Die subalpine Molasse des westlichen Vorarlberg

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Die subalpine Molasse des westlichen Vorarlberg,
Von
ARNOLD KEIM, ERNST BAUMBERGER
und H. G. STEHLIN
nnter Mitwirkung im Gelände von SIEGFRIED FUSSENEGGER
Mit 2 Tafeln und 14 Textfiguren.
(AIs Manuskript eingegangen am 17. Oktober 1927.)
Inhalt.
Vorwort (von ARN.H5121) . Seite
9
I. Teil: Stratigraphie und Tektonik (von ARN. HEIM) 3
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Einleitung .
.
Neuere Literatur betr. Vorarlberg
Stratigraphie .
Miocän
Allgemeines über das Gebiet des Pfänders Silvanaschichten (Obere Süsswassermolasse) St. Gallerschichten, Helvetien, marin (= unt. Vindobon) .
Untere Mlocänmolasse, Burdigalien .
.
.
.
Oligocän .
.
Zone Kennelbach-Bildstein (granitische Molasse, Aquitan)
Zone von Inngrüne-Botzenau .
Zone von Schwarzach-Tobel (Horwerschichten)
Zone von Alherschwende (Bunte Molasse)
Zone Fluh-Amenegg (Horwerschichten) . Synklinalzone von Maltach (Bunte Molasse)
Südliche Randzone .
Verbreitung der Konglomerate .
Gliederung (mit Tabelle) .
Tektonik
.
.
.
.
Die nördliche Antiklinale
Die Überschiebung von Schwarzach-Tobel . Die Falten-Überschiebung von Fluh-Amenegg
Die Synklinale von Maltach
Die südliche Randzone
Der Alpenrand .
Die Verwerfungen
.
.
.
Vergleich mit Ostschweiz und Allgäu Linke Seite des Rheintals
Allgäu.
.
.
Zur geologischen Geschichte .
VierteIjahrsschrift d. Naturf. Ges. Ulrich. Jahrg. 73. 1928.
1
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
2
1928
Seite
II. Teil: Paläontologie (von E.
BAUMBERGER
und H. G. STEHLIN) 46
A. Die Molluskenfauna der Vorarlberger Molasse (von E. BAUM-
BERGER)
.
•
1. Orientierung
.
2. Die Fauna der einzelnen Fundstellen
a) Die stampische Fauna
b) Die aquitane Fauna .
c) Die Fauna der miocänen Meeresmolasse .
d) Fauna der Silvanaschichten (Obervindobon)
3. Literaturverzeichnis betr. Paläontologie .
B. Die Säugetierfunde von Unter - Staudach bei Bildstein
(von H. G. STEHLIN) .
Nachtrag .
.
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Vorwort.
Die Feldaufnahmen zu der vorliegenden Arbeit wurden vom Unterzeichneten in den Jahren 1923-1927, mit mehrereH Unterbrechnngen
durch Überseereisen, dnrchgeführt, im Anschluss an einen Auftrag der
Schweizerischen Geologischen Kommission zur Revision von Dnfonrblatt X, dessen Kreide-Eocängebiet auch auf Vorarlberg übergreift.
Schon bei der ersten Begehung des Alpenrandes bei Dornbirn ergab
sich für das Verständnis der subalpinen Randzone die Notwendigkeit,
die Exkursionen etwas weiter auszuholen, woraus diese vom obgenannten Auftrag abgetrennte Arbeit hervorging.
Im Oktober 1924 hatte ich das Glück, Herrn SIEGFRIED FUSSENEGGER in Dornbirn kennenzulernen, der sich für die Geologie seiner
Heimat interessierte und bereits wertvolle Fossilien aus der Kreide
des Vorarlberg gesammelt hatte. 1) Ausser den zahlreichen Exkursionen,
die wir gemeinsam ausführten, durchsuchte Herr FUSSENEGGER auch selbständig das Gebirge, insbesondere das Molassegebiet, wo er seit 1925
mit seinem ungewöhnlich scharfen Forscherauge zahlreiche neue Fossilfundstellen entdeckte und mit grösster Ausdauer ausbentete. Schliesslich
hat er auch geologische Einträge in die Karten 1 : 25,000 vorgenommen und den Verfasser an die wichtigen Stellen geführt, so dass oft
nur noch zu ernten, die Beobachtungen zn bestätigen und zu einem
Gesamtbild zusammenzufügen waren. Die Bestimmung der Grenze
zwischen der oligocänen Molasse und dem transgredierenden Miocän
auf der Südseite des Pfänder, sowie die Abgrenznng des marinen und
limnischen Miocän sind seine Leistung. Gerne anerkenne ich in Dank1 1 Das Kreide-Eocängebiet soll in einer besonderen Arbeit ausführlich behandelt werden.
Jahrg. 73.
ARV. HEIM, E. BAUMBERGER, H. O. STEHLIN.
Molasse Vorarlbergs. 3
barkeit diese wertvolle Mitarbeit, ohne welche meine Untersuchung
lückenhaft und mangelhaft geblieben wäre:
Meinem verehrten Frcunde, Herrn Dr. ERNST BAUMBERGER in Basel,
dem hervorragenden Molassekenner, dessen Gesundheit ihm leider keine
Geländearbeit mehr gestattet, verdanken Herr FUSSENEGGER und ich
die paläontologische Bearbeitnng, sowie ungezählte briefliche Winke
und Ansporne zu weiteren Nachforschungen. Auch während meiner
Abwesenheit standen die Herren BAUMBERGER und FUSSENEGGER in steter
Verbindung.
Was die Säugetiere betrifft, so hatte der erste Spezialkenner,
Herr Dr. H. G. STEILIN, Vorsteher der osteologischen Abteilung des
Naturhistorischen Mnseums in Basel, die Güte, die Bestimmung zu
übernehmen und uns seine wertvollen Ergebnisse für diese Arbeit zur
Verfügung zu stellen.
Die Originale der Fossilien werden in der. Sammlnng SÎEGFRIED
FUSSENEGGER in Dornbirn aufbewahrt.
Dem vortrefflichen Kenner der ostschweizerischen Molasse, Herrn
A. LUDWIG in Rotmonten (St. Gallen), verdankt der Verfasser eine mehrtägige Führung in das Gebiet zwischen Rhein und Urriäsch, das mit
den Resultaten aus dem Vorarlberg kursorisch verglichen werden soll.
Zürich, August 1927.
A'r ^I o ld Heim.,
/I
I. Teil. Stratigraphie und'Tekto
.
k
Von ARNOLD HEIM.
Historische Einleitung.
Die Klassiker der Alpengeologie, wie STUDER, E 'SCHER und GÜMBEL
hielten die an die Alpen grenzenden Nagelfluhbildnngen als die ältesten der subalpinen Molasse, als anf dem Eocän abgelagert und mit
diesem anfgestaut. Der letzte Vertreter dieser Ansicht war C.' BURCKHARZT („Beiträge” 1893). Spätere Arbeiten ergaben' jedoch, dass KAUFMANNS Ansicht zu Recht besteht, wonach die Nagelfluhbildungen des
Rigi und Speer nicht verkehrt, sondern normal liegend ti nter die alpine Kreide-Flyschzone einfallen, also nicht die unmittelbar auf dem
Flysch abgelagerten Bildungen sein können. Diese Feststellung stand
im Einklang mit der Deckentheorie.
Die wichtigste Stütze für die Kenntnis der ,subalpinen Molasse
schien L. ROLLIERS Profil des Vorarlberg 1904 zu sein, in welchem die
Nagelfluh von Kehlen bis Dornbirn in Form einer einfachen, breiten
Antiklinale mit der m i o c ä n e n Nagelfluh des Pfänder verbnnden wnrde.
4
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Die daraus gefolgerte allgemeine Zuordnung der subalpinen Nagelfluh
zum Miocän ist in der Schweiz die herrschende Ansicht geworden und
auch noch in der „Geologie der Schweiz" von ALB. HEIM enthalten.
Aber diese Auffassung wurde um das Jahr 1920 abermals nmgestellt,
insbesondere auf Grund von Säugetierfunden, die durch H. G. STEHLIN
bearbeitet wurden. Die grundlegendcn Untersuchungen BAUMBERGERS1)
ergaben, dass die älteste subalpine Molasse am Vierwaldstättersee' nnd
in der Westschweiz auch nach den Mollusken zum Stampien gehört,
und die stampischen Horwerschichtcn als Basis der Rigi auf die aquitanische Molasse überschoben sind. Bald darauf konnte BE0K2) an Hand
der Säugetierbestimmungen STEHLINS 3) das Alter des Hauptteils der snbalpinen Nagelfluh am Thunersee als Stampien fcststellen. Die geänderte
Auffassnng kommt ferner in der Arbeit von ARNOLD HEIM`) über den
Alpenrand zwischen Appenzell und Rheintal zum Ausdruck, wo an
der südlichen Molassegrenze eine Schuppenzone aus oligocäner Molasse festgestellt werden konnte. Dass jene mit Vorbehalt als „Flysch
der Randzone" bezeichneten grauen Schiefermergel der stampischen
Molasse angehören, hat seither A. LuDwIG 5) endgültig aufgeklärt.
Einen etwas andern Weg verfolgten die Untersuchungen der subalpinen Molasse östlich des Rheins. WEPFER fand 1908 bei Egg an der
Bregenzcrach eine sandige Mergelbank voller Cyrenen, die er als C. subarata Schloth. (Syn. von C. semistriata) erkannte und ins Oberoligocän
verwies. Mit Recht betonte er, dass sich im Vorarlberg, entgegen
ROLLIER, auch Nagelfluhbänke in der bunten oligocänen Molasse eingeschaltet finden.
Die Stellung der subalpinen Molasse wurde eifrig verfochten an
der Versammlung der Deutschen Geologischen Gesellschaft in München
im August 1923, im Anschluss an einen Vortrag von Professor E. KRAUS
über die subalpine Molasse an der Iller. Dieser Antor rechnete die
Nagelfluh am Allgäuer Alpenrand wie Röscx und WEPFER zum Oligecän,
und mnsste sie daher stratigraphisch nnd tektonisch für älter erklären
als diejenige der Schweiz. Bei dieser Gelegenheit betonte aber ARN.
HEIM in der Diskussion, dass sich die Schweizer Geologen seit bald
20 Jahren im Irrtum befanden, dass die Verschiedenheit nach den neue') E. BAUMBERGBR, Verb. Schw. Nat. Ges., 1920, und Exkursionshericht in Eclogae
1924.
2) P. BEcK, Das stampische Alter der Thuner Nagelfluh. Mitt. Nat. Ges. Bern 1922.
3) H. G. STEHLIN, Eclogae 1922, S. 575.
4) ARN. Hziss, „Beiträge" n. P. Lfg. 53, 1923.
5)A. LUDWIG, Aus dem ostschweizerischen Molassegebiet, Mitt. Nat. Ges. St. Gallen
1926/27.
Jahrg. 73.
AnN. HEIM,
E. BAL`MBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 5
sten Befunden in der Schweiz dahinfalle und die Übereinstimmung
hergestellt sei. Mit allgemeiner Freude wurde diese Berichtigung entgegengenommen.
Zwei Jahre später veröffentlichte RICHTER 1 ) (Lit. 9, 1925) eine
kleine, sehr wertvolle Molassestudie. Die bereits ROLLIER bekannte
Cardien-Fundstelle bei Haselstauden-Flnh im Vorarlberg stellte er mit
der „Unteren Meeresmolasse" in Bayern einerseits, den Horwerschichten
der Zentralschweiz anderseits in Parallele. Obwohl er keincn paläon
tologischen Beweis oder ein Profil als Stütze erbrachte, hat er damit,
wie nnsere hier niedergelegte Arbeit ergibt, die richtige Lösung getroffen.
Die vorliegende Untersuchung wird zeigen, dass das Profil Bregenz-Dornbirn von ROLLIER aus dem Jahr 1904 völlig umzndeuten ist,
nnd dass anch unsere Anschauungen über das Alter des Alpen-Nordrandes danach abgeändert werden müssen. Nicht miocäne, sondern
oligocäne, ja sogarstampische Molasse grenzt an die alpinen Formationen. Aber trotzdem handelt es sich nicht nm einen
stratigraphischen Kontakt.
So wird schliesslich die subalpine Molasse des Vorarlbergs durch
ihre klaren Anfschlüsse zu einem stratigraphischen und tektonischen
Schlüssel für die Benrteilung der Molasse am Alpennordrand.
Neuere Literatur betr. Vorarlberg.
1. 1890 v. GÛMBEL, W., Das Vorkommen und der Bergbau tertiärer Pechkohle im
Wirtatobel bei Bregenz. Oest. Zeitschr. f. Bergbau und Hüttenwesen.
2. 1902 BLAAS, J., Geol. Führer durch die Tiroler und Vorarlberger Alpen. Innsbruck.
3. 1904 ROLLIER, LoUis, Die Entstehung der Molasse auf der Nordseite der AlpeH.
Vierteljahrsschr. Nat.•Ges. Zürich XLIX.
4. 1904 BLUMRICH, Jos., Der Pfänder, eine geol. Skizze. IX. Jahresber. des Kommunal-Obergymnasiums in Bregenz.
5. 1908 WEPFER, EMIL, Die nördliche Flyschzone im Bregenzerwald. Diss. Stuttgart.
6. 1908 BLUMRICU, Jos., Das Kohlenvorkommen im Wirtatobel bei Bregenz. sep.
Bregenz.
7. 1911 SCHM ID T, C. und MÜLLER, F., Die Kohlenflôze in der Molasse bei Bregenz.
Zeitschr. f. prakt. Geol., Heft 10, Jahrg. XIX.
8. 1923 CORNELIUS, H. P., Beobachtungen über die Gerölleführung der Molasse am
Allgäuer Alpenrande. Verh. geol. Bundesanst. Wien, N. 11, 12.
9. 1925 RICHTER, MAX, Über die untere Meeresmolasse zwischen Lech und Rhein.
Centralbl. f. Min., Geol. u. Pal. Abt. B, No. 10.
`) •In dieser Arbeit weist RICHTER in scharfer Form meine Auffassung von 1919
über die Molasse am Grünten zurück, ohne zu erwähnen, dass ich diese bereits 2 Jahre
vorher selbst zurückgenommen habe, und zwar in der obengenannten öffentlichen
Diskussion, an der auch Herr Dr. RICHTER beteiligt war.
6
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
10. 1926
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E
ô
1928
Stratigraphie und Tektonik
der Allgäuer Molasse nördlich vom Weissachund Alpseetal. Neues Jahrb. f. Min., Beilageband LV, Abt. B, S. 429 (behandelt das Gebiet
östlich der Bregenzerach).
11. 1927 LUDWIG, A.. Aus dem ostschweizerischen Molassegebiet. Jahrb. St. Gall Nat. Ges. Bd. 62.
Über Vorarlberg, S. 94.
12. 1927 HEIDI, ARNOLD, ÜberBauund Alter des AlpenNordrandes. Eclogae geol. Helv., im Druck.
THOMAS,HERBERT,
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Stratigraphie.
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II
II
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Es sollen zunächst die Teilgebiete oder Zonen von N nach S behandelt werden, wie sie
aus dem Übersichtsprofil g::1 nnd derKartenSkizze zn ersehen sind.
Mio
n.
Allgemeines über das Gebiet
des Pfänder.
Die Kohlenvorkommnisse imWirtatobel auf
der Südseite des Pfänders, die trotz ihrer geringen
Mächtigkeit schon seit 1840 ausgebeuo
tet wurden, haben die geologischen Unterg75ô
suchungen veranlasst, so von A. R. SCHMID T
1879, V. GÜMBEL 1896, C. SCHMIDT und F. MÜLw
LER 1911, BLUMRICH 1904 — 1927. GÜMBEL
cgt N unterschied 20 Schichtabteilungen. Von einer
zeitlichen Abgrenzung der Miocän-Stufen war
nicht die Rede. ROLLIER hielt 1904 die Nagelfluh des Pfänder als Fortsetzung der Nagelfluh
ô von Dornbirn.
Zwei kursorische Exkursionen, insbesondere
E
zum Studium des Wirtatobels, geführt von
Herrn S. FUSSENEGGER, der das ganze Gebiet
II
bereits durchforscht hatte, ergaben folgendes:
Mit Ausnahme seines südlichsten Fnsses beII
a steht der Pfändcr aus einer etwa 1400 m
mächtigen Serie von Kalk-Nagelfluhbänken
mit Sandstein nnd Mergel, wobei die Nagelfluh den Sandstein, meist auch die Mergel-
ARN. HEIM, E. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse
Jahre. 73.
Vorarlbergs.
7
lager, überwiegt. Die Mächtigkeiten der einzelnen Nagelflnhbänke
schwanken zwischen wenigen Dezimetern nnd 50 Metern. Die
Gerölle werden fanst- bis kopfgross. Gesteine der ostalpinen Facies
nnd des Flysch (Glimmersandstein) scheinen vorzuherrschen, sind aber
noch nicht näher stndiert. In der Regel scheinen die Nagelfluhbänke
mit scharfer Grenze den Mergeln aufznliegen, woraus sich eine Folge
von Zyklen 1-2-3 1-2-3 ergibt, wie sie E. KRAUS 1 ) aus der oligocänen
Molasse des Allgäu (Iller) beschrieben hat. Die Mergel sind gelblich,
brännlich, grünlich, grau, gelegentlich auch rötlich, und zwar sowohl
in der marinen wie in der limnischen Serie. Anch rote Sandsteine kommen in beiden Facies vor. Weder die Nagelfluh, noch die
Sandsteine und Mergel lassen sich lithologisch glied er n. Das gelegentliche Anftreten von Glauconitkörnchen in der marinen Serie vielleicht ausgenommen, konnten keine Gesteins nnterschiede der verschiedenen Facies und Stufen erkannt
werden. Es ergibt sich darans, dass das Medinm der Ablage rnng bei diesen terrigenen Bildnngen für die Gesteinsau s b i l dn n g keinen wesentlichen Einfluss ausübt. Der granitische
Sandstein des marinen Bnrdigalien kann im Handstück nicht unterschieden werden vom granitischen Sandstein des limnischen Aqnitan.
Anch anf die Mergel scheint das Medium keinen Einfluss auszuüben,
indem die verschiedensten Farben in beiden Facies und den verschiedenen Altersstufen vorkommen. Die Gliederung ist daher ganz auf die
Fossilfnnde angewiesen.
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20-25°
K CtOelt
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°%'
^ Aquitaa
Pig.2. Die Basis des Miocän im Wirtatobel.
r = rote Sandsteine und Mergel. g = grünlicher Sandstein. v = violette
Mergel. + = mariner Muschelsandstein. Die mutmassliche Parallelisierung mit den
Hauptnagelfluhrippen (R) von der West- und Südwestseite des Pfänder ist hier angegeben.
1) E. KRAUS, Sedimentationsrhythmus im Molassetrog des bayrischen Allgäu. Abb.
Nat. Ges. Danzig, Bd. I, 1923.
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Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Aber auch die Fossilien lassen noch einen Spielraum übrig. So
konnte die Grenze von Burdigalien nnd Vindobon (Helvetien) nicht
genau bestimmt werden, da für das Burdigalien keine besonders charakteristischen Fossilien gefnnden wnrden. Anderseits brauchen die
Grenzen von Meer- und Süsswasserfacies nicht genau den internationalen Stufen zu entsprechen. Die Stufengrenzen Burdigalien-Helvetien
sind in Anlehnung an die Gliederung bei St. Gallen in die Profile eingetragen.
Wir gliedern daher die Molasse des Pfänder wie folgt, von oben:
Silvanaschichten (obere Süsswassermolasse),
Nagelfluhreiche Serie, von der Klanse-Rippe bis znr Ruggburg
etwa 700-800 m mächtig, den Hauptanteil des Pfändermassivs bildend (Pr. II). Sie beginnt mit den Süsswassermergeln an der Basis der
Klause-Nagelfluhrippe bei Bregenz, die sich an die obere Strasse im
Wirtatobel fertzusetzen scheinen (Fig. 2).
Von der Nagelfluhserie unter dem Pfändergipfel gehören daher
etwa 350 m bereits zur Oberen Süsswassermolasse. Diese ist vellkommen
aufgeschlossen in dem Tobel Buchenberg-Flählen auf der Westseite
des Pfänder, wo Herr FUSSENEGGER den Anteil an Nagelfluh zu 50°/o,
des Mergels zu 35 0/o nnd der Sandsteine zu 15 °/o schätzt. Über der
Nagelfluhbank des Pfändergipfels bis zur Ruggbnrg folgen abermals
etwa 300 m von oberer Süsswassermolasse in gleicher Nagelfluh-Facies,
mit Tropidomphalus in crassatus, Cepaea silvana, Melanin Eschen var.
turrita, Clausilia (Triptychia) helvetica etc.
St. Gallerschichten, Helvetien, marin (= Unt. Vindobon).
Aus Analogie mit dem klassischen Profil von St. Gallen betrachten
wir die Nagelfluhrippe des Gebhardbergs als das Liegende dieser Stufe.
Die Basis des Helvetien würde somit im Wirtatobel mit einer Süsswasser-Zwischenbildnng beginnen, welche dnrch den Kohlehorizent bezeichnet wird. Die Aufschlüsse an der Oberfläche sind heute unvollständig. Gestützt auf GÜMBEL, SCHMIDT und MÜLLER ergibt sich folgendes Pro fi l von nnten (Fig. 2) :
a) 8-10 m graue Sandsteinschichten mit Knochenrest en ,
worunter Mastodon angustidens (Landesmuseum Bregenz);
b) 1-2 m Kohlehorizont mit dünnen Lagen von Pechkohle,
mergeligem Stinkkalk und Mergel mit Süsswasser- und Landschnecken
(Planorbis, Helix, Clausilia), sowie Pflanzenresten. Übergang in
c) 20 m ? graublane, sandige Mergel, nach GÜMBEL mit marinen
Fossilien ;
Jahrg. 73.
ARN. HEIM,
E. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 9
d) 10-20 m gelbe und violette Mergel (v in Fig. 2). Scharfe
Grenze gegen
e) 50-60 m Nagelfluh, unten rot mit untergeordneten Sandsteinlagen, oben als 30 m hohe Nagelflnhwand. Diese entspricht d9r Rippe
über der Kirche von Fluh (Pr. II);
f) 20 m ? schwarzbranne bitnminöse 'Mergel voller m a r i n e r
Muscheltrümmer, worunter besonders Cardien. Eine eingelagerte Bank
an der Basis von 10 cm Dicke besteht ans sehr hartem Muschelsandstein. Oberer Teil nicht anfgeschlossen.
Nagelflnhrippe ;
20 m roter, plattiger Sandstein;
100-150 m' vorwiegend Nagelfluh, mit Ansternschalen im unteren Teil. Die obere Grenze, ungefähr bei der Strassenbrücke FlubRickenbach, ist nicht aufgeschlossen.
- Die mittlere Miocänstnfe (Helvetien) des Pfänder schiebt sich also
im Wirtatobel zwischen die beiden Strassen ein und hat eine Mächtigkeit von etwa 250-300 m. Sie beginnt mit einer terrestrisch-limnischen Einlagerung, die nach oben in den HaUptteil mit marinen Strandkonglomeraten überführt.
Untere Miocänmolasse, Burdigalien.
Diese untere Stufe hat etwa 400 m Mächtigkeit nnd lässt sich in
zwei etwa gleichwertige Teile gliedern, von unten :
1. 200 m graner mariner Sandstein.
Im Wirtatobel hat Herr FUSSENEGGER ein 1-2 m mächtiges
B a s i s k o n g l o m er a t mit Ostrea gryphoides und einem Haifischzahn festgestellt, das mit scharfer Grenze dem Mergel der Zone
von Kennelbach aufliegt. Darüber erhebt sich in einer Felswand
ein mächtiger grauer fossilleerer Sandstein, der durch seine roten
Körner noch den Typus der granitischen Molasse aufweist. Es
scheinen aber auch noch Glauconitkörnchen dabei zu sein. Die obere
Hälfte des Sandsteinkomplexes ist im Wirtatobel etwas mergelig
und daher stärker zurückgewittert (Fig. 2).1)
Bei Kronhalden an der Strasse unter dem Gebhardsberg im
Talboden sind grosse Steinbrüche in diesem fossilleeren Sandstein
1) Der Burdigalien-Sandstein folgt der neuen Strasse unterhalb Fluh, wird aber
auf mehrere hundert Meter weit verdeckt durch eine zuerst von S. FUSSENEGGER beobachtete diluviale Nage 1 f l u h. Nach ihrer Hôhe von etwa 600-650 m könnte sie
dem Deckenschotter oder einer der Hochterrassen des Achgebietes (Hittisau 800 m)
angehören. Die äusserst interessante Talgeschichte des subalpinen Vorarlberg wäre
einer besonderen Untersuchung wert. Fast der ganze Lauf der Ach ist epigenetisch.
10
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
angelegt, in denen die einzelnen Bänke ausgesprochene Rippelmarken und Diagonalschichtung aufweisen.
An der Strasse oberhalb dieser Steinbrüche folgen über der
oberfiten granitischen Sandsteinbank noch 6-8 m grünen, mergeligen Sandsteins, dann 15-20 m grüne, stellenweise rote Mergel
mit .Mytilus aquitanicus, Tapes vetulus, Ostrea gryphoides etc. an der
Grenze gegen die hangende Nagelfluh (Fundstelle Musterberg).
2. 200 m marine Nagelfluhserie.
Diese Serie setzt ein mit der 30-50 m mächtigen Rippe aus
grünlichem Glimmersandstein mit grober Kalknagelfluh, welche sich
unter dem Gebhardsberg bei Kronhalden (= Musterberg) erhebt, die
Kanzelfelsen bildet und sich über das Wirtatobel (Tunnels)
hinans nach NE verfolgen lässt. Besonders die Obergrenze der
Hauptnagelfluhbank ist reich an Fossilien, wie Ostrea gryphoides,
Panopaea Menardi, Reden Hemnannsen•i, P.seniensis, Cardien, Haifischzähne.
Die zweite Nagelfluhrippe mit rotem Sandstein, 30-40 m, bildet die überhängende Felswand des Gcbhardsberg. Sie ruht in
scharfer Diskontinuität mit diskordant 40° N fallender Diagonalschichtung anf einem gelblichen Sandstein von etwa 30 m Mächtigkeit (Pr. II). Diese Grenzfläche lag also offenbar unter Wasser
und deutet auf einen bedeutenden Vorstoss der Geröllführung nach
Norden.
Im Wirtatobel ist die Kanzelfelsen-Nagelfluh etwa 50-60 m
mächtig. Sie wird von den Tunnels der Strasse nach Langen durchlöchert und enthält häufig Ostrea gryphoides. Darüber folgen rötliche Mergelsandsteine mit untergeordneten Nagelflnhbänken, dann
unter der Säge grüner schiefriger Sandstein (g in Fig. 2). Die Gebhardsbergrippe ist also auch bei der Säge Wirtatobel vorwiegend
sandig und die Nagelfluh in mehrere Teilrippen aufgelöst.
Oligoeän.
Zone Kennelbach-Bildstein.
(Granitische Molasse, Aquitan.)
Diese Zone reicht von der marinen Miocän-Transgression am Südfuss des Pfänder bis unter die Kirche von Bildstein und hat somit
eine Breite von 3-4 km (Karte).
Das charakteristische Gestein ist der bekannte „granitische Sandstein", auch St. Margarethenstein genannt, ein meist leicht verwitterbarer, mürber, fein- bis grobkörniger Sandstein mit Diagonalschichtung,
Jahrg. 73.
ARN. HEIM,
E. BAUMRERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 11
in welchem sich stets die charakteristisch gespaltenen roten Feldspatkörnchen erkennen lassen. Man mnss indessen in der Beurteilnng der
roten Körner vorsichtig sein, indem sich auch solche aus Hornstein
in anderen Stufen vorfinden. Mit dem Sandstein wechsellagern gelbliche bis bräunliche oder graue Mergel, die im ganzen über den Sandstein vorherrschen. Rote Mergel wurden von Herrn FUSSENEGGER bei
Stegenhalden, östlich Kennelbach, anf der Südseite der Ach beobachtet (r in Kartenskizze).
Nach. SCHMIDT und MÜLLER sind in der granitischen Molassezone
anch dünne Lagen von Kohle eingeschaltet, und zwar zwischen Wolfurt und Rickenbach, wie anch in entsprechender Lage an der Bregenzerach nnterhalb der Station Doren (Botzenan).
Am rechten Ach-Ufer, etwa 250 in oberhalb der Brücke von Kennelbach, findet man sehr glimmerreichen Sandstein mit Diagonalschichtung, erfüllt mit schön erhaltenen Blättern von Landpflanzen, die einer
besonderen Bearbeitnng wert wären (Fallen 30° nach N10W). Höher
oben am gleichen Flussbord steht wieder der gewöhnliche granitische
Sandstein an, der jedoch hier reich ist an weissen zerbröckelnden
Schalen von Süss w a s s e r s c h n e c k e n' (Fundstelle Spinnfabrik).
Nagelfluhbänke wurden zum Unterschied der linken Rheintalseite
nirgends gefnnden, wohl aber eine dünne Geröllage bei der Kirche von
Kennelbach (Fossilfnndstelle).
0 b er e Grenze : Der obere Teil der granitischen Molasse (Zone
von Kennelbach) besteht aus Mergeln mit granitischen Sandsteinlagen,
die jedoch nach oben verschwinden, so dass nach den Anfnahmen von
Herrn FUSSENEGGER im Wirtatobel die obersten ca. 100 m der mächtigen Schichtfolge nnr noch aus Mergeln von grauer, gelblicher bis
bräunlicher Farbe bestehen. Darüber t r a n s g r e d i e r t mit schar fer Grenze das marine miocäne Basiskonglomerat.
Untere Grenze: Die imposante Kirche von Bildstein mit ihren
zwei Knppeltürmen steht noch auf einer massiven Rippe granitischen
Sandsteins. Anf dem Weglein und im Gestrüpp des Steilhanges süd
westlich darunter kommen die tieferen Horizonte mit allmählich steilerem Nordfallen (50° ) zum Vorschein:
25 m gelbliche Mergel, an der oberen Grenze mit Mollnsken.
12 m grauer Sandstein mit Knauern und einzelnen roten Körnchen, nicht mehr typisch granitisch; darunter grünliche bis
rötliche Mergel mit Sandstein der Zone von Inngrüne.
Es scheint somit ein tbergang der Zone von Inngrüne
in die ' g r a n i t i s c h e Mo lasse stattzufinden, wobei die Grenze wohl
am besten an die Basis der Sandsteinrippe von Bildstein gelegt wird.
12
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
An der Bregenzerach ist die untere Grenze nicht znsammenhängend
aufgeschlossen. Dicke Mergellager schalten sich den Sandsteinbänken
ein, und man hat auch hier den Eindruck, dass ein Übergang unter
Vermergelung in die Zone von Inngrüne' stattfinde.
Die Mächtigkeit der granitischen Molasse ist gewaltig und
ergibt sich aus den Messungen der Schichtlage zwischen Rhein und
Ach zn 1500-1700 m. Ungefähr die gleiche Mächtigkeit zeichnet BAUMBERGER in seinen Profilen von Luzern.
Alter : Auch die paläontologischen Funde ergeben ein entsprechendes Resultat und bestätigen die Zugehörigkeit zum oberen Teil
der unteren Süsswassermolasse, dem eigentlichen Aquitan. (Vergl. paläontologischer Teil.)
Zone von Inngrüne—Botzenau.
Die Scheitelregion der nördlichen Antiklinale und die sich daran
anschliessende steil südlich fallende Zone von Inngrüne besteht vorwiegend aus Mergeln, und zwar bräunlichen, untergeordnet auch rötlichen und grünlichen Mergeln. Infolgedessen ist diese Zone schlecht
aufgeschlossen. In die Mergel sind eingeschaltet Mergelsandsteine, sowie einzelne Bänke ven hartemKalksandstein.
Kalks
Auf einer solchen
grobkörnigen Bank mit kalkigem Bindemittel, Fallen 65° nach S 25° E,
steht das Haus von Inngrüne.
An der Bregenzerach stehen bei der Brücke Botzenau (Station
Doren-Sulzberg) mit 60-70 ° Fallen nach S 40 ° E, gelblich-braune, anch
bunte Mergel mit Sandsteinbänken an, und den grobkörnigen Kalksandstein von Inngrüne findet man wieder auf der rechten Achseite
hinter dem Gasthaus. Die gleiche bräunliche mergelige Serie setzt sich
quer znm Streichen fort bis zur Mündung der Weissach, wo sich rote
Mergel einstellen.
Vom Scheitel an südwärts bis zu den ersten eigentlichen roten
Mergeln beträgt die Mächtigkeit der Mergelserie von Inngrüne am
Rhein wie an der Ach etwa 1 km.
Trotz eifriger Suche sind noch keine Fossilien in dieser Zone gefunden worden nnd das Alter bleibt daher noch unbestimmt. Es kann
sich allerdings aber nur um unterstes Aquitan oder oberes Stampien
handeln. Faziell steht die Molasse von Inngrüne der bunten Molasse
näher als den tieferen Horwerschichten. (Siehe Nachtrag p. 64.)
Der Südrand der Zene von Inngrüne wird von roten Mergeln mit
Sandstein gebildet, die auf der Rheintalseite 100-200 m, an der Ach
etwa 500 m Breite einnehmen. Unmittelbar südöstlich der Weissach-
Jahrg. 73.
ARN. HEINI, E. BAUMRERGER,
H. G. STEHLIN.
Molasse
Vorarlbergs. 13
Mündung stehen am linken Achnfer in 20 m Abstand zwei je 3-4 m
dicke Bänke von K a l k n a g e l f l u h an, den Mergeln eingelagert. Die
Gerölle, worunter einzelne von rotem Hornstein, sind russ- bis eigross.
Wir befinden uns hier vermutlich in einem Niveau, welches das normale Hangende der Mergelserie von Inngrüne bildet. Die obere Grenze
ist an der Ach nicht anfgeschlossen, im Schwarzach-Tobel aber (Prof. II
und Fig. 3,11) dnrch eine Rntschfläche bezeichnet.
Zone vom Schwarzach-Tobet
Diese Serie grauer Mergel und Sandsteine ist prachtvoll entblösst
im Schwarzach-Tobel längs der Strasse von Schwarzach nach Alberschwende (Nr. 1-9 der Fig. 3).
Fig. 3. Die stampische Schichtfolge im Schwarzach-Tob el.
Ü = Überschiebung. Ü? = fragliche Sekundäriiberschiebung innerhalb der
Horwerschichten. r = rötliche Mergel. 'b = bräunliche und grünliche Mergel mit
knorrigen Sandsteinlagen.
1. 20 m harter grauer Sandstein mit Mergellagen, flyschartig zerknittert (vergl. Fig. 11).
Übergang
2. 20 m grauer Sandstein, einen Felsvorsprung bildend, 45° nach S 25° E fallend.
3. 50 m oder mehr Sandsteinbänke wechselnd mit Mergellagen, nicht gut aufgeschlossen.
4. 20 m grauer Sandstein, mit Steinbruch, Fallen an der Strasse 33° nach
S 30-45° E.
5. ca. 100 m bräunliche Mergel, stark gefältelt, im untern Teil (Seitenbach) grünlich, leberartig, mit mergeligen Sandsteinbänken voller Pyritknöllchen, oben mit
schwach kalkigen, glimmerigen, feinkörnigen Sandsteinplättchen von 1-5 cm
Dicke, an Flysch erinnernd. Übergang
6. ca. 150 m Mergel mit fast ebensoviel Sandsteinbänken, die bis 2 m dick werden
und knorrige Oberfläche, oft mit auffallenden Rippelmarken, aufweisen. Übergang
7. 25 m grauer, kalkhaltiger Sandstein; Hauptsteinbruch oberhalb Wirtshaus Tobel,
ausgebeutet zu Baustein, Pflasterstein und Schleifstein, in kompakten Bänken bis
zu 2 m Dicke mit schaligem Bruch, obwohl die Sandkörner feinste, oft schiefe
Schichtung innerhalb der Bänke erkennen lassen. Rippelmarken. In einer mergeligen Lage in der Mitte fand Herr FUSSENEGGER ein Exemplar von Ericia anti-
14
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in. &rrîch.
1928
qua, ferner verdrückte Heliciden, im unteren Teil auch schlechterhaltene Cardien.
Scharfe Grenze gegen
8. 80 m grünlichgraue Mergel mit regelmässigen Sandsteinbänken von 5-50 cm
Dicke. Fallen 35° nach S 20° F.
9. 15-20 m grauer Sandstein, im Wald (im Seitenbach von Amenegg fehlend?).
10. grünrot fleckige Mergel mit Sandsteinlagen, bunte Molasse, Zone von Albers chwende.
Das hervortretendste Gestein dieser Serie ist der Pflasterstein von
Tobel, der mit seinen verkohlten Pflanzenresten, schwarzen Mergel-.
schmitzen, regentropfenartigen Eindrücken, feinkörnigen Schwefeleisenlagen nnd Rippelmarken anffallend mit dem Horwersandstein bei Luzern
übereinstimmt nnd nach den Bestimmungen BAUMBERGERS ebenso dem
Stampien zuzurechnen ist. Dass im Schwarzach-Tobel Horwerschichten
anftreten, war bisher nnbekannt.
Die scharfe obere Grenze im genannten Steinbrnch ist wohl als
plötzlicher Facieswechsel zu deuten. Zweifellos gehört aber die liegende
Mergelserie normal unter den Steinbruch, kann also nur älter sein
als der Banstein. Die Mergel entsprechen wohl BAUMBERGERS Grisiger
Mergel. Sie sind aber auch tänschend ähnlich den obersten Lagen
des autochthonen Flysch am Urnersee, wie er z. B. anf dem Weg
nördlich Seedorf unter der helvetischen Schubmasse in starker Zerknitternng aufgeschlossen ist (Lit. 12).
Es frägt sich aber, ob auch die Horizonte 4 bis 1 normal darunter
liegen, oder ob die Mergel 5 auf jene überschoben sind. Der Kontakt
ist leider nicht aufgeschlossen. Im letzteren Falle würde es sich um
eine seknndäre Überschiebnng innerhalb der grauen stampischen Molasse handeln; 1-4 könnte mit 6-9, allerdings nicht in genau gleicher
Ausbildung, verglichen werden, und der älteste Horizont würde dann
nicht der Sandstein 1-2, sondern der Mergel 5 sein.
Nach Unterbrüchen durch Moräne bei Alberschwende finden wir die
Serie des Schwarzach-Tobels wieder an der Bregenzerach (Prof. I), wo
der harte Sandstein an der Strasse bei Stockegg (Km 16), 1 km südöstlich der Weissachmündung, in mächtigen Felsen ansteht und gebrochen wird. Die Bänke sind im Steinbruch 5-100 cm dick, glatt
oder schwach gerippelt, und fallen 50 ° nach 5 25 E. Neben verkohlten Pflanzenresten sind auch einzelne schwarze Kalkgeröllchen bis
zu 3 cm Durchmesser in dem fein geschichteten Sandstein eingeschlossen.
Der gesamte Sandsteinkomplex, vielleicht gedoppelt, hat an der Ach
eine Mächtigkeit von etwa 200 m. Er wird ebense von bräunlichgrauen
Mergeln unterlagert. Wo aber die Überschiebung genau durchgeht,
konnte aus Mangel an Aufschlüssen nicht festgestellt werden.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, B. BAUMRERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 15
Schon aus der Ferne lässt sich erkennen, dass sich die Zone von
Schwarzach-Tobel noch weit östlich der Bregenzerach fortsetzt, indem
sie durch ihre harten Sandsteine eine Hiigelrippe auf der Südseite der
Weissach bildet.
Zone von Alberschwende (Bunte Molasse).
Anf den Horwerschichten von Schwarzach-Tobel ruht anscheinend
normal und ohne tektonische Störung die bunte Molasse der Zone
von Alberschwende, die aus bunten, oft blntroten Mergeln mit Sandstein besteht. Die steilen Seitenbäche und Schluchten auf der Südseite
der Schwarzach bieten vollkommene Aufschlüsse. Graue, grünliche,
grün-rot gefleckte, bräunliche, violette bis blutrote Mergel sind die
Regel, während die Sandsteine gran sind und selten über 5 m mächtige
Bänke bilden. Die Abgrenzung gegen mergelige Sandsteine ist oft
verwischt. Der Anteil des Sandsteins mag anf 10-20 0/0 geschätzt
werden.
Die Mächtigkeit bis zur nächsten Überschiebung beträgt am Bach
von Amenegg rnnd 500 m, weiter östlich ob Alberschwende, von allfälligen Komplikationen nnter der Moränendecke abgesehen, etwa
1000 m, und an der Bregenzerach vielleicht noch mehr.
Ausser unbestimmten Pflanzenresten sind in dieser Zone der bnnten
Molasse noch keine Fossilien gefunden worden.
Sch wo.zach-Tabe/
Ste nbr
Horwersch
W.t/
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Zone e.A/bersrhwende
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bunte Molasse
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Fig. 4. Profil des Baches Amenegg-Schwarzach-Tobel.
Nr. 5-9 wie in Fig. 3. Nagelfluh grob punktiert; Sandstein fein punktiert; bunte
Mergel fein geslrichelt; + = Sandstein mit Cyrenen (Eggschichten); in = Moräne
Zone Fluh-Amenegg (Horwerschichten).
Vom Rhein nach Osten vordringend, finden wir das erste Profil
dieser Schichtserie im Tobel von Haselstanden, wo sich auf der nördlichen Bachseite ein noch heute betriebener Brnch für Schleifsteine
befindet.
16
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Beim zweitobersten Bauernhaus steht eine erste Nagelfluhbank
an, die vermutlich noch dem oberen Teil der Serie von Alberschwende
angehört. Es müsste sonst eine bedeutende Verwerfung längs des
Tobels mit Senkung nnd Vorschnb des südwestlichen Flügels angenommen werden, von dem weiter oben nichts zn sehen war.
Beim Steinhauerhüttchen wnrde eine etwa 3 ni mächtige Bank von
grobkörnigem „aplitischem" Sandstein ausgebeutet (b in Fig. 5). Er
ist weisslich bis rötlich, grobkörnig, quarzitisch und mit bunten Mergeln
(a) verknüpft, scheint also die oberste Grenze der Zone von Alberschwende zu bezeichnen. Nach kurzer Unterbrechnng durch Schntt
folgt die sicher normale, brackische Serie der Horwerschichten (Fig. 5).
Fig. 5. Das Profil im Tobel von Haselstauden-Fluh.
1. 100-150 m bräunllch angewitterte graue Mergel (= Grisiger Mergel).
2. 13 m grauer Sandstein, 40° nach S 25 E fallend.
a) 3 m in Bänken von 5-50 cm mit Mergellagen. Feingeschichteter glimmerarmer Kalksandstein. Kohlige Pflanzenreste, Rippelmarken.
b) 10 m grobkörniger Sandstein mit einzelnen Geröllen.
3. 10-15 m Sandstein in Bänken von 1-10 dm mit Mergellagen und einzelnen
Gardien. Wetzstein. Eine 10 cm dicke Sandsteinbank in der Mitte ist erfüllt
mit Blattabdrücken.
4. 6-8 m Mergel mit Sandstein und bis über faustgrossen Kalkgeröllen. An der
Basis derselben, mit Geröllen verknüpft, fanden sich Cyrena semistriata, Cardium Thunense, C. Greseri, Melanopsis und Haifischzähne.
5. 25 m unten vorwiegend grünliche, rötliche und violette Mergel, oben mehr
Sandstein.
6. 25 m. Zweiter Zyklus beginnend mit 5 m Kalknagelfluh, darauf Sandstein und
Mergel.
7. Dritter Zyklus: 5 m Nagelfluh + 10 m Sandstein und Mergel.
8. 20 m Sandstein mit Konglomeratlagen, darüber 10 m blutrote Merge!.
Die weiter folgende bunte Serie von ca. 400 m bringt den gleichen Wechsel
in vielfacher Wiederholung, wobel die Nagelfluh untergeordnet ist.
Jahrg 73.
ARN. HEIM, E. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN.
Molasse Vorarlbergs. 17
In dieser normalen Schichtfolge erweisen sich die Horizonte 1 —4
dnrch ihre Fossilien als dem Unteren Stampien angehörend, welches
allmählich in die bunte Molasse mit Nagelflnh überführt. Die Schichtgruppe 2-4 , von etwa 30 m Mächtigkeit, die einen konstanten
stratigraphischen Horizont bildet, soll als Eggschichten bezeichnet
werden (vergl. pag. 24).
RICHTER hat diesen Cardienhorizont bereits weiter östlich verfelgt
und in den Bächen nördlich des Bödele wiedergefunden. Die harten
Sandsteine mit Nagelfluhbänken bilden die Vorsprünge der Terrasse,
auf der Amenegg liegt.
In der Schlncht nördlich nnter Amenegg werden die roten Mergel
der Zone von Alberschwende überlagert von etwa 150 m mächtigen
granen Mergeln, die sich ausser ihrem Gehalt an feinsten Glimmerschüppchen kaum vom senonen Leistmergel unterscheiden lassen.
Darüber folgt mit scharfer Grenze Kalksandstein (ca. 6 m), darüber
die erste Nagelflnhbank (3 m), über die der Bach einen Wasserfall
bildet. Die Mächtigkeit dieser brackischen Sandsteine mit Nagelfluh
zwischen leistartigen Mergeln und bunter Molasse beträgt auch hier
etwa 30 m.
Im Bach östlich Amenegg ist die Schichtfolge über den leistartigen Mergeln besser zngänglich. Sie setzt mit scharfer Grenze
ein in Form sehr harter, feinkörniger Sandsteinbänke von je 20-50
cm Dicke, mit prachtvollen Rippelmarkon auf der Oberseite. In einem
losen Stück wurden anch hier Cardien und Cyrenen gefunden. Die
Mächtigkeit des Sandsteinkomplexes mit Nagelflnh im oberen Teil
(Eggschichten) beträgt hier 40-50 m.
Im Bach von Maltach bilden die leistartigen Mergel bedentende
Abrisse bei grosser Mächtigkeit, die anf 200— 300 m geschätzt werden kann. Bei genauerer Beobachtung erkennt man feinste glimmersandige Rippen von oft weniger als 1 mm, die aus dem verwitterten
Mergel hervortreten. Diese Mergel gehen hier nach oben allmählich
ohne jede Störung der Schichtfolge in die Sandsteine der Eggschichten
und diese in die bunten Mergel über, wie Figur 6 zeigt.
VierteIjahrsschrift d. Naturf. Ges. Zurich. Jahrg. 73. 1928.
2
18
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Fig. 6. Profil der Eggschichten (Stampien) am Bach nördlich Maltach.
1. Graue, leistartige Mergel.
2. Ca. 15 m graue Mergel mit Sandsteinbänken von 5-10 cm, die scharf abgegrenzt
sind und slch allmählich einstellen. Gardien in Blöcken.
3. Ca. 25 m dito mit Sandsteinbänken bis zu 3 m Mächtigkeit.
4. Ca. 10 m grobkörniger, löcheriger Sandstein.
5. Bunte Molasse : mergelige Sandsteinbänke von 1-10 dm ohne scharfe Begrenzung
gegen die zwischenliegenden Mergel, die in den unteren 5 m grünlich, dann
grün und blassrot fleckig, dann intensiver gefärbt werden.
Den wertvollsten Anfschluss endlich, tektonisch wie stratigraphisch,
bietet der Schwarzbach, 1 km südöstlich ob Alberschwende (Fig. 7).
Fig. 7. Profilansicht des Schwarzbach 1 km südöstlich oh Alb erschwende.
1.
2.
3.
4.
Knollige, feinsandige Mergel mit Cyrena semistriata und Gardien.
Graue, leistartige Mergel, mächtig.
Grobkörniger, grünlicher Sandstein mit mergeligen Lagen, übergehend in
rötliche Mergel mit Sandsteinbänken.
K = Kohlenschmitze.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM,
E. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 19
Dieser Anfschlnss beweist, dass aUch der tiefste Gewöl;bekern
nnd somit die ganze Stnfe der leistartigen Mergel dcm Unteren
Stampien angehört. Diese aber geht nach oben, wie der vorhergehende Anfschlnss gezeigt hat, normal in die Stufe der Wetzsteine
mit Cardien (Eggschichten) über, welche das normale Liegende der
bunten Molasse bilden. Wir haben somit die folgende Gliederung der
oligocänen Molasse festgestellt, von oben:
3. Bunte Molasse: Mergel mit Sandstein, im südlichen Gebiet auch
Kalknagelfluh enthaltend. 500-1000 m.
2. Eggschichten: Stufe der grauen Kalksandsteine (Wetzsteine) mit
Cardien nnd Cyrena semistriata, im südlichen Gebiet anch mit
Nagelflnh (älteste Nagelfluh). 30-- 50 m.
1. Grane, leistartige Mergel, an der Basis knollig-sandig, mit Gardien nnd Cyrena semistriata. 100-300 m.
Die Eggschichten bilden in den südlichen Zonen einen leitenden
Horizent, der zwischen den graUen Mergeln und der bunten Molasse
leicht feststellbar ist nnd infolge seines höheren Widerstandes gegen
Verwitterung als Steilstufe hervortritt.
Synklinalzone von Maltach (Bnnte Molasse).
Die bnnte Molasse dieser Zone ist bereits anf Seite 16 beschrieben.
Sie hat eine sichtbare Mächtigkeit von 500 m im Westen und etwa
1000 m im Osten, ohne dass das normal Hangende einer jüngern
Serie erhalten wäre (Pr. I nnd II).
Im Nordschenkel ist die Nagelfluh am stärksten vertreten ob
Haselstanden, wo etwa 10 Bänke eingeschaltet sind, die jedoch selten
5 m Mächtigkeit übersteigen. Die Gerölle bestehen aus grauem, dichtem
Kalk, Kieselkalk und Sandstein, wohl teilweise aus Flysch, und können
über fanstgross werden. Kristalline Gerölle wurden keine gefunden.
Gegen die Bregenzerach geht die Konglomeratfacies im Nordschenkel
zurück ; rote Mergel herrschen bei weitem vor.
Der Südschenkel ist wieder stärker mit Nagelfluh versehen. An
der Ach sind zwei Hauptbänke im Abstand von etwa 300 m vorhanden. Die mächtigste bildet die Basis der bunten Molasse; es ist
die Rippe, anf welcher die Kirche und die Ach-Brücke von Egg stehcn.
Sie fällt 70-80° N nnd hat eine Mächtigkeit, untergeordnete Mergel
nnd Sandsteinlager mitgerechnet, von etwa 60 m.
Anf der Rheinseite trifft man im Südschenkel vertikale Nagelfluhrippen bei Unter-Fallenberg oberhalb Kehlen, mit bis zu 20 m
Dicke und faust- bis kopfgrossen Kalkgeröllen. Die schönsten znsam-
20
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
menhängenden Aufschlüsse quer zum Streichen, mit 200 m lückenlosen Anfschlüssen, bietet das Strässchen unmittelbar nördlich von
Bödele (Fig. 8).
Fig. 8. Profil der bunten Molasse am Strässchen beim Bödele.
m = Moräne. R. = Rutschfläche
1. 10 m rote Mergel.
2. 2 m Nagelfluh.
3. 10 m Mergel und Sandstein.
4. 23 m grauer Sandstein mit Mergellagen.
5. 1,5 m grünliche Mergel.
6. 0,5-1 m Nagelfluh.
7. 29 ni grauer Sandstein und Mergel.
8. 15 m rote Mergel.
9. 14 m violette Mergel.
10. 4 m grobe Kalknagelfluh.
11. 10 m Sandstein mit Mergellagen.
12. 24 m grüne (4 m) und rote Mergel
(20 m).
13. 17 m Mergel und Sandsteinlagen.
14. 1,5 m Nagelfluh.
15. 5 m grüne Mergel.
16. 4 m Nagelfluh.
17. 6 ni Mergel und Sandstein.
18. 2,5 m Nagelfluh.
19. 5 m Sandstein.
20. 5 m rote Mergel mit Sandstein.
21. 2 m Nagelfluh.
22. 5 m Mergel und Sandstein.
Die Nagelfluhbänke sind meist vollkommen scharf begrenzt. Auf
die obige Serie folgen an den grossen Anrissen der nächst westlichen
Schlucht 1 oder 2 weitere jüngere Nagelfluhbänke (Strassenecke Fig. 2),
dann eine etwa 300 m mächtige Serie roter Mergel bis zum enggepressten Synklinalkern. Der jüngste Teil der bunten M ol asse ist hier der nagelflnhärmste und mergelreichste. Die
mächtigsten und gröbsten Nagelfluhen gehören dem unteren und mittleren Teil der bnnten Molasse an.
Südliche Randzone.
Diese ist nur an drei Stellen aufgeschlossen :
1. Rheintal bei Dornbirn.
An der Strasse südöstlich ob Kehlen finden wir südlich der vertikalen Nagelfluh abermals eine Serie grauer, glimmerhaltiger Sandsteine und Schiefermergel, und zwar in antiklinaler Stellung ohne
sichtbare Umbiegung (Pr. II), und das Bachbett südlich unter Fallenberg schliesst eine Serie grauer, leistartiger Mergel mit feinen Glimmersandsteinlagen auf, die auffallend denen von Fluh-Amenegg nnd
a6Æ2. Amami &
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m Æ G. m_u* 5ômevi»«A 21
Egg AGpmhm Dass hier wieder ««F«ec»htcn vorliegen, wird
auch bewiesen du R( C Rn semi rc und Gard i, di e«2£{u mpGGE
am Anriss d er genannten Strasse gefunden hat. Die Stelle befindet
Ac am nördlichen oberen Rand der etwa 200m breiten #2gebA$
wo sich grane Sandsteinbanke einstellen. Diese entsprechen wohl de n
£g mbc bm
Aber auch südlich der 1 aa§g n Mergel folgt nstein, am
besten aufgeschlossen auf einem Weg südlich d er Kapelle v n Ober
Falenberg. Er lie dem Mergel mit scharfer, asc einend ab er amt
22
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
graphisch normaler Grenze mit 50-60 ° Südfallen auf, ist stellcnweise sehr grobkörnig, glimmerartig und veller Wülste. Auch die
tektonische Lage dentet darauf hin, dass es sich um eine Wiederholung
der Zone Fluh-Amenegg handelt (Pr.Il).
2. Mühlbach (Fig. 9).
Zwischen Dornbirn und Egg ist der Kontakt von Molasse und
Alpen durch ausgedehnte Moränen verdeckt, mit AUsnahme des Mühlbachs, 1 1/s km oberhalb von Schwarzenberg, wo er wenigstens auf
etwa 50 m festgelegt werden kann (Fig. 9). Die Stelle ist schon auf
der Karte von WEPFER verzeichnet. Der Mühlbach bildet dort ein
Knie gegen N und nimmt zwei Nebenbäche von Norden her auf. Der
obere 'nnd grössere entspringt der Erosionsnische auf der Ostseite
des Gaiskopf und soll als G- a i s b a c h bezeichnet werden. Der kleinere
mündet beim „Kohlplatz", wo früher in Meilern Kohle gebrannt wurde.
Das stratigraphische Profil dieser Nebenbäche ist folgendes, ven
unten :
1. Graue, leistartige Merge].
2. Eggschichten, vorwiegend grauer, harter Sandstein.
a) 5 m Sandstein, unten 1 m dünnbankig, oben 4 m massig. Die
unterste Bank von 20 cm Dicke ist erfüllt von grossen Exemplaren der Cyrena semistriata, die meist d o pp e l s c h a l i g au fg e k la pp t vorliegen nnd von weitem wie Geröllabdrücke ausschen.
b) 5 m grobkörniger Sandstein (mit einer Geröllage), z. T. fein
gebändert, glimmerarm, entspricht genau der Grobsandsteinbank bei Egg (5 in Figur 10).
c) 3 m graue Mergel mit Sandsteinbänken, einige Platten mit
Rippelmarken, die unterste Seite der obersten Bank (Wasserfall) erfüllt von winzig en Exemplaren der Cyrena semistriata
mit erhaltener Schale.
d) 5 m harter Kalksandstein (mit Geröllage), unten sehr feinkörnig,
zäh, bankig (wie der Schleifstein von Haselstauden), oben massig und grobkörniger. Scharfe Grenze.
3. Bunte Molasse.
a) 25-30 m grünliche, bröckelige Mergel mit violettschwarzen
Mergellagen und untergeordnetem Sandstein. Scharfe Grenze
gegen
b) 20 m grauer Sandstein, oben grünlich bis rötlich, stellenweise
glimmerreich.
c) 20-30 m vorwiegend Mergel, gran bis rötlich-grünlich gefleckt.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMRERGER, H. G. STEULIN.
Molasse Vorarlbergs. 23
d) Sandsteinbank, auf der nnteren Seite mit 1/2 m Nagclfluh.
e) 2 m roter Sandstein + 2 m roter Schiefer.
f) rote Mergel, mächtig.
Eine besonders auffallende Erscheinnng ist das Riesen k o n
g l o m e r a t (R), das auf der Südseite des Mühlbachs einen kleinen
bewaldeten Felskopf bildet. Es enthält Gerölle bis über 1 m 2. Unter
den grössten sind folgende Gesteine vertreten:
1. Feinkörniger, grauer, spröder Quarzitsandstein mit dnnklen Glauconitkörnchen, 1,8 X 1,3 >< 0,8 m, gernndet mit einspringendem Winkel, Inhalt über 1 m 3 , anstehend (aus Falknis-Gault
oder Wildflysch);
2. Grobkörniger Quarzitsandstein vom Typus Saluier l ) mit brecciösen Konglomeratlagen von verschiedenen Gesteinsarten.
Mehrere eckige bis halbrunde, heruntergefallene Blöcke von
1/2-1 m 3 , der grösste 1,8 X 1,5 X 1 m. Ferner ein plattovales
Gerölle gelb verwitterten Qnarzitsandsteins von 1,6 X 1,3 X
0,5 m;
3. Kieselkalk, wohl Flysch, Gerölle bis 0,8 m Durchmesser;
4. Kopfgrosse Gerölle von Kalksandstein (Flysch?), Flysch-Breccie
mit gelben Dolomitfragmenten und grünen Körnern, sowie ein
Gerölle von dichtem hellgrauem Kalk (Aptychenkalk?) etc.
Das Riesenkonglomerat wäre einer Spezialuntersuchung mit genanem Vergleich aller Gesteinsarten wert.
Fig. 10. Die südlichsten Molasse'schichten an der
Bregenzerach bei Egg.
{
= Einzelne Cyrenen. C = Haupt-Cyrenenbank.
Die Aufschlüsse am Mühlbach erinnern auffallend an diejenigen
am Weissbach im Kanton Appenzell, wo A. LUDWIG ebenso eine
Cyrenenbank (C. semistriata) und ein Riesenkonglomerat in der südlichen Randzone fand (Lit. 11, S. 84-86).
1)
So genannte Bank an der Kreide-Flyschgrenze bei Dornbirn.
24
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
3. Bregenzer-Ach (Fig. 10).
Schon WEPFER hat eine Skizze der Molasse an der Ach gegeben,
wo er Cyrenen fand, jedoch ohne darin die gegen 200 m mächtige
Schichtserie anzugeben, die noch südlich auf diese Fossilbank folgt.
Die Schichtfolge ist von oben :
1. Bunte Mergel mit Sandstein des Muldenkerns (Elektrizitätswerk
450 m nördlich Kirche Egg).
2. Nagelfluhbank, 70° N fallend (beim Überlauf des Wasserstollens),
3. ca. 300 m wohl vorwiegend bunte Mergel, nur teilweise aufgeschlossen.
4. 55-60 m Kalknagelfluh mit untergeordneten Sandsteinlagen. Rippe
der Kirche von Egg.
5. 30 m Eggschichten (entsprechend 2-3 in Fig. 5 und 2-3 in Fig. 6) :
a) 10 m bräunlich-graue Mergel mit Sandsteinlagen;
b) 5 in Sandsteinbänke, oben 1,5 m grobkörnig massig, nnten feinkörnig plattig;
c) 5-8 m Mergel;
d) 2-3 m Sandstein ;
e) 5 m Mergel und Sandsteinlagen mit sog. Regentropfen in positiver und negativer Form, sowie Pflanzenresten ; Cyrena semistriata massenhaft ;
6. ca. 150 m graue Schiefermergel auf dem linken Achufer mit regelmässigen, scharf abgetrennten Sandsteinlagen von 1-10 cm, die
kohlige Pflanzenreste einschliessen.
7. Harter Sandstein in Bänken bis zu 1 m Dicke.
B. Kalknagelfluh 4-5 m, 40 N fallend, darunter beim Stauwehr
wieder graue Mergel.
Die Haupt-Cyrenenbank befindet sich 50 m SW der Kirche und
etwa 10 m unter der Grasterrasse: ein knolliger, bläulicher, sandiger
Mergel voller Steinkerne nnd hie und da auch mit beschalten Cyrenen.
Da die Stampische Stufe mit Sandstein und Cyrenen (5 in Fig. 10)
bei Egg am fossilreichsten, am längsten bekannt und am leichtesten
zugänglich ist, schlagen wir dafür die Bezeichnung E g g s c h i c h t en
vor. Sie entsprechen dem Horizont von Fluh-Amenegg (2-3 in Fig. 5),
und liegen in der direkten Fortsetzung von Fallenberg bei Dornbirn.
Die Cyrena ist nach BAUMBERGER die stampische C. semistriata. Damit
ist der Nachweis erbracht, dass zwischen Rhein und B r e g e n z e nach die älteste Molassestufe (Stampien) den Alpenrand
h i 1 d et, wenn auch nicht immer mit dem gleichen Horizont an Flysch
und Kreidemergel stossend.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, B. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs.
25
Verbreitnng der Konglomerate.
Die mächtigen miocänen Kalk-Konglomerate endigen 20-25°
alpenwärts ansteigend am Pfänder, indem sie aberodiert sind (Fig. 1).
Weiter südlich ist kein Miocän mehr vorhanden.
In der granitischen Molasse von Kennelbach-Bildstein haben wir
znm Unterschied der Ostschweiz keine Nagelfluhbänke, nnr groben
Sandstein gefunden.
In der Zone von Inngrüne sind nns nur an der Bregenzerach die
zwei unbedeutenden Geröllbänke südöstlich der Weissach bekannt geworden (vergl. S. 13).
Wir sehen somit, dass das Oligocän der nördlichen Antiklinale noch so gut wie frei von Geröllen ist.
Wir kommen nnn zu den Schuppen am Alpenrand.
S t a m p i en. Die Sandsteine der nördlichen Schuppe im Schwarzachtobel enthalten nur einzelne Gerölle, besonders von Ton, nnd nur
1,2 km NNE von Alberschwende wurde auch eine unbedeutende Geröllage im granen Sandstein der hIorwerschichten notiert.
In der südlichen Schuppe fehlen im unteren Teil der Schichtfolge die Gerölle vollständig: die s t a m p i s c h e S c h i c h t f o l g e
beginnt mit einer feinen Schlammbildnng. Erst an der
oberen Grenze der Eggschichten (Fluh-Amenegg) setzen
Konglomerate ein , und zwar mit den Cyrenen und Cardien gemischt, so dass wir diese unterste Nagelfluh als marin-brackisch betrachten müssen.
Die stratigraphische Stellung der südlichsten Nagelfluhbänke, wie
Nr. 8 in Fig. 10, und des Riesenkonglomerates (Fig. 9) ist etwas
zweifelhaft, scheint aber nahe über die Eggschichten zn gehören.
Bnnte Molasse. Die Schuppe von Alberschwende ist auch in
der bnnten Molasse noch fast frei von Nagelflnh. Einzig an der Ach
südlich des Steinbruchs haben wir in einer 4 m mächtigen Sandsteinbank eine feine Geröll-Lage beobachtet.
Dagegen entwickelt sich die Konglomeratfacies in überraschender
Weise in der südlichen Falte. Die N a g e l f l u h e n setzen ein im
Nordschenkel der Synklinale von Maltach. Auf der Nordseite der Mündung der Subersach schieben sich bei 20° NE Fallen
zwei erste Bänke in die bunten Mergel ein, eine untere von 3 m und
eine obere von 0,5 m, die weiter nördlich noch nicht vorhanden sind.
Zwei ähnliche, unbedeutende Bänke sind in dem Anriss beim
Elektrizitätswerk, anf der Ostseite der Ach, unmittelbar nördlich der
Synklinalaxe bei 30° Fallen nach S 35 E aufgeschlossen (Pr. I).
26
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Schon auffallender ist eine Bank auf der gegenüberliegenden Seite
der Ach, an der Strasse Egg-Alberschwende (Karte).
Die orographisch bedentendste oligocäne Nagelfluh des ganzen
Gebietes zwischen Rhein und Ach ist diejenige des B r ü g g e l e 1185 m
östlich Alberschwende. Sie bildet die zweithöchste Molasseerhebung
zwischen den genannten Tälern, und den herrlichsten Aussichtspunkt.
In einem scharfen Grat mit nach Westen gekehrter Felswand senkt
sich die Rippe, vom normalen Streichen nach NNE abgebogen, gegen
die Ach. Die Kalknagelfluh hat eine Mächtigkeit von 20-30 m und
gehört in die nntere Hälfte der bunten Molasse, wenn auch in ein
höheres Niveau als die Rippe von Egg, vielleicht etwa entsprechend
dem Niveau der Synklinalaxe beim Elektrizitätswerk an der Ach.
Auf der Südseite der Synklinale von Maltach gehört die Nagelfluh zum wesentlichen Bestandteil der bunten Molasse. Die
mächtigste Bank, mit den Sandsteinlagen zusammen gegen 60m, ist
die Basisbank von Egg (Fig. 10), die gröbste das Riesenkonglomerat
von Mühlbach (Fig. 9).
Auf der Rheintalseite sind die Nagelfluhbänke weniger mächtig,
dagegen zwischen bunten Mergeln mit Sandstein häufiger eingeschaltet,
nnd zwar anf beiden Seiten der Synklinale von Maltach (Pr. II, Fig. 4,
Fig. 8). Bei Kehlen sind deutlich die Nagelflnhrippen südlich des
Synklinalbrnches mächtiger nnd gröber ausgebildet als im Nordschenkel
(vergl. S. 19). Der nagelflnhärmste Teil der Synklinale von Maltach
liegt im Gebiete des Bödele, d. h. der Wasserscheide zwischen Rhein
nnd Ach.
In vertikaler Hinsicht beginnen die Konglomerate zögernd in
den brackischen Eggschichten mit Cyrenen, d. h. im mittleren Stampien,
und bilden sodann in der südlichen Zone einen charakteristischen
Bestandteil der bunten Molasse.
Wir gelangen also zu demResultat, dass am Alpenrand zwischen
Rhein und Bregenzerach der älteste Teil der Molasse (unt.
Stampien) aus den feinsten, tonreichsten Sedimenten (leistartige Mergel) besteht, dass sich erst darüber Sande mit Geröllen und dann mit einem Schlage Nagelfluhbänke einstellen,
die aber im oberen Teil der bnnten Molasse wieder an Zahl und
Mächtigkeit zurücktreten. Mit dem Übergang von Meerwasser zum
Süsswasser scheint die Geröllführung zusammenzufallen. Die Annahme
einer Gefällsvermehrung durch Senkung der Erosionsbasis würde also
nicht in Betracht kommen. Es müsste vielmehr eine Hebung des
Rücklandes angenommen werden, und diese 'ist im ostalpinen Deckenschub zu finden.
Gliederung und Vergleich der subalpinen mit der jurassischen Molasse.
o-
CV
Stufen
Subalpine Molasse des Vorarlberg
Närdl. Antikl.
Silvanaschichten 1.-l
vorwieg. Nagelfluh q
Tortonien
o
(Pfänder)
ô
Marine Nagelfluh .
7 a. der Basis SüssP
-g,
wasserbildung
:^ Helvetien
mit Kohle
°
?;
250-300 m
Burdigalien
Unterer Teil der
Ob. marinen Mol. E
Granit. Sandstein °
mit Basiskongl. O,^
400 m
Südliche Zonen
Subjurassische Molasse (Aaregebiet) "
Subalpine Zone von Luzern
nach E. BAUMBERGER 1915-1920 nach E. BAUMBERGER, ARN. HEIM I ) u. A.
fehlt
Silvanaschichten mit hunter
Nagelfluh, limnisch
fehlt
St. Galler-Rotseeschichten
Kaufm. mit bunter Nagelfluh,
marin 600 m
fehlt
Luzernerschichten Kaufm.
(Plattensandstein)
marin 800 m
=
Silvanaschichten
limnisch
°
Konglomeratsand, marin-hrackisch
65 m
r
ô Blaue Tonmergel mit Haifischzähnen a)
a
im Berner Seeland, 125 m
ô
a)
m Ob. Muschelsandstein, marin, 20-80 m
Grauer Sandstein (Molasse grise),
°J
marin, 100-200 m
O Unt. Muschelsandstein, konglomerat.
o
Granit. Molasse
limnisch
Aquitanien
S äugetier-u.Molluskenfauna, 1500 m
fehlt
Graue Mergel mit Stinkkalk
r Granitische Molasse mit bunten
Bunte
Mergel mit Sandstein
B Mergeln und hunter Nagelfluh -21•
im unteren Teil 01 s an d e
m
2000 m
-800
500m
a
.
Mergel mit Sandstein Bunte Mergel mit
Kalknagelfluh mit bunten
v. Inn grüne-Botzenau Sandstein u. KalkMergeln
nagelfluhl0110 + x m
1000 m
bn
g
Mergel m. Sandstein .
(Eggschichten)
a
Cyrenen u. Cardien
Grisiger M ergel mit Horwer
30-200 m
ßupélien
platten
p
Graue Schiefermergel mitCyrenen +;
300 m
,
:^
°
©
Chattien
I)
a-
-=
8
Glimmermolassen mit Säugetierfauna
(Aarwangen)
und
0
.Süsswasserkalk in 3 Horizonten
^:
(Delsberg, Wynau, Gensingen)
c
limnisch, 400 m
=
r
ô
E
PetroI führende MoIasse, ,Beiträge", Geot. Ser. Lfg. VI, 1919, Tab. p. 70.
28
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Gliederung.
In der Tabelle auf S. 27 ist der Versuch gemacht, die subalpine
Molasse mit der subjurassischen, d. h. beide Seiten des Molassebeckens
auf der Nordseite der Alpen miteinander zu vergleichen.
Die Zuordnung der Mergel von Inngrüne-Botzenau, sowie der
bunten subalpinen Molasse zum oberen Stampien (Chattien), wie in
der Tabelle eingetragen, ist noch unsicher, da sie durch keine Fossilien gestützt ist.') Faciell stimmt die bnnte Molasse des Alpenrandes,
insbesondere wo sie geröllfrei ist, auffallend mit dem subjurassischen
Aquitan überein. Vielleicht reicht sie auch im subalpinen Gebiet noch
in das untere Aquitan hinein.
Ist die obige Darstellnng richtig, so würde im Vorarlberg die
Grenze von Stampien und Aquitan innerhalb der bisherigen „Unteren
Süsswassermolasse" anzunehmen sein. Die Haupt-Faciesgrenze aber
liegt zwischen den brackischen Eggschichten und der darüber liegenden bunten Molasse mit Nagelfluh. Ob die letztere eine Siisswasserbildung darstellt, ist noch fraglich, indem A. LUDWIG (Lit. 11) am
Weissbach bei Appenzell brackische Einlagerungen des Stampien inneralb der Nagelfluhbildung nachgewiesen hat. Aus diesen Beobachtungen, wie auch aus solchen von BAUMBERGER und BECK haben wir
geschlossen, dass auch unsere Nagelflnhbildungen noch dem Stampien
einzureihen sind (vgl. p. 54, Paläontologie).
Tektonik.
Die nördliche Antiklinale.
Die von Norden aus erste Antiklinale ist die bedentendste. Sie
zieht sich bekanntlich fast durch die ganze Schweiz 2) und bis ins
Allgäu 3) fort, das grosse Molassebecken nach Süden abgrenzend. Auf
der linken Rheinseite verlänft sie von Trogen über Berneck und setzt
auf der Ostseite fort zwischen Schwarzach nnd Rickenbach. Der Nordschenkel ist über 10 km breit. Er beginnt nördlich Bregenz im Obermiocän mit regelmässigem sanftem Anstieg von 8-9° bis zum Pfändergipfel. Am Gebhardsberg steigt die Neigung auf 15°, bei Fluh-Wirtatobel auf 20° nnter einem Streichen von E 20-25 N, bei Kennelbach
auf 25°, bei Wolfurt-Rickenbach auf 35°, bei Bildstein auf 50°, wobei
das Streichen auf E 10-5° N abgelenkt wird. Damit beginnt die
schlecht aufgeschlossene Steilzone von Inngrüne. Der lange Nordschenkel der nördlichen Antiklinale bildet somit einen ausgesprochen
konkaven, cykloidenartigen Bogen.
l) Vergl. Nachtrag p. 64.
2 ) ALB. HEIM,
Geologie der Schweiz, Bd.
Lit. 10.
`3 ) Tu. HERBERT,
I.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 29
Bei Tellenmoos fällt eine Sandsteinrippe bereits 85 ° nach S 30 E.
Der nächste Sandstein, 200 ni weiter südöstlich, ist in einem Bacheinschnitt aufgeschlossen, mit regionalem Fallen von 65° nach 5 30 E.
Bei Schwarzach, am Südrande der Zone von Inngrüne, beträgt das
Fallen im Mittel 50° nach S 30 E. Wir haben somit mit der stratigraphischen Verändernng von granitischem Sandstein in die Mergel
von Inngrüne auch eine tektonische Verändernng gefunden: eine Aufrichtung bis znr Senkrechten und zugleich eine Veränderung des Streichens um 20-30°. Das letztere bedingt, dass die Steilzone unter
die granitische Molasse hineinweist, und diese Erscheinnng wird
erst recht ausgesprochen dadurch, dass die granitische Molasse buchtartig nach SE übergreift, im Grundriss einen gewaltigen Bogen von
etwa 6 km Radins bildend (Karte). Dieses Übergreifen ist teilweise
die Folge des Ansteigens der Bergoberfläche, wird aber noch verstärkt
durch ein etwas bogenförmiges Streichen. Die nördliche Antiklinale
sieht also aus wie eine D i a p y r a n t k l in a 1 e im ersten Stadium,
die einseitig von der gewaltigen Masse granitischen Sandsteins
überdeckt wird. Wäre der letztere nicht jünger als die Zone von
Inngrüne, und kein stratigraphischer Übergang vorhanden, so würde
man eine Überschiebung von N nach S annehmen.
Die entsprechenden Verhältnisse findet man an der Ach, wo die
Vertikalzone wieder anscheinend diskordant nnter der granitischen
Molasse hervortritt, obwohl die Schichtlage an der Ach sichtbar von
beiden Flügeln her steiler wird und von einer Transgression nichts
zu sehen ist. Bei der Brücke von Botzenau (Station Doren-Sulzberg)
fällt der Mergel mit Sandstein 60-70° nach S 40 E, 150 m nördlich
davon 70° nach N 30 W, und im Zwischenstück an der Strasse nach
Doren, östlich der Ach, zeigt ein kleiner Aufschluss 85° Fallen nach
SE (Pr. I). Die geometrische Antiklinalaxe quert also die Ach mit
E 30-40° N Streichen etwa 50 m nördlich der Brücke von Botzenan.
Da von hier an östlich die granitische Molasse gegen Hüttersberg-Sulzberg hoch ansteigt, so wiederholt sich die gleiche Erscheinung
wie bei Bildstein : auch hier scheint die Vertikalzone schief
unter die granitische Molasse des Nordschenkels hineinzustechen, als ob die letztere transgressiv über der Antiklinalaxe läge.
Wir haben somit folgende Eigentümlichkeiten der Antiklinalaxe
vom Rheintal znr Bregenzerach festgestellt.
1. Rasches Steilerwerden der Schichtlage von beiden
Seiten her bis zur Vertikalen, Divergenz der einzelnen Schichten, als ob eine jede nach der Tiefe rasch an
Mächtigkeit znnehmen würde. Derartige Verhältnisse sind z. B.
30
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
bekannt aus Rumänien 1) und erklärlich durch tektonische Aufrichtnng während der Ablagerung, wodurch die Schichten von Anfang an im Scheitel am schwächsten waren oder ganz auskeilen.
An der Basis der granitischen Molasse konnte ein Zuspitzen
und Auskeilen einzelner Bänke mit ansgesprochener Diagonalschichtung, allerdings nicht nur nach oben, tatsächlich direkt beobachtet werden und zwar an der Strasse nach Doren etwa 1 /2 km
nördl. Botzenau. Man hat hier den Eindrnck einer Uferzone. Die
Ablagerung der 1500 m mächtigen granitischen Molasse des Nordschenkels war nnr unter fortdauernder Senkung möglich.
2. Fehlen einer Gewölbeumbiegnng mit horizontaler
Schichtlage im S c h e i t e l. Vielleicht ist dieses Fehlen nnr
graduell, d. h. die Knickung scharf nnd zufällig gerade nicht aufgeschlossen. Das Fehlen einer runden Umbiegung ist übrigens verständlich bei der Annahme einer Aufstanung ohne überlastende
Deckschichten.
3. Asymmetrie der Schenkel . Wie die Profile zeigen, ist die
Asymmetrie in doppeltem . Sinne ansgesprochen:
a) stratigraphisch, indem die granitische Molasse merkwürdigerweise ganz anf den Nordflügel beschränkt bleibt 2 ), und
b) tektonisch : einem regelmässigen Nordflügel von über 10 km
Länge steht ein Südflügel (Inngrüne) von nur 1 1 /2 km gegenüber.
4. Abweichendes Streichen der Antiklinalaxe bis zu 30° vom
Streichen der granitischen Molasse des Nordschenkels, wodurch der
Scheitel wie abgeschnitten aussieht (Karte) — dies sonderbarerweise
trotz des stratigraphischen Übergangs der Mergel von InngrüneBotzenau in die granitische Molasse.
Die oben genannten Beobachtungen sind teilweise noch unverständlich.
Die Überschiebung von Schwarzach-Tobel:
Die stratigraphische Untersuchung hat gelehrt, dass die roten
Mergel das normale Hangende der grauen stampischen Molasse bilden.
') M o r e n i , das bedeutendste Ölfeld Rumäniens, liegt auf einer Diapyrantiklinale mit durchspiesstem Salzkern. In beiden Flügeln ist das Fallen an der Oberfläche
(Levantin) sehr gering (5-10 °), in der Tiefe (Pont-Mäot), durch Bohrungen nachgewiesen, steiler, 15-30 °. Aber nicht nur nimmt die Dicke der Schichten nach der
Axe ab, sondern auch die Mächtigkeit der einzelnen Stufen (Daz) ist auf beideH
Seiten verschieden. Diese Erscheinungen können wohl durch Annahme fortschreitender
tektonischer Aufstauung während des Fortganges der Ablagerung erklärt werden.
2) CADISCH (Eclogae 1923) beschreibt eine ähnliche Faciesdifferenz beiderseits
der nördlichen, dort gedoppelten Antiklinale des Ricken zwischen Linth und Thur.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, B. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse
Vorarlbergs. 31
Anf die Mergel von Inngrüne, deren Südrand bildend, legen sich nun,
mit SSE-Fallen, 100-200 m rote Mergel mit Sandstein (Pr. II und
Fig. 3). Ob diese das normale Hangende der Serie von Inngrüne bilden, oder als verkehrter Schenkel der Schwarzach-Tobel-Überschiebung zn deuten sind, ist noch fraglich. Auf alle Fälle muss eine
bedeutende Überschiebung der Serie des SchwarzachT ob els auf die Zone von Inngrüne angenommen werden. Diese ist
nun znfällig künstlich angeschnitten und lässt sich sogar am Strassenbord mit dem Pickel als messerscharfe Rntschfläche blosslegen (Fig. 3
nnd 11).
Fig. 11. Kontakt der roten Mergel (b) am Südrand der Zone von Inngrüne mit dem Sandstein von Schwarzach-Tobel (a).
Ü = Überschiebungsfläche.
Die flyschartige Verstauchnng der harten Sandsteinbänke mit
Mergellagen an der Basis der Schwarzach-Tobel-Serie, wie auch die
Zerknitterung der liegenden rötlichen Mergel ist sehr auffallend. Am
Kontakt sind auch linsenförmige Sandsteinblöcke von einigen Dezimetern eingeklemmt, die auf der Unterseite geglättet und offenbar
bei der Überschiebnng infolge der Reibung relativ zurückgeblieben sind,
während sich die Bewegung vornehmlich auf den gequetschten schwarzen
Mergellagen (s) darüber vollzog.
Diese Überschiebungsfläche konnte weiter östlich bis Oberschwende,
dann wieder bei Haag und 1250 m NNE der Kirche von Alberschwende
bei Eckermoos beobachtet werden, wenn auch nicht mehr mit sichtbarer Rutschfläche. An der Ach ist die Lage der vermutlichen Überschiebung wegen Verdeckung noch anf ± 100 m unbestimmt. Sie
wird aber wohl etwa beim Kilometerstein 15,6 dnrchziehen (Pr. 1).
Dnrch Begehen der linken Seitenschlnchten würde wohl mit Hilfe des
Pickels die Lage noch genauer festzustellen sein.
32
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Es frägt sich nnn noch, ob die 400-500 m mächtige Serie des
Schwarzach-Tobels in sich selbst einheitlich und normal liege. Am linken
Achufer sind Verbiegungen zu sehen, die etwas verdächtig nach einer
spitz geknickten, nach N überliegendenAntiklinale aussehen (Pr. I), Und
im Schwarzach-Tobel ist vielleicht die flyschartig gefältelte Mergelserie 3
der Fig. 3 auf den liegenden Sandstein überschoben, so dass dort eine
doppelte Überschiebung der Serie von Schwarzach-Tobel vorläge. Der
Kontakt dieser fraglichen Sekundär-Überschiebung (Ü?) ist jedoch nicht
aufgeschlossen.
Die bunte Molasse der Zone von Alberschwende dagegen, 500 bis
1000 m mächtig, liegt der Serie von Schwarzach-Tobel normal auf
und fällt in ihrem nnteren Teile durchschnittlich wie jene 35-45°
nach SSE. Im obern Teil aber stellen sich kleine Komplikationen
ein, die wohl auf die südlich folgende Falten-Überschiebung zurückzuführen sind. So ist z. B. im roten Mergel am Bach nnterhalb Amenegg,
40 m südlich der Strassenbrücke, ein vollkommenes, nach N überliegendes Miniaturgewölbchen von 4 m Durchmesser zu sehen. Der Südschenkel desselben ist flaserig zerquetscht nnd aufgerichtet (Fig. 4).
Die Falten-Überschiebung von Fluh-Amen egg.
Wenn auch nicht in genau gleicher Facies und Mächtigkeit wie
im Schwarzach-Tobel, liess sich doch im Tobel von Haselstauden bis
Amenegg eine Wiederholung des brackischen Stampien erkennen, die
bei der im ganzen isoklinal südlich fallenden Schichtlage auf eine
Überschiebung schliessen liess. Die Bestätigung dafür boten die Aufschlüsse im Schwarzbach ob Alberschwende (Fig. 7 und 12), wo sowohl
der nach N überliegende Gewölbekern der leistartigen Mergel, als anch
die nördlich darunter sich anschliessende Mulde der bnnten Molasse
direkt zu beobachten sind. Diese Biegungen sind so unsymmetrisch,
dass der Muldenkern nur 20-30 m vom Gewölbekern entfernt liegt.
Mit anderen Worten: es handelt sich nicht um eine reine Brnchüberschiebung, sondern um eine normale Faltenüberschiebung mit
verkehrtem auf etwa 1/2o seiner normalen Mächtigkeit reduzierten Mittelschenkel.
Wie weit sich der stampische Mergelkern noch oberflächlich nach
E fortsetzt, ist noch nicht verfolgt worden und könnte vielleicht in
den Bachfurchen am NW-Hang des Brüggele-Grates festgestellt werden.
Einen guten Anhaltspunkt bietet die anffallende Nagelfluhrippe des
Brüggele. An diesem pyramidenförmigen Gipfel nämlich biegt die
Nagelfluh plötzlich knieförmig vom normalen Oststreichen nach N ab,
wobei das Fallen von 50° S zu 20° E konform dem Osthang übergeht
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMRERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 33
(Karte). Daraus, und ferner aus dem vergeblichen Suchen nach den
Eggschichten an der Bregenzerach sind wir wohl berechtigt, auf ein
Verflachen und Untertauchen der Antiklinale von Flnh-Amenegg nach
Osten zu schliessen. Ans dem isoklinalen Stadium der Überschiebung
(Haselstauden-Amenegg-Maltach) ist somit nach Osten ein unsymmetrisches Gewölbe mit steilem, aber noch stark reduziertem Mittelschenkel (Alberschwende) hervorgegangen, das gegen die Ach zu verflachen nnd mit etwa 20 ° Axcngefälle unterzutauchen scheint.
Damit hängt die bedeutende Verbreiterung Und Verflachung der
bnnten Molasse gegen die Bregenzerach zusammen. Von Müselbach
an südwärts ist ausser der Verflachnng wieder ein ausgesprechenes
Querstreichen als Folge eines allgemeinen Axengefälles von 10
bis 25 ° nach Osten erkennbar. Dieses ist anch deutlich ausgesprochen
an dem sekundären Gewölbchen bei Kilometerstein 21,8 (600 m nördlich
der Synklinale beim Elektrizitätswerk). Seine etwa 25 0 geneigten
Schenkel streichen rechtwinklig anfeinander, worans sich ein Axenfallen
von etwa 15 ° nach E ergibt. Dazu ist der Südschenkel von einer
kleinen Verwerfnng mit Rntschstreifen durchsetzt, die nordöstlich
streicht (Pr. I und Karte).
Die Synklinale von Maltach.
Verfolgt man die Nagelflnhbänke von HaselstaUden-Fluh nach SW,
so sieht man sic flacher werden und zugleich im Streichen von WSW
nach SSW umbiegen, dann plötzlich an vertikalen Bänken mit Weststreichen abstossen. Der senkrechte Schnitt verläuft fast genan in
der Richtnng auf dic Kirche von Kehlen. Da die Nagelfluh-Steilzone
bedentend weniger mächtig ist, als der flachere nördliche Flügel, so
liegt offenbar eine unsymmetrische Mulde mit vertikalem
Scheitelbrnch und 15-20° Axenfallen nach Osten ver.
Die Knickeng ist auch 1,2 km weiter östlich, im Bach östlich
Punkt 736 (Linde auf dem Hügel bei Stäben), noch vorhanden, und
zwar in einem höheren Horizont bnnter Mergel : 40 ° S fallende rote
Mergel mit Clivage stossen unvermittelt an vertikale grünliche Mergel.
Das Streichen ist hier aber beidseitig E 5 N.
Die Synklinalstellung ist in roten Mergeln angedeutet im Bach
1 km NW Bödele (Fig. 4). Im obersten Teil des Schwarzbaches ob
Alberschwende ist zwar die Umbiegung nicht sichtbar, wohl aber das
allmähliche Verflachen des Nordschenkels von 45 bis zu 5 °. Hier
liegt die Mulde nicht mehr leicht nach N über, sendern auch der
Südschenkel liegt normal.
VierteIiahrssehrift cI. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 73. 1928'.
3
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Östlich von Gaiskopf fallen
die roten Mergel nicht nörd•
lich, sondern auf eine ganze
Strecke weit deutlich mit
r
etwa 30° nach S, so dass eiHe
a
Sekundärverbiegung im Südschenkel der Synklinale von
Maltach angenommen werden muss (Fig. 12). Dnrch
b° ô ,,
diese wird die Verbreiterung
,..,
der Molasserandzone im Ver0
ôö Ibn
°hzum
gleicQuerschnitt der
'c‘i
Ach verständlich. (Karte.)
An der Ach kann die Synh
klinalstellung beim Elektri,s,A-1II zitätswerk nnd am Sträss.0
chen westlich oberhalb desa>
z
selben festgestellt werden,
d ô
wobei auch dcr Mulden  scheitel in kleinen AufII schlüssen sichtbar wird. Wieder fällt die Muldenaxe 10
bis 15 ° nach E. Es frägt sich
II
nur, ob sie auch hier noch
verworfen sei. Das Vorhan$o
ô
densein
einer bedeutenden
â
70 ° N fallenden Nagelfluh0
bank auf der unmittelbaren
Südseite im Vergleich zu den
tii E
b^ b°
unbedeutenden
Geröllbänken
w z
der Nordseite, östlich der
I
z
Ach, könnte darauf hindeuII
-ten. Dass es sich um eine
° ~
Mnlde handelt, hat übrigens
bereits W EPFER 1908 erkannt.
n Resultat : Von DornbirnKehlen bis nördlich Egg verlänft eine ausgesprochene
•
Synklinale, die wir als
Synklinale von Maltach beal
zeichnen. Sie ist unsymme-
L
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMRERGER,
H. G. STEELIN. Molasse Vorarlbergs.
35
trisch (Nordflügel 30-50°, Südflügelsteil, an der Ach 70°N fallend,
weiter westlich senkrecht bis leicht überkippt, mit 80° S-Fallen am
Bödele). Im Westen (Kehlen), vielleicht allgemein, ist dic Mulde von
einem vertikalen Scheitelbruch dnrchsetzt. Auf der Rheinseite und an
der Ach ist ein Axenfallen nach Osten von 10-20° vorhanden. Die
gesamte Muldenzone ist mit dem dazugehörenden liegenden Gewölbe
anf dessen Nordseite anf die Zone von Alberschwende überschoben
(Fig. 1 und 12).
Die südliche Randzone.
Wegen des Mangels an Anfschlüssen durch Moränenbedeckung
ist diese Zone am schwierigsten zu verstehen, konnte aber dank der
leitenden Eggschichten doch klargelegt werden.
An der Strasse bei Dornbirn-Kehlen beschreiben die granen
leistartigen Mergel eine Antiklinale mit vertikalem Kern. Darauf legt
sich im Südschenkel harter Glimmersandstein in wulstigon Bänken
mit Rippelmarken. Er nimmt am Weg beim Hans Grundegg, südlich
der Kapelle Ober-Fallenberg, eine Breite von 80--100 m ein, und zwar
in synklinaler Stellnng, wobei der nördliche Teil, normal auf dem
leistartigen Mergel aufliegend, 50° nach S fällt, während der südliche
über die Vertikale hinaus bis 80° N Fallen annimmt. Dem entspricht,
dass die Sandsteinzone am Fusse des Gehänges sich keilförmig verschmälert und der Rippe am linken Bachbord 500 m SE der Kirche von
Kehlen nnr noch als mnldenförmige Kappe anfsitzt. Dieser 80-90° N
fallende Sandstein ist es nun, an den die steil gestellten Kreidemergel
nnd Nummulitenkalklinsen stosscn. Der Kontakt ist freilich nicht
entblösst, jedoch ist die unaufgeschlossene Lücke an einer Stelle nur
etwa 5 in breit.
Nach diesen Beobachtungen sind wir wohl berechtigt, die südliche
Randzone bei Dornbirn aufzufassen als aus folgenden tektonischen
Elemcnten gebildet, von N:
a) Aufrechte, schmale Antiklinale aus leistartigen Mergeln mit
Cyrenen (Unt. Stampien). Antiklinale von Fallenberg.
b) Steile, schmale Synklinale aus Glimmersandstein(Eggschichten).
Synklinale von Fallenberg.
Verfolgen wir nun die Randzone nach Osten !
In den Bachfurchen der Umgebung von Bödele hat sich dcr steile
Südschenkel der Synklinale von Maltach anf 600 m verbreitcrt. Südlich, davon, wo die Falten von Fallenberg zn erwarten wären, folgt
zusammenhängende 1Vloränendecke (Pr. II Und Fig. 4).
36
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Im Mühlbach kommt NW Schwarzenberg wieder der unterstampische Mergelkern, beidseitig mit Eggschichten zum Vorschein,
und zwar mit Nordfallen (Fig. 9 nnd 12). Die Mergel und Sandsteine des Liegendschenkels am Mühlebachufer sind sogar flach nach
N geneigt, was aber wohl teilweise auf oberflächlicher Rutschung
(Hakenwnrf) beruht. Das sicher unverrntschte Fallen des Nordschenkels
der Eggschichten in den Seitenbächen beträgt 70-80° N, bei einem
regelmässigen Oststreichen.
Offenbar handelt es sich hier um die östliche Fortsetzung der
Fallenberg- Antiklinale. Das Riesenkonglomerat, wenn nicht ein
Schürfling aus weiterer Ferne, könnte dann der Synklinale von Fallenberg zugeschrieben werden.
Bei Egg (Fig. 10) finden wir die weitere Fortsetznng der Antiklinale von Fallenberg, mit einem etwa 150 m breiten, oststreichenden,
steilen unterstampischen Mergelkern, dem beidseitig Sandsteine (Eggschichten) und Nagelfluh angelagert sind, so dass man auf ein S überliegendes Gewölbe mit isoklinal gepresstem Kern schliessen möchte ').
Auch hier fallen die Mergel der Südseite flach nach N. Dass es sich
tatsächlich um Nordfallen resp. Überliegen der Antiklinale nach S
handelt, beweist eine Bank von Nagelfluh mit Sandstein nördlich des
StaUwehrs (8 in Fig. 10), die U n v e r r u t s c h t mit 40° nach_ N fällt.
Über den AlpenraHd an der Subersach, 9km östlich Egg, orientiert
eine Profilskizze von CoRNLLIUS 2 ): auf eine 80' SE fallende Sandsteinbank mit Geröllen (Eggschichten ?) folgt mit Übergängen ein
graner Mergel, dessen Beschreibung genau mit demjenigen bei Egg
übereinstimmt. Nach 20 m Unterbruch der Aufschlüsse folgt steil N
fallender Flyschsandstein. Also scheint hier die Basis der stampischen
Molasse an die alpinen Sedimenle zu stossen.
Der Alpenrand.
Die wechselseitige Amputation zwischen alpinen Sedimenten
nnd den daran anstossenden Molassebildungen ist in der Schweiz bekannt 3). Diese Erscheinung wurde vom Verfasser 4) auch aus dem
1) Es ware noch denkbar, dass die südlichste Nagelfluh an der Bregenzerach
das normale Liegende der unterstampischen Mergelzone bilden würde, was aber nach
unseren bisherigen Erfahrungen sehr unwahrscheinlich ist.
2) H. P. CORNELIUS, Zum Problem der exotischen Blöcke und Gerölle im „Flysch"
des Allgäu. Jahrh. Geol. Bundesanst., 74. Bd. p. 263, 1924.
3) ARNOLD Hall, Brandung der Alpen. Viertel). Naturf. Ges. Zürich 1906, und
— Alpenrand zwischen Appenzell und Rheintal. „Beiträge" 1923.
—
4) ARNOLD HEIM, Grünten, Viertelj. Naturf. Ges. Zürich 1919, S. 485.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMBERGER, H. G. STEULIN.
Molasse Vorarlbergs. 37
Allgän beschrieben nnd wird iH den neuen wertvollen Arbeiten von
E. KaAus`) ausdrücklich bestätigt.
Im Gebiet zwischen Rhein und Bregenzerach verläuft die Kontaktfläche, soweit sichtbar, in steiler Lage verhältnismässig ruhig, trotz
grosser Komplikationen in der alpinen Randzone. Zum Unterschied der
Schweiz fällt die südlichste Molasse an allen drei Kontaktstellen (Dornbirn, Mühlebach, Ach) nördlich, nicht südlich unter die Alpen, und
selbst die alpinen Sedimente (Nummnlitenkalk, Flysch, Senonmergel)
fallen am Kontakt östlich der Wasserscheide Rhein-Ach stellenweise
nördlich ein. Trotzdem aber hat der Kontakt mit einer Verwerfung,
wie er schon oft bezeichnet wnrde, nichts zn tun. Es handelt sich
wohl anch hier um eine alte Erosionsfläche, die überschoben und nachträglich durch antochthoHe Stauung anfgerichtet, ja südwärts überlegt
worden ist.
Dass die ostalpinen Geologen, die solche Verhältnisse vor sich
sahen, von einer Überschiebung der Alpen anf die Molasse nichts wissen
wollten, ist begreiflich. Gerade das Gegenteil von der Nordüberschiebung der Alpen auf Rigi nnd Speer tritt uns
an der Bregenzerach entgegen: ein Gewölbe der stampischcn Molasse, das rückwärts gegen die Kreide-Flyschzone der Alpen geneigt erscheint (Pr. I).
Die Verwerfnngen.
Währenddem die alpinen Kreideketten von nngezählten Querbrüchen durchsetzt sind, und zwar mit vertikalen, horizontalen oder
schiefen Verschiebungen, sind die Querbrüche in der Molasse, soweit
beobachtet, äusserst spärlich und nnbedeutend. Freilich ist es möglich,
dass Brüche in der Molasse leichter übersehcn werden, weil die Leithorizonte nicht so dentlich hervortreten.
Dafür aber scheinen in der snbalpinen Molasse steile Längsbrüche
aufzntreten in einer Art, wie sie aus den Kreideketten nicht bekannt sind, wie z.B. der Scheitelbruch der Synklinale von
Maltach.
Querbrüche wurden beobachtet am
G e b h a r d s b er g: annähernd vertikaler Bruch mit NNW-Streichen,
Rutschwand unmittelbar westlich der Kapelle, Ostflügel etwas
gesunken.
Bach nördlich Arnenegg: Bruch vertikal, Streichen N35E, Ostflügel ca. 15 m tiefer, vermutlich schiefe Transversalverschiebung.
1)
E. I{RAUS, Geol. Forsch. im Allgäu. Geol. Archiv 1926, S. 20.
38
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Ferner wurde ein unbedeutender Bruch an der Ach bei Km 21,8,
1 km NW Egg, beobachtet, der dcn Südschenkel des kleinen Gewölbchens in NE-Richtung mit horizontalen Rutschstreifen durchschneidet.
Die relative Ungebrochenheit der subalpinen Molasse, im
Vorarlberg erinnert an den fast nnbegreiflich regelmässigen Längsverlauf der ostbayrischen Randmulden (Murnau, Hausham, Miesbach),
während sie in scharfem Gegensatz zu dem nach KRAUS arg zerstückelten Molasserandgebirge an der Iller steht.
Vergleich mit Ostschweiz und Allgäu.
Linke Seite des Rheintals.
Der Verlauf der nördlichen Antiklinale ist bekannt'). Dem Nordschenkel aus granitischer Molasse von Kennelbach-Bildstein entspricht
genau die granitische Molasse von St. Margrethen bis Au. Aber Antiklinalscheitel und Südschenkel sind verschieden.
Zunächst finden wir von E nach W den Scheitel, wie bereits
GUTZwILLER bekannt, aufgeschlossen an der Strasse bei P. 601 unter
Snlzbach, 1,5 km westlich Berneck (Fig. 13 und Siegfriedblatt 82,
1 : 25,000, Ausg. 1921).
Fig. 13. Die nördliche Antiklinale hei Berneck, Rheintal.
(m = Moräne, g = granitischer Sandstein.)
Hier findet man eine tatsächliche G e w ö l b e b i e g u n g, im Bach
sogar mit vollkommen horizontalem Scheitel, wenn anch mit kleinen
Komplikationen : kleine Scheitelbruch-Überschiebung und Querbrüche.
Stratigraphisch entspricht die Molasse des Gewölbekerns derjenigen
der Zone Inngrüne-Botzenau, die da wie dort nach oben durch Zurücktreten der grauen und bräunlichen Mergel und Zunahme der Sandsteinfacies mit roten Feldspatkörnchen in die granitische Molasse übergeht.
Im Gewölbekern sind erst spärliche rote Sandkörnchen vorhanden,
9 ALB. HEIM, Geologie der Schweiz, Bd, I; ferner A. LUDWIG, Lit. II.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMRERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 39
noch nicht der eigentliche granitische Sandstein. Dieser setzt jedoch
stratigraphisch etwa 100 m höher ein. An der Strasse bei SulzbachSäge sind ansserdem zwei oder mehrere bis 10 m mächtige Bänke von
Kalknagelfluh mit spärlichen kristallinen Geröllen an der Basis der
granitischen Molasse des Nordschenkels (Fallen 45 ° nach N10W)
vorhanden, eingelagert in typischen granitischen Sandstein nnd mit
solchem als Bindemittel zwischen den Geröllen, während östlich des
Rheins weder eine Gewölbeumbiegung noch Nagelflnh in der granitischen Zone gefunden wurde.
Im Bach von Sulzbach, etwa 100 in südlich des Gewölbchens, sind
die granitischen Sandsteinbänke bis znr Vertikalen aufgerichtet, so
dass man den Scheitel dort annehmen würde, wenn das Gewölbchen
nicht anfgeschlossen wäre (Fig. 13). Dann folgt wieder normales SSEFallen von 45 °.
An der Strasse südlich Eschenmoes, 150-250 m südlich des
Scheitels, sind mehrere Bänke von Kalksandstein mit Steinbrüchen
vorhanden, der an den Kalksandstein von Inngrüne erinnert, aber auch
lithologische Ähnlichkeit mit dem Sandstein von Schwarzach-Tobel aufweist: Kohlige Pflanzenschmitzen, feine Bändernng durch mehr oder
weniger kalkige oder Qnarz-Hornstein-sandige Streifen, Glimmerarmut.
Aber darüber folgt beim Kirchlein von Reute in normaler Lage abermals typische granitische Molasse, ca. 300 m südlich vom Scheitel. Anch
dies ist ein Unterschied gegenüber Vorarlberg. Mergel, gewöhnlicher
Sandstein, Kalksandstein und granitischer Sandstein scheinen in stratigraphischer Repetition den Südschenkel aufzubanen. Dazu kommt anch
hier noch Nagelfluh, so z. B. am Sporn von Schlafenäcker eine Bank
von 3-4 m mit schwarzen Kalkgeröllen und hellem Gneis. Von
hier an gehören die Nagelfluhbänke bekanntlich znm charakteristischen
Bestandteil des Südschenkels (Zone des Gäbris).
Bei Altstätten gelangen wir in die Synklinale des Stoss,
die sich über Appenzell und Jakobsbad fortsetzt. Sie ist dnrch einen
flachcn NW-Schenkel (= SE-Schenkel der nördlichen Antiklinale) nnd
steilen Südschenkel ansgezeichnet. Der letztere bildet mit E 25-30°NStreichen die an „bunter Nagelflnh « (d. h. solcher mit 5-15 °/0
kristallinen Geröllen) reiche Rippe von Forst südlich Altstätten. Granitischer Sandstein wechsellagert auch hier noch mit der Nagelfluh.
Nun folgt die Zone des Hirschberg, die vermutlich einer zweiten
Antiklinale entspricht.
Nach Mitteilnng von Herrn A. LUDWIG besteht diese Zone südlich
der fraglichen Scheitelregion aus 45-50 ° südlich fallenden, verschiedenfarbigen, aber selten rötlichen Mergeln mit Sandsteinbänken, von
40
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1028
700-800 m Mächtigkeit, dann einigcn hundert Metern vorwiegend
roter Mergel gleicher Lage.
Es ergibt sich daraus, dass sowohl die Stratigraphie wie die Tektonik beider Rheinseiten betr. den Scheitel und Südschenkel der nördlichen Antiklinale wesentlich verschieden sind. Hier eine Gewölbebiegung, granitische Molasse nnd Nagelflnh mit kristallinen Geröllen
auf beiden Anliklinalseiten, dort keine sichtbare Umbiegung, keine
granitische Molasse auf dem Südschenkel, keine Nagelfluh.
An Stelle der gewaltigen Überschicbnng von Schwarzachtobel
folgt die Synklinale des Stoss, und anch ein Äqnivalent der südlichen
Faltenüberschiebung von Flnh-Amenegg haben wir bisher in der Schweiz
vergeblich gesucht. Dagegen finden wir am Alpenrand wieder insofern
ähnliche Verhältnisse, als auch hier die glimmerführenden grauen
Mergel auftreten. Dass die grauen Mergel der Randschuppen von Appenzell (Ibach, Pöppelbach) der stampischen Molasse angehören, die AR N.
HEIM als fragliche Flyschmergel beschrieb, hat bereits A. LUDWIG erkannt. Spuren solcher hat er neuerdings auch noch bei Eichberg im
Rheintal unter den Wangschichten des Kapf gefunden. Wir können
nun hinzufügen, dass die grauen Mergel mit Glimmerschüppchen und
hie und da Sandsteinbänken mit Pflanzenresten') identisch sind mit
den Cyrenen-führenden Mergeln des Verarlberg, und somit dem unteren Stampien angehören, ferner, dass sie das normale Liegende
der roten Molasse bilden.
Wir kommen nun auf die Tektonik der nördlichen Antiklinale
zurück. Sie ist ein Problem für sich, das nur durch genaueste systematische Verfolgung auf ihrer ganzen Länge, unter Zeichnen aller
wichtigen Aufschlüsse, befriedigend gefördert werden kanH. Wir müssen
uns hier mit einigen weiteren Bemerkungen begnügen.2)
Von Berneck nach W zieht die Antiklinale über Trogen nach
Teufen—Station Rose, wo am Rotbach clie Scheitelzone auf etwa 250 m
Breite lückenhaft entblösst ist, und drei Sekundärgewölbe oder Andeutungen solcher zu sehen sind.
Den nächsten Querschnitt bietet die Sitter (Fig. 14).
Beim Bächlein von Würzen nach Christes (links) im Nordschenkel
ist noch granitischer Sandstein vorhanden, der von gequälter und
durch Rutschflächen zerschnittener bnnter Molasse mit grünlichen und
rötlichen Mergeln unterlagert wird (r). Die vorragenden Sandsteinbänke und die senkrechten Türme bestehen aus halksandstein. Im
') Die Sandsteinbänke in Fig. 10 No. 6 sind z. B. unmterscheidbar von denen
beim Hotel Weissbad.
2) Beobachtungen unter Führung du rch Herrn A. LUnwic.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMRERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 41
Brücke
90°
60'
SSE
65°
55°
6
5o
00 m
Fig. 14. Die nördliche Antiklinale an der Sitter.
Die Aufschlüsse der linken Flußseite sind auf die rechte Seite projiziert.
= Rutsch flächen.
Südflügel felgt wieder Wechsellagerung fleckiger Mergel mit Kalksandstein. Die stratigraphischen Verhältnisse entsprechen also der
Scheitelregion bei Berneck nnd der Zone von Inngrüne, d. h. dem Liegenden der eigentlichen granitischen Sandsteinzone. Aus Analogie mit
Berneck möchte man vermuten, dass die Gewölbeaxe auf der Nordseitc der senkrechten Türme liegt.
An der Urnäsch ist die Antiklinale weiter geöffnet. Die senkrechten Kalksandsteine der Teufelsmauern erstrecken sich über etwa
500 m Breite und gehören wohl dem Stampien an.
Der granitische Sandstein scheint im Südflügel ganz oder teilweise
durch Kalksandstein unter Zurücktreten der roten Feldspatkörner ersetzt zu sein, so dass man sich fragen muss, ob die letzteren überhaupt aus den Alpen stammen, dies Umsomehr, als die kristallinen
Gerölle der bunten Nagelfluh im Rheingebiet im allgemeinen nicht rot
sind. Die Faciesdifferenz beider Seiten der nördlichen Antiklinale ist
auf Schweizerseite weniger ausgesprochen als im Vorarlberg.
Allgäu.
Über die subalpine Molasse zwischen Bregenzer Ach nnd Iller
geben die nenen Arbeiten von THOMAS (Lit. 10) und von KRAUS') Aufschluss, jedoch fehlt noch eine neuere Bearbeitung der südlichen Bandzone östlich der Ach.
Dass sich die nördliche Antiklinale über Sulzberg fortsetzt, war
schon STUDER, ESCHER und GUMBEL bekannt. Die beste Übersicht beider
Rheintalseiten bietet heute noch die geologische Karte 1 : 380,000 von
STUDER nnd ESCHER, II. Aufl., 1867, auf der folgende, durch diese Arbeit
bestätigte Züge des Gebirgsbanes hervorspringen:
1. Die subalpine Molasse zwischen der nördlichen Antiklinale und dem
Alpenrand erreicht die stärkste E i n s c h n ü r u n g auf der Ostseite
des Rheintals, nämlich 3,7 km, im Vergleich zu 7 km anf der West1)
KRAUS, Geol. Forsch. im Allgäu. Geol. Archiv, München 1926//27.
42
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
seite, nnd 15 km im Profil Balderschwang-Staufen, d. i. 15 km östlich der Bregenzerach. Die Einschnürung ist bedingt dadurch, dass
die nördliche Antiklinale von der Bregenzerach an nordöstlich, die
Synklinale von Maltach aber fast genau östlich streicht und sich
die zwischenliegende Zone verflacht (Karte).
2. Die Einschnürnngszone zwischen Rhein und Ach ist die an Nagelfluh ärmste. Sie steht in grossem Gegensatz zn der gewaltigen Entwicklung sowehl westlich des Rheins, als auch östlich und nördlich
der Bolgenach, wo die Höhenzüge, ja ganze Gebirgsketten mit Rigihöhe aus Nagelfluh bestehen. Sämtliche Zonen auf der Südseite der
nördlichen Antiklinale von Balderschwan.g bis znr Iller sind durch
reiche Nagelfluhentwicklnng ausgezeichnet.
3. Die Einschnürnng steht aber nicht allein in Zusammenhang mit der
im gleichen Querprofil breitesten Entwicklung der Kreideketten,
sondern wird noch dnrch einen nach S vorspringenden Bogen der
nördlichen Antiklinale auf der rechten Seite des Rheintals verschärft.
Die überschobene Serie von Schwarzach-Tobel geht vermutlich über
in die „Weissach—Alpseetal—Antiklinale" von THOMAS, die, nach diesem Autor zn schliessen, mit 70-80° südfallender „Störung" der Zone
Inngrüne-Botzenan anfgeschoben ist. Von stampischer Molasse war ihm
allerdings nichts bekannt.
Nach KRAUS hingegen wäre zu schliessen, dass die Schwarzachtobel-Schuppe nnter Anfnahme von Nagelfluh in die „Horndecke" übergeht, die nach seiner Darstellung am Immenstädter Horn mit grauen
Mergeln und Kalknagelfluh der „Steigbachschichten (Chattien)" auf
die gefaltete Molasse des Vorlandes überschoben ist. Auf alle Fälle
ist dic Schwarzachtobel-Schnbmasse wohl die bedeutendste der subalpin en Molassedecken. Sie kann mit der
Blumendecke am Thnnersee und der Rigidecke verglichen werden.
Über der Herndecke folgt im Allgän nach KRAUS die „Steinebergdecke", welche die höchste Nagelfluhkette mit dem Rindalphorn 1822 m
und Hochgrat 1833 m bildet. Ihre Stellung erinnert an unsere südliche
Zone mit der Überschiebung von Fluh-Amenegg nnd der Synklinale
von Maltach 1 ). Zwar wissen wir nichts von einer entsprechenden Überschiebung an der Bregenzerach, und handclt es sich vielleicht nnr
um Stellvertretung. RICHTER, der die „Untere Meeresmolasse" mit Car1) Eine sehr schöne Muldenbiegung ist schon von der Ferne des Grünten aus
in der Nagelfluhserie auf der Südseite der Hocbgratkette sichtbar, die an die Mulde
von Maltach erinnert.
Jahrg. 73.
ARN. HEIni, E. BAUMRERGER, H. G. STEULIN.
Molasse Vorarlbergs. 43
dien auf der Nordseite der Hochgratkette erkannt hat, nimmt eine
direkte Verbindnng mit Haselstauden-Flnh an. Auf alle Fälle scheint
die Steinebergdecke mit ihrer stampischen Basis ein tektonisches Analogon zn nnserer Decke von Fluh-Amenegg zu sein.
Wie aber schon die alte Karte von STUDER nnd ESCHER darstellt,
schiebt sich zwischen die Hochgratkette (Steinebergdecke) nnd die alpinen Sedimente (Flysch nnd Senon) östlich der Ach noch eine dritte
Nagelfluhkette ein, nämlich diejenige von Balderschwang (HeidenkopfSiplingerkopf 1748) mit stcil SSE fallender Schichtlage. Ihre tektenische Stellung entspricht daher nnserer Falte von Fallenberg, die aber
zwischen Rhein und Bregenzerach rudimentär nnd teilweise amputiert
ist. Anderseits wird die 3 km breite Balderschwangerkette auch nach
NE, gegen das Ostertal hin, schief zugeschnitten und hat keine Fortsetzung mehr bis znr Il1er, wie ebenso schon die Karte STUDER-ESCHER
erkennen lässt.
Auf der Ostseite der Iller weist bekanntlich die Molasse einen
gänzlich veränderten Charakter auf. An Stelle der Nagelfluh-Kette
Hochgrat-Steineberg tritt in regelmässiger 3 km breiter Mulde — als
wäre sie weiter von den Alpen entfernt entstanden — die klassische
Untere Meeresmolasse der Kammereck bei Wagneritz. Ihr Südrand ist
überstürzt oder mit alpenauswärts fallender Schichtlage
der Grüntenkreide unmittelbar nördlich angelagert'),
indem verschiedene tektonische Glieder des Grünten von Norden her
amputiert werden. Die Schichtfolge: 300-400 m gelblich anwitternde graue Schiefermergel (Wagneritzschichten von KRAUS), die nach
oben unter Wechsellagerung in granen, kalkigen Sandstein mit Glimmer und Pflanzenresten (EggschichteH) übergeben, und schliesslich von
Nagelfluh 2 ) überlagert werden, entspricht vollständig unserm
Stampien 3 ) von Vorarlberg und Zentralschweiz mit den
l e i s t a r t i gen Mergeln (Grisiger Mergel) an der Basis, was übrigens bereits RICHTER (Lit. 9) erkannt hat.
Die gesamte Muldenzone der Kammereck ist überschoben auf die
jüngere oligocäne Nagelfluh von Rettenberg. So erinnert die synkli') ARN. HEIM, Zur Geologie des Grünten. Viertelj. Nat. Ges. Zürich 1919, Profile
Fig. 9 und Kartenskizze Fig. 11.
3) Nach CORNELIUS (Lit. 8) enthält diese Nagelfluh „auffallend reichlich kristalline Gerölle", denen er westlich der Iller nie begegnet ist.
3) Bereits in der Einleitung wurde die damalige Auffassung der Schweizergeologen erwähnt, derzufolge ARN. HEIM in der oben zitierten Arbeit auch die Nagelfluh an der Iller und die Kammereck-Molasse irrtümlich dem Miocän zuschrieb.
44
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
nale Kamm ere c k - D ecke auch tektonisch an die überschobene
Mulde von Maltachl).
Zur geologischen Geschichte.
Die ältesten Horizonte der subalpinen Melasse, die aus feinen Tonen
bestehen, denten darauf hin, dass das Meeresbecken auf der Nordseite
der Alpen im älteren Stampien noch nicht von der alpinen Orogcnese
gestört war. Aber wie mit einem Schlag kommt im jüngeren Stampien die Überschwemmnng mit Flussgeröllen 2) aus den Alpen und in
ihrem Gefolge die Aussüssung des Beckens. Das Riesenkonglomerat
vom Mühlbach, dessen grössere Blöcke aus der angreHzenden subalpinen
Flyschzone zu stammen scheinen, ist auf den Alpenrand beschränkt
nnd eine lokale Erscheinung. Auch die Gerölle der normalen Kalknagelfluh mit oberostalpinen Gesteinen wUrden in Unserm Spezialgebiet
nicht weit nach Norden vorgeschoben. Ferner ist die Geröllführuug im
Laufe der Oligocänzeit wieder zurückgegangen.
Das Fehlen von bunter Nagelfluh im Vorarlberg und helvetischen
Kreidegesteinen als Gerölle deutet darauf hin, dass die helvetischen
1) Über die weiter östliche Fortsetzung der Kammereck-Decke verweisen wir
auf die genannte Arbeit von KRAUS, sowie auf ein Referat des Verfassers über „Bau
und Alter des Alpen-Nordrandes", das in • den Eclogae geol. Helv. erscheinen wird.
2) CORNELIUS (Lit. 8) hat die Gerölle der oligocänen Kalknagelfluh des nahen
subalpinen Allgäu untersucht und gefunden, dass 99% derselben aus den oherostalpinen Decken stammen und zwar die Mehrzahl davon jurassische Gesteine sind.
Er schliesst daraus mit Recht, dass damals die helvetische Kreidezone noch nicht
abgedeckt war. Auch die oberostalpinen Decken waren im Einzugsgebiete jener Ströme
im westlichen Allgäu noch kaum bis auf die kristalline Basis entblösst, zum Unterschied der jüngeren, aquitanen Ströme, welche die kristallinen Gerölle der bunten
Nagelfluh in der Ostschweiz brachten.
Nach CADISCH (Beitrag zur Entstehungsgeschichte der Nagelfluh, Eclogae Vol.
XVIII, No. 2, 1923) geht aber an der Rigi die bunte Nagelfluh nach oben wieder allmählich in Kalknagelfluh mit vorwiegend ostalpinen Sedimentgesteinen über, woraus
auf eine orogenetische oder erosive Änderung im Sammelgehiet der Ströme zu schliessen
ist. Dass in der oligocänen Nagelfluh der Ostschweiz (Speergebiet) nicht nur oberostalpine, sondern auch unterostalpine und südalpine, sowie reichlich Flyschgerölle
(helvetisch oder penninisch) vorkommen, hat ARN. HEIM (Monogr. d. Churflrsten Bd. I,
1910, p. 31-35) gefunden und CADISCH bestätigt.
Für das östliche subalpine Bayern hat BODEN wertvolle Untersuchungen veröffentlicht (Die Geröllführung etc. zwischen Lech und Inn. Mitt. Geogr. Ges. München,
Bd. XVHI, 1925).
Erst wenn einmal zahlreiche solcher Untersuchungen von scharf getrennten Lokalitäten und unter Berücksichtigung der stratigraphischen Horizonte vorliegen, wird
es möglich, zuverlässige Rückschlüsse auf die orogenetische Gestaltung des alpinen
Rücklandes zu ziehen.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMBERGER, H. G. STEELIN. Molasse Vorarlbergs. 45
Ketten im Sammelgebiet der Flüsse des Verarlberg noch nicht bis auf
den Seewerkalk entblösst, nech die ostalpine Trias bis auf den kristallinen Grund abgedeckt war. Die grossen Ströme aus den Alpen,
deren Verzweigungen weiter in das Gebirge zurtickreichten und tiefer
auf den Kern eindrangen, lagerten ihre Kiesmassen zu beiden Seiten
des Vorarlberg, in der Schweiz nnd im Allgän ab, während die bunte
Molasse des Vorarlberg relativ arm an Nagelfluh blieb. Nech auffallender ist diese Erscheinung im Aquitan, dessen granitischer Sandstein
im Vorarlberg so gut wie geröllfrei geblieben ist. Eine Erklärung
hiefür ist vielleicht in dem schon auf Seite 30 gefolgerten hohen
Alter der nördlichen Antiklinale zu finden, die als Schwelle
schon zur Zeit des Aquitan vorgezeichnet gewesen sein mag. Dadurch
wurde vom Molassebecken auf der Nordseite der Alpen bereits ein
sü dlichesT e i l b eck en als alpine Vortiefe abgetrennt. Aber aUch
das Hanptbecken nördlich der snbaquatischen Schwelle war im jüngeren
Aquitan völlig ausgesüsst, wie die Fundstellen von Kennelbach beweisen. Nur durch langsame Senkung konnte sich die über 1500 m
mächtige Serie von Mergel und Bänken von granitischem Sandstein
mit Diagonalschichtnng in dem Seebecken ablagern.
Mit dem Miocän setzt infolge fortdanernder Senknng der Vortiefe eine neue I n g r e s s i o n des Meeres ein. Ihr folgt, im Burdigalien, zunächst noch unter Fortsetzung graHitischer SaHdanschwemmung, auch einc neue Kiesinvasion, die im Vindobon ihren Höhepunkt
erreicht. Das Überschreiten der Antiklinalschwelle war erst möglich
nach der tektonischen Verschweissung der Erosionsnarbe am Alpenrand Und dem Festlandwerden des südlichen Teilbeckens. Die Nagelflühe des Vindebon am Fuss des Pfänder mit ihren dickschaligen Austern
mitten zwischen den Geröllen sind denn auch typische Strand bi ld u n g e n , die darauf hindeuten, dass das Meer in der Miocänzeit nicht
mehr allzuweit nach Süden gereicht und vielleicht die erste AntikliHalschwelle nie überschritten hat.
Zudem bedeutet die Überschiebung von Schwarzachtobel auf der
Südseite der Antiklinale einen stratigraphisch nnd tektonisch gewaltigcn
Eingriff. Wir müssen uns sogar fragen, ob anch hier eine verschweisste
Erosionsnarbe vorliegen könnte.
Im Gegensatz zum Aquitan war also das Vorarlberg im M i o c ä n
von gewaltigen Geröllmasscn überschwemmt, die 10 20 km
weiter als die mitteloligocänen nach Norden vordrangen nnd auf eiHe
neue Phase der ostalpinen Orogenese oder doch der erosiven Tätigkeit,
nnter Herabsetzung der Erosionsbasis, hinweisen.
Die miecäne Ingression blieb nicht stabil.-Im Grenzbereich zwi-
46
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
schen Burdigalien und Helvetien erfolgte eine vorübergehende Festland- und Süsswasserphase, wodnrch das marine Miocän in eine untere
und eine obere Abteilung gegliedert wird.
Die endgültige Verdrängung des Meeres, wohl durch epirogenea
tische Hebung, fällt in die jüngere Vindobonzeit (Tortonien). Darauf
folgt die letzte, p o s t v i n d o b o n i s c h e O r o g e n e s e. Denn die steile
Aufrichtnng der oberen Süsswassermolasse (Silvanaschichten), wie z. B.
an der Reuss nnd an der Iller, sowie die Konkordanz bis und mit dem
granitischen Aquitan lehrt, dass diese letzte Phase als autochthon e
Hauptfaltung der äusseren subalpinen Molassezone zu betrachten
ist. In welchem Grade sie auch die innere Zone ergriffen hat, entzieht
sich noch unserer Erkenntnis.
Als letzten Rest des obermiocänen Seebeckens können wir den
Bodensee betrachten, der infolge der diluvialen Rücksenkung 1 ) der
Alpen noch heute nicht ganz mit Geröll und Sand des Rheins ansgefüllt worden ist.
II. Teil. Paläontologie.
A. Die Molluskenfauna der Vorarlberger Molasse 2).
Von E. BAUMBERGER, Basel.
1. Orientierung.
ROLLIER hat schon 1911 die Gesteine und Fossilien des Stein -.
bruchs Haselstauden bei Dornbirn (Vorarlberg) in . Parallele gestellt
mit den Horwerschichten verschiedener Lokalitäten am schweizerischen
Alpenrande (Bilten, Horw, Ralligen, Vaulruz), diese aber im Gegen-.
satz zur heutigen Anffassung ins Untermiocän (Burdigalien) gestellt
(Lit. 42-44). Da ich mich schon seit Jahren mit der Bearbeitung
der Fauna obgenannter Lekalitäten beschäftige, war es angezeigt,
auch die Fossilien von Haselstauden mitzuberücksichtigen. Herr S.
FUSSENEGGER in Dornbirn hatte die Freundlichkeit, für mich im Steinbrnch von Haselstauden typische Gesteinsproben nnd Fossilien zu
sammeln. Schon die erste Sendung zu Anfang des Jahres 1925 bestätigte
die völlige lithologische nnd paläontologische Übereinstimmung mit
den in der Schweiz bekannten Aufschlüssen der Horwerschichten, die
') ALB. HEINI, Geol. d. Schweiz. Bd. I, S. 189.
2) Ausser den Mollusken sind auch einige Selachierzähne berücksichtigt worden.
Ich verdanke deren Bestimmung Herrn Prof. M. LERICIIs in Brüssel.
Jahrg. 73.
ARn. HEIM, E. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse
Vorarlbergs. 47
ich nach ihrer Fanna 1920 dem Stampien zugewiesen hatte (Lit. 1 und 9).
Seither konnten die bezeichnenden stampischen Cyrenen nnd kleinen
Cardien der Horwerschichten noch an verschiedenen andern Punkten der
alpennahén Vorarlberger Molasse nachgewiesen werden. Dies war die
Veranlassnng, das Alter weiterer Sedimentkomplexe der Vorarlbergcr
Molasse, vorerst bis an den Südfnss des Pfänders bei Kennelbach,
paläontologisch zn fixieren. Von Anfang an haben folgende Erwägungen
bestimmend mitgewirkt. Es war die willkemmene Gelegenheit geboten,
die paläontologische Grnndlage für die Profile durch die subalpine
Molasse bei Luzern (Lit. 2, 3) nachzuprüfen. Und ferner war manche
Anfklärung über die im Gange befindliche Neuaufnahme der ostschweizerischen Molasse am Alpenrande zu erwarten, aus welchem
Gebiet mir das gesamte paläontologische Belegmaterial zur Prüfnng
anvertraut worden ist.
Herrn FUSSENEGGER ist es nun gelungen, in der Zone des granitischen Sandsteins von Bildstein und Staudach eine Säugetier- und
Molluskenfauna zusammenzubringen, durch welche das aquitane Alter
dieser Schichtserie sichergestellt ist. Wie bei Luzern, so liegen anch
hier zwei Schichtserien nebeneinander, von denen die alpennähere
durch eine stampische, die ihr vergelagerte durch eine aquitane
Fanna gekennzeichnet ist. Von besonderer Bcdeutung war der Nachweis ven stampischen Fossilien im Steinbruch beim Wirtshaus Tobel
an der Schwarzach, nahe an der Grenze der lithologisch wesentlich
andcrs zusammengesetzten liegenden Schichtserie von Inngrüne. Hier
drängte sich zuerst die Vermutung auf, der stampische Schichtkomplex
sei, wie bei Lnzern, eine Aufschiebungsmasse. ARNOLD HEIM hat dann
die Aufschiebung im Felde bestätigt und genaner verfolgt.
Diese Ergebnisse ermutigten zn weitern Untersuchungen. Unter
diesen war die paläontologische Fixiernng der ebern Aquitangrenze
mit besondern Schwierigkeiten verbunden. Die auffallend starke Reduktion in der Mächtigkeit der burdigalen Schichtserie bei St. Gallen
(ca. 300 m nach A. LUDWIG) im Vergleich zn den gleichaltrigen
Luzernerschichten (700 —800 m ; Lit. 2) in der Zentralschweiz hat zur
Vermutung geführt, es könnte in der Ostschweiz der unterste Teil
des Burdigals noch limnisch entwickelt sein. In diesem Fall war
wenigstens ein Einschlag von jüngern Formen vom Typus der Molluskenfauna von Tuchorschitz in Böhmen zu gewärtigen. Die gleichen
Überlegnngen wie für St. Gallen gelten in vollem Umfang auch für
Vorarlberg. Es war also der paläentologische Charakter der Mollnskenfauna im unmittelbar Liegenden des marinen Burdigalien festznstellen.
Die Fossilfunde FUSSENEGGERS ob der Kirche von Kennelbach, ebenso
48
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
die von O. KÖBERLE t und A. LUDWIG (St. Gallen) mir znr Prüfung übersandten Mollusken aus zeitlich äquivalenten Schichten der Ostschweiz
(vgl. p.55), sprechen gegen die Annahme einer limnisch cntwickelten
burdigalen Schichtserie. Die marinen miocänen Transgressionssedimente
liegen auch hier direkt auf dem limnisch entwickelten Aquitan.
• Bezüglich der paläontologischen Gliederung des Miocäns, dem
die ganze über Kennelbach liegende Schichtserie des Pfänders angehört, gilt folgendes. Wie in der Zentralschweiz und bei St. Gallen
besteht der untere Teil aus einer aUsgesprochenen Meeresmolasse,
der obere aus limnischen Bildungen.
Die Trennung nnserer Meeresmolasse in eine ältere (Burdigalien)
und eine jüngere Schichtserie (Helvétien) auf Grund der Molluskenfaunen ist zurzeit nech mit vielen Schwierigkeiten verbnnden. Wir kennen
leider die Fauna unserer Meeresmolasse nur ungenügend, weil die Fossilien zum grossen Teil nur als Steinkerne erhalten sind, die oft eine
sichere Bestimmung nicht gestatten. Dazu kommt, dass ein grosser
Teil der im Helvétien beobachteten Formen auch der Burdigalstufe
eigen ist. Unter den gemeinsamen Fermen finden wir viele allgemein
verbreitete und individnenreich auftretende Arten. Aber es gibt in
den beiden Stufen auch Leitformen. Unter denjenigen für das Helvétien neHnen wir hier Cardita Jouanneti Bast. Wir kennen sie aus
der Gegend von Luzern und St. Gallen Und finden sie, wie später
gezeigt werden soll, auch im Pfändergebiet bei Bregenz. Nach dieser
Leitform können wir die jüngere Schichtserie der Meeresmolasse als
,,Schichtserie mit Cardita Jouanneti" bezeichnen. Es ist also möglich,
auch die schweizerische miocäne Meeresmolasse nach ihrer Molluskenfauna in eine untere (Burdigalien) und in eine obere Schichtgruppe
(Helvétien) zu gliedern. Massgebend ist somit das Auftreten neuer
Arten, denen entschieden stratigraphische Bedeutung beizumessen ist.
Weitgehende faunistische Veränderungen innerhalb des marinen Schichtkomplexes sind nicht zu erwarten wegen der zu wenig einschneidenden Facieswechsel.
Es ist bei dieser Gelegenheit zù betonen, dass auch die säUgetierpaläontologischen Untersuchungen für die oben besprochene Gliedernng der Meeresmolasse sprechen. Trotzdem sind DIETRICH und PAUTZKY
(Lit. 16) in jüngster Zeit dafür eingetreten, Unsere Schichtgruppe mit
Cardita Jouanneti der I. Mediterranstufe (Burdigalien) zuzuweisen.
In einzelnen snbalpiHen Gebieten (Zentralschweiz, Lit. 2 und 3,
St. Gallen, Lit. 31) sind untere nnd obere Abteilung der Meeresmolasse
durch einen frappanten Gesteinswechsel ausgezeichnet, mit welchem
auffällige Veränderungen in der V erteilung der Molluskenfauna ein-
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, B. BAUMBERGEI, H. G. STEHLIN.
Molasse Vorarlbergs.
49
hergehen. Ein in dieser Beziehnng besonders lehrreiches Beispicl bietet
die Gegend von Lnzern (Lit. 2). Der burdigale Schichtenkomplex —
die Luzernerschichten — ist faziell sehr verschieden von den hangenden Rotsee-St. Gallerschichten, dem HelvétieH. Die mit der miocänen Transgression eingewanderte Molluskenwelt ist in den Luzernerschichten auffallend artenarm nnd nesterweise verteilt. Im Gegensatz hiezu setzt mit dem Gesteinswechsel ein ausserordentlich reiches
Molluskenleben ein (Lit. 2, p. 168). Nirgends hat mich dieser Unterschied in der Fossilführung mehr überrascht, als im Stierenweidtobel') hei Blatten im Entlebuch. Hier folgt über dem fossilarmen
Luzernersandstein eine Bank ans bunter Nagelfluh mit Ostr•ea gryphoides var.gieageasisSehloth. Die bangenden blangrauen Mergel undMergelsandsteine enthalten eine arten- und individuenreiche Molluskenfauna.
Einzelne Gattungen sind in bestimmten Gesteinsschichten vorherrschend;
so kann man von Turritellen- und Cardienbänken sprechen. Wir sehen
also, dass in der Zentralschweiz sich die Trennung der miocänen
Meeresmolasse in zwei SchichtengrUppen sewohl paläontolegisch als
auch lithologisch durchführen lässt. Ähnlich sind die Verhältnisse in
St. Gallen.
Es handelt sich in der subalpinen miocänen Meeresmolasse um
eine Fauna küstennaher Meeresräume mit lokal rasch wechselnder Sedimentation in der obern Schichtgruppe (Geröllager, Sand- und Schlammmassen mit entsprechender Auslese bestimmter Molluskengattungen und
Arten). Auch die Einschaltungen von Süsswasserkalken und Süsswassermergeln, gelegentlich mit aHtochthonen Kohlcnflözen, beweisen
die Nähc der Küste. Es betrifft Bildungen von räumlich beschränkter
Ausdehnnng, die auf vorübergehende Veränderungen im Küstengebiet
hindeuten. Besonderes Interesse beanspruchen die SüsswasserbildungeH
bei St. Gallen, indem sie sich hier zwischen Bnrdigalien und Helvétien
einschieben und so die Trennnng der Meeresmolasse in eine untere
und eine obere Schichtserie noch schärfer znm Ausdruck bringen
(Lit. 31). Die durch den ehemaligen Kohlenbergbau im Pfändergebiet
(Wirta-Tobel) bekannt gewordenen Süsswasserbildnngen (Lit.7) nehmen
im Molasseprofil die gleiche Lage ein wie diejenigen bei St. Gallen.
Sie bezeichnen anch hier die Grenze zwischen unterer und eberer
Abteilung der marinen Molasse.
Die limnischen Bildungen, welche die miocäne Meeresmolasse
eindecken, entsprechen nach ihrer Fauna den S i l v a n as c h i c h t en
Schwabens. Wir kennen sie in übereinstimmender Ansbildung im
1) Vom Verfasser 1909 entdeckte Fossilfundstelle.
Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 73. 1928.
4
50
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Gebiet von St. Gallen, im Kanton Zug, im bernischen Emmental, im
Seeland bei Biel, ebenso im Juragebiet (Lit. 5). Die Silvanaschichten
sind aber nicht identisch mit den sog. Öningerschichten ; letztere
bilden das Hangende der Silvanaschichten. Die drei Schichtkomplexe
Helvétien, Silvanaschichten und Öningerschichten gehören säugetierpaläontologisch zusammen. DEPÉRET hat sie seinerzeit nach diesem
Gesichtspnnkte unter der Bezeichnung Vindobonien znsammengefasst (Lit. 14). Das Helvétien entspricht dem marinen nnter n
Vindobonien ; die Silvana- nnd Oningerschichten bilden das obere,
l i m n i s c h entwickelte Vindobonien. Von demselben sind im Pfändergebiet nur die Silvanaschichten (Tortonien) nachgewiesen.
Nach diesem kurzen orientierenden Überblick besprechen wir die
Mollusken der einzelnen Fundstellen und deren stratigraphische Bedeutung.
2. Die Fauna der
einzelnen Fundstellen.
a) Die stampische Fauna.
In der Beurteilnng der stampischen Fossilien aus der Vorarlberger
Molasse sind wir in der Hauptsache auf die Vergleichung mit der FaUna
der altbekannten schweizerischen Fundstellen (Bilten im Kt. Glarus,
Horw bei Lnzern, Ralligen am Thunersee ' und Champotey-Vaulruz im
Kt. Freiburg) angewiesen. (Lit. 1; 9; 36.) Die an unseren schweizerischen Fundstellen beobachteten Arten finden sich auch in der oberbayrischen Molasse (Lit. 23; 54) und sind auch aus Ungarn bekannt
(Lit. 8). Sie weisen überhaupt paläogeographisch nach östlichen Gebieten,
wo sie sich mit rein marinen Formen mischen. Es besteht kein Zweifel,
dass nnter- und oberstampische Sedimente in ähnlicher lithologischer
Ausbildnng wie in der Schweiz, anch am Alpenrande in Savoyen vorhanden sind (Grès de Bonneville)1).
Nur ein kleiner Teil der Fauna ist bearbeitet (vgl. Lit. 23, 36, 54).
Der Grund hiefür liegt in dem schlechten Erhaltungszustand der Fossilien. Trotz dieses misslichen Umstandes muss mit Nachdruck daranf
hingewiesen werden, dass die Molluskenreste unserer stampischen Molasse am Alpenrande eine Fauna beknndcn, wie sie sonst in keinem
anderen Schichtenkomplex der subalpinen Molasse sich wiederfindet.
1) DOUXAMI H. et J.
Revue savoisienne 1905.
DESCHAMPS.
La Molasse de Bonneville et ses Fossiles
MORET L., La région molassique et sa bordure nummulltique d'Annecy à
Cluses. Revue savoisienne 1922.
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 51
Für Vorarlberg kommen nur wenige Arten in Betracht, hauptsächlich Cyrenen und kleine Gardien. In der Kartenskizze und den
Profilen (vgl. Stratigraphie) sind folgende Fundpunkte eingetragen :
1. Steinbruch im Schwarzach-Tobel (Gardien, Ericia, Helicide),
2. Steinbrnch Haselstanden (Cyrenen, Gardien, Melanopsis, Haifischzahn),
3. Schwarzbach, 1 km südöstlich Alberschwende (Cyrenen, Gardien,
.Melanopsis),
4. Unter der Kirche von Egg an der Bregenzerach (Cyrenen, Gardien),
5. Kehlen-Fallenberg bei Dornbirn (Cyrenen),
6. Mühlbach ob Schwarzenberg (Cyrenen).
An spezifisch bestimmbaren Formen kommen folgende in Betracht:
Cyrena semistriata Desh.
(Syn. C. snbarata, Lit. 47, p. 307. Lit. 48, p. 309).
1843. Cyrena semistriata Desh. — NYST, P. H. Description des Coquilles et des
1860. Cyrena semistriata Desh.
1863. Cyrena semislriata Desh.
1875. Cyrena semistriata Desh.
1897. Cyrena semistriata Desh.
1899. Cyrena semistriata Desh.
Polypiers fossiles des terrains tertiaires
de la Belgique, p. 143. VII. Fig. 3, 4.
— DESHAYES, Animaux sans Vertèbres. I. p.
511. Pl. 36, Fig. 21, 22.
— SANDRERGER, Conchylien d. Mainzer Tertiärbeckens, p. 307, Taf. 26, Fig. 3.
— SANDBERGER, Land u. Süsswasser Conc. d.
Vorwelt, p. 309, Taf. 20, Fig. 2.
— WOLFF, Fauna d. südbayr. Oligocänmolasse.
Paläontographica Bd. 43, p. 249; Taf. 22,
Fig. 17-23.
Böcxn. Geol. Verh. d. Umgeb. v. NagyMaros (Lit. 8). Bd. XIII, p. 27; Taf, VII,
Fig. 4; Taf. VIII, Fig. 2.
Cyrena_ semistriata Desh., von WEPFER schon 1908 bei Egg nachgewiesen und als Cyrena subarata Schloth. bestimmt (Lit. 53, p. 35),
liegt nur in kleinen Exemplaren vor bis zu einer maximalen Länge von
20 mm. Die Zugehörigkeit zur Gattung Cyrena ist sichergestellt durch
Beobachtung des Schlosses an Schalencxemplaren von Haselstanden.
Cyrena semistriata, beweist das oligocäne Alter der Fauna. Da das
Aquitan der subalpinen Molasse eine grundverschiedene Fanna besitzt
(vgl. Lit. 4), so kann für die Cyrenen führenden Schichten nur stampisches Alter in Frage kommen. Nun ist im Stampien eine obere brakkisch.e Schichtgrnppe (Oberstampien = Chattien) und eine untere marine
Schichtgruppe (Unteres Stampien = Rnpélien) zu unterscheiden. Cyrena
semistriata ist nun in beiden verbreitet. Anf dem Bruderholz bei Basel
findet sie sich mit Cyrena Bronyniarti Bast. und Cerithien in den oberstampischen Cyrenenmergeln. Im Delsbergerbecken kennen wir sie aus
dem nnteren Stampien, nämlich dem sog. Cerithienkalk von Châtillon
52
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
und dem Septarienton des 1920 abgeteuften Erzschachtes Prés Roses
westlich Delsberg. Ebenso ist sie im bayrischen Oligocän der sUbalpinen
Zene sowohl in der unteren (Untere Meeresmolasse Bayerns) als in
der oberen Abteilung (Cyrenenmergel) nachgewiesen.
Cyrena semistriata besitzt im europäischen Oligocän auch eine grosse
horizontale Verbreitung. Sie ist auch im östlichen Europa nachgewiesen.
Im Naturhistorischen Museum Basel liegen guterhaltene Schalenexemplare, die Herr Dr. OTTO GUTZWILLER 1914 bei Merfete am Marmaramcer gesammelt hat.
Cardium Thunense Mayer•Eymar. 18B7.
1887. Cardium Thunense Mayer-Eymar. Versteinerungen der Umgegend v.
Thun (Lit. 36) p. 67. Taf. VI, Fig. 8.
1897. Cardium Thunense Mayer-Eymar. — WOLFF, Fauna d. südbayrischen
Oligocänmolasse (Lit. 54) p. 248;
Taf. XXI, Fig. 31-32.
1899. Cardium Thunense Mayer-Eymar. — BöCKH, Nagy-Maros (Lit. 8) p. 26,
Taf. VI, Fig. 3.
Cardium Greseri Mayer-Eymar.
1897. Cardium Greseri Mayer-Eyrnar. — WOLFF, Südbayrische Oligocänmolasse (Lit. 54) p. 247, Taf. XXII,
Fig. 9.
1911. Cardium Greseri Mayer-Eymar. — ROLLIER, Revision de la Stratigraphie etc. (Lit. 43), p. 69.
Mit den Cyreneii sind kleine Gardien vergesellschaftet, die schwer
zu bestimmen siHd und znm Teil noch nicht beschriebene Arten darstellen. Sie gehören zu den verbreitetsten und bezeichnendsten Formen
der stampischen Fauna. In der Schweiz kennen wir sie aus der stampischen Molasse von Vaulruz und Champotey (Kt. Freiburg) (Lit. 9),
von Ralligen am Thunersee (Lit. 36), von Horw bei Luzern (Lit. 1-3),
von Bilten und südlich vom Weissbach im Ißt. Appenzell (Lit. 30). Auch
der Septarienton bei Delsberg (Bcrnerjura) enthält ausser Cardium.
seobinula Mer, kleine Cardien, die den Arten der subalpinen Meercsmolasse ausserordentlich nahe stehen, vielleicht damit identisch sind.
Unter den Gardien der stampischen Molasse Vorarlbergs lassen sich
nnr Cardium Thunense Mayer- Eymar und Cardium Greseri MayerEymar (letztere in Haselstauden) spezifisch bestimmen. Beide sind in
Bayern auf die untere Meeresmolasse beschränkt (Lit. 54), worin sie
sich mit weitverbreiteten marinen Arten mischen, die das untere Stampfen (Rupélien) charakterisieren. BÖCKI3 hat Cardium Thunense bei
Nagy-Maros (Ungarn) in den stampischen Pectunculus-Sanden nachgewiesen (Lit. 8, p. 10).
Jahrg. 73.
AnN. HEIM, B. BAUMBERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 53
Melanopsis Hantkeni Hofmann. 1870.
1870. Melanopsis Hantkeni Hofmann, A szily-völgyi szenteknö. In: A magyar
-honiföldtarsumnkltai.Bd
V, p. 26. Taf. III, Fig. 5.
1897. Melanopsis Hantkeni Hofm. — WOLFF, Südbayrische Oligocänmolasse,
Lit. 54, p. 291, Taf. 28; Fig. 13-15.
1899. Melanopsis Hantkeni Holm. — BöcKn, Nagy -Maros, Lit. 8, p. 33, Tal.
IX, Fig. 11..
Melanopsis Hantkeni ist eine in den stampischen Bildnngen von
Siebenbürgen, Ungarn, Oesterreich, ferncr in den Cyrenenmergeln Oberbayerns vorkommende Art. Irrtümlich identifiziert WOLFF (Lit. 54) diese
Art mit der ebenfalls stampischen Melanopsis acuminata Mayer-Eymar
(Lit. 36, p. 67, Taf. VI, Fig. 9), die in Ralligen und Champotey (VaUlruzmolasse), aber auch in der Molasse alsacienne von Balsthal und
Egerkingen (Solothurner Jura) nachgewiesen ist. In der Vorarlberger
Molasse kennen wir Melanopsis Hantkeni von Haselstauden nnd vom
Schwarzbach südlich Alberschwende. (Vgl. auch Lit. 46, p. 280.)
Ericia antiqua Brgt.
(Lit. und Synonymen in Lit. 52. Gastropoda extramarina tertiaria. Fossilium Catalogus, Bd. VI, p. 1793-1801.)
Das einzige Stück stammt ans einer Mergellage innerhalb der stampischen Kalksandsteine des Steinbruchs im Schwarzach-Tobel. Die vorliegende Art gilt als Leitfossil für das obere Stampien (Chattien). Nach
diesem Fund scheint Ericia antiqua noch tiefer im Stampien zu wUrzeln.
Lamna cf. rupeliensis
Le
Hon 1871.
1910. Lamna rupeliensis Le Hon. Leriche, Poissons oligocènes de la Belgique.
Mém. Musée royal d'Hist. nat. de Belgique.
T. v. (Mém, No. 20) 1910. p. 271. ; Pl. XV.
Fig. 22-47.
1927. Lamna rupeliensis Le Hon. Leriche, Poissons de la Molasse suisse. I.
Mém. Soc. paléont. suisse. Vol. 46. p. 12.
1927.
Ein guterhaltener Zahn fand sich in den Kalksandsteinen (Wetzsteine) des Steinbrnches Haselstauden. Diese Art ist auf das Stampien
(Rupélien und Chattien) beschränkt. Auch bei Horw (Luzern) hat
die gleichaltrige nnd lithologisch übereinstimmende stampische Schichtserie Haifischzähne (Scheidhalden) und neuerdings auch Haifischeier
(Tonmergelgrnbe Grisigen) geliefert.
Zusammenfassung.
Zusammenfassend ergibt sich, dass die älteste Molasse am Alpenrande in Vorarlberg aus paläontologischen Gründen als Stampien anf-
54
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
gefasst werden muss. Dabei entspricht die tiefere Schichtgruppe mit
den grauen Tonmergeln (Grisigermergel) und Kalksandsteinen (Horwerplatten) — unsere Horwerschichten — der unteren M e e r e s m o1 a s s e am bayrischen Alpenrande, was M. RICHTER (Lit. 39) schon 1925
erkannt hat. Diese untere Meeresmolasse in Bayern besitzt unterstampisches Altcr (Rupélien)'). Nach Westen treten im Vorarlberg und der
Schweiz die Brackwassermollusken in den Vordergrund; in Savoyen ist
über die Fauna noch nichts näheres bekannt.
Die Cyrenennicrgel Bayerns besitzen oberstampisches Alter (Chattien). Diesem oberen Stampien möchte ich im Vorarlberg und bei Lnzern
die über den Horwerschichten liegende bunte Molasse mit Kalknagelfluh zuweisen, obschon bis jetzt keine Fossilien ans diesem Schichtenkomplex vorliegen. Dicse bunte Molasse kann nicht als Aquitan aufgefasst werden, weil sie bei Luzern mit Kalknagelfluh und Kalksandsteinen vergesellschaftet ist, in dcr ihr vorliegenden aquitanen Zone •
aber mit bunter Nagelfluh und granitischem Sandstein. Sie können daher nicht gleiches Alter besitzen (vgl. p. 28).
b) Aquitane Fauna.
Die Fauna der aqnitanen Schichtscrie stammt aus zwei verschiedenen Horizonten. Dem tieferen gehören die Fundstellen in der granitischen Molasse von Bildstein und Unter-Staudach nordöstlich Dornbirn, dem höheren die Fossilfundstelle bei der Kirche von Kennelbach
an. Von Bildstein nnd Unter-Staudach stammen folgende Arten:
Omplialosagda subrugulosa Quenst.
Tropidomphalus minor Fischer et TVenz.
Clausilia astiqua Zieten.
Vivipara pachystoma Sandberger.
Zonites (Aegopis) verticilloides Tho.
Cepaea rugulosa Zieten.
Planorbis cornu Brgt. var. solidus Tho.
Chara-Oogonien.
Die vier erstgenannten Arten sind Leitfossilien des Aqnitans. Sie
finden sich in den Ulmerschichten (Aquitan) des schwäbischen Tertiärs
(Lit. 50, 51), aber auch in der granitischen Molasse des Unteren Buchberg am Oberen Zürichsee (Subalpine Molasse, Lit. 4). Die übrigen
Formen sind auch im Stampien (Ramondischichten) verbreitet. Das
durch die Molluskenfauna erwiesene aquitane Alter der granitischen
') HEISER stellt sie 1922 ins Miocän infolge anderer Deutung der Fossilien (Lit.
38; vgl. auch Lit. 28, 3. Heft p. 124).
Jahrg. 73.
ARN. HEINI, E. BAUMRERGER, H. G. STEIILIN. Molasse Vorarlbergs; 55
Molasse von Bildstein nnd Unter-Staudach wird anch durch die Säugetierreste bestätigt, die von Herrn Dr. H. G. STEHLIN in Basel näher
untersucht worden sind.
Die Mergelzone von Kennelbach lieferte :
Unio subflabellatus Rollier (vgl. Lit. 44)
Unio inaequiradiatus (Gümbel) Wolff (Lit. 44, 54)
Vivipara packystoma Sandby.
Melania Escheri var. grossecostata Klein.
Heliciden, mit denen der Lustmühle bei St. Gallen überein-
stimmend, aber spezifisch nicht bestimmbar (siehe nnten!)
Diese wenigen Arten von Kennelbach besitzen oligocänen, aber
mit Ausnahme von Vivipara nicht spezicll aquitanen Charakter. Nun
sind mir aber ans gleichaltrigen Schichten von der Lnstmühle (an der
Strasse St. Gallen -Tcufen) durch O. KOBERLE t und ans dem Hombergtobel bei Brunnadern (Kt. St. Gallen) durch A. LUDWIG Mollusken zugesandt worden, welche die Liste von Kennelbach ergänzen. Ich erkannte:
Cepaea rugulosa Zieten
Hombergtobel
Vivipara pachystoma Sandby. .
Hombergtobel
Ena hassiaca Wenz .
Hombergtobel, Lustmühle
Ericia bisulcata Zieten (auch Deckel) . Lustmühle
Melania Escheri var.grossecostata Klein Hombergtobel, Lustmühle
Heliciden, spezifisch nicht bestimmbar
(Zonites, spez.)
Lustmühle
Unio inaequiradiatus (Giimbel) Wolff Hombergtobel, Lustmühle
Die vorliegende kleine Fauna spricht für Aqnitan.
c) Die Fauna der miocänen Meeresmolasse.
Das geologische Alter der Schichtserie ist schon lange (vgl. GUMBEL,
etc.) durch entsprechende Fossilfunde festgestellt. Es wird durch
die reiche Ansbente von Fossilien aus dem Pfändergebiet, welche Herr
S. FUSSENEGGER in den letzten Jahren zusammengebracht, neuerdings
bestätigt. Diese neuen Anfsammlungen, nach Lokalitäten streng gesondert, verfolgten den Zweck, die mächtige, miocäne Molasse des
Pfänderprofils paläontologisch zu gliedern. Es galt, die Grenze von Burdigalien nnd Helvétien zn bestimmen.
Anf die stratigraphische Bedeutung der Kohle führenden Süsswasserbildungen, welche im Profil der marinen Molasse des PfäHdergebietes etwas über der Mitte auftreten, ist schon p. 49 hingewiesen
worden. Über diesen limnischen Bildungen liegen die fossilreichen
Schichten des Wirta-Tobels, der Herz-Jesukirche in Bregenz nnd der
MILLER
56
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Weissenreute (Berg Isel). Es ist die Schichtgruppe mit Cardita
Jouanneti Bast. Vorläufig konnte nur ein kleiner Teil der an diesen
Lokalitäten gesammelten Fossilien spezifisch bestimmt werden. (Lit. 6,
10, 11, 15, 17, 18, 21, 22, 24, 25, 33, 34, 37.) Wir nennen :
Cardita Jouanneti Bast. . .. . . Herz-Jesukirche in Bregenz
(Museum in Bregenz)
Pecten (Aequipecten) seniensis La in .
Herz-Jesukirche, Wirta-Tobel
(Syn. Pecten scabrellus Lam.)
Pecten Hermannseni Dunker Wirta-Tobel
Ostrea digitalina Dub Cham.a gryphina Lam. .
Panopaca Henardi Desh.
Meretrix (Chione) italica Der'.
Meretrix intercalaris C. P. . .
Psammosolen coarctatus Gnrl. .
Cardium Darwini Mayer .
Wirta-Tobel, Herz-Jesukirche
Cardium multicostatum Brr c.
Natica millepunctata Lam. .
Pleurotoma (Genota) ramosa Bast.
Wirta-Tobel
Buccinum limatum Chem. .
Trochus cingulatus Broc.
Sigaretus clathratus Reclnz
Sigaretus striatus De Serr'es
(Syn. Cryptostonia perelliptica Sacco)
Turritella turris Bast
Turritella triplicata Broc. .
Turritella subangulata Broc.
Odoutaspis acutissima Ag.
(Syn. O. contortidens Ag.)
Weissenreute (Berg Isel)
Zähne von Spariden Aus demselben Nivean des Wirta-Tobels stammen die Fossilien,
die (Lit. 19) TH. FUCHS in Wien wie folgt bestimmt hat:
Area Fichteli Desh., Pholas cylindrica Sow., Pyrula rusticula Bast.
Fusus burdigalensis Bast., Cancellaria 1Vysti Hoern.
Die aufgeführten Arten, von .denen in andern Tertiärgebieten ein
grosser Teil schon im Burdigalien wurzelt, treffen wir in den St. Gallerschichten der Ostschweiz, in den Rotseeschichten bei Luzern und in
den Belpbergschichten bei Bern ; wir finden sie auch wieder in den
als Helvétien bezeichneten Schichten anderer Tertiärgebiete, in denen
die Gliederung der miocänen Meeresmolasse in Helvéticn und Burdigalien schon lange durchgeführt ist.
Jahrg. 73.
ARN. HEID2, E. BAUMRERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 57
Wie bei St. Gallen und Luzern enthält der untere Teil der Meeresmolasse weit weniger Arten als die obere Schichtgruppe mit Cardita.
Jouanneti (Helvétien). Aus den Sandsteinen im unmittelbar Liegenden
der obgenannten Süsswasserbildungen besitzt das Landesmuseum in
Bregenz das Bruchstück eines Stosszahnes von Mastodon angustidens
Cuvier. (Lit. 7.) Im Liegenden dieser Sandsteine konnte in mchreren
Horizonten Ostrea gryphoides Schloth. (Syn. Ostrea crassissima Lam.)
und ihre Varietät O. Giengensis Schloth. nachgewicsen werden, so im
Basisconglomerat, in den Kanzelfelsen und am Fuss derselben (Kuslerberg). Hier wUrden festgestellt:
Ostrea .gryphoides var. Giengensis Schloth., Cardiuna cf. girondicum
Mayer, Mytilus aquitanicus Mayer, Tapes vetulus Bast., Trochus
patulus Broc.
Schon lange bekannt ist das Vorkommen von Ostrea gryphoides
Schloth. in der Nagelfluh des Gebhardsberges 1 ) (Lit. 37).
Von den wenigen in der untern Schichtgruppe aufgefundenen
Arten kann keine als Leitform für das Burdigalien angesprochen
werden. Für die paläontologische Bestimmung des Alters dieser
Schichtgruppe reichen die vorliegenden Fossilien nicht aus. Aber nach
der geologischen Lage dieser tiefern Sedimentfolge unter den Schichten
mit Cardita Jouanneti Und über dem Aquitan von Kennelbach kann
es sich nUr um Burdigalien handeln. In Anlehnung an die Verhältnisse in St. Gallen legen wir die Stufengrenze Burdigalien-Helvetien
in das Niveau der kohleführenden Süsswasserbildungen im Wirta-Tobel.
d) Fauna der Silvanaschichten (Tortonien).
Von der Ruggburg, 4 km nördlich des Pfändersignals, sind schon
1910 durch C. Jooss (Lit. 26, 27) folgende Mollusken der Sylvanaschichten nachgewiesen worden :
Oleacina eburnea Klein; Archaeozonites (Aegopis) costatus Sandbg.;
Klikia osmium Tho. var. giengensis Krauss; Cepaea silvana Klein
Tropidonaphalus ("Pseudochloritis) incrassatus Klein (Syn. Helix
[Camp ylaea] inflexa Klein); Clausilia (Triptychia) helvetica MayerEyrnar; Clausilia (Pseudidyla) moersingensis Sandbg.; Linnaeus
dilatatus Non/ct; Melania Escheri Brgt. (wohl Mel. Escheri tunrita Klein).
Einige der genannten Arten sind an der Ruggburg neuerdings
aUfgefunden worden. In der Sammlung des Herrn FUSSENEGGER liegcn :
I)
Herr FUSSENEGGER hat O. gryphoides auch in der obern Schichtgruppe
aufgefunden.
58
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Zonites (Aegopis) costatus Sandbg.; Cepaea silvana Klein; Triptychia helvetica Mayer-Eymar; Melanopsis Kleini Kurr; Melanin
Escheri turrita Klein.
In einem bedeutend tiefern Horizont desselben Schichtenkomplexes
bei Flühlen, 1,5 km nördlich vom Pfänder, konnten folgende Arten
festgestellt werden (Lit. 5) :
Tropidomphalus incrassatus Klein. (Fu, Fe) ')
Zonites (Aegopis) costatus Sandbg. . (Fe)
Oxychilus (Myalinia) subnitens Klein. (Fe)
Melanopsis Kleini Kurr. . . . . (Fu, Fe)
Triptychia helvetica Mayer-Eymar . (Fu, Fe)
Melanie Escheri turrita Klein . . (Fu, Fe)
Es liegen noch von zwei andern Fundstellen dieses Schichtenkomplexes Fossilien vor, leider meist verdrückte und zerbrochene Stücke.
Es konnten bestimmt werden Triptychia helvetica Mayer-Eymar von
Eichenberg und Buchenberg, Cepaea silvana Klein von Bnchenberg.
Eine weitere Fundstelle liegt nahe am Kontakt mit dem marinen Vindobonien (beim ersten Mast der Schwebebahn westlich dem Pfänderhotel, auf ca. 800 m); die Fossilien sind stark deformiert.
Dnrch die aufgeführten Fossilfnnde ist das Alter dieser jüngsten
Schichtserie im Miocän des Pfänderprofils einwandfrei fcstgestellt.
Es handelt sich um Silvanaschichten (Tortonien).
Die Silvanaschichten folgen nnmittelbar auf die Meeresmolasse.
Bestätigt wird dies durch das Profil an der Eisenbahnbrücke über die
Sitter westlich St. Gallen, wo der scharfe Kontakt der beiden Schichtserien während dem Brückenbau 1923-26 beobachtet werden konnte.
Das Alter der beiden Schichtserien ist daselbst mit entsprechenden
Fossilien vorzüglich belegt (Lit. 5).
1) Es bedeuten die Abkürzungen: Fu = Sammlung FUSSENEGGER in Dornbirn,
Fe = Sammlung FESSLER. Herr Oberlehrer J. FESSLER in Andelsbuch hat mir seine
Fossilien aus der Vorarlberger Molasse für diese Arbeit zur Verfügung gestellt, wofür ich ihm hiemit bestens danke.
Jahrg. 73. ARN. HEIM, E. BAUMRERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 59
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40.
B. Die Säugetierfunde von Unter -Staudach bei Bildstein.
VOn H. G. STEHLIN.
Durch Aufarbeitung der von Herrn FUSSENEGGER eingesandten
Rohmaterialien von Unter-Staudach konnte allmählich eine zwar kleine
aber ziemlich mannigfaltige Serie von Säugetierresten gewonnen werden. Anf Grnnd derselben lässt sich folgende Sängctierfaunula feststellen :
62
Vierteljahrsschrift der NatuIf. Gesellschaft in Zürich.
1928
Dimylus paradoxus Myr.
Ein Fragment einer linken Mandibel mit den Alveolen von M2-P,
und ein isolierter, hinten innen etwas beschädigter unterer M 1 . Beide
Fundstücke entstammen der gleichen Gesteinsprobe und rühren offenbar vom nämlichen Individuum her. Sie stimmen sehr gnt mit mir
vorliegenden Doknmenten aus dem obern Aquitanien der Ulmer Gegend überein.
Titanomys visenoviensis Myr.
Kleines Fragment der linken Maxilla mit M2-M1 ; ausser Knochenverband beisammen gefundene und zusammengehörige untere rechte
M3 —M1 ; ein unterer Ml.
Cricetodon collatum Schaub.
Fragment einer rechten Mandibel mit M,,-M l . Stimmt gut mit
Materialien aus dem nntern Aquitanien von Paulhiac (Lot et Garonne) und aus dem oberen Stampien von Küttigen bei Aarau überein.
Sciurus spec.
Fragment eines oberen Incisiven von 0,0035 Sagittaldurchmesser,
Querschnitt, Ausdehnung des Schmelzbelages, Schmelzstruktur
Scinrus Feignouxi Pomel aus dem obern Aquitanien des Allierbeckens
sehr nahe kommend. Genügt nicht zu einer spezifischen Bestimmnng.
in
Kleiner Simplicidentate.
Ein Fragment eines obern Incisiven von komprimiertem Querschnitt könnte etwa zu einem kleinen Sciurus oder zu einem Myoxiden
gehören, ist aber keiner präziseren Bestimmung zugänglich. Ein zweites
Fragment, von einem Mandibnlarincisiven, hat ähnliche Dimensionen
und rührt vielleicht vom gleichen Tiere her.
Kleiner Carnivor.
Ein sehr schlanker oberer Canin, von der Kronenspitze zur Wurzelspitze 0,0145 messend, könnte nach Grösse nnd Habitns etwa zu Palaeogale fecunda Myr gehören. Es ist mir gegenwärtig nicht möglich,
diese Bestimmung durch direkte Vergleichung zn verifizieren.
Palaeoohoeride.
Ein rechter oberer Molar oder D 1 , im hinteren Innenviertel defekt; Aussenwandlänge 0,01, Breite vorn fast 0,011.. Der eckige Umriss, speziell die scharfe Ausprägung der beiden Aussenecken, ist für
einen Suiden auffällig; aber die Skulptur der Hügel ist ganz Palae-
Jahrg. 73.
ARN. HEIM, E. BAUMRERGER, H. G. STEHLIN. Molasse Vorarlbergs. 63
ochaerns-artig und gestattet nicht an Microbunodon, Brachyodus oder
etwas ähnliches zu denken. Vielleicht eine nene Form.
Caenotherium spec.
Zwei linke obere Molaren, die als M2 und Ml zusammen zu
gehören scheinen. Untere M3–M2 . Am grösseren Maxillarmolaren
misst die Anssenwandlänge 0,0055, die Breite hinten knapp 0,007 ;
am kleineren betragen dieselben Masse stark 0,005 nnd 0,0065. Die
M inf. haben entsprechende Dimensionen.
In bezug auf die Rückwärtsschiebung des inneren Trigonidhügels
verhalten sich die beiden Maxillarmolaren sehr fortschrittlich 1 ), wie
bei den gleich grossen aquitanischen Arten. Entsprechend dem zwischen
M2 und M, üblichen Unterschied ist der grössere noch etwas terminaler entwickelt als der kleinere.
Amphitragulus von der Grösse des Amphitragulus gracilis Pomel.
Ein vollständiger M inf. und Fragmente mehrerer weiterer. Ein
in der Grösse dazu passender unvollständiger Canin.
Amphitragulus von der Grösse des Amphitragulus lemanensis Pomel.
Ein nsierter oberer M 1 ; ein frischer oberer D, ; ein Fragment
eines oberen D 3 ; ein unterer D,.
Amphitragulus von der Grösse des Amphitragulus elegans Pomel.
Ein M inf. dext. von 0,0115 Länge.
Diese Amphitragulidenreste sind nicht näher bestimmbar.
Ausser den aufgezählten Säugetierresten fanden sich noch ein
Crocodilier- und ein Teleostier-Zahn.
Dass diese Assoziation von 11 Säugetierarten dem Aqnitanien
angehört, kann kaum einem Zweifel unterliegen; es fehlt ihr jede
Spur sowohl von Stämmen, welche in Europa schon vor dieser Stufe
erloschen sind, als von solchen, welche den Kontinent erst in miocäner Zeit besiedelt haben.
Schwieriger ist die Frage zu entscheiden, ob wir eine Faunula
des oberen oder des unteren Aquitanien vor nns haben. Die nur generisch bestimmbaren Arten sagen nns in dieser Hinsicht gar nichts,
') -Ober die phyletische Entwicklung der Molaren hei den Caenotheriden siehe
H. G. STEHLIN: Die Säugetiere des schweizerischen Eocäns, p. 684, Abhandlungen der
Schweiz. paläontol. Gesellschaft, Band XXXHI, 1906.
Vierteljahrsschrift der Naturf. Gesellschaft in Zürich.
61
1928
ebenso Titanomys visenoviensis, das durch das ganze AquitaHien nachweisbar ist. Anch Dim ylus paradoxus entscheidet nichts; dieser merk- .
würdige Insektivor ist allerdings bisher nur im oberen Aquitanien
nachgewiesen ; allein er tritt auch in diesem Nivean so lokalisiert
anf, dass sein bisheriges Fehlen in dem wcniger gnt bekannten unteren
Aquitanien sehr wehl auf Zufall beruhen kann.
Den einzigen brauchbaren Anhaltspunkt bietet Gricetodon collation.
Diese Species ist bisher nur aus dem obersten Stampien von Küttigen
(Aargau) und von Branssat (Allier), sowie aus dem nnteren Aquitanien von Hochheim-Flörsheim im Mainzerbecken und von Paulhiac
im französischen Südwesten bekannt. Im oberen Aquitanicn ist sie
überall durch eine evoluiertere Mutation desselbcn Stammes, Cricetodon
gerandicinum, ersetzt; so im Phryganidenkalk des Allierbeckens, in
Marcoin (Puy-de-Dômc), in Laugnac (Lot et Garonne), in La Chanx
(Waadtländer Jura), in Weisenau (Mainzerbecken 1).
Demnach dürfte die Faunula von Unter-StaUdach eher dem unteren
als dem oberen Aquitanien zuzuweisen sein.
Nachtrag.
Während der Drucklegung dieser Arbeit ist es Herrn FUSSENEGGER gelungen,
auch aus der Zone von I n n g r ün e (s. oben p. 12) Sttugetierreste beizubringen. Die
Fundstelle liegt auf der beigegebenen hartenskizze 1 : 50,000, Taf. I, 22 mm südöstlich Bildstein und 29 mm nordöstlich •Schwarzach.
Aus dort aufgesammeltem Material, das anfangs Dezember 1927 in Basel eintraf, konnten drei Reste von I s s i o d o r o ni y s präpariert werden, nämlich (l) ein
rechtsseitiges Mandihelfragment mit M 3 —M„ (2) ein isolierter rechtsseitiger und vielleicht zu der selben Mandibel gehöriger Mandibularpraemolar und (3) ein defekter
Maxillarmolar.
Der Issiodoromysstamm ist ausschliesslich stampisch, er tritt nicht in das Aquitanien über. Die vorliegenden, etwas abgenützten Zähne scheinen überdies Hicht von
der terminalsten Mutation des Stammes, welcher für das oberste Stampien charakteristisch ist, herzurühren, sondern von einer etwas primitiveren.
Wir dürfen also mit Zuversicht schliessen, dass die Zone von Inngrüne st a n
i s ch en A I t ers ist und mit einiger Wahrscheinlichkeit, dass wenigstens die Partie
derselben, in welcher die Fundstelle liegt, ni cht dem o b er s t e n Stampien angehört.
Basel,
28. Dezember 1927.
St.
I ) S. SCHAUB, Die hamsterartigen Nagetiere des Tertiärs. Abhandlungen der
schweizerischen -paläontologischen Gesellschaft, Band XLV, 1925.
Zugehörige Unterlagen
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