64 Fazit: Es läßt sich die Erwartung formulieren, daß in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle einer unter totaler parenteraler Ernährung aufgetretenen Hyperglykämie mittels intravenös zugeführten GLP-1 [7-36 Amid] eine zufriedenstellende Blutzuckersenkung bis in den normoglykämischen Bereich erreichbar ist. Dies konnte generell bei Patienten mit grundkrankheitsbedingter Affektion des Pankreas bis auf eine Ausnahme (s.o.) ebenso beobachtet werden, wie bei Patienten ohne Beeinträchtigung des Pankreas. Auch ob eine schon länger bestehende pathologische Störung des Glukosestoffwechsels i.S. eines Diabetes mellitus oder einer pathologischen Glukosetoleranz vorbestand oder nicht, hatte auf die Wirkung des GLP-1 [7-36 Amid] keinen Einfluß. Der Einsatz des GLP-1 [7-36 Amid] bei Patienten, die auf eine totale parenterale Ernährung angewiesen sind (v.a. im intensivmedizinischen Bereich) erscheint nach der Datenlage dieser Studie eine sinnvolle therapeutische Option, die gegenüber der konventionellen Anwendung von Insulinen einige Vorteile bietet. Speziell bei intensivpflichtigen Patienten konnten van den Berghe et al. die Notwendigkeit einer straffen Blutzuckereinstellung belegen (Van den Berghe 2001). Eine Einstellung auf einen Zielkorridor von 80-110 mg/dl erscheint mit Insulinen ohne minutiöse Kontrollen bei Werten nahe dem hypoglykämischen Bereich in der Praxis kaum durchführbar. Bei Verwendung des GLP-1 [7-36 Amid] wären ständige Blutzuckerkontrollen und korrigierende Dosisanpassungen des Insulins, wie oft in intensivmedizinischen Krankheitsverläufen zu beobachten, nicht mehr nötig. Weitere Vorteile des GLP-1 [7-36 Amid] gegenüber der herkömmlichen Insulintherapie wären die Möglichkeit der Applikation in einer Standarddosis und ein vermindertes Risiko des Auftretens von Hypoglykämien. 65 Auch wenn die Verabreichung pharmakokinetisch praktikabler Darreichungsformen des GLP-1 [7-36 Amid] bis dato aufgrund der kurzen Halbwertszeit noch Probleme bereitet, so ist die Applikation unter intensivmedizinischen Bedingungen als Dauerinfusion problemlos durchführbar. Zu welchem Anteil die unter totaler parenteraler Ernährung auftretenden Hyperglykämien durch den Ausfall der physiologischerweise vorhandenen Inkretinstimulation der Insulinsekretion durch die Magen-Darm-Passage der Nahrungsbestandteile hervorgerufen werden, und welche Rolle andere Mechanismen (s.o.) spielen, muß in weiteren Studien eingehender untersucht werden. Bezüglich der „Non-Responder“ sind ebenfalls weitere Untersuchungen nötig, um die Ursachen der fehlenden Reaktion näher zu beleuchten. Denkbar wäre die Notwendigkeit der Ausdifferenzierung einer den jeweiligen Patientenbedürfnissen optimalen Dosis. Dazu müßte man Vorkrankungen, Dosishöhe und Applikationszeitraum miteinbeziehen. Um hinsichtlich des Outcome vergleichende statistische Aussagen anstellen zu können, sollte eine längerfristige Applikation über die in dieser Studie durchgeführten 4 Stunden verabreicht werden. Falls bei den „Non-Respondern“ eine erhöhte Dosisanpassung nicht zu dem erwünschten Blutzuckerziel führen sollte, wäre eine exogene Applikation von Insulin aufgrund der NichtStimulierbarkeit der endokrinen Sekretion nicht zu vermeiden.