ai ) i=1 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 28/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung I Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Ersetzt man P(B ∧ Ai ) mit der Formel der bedingten Wahrscheinlichkeit P(B) = k X P(Ai )P(B|Ai ) i=1 = Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit I Aus der Kenntnis von Wahrscheinlichkeiten von Teilen eines Ereignisses kann man die Wahrscheinlichkeit des gesamten Ereignisses ausrechnen Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 29/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Erfundenes Demonstrationsbeispiel Angenommen das Symptom ’absichtliches Erbrechen’ tritt bei verschiedenen Diagnosen nach DSM-IV mit folgenden Wahrscheinlichkeiten auf: p=0.95 bei Bulimia Nervosa (BN), p=0.40 bei Anorexia Nervosa (AN), p=0.75 bei nicht näher bezeichneten Essstörungen (EDNOS), p=0.80 bei Fütterstörung (F), sowie mit insgesamt p=0.05 bei allen restlichen Störungsbildern zusammen. Die Häufigkeiten der Diagnosen seien: BN = 3%, AN = 1%, EDNOS = 3%, Fütterstörung = 1%, restliche Störungsbilder = 92%. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit für das Symptom Erbrechen insgesamt? (Anmerkung: Die Zahlen sind erfunden. Es wird hier angenommen, dass nur jeweils eine Diagnose gestellt werden kann, d.h. dass sich die Diagnosen wechselseitig ausschließen.) Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 30/43 Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Wahrscheinlichkeitsrechnung Fortsetzung Beispiel Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit: P(E ) = k X P(Di )P(E |Di ) i=1 P(E |BN) = 0.95, P(BN) = 0.03, P(E |AN) = 0.40, P(AN) = 0.01, P(E |EDNOS) = 0.75, P(EDNOS) = 0.03, P(E |F ) = 0.80, P(F ) = 0.01, P(E |Andere) = 0.05, P(Andere) = 0.92 ⇒ P(E ) = 0.109 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 31/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Theorem von Bayes Verknüpft bedingte Wahrscheinlichkeiten P(A|B) und P(B|A) unter Verwendung des Satzes von der totalen Wahrscheinlichkeit. Gegeben sind k einander ausschließende Ereignisse Ai , i = 1, . . . , k, die zusammen den Ereignisraum Ω ergeben. Weiters ein beliebiges Ereignis B. P(Aj |B) = P(Aj ∧ B) P(B) vgl. S. 25: P(Ai ∧ B) = P(Ai |B)P(B) = P(B|Ai )P(Ai ) vgl. S. 29 P(Satz von der totalen Wahrscheinlichkeit): P(B) = ki=1 P(Ai )P(B|Ai ) P(B|Aj )P(Aj ) ⇒ P(Aj |B) = Pk i=1 P(B|Ai )P(Ai ) Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 32/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Demonstrationsbeispiel (Zahlen erfunden) Ein HIV-Test zeigt bei 99% der Infizierten die Infektion an. In 2% der Fälle ist er jedoch falsch positiv. Die Häufigkeit der Infizierten in der betrachteten Population sei 1%. Wenn eine beliebige Person aus dieser Population den Test macht und ein positives Ergebnis erhält, wie groß ist dann die Wahrscheinlichkeit, dass sie tatsächlich HIV-positiv ist? Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 33/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Gegeben: P(HIV ) = 0.01, P(+|HIV ) = 0.99, P(+|HIV ) = 0.02 Gesucht: P(HIV |+) = P(HIV ∧ +) P(+) P(+) = P(+|HIV )P(HIV ) + P(+|HIV )P(HIV ) = = 0.99 · 0.01 + 0.02 · 0.99 = 0.0297 P(HIV |+) = Christodoulides / Waldherr P(HIV )P(+|HIV ) 0.01 · 0.99 = = 0.33 P(+) 0.0297 Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 34/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Definition Zufallsvariable (ZV) I Es seien ein Wahrscheinlichkeitsraum Ω und p(ω) für alle ω gegeben I Eine mathematische Funktion X , welche jedem Ereignis ω eine reelle Zahl X (ω) zuweist, heißt Zufallsvariable (ZV) I X ist eine Zufallsvariable (ZV), wenn die Werte von X reelle Zahlen sind, die durch ein Zufallsexperiment bestimmt werden, und wenn für die Ereignisse, die man damit beschreiben kann, Wahrscheinlichkeiten angebbar sind I Der Wert, den die ZV bei der Durchführung des Zufallsexperimentes annimmt, heißt Realisation von X , und wird mit x bezeichnet Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 35/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Definition ZV I Eine ZV wird als konstant bezeichnet, wenn sie nur einen Wert annimmt, X (ω) = c für alle ω I Eine ZV wird als diskret bezeichnet, wenn sie nur endlich viele oder abzählbar unendlich viele Werte annimmt (Würfelspiel) I Eine ZV wird als stetig bezeichnet, wenn sie eine Dichte (vgl. Abschnitt Verteilungsfunktion) besitzt I Oft interessieren wir uns nicht nur für eine ZV, sondern gleich für mehrere ZV X1 , · · · , Xn , einen Zufallsvektor Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 36/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Beispiele I Beispiel 1: Einmaliger Wurf mit einer Münze Ω = {Kopf, Zahl}; dem Ergebnis ’Kopf’ wird der Wert 1 zugeordnet, dem Ergebnis ’Zahl’ der Wert 0 0 falls ω = Zahl X (ω) = 1 falls ω = Kopf I Beispiel 2: Zweimaliger Wurf mit einer Münze Y sei die Anzahl der Würfe mit Ergebnis ’Zahl’; ’Zahl’ = Z und ’Kopf’ = K ; Ω = {ZZ , KK , ZK , KZ } 0 falls ω = KK 1 falls ω = KZ oder ZK Y (ω) = 2 falls ω = ZZ Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 37/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung I I Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Eine diskrete ZV X lässt sich durch ihre Wahrscheinlichkeitsfunktion beschreiben, welche angibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die einzelnen Realisationen xi auftreten Es sei pi die Wahrscheinlichkeit des Auftretens des Wertes xi ; dann ist f (xi ) = P(X = xi ) = pi I I für alle i, pi ∈ [0, 1] die Wahrscheinlichkeitsfunktion der ZV X Wenn alle möglichen P Ausprägungen von X berücksichtigt wurden, muss gelten i pi = 1 Die Wahrscheinlichkeitsfunktion ist die Dichte der Verteilung von X bezüglich des Zählmaßes auf der Menge der möglichen Werte; ihre Werte pi werden daher auch als Zähldichte bezeichnet Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 38/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV I Beispiel: Zweimaliger Wurf mit einer Münze Y sei die Anzahl der Würfe mit Ergebnis ’Zahl’; ’Zahl’ = Z und ’Kopf’ = K ; Ω = {ZZ , KK , ZK , KZ } 0 falls ω = KK 1 falls ω = KZ oder ZK Y (ω) = 2 falls ω = ZZ I Wahrscheinlichkeitsfunktion P(Y ) yi 0 f (yi ) 14 I I 1 2 1 2 1 4 Nur ’Wahrscheinlichkeitsmaße’ für die einzelnen Ausprägungen Wahrscheinlichkeitsfunktion P(X ) = theoretische Verteilung im Gegensatz zur empirischen Häufigkeitsverteilung Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 39/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung Christodoulides / Waldherr Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 40/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung I Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Die Verteilungsfunktion oder kumulative Wahrscheinlichkeitsfunktion einer diskreten ZV X ist definiert für jede reelle Zahl x als X F (x) = P(X ≤ x) = f (t) t≤x I Summation bedeutet das Aufsummieren über alle t, die kleiner oder gleich als x sind, und als Realisationen der ZV auftreten können I F (x) ist die Wahrscheinlichkeit, dass X einen Wert ≤ x annimmt I F (x) ist das Analogon zur empirischen kumulativen Häufigkeitsfunktion Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 41/43 Wahrscheinlichkeitsrechnung I Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Beispiel: Zweimaliger Wurf mit einer Münze; Treppenfunktion mit Sprüngen yi 0 1 2 f (yi ) 14 12 14 F (yi ) 14 34 1 Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 42/43 Grundbegriffe Rechnen mit Ereignissen Statistische Wahrscheinlichkeit Axiome und Regeln der Wahrscheinlichkeitsrechnung Verteilungsfunktion für Diskrete ZV Wahrscheinlichkeitsrechnung Eigenschaften der Verteilungsfunktion I Monotonie; folgt direkt aus der Form der Verteilungsfunktion F (x1 ) ≤ F (x2 ) I I für x1 ≤ x2 Normierung im Intervall [0, 1] F (x) → 0 für ’sehr kleines’ x F (x) → 1 für ’sehr großes’ x P(c < X ≤ b) = F (b) − F (c) für c < b Christodoulides / Waldherr Einführung in Quantitative Methoden- 6.VO 43/43