AUSGEW AHLTE KAPITEL DER QUANTENFELDTHEORIE

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AUSGEWA HLTE KAPITEL
DER
QUANTENFELDTHEORIE
G.Roepstor
Institut fur Theoretische Physik
RWTH Aachen
SS 01
Inhaltsverzeichnis
1 Das Standardmodell
1.1 Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1.2 Die Struktur der Eichgruppe . . . . . . . . . . . .
1.3 Die Konstruktion des Darstellungsraumes V
der Leptonen und Quarks
V .............
1.4 Die Standardbasis fur C 5 . . . . . . . . . . . . .
1.5 Das Higgs-Feld und die Yukawa-Kopplung . . . .
1.6 Unitare CKM-Matrizen der Leptonen und Quarks
2 Die Brownsche Bewegung
2.1
2.2
2.3
2.4
Die eindimensionale Zufallsbewegung
Die d-dimensionale Irrfahrt . . . . . .
Imaginare Zeit . . . . . . . . . . . . .
Der Wiener-Proze (d=3) . . . . . .
2.4.1 Die Analysis zufalliger Pfade .
2.4.2 Gauische Prozesse . . . . . .
2.4.3 Unabhangige Zuwachse . . . .
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.......
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3 Pfadintegrale in der Quantenmechanik
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
Das bedingte Wiener-Ma . . . . . . . . . . . . . .
Approximation durch aquidistante Zeiten . . . . . .
Die Feynman-Kac-Formel . . . . . . . . . . . . . .
Zwei Anwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Brownsche Rohre . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Golden-Thompson-Symanzik-Schranke . . . . .
Zur statistischen Mechanik klassischer Spinsysteme
Von den Spinsystemen zur Mehlerschen Formel . .
4 Euklidische Feldtheorie:
4.1 Das euklidische Feld kann kein Operatorfeld sein .
4.2 Die euklidische Zweipunktfunktion . . . . . . . .
4.3 Das freie euklidische Skalarfeld . . . . . . . . . . .
4.3.1 Die n-Punktfunktionen . . . . . . . . . . .
4.4 Die stochastische Interpretation . . . . . . . . . .
4.5 Gauische Funktionalintegrale . . . . . . . . . . .
5 Euklidische Feldtheorie:
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5
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34
37
38
40
40
43
44
49
49
51
56
59
63
63
65
69
69
71
74
79
5.1 Die Gitterversion des Skalarfeldes . . . . . . . . . . . . . . . . 79
5.2 Der euklidische Propagator auf dem Gitter . . . . . . . . . . . 81
i
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6.1 Die euklidische Version der Maxwell-Theorie . . . . . . . .
6.1.1 Die klassische Situation (~ = 0) . . . . . . . . . . .
6.1.2 Die allgemeine Situation(~ > 0) . . . . . . . . . . .
6.2 Nicht-abelsche Eichtheorien . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.2.1 Einige Vorbetrachtungen . . . . . . . . . . . . . . .
6.3 Die Faddeev-Popov-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.3.1 Erste Stufe: Eine Zerlegung der Zahl 1 . . . . . . .
6.3.2 Zweite Stufe: Division durch das Gruppenvolumen .
6.3.3 Dritte Stufe: Tanz der Geister . . . . . . . . . . . .
6.4 Eichtheorien auf dem Gitter . . . . . . . . . . . . . . . . .
6.5 Die Kunst der Schleifen (Wilson Loops) . . . . . . . . . . .
6.5.1 Statische Approximation der Yukawa-Kopplung . .
6.5.2 Schleifenintegrale in der euklidischen QED . . . . .
6.5.3 Flachengesetz oder Umfangsgesetz? . . . . . . . . .
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. 158
5.3
5.4
5.5
5.6
5.7
5.8
5.2.1 Darstellung durch Fourier-Zerlegung . . . . .
5.2.2 Darstellung durch Zufallswege auf dem Gitter
Das Variationsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Modelle mit diskretem Phasenraum . . . . . . . . . .
Modelle mit kontinuierlichem Phasenraum . . . . . .
Die eektive Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Das eektive Potential . . . . . . . . . . . . . . . . .
Die Ginsburg-Landau-Gleichungen . . . . . . . . . .
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6 Quantisierung der Eichtheorien
7 Fermionen
7.1
7.2
7.3
7.4
7.5
Das Dirac-Feld mit acht Komponenten .
Das euklidische Dirac-Feld . . . . . . . .
Grassmann-Algebren . . . . . . . . . . .
Formale Ableitungen . . . . . . . . . . .
Formale Integration . . . . . . . . . . . .
7.5.1 Integrale uber A(E ) . . . . . . .
7.5.2 Integrale uber A(E F ) . . . . .
7.5.3 Integrale vom Exponentialtyp . .
7.5.4 Fourier-Laplace-Transformation .
7.6 Funktionalintegrale der QED . . . . . . .
7.7 Gittereichtheorien mit Materiefeldern . .
7.7.1 Das SU (n)-Higgs-Modell . . . . .
7.7.2 SU (n)-Eichtheorie mit Fermionen
ii
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8 Funktionale Integration und Lokale Anomalien
8.1
8.2
8.3
8.4
Einfuhrung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Vektorartige Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Chirale Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Anomalie-freie Eichtheorien . . . . . . . . . . . . . .
8.4.1 Das Wunder . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8.4.2 Die auere Algebra und ihre Z2-Graduierung .
8.4.3 Techniken zur Berechnung . . . . . . . . . . .
8.4.4 Diskussion des Resultates . . . . . . . . . . .
1
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. 167
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. 172
1 Das Standardmodell
Das Standardmodell ist eine renormierbare Feldtheorie, die die elektroschwache Wechselwirkung (das Salam-Weinberg-Modell) und die starke Wechselwirkung (die QCD) in sich vereinigt. Bei dem gegenwartigen Stand der experimentellen Resultate gibt diese Theorie eine korrekte und vollstandige
Beschreibung der Elementarteilchenphysik. Sie erreicht die beindruckende
U bereinstimmung mit der Beobachtung durch ihr hohes Ma an Flexibilitat,
d.h. durch Anpassung ihrer freien Parameter an die Daten.
1.1 Materie
Im Standardmodell wird die sogenannte Materie (engl. matter) von den Eichbosonen und dem Higgs-Boson unterschieden. Es handelt sich hierbei ausschlielich um Fermionen, die zu Beginn ohne Masse eingefuhrt werden und
ihre Masse am Ende durch den Higgs-Mechanismus erhalten. Die Fermionen
(besser: die ihnen zugeordneten Felder) werden in drei Generationen getrennt,
wobei jede Generation zwei Leptonen und zwei Quarks enthalt:
1. Gen. 2. Gen. 3. Gen. el. Ladung
Leptonen
e
0
e
?1
Quarks
u
c
t
2=3
d
s
b
?1=3
Eine ahnliche Tabelle existiert fur die Antiteilchen (besser: die ladungskonjugierten Felder), wobei die jeweilige elektrische Ladung ihr Vorzeichen andert.
Wir nennen Leptonen solche fundamentalen Fermionen, die farbneutral
sind, d.h. die sich gema der trivialen Darstellung der Farb-SU(3) transformieren, wahrend die Quarks Farb-Tripletts bilden. Wir nennen Neutrinos
solche Leptonen, die keine elektrische Ladung tragen. Aus heutiger Sicht gibt
es Grunde anzunehmen, da Neutrinos massive Teilchen sind, wenn auch die
Masse des Elektron-Neutrinos e sicher sehr klein ist (< 3 eV). In dem alten minimalen Standard-Modell, das endgutig der Vergangenheit angehort,
waren alle Neutrinos masselos und linkshandig (die Antineutrinos folglich
rechtshandig). Heute nehmen wir an, da rechtshandige Neutrino-Felder in
die Lagrange-Dichte des Standard-Modells eingehen, jedoch so, da sie nicht
an die Eichfelder koppeln.
Der Begri Generation erklart sich dadurch, da die Eichtransformationen des Standardmodells immer nur die Felder einer Generation unter sich
transformieren, wobei die Wirkung in jeder Generation die gleiche ist. Gabe
2
es nur die Eichkopplungen, so wurde jeder fermionische Zustand dreifach entartet auftreten. Es sind die Yukawa-Kopplungen (Ankopplung an das HiggsFeld), die diese Entartung aufheben und zu verschiedenen Massen in den drei
Generationen, aber auch zu verschiedenen Massen innerhalb jeder Generation
fuhren.
Ziel der Beschreibung ist es, ein gemeinsames Dirac-Feld (x) fur alle
fundamentalen Fermionen einzufuhren, das entsprechend viele Komponenten hat. Mathematisch formuliert heit dies, da Werte in einem Raum
annimmt, der komplex-linear ist und eine Tensorprodukt-Struktur besitzt:
C3
V S;
Dim S = 4 :
Hier bezeichnet S den ublichen Spinor-Raum, in dem die -Matrizen und damit auch die Lorentz-Transformationen wirken; V ist ein geeigneter Darstellungsraum der Eichgruppe G mit Skalarprodukt1. Der Raum C 3 schlielich
beschreibt die drei Generationen und damit die Entartung vor Einfuhrung
des Higgs-Feldes.
Bei Beschrankung auf eine einzige Generation reicht der Raum V S zur
Beschreibung aus. Nach Wahl einer geeigneten Basis (eI ) in V konnen wir
(x) in elementare Dirac-Felder I (x) zerlegen,
(x) =
X
I
eI I (x) ;
I (x) 2 S ;
wobei jedes elementare Feld eine denierte Helizitat (R oder L) besitzt, die
durch die Eigenwerte 1 von 5 deniert wird. Da die I (x) durch die letzte
Forderung auf zwei Komponenten reduziert sind, handelt es sich oenbar um
Weyl-Felder. Es gibt dann eine Zuordnung von Indizes I zu den Leptonen und
Quarks der obigen Tabelle, wobei jedes Leptonfeld zweifach (R/L) und jedes
Quarkfeld sechsfach (R/L, 3 Farben) auftritt. Dies gibt dem Raum V die
Mindestdimension 16. Beziehen wir die Antiteilchen mit in die Beschreibung
ein, so erhoht sich die Dimension auf
Dim V = 25 = 32 :
Potenzen von 2 spielen oenbar eine besondere Rolle. Wir wollen dies spater
bei der Konstruktion von V berucksichtigen.
Mathematisch gesehen ist der Diracsche Spinorraum S in naturlicher Weise Z2-graduiert,
S = S + S ? ; Dim S = 2
1 Man sagt auch, V habe eine hermitesche Struktur. Sie ist erforderlich, weil nur so die
Forderung, die Darstellung von G solle unitar sein, einen Sinn hat.
3
und I nimmt Werte entweder in S + oder in S ? an. Oenbar legt der Index I
fest, welche Helizitat das Feld I (x) besitzt. Diese Tatsache gibt dem Raum
V eine Z2-Graduierung, d.h. es gilt
V = V+V?
V = lineare Hulle von feI j 5 I = I g:
Die Konstruktion koppelt die Graduierungen von V und S in einer Weise,
da von dem Tensorprodukt V S nur der positive Teilraum
(V S )+ = (V + S +) (V ? S ?)
fur den Wertebereich von infrage kommt. Da es sich bei der Eichgruppe
G { wie auch immer sie aussieht { um innere Symmetrien handelt, transformiert sie die Felder gegebener Helizitat unter sich. Dies bedeutet, da
die Darstellung von G auf V die Graduierung respektiert. Anders formuliert: Die Darstellung ist reduzibel; V + und V ? sind invariante Unterraume.
Wir haben somit erkannt, da eine irreduzible Darstellung als Grundlage des
Standardmodells nicht infrage kommt.
Es ist eine weithin akzeptierte Annahme, da der fermionische Anteil der
Lagrange-Dichte bilinear in dem Dirac-Feld ist und Massenterme hierbei
nicht auftreten:
LF = Re( iID= ) :
(1)
Mit ID= bezeichnen wir einen geeignet gewahlten verallgemeinerten DiracOperator. Es gilt in jedem Fall
ID= = D= + L = D + L
= (@ + Eichfelder) + Higgs-Felder
und enthalt somit die Eich- wie auch die Yukawa-Kopplungen. Gewohnliche Dirac-Operatoren haben L = 0, schlieen also Yukawa-Kopplungen nicht
ein. Wir erinnern daran, da der Operator D eine durch die Eichgruppe gegebenen Zusammenhang (auch kovariante Ableitung genannt) beschreibt. Wir
werden spater darauf eingehen, da ID = D + L den Begri des Zusammenhanges erweitert; ID wird Superzusammenhang genannt, und ID= ist der ihm
zugeordnete Dirac-Operator.
Vereinfachend schreibt man haug iID= fur die Lagrange-Dichte, weil
die Dierenz zum oben stehenden Ausdruck eine Divergenz ist und nicht zum
Wirkungsintegral beitragen kann:
i Im( iID= ) = i@ ( ) :
4
1.2 Die Struktur der Eichgruppe
Als Eichtheorie liegt dem Standardmodell die Lie-Algebra
Lie G = su(3) su(2) u(1)
(2)
zugrunde mit den folgenden Bedeutungen:
su(3) beschreibt die Farbfreiheitsgrade.
su(2) beschreibt den schwachen Isospin.
u(1) beschreibt die schwache Hyperladung.
Die u(1)Q der QED ist in der Lie-Algebra
u(2) = su(2) u(1)
verborgen, wie bereits im Zusammenhang mit dem Salam-Weinberg-Modell
diskutiert.
Obgleich durch (2) die Eichgruppe G lokal (in der Nahe der Einheit) festgelegt ist, bleibt ihre globale Struktur unbestimmt. Es gibt immer mehrere
Lie-Gruppen mit der gleichen Lie-Algebra. Es ist oft daran gedacht worden, die Gruppe SU (5) als Eichgruppe einer Theorie der groen Vereinigung
(grand uned theory: GUT) einzufuhren, mit wenig Erfolg allerdings, weil
darin das Proton instabil wurde. Eine schwachere koniktfreie Annahme ist
die folgende:
Die Eichgruppe G des Standardmodells ist eine Untergruppe von SU (5).
Sie besteht aus allen 5 5-Matrizen der Form
u 0
u 2 U (3); v 2 U (2); Det u Det v = 1 :
0 v ;
Der Einfachheit halber werden wir die Elemente der Gruppe G als Paare (u; v) einfuhren. Es ist leicht einzusehen, da die Lie-Algebra von G die
gewunschte Struktur (2) besitzt.
Die Farb-SU (3) identizieren wir als Untergruppe von G vermoge der
Einbettung
j : SU (3) ! G; u 7! (u; 1l2 ) :
Die Gruppe U (2) der elektroschwachen Theorie hingegen ist keine Untergruppe. Ihre Verknupfung mit G erreichen wir durch den Homomorphismus
s: G ! U (2); (u; v) 7! v :
5
Wir erhalten so eine exakte Sequenz von Gruppen:
j
s
1 ?! SU (3) ?!
G ?!
U (2) ?! 1 :
(3)
In Worten: Die SU (3) ist ein Normalteiler2 von G und die U (2) der Quotient
G=SU (3).
Eine Theorie, die von Leptonen allein ausgeht, hat die U (2) als Eichgruppe, und die Hyperladung Y ist mit dem Zentrum
U (1) = fei1l2 j 0 < 2g
dieser Gruppe verknupft, so da Y ganzzahlig fur alle leptonische Zustande
ist. Das Bild andert sich, sobald Quarks hinzugefugt werden. Die Gruppe
U (1), die die Hyperladung beschreibt, ist zwar immer noch das Zentrum von
U (2), jedoch nicht mehr als Untergruppe von G, also nicht als Symmetriegruppe auassbar. An ihre Stelle tritt das Zentrum von G, eine U berlagerungsgruppe U~ (1) von U (1) und Symmetriegruppe im Standardmodell. Diese
Tatsache ist verantwortlich fur das Auftreten von drittelzahligen Werten der
Hyperladung Y . Um dies zu demonstrieren, betrachten wir die exakte Sequenz
j ~
s
1 ?! Z3 ?!
U (1) ?!
U (1) ?! 1;
(4)
die aus (3) durch Beschrankung auf das Zentrum der jeweiligen Gruppe folgt.
Hierin gilt:
Das Zentrum U~ (1) von G wird aus Elementen der Form
diag(ei ; ei ; ei ; ei ; ei) 2 SU (5)
gebildet. Sie genugen der Bedingung (ei )3 (ei)2 = 1. Man kann diese
Gruppe auch als eine abgeschlossene einparametrige Untergruppe des
2-Torus auassen:
U~ (1) = f(ei ; ei ) j 3 + 2 = 0 mod 2g:
Sie ist damit einer U (1) isomorph.
Die zyklische Gruppe Z3 der Ordnung 3 ist durch die komplexen Losungen der Gleichung z3 = 1 deniert. Man kann sie mit dem Zentrum der
Gruppe SU (3), wie hier geschehen, identizieren. Durch j wird z auf
(z; 1) 2 U~ (1) abgebildet.
2 weil Kern eines Homomorphismus, auch invariante Untergruppe genannt
6
Durch s wird (ei ; ei ) auf ei 2 U (1) abgebildet, wobei wir U (1) mit
der Hyperladung verknupfen.
Die einparametrige Gruppe U~ (1) beschreibt geometrisch gesehen eine geschlossene Kurve auf dem 2-Torus. Wickeln wir den Torus, beschrieben durch
die Winkel und auf die Ebene ab, so erscheint diese Kurve als eine Gerade
mit der Steigung ?2=3:
0
?2
2
0
QQ
QQ
QQ
?4
4
QQ
QQ
Q
#
!
QQ
QQ
Q
6
Q
Anfang und Ende des hier abgebildeten Geradenstucks sind zu identizieren.
Der Winkel durchlauft somit das Intervall [0; 6], bevor sich die Kurve
schliet. Dies fuhrt uns auf andere Weise vor Augen, da es sich bei U~ (1)
um eine dreifache U berlagerung der U (1)-Gruppe mit den Elementen ei
handelt. In unitaren irreduziblen Darstellungen der Eichgruppe G nimmt die
Hyperladung Y einen festen Wert an, nur eingeschrankt durch die Bedingung
ei6Y = 1 oder 3Y 2 Z ;
wie aus dem Verhalten des Winkels folgt. Sobald Y keinen ganzzahligen
Wert hat, haben wir es streng genommen nicht mit einer Darstellung der
Gruppe U (1) = fei g, sondern mit einer Darstellung der U berlagerungsgruppe U~ (1) zu tun.
Lokal, d.h. in der Nahe der Einheit, konnen die Gruppen U (1) und U~ (1)
identiziert werden; denn die U berlagungsabbildung s ist dort invertierbar:
e?i2=31l 0 3
?
1
i
s (e ) =
(5)
0
ei 1l2 2 SU (5) :
Auf dem Darstellungsraum C 5 der Eichgruppe G ist die Hyperladung durch
die folgende spurfreie Diagonalmatrix reprasentiert3 :
d
?
1
i
Y = i d s (e )=0 = diag( 23 ; 32 ; 32 ; ?1; ?1) 2 su(5) :
3 Das Vorzeichen ist durch Konvention festgelegt.
7
Im leptonischen Sektor des Standardmodells mit U (2) als Eichgruppe bleibt
nach spontaner Symmetriebrechung nur die Untergruppe
1 0 U (1)Q = 0 ei
2 U (2)
als residuale Eichgruppe erhalten, die wir mit der elektrischen Ladung Q
verknupfen. Da die U (1)Q fur den leptonischen Sektor eine Symmetriegruppe
darstellt, sind dort alle Ladungen ganzzahlig.
Sobald wir die Quarks in die Beschreibung einbeziehen, ist nicht die U (1)Q
sondern ihre dreifache U berlagerung
n
o
U~ (1)Q = diag(ei ; ei ; ei ; 1; ei) 3 + = 0 mod 2 2 SU (5)
die eigentliche Symmetriegruppe. Sie beschreibt ebenfalls eine geschlossene
Kurve auf dem 2-Torus:
0
P0 PP
2
4
6
PPPP
!
PPP
PPPP
#
PPP
?2
Die Folge ist, da in unitaren irreduziblen Darstellungen der Eichgruppe G
die elektrische Ladung Q Werte annimmt, die der Bedingung
ei6Q = 1 oder 3Q 2 Z
unterliegen. Die U berlagerungsabbildung
s
U~ (1)Q ?!
U (1)Q
bildet diag(ei ; ei ; ei ; 1; ei) auf diag(1; ei) ab und kann lokal invertiert
werden, indem man = ?=3 setzt. Auf dem Darstellungsraum C 5 der
Eichgruppe G ist die elektrische Ladung durch die folgende spurfreie Diagonalmatrix reprasentiert4 :
d s?1(diag(1; ei)) = diag( 1 ; 1 ; 1 ; 0; ?1) 2 su(5) :
Q = i d
=0
3 3 3
4 Das Vorzeichen ist durch wiederum durch Konvention festgelegt. Die Ladung Q wird
grundsatzlich in Einheiten der elektrischen Elementarladung gemessen.
8
Vergleichen wir Q mit Y , so sehen wir, da Q + Y 2 Z gilt. Diese Eigenschaft
ist dann auch in allen unitaren irreduziblen Darstellungen der Eichgruppe G
erfullt, d.h. sie gilt auch fur die Quarks und ihre Bindungszustande.
Eine weitere additive Quantenzahl ist I3, die dritte Komponente des
schwachen Isospins. Sie ist auf dem Raum C 5 durch die Diagonalmatrix
I3 = diag(0; 0; 0; 12 ; ? 12 ) 2 su(5)
vertreten, aus der man die Eigenwerte unmittelbar abliest. Nun sind Y , Q
und I3 nicht unabhangig voneinander. Es gilt
Q = I3 + 21 Y ;
wie man unmittelbar einsieht. Diese Beziehung5 ubertragt sich auf alle Produktdarstellungen, von denen wir jetzt einige konstruieren wollen.
1.3 Die Konstruktion des Darstellungsraumes V
der Leptonen und Quarks
Da die Eichgruppe G Untergruppe der SU (5) ist, agiert sie in naturlicher
Weise auf dem Raum
C5 = C3 C2
mit Unterraumen C 3 und C 2 fur die denierenden Darstellungen der Farbgruppe SU (3) und der SU (2)-Gruppe des schwachen Isospins. Dennoch ist C 5
kein geeigneter Raum, um darin die fundamentalen Fermionen einer Generation unterzubringen. Zudem tragt dieser Raum keine naturliche Z2-Graduierung. Eine geeignetere Wahl ist der lineare Raum, der der aueren Algebra
zugrundeliegt:
V
V = C 5 ; Dim V = 25:
Die auere Algebra uber einem linearen Raum (hier C 5 ) ist ein wichtiges Konzept der multilinearen Algebra6. In der Physik begegnet uns dieses Konzept
in Form des Fockraumes mit Fermi-Statistik. Im vorliegenden Fall beschriebe
C 5 , der Hilbertraum der Einteilchenzust
ande, gerade mal funf Freiheitsgrade.
Man kann die auere Algebra als eine direkte Summe linearer Raume
auassen,
VC 5 = V0 C 5 V1 C 5 V5 C 5 ;
wobei jeder Summand ein k-faches aueres Produkt
Vk C 5 = C 5 ^ C 5 ^ ^ C 5 (k Faktoren; k = 0; 1; : : : ; 5)
5 Mitunter wird diese Relation die Gell-Mann-Nishijima-Formel genannt.
6 Siehe W. Greub, Multilinear Algebra, 2nd Ed., Springer 1978
9
V0C 5 = C . Aufgrund dieser Konstruktion gilt
k X V
darstellt mit der Vereinbarung
Dim
Vk C 5 =
;
5
k
Dim
kC 5
= 25 :
Die auere Algebra ist in naturlicher Weise Z2-graduiert,
VC 5 = V+C 5 V?C 5 ;
mit positiven und negativen Unterraumen, die durch die geraden bzw. ungeraden Potenzen gebildet werden:
V+ C 5
V? C 5
Man bestatigt leicht, da
Dim
=
=
V0C 5 V2C 5 V4C 5
V1C 5 V3C 5 V5C 5 :
V+C 5 = Dim V?C 5 = 24
gilt.
V
Das ubliche Skalarprodukt in C 5 kann zu einem Skalarprodukt in C 5
erweitert werden. Diesen Vorgang kennen wir von der Konstruktion des Fockraumes her. Die
unitare Wirkung der Gruppe G auf C 5 kann zu einer unitaren
V
Wirkung
auf C 5 erweitert werden. Die dadurch erhaltene Darstellung wird
V
mit bezeichnet. Jedes g 2 G gibt somit Anla zu einem kommutativen
Diagramm
g
5
5
?? ?! C??
y
VyC 5 ?!
^g V n
C
C
wobei dieVsenkrechten Pfeile die kanonischen Einbettungen beschreiben (C 5
wird mit 1 C 5 identiziert).
V
Unter der Wirkung von G wird jede Potenz Vk C 5 zu einem invarianten
Unterraum der aueren Algebra.
Die Darstellung ist somit reduzibel und
V
k
zerfallt in Teildarstellungen ,
V
V = V0 V1 V5;
wobei k g = g ^ g ^ ^ g (k Faktoren) gilt und dies eine Kurzschreibweise
fur die Wirkung
Vk g (c ^ c ^ ^ c ) = gc ^ gc ^ ^ gc
1
2
k
1
2
k
darstellt.
10
(c1; : : : ; ck 2 C 5 ; g 2 G)
V
k genau zwei eindimensionale (hier
Es gibt unter den Teildarstellungen
V
V
triviale) Darstellungen: 0g = 1 und 5 g = Det g = 1. Da die Eichgruppe
G nur eine Untergruppe von SU (5) ist, sind alle anderen Teildarstellungen
reduzibel. Um sie in ihre irreduziblen Bestandteile zerlegen zu konnen, gehen
wir von dem Isomorphismus
V(C 3 C 2 ) = VC 3 VC 2
V
aus. In Worten: Die auere Algebra (der Funktor ) verwandelt eine direkte
Summe in ein Tensorprodukt. Ausgedruckt in den Dimensionen:
23+2 = 23 22.
V
Zu den irreduziblen invarianten Unterraumen von k C 5 gelangen wir
durch die Zerlegung
VC 3 = P3 VpC 3 ; VC 2 = P2 Vq C 2 ;
q=0
p=0
d.h.
Vk C 5 = X VpC 3 Vq C 2 :
p+q=k
Wir erwarten daher, da die Leptonen und Quarks genau den folgenden irreduziblen Darstellungen der Eichgruppe G entsprechen:
Vp;q = Vp Vq ; Dim Vp;q = pq :
3 2
V
p;q ordnet jedem Element (u; v ) der Eichgruppe G den
Die Darstellung
V
V
V
p
q
u v zu. Die Z2-Graduierung von C 5 gibt jeder Darstellung
VOperator
p;q die Paritat
= (?1)k = (?1)p+q ;
die der Helizitat (R/L) des Lepton- bzw. Quarkfeldes entspricht.
Um zu erkennen, welche Komponenten von (x) Leptonen bzw. Quarks
beschreiben,
mussen wir die Hyperladung Y jeder irreduziblen Darstellung
Vp;q bestimmen.
Dies erfordert eine Anwendung der Gleichung (5):
V
e?iY = p;q (s?1(ei ))
V
V
= pe?i2=3 q ei = exp(?i2p=3 + iq) :
Wir erhalten so die fundamentale Beziehung
Y = 32 p ? q
(6)
mit deren Hilfe wir leicht entscheiden konnen, um welchen Feldtyp es sich
handelt:
Lepton-Felder : p = 0 oder 3 (Y ist ganzzahlig)
Quark-Felder : p = 1 oder 2 (Y ist drittelzahlig).
11
Von besonderer Bedeutung
V ist die folgende Beobachtung. In der von uns
gewahlten Darstellung der Gruppe G treten nur zwei Typen von Darstellungen der Isospingruppe SU (2) (Untergruppe von G) auf:
Die triviale Darstellung (q = 0 oder 2; I = I3 = 0). Teilchen oder
Felder dieser Art heien Singletts.
Die Fundamentaldarstellung (q = 1, I = 21 ; I3 = 12 ). Teilchen oder
Felder dieser Art heien Dubletts.
In allen Fallen gilt der Zusammenhang Q = I3 + 12 Y , auf den wir schon fruher
hingewiesen haben.
Weyl-Spinoren, die als Komponenten von auftreten, sindVcharakterisiert
V
drei Paritaten, die den Z2-Graduierungen der Raume C 5 , C 3 , and
Vdurch
C 2 entsprechen. Ihre Interpretation ist wie folgt (beachte da k = p + q )):
k =ungerade : linkshandig
k =gerade : rechtshandig
p =gerade : Materie
p =ungerade : Antimaterie
q =gerade : Singlett
q =ungerade : Dublett.
V
Da die Ladungskonjugation auf C 5 durch komplexe Konjugation wirkt,
fuhrt sie die Darstellung [p; q] in die Darstellung [3 ? p; 2 ? q] uber. Sie
vertauscht also links und rechts, Materie und Antimaterie, und kehrt die
Vorzeichen von Y , I3 und Q um, fuhrt aber Singletts wieder in Singletts,
Dubletts wieder in Dubletts uber.
Abschlieend wollen wir auf einen besonderen Umstand aufmerksam machen. Zunachst fuhren wir die Menge aller Darstellungsmatrizen ein:
VG = fVg j g 2 Gg:
V
Mit ( G)0 bezeichnen wir die
V Kommutante, d.h. die Algebra aller Operatoren
V komauf dem Darstellungsraum C 5 , die mit jedem Element der Menge G V
mutieren. Das Besondere der Gruppe G besteht darin, da es sich bei ( G)0
um eine kommutative
Algebra der Dimension 12 handelt. Denn die 12 DarV
p;q
stellungen
(4 Werte fur p, 3 Werte fur q) sind irreduzibel und Vpaarweise
inaquivalent. Aufgrund des Schurschen Lemmas nimmt jedes A 2 ( G)0 dort
konstante Werte an, die samtlich unabhangig sind. Die Freiheiten, die wir in
A haben, werden sich spater als wesentlich erweisen: Sie garantieren eine
ausreichende Menge von freien Parametern des Standardmodells.
1.4 Die Standardbasis fur VC 5
Der Raum C 5 besitzt nicht nur ein kanonisches Skalarprodukt sondern auch
eine kanonische Orthonormalbasis (ei )5i=1, so da jeder Basisvektor ei die
12
Komponenten (ei)j = ij (j = 1; : :V: ; 5) hat. Dies induziert eine Orthonormalbasis eI in der aueren Algebra C 5 . Sie ist gegeben durch
eI = ei ^ ^ eik 2
1
Vk C 5 ;
I = fi1; : : : ik g; i1 < < ik ; 0 k 5
wobei I alle Teilmengen von f1; 2; 3; 4; 5g durchlauft, die leere Menge ; eingeschlossen. Gesetzt wir haben ein I gewahlt, so sind die zugehorigen charakteristischen Exponenten k; p; q leicht zu bestimmen: k ist die Anzahl aller
Elemente in I , p ist die Anzahl der aus f1; 2; 3g gewahlten Elemente in I , q
ist die Anzahl der aus f4; 5g gewahlten Elemente in I . Anstelle von k werden
wir auch jI j schreiben und das Komplement von I in f1; 2; 3; 4; 5g mit I c
bezeichnen.
In der folgenden Tabelle sind alle 32 Basivektoren aufgelistet zusammen
mit ihren p; q-Werten. Jedoch haben wir I an Stelle von eI angegeben:
I q=0 q=2
q=1
p=0
;
45
4
5
23 2345 234 235
p=2
13 1345 134 135
12 1245 124 125
1 145 14 15
p=1
2 245 24 25
3 345 34 35
p = 3 123 12345 1234 1235
(7)
Die Basisvektoren der ersten beiden Spalten haben I3 = 0, jene der dritten
Spalte I3 = 21 , der vierten Spalte I3 = ? 21 . Jeder Basisvektor eI ist zugleich
ein Eigenvektor der Hyperladung Y und der elektrischen Ladung Q, deren
Werte die beiden folgenden Tabellen zeigen.
13
Y q=0 q=2
q=1
p=0
0
-2 -1 -1
4/3 -2/3 1/3 1/3
p = 2 4/3 -2/3 1/3 1/3
4/3 -2/3 1/3 1/3
2/3 -4/3 -1/3 -1/3
p = 1 2/3 -4/3 -1/3 -1/3
2/3 -4/3 -1/3 -1/3
p=3
2
0
1
1
Q q=0 q=2 q=1
p=0
0
-1 0 -1
2/3 -1/3 2/3 -1/3
p = 2 2/3 -1/3 2/3 -1/3
2/3 -1/3 2/3 -1/3
1/3 -2/3 1/3 -2/3
p = 1 1/3 -2/3 1/3 -2/3
1/3 -2/3 1/3 -2/3
p=3
1
0 1
0
Nach dieser Zuweisung von Ladungen nden wir auch die Zuordnung zu
den entsprechenden Weyl-Spinoren der ersten Generation:
1. Gen. q = 0 q = 2
q=1
p=0
eR
eR eL
eL
u1R d1R u1L d1L
p = 2 ?u2R ?d2R ?u2L ?d2L
u3R d3R u3L d3L
dc1L uc1L dc1R ?uc1R
p=1
dc2L uc2L dc2R ?uc2R
dc3L uc3L dc3R ?uc3R
c
c
p=3
ecL eL
ecR ?eR
14
(8)
Entsprechende Zuordnungen existieren fur die zweite und dritte Generation:
2. Gen. q = 0 q = 2
q=1
p=0
R
R L
L
c1R s1R c1L s1L
p = 2 ?c2R ?s2R ?c2L ?s2L
c3R s3R c3L s3L
sc1L cc1L sc1R ?cc1R
p=1
sc2L cc2L sc2R ?cc2R
sc3L cc3L sc3R ?cc3R
c
c
p=3
cL L
cR ?R
3. Gen. q = 0 q = 2
q=1
p=0
R
R L
L
t1R b1R t1L b1L
p = 2 ?t2R ?b2R ?t2L ?b2L
t3R b3R t3L b3L
bc1L tc1L bc1R ?tc1R
p=1
bc2L tc2L bc2R ?tc2R
bc3L tc3L bc3R ?tc3R
c
c
p=3
Lc L
Rc ?R
Hier stehen die Symbole mit ihren Vorzeichen fur die Komponenten I des
Dirac-Feldes , wobei I aus der Tabelle (7) abzulesen ist. Die ersten vier
Zeilen der Tabelle (8) sind z.B. so zu interpretieren:
; = eR
23
13
12
= u1R
= ?u2R
= u3R
45 = eR
2345 = d1R
1345 = ?d2R
1245 = d3R
4 = eL
234 = u1L
134 = ?u2L
124 = u3L
5 = eL
235 = d1L
135 = ?d2L
125 = d3L
Jede Tabelle ist symmetrisch aufgebaut. Die obere Halfte beschreibt Materie,
die untere Halfte Antimaterie. Quarkfelder haben einen Farbindex i, z.B.
uiR; uiL; diR ; diL (i = 1; 2; 3):
Zugleich erkennen wir eine leichte A nderung gegenuber der traditionellen
Auassung: Die Darstellungen 3 (mit p = 1) und 3 (mit p = 2), beide Fundamentaldarstellungen der Farb-SU (3), haben ihre Rollen vertauscht. Dies
hat jedoch keinen physikalischen Eekt.
Zu jedem Weyl-Spinor I existiert der durch Ladungskonjugation entstehende Weyl-Spinor Ic , der ebenfalls in der Tabelle und damit als Komponente von auftritt. Da die Ladungskonjugation die Chiralitat andert, ist
besondere Sorgfalt bei der Bezeichnung geboten. Dies wollen wir am Beispiel
des d-Quarks erlautern:
dcR := (dc)R = (dL)c :
dcL := (dc)L = (dR )c;
15
Einige Felder treten in den Tabellen mit einem negativen Vorzeichen auf.
Der Grund hierfur ist rein algebraischer (nicht physikalischer) Natur. Die
Vorzeichen sind so gewahlt, da die folgende Bedingung erfullt ist:
I Ic =
Ic
wobei I das Vorzeichen derjenigen Permutation ist, die fI; I cg in die normale
Ordnung f1; 2; 3; 4; 5g uberfuhrt, also etwa
1
13 = sgn 1 23 32 44 55 = ?1 :
Gleichzeitig wird hierdurch einer bekannte Regel Rechnung getragen: Mit
(e; e)L, einem linkshandigen SU (2)-Dublett, ist, nach Ausfuhrung einer Ladungskonjugation,
(ec; ?ec )R = (eL; ?eL)c
ein rechtshandiges SU (2)-Dublett.
1.5 Das Higgs-Feld und die Yukawa-Kopplung
Der verallgemeinerte Dirac-Operator ID= = D= + L enthalt bereits das HiggsFeld zusammen mit vielen anderen Parametern in dem Operator L, der frei
von -Matrizen ist und deshalb wie ein Skalar auf denVSpinorraum S wirkt.
Seine Wirkung beschrankt sich auf den Raum C 3 C 5 . Wir wollen die
Einschrankungen untersuchen, denen der Operator L dort unterliegt.
Die erste Einschrankung
L = ?L
kommt von der Forderung, da der Dierentialoperator iID= (ebenso wie i@= )
selbstkonjugiert ist, die zweite Einschrankung
C3
L
V C 5 ?!
C3
V C 5
(9)
von der Forderung, da (verallgemeinerte) Dirac-Operatoren immer ungerade
Operatoren sind, also die Paritat der Vektoren, auf die sie wirken, umkehren.
Im einfachsten Fall, wenn der Dirac-Operator auf dem Raum S wirkt und
die Struktur @ hat, ist dies die folgende Eigenschaft der -Matrizen:
5 + 5 = 0 :
Im vorliegenden Fall ist die Z2-Graduierung (und damit die Paritat) nicht
allein durch die 5-Matrix gegeben, sondern von komplizierterer Struktur,
16
namlich durch den Darstellungsraum der Eichgruppe mitbestimmt:
V
V
(C 3 C 5 S ) = C 3 ( C 5 S )
V
V
V
( C 5 S )+ = ( + C 5 S + ) ( ? C 5 S ? )
V
V
V
( C 5 S )? = ( ? C 5 S + ) ( + C 5 S ? )
Da L trivial auf den RaumVS wirkt und so seine Paritat erhalt, andert L
zwangslaug die Paritat in C 5 wie in (9) angegeben.
Der Higgs-Sektor des Standardmodells ist durch die Form des DiracOperators bestimmt, sobald der Operator L festgelegt ist:
LHiggs = 21 iL :
Hier haben wir nur den Teil des Higgs-Sektors aufgefuhrt, die die Wechselwirkung mit den Fermionen beinhaltet. Der Grund fur den Faktor 12 auf der
rechten Seite liegt darin, da in unserem Formalismus iID= den Vorfaktor
1
I zugleich und gleichbe2 bekommt, weil darin mit jedem Elementarfeld
c
rechtigt auch das ladungskonjugierte Feld I auftritt. Beide Felder geben
Anla zu identischen Ausdrucken in dem Wirkungsintegral. Wenn wir also
U bereinstimmung mit dem konventionellen Ansatz fur die Lagrange-Dichte
erreichen wollen, ist der Faktor 21 unausweichlich. Dieser Faktor kann allerdings vermieden werden, wenn wir wir uns bei auf Komponenten mit
p = 0; 2 beschranken.
Fur die weitere Diskussion ist es hilfreich, eine suggestive Bezeichnung
fur die vier Materiefelder mit den Ladungen Q = 0; ?1; 32 ; ? 13 (jedes Feld ein
avor-Triplett) einzufuhren:
n = (e; ; )
e = (e; ; )
u = (u; c; t)
d = (d; s; b) :
Das Standardmodell benutzt einen speziellen Ansatz fur den Operator L, so
da der hierdurch gegebene Beitrag zur Lagrange-Dichte die folgende Form
hat:
LHiggs = n R An(nL 0 ? eL +) + (nL0 ? eL+ )An nR
+ eR Ae (eL0 + nL+ ) + (eL0 + n L+)Ae eR
+ u R Au(uL 0 ? dL +) + (uL 0 ? d L +)Au uR
+ d R Ad(dL 0 + uL+ ) + (d L0 + u L+ )AddR :
Hierin bezeichnet (+; 0) ein SU (2)-Dublett mit Y = 1 aus (skalaren) HiggsFeldern. Die Bezeichnung macht deutlich, da + die Ladung Q = 1 tragt
17
und 0 neutral ist, die spontane Symmetriebrechung also ein `Kondensat'
h0i 6= 0 hervorruft. In den Ansatz fur L gehen daruberhinaus vier komplexe
3 3-Matrizen An, Ae, Au, Ad ein, die auf die avor-Freiheitsgrade wirken,
also als Operatoren auf den Raum C 3 zu interpretieren sind. Es gibt bislang
kein uberzeugendes Argument oder Prinzip, das diese Matrizen in irgendeiner Weise einschranken konnte: Sie sind frei wahlbar und bestimmen die
Yukawa-Kopplungen. Jedoch sind nicht alle 4 32 = 36 komplexen Parameter
physikalisch relevant, da wir die Fermi-Felder unitar transformieren konnen.
Die obige Konstruktion gewahrleistet lokale Eichinvarianz der LagrangeDichte. Sie nutzt aus, da sich mit Hilfe des Higgs-Feldes vier verschiedene
SU (2)-Singletts konstruieren lassen:
ns = An nR + nL0 ? eL+ (Q = 0)
es = Ae eR + eL0 + nL+ (Q = ?1)
us = Au uR + uL0 ? dL+ (Q = 32 )
ds = Ad dR + dL0 + uL + (Q = ? 13 )
Wir fassen sie als transformierte Dirac-Felder auf. Die Lagrange-Dichte des
Higgs-Sektors kann nach Einfuhrung dieser Felder nun kurzer geschrieben
werden, wodurch ihre Struktur besser sichtbar wird:
LHiggs = n sns + eses + u sus + d sds :
Insbesondere lat sich die Eichinvarianz der rechten Seite sehr viel leichter
uberprufen. Man macht sich die Korrektheit der neuen Schreibweise leicht
am Beispiel des neutralen Dirac-Feldes klar:
n sns = n sR nsL + n sLnsR
= An nR (nL 0 ? eL +) + (nL 0 ? eL +)AnnR
= n R An(nL 0 ? eL +) + (nL0 ? eL+ )An nR :
Der Higgs-Kibble-Mechanismus gibt eine bewahrte Beschreibung der spontanen Brechung der lokalen Eichsymmetrie. Zugleich eliminiert er drei reelle
Freiheitsgrade des Higgs-Feldes und ubertragt diese auf die massiven Eichfelder. Danach haben wir in allen Formeln die Ersetzung
p
+(x) = 0; 0(x) = (H (x) + v)= 2
vorzunehmen, wobei H (x) das neutrale `physikalische' Higgs-Feld und v das
reelle Kondensat beschreibt. Spontane Symmetriebrechung fuhrt zur Massenerzeugung. Hierbei treten vier komplexe Massenmatrizen der Fermionen
auf:
p
p
p
p
Mn = vAn= 2; Me = vAe= 2; Mu = vAu= 2; Md = vAd= 2 :
18
Ihr Einu zeigt sich in dem folgenden Beitrag zur Lagrange-Dichte:
Massenterme = n R Mn nL + n LMn nR
+ eR Me eL + eL Me eR
+ u R Mu uL + u LMu uR
+ d R Md dL + d LMd dR
Die Massen der beobachteten fundamentalen Fermionen ergeben sich aus
dem Spektrum:
spec (Mn Mn ) = fm2e ; m2 ; m2 g
spec (Me Me ) = fm2e ; m2 ; m2 g
spec (Mu Mu ) = fm2u ; m2c ; m2t g
spec (Md Md ) = fm2d ; m2s ; m2b g
Beziehungen dieser Massen untereinander oder Beschrankungen, die ihnen
auzuerlegen sind, gibt es in dieser Theorie nicht. Das ist sehr unbefriedigend,
insbesondere deshalb, weil die kleinste Masse me und die grote Masse mt
sich um mindestens 12 Groenordnungen unterscheiden. Wo liegt der Grund
fur solche Unterschiede?
1.6 Unitare CKM-Matrizen der Leptonen und Quarks
Falls die vier Massenmatrizen nicht von vornherein diagonal sind { wofur es
keinen Grund gibt { , gehen die im Experiment beobachtbaren Fermionen
durch eine avor-Mischung { beschrieben durch eine unitare Transformation
{ aus den von uns gewahlten Basisfeldern hervor. Denn ein bekannter Satz
der Algebra sagt, da sich jede der komplexen Matrizen Mn , Me , Mu, Md
durch eine biunitare Transformation diagonalisieren lat:
Mn = UnLMn0 UnR ; Mn0 = diag(me ; m ; m )
Me = UeLMe0 UeR ; Me0 = diag(me ; m ; m )
Mu = UuLMu0 UuR ; Mu0 = diag(mu ; mc ; mt )
Md = UdLMd0 UdR ; Md0 = diag(md ; ms ; mb )
Dies legt nahe, alle fundamentalen Fermi-Felder unitar zu transformieren, so
da die neuen Felder den Masseneigenzustanden entsprechen:
n0R
e0R
u0R
d0R
=
=
=
=
n0L
e0L
u0L
d0L
UnR nR
UeR eR
UuR uR
UdR dR
19
=
=
=
=
UnL nL
UeL eL
UuL uL
UdL dL
Hierdurch werden neue (orthonormierte) Basen im avor-Raum C 3 eingefuhrt,
die den tatsachlich beobachteten Teilchen entsprechen.
Die Transformation zu neuen Feldern vereinfacht zugleich auch die Beschreibung die Yukawa-Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld H (x):
LHiggs = LXYukawa + Massenterme
LYukawa =
GF FFH
F p
mF 2=v
GF =
Die Summe wird uber alle fundamentalen Dirac-Felder F = FR + FL gefuhrt,
wobei F die Symbole
e e u c t
d s b
durchlauft. Entscheidend ist, da die Kopplungskonstante GF proportional
der Masse mF des Fermions ist. Die partielle Breite fur den Zerfall H ! F F
ist daher proportional m2F . Eine unmittelbare Kopplung des Higgs-Teilchens
an die Eichbosonen existiert nicht. Der Zerfall H ! 2 geschieht uber eine
virtuelle Produktion von F F -Paaren. Die Masse des (bislang nicht nachgewiesenen) Higgs-Teilchens wird im Bereich 100-200 GeV erwartet.
Die Transformation zu den Masse-Eigenzustanden hat keinen Einu auf
alle ubrigen Terme der Lagrange-Dichte des Standardmodells bis auf eine
bemerkenswerte A nderung der geladenen Strome der schwachen Wechselwirkung, da in ihnen Felder verschiedener Ladung verknupft werden. Die
ursprungliche Gestalt dieser Strome ist
j+ = n L eL + u L dL j? = (j+ )
und die endgultige Gestalt aufgrund der Transformation ist
j+ = n 0L e00L + u 0L d00L j? = (j+ )
mit den Bezeichnungen
e
e
= UnL UeL
e0L ; VCKM
e00L = VCKM
d
d
d00L = VCKM
d0L ; VCKM
= UuL UdL :
Zwei unitare Matrizen mit physikalischer Relevanz treten hierbei auf. Sie
werden nach ihren Entdeckern Cabbibo, Kobayashi, und Maskawa als CKMMatrizen bezeichnet:
e
VCKM
= CKM-Matrix der Leptonen
d
VCKM = CKM-Matrix der Quarks:
20
Da wir die Felder e0 und d0 zu neuen Feldern e00 und d00 transformieren, ist
reine Konvention. Ebenso gut konnten wir, die konjugierten CKM-Matrizen
benutzend, die Felder n0 und u0 zu neuen Feldern n00 und u00 transformieren
und darin die geladenen Strome ausdrucken.
Es besteht der Wunsch, die CKM-Matrizen zu parametrisieren und die
Parameter aus dem Experiment zu bestimmen. Eine unitare 3 3-Matrix
enthalt 9 reelle Parameter. Funf davon sind Phasen, die sich durch Phasentransformationen aller Felder eliminieren lassen7 . Es bleiben vier physikalisch
relevante Parameter (Winkel):
1 ; 2 ; 3 ; :
Die ersten drei sind den Euler-Winkeln einer Rotation R 2 SO(3) vergleichbar, der Winkel beschreibt die Abweichung von der reellen Gestalt der
CKM-Matrix, die wir als ein Produkt von vier unitaren Matrizen schreiben:
VCKM = V2V V1V3
mit
0 cos sin 0 1
01 0
1
0
1
1
V1 = @ ? sin 1 cos 1 0 A V2 = @ 0 cos 2 ? sin 2 A
0
0 1
0 sin 2 cos 2
01 0
1
01 0 0 1
0
V3 = @ 0 cos 3 sin 3 A V = @ 0 1 0 A
0 ? sin 3 cos 3
0 0 ?ei
Da die Antiteilchen mit der konjugiert komplexen CKM-Matrix verknupft
sind, wechselt unter der CP-Operation der Winkel sein Vorzeichen. Eine
Abweichung von
= 0 (mod )
ist verantwortlich fur die CP-Verletzung in der schwachen Wechselwirkung.
Eine theoretische Vorhersage fur die Groe von steht noch aus.
Die CKM-Matrix der Quarks schreibt man auch in der Form
0V V V 1
ud
us
ub
d
VCKM
= @ Vcd Vcs Vcb A
Vtd Vts Vtb
7 Allgemein, wenn n Generationen existieren, ist die CKM-Matrix V ein Element der
Gruppe U (n). Dieses ist nicht eindeutig, weil V und V 0 als physikalisch aquivalent gelten,
wenn es Diagonalmatrizen D; D0 2 U (n) gibt mit DV = V 0 D0 . Die A quivalenzrelation
eliminiert 2n ? 1 von insgesamt n2 reellen Parametern. Somit hat die CKM-Matrix nur
(n ? 1)2 relevante Parameter (Winkel). Von diesen sind n(n ? 1)=2 verallgemeinerte Euler-
Winkel, d.h. Parameter der Gruppe SO(n). Es bleiben (n ? 1)(n ? 2)=2 Winkel, die fur
das Verhalten V 6= V , also fur die CP-Verletzung ausschlaggebend sind.
21
wodurch sofort ersichtlich ist, welchem Vertex ein bestimmtes Matrixelement
zuzuordnen ist. Hierzu zwei Beispiele:
1. Die Groe von Vud bestimmt den Zerfall des Neutrons,
n ! p e?e :
Denn im Quarkbild gilt n = (ddu) und der Zerfall verlauft uber ein
virtuelles W ?-Eichboson: d ! u W ?.
2. Die Groe von Vus bestimmt den Zerfall der geladenen K -Mesonen,
z.B.
K + ! + :
Denn im Quarkbild gilt K + = (su) und der Zerfall verlauft uber ein
virtuelles W +-Eichboson: su ! W +.
Die CKM-Matrix der Leptonen schreiben wir so:
0V V V 1
11
12
13
e
VCKM
= @ V21 V22 V23 A
V31 V32 V33
Im Rahmen des Minimalen Standardmodells (MSM) wurde angenommen,
da alle Neutrinomassen gleich Null sind. Eine Entartung me = m = m
reicht bereits aus, um eine neue `physikalische' Basis von Neutrinofeldern
e ) n einzuf
durch die Transformation n0 = (VCKM
uhren mit dem Ergebnis,
e
da die geladenen Strome numehr anstelle der CKM-Matrix VCKM
die Einheitsmatrix 1l3 enthalten. Mit anderen Worten, im MSM gab es keine avorandernden Wechselwirkungen der Leptonen.
Bestehende Experimente deuten auf eine Verletzung der angenommenen
Massen-Entartung bei den Neutrinos. Eine nicht-diagonale CKM-Matrix der
Leptonen zwingt uns zur Erkenntnis, da es zwar eine Erhaltung der Leptonenzahl L = Le + L + L , aber keine separate Erhaltung von Le, L und L
gibt. Der Zerfall des Muons etwa verlauft danach uber vier Prozesse:
e
?
?
?
- ? ? -e?
tV
?
?
W?
22
tV
?-
11
22
??W ? ?? e?
? ? -
tV
22
tV
21
e
e
?
?- ? ?? -e?
t
V
?
?
W?
12
t
V
?-
11
e
??W ? ?? e?
? ? -
t
V12
t
V 21
Die vier moglichen Endzustande lassen sich auch durch Neutrino-Oszillationen
erklaren.
Sind die Massen me und m sehr nahe beieinander, so erwartet man
Ubergange e auf dem Wege Sonne-Erde oder beim Durchgang durch
die Erde, im wesentlichen auf der Basis der Diagramme
e?
-
W t
tV
V
+
21
11
e?
-e
e-
W t
tV
V
+
11
21
-
Fazit: Flavor-andernde Prozesse im Standardmodell werden durch (und nur
durch) die Wechselwirkung mit den W -Bosonen hervorgerufen.
23
2 Die Brownsche Bewegung
The main advantages of a discrete
approach are pedagogical, inasmuch
as one is able to circumvent various conceptual diculties inherent
to the continuous approach. It is also not without a purely scientic interest. . .
Marc Kac
Zufallsbewegungen von mikroskopischen Teilchen in einer Flussigkeit, wie sie
zum erstenmal von dem britischen Botaniker Brown 1827 beobachtet wurden,
gaben Anla zur Entwicklung einer mathematischen Disziplin, der Theorie
der Brownschen Bewegung, mit ungeahnter Tragweite fur die gesamte Physik.
Die heutigen Anwendungen reichen von der Astronomie bis zur Physik der
Elementarteilchen.
2.1 Die eindimensionale Zufallsbewegung
Man denke an ein Teilchen, das sich entlang der x-Achse bewegt, so da
es in der Zeiteinheit einen Schritt nach rechts oder nach links macht
mit der Schrittweite h. In unserem Modell sind also sowohl der Raum als
auch die Zeit diskret (diskontinuierlich). Daruberhinaus ist der Raum quasieindimensional, namlich durch eine Folge von aquidistanten Punkten ersetzt.
Wirkt kein auerer Einu, der \rechts" vor \links" bevorzugt, so sind
die Wahrscheinlichkeiten fur den Rechtsschritt und den Linksschritt einander
gleich, also gleich 21 , und damit ist allgemein die Wahrscheinlichkeit fur den
U bergang vom Platz x = jh zum Platz x = ih wahrend der Zeit t = durch
die Funktion
1 ji ? j j = 1
(i; j 2 Z)
(10)
P (ih ? jh; ) = 02 sonst
beschrieben. Es handelt sich hier, wollen wir dem ublichen Sprachgebrauch
folgen, um einen stochastischen Proze, genauer, um eine Markov-Kette mit
abzahlbar vielen Zustanden. Der Proze ist
1. homogen: P hangt nur von der Dierenz i ? j ab.
2. isotrop: P hangt nicht von der Richtung im Raum ab, d.h. P ist invariant gegenuber der Ersetzung (i; j ) ! (?i; ?j ).
24
Allgemein kann man eine Markov-Kette durch ein Paar (P; p) charakterisieren, wobei P = (Pij ) die \U bergangsmatrix" und p = (pi) die Anfangsverteilung beschreibt: pi ist die Wahrscheinlichkeit, dasPTeilchen zur Zeit t = 0
im Zustand
P u nden. Es gilt immer 0 pi 1, i pi = 1, 0 Pij 1
und i Pij = 1. In unserer Situation ist der Zustand mit dem Aufenthalt
im Punkt x = ih gleichzusetzen, und die Matrix P hat die Komponenten
Pij = P (ih ? jh; )
(11)
Diese Matrix ist beidseitig unendlich: ?1 < i; j < 1. Nach Verstreichen
der Zeit n (n 2 N ) errechnen wir die neuen U bergangswahrscheinlichkeiten
als
P (ih ? jh; n ) = (P n)ij
(12)
wobei P n = P P P (n Faktoren) das n-fache Matrixprodukt bezeichnet.
Ist die Position des Teilchens zur Zeit t = 0 mit Sicherheit bekannt, etwa
x = 0, so gilt pi = 0 fur i 6= 0 und p0 = 1. Nach Verstreichen der Zeit
n 0 entsteht daraus die Verteilung P np. Mit anderen Worten, P n ist der
Evolutionsoperator des Systems, und die Zeit ist grundsatzlich nur positiver
Werte fahig.
Die Operatoren
1
0 .. ..
1
0 ..
0 C
0 C
BB . 0. 1
BB 1. 0
CC
C
B
C
B
... ...
CC
CC
L=B
R=B
B
BB . . . . . .
B@
CA
0 1 C
1 0
A
@
.
.
.
..
.. ..
0
0
verschieben das Teilchen nach rechts bzw. nach links um die vorgegebene
Schrittweite h. Es gilt L = R?1, insbesondere also RL = LR. Die unserem
Modell zugrunde liegende U bergangsmatrix P lat sich nun so darstellen:
P = 21 (R + L)
(13)
Eine unmittelbare Folge davon ist
n X
1
n Rk Ln?k
n
(14)
P = 2n
k
k=0
und wir erhalten somit die U bergangswahrscheinlichkeiten nach n Zeitschritten als
n
1
i ? j = k ? (n ? k)
(15)
P (ih ? jh; n ) = 2n k
25
Es ist leicht zu sehen, da die Rekursionsformel
n + 1 n n k = k + k?1
fur die Binomialkoezienten (Pascalsches Dreieck!) mit der Dierenzengleichung
P (x; t + ) = 12 P (x + h; t) + 21 P (x ? h; t)
(16)
identisch ist, wobei wir x = (i ? j )h und t = n gesetzt haben. Die Gleichung
(16) kann wie folgt umgeschrieben werden:
P (x; t + ) ? P (x; t) = h2 P (x + h; t) ? 2P (x; t) + P (x ? h; t) (17)
2
h2
Auch dies ist eine Dierenzengleichung, die aber schon die Nahe zu einer
Dierentialgleichung erkennen lat. Entsprechend unserer Auassung sind
namlich sowohl h als auch mikroskopische Groen. Eine makroskopische
Beschreibung der Zufallsbewegung erzielen wir durch den Grenzubergang
h ! 0, ! 0, wobei die Diusionskonstante
2
D = 2h
konstant gehalten wird. In diesem Limes werden x und t zu kontinuierlichen
Variablen: x 2 R , t 2 R + . Die Gleichung (17) geht in die (eindimensionale)
Diusionsgleichung uber8 :
@ P (x; t) = D @ 2 P (x; t)
(18)
@t
@x2
Diese Gleichung und ihre mehrdimensionalen Varianten sind die Basis der
Einsteinschen Theorie der Brownschen Bewegung. Die Art des Grenzuberganges lat erkennen: Die instantane Geschwindigkeit, namlich der Quotient
h= , besitzt keinen Limes. Vielmehr strebt der Quotient uber alle Werte.
Dieses Verhalten ist dafur verantwortlich, da man dem Brownschen Teilchen keine Geschwindigkeit zuordnen kann. Mathematisch gesehen bedeutet
dies, da die Pfade der Brownschen Bewegung nichtdierentierbare Funktionen der Zeit sind. Eine bedeutende Leistung von Einstein war die Ableitung
der Beziehung D = 2kB T=f (kB =Boltzmann-Konstante, T =Temperatur, f
PP
8 Bei dem U
 bergang zum Kontinuum mu die Funktion P (x; t) mit Hilfe eines zusatz-
lichen
h umnormiert werden, der berucksichtigt, das
R dx P Faktors
(x; t) = 1 ubergeht.
26
i
ij
= 1 in die Bedingung
=Reibungskonstante), die es ermoglichte, die Diusionskonstante D auf makroskopische Groen zuruckzufuhren9 . Fur unsere Zwecke ist diese Beziehung
jedoch nicht von Interesse.
Die Diusionsgleichung ist formal identisch mit der Warmeleitungsgleichung. Der Unterschied liegt lediglich in der Interpretation der Funktion
P (x; t) und der Konstanten D. Ergebnisse, die bei der Diskussion der Warmeleitung erzielt wurden, lassen sich somit ubertragen. Zum Beispiel kennt man
die Losung
2
P0(x; t) = p1 exp ? 4xDt
(t > 0)
(19)
2 Dt
des Anfangswertproblems P0(x; 0) = (x) (das Brownsche Teilchen startet
im Ursprung). Das klassische Theorem von Laplace-De Moivre (Konvergenz
der Binomialverteilung gegen die Gau-Verteilung) sorgt dafur, da im Kontinuumslimes die Gau-Funktion P0 an die Stelle der U bergangswahrscheinlichkeit P tritt:
(x ? x )2 Zx
X
1
dx exp ? 4Dt0
(20)
P (ih ? jh; n ) = p
lim
2 Dt x
x <ih<x
2
1
jh!x0 2
n !t
1
Dies ist, historisch gesehen, der erste bekannt gewordene Fall eines Grenzwertsatzes der Wahrscheinlichkeitstheorie. Das Integral
W (A; t) =
Z
A
dx P0(x; t)
(21)
stellt die Wahrscheinlichkeit dar, da
sich das Teilchen zur Zeit t im Gebiet
R
A R aufhalt. Die Normierung dx P0(x; t) = 1 ist zeitunabhangig und
sorgt dafur, da 0 W (A; t) 1 zu allen Zeiten gilt.
An die Stelle der trivialen Matrixidentitat P nP m = P n+m tritt, bei dem
U bergang zum Kontinuum, die Chapman-Kolmogorov-Gleichung
Z
dx0 P0 (x ? x0 ; t)P0(x0 ? x00 ; t0) = P0(x ? x00 ; t + t0)
(22)
Sie ist Ausdruck der zeitlichen Homogenitat des stochastischen Prozesses.
9 Fur kugelformige Brownsche Teilchen gilt die Stokesche Formel. Mit ihrer Hilfe kann
f durch den Radius des Teilchens und die Viscositat der Umgebung ausgedruckt werden.
Durch Experimente an Brownschen Teilchen kann also die Groe von kB , oder wegen
kB = R=N auch die Avogadro-Zahl N bestimmt werden. Fur die Bestimmung von N auf
diesem Wege erhielt Perrin 1926 den Nobelpreis.
27
2.2 Die d-dimensionale Irrfahrt
Wir verallgemeinern die Betrachtungen des vorigen Abschnittes und kommen
nun zu der Zufallsbewegung eines Teilchens auf dem d-dimensionalen kubischen Gitter (Zh)d mit der Gitterkonstanten h. Eine solche Irrfahrt konnte
{ auf einem zweidimensionalen Gitter { etwa den folgenden Verlauf nehmen:
`` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` ``
``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ```
``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ```
`` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` `` ``
``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ``` ```
`````````````````````
t
t
Betrachten wir zeitliche Entwicklungen dieser Art jedoch aus groer Ferne
und lassen wir dem Teilchen genugend Zeit, sein Irrfahrt durch den Raum
fortzusetzen, so bietet sich ein Bild, das die Gitterstruktur kaum noch erkennen lat. Je feiner das Gitter, umso chaotischer die Bewegung:
28
In der Zeiteinheit hat das Teilchen die Freiheit, in eine der 2d Richtungen des Gitters einen Schritt der Lange h auszufuhren. Die Wahrscheinlichkeit { fur alle Richtungen gleich { ist (2d)?1. Im eindimensionalen Fall war es
bequem, die Matrixnotation fur den U bergang zu verwenden. Im mehrdimensionalen Fall erweist sich die Operatornotation als wesentlich gunstiger, d.h.
anstelle der U bergangsmatrix benutzen wir nun den durch sie induzierten
linearen Operator P :
d
X
1
ff (x + hek ) + f (x ? hek )g
[Pf ](x) =
2d k=1
(23)
Die Ortsvariable x ist hier nur diskreter Werte fahig: x 2 (Zh)d; ek ist der
Einheitsvektor in Richtung
der kten Koordinatenachse, also (ek )i = ki . Ist
P
0 f (x) 1 und x f (x) = 1, so kann f als eine Verteilungsfunktion
fur den Aufenthalt des Brownschen Teilchen zur Zeit t gedeutet werden.
In diesem Fall ware Pf die entsprechende Funktion zur Zeit t + . Es ist
jedoch nicht nur bequem, sondern aus mathematischen Grunden geradezu
zwingend, hier einen groeren Raum von Funktionen f zuzulassen, so da
darin die Spektralzerlegung des Operators P vorgenommen werden kann,
etwa den Hilbertraum
H = ff j Px jf (x)j2 < 1g :
Auf H ist P selbstadjungiert und beschrankt. Die Potenzen P n haben wir
besser im Gri, sobald die Spektralzerlegung von P bekannt ist. Eine FourierTransformation
Z
f (x) =
dp eipxf~(p)
dp = dp1 dpd
B
f~(p) =
h d X
px = p1 x1 + + pd xd
e?ipxf (x)
2 x
leistet das Gewunschte. Das Integrationsgebiet fur den Impuls p ist die erste
Brillouin-Zone
B = fp 2 R d j ? =h pi =h; i = 1; : : : ; dg
(24)
Wir erhalten so:
f ](p) = (p)f~(p)
[Pf
(25)
d
X
(p) = d1 cos(pih)
(26)
i=1
spec P = f(p) j p 2 B g :
(27)
29
Das Spektrum des Operators P ist somit kontinuierlich. Durch
[P nf ](x) =
X
x0
P (x ? x0 ; n )f (x0)
(n 2 N )
(28)
wird P (x ? x0 ; n ) zur Wahrscheinlichkeit fur den U bergang x0 ! x wahrend
eines Zeitintervalls der Lange n . Explizit haben wir:
h d Z
P (x; n ) = 2
dp eipx(p)n
(29)
B
Der Kontinuumslimes besteht nun darin, da wir, wie im vorigen Abschnitt, sowohl die Gitterkonstante h wie auch den Zeitschritt so gegen
Null streben lassen, da dabei die Diusionskonstante
2
(30)
D = 2hd
konstant gehalten wird. Die Brillouin-Zone wachst monoton, bis sie schlielich ganz Rd umfat.
Wir nden fur kleine Werte von h (groe Werte von n = t= ):
(
!)
d
X
1
n
(p) = exp n log d cos pih
t i=1h2
2
4
= exp log 1 ? kpk + O(h )
2d 2
= exp ?Dtkpk + O(h2)
(t > 0)
P
mit kpk2 = i p2i . Die Wahrscheinlichkeit pro Volumen, h?dP (x; t), strebt
daher im Kontinuumslimes gegen die Dichte
Z
dp eipxe?Dtkpk
kxk2 ?
d=
2
(t > 0)
(31)
= (4Dt) exp ?
4Dt
Wiepman sieht, handelt es sich hierbei um eine Gau-Verteilung, deren Breite
wie t anwachst. Genau betrachtet, ist P0(x; t) die Wahrscheinlichkeitsdichte fur den Aufenthalt des Brownschen Teilchens, wenn bekannt ist, da es
zur Zeit t = 0 im Ursprung startete. Als mittlere quadratische Auslenkung,
abhangig von t, bezeichnet man den Erwartungswert von kxk2:
P0(x; t) =
(2)?d
hkxk2i
t
=
Z
2
dx kxk2P0 (x; t) = 2dDt
30
(32)
Die Proportionalitat mit t ist charakteristisch. Bei Beobachtungen unter dem
Mikroskop (eektiv: d = 2) lat sich auf diese Weise leicht die Diusionskonstante bestimmen.
Wir machen die folgende Beobachtung: Obwohl das kubische Gitter nur
eine eingeschrankte Rotationssymmetrie besitzt, stellt der Kontinuumslimes
die volle Rotationssymmetrie des R d wieder her, indem die Dichte P0(x; t)
eine Funktion von des euklidischen Abstandes kxk des Punktes x vom Ursprung ist. Dies ist fur Grenzprozesse dieser Art keineswegs selbstverstandlich
und mu als ein Geschenk betrachtet werden. Es ist leicht, Gegenbeispiele
zu konstruieren. Angenommen, die Spektralfunktion auf dem Gitter sahe so
aus:
P
(p) = 1 ? fd?1 di=1 j sin pihjg2
Diese Funktion ist invariant unter allen Spiegelungen und Rotationen des
Gitters. Im Kontinuumslimes entsteht jedoch ein ungewohnlicher Ausdruck,
P
lim (p)n = expf?D0 t( i jpij)2 g
(D0 = lim h2=(d2) = 2D=d), der die erwartete Rotationssymmetrie vermissen lat.
Kehren wir zum Resultat (31) zuruck. Man uberzeugt sich leicht, da die
Gau-Funktion P0(x; t) die d-dimensionale Diusionsgleichung erfullt:
@ P (x; t) = DP (x; t)
(33)
0
@t 0
Hier bezeichnet den d-dimensionalen Laplace-Operator. Uns interessiert
daran die formale A hnlichkeit mit der Schrodinger-Gleichung eines freien
Teilchens: Wir gelangen von der statistischen Mechanik zur Quantenmechanik, rein formal betrachtet, durch die Einfuhrung einer imaginaren Zeit.
2.3 Imaginare Zeit
Die Schrodinger-Gleichung fur ein freies Teilchen der Masse m = 1 kann so
geschrieben werden, da schon durch die bloe Schreibweise die Einfuhrung
der Variablen it anstelle von t nahegelegt wird:
@
1
(34)
2 = @ (it)
Indem wir bei quantenmechanischen Rechnungen konsequent die imaginare
Zeitvariable it in allen Ausdrucken benutzen, konnen wir etwa die Losung
des Anfangswertproblems in der Form
(x; it) =
Z
d3x0 K (x ? x0 ; it) (x0; 0)
31
(35)
angeben10 , wobei
(2it)?3=2 exp(?(2it)?1x2) t 6= 0
K (x; it) =
3
(36)
(x)
t=0
der Integralkern des unitaren Operators eit=2 ist, der im Falle der Quantenmechanik die zeitliche Evolution von Zustanden beschreibt:
(x; it) = [eit=2 ](x)
(t 2 R )
(37)
(x; 0) = (x)
(38)
Das Erstaunliche angesichts dieser ersten kurzen Liste von Formeln ist, da
tatsachlich an allen Platzen die imaginare Variable it in naturlicher Weise
auftritt, so als ob i und t fur immer untrennbar verbunden sind. Es ist auch
eine bekannte Tatsache, da, indem wir t variieren, die Operatoren eit=2 eine
einparametrige unitare Gruppe beschreiben. Fur den Integralkern bedeutet
dies die Gultigkeit einer Gleichung, die der Chapman-Kolmogorov-Gleichung
vollig analog ist, namlich
Z
d3x0 K (x ? x0 ; it)K (x0 ? x00 ; it0 ) = K (x ? x00 ; it + it0 )
(39)
Gewisse Unterschiede gilt es allerdings im Auge zu behalten:
Die Zeit t ist nicht auf die Halbachse R + allein beschrankt; alle reellen
Werte treten gleichberechtigt auf. Die Zeitrichtung ist umkehrbar. Eine
Richtung, in der die Zeit ablauft, ist schon deshalb aus der Struktur
der Quantenmechanik nicht ableitbar.
Der Integralkern K (x; it) ist nicht positiv, sondern komplex. Er hat
einen oszillatorischen Charakter. Die Schrodinger-Gleichung, im Gegensatz zur Diusionsgleichung, besitzt wellenartige Losungen.
Eine bemerkenswerte Eigenschaft des Kernes K , die in der Streutheorie von
ausschlaggebender Bedeutung ist, weil sie fur die zeitliche Konvergenz der
Streuzustande im Wechselwirkungsbild verantwortlich ist, kommt in der folgenden Formel zum Ausdruck:
jK (x; it)j = j2tj?3=2
(t 6= 0)
(40)
Die daraus resultierende Eigenschaft
j (x; it)j Z
d3x0 jK (x ? x0 ; it)jj
(x0; 0)j = j2tj?3=2
Z
d3x0 j (x0 ; 0)j (41)
10 Es ist zu betonen, da, wo fruher (x; t) stand, jetzt (x; it) geschrieben wird. Eigent-
lich muten wir im Zuge der neuen Auassung auch ein neues Funktionssymbol benutzen.
32
ist unter dem Namen Zerieen des Wellenpaketes bekannt. Sie setzt, wie
man sieht, die Konvergenz des rechten Integrals voraus. Der Exponent -3/2
ist hier charakteristisch fur die Dimension d = 3. Allgemein gesprochen, in
einer d-dimensionalen Quantenmechanik namlich, strebt j (x; it)j wie jtj?d=2
gegen Null, sobald (x; 0) absolut integrabel ist.
Wir kommen nun zu unserem eigentlichen Thema, der Beziehung zwischen der Diusionsgleichung (in drei Dimensionen) und der SchrodingerGleichung, und machen dazu folgende Feststellung:
Die Losung (x; it) der Schrodinger-Gleichung ist Randwert einer analytischen Funktion (x; z) , deniert in der Halbebene <z > 0 und gegeben
durch das Integral
(x; z) =
mit
Z
d3x0 K (x ? x0 ; z) (x0 ; 0)
(42)
x2 ? 2z :
(43)
K (x; z) = (2z)?3=2 exp
Die Bedingung <z > 0 ist fur die Konvergenz des Integrals erforderlich; fur
<z < 0 wurde der Integrand exponentiell anwachsen. Eine Grenzsituation,
die Situation der Quantenmechanik, stellt <z = 0 dar: Hier hangt es von der
Wahl von (x; 0) ab, ob das Integral (42) konvergent ist oder nicht11 . Um
sicher zu gehen, sollte man in jedem Fall (; it) 2 L2 (R 3 ) als Randwert der
zugehorigen analytischen Funktion auassen:
(; it) = lim
(; s + it)
(44)
s#0
In der rechten z-Halbebene eingebettet liegt die rechte Halbachse z = s 0.
Auf ihr verwandelt sich die Schrodinger-Gleichung in die Diusionsgleichung
mit der Diusionskonstanten D = 12 (indem wir die Masse m und ~ wieder
einfuhren: D = ~2=(2m)). Wahrend die zeitliche Evolution in der Quantenmechanik durch eine unitare Gruppe eit=2 beschrieben wird, bilden die
entsprechenden Operatoren es=2 fur die Brownsche Bewegung nur eine Halbgruppe, da sie nicht invertierbar sind und somit die Einschrankung s 0
nicht uberwunden werden kann. Der Verlust der Gruppeneigenschaft bei dem
U bergang it ! s wird jedoch wettgemacht durch zwei wichtige neue Eigenschaften, die wir entlang der Halbachse z = s 0 nden:
1. Der Integralkern K (; s) besitzt eine strikt positive Fourier-Transformierte
(vgl. (1.23)). Fur alle (komplexen) Wellenfunktionen gilt deshalb
Z Z
s
=
2
?
3
=
2
d3x d3x0 (x)K (x ? x0; s)(x0) 0 (45)
(; e ) = (2)
R
11 Die Bedingung (2)?3=2 d3x j (x; 0)j < 1 ist sicher hinreichend fur die Konvergenz.
33
wobei das rechte Gleichheitszeichen nur fur = 0 angenommen wird.
2. Der Integralkern selbst ist striktR positiv: K (x; s) > 0. Aus (x) 0
folgt deshalb stets [es=2 ](x) = d3x0 K (x ? x0 ; s)(x0) 0. Man sagt,
die Halbgruppe es=2 erhalt die Positivitat.
R
3. Der Integralkern ist normiert: (2)?3=2 d3x K (x; s) = 1. Dies hat zur
Konsequenz, da die konstante Funktion (x) = 1 stationar ist.
Der hier vorgetragenen Auassung zufolge benutzen Quantentheorie und
Feldtheorie eine imaginare Zeitvariable it, die statistische Mechanik hingegen
eine reelle Zeitvariable s. Man kann genau so gut auch die umgekehrte Auffassung vertreten. Jedoch, angesichts der pseudo-euklidischen Struktur des
Minkowski-Raumes wurde schon fruhzeitig eine Beschreibung der Feldtheorie nahegelegt, bei der ix0 = x4 gesetzt und mithin die gewohnliche Zeit x0
zugunsten einer rein imaginaren Zeit x4 aufgegeben wurde. Es ist in der Tat
dieser zwei Generationen alte, oft geschmahte Standpunkt, den wir hier zu
neuem Leben erwecken, die Idee der analytischen Fortsetzung benutzend.
Nachdem nun klar geworden ist, da Losungen der Schrodinger-Gleichung
nichts anderes sind als analytische Fortsetzungen von Losungen der Diusionsgleichung und da die Diusionsgleichung die zeitliche Evolution fur
den statistischen Aufenthalt eines Brownschen Teilchens beschreibt, bleibt
zu klaren, wie man die Brownschen Pfade fur die Zwecke der Quantenmechanik nutzbar machen kann. Die Einfuhrung des Pfadintegrals, die unser
Ziel ist, basiert auf der Konstruktion des Wiener-Maes, und dieses verlangt
zuvor eine Diskussion des Wiener-Prozesses.
2.4 Der Wiener-Proze (d=3)
2.4.1 Die Analysis zufalliger Pfade
Ein Brownsches Teilchen mit der Diusionskonstanten D = 12 starte zur Zeit
s = 0 im Punkt x = 0 2 R 3 . Der Ort dieses Teilchens zu einem spateren
Zeitpunkt s > 0 ist eine bestimmte Zufallsvariable, die wir mit Xs bezeichnen. Es ist nicht moglich (d.h. ohne Verwirrung zu stiften), den Ort einfach
mit x oder xs zu bezeichnen, weil das Symbol x immer einen bestimmten Ort
meint, also ein festes oder auch variables Ereignis kennzeichnet12 . Alle Punkte
x 2 R 3 sind eben nur mogliche Werte, die die Zufallsvariable Xs annehmen
kann. Ein wirkliches, also feststellbares oder mebares Ereignis, dem eine
12 In der Sprache der mathematischen Stochastik ist Xs eine Funktion auf dem Raum der Elementarereignisse: dies ist der Raum aller Brownschen Pfade !. Jeder individuelle
Pfad ist eine Funktion ! : R+ ! R3 ; s 7! !(s), und es gilt Xs (!) = !(s).
34
endliche Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann, lautet: Xs 2 A, wobei
A irgendeine mebare Teilmenge des R 3 bezeichnet. Wenn wir den zufalligen Brownschen Pfad zeichnerisch veranschaulichen, so bedeutet ein solches
Ereignis, da der Pfad durch das Fenster A zum Zeitpunkt s hindurchgeht:
Raum
A
s
Zeit !
Die Zufallsvariable Xs gilt als bekannt, sobald fur jedes A R 3 die Wahrscheinlichkeit P (Xs 2 A) deniert ist. Die Vorschrift, die jeder Menge A die
Wahrscheinlichkeit P (Xs 2 A) zuordnet, heit die Verteilung von Xs. Jede
solche Verteilung wird auch ein Wahrscheinlichkeitsma, kurz ein W-Ma
auf dem Raum R 3 genannt.
Im Fall der Brownschen Pfade mit D = 21 gilt, wie im Abschnitt 1.2
erlautert,
Z
P (Xs 2 A) = d3x K (x; s)
(46)
A
mit der im Abschnitt 1.3 angegebenen Dichte K (x; s). Da diese Dichte insbesondere eine Gau-Funktion ist, sagt man, Xs sei Gauisch verteilt und
nennt Xs eine Gauische Zufallsvariable.
Eine Abbildung s 7! Xs, die jedem s 2 R + eine Zufallsvariable Xs zuordnet, nennt man einen stochastischen Proze. Ein solcher Proze ist dann
deniert, wenn eine Vorschrift formuliert ist, die Wahrscheinlichkeit eines
allgemeinen Ereignisses zu berechnen. Ein allgemeines Ereignis hat die Form
Xs 2 A1 und Xs 2 A2 und : : : Xsn 2 An
mit 0 < s1 < s2 < < sn und Ai R 3 , wobei n 2 N beliebig ist. Es
mu also eine Antwort geben auf die Frage mit welcher Wahrscheinlichkeit
passiert ein Brownsches Teilchen, das im Ursprung startete, der Reihe nach
die Fenster A1; : : : ; An zu vorgegebenen Zeiten:
1
2
35
Raum
A1
s1
A3
A2
s2
An
sn Zeit!
s3
Es ist ublich, diese Wahrscheinlichkeit mit P (Xs 2 A1; : : : ; Xsn 2 An) zu
bezeichnen. Es handelt sich hierbei um die gemeinsame Verteilung der n
Zufallsvariablen Xs ; : : : ; Xsn . Die Abbildung A1 An 7! P (Xs 2
A1 ; : : : ; Xsn 2 An) wird dann eine n-dimensionale Verteilung des Prozesses
genannt.
Der stochastische Proze Xs heit Wiener-Proze13, wenn die n-dimensionalen Verteilungen die Form
1
1
1
P (Xs 2 A1; : : : ; Xsn 2 An) =
Z
1
An
n
d3x
Z
A2
d3x
2
Z
A1
d3x1 K (xn ? xn?1 ; sn ? sn?1)
K (x2 ? x1 ; s2 ? s1 ) K (x1; s1)
(47)
haben und wenn fur die Anfangsverteilung gilt: P (X0 2 A) = 1 falls A 3 0
und = 0 sonst. Die Dichte K (x; s) ist die (1.35) angegebene Funktion. Wir
haben uns hier auf die Dimension d = 3 und die Diusionskonstante D = 21
festgelegt. Inhaltlich druckt die Formel (1.39) folgendes aus: die Kenntni
daruber, welchen Ort x1 das Teilchen zur Zeit s1 erreicht hat, reicht aus,
um den weiteren Verlauf der Bewegung im Intervall [s1 ; s2] mit Hilfe der
U bergangswahrscheinlichkeit zu bestimmen. Und dies ist hierbei wesentlich:
der Weg, den das Teilchen bis zum Erreichen seiner Position zur Zeit s1
genommen hat, ist irrelevant fur die weitere Bewegung (Nur der gegenwartige
Zustand, nicht seine Vergangenheit, beeinut die Zukunft). Man sagt auch,
der Proze habe kein Gedachtnis, und nennt Prozesse mit dieser Eigenschaft
Markov-Prozesse. Markov-Prozesse sind somit sehr einfach strukturiert. Wie
auch immer K (x; s) aussehen mag, ein Markov-Proze ist bereits vollstandig
13 So benannt nach dem Mathematiker Norbert Wiener.
36
durch die bedingte Wahrscheinlichkeit
P (Xs0
2 AjXs = x) =
Z
A
d3x0 K (x0 ? x; s0 ? s)
(s0 > s) (48)
und durch die Anfangsverteilung P (X0 2 A) festgelegt. Mit P (Xs0 2 AjXs =
x) bezeichnet man allgemein die Wahrscheinlichkeit fur das Ereignis Xs0 2 A
unter der Voraussetzung Xs = x: das Teilchen startete zur Zeit s in x. Ein
Markov-Proze heit zeitlich homogen, wenn P (Xs0 2 AjXs = x) nur eine
Funktion der Dierenz s0 ? s ist. Der Wiener-Proze ist homogen.
2.4.2 Gauische Prozesse
Es ist moglich die Formel (1.39) sehr viel kompakter zu schreiben und durch
die neue Schreibweise ihre Struktur zu erhellen. Es sei also n fest gewahlt
und x = fx1 ; x2; : : : ; xngT 2 R 3n der Multivektor eines Elementarereignisses.
Wir schreiben auch dx = d3x1 d3x2 d3xn . Durch
2
2
2
xT Qx = xs1 + (xs2 ??xs1 ) + + (xsn ??xsn?1)
(49)
1
2
1
n
n?1
(0 < s1 < s2 < < sn) ist eine positive quadratische Form deniert; Q
selbst ist eine 3n 3n-Matrix. Sie ist reell, symmetrisch und positiv. Man
kann sie durch eine reelle A hnlichkeitstransformation Q = M T DM in Diagonalgestalt bringen:
0
1
0 ?1
1
0
0
BB ?1 1
CC
BB s1 1 (s2 ? s1)?11
M =B
... ... C
...
@
A D = B@
0
?1 1
0
(sn ? sn?1)?11
Wir haben uns hier der Blockdarstellung bedient und mit 1 die 3 3Einheitsmatrix bezeichnet. Da det M = 1 ist, folgt
det Q = det D = [s1 (s2 ? s1) (sn ? sn?1)]?3
(50)
Mit dem cartesischen Produkt A = A1 A2 An konnen wir nun
schreiben:
P (fXs ; Xs ; : : : ; Xsn g 2 A) =
1
2
Q 21 Z
det
dx expf? 12 xT Qxg
2
A
Diese Formel gestattet zwei Verallgemeinerungen unseres Ansatzes:
37
(51)
1
C
C
C
A
1. Q konnte irgendeine nichtsingulare positive Matrix sein. Dann wurde
man immer noch von einer 3n-dimensionalen Gauischen Verteilung
sprechen. Sind alle multidimensionalen Verteilungen eines stochastischen Prozesses Gauisch, so heit er ein Gau-Proze. In diesem
Sinne ist der Wiener-Proze ein spezieller Gau-Proze.
2. Die Teilmenge A R3n konnte eine beliebige (mebare) Menge sein,
also eine, die sich nicht als ein cartesisches Produkt darstellen lat. In
diesem Fall ist das Ereignis fXs ; Xs ; : : : ; Xsn g 2 A nicht mehr mit
einem Ereignis der Art Xs 2 A1 und Xs 2 A2 und : : : Xsn 2 An identisch. Die Rechtfertigung fur diese Verallgemeinerung liegt darin, da
man eine beliebige Menge A immer als Vereinigung disjunkter Mengen schreiben kann, wobei jede dieser Mengen fur sich genommen ein
cartesisches Produkt darstellt (Parkettierung).
1
2
1
2
2.4.3 Unabhangige Zuwachse
Wir kommen nun zu einer einfachen Anwendung der Formel (51) fur n = 2.
Es sei G R 3 ein beliebiges Gebiet und
A = fx1 ; x2 j x2 ? x1 2 Gg R 6
(52)
Wir konnen uns A als einen beidseitig unendlichen Zylinder im sechsdimensionalen Raum vorstellen, dessen Basis die Menge G ist. Die Berechnung des
Wertes von P (fXs ; Xs g 2 A) beantwortet die Frage: Mit welcher Wahrscheinlichkeit nimmt der Zuwachs x2 ? x1 entlang des Brownschen Pfades
zwischen den Zeiten s1 und s2 einen Wert in dem Gebiet G an? Die Vorschrift (51) liefert die Antwort:
1
2
P (Xs ? Xs 2 G) =
2
1
Z
G
d3y K (y; s2 ? s1)
(53)
wobei wir die Substitution
y = x2 ? x1 (anstelle von x2 ) vorgenommen haben,
R
3
und ausnutzten, da d x1 K (x1 ; s1) = 1 ist. Das verbleibende Integral ist
uns gelaug (siehe (1.38)), und damit gilt die Beziehung
P (Xs ? Xs 2 G) = P (Xs ?s 2 G)
2
1
2
(54)
1
sobald 0 s1 s2 . Das Ergebnis in Worten: Die Zufallsvariablen Xs ? Xs
und Xs ?s besitzen die gleiche Verteilung14. Der Versuch, die Geschwindigkeit des Brownschen Teilchens als Zufallsvariable einzufuhren, scheitert. Sei
14 Warnung: Dies sagt nicht, da Xs2 ? Xs1 = Xs2 ?s1 gilt.
2
2
1
38
1
namlich Vs( ) = ?1(Xs+ ? Xs) mit s > 0; > 0. Das Ereignis Vs( ) 2 G
ist mit dem Ereignis Xs+ ? Xs 2 G identisch. Wir berechnen seine Wahrscheinlichkeit:
Z
3=2 Z 3 ?v =2
?x
3
?
(2
)
?
3
=
2
d xe
= 2
P (Vs( ) 2 G) = (2 )
dve
G
G
1 2
2
Die Dichte [=(2)]3=2 exp(?v2 =2) wird fur ! 0 immer acher und breiter:
Es existiert keine Grenzverteilung. Fur das Brownsche Experiment bedeutet
dies, da die genaherte Geschwindigkeit Vs( ) beliebig groe Werte mit immer
groerer Wahrscheinlichkeit annimmt. Sei etwa c die Lichtgeschwindigkeit, so
gibt es ein derart, da P (jVs( )j > c) > 1 ? gilt: Die Wahrscheinlichkeit,
da die Geschwindigkeit des Brownschen Teilchens dem Betrage nach groer
als die Lichtgeschwindigkeit ist, kommt dem Wert 1 beliebig nahe, sofern
man die Zeitdierenz fur die Messung nur beliebig klein macht. Der WienerProze stellt somit eine Idealisierung dar, die { allzu ernst genommen { sogar
wichtige physikalische Prinzipien verletzt.
Wir wollen das eingangs betrachtete Beispiel verallgemeinern. Es sei jetzt
A R 3n durch die Bedingungen xi ? xi?1 2 Gi, i = 2; : : : ; n, deniert. Aus
der Grundformel (51) folgt
P (fXs ; : : : ; Xsn g 2 A) =
1
Yn Z
i=2 Gi
d3y K (y; si ? si?1)
(55)
(0 < s1 < < sn), oder etwas anders geschrieben:
P (Xsi ? Xsi? 2 Gi ; i = 2; : : : ; n) =
1
Yn
i=2
P (Xsi ? Xsi? 2 Gi)
1
(56)
Was bringt diese Identitat inhaltlich zum Ausdruck?
Denition Zwei Zufallsvariablen X und Y heien unabhangig, wenn ihre
gemeinsame Verteilung das Produkt einzelner Verteilungen ist, wenn also
P (X 2 A; Y 2 B ) = P (X 2 A)P (Y 2 B )
fur alle Mengen A; B gilt. Entsprechend deniert man die Unabhangigkeit von
n Zufallsvariablen. Man sagt, ein stochastischer Proze besitze unabhangige
Zuwachse, wenn fur ihn die Formel (56) gilt.
Fazit: Der Wiener-Proze ist ein homogener Gau-Proze mit unabhangigen Zuwachsen.
39
3 Pfadintegrale in der Quantenmechanik
3.1 Das bedingte Wiener-Ma
Wir wollen nun nicht mehr einzelne zufallige Pfade, sondern Mengen solcher
Pfade betrachten und ihnen ein Ma zuordnen, so da einzelne Pfade das
Gewicht Null bekommen, analog der Situation eines euklidischen Raumes, in
dem einzelne Punkte das Volumen Null besitzen.
Fur die Zwecke der Quantenmechanik erweist sich die folgende Mengenkonstruktion als nutzlich. Es sei die Menge aller stetigen Pfade ! : [s; s0] !
R 3 mit ! (s) = x und ! (s0 ) = x0 (0 < s < s0 ). In Worten: Anfangs- und Endpunkt der Pfade sind fest vorgegeben:
Raum
x
!
x0
s
s
s0 Zeit!
s
Wir setzen fest: Die Menge besitzt das Ma
(
) =
Z
d(!) = K (x0 ? x; s0 ? s)
(57)
mit K (x; s) = (2s)?3=2 exp(?(2s)?1x2 ). Welche andere Wahl ware hier
naturlicher? Das Ergebnis ist immer eine Zahl zwischen 0 und 1. Nun gehen wir daran, Teilmengen von zu kennzeichnen und ihnen ein Ma zuzuordnen. Zu diesem Zweck unterteilen wir das Zeitintervall, indem wir n
Zwischenzeiten wahlen:
s < s1 < < sn < s0
Fur jede dieser Zeiten si wahlen wir ein Fenster Ai R 3 und verlangen, da
alle Pfade diese Fenster passieren. Die so bestimmte Menge heie A , wenn
A = A1 An gesetzt wird. Formal:
A = f! 2 j !(si) 2 Ai; i = 1; : : : ; ng
(58)
R
Jede solche Menge erhalt kraft Denition das Ma (
A) = A d(!) =
Z
An
n
d3x
Z
A1
d3x1 K (x0 ? xn; s0 ? sn) K (x1 ? x; s1 ? s)
40
(59)
Die rechte Seite zeigt eine recht enge Beziehung zur bedingten Wahrscheinlichkeit, wie sie im Wiener-Proze auftrat. Es gilt namlich
A)
P (fXs ; : : : ; Xsn g 2 A j Xs = x; Xs0 = x0 ) = (
(60)
(
)
Variiert man A uber alle cartesischen Produkte A1 An , so erhalt man
ein erzeugendes System15 von Teilmengen A . Das Ma lat sich
auf alle mebaren Mengen fortsetzen. Es wird das bedingte Wiener-Ma
genannt. Die Grundmenge und das Ma hangen von x; x0; s; s0 ab. Will
man diese Abhangigkeit betonen, so schreibt man
1
= xx;s0;s0
x0 ;s0
= x;s
Mit Hilfe des Maes deniert man das Pfadintegral
I (f ) =
Z
d(!) f (!) =
Z
(x;s)!(x0 ;s0)
d(!) f (!)
(61)
(62)
fur \geeignete" Funktionen f : ! R . Eine solche Funktion ist etwa die
charakteristische Funktion einer Menge A , wie wir sie oben betrachteten :
1 !2
fA(!) = 0 sonst A
In diesem Fall ist das Pfadintegral sehr einfach zu berechnen,
Z
d(!) fA(!) = (
A) ;
(63)
weil wir hier nur die Denition des Maes benutzten. Die Funktion fA ist
in der Tat sehr speziell. Man kann sie selbst wieder als ein Produkt von
charakteristischen Funktionen schreiben:
fA(!) =
mit
Yn
i=1
Ai (!(si))
(64)
1 x2B
B (x) =
(B R 3 )
0 sonst
und erkennen, da fA nur von endlichen vielen Koordinaten des Pfades !
abhangt, namlich den Positionen !(s1); : : : ; !(sn).
15 Eine beliebige mebare Menge entsteht durch (uneingeschrankte) Durchschnitte und
abzahlbare Vereinigungen solcher Basismengen.
41
Fur eine allgemeine Funktion f ist es nahezu unmoglich, das Pfadintegral zu bestimmen, sei es vermoge einer expliziten Formel oder durch einen
eektiven numerischen Algorithmus. Wenn jedoch f , wie in dem Beispiel,
nur von endlichen vielen Koordinaten des Pfades abhangt, reduziert sich das
Pfadintegral immer auf ein endlichdimensionales Integral16 . Diesen Vorgang
wollen wir nun naher beschreiben. Wir xieren die Zeitpunkte si, variieren
aber P
die Mengen Ai in A = A1 An. Durch endliche Superpositionen
g = A cAfA mit reellen Koezienten cA entstehen stuckweise konstante
Funktionen von !(s1); : : : ; !(sn), und jede stuckweise konstante Funktion
von 3n Variablen kann so geschrieben werden. Aus der Linearitat des Integrals folgt:
Z
X
cA (
A)
AZ
Z
X
d g =
=
=
=
ZA
Z
cA
An
d3xn Z
d3xn d3x1
Z
A1
d3x1 K (x0 ? xn ; s0 ? sn) K (x1 ? x; s1 ? s)
X Yn
A
cA
i=1
Ai (xi)K (x0 ? xn; s0 ? sn) K (x1 ? x; s1 ? s)
d3xn d3x1 g(x1; : : : ; xn)K (x0 ? xn; s0 ? sn) K (x1 ? x; s1 ? s)
Jede stetige Funktion f von 3n Variablen kann durch stuckweise konstante
Funktionen approximiert werden. Durch einen Grenzubergang gewinnen wir
deshalb die folgende Aussage:
Ist die zu integrierende Funktion f : ! R so beschaen, da sie nur
von endlich vielen Koordinaten des Pfades ! abhaRngt, und sind dies die Positionen xi = !(si) 2 R 3 zu den Zeiten si , so gilt d f =
Z
d3x
Z
n
d3x1 f (x1 ; : : : ; xn )K (x0 ? xn ; s0 ? sn) K (x1 ? x; s1 ? s) (65)
unter der Annahme s < s1 < : : : < sn < s0 .
Da n hier eine beliebig groe Zahl sein kann, ist die Sprechweise gerechtfertigt, das Pfadintegral stelle eine Verallgemeinerung des gewohnlichen ndimensionalen Integrals dar, bei der n = 1 ist.
16 Die Dimension eines solchen Integrals kann unter Umstanden so gro sein (z.B. 100),
da auch hier an eine Berechnung nicht zu denken ist.
42
3.2 Approximation durch aquidistante Zeiten
Genauso wie man ein gewohnliches Integral als Limes einer Riemann-Summe
von n Termen fur n ! 1 erklart, gewinnt man das allgemeine Pfadintegral
als Limes eines 3n-dimensionalen gewohnlichen Integrals fur n ! 1. Genauso wie man sich die Berechnung der Riemann-Summe durch Wahl einer
aquidistanten Unterteilung des Integrationsintervalls erleichtert, kann man
die 3n-dimensionalen Integrale durch eine aquidistante Wahl der zeitlichen
Stutzpunkte s1; : : : ; sn spezialisieren. Ein solches Approximationsverfahren
soll kanonisch genannt werden. Wir setzen also
0
sk = s + k ; k = 0; : : : ; n ; = sn +? 1s
und garantieren so, da der Zeitschritt gegen Null strebt, wenn n gro
wird. Eine interessante Situation entsteht, wenn die zu integrierende Funktion
selbst mittels eines Zeitintegrals deniert ist. Etwa so:
( Z s0
f (!) = exp ?
s
dt V (!(t))
)
(66)
Hier ware es namlich moglich, das Zeitintegral durch eine Riemann-Summe
zu approximieren, um so zu Naherungsfunktionen fn zu gelangen, die nur
von endlich vielen Koordinaten des Pfades ! abhangen:
( X
n
fn(!) = exp ?
k=0
)
V (!(sk ))
(67)
Auf diese Weise erhalten wir das Integral der Funktion f uber alle Pfade
(x; s) ! (x0 ; s0):
Z
d f =
Z
lim d fn
n!1
Z
Z
= nlim
d3xn d3x1 K (x0 ? xn ; )e?V (xn) K (xn ? xn?1 ; )
!1
e?V (x ) K (x2 ? x1 ; )e?V (x ) K (x1 ? x; )e?V (x)
2
1
Die Interpretation dieser Formel gestaltet sich sehr einfach, wenn wir zu dem
Operatorkalkul zuruckkehren. Es ist hierfur nur notig, sich daran zu erinnern,
da K (; ) der Integralkern des Operators e =2 war. Wenn wir dann noch
den Multiplikationsoperator
( 2 L2(R 2 ))
[V ](x) = V (x)(x)
43
(68)
einfuhren und also [e?V ](x) = e?V (x) (x) gilt, so erkennen wir leicht, da
fur jedes n 1 der Operator
?
Tn = e =2e?V n+1
(69)
den Integralkern
Tn
(x0; x) =
Z
(x;s)!(x0 ;s0)
d(!) fn(!)
(70)
besitzt. Wenn wir jetzt noch glaubhaft machen konnen, da der Operatorlimes T = lim Tn existiert und daruberhinaus auch noch
T = e?(s0 ?s)H
H = ? 21 + V
(71)
gilt, so ware ein Zusammenhang mit einem quantenmechanischen Problem
hergestellt, bei dem ein Teilchen sich in dem Potential V (x) bewegt. Vorsicht
ist geboten: nicht jedes Potential fuhrt auf ein sinnvolles Pfadintegral. Durch
geeignete Bedingungen mu erreicht werden, da die Funktion exp(?V (x))
nirgendwo im Raum zu stark anwachst. Dies ist auf jeden Fall gewahrleistet,
wenn das Potential von unten beschrankt ist: V (x) > ?c. Notfalls mu das
Potential regularisiert werden, bevor es in ein Pfadintegral eingesetzt wird.
3.3 Die Feynman-Kac-Formel
Das Problem, das sich uns stellt, kann allgemein so formuliert werde: Gegeben
zwei Operatoren A und B , welchen Limes besitzt die Folge
?eA=neB=nn
(72)
fur n ! 1 ? Kommutieren die Operatoren miteinander, so ist die Folge
unabhangig von n, namlich gleich eA+B , und dies ware zugleich auch ihr
Limes. Nun kann man in der Tat unter sehr allgemeinen Voraussetzungen
die Gultigkeit der Trotter-Produktformel
?
eA+B = nlim
eA=neB=n
!1
n
(73)
beweisen, ohne da [A; B ] = 0 erfullt sein mu.
Der einfachste Beweis benutzt die Voraussetzung, da sowohl A als auch
B beschrankte Operatoren sind:
kAk = sup kAk < 1
kk=1
kB k = sup kBk < 1
kk=1
44
Auf diesen Beweis wollen wir naher eingehen. Zur Abkurzung setzen wir
C = eA=n+B=n
D = eA=neB=n
Dann gilt
kC k expf n1 kA + B kg expf n1 (kAk + kB k)g
kDk keA=nk keB=nk expf n1 kAkg expf n1 kB kg = expf n1 (kAk + kB k)g
Die Trotter-Formel ist bewiesen, wenn gezeigt ist, da kC n ? Dnk fur wachsendes n gegen Null strebt. Dies beweisen wir, indem wir zunachst schreiben
C n ? Dn =
n
X
k=1
C k?1(C ? D)Dn?k
(74)
und dann diese Summe termweise abschatzen:
kC n ? Dnk
n
X
k=1
kC kk?1kC ? Dk kDkn?k
nkC ? Dk exp n?n 1 (kAk + kB k)
nkC ? Dk exp f(kAk + kB k))
Nun besitzen C und D konvergente Entwicklungen nach n1 , so da wir die
Darstellung besitzen:
C ? D = n1 R
R = 12 [B; A] + O( n1 ) :
2
(75)
Da R ein beschrankter Operator ist, gilt kC ? Dk = O(n?2) und somit
kC n ? Dnk = O(n?1), was den Beweis vollendet.
Jetzt sei A = (s0 ? s)=2 und B = ?(s0 ? s)V , also A + B = ?(s0 ? s)H
unter den Bezeichnungen des letzten Abschnittes. Ebenso gilt
?
Tn?1 = eA=n eB=n
n
(76)
fur den dort eingefuhrten Operator Tn. Zwar sind A und B in diesem Fall
nicht beschrankt, die Trotter-Formel gilt dennoch unter der Voraussetzung
V (x) > ?c, wie man mit etwas mehr Aufwand beweisen kann, und somit
erhalten wir
?(s0 ?s)H
T = nlim
T
=
e
(s0 > s)
(77)
n
!1
Nun haben wir schon gesehen, da der Integralkern des Operators T sich als
ein Pfadintegral darstellen lat, und gelangen so zu dem Schlu:
45
Theorem Fur ein von unten beschranktes Potential V (x) und den HamiltonOperator H = ? 21 + V besitzt der Operator e?(s0 ?s)H mit s0 > s den Integralkern
e?(s0?s)H (x0 ; x) =
( Z s0
Z
(x;s)!(x0 ;s0)
d(!) exp ?
s
dt V (!(t))
)
(78)
(Feynman-Kac-Formel). Das Pfadintegral erstreckt sich uber alle Brownschen
Pfade von (x; s) nach (x0 ; s0 ).
Was hier als Integralkern bezeichnet wurde, nennen manche Autoren die

\Ubergangsamplitude" und schreiben hierfur suggestiv
hx0; s0jx; si := e?(s0 ?s)H (x0 ; x)
(79)
Gewohnliche eindimensionale Integrale konnen in vielen Fallen ausgewertet
werden, ohne da man zu einem numerischen Verfahren greifen mu. Davon
zeugen die umfangreichen Integraltafeln. Mehrdimensionale Integrale sind
nur selten in geschlossener Form angebbar; hier ist oft die numerische Integration das einzige methodische Werkzeug, um zu konkreten Zahlen zu gelangen.
Explizite Ausdrucke fur Pfadintegrale sind eine Raritat, und schlimmer noch,
auch die numerischen Standardverfahren versagen. Ein geschlossen angebbares Pfadintegral erhalt man fur den Fall des harmonischen Oszillators in d
Dimensionen (Mehlersche Formel). Die allgemein ubliche Herleitung macht
jedoch nicht von dem Pfadintegral Gebrauch, sondern benutzt die Operatortechnik17 . Fur d = 3 und V (x) = 21 k2x2 werden wir im Abschnitt 2.4 die
Mehlersche Formel mit der Pfadintegralmethode herleiten. Dort erhalten wir,
die Abkurzung = k(s0 ? s) benutzend:
Z
(x;s)!(x0 ;s0 )
d(!) exp
(
? 12 k2
Z s0
s
dt !(t)2
)
k 3=2 k(x2 + x02) kxx0 =
+
exp ?
(80)
2 sinh 2 tanh sinh Die Formel lat erkennen, da { wie zu erwarten war { die linke Seite als
Funktion von eine analytische Fortsetzung in die Halbebene < > 0 gestattet. Singularitaten treen wir entlang der imaginaren Achse.
17 Die Methode ist in Glimm/Jae Quantum Physics, Ch.1.5 dargestellt.
46
Fur manche Fragen ist die analytische Fortsetzung zu imaginaren Zeiten
nicht erforderlich, ja sogar hinderlich. Ein Beispiel: der Hamilton-Operator
H habe einen (eindeutigen normierten) Grundzustand 0(x) mit der Energie
E0 . Das ubrige Spektrum beginne bei E1 > E0 . Wir interessieren uns fur
die Groe von E0 und die Gestalt der Wellenfunktion 0(x). Wir gewinnen
beides durch das Studium des asymptotischen Verhaltens eines Pfadintegrals
fur groe reelle Zeiten:
hx0; s0jx; si = 0(x0 )0(x)e?(s0 ?s)E + O(e?(s0?s)E )
s0 ? s ! 1
(81)
Eine entsprechende asymptotische Darstellung existiert nicht bei Benutzung
imaginarer (d.h. physikalischer) Zeiten.
Die Denition des Pfadintegrals garantiert, da die U bergangsamplitude
eine nichtnegative Groe ist. Sie ist sogar strikt positiv in den Bereichen, wo
das Potential von oben beschrankt ist; +1 ist ja ein zulassiger Wert fur das
Potential. Also gilt insbesondere
0 (x0)0(x) 0
(82)
0
1
fur alle x; x0 . In (82) konnen wir das Zeichen durch > ersetzen in solchen
Punkten, in denen das Potential nicht den Wert +1 annimmt. Dies alles
sagt, da nach Korrektur durch eine konstante Phase sogar 0(x) 0 gilt,
genauer:
0(x) > 0
0(x) = 0
falls
falls
V (x) < +1
V (x) = +1
(83)
(84)
In Worten:
Der Grundzustand wird durch eine reelle nichtnegative Wellenfunktion reprasentiert. Sie kann also auch keine \Knoten" besitzen.
Die genannten Tatsachen sind leicht anhand der Mehlerschen Formel fur den
harmonischen Oszillator uberprufbar. Aus (80) folgt fur ! 1
hx0 ; s0jx; si k 3=2
?
expf? 12 kx02 ? 21 kx2g
(85)
e
( = k(s0 ? s)), so da erwartungsgema Grundzustand und Grundenergie
die Form haben:
0(x) = (k=)3=4 e?kx =2
2
47
E0 = 23 k
(86)
Wenn es so schwer ist Pfadintegrale zu berechnen, welche Vorteile und welchen wissenschaftlichen Wert hat dann die Darstellung quantenmechanischer
Groen durch solche Integrale? Der Hauptvorteil liegt wohl darin, da Integrale sich besser approximieren, umformen und abschatzen lassen lassen als
Groen, die nur durch einen Existenzbeweis und sonst nichts gegeben sind.
Nicht zuletzt eronet die Darstellung durch Pfadintegrale die Moglichkeit,
neuartige numerische Verfahren (Monte-Carlo-Methoden) zu ihrer Auswertung einzusetzen. Die mathematische Analyse des Konvergenzverhaltens dieser Methoden steckt noch in den Kinderschuhen. Auf einer Grorechenanlage
konnen solche Verfahren jedoch sehr ezient sein, und die Leistungsfahigkeit
wird sich in naher Zukunft betrachtlich steigern lassen, so da es bald Bibliotheksprogramme fur quantenmechanische Rechnungen auf der Basis der
Brownschen Bewegung geben wird.
Wir haben die Feynman-Kac-Formel nur fur den Fall eines einzelnen Teilchens in einem aueren Potential diskutiert. Probleme von n Teilchen mit
den Massen m1 ; : : : ; mn unter dem Einu von Relativkraften und aueren
Kraften lassen sich mit der gleichen Methode behandeln. In einem solchen
Fall geht man zweckmaig von einem, dem Problem angepaten anisotropen
3n-dimensionalen Wiener-Proze aus, der zur Diusionsgleichung
n
@ f (x; s) = X
1 f (x; s)
i
@s
k=1 2mi
(87)
gehort. Hier ist es sinnvoll, den Multivektor x = fx1; : : : ; xngT 2 R 3n und
eine Massenmatrix M durch
xT Mx =
n
X
k=1
mk x2k
einzufuhren. Dem System ist ein einziges Potential V (x) und ein ktives
Brownschen Teilchen in 3n Raumdimensionen zugeordnet, dessen Propagator
die folgende Gau-Funktion ist:
M 12 xT Mx KM (x; s) = det
exp ?
(88)
2s
2s
In unseren fruheren Betrachtungen war die Diusionskonstante D eine einzige
Zahl; wir konnten sie zu D = 12 normieren. Angesichts eines Problems von n
Teilchen erscheint D durch die Matrix 21 M ?1 ersetzt, und wir haben es mit
n Diusionskonstanten (2mk )?1 zu tun. An der aueren Form der FeynmanKac-Formel andert sich jedoch uberhaupt nichts.
48
3.4 Zwei Anwendungen
Die Nutzlichkeit der Feynman-Kac-Formel soll an Beispielen demonstriert
werden. Zuerst zeigen wir, wie der Operatorformalismus der Quantenmechanik in der Lage ist, bestimmte Fragen, die innerhalb der Theorie der
Brownschen Bewegung selbst entstehen, denitiv zu beantworten. Ein zweites Bespiel soll dann erlautern, wie umgekehrt aus dem Pfadintegral eine
interessante Ungleichung fur die Quantenmechanik gewonnen werden kann.
3.5 Die Brownsche Rohre
Ein Brownsches Teilchen (Dimension d = 3, Diusionskonstante D = 21 )
starte zur Zeit s im Inneren einer Kugel jxj < a. Wir mochten die Wahrscheinlichkeit bestimmen, mit der es die Raumzeit-Rohre jxj a; s < t < s0
passiert. Dies entspricht der Diusion eines Teilchens in einem Gas, einer
Flussigkeit oder einem Festkorper, wenn das Teilchen von der umgebenden
kugelformige Wand absorbiert wird, sobald es in diese einzudringen versucht.
Mit bezeichnen wir wie fruher die Menge aller Pfade ! mit !(s) = x und
!(s0) = x0 und mit das bedingte Wiener-Ma. Wir sind zunachst aufgefordert, das Ma (
a ) der Menge
a = f! 2 j j!(t)j a; s t s0g
(89)
zu bestimmen und dann das Ergebnis uber die moglichen Werte von x0 zu
integrieren. In der Menge a sind oenbar unendlich viele Koordinaten des
Pfades ! von der Beschrankung a betroen: wir haben es deshalb in diesem Beispiel mit der Darstellung von (
a ) durch ein Pfadintegral zu tun,
das sich nicht durch ein endlichdimensionales gewohnliches Integral reprasentieren lat. Wir losen dieses Problem durch Analyse des zugeordneten quantenmechanischen Problems eines Teilchens der Masse 21 in dem Potential
0 jxj a
(90)
V (x) = +1 jxj > a
Denn mit dieser Festsetzung gilt
( Z s0
) ! 2 a
exp ? dt V (!(t)) = 01 sonst
(91)
s
und wir konnen schreiben:
)
(
(
a) =
Z
(x;s)!(x0 ;s0 )
d(!) exp ?
= e?(s0 ?s)H (x0 ; x)
49
Z s0
s
dt V (!(t))
setzen. Der Hamilton-Operator H = ? 21 + V besitzt ein rein diskretes
Spektrum bestehend aus den Energiewerten En` = 21 2n`a?2 . Die zugehorigen
normierten Eigenfunktionen sind
n`m(x) =
cn` =
Z
0
c?n`1=2j` (n`r=a)Y`m(; ) jxj < a
0
jxj a
a
r2dr j` (n`r=a)2
(92)
(93)
(n = 1; 2; : : : ; ` = 0; 1; : : : ; m = ?` m `; r; und sind die Polarkoordinaten von x). Die spharischen Bessel-Funktionen j`(z) sind oszillierende
Funktionen von z > 0. Ihre Nullstellen haben wir mit n` bezeichnet:
j`(n`) = 0 0 < 1` < 2` < (94)
Wir setzen t = s0 ? s und gewinnen so die Darstellung
X
e?tH (x0 ; x) = n`m(x0 )n`m(x) expf?t(2a2 )?12n`g
n`m
Die nachfolgende Integration uber x0 projiziert den ` = 0-Anteil heraus:
Z
d3x0 e?tH (x0 ; x)
=
In =
Nun gilt
und somit
1
X
c?n01 j0 (n0r=a)In expf?t(2a2 )?12n0g
Zn=1a
0
(r < a)
r2dr j0 (n0r=a)
j0 (z) = sinz z
n0 = n
2 Z a
3
a
cn0 = n2 2 dr [sin(nr=a)]2 = 2na22
0
Z
a a rdr sin(nr=a) = (?1)n+1 a3
In = n
n22
0
Das Resultat ist die Formel
n2 2 Z
1
X
sin(
nr=a
)
3
0
?
tH
0
n
+1
d x e (x ; x) =
2(?1)
exp ?t 2a2
nr=a
n=1
=: Pa (r; t)
50
(r < a)
Sie enthalt eine Variante des Jacobischen Thetafunktion. Dieses Ergebnis ist
zu vergleichen mit der unbehinderten Irrfahrt:
P1(r; t) =
Z
d3x0 e?tH0 (x0 ; x) =
Z
d3x0 K (x0 ? x; t) = 1
Folglich ist Pa (r; t) die Wahrscheinlichkeit, da das Brownsche Teilchen nach
einer Zeitspanne t noch nicht absorbiert wurde. Startet das Teilchen am Rand
(r = a), so hat es uberhaupt keine U berlebenschance: Pa (a; t) = 0. Fur r = 0
erreicht die Wahrscheinlichkeit bei festem t ihr Maximum. In jedem Fall
klingt die Wahrscheinlichkeit exponentiell mit der Zeit ab, namlich wie e?t= ,
wobei = 2(a=)2 = 1=E10 die Lebensdauer darstellt. Fur eine allgemeine
Diusionskonstante D erhalten wir die Lebensdauer
2
a
= 2D
(95)
Die Diskussion lat zugleich den allgemeinen Sachverhalt erkennen:
Die Lebensdauer eines Brownschen Teilchens fur die Bewegung in
einem Gebiet mit absorbierenden Randern ist die inverse Energie des Grundzustandes eines zugeordneten quantenmechanischen
Problems.
Die Losung eines dynamischen Problems (Lebensdauer) ergibt sich somit aus
der Losung eines statischen Problems (Energie).
3.6 Die Golden-Thompson-Symanzik-Schranke
Wir benotigen eine kurze Vorbetrachtung rein mathematischer Art uber konvexe Funktionen.
51
Eine reelle Funktion f (u) mit u 2 I R heit konvex in einem Intervall I , wenn
gilt:
f (u + (1 ? )u0) f (u) + (1 ? )f (u0)
fur alle u; u0 2 I und 0 1. Aus dieser einfachen Eigenschaft folgt durch
Induktion
X
X
f ( iui) if (ui)
P
fur alle ui 2 I und 0 i 1, so da i = 1. Indem wir von Summen zu
Integralen ubergehen, erhalten wir die Ungleichung von Jensen
1 Z s
1Z s
f s dt g(t) s dt f (g(t))
0
0
gultig fur jede integrierbare Funktion g : R + ! I und alle s > 0.
Durch eine einfache Translation aller Pfade ! : (x; 0) ! (x + a; s) um den
Vektor ?x ist es moglich, die Feynman-Kac-Formel so zu schreiben, da
man darin genau uber diejenigen Pfade integriert, die im Ursprung beginnen.
Hierdurch tritt eine gewisse Vereinfachung ein:
e?sH (x + a; x) =
Zs
Z
(0;0)!(a;s)
d(!) exp ?
0
dt V (x + !(t))
(96)
Um die Ungleichung von Jensen anzuwenden, setzen wir f (u) = e?u und
g(t) = sV (x + !(t)). Also gilt
Zs
1Z s
exp ? dt V (x + !(t)) s dt e?sV (x+!(t))
(97)
0
0
Nun wollen wir annehmen, da H ein rein diskretes Spektrum besitzt mit Eigenwerten En, n = 0; 1; 2; : : :, die nach +1 streben. Eine Groe, die uns eine
komplette Auskunft uber alle Eigenwerte gibt (gewissermaen die erzeugende
Funktion dieser Eigenwerte), ist die Spur des Operators e?sH :
Spur e?sH
=
1
X
n=0
e?sEn
R
Zugleich gilt Spur e?sH = d3x e?sH (x; x). Dieses Integral schatzen wir durch
die Jensen-Ungleichung nach oben ab und andern die Reihenfolge der entstehenden Integrale:
Z Z
Zs
1
?
sH
3
Spur e
dx
d(!) s dt e?sV (x+!(t))
(0;0)!(0;s)
0
52
Z
Zs Z
1
=
d(!) s dt d3x e?sV (x+!(t))
Z0 s Z
Z(0;0)!(0;s)
1
=
d(!) s dt d3x e?sV (x)
0
(0;0)!(0;s)
Z
= K (0; s) d3x e?sV (x)
mit dem Ergebnis
Spur e?sH
(2s)?3=2
Z
d3x e?sV (x)
(s > 0)
(98)
(Golden-Thompson-Symanzik-Ungleichung). Wir testen die Gute dieser Schranke an dem Beispiel des harmonischen Oszillators H = ? 12 + 21 k2x2 . Die
Eigenwerte sind E (n1; n2 ; n3) = (n1 + n2 + n3 + 3=2)k (ni 0), so da
Spur e?sH =
(X
1
n=0
e?(n+1=2)sk
)3
= [2 sinh(sk=2)]?3
Als obere Schranke erhalten wir gema (98):
(2s)?3=2
Z
d3x e?sk x =2 = (sk)?3
2 2
Wie man sieht, beruht die GTS-Ungleichung in der speziellen Situation des
harmonischen Oszillators auf der sehr einfachen und oensichtlichen Ungleichung u sinh u fur u = sk=2. Die Schranke wird umso schlechter, je groer
s ist.
R
Indem man (2s)?3=2 = (2)?3 d3p expf? 21 sp2g schreibt und auf diese
Weise die Impulsvariable p 2 R 3 einfuhrt, kann man der GTS-Ungleichung
(98) eine uberraschende neue Form geben:
Spur e?sH
(2)?3
Z
d3pd3q e?sH^ (p;q)
(99)
mit der klassischen Hamilton-Funktion H^ (p; q) = 21 p2+V (q) und dem LiouvilleMa d3pd3q. Durch Wiedereinfuhrung von ~ und h = 2~ entsteht dann
Spur e?sH
h?3
Z
d3pd3q e?sH^ (p;q)
(100)
(s besitzt die Dimension (Energie)?1). Das dimensionslose Ma h?3d3pd3q
mit das Phasenraumvolumen eines klassischen Teilchens in Einheiten von
h3 .
53
Die vorstehenden Betrachtungen galten einem einzelnen Teilchen aus Grunden
der Einfachheit. Angesichts eines Hamilton-Operators H fur n Teilchen mit
den Massen mi und dem Potential V (x) mit x = fx1 ; : : : ; xng 2 R3n benutzen
wir die Massenmatrix M , wie auf Seite 24 eingefuhrt, und den allgemeinen
Propagator KM (x; s) fur ein Brownsches Teilchen in 3n Dimensionen. Ist
e?sH ein Spurklasse-Operator, so gilt mit dem gleichen Argument wie oben
Spur e?sH
Z
KM (0; s) dx e?sV (x)
(101)
mit dx = d3x1 d3xn. In einer mehr expliziten Schreibweise:
Spur e?sH
M 21 Z
det 2s
dx e?sV (x)
(102)
(verallgemeinerte GTS-Ungleichung) . Auch in der allgemeinen Situation
konnen wir die Determinante durch ein Gau-Integral ersetzen, um so die
kinetische Energie in Erscheinung treten zu lassen, die sodann durch das
Potential zur klassischen Hamilton-Funktion erganzt wird:
Spur e?sH
dpdq =
H^ (p; q) =
h?3n
Yn
i=1
n
Z
dpdq e?sH^ (p;q)
(103)
d3pid3qi
X p2i
+ V (q1; : : : ; qn)
2mi
i=1
(104)
Vorsicht ist geboten, falls es sich hierbei um n identische Teilchen handelt.
Denn die Spur bezieht sich immer auf den Hilbertraum aller Zustande, ohne
Rucksicht auf Einschrankungen, die uns der Bose- oder Fermi-Charakter der
Teilchen auferlegt. Bezeichnen wir mit Spure?sH die Spur bezuglich des
Unterraumes aller symmetrischen (+) bzw. antisymmetrischen ({) Zustande,
so folgt aus der Invarianz von H unter Permutationen der Teilchenvariablen
Spur e?sH Spur e?sH
(105)
und somit
Z
1
?
H
(106)
Spure h3n dpdq e?H^ (p;q) =: Z^n( )
Hier haben wir s durch die Variable = (kB T )?1 ersetzt, um auf mogliche
Anwendungen in der statistischen Mechanik hinzuweisen, bei denen T die
Rolle der Temperatur ubernimmt. Das W-Ma
dn (p; q) = Z^n?1h?3n dpdq e?H^ (p;q)
54
deniert einen Zustand des klassischen Vielkorpersystems aus n identischen
Teilchen, den man das kanonische Ensemble nennt. Die Normierungskonstante Z^n( ) ist als die klassische Zustandssumme (engl. partition function)
bekannt. Man deniert auch quantenmechanische Zustandssummen:
Zn;( ) = Spure?H
(107)
Die Ungleichung (106) vergleicht also Zustandsummen miteinander. Bekanntlich sind Zustandssummen ein geeignetes Hilfsmittel zur Konstruktion thermodynamischer Funktionen (alle Konstruktionen, die auf der Zustandssumme basieren, machen keinen Unterschied zwischen Bose-, Fermi- und klassischen Systemen). Wir denieren die freie Energie Fn und die freie Energie
pro Teilchen, f , (auch Helmholtz-Energie genannt) durch
f^ = nlim
n?1F^n( )
!1
f = nlim
n?1Fn;( )
!1
e?F^n() = Z^n( )
e?Fn;() = Zn;( )
und erhalten die Ungleichung f( ) f^( ) als Folge von (106). Eine andere fundamentale thermodynamische Funktion ist die Entropie pro Teilchen
s(E ) in Abhangigkeit von der Energie E . Sie ist in allen Situationen als die
Legendre-Transformierte der Funktion f ( ) denierbar:
s^(E ) = supfE ? f^( )g
(108)
s(E ) = supfE ? f( )g
(109)
Aus der Ungleichung fur die Helmholtz-Energien folgt schlielich s(E ) s^(E ):
Sowohl fur ein Bose- als auch ein Fermi-Gas wird die quantenmechanische Entropie durch die klassische Entropie bei gleicher
Energie majorisiert.
U ber die Natur der Wechselwirkung haben wir nahezu nichts annehmen
mussen. Alle Abschatzungen durch die klassischen Groen werden umso
schlechter, je niedriger die Temperatur T bzw. die Energie E ist. In der
Nahe des absoluten Nullpunktes spielen Quanteneekte die grote Rolle.
55
3.7 Zur statistischen Mechanik klassischer Spinsysteme
Unser Ziel in diesem Abschnitt wird sein, die Beziehung der Feynman-KacFormel zur statistischen Mechanik aufzuzeigen. Hierbei kommen klassische
ferromagnetische Spinsysteme auf einem eindimensionalen Gitter in das Blickfeld. Der \Spin" jedoch erweist sich als eine recht ungewohnliche Zustandsvariable und tragt diesen Namen nur aus Grunden der Analogie zu entsprechenden Modellen der Festkorperphysik. Die hier zu diskutierenden Gitter
sind eindimensional, weil nur die Zeitachse in ein solches Gitter verwandelt
wird.
Ausgangspunkt ist eine Aufteilung des Zeitintervalls [s; s0] in n +1 gleiche
Teilstucke der Lange , wie im Abschnitt 2.2.1 besprochen: s0 ? s = (n + 1) .
Unser Modell soll ein N -Teilchensystem mit der Massenmatrix M und dem
Potential V sein. Wir setzen = fx1 ; : : : ; xN gT 2 R 3N und benutzen Pfade
eines ktiven Brownschen Teilchens in 3N Dimensionen mit dem Propagator
M 12 T M KM (; s) = det 2s exp ? 2s
;
(110)
so da fur die U bergangsamplitude gilt:
h 0; s0j; si =
Z
Z
lim dn d1
n!1
Yn
j =0
KM (j+1 ? j ; )e?V (j )
(111)
mit den Randbedingungen
0 = ; n+1 = 0
(112)
Ohne Potential erhalten wir selbstverstandlich
h 0; s0j; si = KM ( 0 ? ; s0 ? s)
(113)
Die Grundidee ist, die in (111) enthaltene Vorschrift n ! 1 als den thermodynamischen Limes (=U bergang zu einem unendlich groen Volumen) eines
Spingitters aufzufassen, bestehend aus den \Gitterpunkten" i = 0; 1; 2; : : :; n+
1 und besetzt mit den \Spinvariablen" i 2 R 3N , wobei die Randspins 0 und
n+1 auf feste Werte gesetzt sind. Das 3nN -dimensionale Integral in (111)
interpretieren wir als \Zustandssumme" des endlich ausgedehnten Systems.
Das Konstruktionsprinzip wird klarer, wenn wir (111) anders schreiben:
h 0; s0j; si =
lim
n!1
Z
Y ?
e?In(1 ;:::;n) det M
n
i=1
56
2
1=2 d
i
(114)
mit
n X
In(1; : : : ; n) = 21 viT Mvi + V (i)
vi = i+1? i (115)
i=0
Durch die Schreibweise ist bereits angedeutet, da wir vi als eine zeitlich diskrete Version der Geschwindigkeit des Brownschen Teilchens zum Zeitpunkt
s+i auassen, dem wir daruberhinaus die kinetische Energie 21 viT Mvi zuordnen. Im Limes n ! 1 strebt der Zeitschritt gegen Null. In einem formalen
Sinne strebt deshalb In gegen das Zeitintegral der klassischen Energie unseres
Ausgangssystems,
I (!) = nlim
I =
!1 n
Z s0
s
dt f 21 !_ (t)T M !_ (t) + V (!(t))g ;
(116)
und I (!) liee sich als die klassische Wirkung entlang des Pfades ! interpretieren. Es ist uns jedoch verwehrt, den Limes n ! 1 an In selbst auszufuhren, weil ein typischer Pfad der Brownschen Bewegung keine Ableitung
!_ besitzt. Zudem besitzt das Ma
Yn ? M 1=2
det
d
2
i=1
i
keinen Limes18 fur n ! 1. Es ist also wesentlich sicherer, anstelle des Wirkungsintegrals eine Wirkungssumme En zu denieren, die in jedem Fall wohldeniert ist. Da wir dann aber genotigt sind, einen festen Zeitschritt (hier =1)
zu wahlen, erweist es sich als notwendig, eine variable Kopplungskonstante
einzufuhren:
En() =
n+1
X
i=0
V (i) +
n
X
1
i=0
T
2 (i+1 ? i ) M (i+1 ? i )
;
(117)
Indem wir namlich
0
n?1 = 1n=2 = = sn +? 1s ;
(118)
setzen, erzielen wir die Identitat nEn(n) = In + V ( 0). Fur groe Werte
von n ist der Zusatzterm V ( 0) vernachlassigbar.
Dem Ausdruck (117) konnen und wollen wir jetzt eine vollig neue Interpretation geben: En() sei die Energie eines ktiven Spinsystems mit den
Spinvariablen i. Der erste Term ist eine Summe uber gleichlautende Beitrage
18 Es existiert keine Analogon des Lebesgue-Maes (d.h. kein translationsinvariantes
Ma) in Raumen unendlicher Dimension.
57
der individuellen Spins, also eine Summe uber die Gitterpunkte. Der zweite
Term dagegen stellt eine Summe uber Energien dar, bei denen jeweils zwei
benachbarte Spins beteiligt sind. Dieser Term kann folglich als eine Summe uber die Gitterkanten aufgefat werden und beschreibt die \Zweikorperkrafte" des Spinsystems. Wenn man von den Randpunkten 0 und n + 1 des
Gitter absieht, sind die Beitrage zur Energie, die von den Gitterpunkten
und Gitterkanten kommen, uberall im Gitter gleich: das unendlich ausgedehnte System ist translationsinvariant. Diese Tatsache spiegelt die zeitliche
Homogenitat des quantenmechanischen Ausgangssystems wieder und wurde
verlorengehen, wenn das N -Korperpotential V ( ) zeitabhangig ware.
Indessen ist die Beschreibung des Spinsystems durch Angabe der Energien
nicht vollstandig. Wir benotigen noch die Vorgabe des a-priori-Maes d( ),
das uns sagt, mit welchem Gewicht die verschiedenen Werte des Spins {
unabhangig vom Gitterpunkt { in der Zustandssumme berucksichtigt werden
sollen. Es liegt nahe, hierfur das Lebesgue-Ma zu wahlen, d.h. wir setzen
d( ) = d . Die Zustandsumme unter den Randbedingungen (112) hat jetzt
die Form
Z
Yn
0
?
E
(
)
n
Zn(; ; ; ) = e
di
(119)
i=1
Dies ist nach Einsetzen von n und n schon fast der Ausdruck links in
(114). Er ist lediglich anders normiert. Vollige Gleichheit entsteht, wenn wir
den Quotienten zweier U bergangsamplituden bilden, indem wir einmal das
gewunschte Potential V , zum anderen V = 0 einsetzen. Sodann beachten wir
(113) und erhalten
0
Zn(n; n; ; )
h 0; s0j; si = KM ( 0 ? ; s0 ? s) nlim
!1 Z ( ; 0; ; 0)
n n
(120)
Die U bergangsamplitude wird bei dieser Vorschrift durch einen thermodynamischen Limes an einem Spinsystem konstruiert, bei dem aber gleichzeitig
die Parameter und volumenabhangig gewahlt werden mussen, damit der
Limes das Gewunschte leistet. Zwar wurde die Formel (120) aus einem Pfadintegral heraus entwickelt, der endgultige Ausdruck vermeidet jedoch das
Pfadintegral und benutzt an seiner Stelle den thermodynamischen Formalismus.
Halten wir uns die wichtigsten Aussagen uber das Spinsystem, mit dem
wir das N -Korperproblem verknupft haben, noch einemal vor Augen, so stellen wir fest:
58
1. Das Spinmodell besitzt nur eine Nachste-Nachbar-Wechselwirkung zwischen den Spins, namlich die Energie ?iT Mi+1 . Alle anderen Anteile
der Energie sind lokaler Natur, d.h. sie hangen nur von jeweils einem
Gitterplatz ab.
2. Das Spinmodell ist translationsinvariant und gehort zur Klasse der ferromagnetischen Modelle; denn die Massenmatrix M ist grundsatzlich
positiv. Benachbarte Spins tendieren dazu, sich parallel auszurichten.
Sie mussen allerdings, durch die Randbedingungen gezwungen, zwischen dem Spin an dem einen Ende und 0 an dem anderen Ende des
Gitters interpolieren.
0 = ]JJ
1
MBB
BB
2
6
q 1q 2q
0
JJ
n?1
6
...
n
n+1 = 0
qn ? 1 nq n
q+
1
Typische Konguration einer ferromagnetischen Spinkette
Eindimensionale Modelle dieser Art haben ihren kritischen Punkt bei der
Temperatur Null ( = 1). Deshalb gibt es in ihnen keinen Phasenubergang
im eigentlichen Sinne. Nun gilt limn n = 1, und dies bedeutet: Bei der Konstruktion der quantenmechanischen U bergangsamplitude strebt das Spinmodell gegen seinen kritischen Punkt. Nur dort besteht die A quivalenz beider
Modelle. Der Grenzproze ist auerst delikat. Denn dreierlei Dinge passieren
gleichzeitig: (1) das Gitter wird unendlich gro, (2) strebt nach Unendlich
und (3) die Kopplung geht gegen Null. Diese drei Grenzprozesse sind so
aufeinander abgestimmt, da sie die Quantenmechanik des N -Korpersystems
ergeben.
3.8 Von den Spinsystemen zur Mehlerschen Formel
Um die Tragfahigkeit der im vorigen Abschnitt dargestellten Ideen zu demonstrieren, wollen wir jetzt als ein Beispiel den harmonischen Oszillator
in drei Dimensionen mit der neuen Methode behandeln und setzen also
H = ? 12 + 21 k2 x2. Ihm entspricht ein Spinsystem, dessen Zustandssumme fur ein Gitter f0; 1; : : : ; n + 1g der Lange n + 1 ein 3n-dimensionales
59
Gauisches Integral ist:
Zn
(; ; x; x0)
=
En() =
Z
1
2
1
d3x
n
X
Z
d3xn e?En ()
(xi+1 ? xi)2 + 21 k2
n+1
X
(121)
x2i
i=0
i=0
T
T
1
1
= 2 x Qx ? a x + 2 (1 + k2)aT a
fx1 ; : : : ; xngT und a = fx; 0; : : : ; 0; x0gT .
(x0 = x; xn+1 = x0)
(x; a 2 R 3n )
(122)
mit x =
Die hierbei auftretende
3n 3n-Matrix Q lat sich auf einfache Weise durch eine ahnlich gestaltete
n n-Matrix R und die 3 3-Einheitsmatrix 1 ausdrucken: Q = R 1.
1
1
0 2c ?1
0 2c1 ?1
CC
CC
BB ?1 2c . . .
BB ?1 2c1 . . .
R=B
Q=B
. . . . . . ?1 C
. . . . . . ?1 C
A
A
@
@
?1 2c
?1 2c1
Hier haben wir c = cosh u = 1 + 21 k2 gesetzt und dadurch einen Parameter
u eingefuhrt, mit dessen Hilfe die folgenden Formeln sich besonders einfach
gestalten.
Es ist eine elementare Aufgabe, das Gauische Integral auszufuhren:
?1=2
expf? 21 aT (2c ? 1 ? Q?1 )ag
(123)
Zn(; ; x; x0) = det Q
2
Fur die darin auftretende Determinante gilt oensichtlich
3n
Q
det =
(det R)3
2
2
Es bleibt das Problem, dn := det R zu bestimmen. Entwickeln wir die Determinante von R nach der letzten Zeile, so gelangen wir zu dem Rekursionsschema
d0 = 1; d1 = 2 cosh u; dn+1 + dn?1 = 2dn cosh u
(124)
Die Dierenzengleichung wird durch dn = aenu + be?nu gelost und die Konstanten a und b werden durch die beiden Anfangsbedingungen bestimmt:
a+b=1
aeu + be?u = 2 cosh u
Dies fuhrt zu der Losung
n + 1)u
dn = det R = sinh(sinh
(125)
u
60
Weiter wird von uns verlangt, den Vektor y = Q?1 a zu bestimmen. Wir losen
zu diesem Zweck das Gleichungssystem Qy = a aquivalent mit
8 x+y
k=1
<
2
2yk cosh u = : yk?1 + yk+1 k = 2; : : : ; n ? 1
(126)
0
yn?1 + x k = n
Wieder ist yk = aeku + be?ku der losende Ansatz, wobei die konstanten Vektoren a und b durch die erste und die letzte Gleichung bestimmt werden:
a+b=x
ae(n+1)u + be?(n+1)u = x0
Dies fuhrt auf die Losung
k + 1)u + x0 sinh ku
yk = x sinh(n ?sinh(
k = 1; : : : ; n
n + 1)u
und wir errechnen nun leicht
2
02 sinh nu + 2xx0 sinh u
aT Q?1 a = xy1 + x0yn = (x + x )sinh(
n + 1)u
Noch eine kleine Umformung,
sinh nu = sinh(n + 1)u cosh u ? cosh(n + 1)u sinh u ;
und wir sind am Ziel:
(127)
Zn(; ; x; x0) = [(2= )nw]3=2 expf? 21 [(x2 + x02 )v ? 2xx0 w]g
sinh u + 1 k2
v = tanh(
n + 1)u 2
u
w = sinh(sinh
cosh u = 1 + 12 k2
n + 1)u
(128)
Fur ! 0 (d.h. u ! 0) streben sowohl v als auch w gegen (n + 1)?1. Wir
erhalten so
(2= )n 3=2 (x0 ? x)2 0
Zn(; 0; x; x ) = n + 1
(129)
exp ?
2(n + 1)
Folgen wir den Vorschriften des letzten Abschnittes, so mussen wir einen
thermodynamischen Limes n ! 1 in einer Weise ausfuhren, bei der =
61
n := (n + 1)(s0 ? s)?1 und = n := (n + 1)?2(s0 ? s)2 gesetzt wird. Mit
= k(s0 ? s) kann man das Verhalten von u; v und w fur groe Werte von n
bequem schreiben:
(n + 1)w ! (n + 1)u ! (n + 1)v ! tanh sinh Man erhalt also fur das Verhaltnis der beiden Zustandssummen:
n k(x +x0 ) kxx0 o
Zn(n; n; x; x0 ) = h i3=2 exp ? n2 tanh + sinh
o
(130)
lim
0
0
n!1 Zn (n ; 0; x; x )
sinh exp ? k(x?2x )
Das Ergebnis hat man nur noch mit K (x0 ? x; s0 ? s) zu multiplizieren, um
die U bergangsamplitude des harmonischen Oszillators zu erhalten:
2
2
2
hx0 ; s0jx; si
k(s0 ? s)
=
k 3=2 k(x2 + x02) kxx0 +
exp ?
= 2 sinh 2 tanh sinh (131)
(Mehlersche Formel). Dieses Resultat wurde von uns bereits fruher (siehe
(2.24)) zitiert.
Es ist nicht ohne Interesse zu erfahren, welche freie Energie pro Gitterplatz das Spinsystem besitzt. Die Rechnung dazu ist denkbar einfach:
3
?
1
0
?
1
f (; ) = ? nlim
(n) log Zn(; ; x; x ) = 2 u + log 2
(132)
!1
(2 sinh(u=2) = 1=2 k > 0). Die freie Energie ist erwartungsgema unabhangig
von den Randbedingungen (unabhangig von x und x0 ). Im Grenzfall verschwindender Kopplung nden wir:
(133)
f (; 0) = 23 ?1 log 2
Die Grundzustandsenergie des quantenmechanischen Oszillators ist E0 = 23 k.
Wir konnen sie aus der freien Energie durch einen Grenzproze gewinnen:
f (; ) ? f (; 0)
E0 = lim
(134)
!1
!0
2 !1
Ein Vergleich der Formeln (2.25), (2.64) und (2.76) lehrt, da diese Relation
nicht auf den harmonischen Oszillator beschrankt, sondern allgemeiner Natur
ist.
62
4DieEuklidische
Feldtheorie:
Kontinuumsformulierung
Die Sprache der Mathematik erweist
sich als uber alle Maen eektiv, ein
wunderbares Geschenk, das wir weder
verstehen noch verdienen. Wir sollten
dafur dankbar sein und hoen, da sie
auch bei zukunftigen Forschungen ihre Gultigkeit behalt und da sie sich
{ in Freud und in Leid, zu unserem
Vergnugen wie vielleicht auch zu unserer Verwirrung { auf viele Wissenszweige ausdehnt.
E.Wigner (1960)
4.1 Das euklidische Feld kann kein Operatorfeld sein
Fur einen Vektor x des Minkowski-Raumes M4 schreibt man nach Wahl eines
Koordinatensystems x = fx0 ; x1; x2 ; x3g = fx0 ; xg und erhalt eine konkrete
Form fur die pseudo-euklidische Struktur von M4 , indem man setzt:
x2 = (x0 )2 ? (x1 )2 ? (x2 )2 ? (x3 )2 = (x0)2 ? x2
Seit der Entdeckung der Bedeutung dieser Struktur fur die Physik durch
Lorentz und Poincare und der Ausformung der Theorie durch Einstein und
Minkowski haben sich die Physiker immer wieder davon faszinieren lassen,
wie leicht man durch eine einfache Ersetzung ix0 ! x4 die pseudo-euklidische
Struktur in eine gewohnliche euklidische Struktur verwandeln kann, bei der
man von Vektoren x = fx1; x2 ; x3 ; x4g = fx; x4g 2 E4 ausgeht, fur deren
Normquadrat man nun schreibt:
x2 = (x1 )2 + (x2 )2 + (x3 )2 + (x4 )2 = x2 + (x4 )2
Bis auf ein Vorzeichen stimmen x2 und x2 uberein, und der unmittelbarer
Vorteil der euklidischen Formulierung liegt auf der Hand: Man mu nicht
mehr zwischen ko- und kontravarianten Komponenten unterscheiden, so da
x = x fur = 1; : : : ; 4 gilt. Indessen, die Ersetzung ist rein formal und hat
eher den Charakter eines Spieles mit gezinkten Karten. Die Raume M4 und
E4 sind verschieden, und es gibt keine sinnvolle Weise sie zu identizieren.
Die Angelegenheit erhielt neuen Auftrieb, als man lernte, die Zeit als ein
komplexe Variable z = x4 + ix0 zu betrachten { wir haben diesen Standpunkt bereits im Abschnitt 1.3 vertreten und mit Erfolg angewandt {, wobei
63
x0 weiterhin die Rolle der anthropischen Zeit ubernimmt: das ist die Zeit,
die wir Menschen zur Beschreibung unserer Umwelt und der Vorgange darin
benutzen, eine Form der Anschauung also im Sinne von Kant. Hier ist vermieden, von der physikalischen Zeitu sprechen, weil dieser Begri unklar
und moglicherweise kontextabhangig ist. So haben wir etwa die Freiheit, in
einer physikalischen Theorie die Zeit als eine komplexe Variable einzufuhren.
Dies ist immer dann sinnvoll, wenn es der Vereinfachung dient oder die Formulierung einer konsistenten Theorie uberhaupt erst ermoglicht. Schreiben
wir dann z = x4 + ix0 , so ist x4 eine verborgene Variable des Raum-ZeitKontinuums, weil sie der unmittelbaren menschlichen Anschauung entzogen
ist. Sie ist aber nichtsdestoweniger eine physikalische Variable dieser Theorie19.
Es sei nun (x) irgendein Operatorfeld uber dem Minkowski-Raum, z.B.
ein Skalarfeld. Dann gilt
(x0 ; x) = eix H (0; x)e?ix H
(135)
wobei H der Hamilton-Operator der Theorie ist. Eine naive und in die Irre
fuhrende Idee ist, hierin die Ersetzung ix0 ! x4 vorzunehmen, um so zu
einem euklidischen Feld (x) zu gelangen:
(x; x4 ) = ex H (x; 0)e?x H
(136)
Zwar gilt H 0, jedoch ist H nach oben unbeschrankt und wir haben das
folgende Dilemma: gilt x4 > 0, so ist der Operator ex H nicht deniert; gilt
x4 < 0, so ist der Operator e?x H nicht deniert20 .
Auch eine Fourier-Zerlegung des Operatorfeldes hilft uns nicht bei dieser
Aufgabe. Schreiben wir namlich etwa fur eine Losung der Klein-GordonGleichung,
Z d3p ?
3
=
2
?ipx + by (p)eipx ;
(x) = (2)
a
(
p
)
e
(137)
2!
so gilt p0 = ! > 0. Da in dieser Darstellung sowohl positive wie negative
Frequenzen auftreten, ist es uns wieder verwehrt, eine Ersetzung ix0 ! x4
0
4
0
4
4
4
19 Ich mochte ganz entschieden der oft geauerten Auassung entgegentreten, da die
Einfuhrung einer komplexen Zeit nur einen \mathematischen Trick" darstellt, dazu ersonnen, um einige Rechnungen (Pfadintegrationen etc.) ausfuhren zu konnen und um Formeln
einen Sinn zu geben, die sonst undenierbar blieben. Das hiee, solche Rechnungen und
die ihnen zugrunde liegende Theorie hatten nur einen formalen Charakter, und alles bliebe
nur ein unverbindliches mathematisches Spiel.
20 Gemeint ist das Folgende. Der unitare Operator exp(ix0 H ) ist uberall auf dem Hilbertraum deniert und beschrankt. Diese Eigenschaft konnen nicht die Operatoren exp(x4 H )
und exp(?x4 H ) zugleich besitzen, wenn H unbeschrankt ist.
64
mit reellem x4 vorzunehmen. Denn entweder wird dadurch der erste Teil des
Integrals sinnlos (fur x4 < 0) oder der zweite Anteil wird sinnlos (fur x4 > 0).
Die kurze Diskussion hat gezeigt, da man nicht hoen kann, das euklidische Feld als ein Operatorfeld in die Feldtheorie einfuhren zu konnen, so da
es mit seinem Partner, dem Feld in der Minkowski-Darstellung, durch eine
analytische Fortsetzung in der Zeit verbunden ist. Nicht einmal die wohlvertrauten freien Felder lassen sich in naturlicher Weise zu analytischen Funktionen von einer komplexen Variablen z = x4 + ix0 erweitern21 . Die nachsten
Abschnitte werden die Frage beantworten, wie wir das euklidische Feld nun
wirklich aufzufassen haben. Dabei haben wir die Wahl zwischen zwei Moglichkeiten:
Das euklidische Feld ist eine Zufallsvariable, oder besser, ein Zufallsfeld,
also ein verallgemeinerter stochastischer Proze. Dies soll die stochastische Auassung genannt werden.
Das euklidische Feld ist die verallgemeinerte Spinvariable eines vierdimensionalen ferromagnetischen Gittermodels. Damit wird es als ein System der statistischen Mechanik am kritischen Punkt betrachtet. Dies
wollen wir die statistische Auassung nennen.
In abgewandelter Form begegneten uns beide Auassungen bereits im Kapitel
2 im Zusammenhang mit der Feynman-Kac-Formel. Die Pfadintegralmethode stand fur die stochastische Auassung der Quantenmechanik. Die statistische Auassung, d.h. die Beschreibung durch Spingitter entstand durch
eine Diskretisierung des Pfadintegrals. Eine Verallgemeinerung des Ansatzes
von Feynman und Kac fuhrt uns auf die Funktionalintegrale der Feldtheorie.
Auch diese Integrale haben in R.Feynman ihren geistigen Vater.
4.2 Die euklidische Zweipunktfunktion
Die analytische Fortsetzung des Minkowski-Feldes zu einem euklidischen Feld
kann nicht gelingen. Unsere Absicht ist vielmehr, Vakuumerwartungswerte eines Produktes von Feldoperatoren { die sog. n-Punktfunktionen, oder
Wightman-Funktionen { analytisch fortzusetzen. Die so gewonnenen euklidischen n-Funktionen, die sog. Schwinger-Funktionen, haben besondere Eigenschaften, die es erlauben, sie wieder als Erwartungswerte zu deuten. Hierbei
handelt es sich allerdings nicht um Erwartungswerte im Sinne der Operatortheorie, sondern um Mittelwerte im Sinne der (kommutativen) Wahrscheinlichkeitstheorie.
21 Konkret: Erwartungswerte der Form (; (x)) mit aus dem Denitionsbereich des
Operatorfeldes sind i.allg. nicht analytisch in der Zeit.
65
Es sei (x) irgendein Operatorfeld uber dem Minkowski-Raum. Um konkret zu bleiben, konnte man hierbei an ein reelles Skalarfeld denken, obwohl
das folgende Argument auf alle Felder, die Eichfelder eingeschlossen, zutrit.
Die Zweipunktfunktion
W (x ? y) = (
; (x)(y)
)
(138)
hangt wegen der Translationsinvarianz des Vakuums nur von der Dierenz
x ? y ab und kann als ein \Matrixelement" des Evolutionsoperators e?itH mit
t = x0 ? y0 aufgefat werden. Indem wir die Ersetzung x ! 21 x, y ! ? 21 x
vornehmen, konnen wir vereinfachend schreiben:
(139)
W (x) = ((0; 12 x)
; e?ix H (0; ? 12 x)
)
0
Hierdurch wird klar, da W (x) eine analytische Fortsetzung in x0 (nicht aber
in x1 ; x2; x3 , warum?) besitzt. Fur die analytische Funktion benutzt man ein
neues Funktionssymbol,
S (x; z) = ((0; 12 x) ; e?zH (0; ? 21 x)
)
(140)
z = x4 + ix0
x4 > 0 ;
(141)
und kann somit behaupten, da die ursprungliche Funktion W (x) Randwert
einer analytischen Funktion ist:
W (x0 ; x) = xlim#0 S (x; x4 + ix0 )
4
Diese Randwerte existieren nur im Sinne einer Distribution, was die Ursache vieler Schwierigkeiten der Minkowski-Formulierung der Feldtheorie ist.
Hingegen liegen die reellen Punkte z = x4 > 0 im Analytizitatsgebiet. In diesen Punkten gewinnen wir die nicht-singulare euklidische Zweipunktfunktion
S (x) = S (x; x4) (Schwinger-Funktion). Eine Singularitat haben wir allenfalls
zu erwarten, wenn x4 gegen Null strebt. Tatsachlich begegnen wir dort einem
Pol, sobald x = 0 ist.
Beispiel. (x) sei ein reelles Skalarfeld der Masse m, mithin eine Losung
der Klein-Gordon-Gleichung. Die Zweipunktfunktion eines solchen Feldes ist
Z d3p
1
W (x) = + (x; m) = (2)3 2! ei(px?!x )
(142)
0
p
(! = m2 + p2 ), und somit nden wir
Z d3p
1
S (x; m) = (2)3 2! eipx?!x
66
4
(143)
Allerdings gilt diese Darstellung nur fur x4 > 0. Wir wunschen uns die Darstellung durch ein vierdimensionales Integral, das die O(4)-Invarianz der euklidischen Zweipunktfunktion oenbart. Dies gelingt so. Zunachst fuhren wir
einen euklidischen
Impuls p = fp1 ; p2; p3; p4g = fp; p4 g ein, fur dessen QuaP
drat wir p2 = (p )2 schreiben. Sodann behaupten wir:
Lemma
1 e?!x = 1 Z 1 dp4 eip x
(144)
2!
2 ?1 p2 + m2
Beweis. Betrachte die Funktion f (u) = (u2 ? !2)?1e?ux . Sie ist analytisch
in der Halbebene u = p0 ? ip4 , p0 > 0 mit Ausnahme der Stelle u = !,
wo f (u) einen Pol besitzt. Integrieren wir nun f (u) entlang des Weges C
(siehe die Abbildung) in der komplexen u-Ebene, so erhalten wir nach dem
Residuensatz:
1 Z du f (u) = Res f (u) = 1 e?!x
(145)
u=!
2i C
2!
4 4
4
4
4
?ip4
!s C
-
p0
Abbildung 1: Der Integrationsweg C in der komplexen u-Ebene
Die Funktion f (u) fallt in der rechten Halbebene exponentiell ab. Wir
durfen also den Integrationsweg so deformieren, da er parallel zur imaginaren Achse im Abstand p0 verlauft, falls 0 < p0 < ! gilt. Fur das Integral
erhalten nun die Darstellung
Z1
Z1
ip x ?p x
1
1
4
0
4
? 2
dp f (p ? ip ) = 2
dp4 p2 + (ep4 + ip0 )2 + m2 = 21! e?!x
?1
?1
4 4
0 4
4
Die Wahl von p0 ist uns uberlassen. Bei dem Versuch, den Limes p0 ! 0
auszufuhren, sehen wir, da dies sogar unter dem Integral moglich ist, und
gelangen so zu der Aussage des Lemmas. q.e.d.
67
Fuhren wir schlielich das euklidische Produkt px =
haben wir endgultig:
P px ein, so
Z exp(ipx)
1
S (x; m) = (2)4 d4p p2 + m2
(146)
Man kann aber auch S (x; m) durch die modizierte Besselfunktion K1 ausdrucken:
(2)?2mjxj?1K (mjxj) m > 0
p2
S (x; m) = (2)?2jxj?2 1
j
x
j
=
x (147)
m=0
Die Formel (146) zeigt eine auallige Verwandtschaft zwischen der SchwingerFunktion S (x; m) und der Feynman-Funktion
Z exp(?ipx)
1
F (x; m) = (2)4 d4p p2 ? m2 + i0
einer Minkowski-Feldtheorie. Man macht sich schnell klar, da ?p2 und p2
durch eine analytische Fortsetzung in der Energie auseinander hervorgehen:
die Fourier-Transformierte ~ F (p; m) ist { abgesehen von einem Vorzeichen {
die analytische Fortsetzung von S~(p; m). Insgesamt erhalten wir das folgende
Bild uber die Weise, wie Wightman-Funktionen und Feynman-Funktionen
miteinander verknupft sind, ohne da dabei von der mehrdeutigen Vorschrift
der Zeitordnung Gebrauch gemacht wird:
Wightman-Funktion
analyt. F.
Schwinger-Funktion
!
im Ortsraum
im Ortsraum
x?
yFourier-Tr.
Feynman-Funktion
analyt. F.
Schwinger-Funktion
!
im Impulsraum
im Impulsraum
Wir notieren einige Eigenschaften der Schwinger-Funktion:
1. Obwohl die Funktion S (x; m) nur fur positive Zeiten (x4 > 0) deniert
wurde, konnen wir sie zu einer symmetrischen Funktion auf der gesamten reellen Zeitachse erweitern. Hierbei wird allerdings der Ursprung
des euklidischen Raumes zu einem singularen Punkt. In der Nahe dieses Punktes verhalt sich die Funktion wie 1=x2. Die Singularitat ist
integrabel.
68
2. Die Schwinger-Funktion ist reell und positiv. Ebenso ist die FourierTransformierte reell und positiv.
3. Die Schwinger-Funktion ist invariant unter euklidischen Rotationen.
Die Gruppe O(4) tritt an die Stelle der Lorentz-Gruppe (mit Spiegelungen).
4. S (x; m) ist die Greensche Funktion fur den Dierentialoperator ? +
m2 , d.h. es gilt
(? + m2 )S (x; m) = 4(x)
(148)
wobei den vierdimensionalen Laplace-Operator bezeichnet. Die euklidische Formulierung hat uns hier einen elliptischen Dierentialoperator
beschert; der Klein-Gordon-Operator war hyperbolisch. Wir benotigen
nun keine i-Vorschrift mehr zur Invertierung von ? + m2: der inverse
Operator ist eindeutig und besitzt den Integralkern S (x ? x0; m) .
5. Die Schwinger-Funktion zerfallt exponentiell fur groe Abstande vom
Ursprung (falls m > 0):
m2 =2 expf?mjxjg
S (x; m) ! (2m
jxj)3=2
R
jxj ! 1
(149)
Insbesondere existiert das Integral d4x S (x; m) = m?2 .
4.3 Das freie euklidische Skalarfeld
4.3.1 Die n-Punktfunktionen
In der Minkowski-Formulierung kann ein reelles Skalarfeld (x) durch die
Gesamtheit seiner n-Punktfunktionen (Wightman-Funktionen)
Wn(x1 ; : : : ; xn) = (
; (x1 ) (xn )
) ;
(150)
deniert werden. Der Operatorcharakter des Feldes und die quantenmechanische Natur der Theorie auert sich in [(x); (x0 )] 6= 0. Aus diesem Grunde
sind die Wightman-Funktionen nicht symmetrisch unter Permutationen ihrer
Argumente: dies erschwert die Konstruktion eines erzeugenden Funktionals,
aus dem sie gewonnen werden konnten.
Eine andere Weise, das Feld zu denieren, geschieht durch die Angabe
aller seiner -Funktionen (Greenschen Funktionen)
n(x1 ; : : : ; xn) = (
; T ((x1 ) (xn))
)
69
(151)
Diese Funktionen sind symmetrisch und besitzen das erzeugende Funktional
1 n
X
F (j ) = (
; T expfi(j )g
) = 1 + ni ! (
; (j )n )
(152)
n=1
R
mit (j ) = d4x (x)j (x) und j (x) reell. Handelt es sich dabei um ein freies
Feld der Masse m, so ist das erzeugende Funktional bereits vollstandig durch
die ersten beiden -Funktionen, 1(x) = (
; (x)
) = c und 2 (x; y) =
iF (x ? y; m) , bestimmt22:
1
(153)
log F (j ) = icI
Z (j ) ? 2 iF (j j; m)
I (j ) = d4x j (x)
Z
F (j j; m) =
d4x
Z
d4y j (x)F (x ? y; m)j (y)
(154)
Fur c = 0 ist diese Charakterisierung aquivalent einer rekursiven Denition
der -Funktionen in der folgenden Art:
1 (x1) = 0
2 (x1 ; x2) = iF (x1 ? x2 ; m)
n (x1 ; : : : ; xn) =
n?1
X
k=1
n?2(x1 ; : : : ; x^k ; : : : ; xn?1)iF (xk ? xn; m) (155)
(Der Hut ^ uber einer Variablen bedeutet: diese Variable wurde eliminiert).
Fur die Wightman-Funktionen existiert ein Schema ahnlicher Art:
W1(x1 ) = 0
W2 (x1; x2 ) = +(x1 ? x2 ; m)
Wn(x1 ; : : : ; xn) =
n?1
X
k=1
Wn?2 (x1; : : : ; x^k ; : : : ; xn?1)+(xk ? xn; m)(156)
Diesen Formeln entnimmt man, da Wn eine analytische Fortsetzung in allen
Zeitvariablen x01 ; : : : ; x0n besitzt, weil die +-Funktion eine solche Fortsetzung gestattet. Wir konnen somit zu komplexen Variablen zk = x4k + ix0k
der punktierten komplexen Ebene C nf0g ubergehen. In den reellen Punkten
zk = x4k erhalten wir dann die n-Punktfunktionen (Schwinger-Funktionen)
des zugehorigen euklidischen Feldes:
Sn(x1; : : : ; xn) = Wn(x1 ; : : : ; xn)ix !x
0
22 Siehe das Kapitel 6.6 der Vorlesung QFT I.
70
k
4
k
(157)
Fur die euklidischen Funktionen existiert somit das Rekursionsschema
S1(x1) = 0
S2 (x1; x2) = S (x1 ? x2; m)
n?1
X
Sn(x1; : : : ; xn) =
k=1
Sn?2 (x1; : : : ; x^k ; : : : ; xn?1)S (xk ? xn; m) (158)
und aus S (?x; m) = S (x; m) folgt, da Schwinger-Funktionen grundsatzlich
symmetrisch sind gegenuber Permutationen ihrer Argumente. Diese wichtige
Tatsache gibt uns wiederum die Moglichkeit, die Gesamtheit der Funktionen
Sn aus einem erzeugenden Funktional abzuleiten (wir erlauben wieder c 6= 0):
1 S (f f; m)
log S ff g = icI
(
f
)
?
(159)
2
Z
I (f ) = d4x f (x)
Z
Z
S (f f; m) =
d4y f (x)S (x ? y; m)f (y)
= (f; (? + m2 )?1f )
d4x
1 nZ
X
i
Z
(160)
4
1 d xn Sn (x1 ; : : : ; xn )f (x1 ) f (xn )
n
!
n=1
Auch hier soll f wieder eine reelle Funktion sein. Man nennt S ff g das
Schwinger-Funktional des euklidischen Feldes. Da S (f f; m) 0 gilt (und
= 0 nur fur f = 0), ist S ff g ein Gauisches Funktional.
S ff g = 1 +
d4x
4.4 Die stochastische Interpretation
Da die euklidischen n-Punktfunktionen symmetrisch sind, ist es moglich, sie
als Korrelationsfunktionen im Sinne der Stochastik zu deuten. Die Idee ist
also, das euklidische Feld (x) als eine Zufallsvariable einzufuhren, so da
gilt:
h(x)i = c
h(x)(y)i ? h(x)ih(y)i = S (x ? y; m) (161)
Mit hi ware dann der Mittelwert oder E rwartungswertm Sinne der Wahrscheinlichkeitstheorie gemeint. Alle hoheren Korrelationsfunktionen h(x1 ) (xn)i
lieen sich daraus rekursiv berechnen. Eine Schwierigkeit hat diese Auassung jedoch: Falls in der Formel (161) x = y gesetzt wird, erhalten wir den
singularen Ausdruck S (0; m) = 1. Wir sind, ahnlich wie in der Operatorfeldtheorie, auch hier gezwungen, ein Glattungsverfahren anzuwenden, um
dem euklidischen Feld den singularen Charakter zu nehmen.
71
Wir wahlen also einen geeigneten Raum von Testfunktionen fR : E4 ! R
und betrachten nunmehr nur noch die integrierten Groen (f ) = d4x (x)f (x)
als die eigentlichen Zufallsvariablen. Diese Auassung zeigt keinerlei Probleme, Korrelationsfunktionen der Art h(f1 ) (fn)i sind wohldeniert.
Grund: die Singularitat 1=x2 ist in vier Dimensionen integrabel. Durch Entwicklung der Exponentialfunktion konnen die Korrelationsfunktionen n-ter
Ordnung aus dem erzeugenden Funktional
loghexpfi(f )gi = icI (f ) ? 21 (f; (? + m2 )?1f )
(162)
gewonnen werden. Unsere Vorschriften erlauben die Berechnung von beliebigen Korrelationen, wir kennen jedoch noch nicht die zugrunde liegenden
Verteilungen (W-Mae). Unser nachstes Ziel ist deshalb die Konstruktion der
mit dem euklidischen Feld verknupften n-dimensionalen Gauischen Verteilungen. Wir setzen zur Vereinfachung c = 0. Die allgemeine Situation c 6= 0
lat sich immer durch eine einfache Translation des Feldes daraus herstellen.
Der Fall n=1. Im erzeugenden Funktional ersetzen wir f durch tf und
variieren den reellen Parameter t. Wir erhalten so die Darstellung
hexpfit(f )gi = e?at2 =2
=
Z
d() eit
(163)
mit a = (f; (? + m2 )?1f ); ist das gesuchte W-Ma, das die Verteilung
der \Mewerte" von (f ) beschreibt. Die moglichen Werte , die diese Zufallsvariable annehmen kann, liegen auf der reellen Achse, weil wir von einem
reellen Skalarfeld ausgingen. Die oensichtliche Losung lautet:
d() = d (2a)?1=2e?(2a)? 1
(164)
2
Die Konstante a ubernimmt hierbei die Rolle der Varianz der Verteilung.
Fall. Im erzeugenden Funktional ersetzen wir f durch
PnDert fallgemeine
k=1 k k mit linear unabhangigen Testfunktionen fk und variieren die reellen Parameter tk :
hexpfi Pk tk (fk )gi
(fj
; (? + m2 )?1f
k)
( X
n
1
= exp ? 2
= ajk
j;k=1
tj tk ajk
)
(165)
(166)
Es sei A die n n-Matrix mit den Elementen ajk . Sie
ist symmetrisch und
P
strikt positiv (0 ist kein Eigenwert); denn es gilt tj tk ajk = (f; (? +
m2 )?1f ) 0, und dieser Ausdruck verschwindet nur fur f = 0, also fur
tk = 0, weil das System (fk ) linear unabhangig vorausgesetzt war. Mit
72
1 ; : : : ; n bezeichnen wir die moglichen \Mewerte" von (f1); : : : ; (fn).
Die gemeinsame Verteilung dieser Werte wird durch ein W-Ma beschrieben, das wir aus der Gleichung
R
hexpfi P tk (fk )gi = d(1; : : : ; n) expfi P tk k g
(167)
zu bestimmen haben. Eine Fourier-Transformation lost das Problem, und wir
nden (beachte det A > 0):
d(1; : : : ; n
) = [det(2A)]?1=2 exp
( X
n
1
?2
j;k=1
j k
(A?1)
jk
) Yn
k=1
dk (168)
Ergebnis: alle n-dimensionalen Verteilungen sind Gauisch.
Fassen wir den Inhalt der vorstehenden mathematischen Analyse in Worte
und stellen die allgemeine Situation c 6= 0 wieder her, so konnen wir sagen:
Das freie euklidische Feld (x) ist ein verallgemeinerter GauProze uber dem euklidischen Raum E4 mit dem Mittelwert h(x)i =
c (Kondensat) und der Kovarianz
h(x)(y)i ? h(x)ih(y)i = (? + m2 )?1(x; y) = S (x ? y; m)
(euklidischer Propagator).
Die hierin angesprochene Verallgemeinerung geschieht auf zwei Weisen:
1. Die Halbachse R + , die normalerweise in die Formulierung eines stochastischen Prozesses als wesentliches Strukturelement eingeht und inhaltlich als die SZeitnterpretiert wird, ist in der euklidischen Feldtheorie
ersetzt worden durch den Raum E4 .
2. Die singulare Natur des Feldes macht es notwendig, nur die mit Testfunktionen f integrierten Groen (f ) als die eigentlichen Zufallsvariablen aufzufassen. Es ist bequem (nicht zwingend) f aus dem Raum
S (E4 ) (Schwartz-Raum) zu wahlen.
Allgemeiner Sprachgebrauch: Es sei (x) ein verallgemeinerter Gau-Proze
und f 7! (f ) die zugehorige lineare Abbildung von Testfunktionen in Zufallsvariablen. Schlielich existiere ein linearer Operator K , so da
h(f )(g)i ? h(f )ih(g)i = (f; Kg)
(169)
die Kovarianz des Prozesses ist (f und g sind beliebig). Dann heit K der
Kovarianzoperator. Man erzielt somit eine sinnvolle Verallgemeinerung des
Begris der Kovarianzmatrix einer stochastischen Variablen mit Werten im
R n . Der Proze heit zentriert, falls h(f )i = 0 f
ur alle f gilt. Der Kovari2
anzoperator des euklidischen Feldes ist (? + m )?1. Das Feld ist zentriert,
wenn das Kondensat verschwindet: c = 0.
73
4.5 Gauische Funktionalintegrale
Die U berlegungen des vorigen Abschnittes geben Anla zu der Konstruktion eines Funktionalintegrals spezieller Art, mit dessen Hilfe das SchwingerFunktional des freien euklidischen Feldes ausgedruckt werden kann. Wir vereinbaren, da die zulassigen Testfunktionen, die wir fur die Glattung benutzen, dem Raum S (E4 ) angehoren. Dies ist ein reell-linearer Raum. Die
Elemente des Dualraumes S 0 (E4) heien Distributionen
. Jede Distribution
R
0
2 S (E4) ist somit ein lineares Funktional (f ) = d4x (x)f (x), das jedem f 2 S (E4 ) eine reelle Zahl zuordnet. Das zu konstruierende Funktionalintegral ist vom Gauischen Typ und erstreckt sich uber alle Distributionen
, in denen wir die Verallgemeinerung der Brownschen Pfade erkennen. Die
typische Distribution ist nicht einer glatten Funktion aquivalent. A hnliches
galt fur die Brownschen Pfade. Und nun zur Konstruktion selbst.
Es sei F ein beliebiger n-dimensionaler Unterraum von S (E4 ) und F 0
sein Dualraum, den wir uns als Teilraum von S 0 (E4 )Pdenken. Nach Wahl
einer Basis (fk )k=1;:::;n in F , so da jedes f 2 F als nk=1 tk fk darstellbar
ist, konnen wir die reellen Koezienten tk als die Koordinaten des Vektors f
auassen. Es existiert dann immer einePduale Basis (fk0 )k=1;:::;n in F 0, so da
mit den Koordinaten
fj0 (fk ) = jk gilt. Fur einen Vektor = nk=1 k fk0 2 F 0 P
k und f 2 F mit den Koordinaten tk folgt: (f ) = tk k . Die FourierZerlegung
hexpfi
X
tk (fk )gi =
Z
d(1; : : : ; n) expfi
X
tk k g ;
(170)
wie sie im vorigen Abschnitt vorgenommen wurde, leistet somit das folgende:
sie erzeugt auf jedem Teilraum F 0 2 S 0 (E4) endlicher Dimension ein W-Ma
. Dieses Ma beschreibt die gemeinsame Verteilung aller Zufallsvariablen
(f ) mit f 2 F . Es ist eine Tatsache, da immer dann, wenn eine solche
Situation gegeben ist, ein W-Ma auf dem 1-dimensionalen Raum S 0 (E4)
vorliegt.
Es sei also (f; Kf ) eine strikt positive quadratische Form auf S (E4 ).
Dann ist ihr ein zentriertes Gauisches Ma auf S 0 (E4) zugeordnet, dessen
Fourier-Transformierte (das charakteristische Funktional des Maes) durch
Z
d() expfi(f )g = expf? 21 (f; Kf )g
(171)
gegeben ist. Konkret ist damit gemeint: Nach Wahl eines beliebigen Teilraumes F 2 S (E4 ) mit dim F = n < 1 und einer Basis (fk ) in F kann man (171)
als ein n-dimensionales Gau-Integral uber die Koordinaten k = (fk ) von
74
P
schreiben, und diese Darstellung hat Gultigkeit fur alle f = tk fk 2 F ,
indem Z
Z
X
d() expfi(f )g = d(1; : : : ; n) expfi tk k g (172)
X
= expf? 21 tj tk ajk g
(173)
ajk = (fj ; Kfk )
(174)
Naturlich ist eine Schreibweise wie (171) nur deshalb sinnvoll, weil das Ergebnis unabhangig von der Wahl der Basis ist.
Das Schwinger-Funktional des euklidischen Feldes schreiben wir nun als
Gauisches Funktionalintegral (=Integral uber Funktionale ) in dem vorgenannten Sinne:
Z
hexpfi(f )gi = d() expfi(f )g = expficI (f ) ? 21 (f; Kf )g (175)
mit dem Kovarianzoperator K = (? + m2 )?1. Gilt h(x)i = 0, so ist das
Ma zentriert. Diese Situation lat sich immer durch eine Verschiebung
! + c herstellen. Es hilft der Anschauung, wenn man sich Distributionen
(x), uber die integriert wird, als \Pfade" des Feldes (x) im Raum E4
vorstellt. Das Integral (175) realisiert, was
P Feynman anstrebte und sum over
histories nannte. Setzt man darin f = tk fk und entwickelt nach t1 ; : : : ; tn,
so entsteht die Gleichung
Z
h(f1 ) (fn)i = d() (f1) (fn)
(176)
Sobald die Testfunktionen fk xiert sind, ist die rechte Seite einem gewohnlichen n-dimensionalen Integral aquivalent. Man schreibt auch
Z
h(x1) (xn)i = d() (x1 ) (xn)
(177)
Doch dies ist nur mehr eine symbolische Darstellung der n-Punktfunktion.
Die rechte Seite wird erst zu einem gewohnlichen Integral, wenn wir sie zuvor mit Testfunktionen f1(x1) fn(xn) integrieren, d.h. wenn wir zu der
Schreibweise (176) zuruckkehren.
Andere Schreibweisen sind in Gebrauch, die in einem noch starkeren Mae
formal genannt werden mussen. So schreibt der Physiker { in Anlehnung an
bekannte Formeln fur die Gau-Integration bei n n-Matrizen {
(178)
d() = cD expf? 21 (; (? + m2 ))g
R
Die Konstante c sei so gewahlt, da das Ma normiert ist: d() = 1. Diese
"Denitionst streng betrachtet unsinnig. Denn die Formel (178) enthalt drei
Groen, die fur sich genommen einzeln nicht existieren:
75
R
Die Konstante c?1 = D expf? 12 (; (? + m2 ))g ist eine sinnlo-
se Groe; c2 ist formal identisch mit der Determinante des Operators
(? + m2)=(2). Dieser Operator besitzt ein rein kontinuierliches Spektrum, und eine Determinante kann in einer solchen Situation nicht deniert werden.
Das Lebesgue-Ma D kann auf S 0 (E4 ) genau so wenig deniert werden, wie auf jedem anderen 1-dimensionalen Vektorraum.
Fur fast alle Distributionen ist (; (? + m2 )) eine nicht denierbare
Groe (man mache die Probe mit (x) = 4(x) oder (x4)!).
Dennoch kann man von der Schreibweise (178) legitimen Gebrauch machen,
falls festgelegt wird, da nur das Produkt der drei Faktoren zusammengenommen einen wohldenierten mathematischen Sinn bekommt. Wir treen
deshalb fur unsere Zwecke die folgende
76
Vereinbarung:
Die Darstellung
d() = cD expf? 12 (; K ?1)g
(179)
des normierten Maes sei gleichbedeutend mit
Z
d() expfi(f )g = expf? 21 (f; Kf )g
(180)
falls (f; Kf ) eine strikt positive quadratische Form ist.
Zuruck zum freien Skalarfeld. Hier gilt K ?1 = ? + m2 , und 12 (; K ?1)
ist nichts anderes als das Wirkungsintegral eines klassischen (euklidischen)
reellen Feldes (x). Eine partielle Integration bringt dieses Integral in die
Standardform:
1 (; K ?1 ) = 1
2
2
Z
d4x
"X
f@ (x)g2 + m2 (x)2
#
(181)
Diese Beobachtung ist der Ausgangspunkt fur Verallgemeinerungen. Eine
naheliegende Erweiterung besteht darin, selbstwechselwirkende Skalarfelder
durch ein Wirkungsintegral der Form
W fg =
Z
d4x
" X
1
2
f@ (x)g2 + U ((x))
#
(182)
einzufuhren und versuchsweise die euklidischen n-Punktfunktionen dieser
Theorie durch Funktionalintegrale der Form
R D e?W fg(x ) (x )
R D e?W1 () n
h(x1) (xn)i =
(183)
auszudrucken. Hierbei ist U : R ! R ein \Potential", das Abweichungen
von der parabelformigen Gestalt zulat. Solche Abweichungen beschreiben
die Art der Selbstwechselwirkung. Spezische Modelle dieser Art sind:
4-Modell U (r) = 12 m2 r2 + r4 ( > 0)
Higgs-Modell U (r) = ? 21 2r2 + r4 ( > 0)
Sinus-Gordon-Modell U (r) = 21 m2 r2 + (cos(r) ? 1)
77
Die Schwierigkeiten der Darstellung (183) liegen auf der Hand. Da die Funktionalintegrale nicht mehr Gauisch sind, ist unklar, wie man sie denieren soll, und ungewi, ob sie uberhaupt denierbar sind. Der Umgang mit
nicht-Gauischen Funktionalintegralen ist kein leichtes Geschaft: die ganze
Problematik der Renormierung aus der traditionellen Feldtheorie begegnet
einem erneut. Eine elegante Umschiung dieser Klippen ist bis heute nicht
gelungen. Aber es gibt einen aussichtsreichen Versuch, namlich: die konsequente Benutzung der statistischen Interpretation des euklidischen Feldes.
Hierbei wird das Kontinuum E4 durch ein endliches Gitter ersetzt. Zwei hintereinandergeschaltete Grenzprozesse (thermodynamischer Limes und Kontinuumslimes) fuhren zu den gewunschten n-Punktfunktionen der Feldtheorie.
Die Rechnungen auf dem endlichen Gitter lassen sich im Prinzip mechanisch
durch einen Computer ausfuhren. Vor die Aufgabe gestellt, Grenzprozesse
auszufuhren, versagt sogar die Spitzentechnologie.
78
5DieEuklidische
Feldtheorie:
Gitterformulierung
Be wise, discretize!
Marc Kac
5.1 Die Gitterversion des Skalarfeldes
Fur ein reelles Skalarfeld sei die euklidische Wirkung durch
W () =
Z
d4x
" X
1
2
f@ (x)g2 + U ((x))
#
(184)
gegeben. Eine Weise, zu wohldenierten Ausdrucken fur die n-Punktfunktionen
zu gelangen, besteht darin, da man den Raum E4 durch ein periodisches Gitter (ZN )4 ersetzt. Hierbei haben wir die Gitterkonstante gleich 1 gesetzt. Die
Einfuhrung einer dimensionsbehafteten Gitterkonstanten a lat sich anschlieend immer durch eine Skalentransformation erreichen. Mit ZN = Z=(N Z)
bezeichnet man die Restklassengruppe, die entsteht, wenn man die ganzen Zahlen modulo N betrachtet: sie enthalt genau N Elemente, die man
sich gewohnlich durch die Zahlen 0; 1; : : : ; N ? 1 reprasentiert denkt. Da
N = 0 mod N gilt, ist das Gitter periodisch mit der gleichen Periode N in allen vier Richtungen des Raumes (wir hatten auch vier verschiedene Perioden
wahlen konnen). Ein solches Gitter lat sich nicht in den E4 , sondern nur
in den vierdimensionalen Torus Tor4 = (R mod 1)4 einbetten. Man spricht
deshalb von einem toroidalen Gitter. Der Grund, warum man ein allseitig
periodisches Gitter wahlt, ist bekanntlich seine Symmetrie unter diskreten
Translationen. Auf diese Weise rettet man einen Teil der euklidischen Bewegungsgruppe des E4 .
Das toroidale Gitter besitzt N 4 Gitterpunkte, die wir mit x; y usw. bezeichnen. Ein Gitterpunkt x besitzt Komponenten mit xi 2 f0; 1; : : : ; N ? 1g
(i = 1; : : :P
; 4). Funktionen auf dem Gitter sind problemlos summierbar,
z.B.
R
4
4
existiert x a f (ax) immer und approximiert das Integral d x f (x) fur
genugend groes N und hinreichend kleines a. Die Wirkung des euklidischen
Skalarfeldes erhalt auf dem Gitter die Form
W () =
X "1 X
x
2
i
f@i(x)g2 + U ((x))
#
(185)
Wir haben uns nur daruber zu verstandigen, was wir unter der partiellen
Ableitung verstehen wollen. Unter den verschiedenen Optionen wahlen wir
den \Vorwarts"-Dierenzenquotienten:
[@i ](x) := (x + ei ) ? (x)
(186)
79
Mit x + ei bezeichnen wir die Translation von x um eine Einheitslange in
Richtung der i-ten Achse.
Es ist wichtig, sich vor Augen zu halten, da alle Groen in einer solchen
Theorie dimensionslos sind: das gilt u.a. fur den Ort x, die Masse m und das
Feld (x). Wegen ~ = c = 1 genugt die Einfuhrung einer einzigen Groe mit
der Dimension einer Lange, um eine physikalisch interpretierbare Theorie zu
erzeugen.
In der stochastischen Interpretation ware das euklidische Feld (x) auf
dem Gitter eine Zufallsvariable mit Werten in R , und (x) ist eine Variable, die fur die moglichen \Pfade" (engl. histories) des Feldes steht. Ein
solcher Pfad weist also jedem der N 4 Gitterpunkte eine reelle Zahl zu, d.h.
der Pfadraum kann im Falle eines endlichen Gitters grundsatzlich mit R N
identiziert werden. Jedes Pfadintegral wird somit einem gewohnlichen N 4 dimensionalen Integral aquivalent. Das ist, fur sich genommen, noch kein
Grund zur Freude: selbst fur bescheidene Gitter, z.B. fur Gitter mit N = 5,
ware dies ein 625-dimensionales Integral. Jedoch ein Vorteil ist hervorzuheben. Wir sind nicht mehr genotigt, auf dem Gitter die Felder mit Testfunktionen zu glatten. Denn es gibt keinen Unterschied zwischen glatten und
nicht-glatten Funktionen mehr. Auch der Begri dierentierbar verliert seinen Sinn. Die Formel
R D e?W ()(x ) (x )
R D e?W1 () n
h(x1 ) (xn)i =
(187)
bereitet uns keine Schwierigkeiten. Denn das Lebesgue-Ma
4
D =
Y
x
d(x)
(188)
ist nun wohldeniert, weil der Pfadraum endlichdimensional ist. Ein vergleichsweise harmloses Problem bleibt, weil unsicher ist, ob die Integrale in
(187) konvergent sind. Hinreichend fur die Konvergenz ist jedoch die Stabi-
litatsbedingung
Das Potential U (r) in der euklidischen Wirkung (185) besitzt eine
untere Schranke der Form
U (r) > ?c + 2r2
(189)
mit 2 > 0. Hierbei mu nicht die Masse des zu beschreibenden
Feldes sein.
Eine ahnliche Bedingung benotigten wir fur die Anwendung der FeynmanKac-Formel. Die Bedingung (189) ist jedoch scharfer: das Potential mu
80
oberhalb einer Parabel liegen. Die Annahme 2 > 0 ist notwendig wegen
der Existenz von Impuls-Null-Moden auf dem Gitter.
Die Stabilitatsbedingung macht deutlich, da wir etwa in der 4 -Theorie
das Vorzeichen der Kopplungskonstanten nicht einfach umkehren konnen,
ohne die Stabilitat zu verlieren. Der Storungstheorie, auf die allein die konventionelle Feldtheorie fut, ist ein solches Vorzeichen vollig gleichgultig. Man
darf deshalb mit Recht behaupten, da jede Aussage uber ein feldtheoretisches Modell immer dann als nicht-trivial gelten kann, wenn in ihr das Vorzeichen der Kopplungskonstanten eine Rolle spielt23.
Wie gewinnen wir die Feldtheorie auf dem Kontinuum? Dies soll in drei
Stufen geschehen:
1. Thermodynamischer Limes. Wir lassen die Gitterperiode N gegen Unendlich streben und berechnen so die n-Punktfunktionen auf dem Gitter
oen dimensionslos.
Z4. Noch sind alle Gr
2. Skalentransformation. Wir fuhren eine variable Gitterkonstante a ein
mit der Dimension einer Lange (in der Groenordnung von 1 Fermi =
10?13 cm). Das Gitter Z4 wird durch (aZ)4 ersetzt und das neue Gitter
in den Raum E4 eingebettet. Alle Konstanten der Theorie (Massen,
Kopplungskonstanten etc.) sowie das Feld selbst werden einer Skalentransformation unterworfen, die diesen Groen die erforderliche Dimension gibt. Das Resultat ist eine a-abhangige Theorie.
3. Kontinuumslimes. Bei geeigneter Wahl der a-Abhangigkeit aller Groen
existieren die n-Punktfunktionen im Limes a ! 1. Dieser Vorgang
ersetzt das Renormierungsverfahren der konventionellen Feldtheorie.
5.2 Der euklidische Propagator auf dem Gitter
5.2.1 Darstellung durch Fourier-Zerlegung
Die Translationssymmetrie des periodischen Gitters erlaubt die Einfuhrung
einer Fourier-Transformation fur (komplexe) Funktionen f (x). Impulsvariablen bezeichnen wir wie ublich mit p. Der Impulsraum ist wieder ein toroidales Gitter, das dem Ausgangsgitter weitgehend gleicht, mit dem Unterschied allerdings, daPdie Gitterkonstante 2N ist: p = fp1 ; : : : ; p4g 2 ( 2N ZN )4.
Schreibt man px = 4k=1 pk xk , so bilden die ebenen Wellen
fp(x) = N ?2 eipx
(190)
23 Diese Aussage geht auf K.Symanzik zuruck und wurde in der Vergangenheit zu wenig
gewurdigt.
81
{ wie man leicht nachweist { P
ein vollstandiges Orthonormalsystem bezuglich
des Skalarproduktes (f; g) = x f (x)g(x). Wir erinnern an den Gittergradienten und fuhren nun auch seinen adjungierten Operator ein:
@k f (x) = f (x + ek ) ? f (x)
@k f (x) = f (x ? ek ) ? f (x)
P
(191)
(192)
Ist der Laplace-Operator des Gitters, so konnen wir ? = 4k=1 @k @k
schreiben. Beachten wir pek = pk , so ergeben sich die Eigenwertgleichungen:
@k fp(x) = (eipk ? 1)fp(x)
@k fp(x) = (e?ipk ? 1)fp(x)
Also ?fp (x) =
(193)
(194)
P4 jeipk ? 1j2f (x). Indem wir
p
k=1
4
X
Ep =
k=1
2(1 ? cos pk )
(195)
setzen, konnen wir auch ?fp(x) = Epfp(x) schreiben. Was sagt uns dieses
Ergebnis?
Das Spektrum von ? auf dem Gitter ist rein diskret und fallt
in das Intervall [0; 16].
Da wir die Spektralzerlegung des Operators ? besitzen, konnen wir auch
zugleich die Spektralzerlegung eines jeden Operators F (?) angeben, wenn
F (t) eine beliebige komplexwertige Funktion von einer reellen Variablen t ist
und das Intervall [0; 16] im Denitionsbereich von F liegt:
F (?)fp(x) = F (Ep)fp(x)
(196)
Eine erste Anwendung besteht darin, da wir F (t) = log(t + m2 ) wahlen und
zur Ortsdarstellung zuruckkehren:
log(? + m2 )(x; y) = N ?4
X
p
eip(x?y) log(Ep + m2)
Aus dieser Formel berechnet man leicht
Spur log(? + m2 ) =
X
x
log(? + m2 )(x; x) =
82
X
p
(197)
log(Ep + m2 ) (198)
und erhalt so Zugang zu dem Normierungsintegral
Z
D
expf? 12 (; (? + m2 ))g
=
? + m2 ?1=2
det
2
)
( X
2
= exp ? 12
p
log Ep + m
2
(199)
indem man von der Identitat det = exp Spur log Gebrauch macht.
Eine weitere Anwendung besteht darin, da wir F (t) = (t + m2 )?1 wahlen
und zur Ortdarstellung zuruckkehren. Auf diese Weise erhalten wir den euklidischen Propagator eines skalaren Teilchens:
h(x)(y)iN = SN (x ? y; m) = N ?4
X eip(x?y)
p
Ep + m2
(200)
Man beachte die charakteristische Abweichung von der Formel (3.12) aufgrund der Wahl eines Gitters.
Diese Zweipunktfunktion in einer allgemeinen Situation, d.h. in Anwesenheit von Wechselwirkungen, zu studieren, ist eine der wichtigsten Aufgaben
der Simulation auf dem Computer. Selbstverstandlich gilt dann nicht mehr
die Darstellung (200) in voller Strenge, sondern nur noch fur groe Abstande
jx ? yj, wenn m die kleinste Masse aller Zustande mit den Quantenzahlen des
Feldes ist. Auf einem unendlich ausgedehnten Gitter erwarten wir ein exponentielles Abfallgesetz fur die Zweipunktfunktion. Auf einem periodischen
Gitter gibt es jedoch keine \groen" Abstande. Deshalb ist in allen konkreten
Rechnungen (bei festem Gitter) eine Extrapolation der Art jx ? yj ! 1 zur
Bestimmung der Masse m nicht moglich, und die Frage tritt auf: Was tritt
an die Stelle des exponentiellen Abfalls?
Einen Hinweis kann die Formel (200) geben, jedoch ist sie noch zu kompliziert. Schreibt man fur den Ort x = fx; x4g und fur den Impuls p = fp; p4g,
so bewirkt eine Summation uber x eine Projektion auf Zustande mit p = 0:
X
x
SN (x; m) = N ?1
X
p4
expfip4 x4 g
m2 + 2(1 ? cos p4 )
(201)
Die so bestimmte Funktion lat sich in der Tat in geschlossener Form berechnen.
Theorem
83
Ein modizierter Massenparameter M sei durch sinh 12 M = 21 m
eingefuhrt. Dann gilt fur 0 x4 < N :
X
x ;x ;x
1
2
SN (x; m) = CN coshfM (x4 ? N=2)g
(202)
3
mit CN?1 = 2 sinh M sinh(MN=2).
Beweis. Wir setzen f () = [m2 + 2(1 ? cos )]?1 und entwickeln:
f () =
1
X
n=?1
cne?in
(203)
Die Koezienten bestimmen wir durch ein Fourier-Integral:
Z
1
cn = 2 ein f ()d
Z? cos n d
1
a = 1 + 21 m2 > 1
=
2 0 a ? cos p
= p 12 (a ? a2 ? 1)jnj
2 a ?1
Das Resultat vereinfacht sich, wenn wir a = cosh M setzen. Dies ist sinh 21 M =
1
2 m aquivalent, und wir erhalten
Damit konnen wir schreiben:
X
x
?M jnj
cn = 2esinh M
(204)
1
X
X ip x
1
cnN (x4 ? n)
SN (x; m) = N e f (p4) =
n=?1
p
4
4
4
mit
NX
?1
1
0mod N
N (n) = N ei2kn=N = 10 nn =
=
6
0 mod N
k=0
wobei wir p4 = 2k=N , x4 = n0 gesetzt haben. Also
1
X
n=?1
cnN
(n0 ? n) =
84
1
X
j =?1
cn0+jN
Im Bereich 0 n0 < N gilt
jn0 + jN j =
n0 + jN
N ? n0 + kN
j0
k 0 j+k+1=0
und somit
1
X
j =?1
e?M jn0+jN j =
e?Mn0 + e?M (N ?n0 ) = coshfM (n0 ? N=2)g
1 ? e?MN
sinh(MN=2)
was den Beweis beendet.
Im Kontinuum zerfallen Korrelationen exponentiell mit dem Abstand (siehe (3.15)), und aus dem asymptotischen Verhalten bestimmt man die Masse
des Teilchens. Auf einem toroidalen Gitter ist manches anders. Hier kann
der maximale Abstand zweier Punkte auf der Zeitachse hochstens den Wert
N=2 annehmen. Fur diesen Wert ist erwartungsgema die Korrelation minimal, aber nicht Null. Im ubrigen zeigt das eben bewiesene Theorem, da an
die Stelle des Exponentialgesetzes nun ein cosh-Gesetz tritt, wobei der darin
auftretende Massenparameter M zwar mit dem im Propagator autretenden
Parameter m in einfacher Weise verbunden ist, jedoch nicht mit ihm ubereinstimmt. Dieser Unterschied schwindet auch dann nicht, wenn wir N sehr gro
wahlen oder gar N nach Unendlich schicken. Erst die Einfuhrung einer Gitterkonstanten a mit nachfolgenden Limes a ! 0 fuhrt auf die gewunschte Identitat M = m, wie man an der fur alle a gultigen Beziehung sinh( 21 aM ) = 12 am
erkennt.
Am Beispiel des Zerfalls von Korrelationen lat sich deutlich machen,
wo die Grenzen der Zuverlassigkeit von Computersimulation auf dem Gitter
liegen. Fur den Wert M = 0:1 haben wir in einem Diagramm bei Gittergroen
zwischen 104 und 1004 die raumlich gemittelte Zweipunktfunktion im Bereich
0 < x4 < 10 aufgetragen und dabei so normiert, da sie stets bei x4 = 0 den
85
Wert 1 annimmt.
Der Abstand 10 zweier Punkte auf dem Gitter entspricht der Comptonwellenlange des Teilchens (in Einheiten der Gitterkonstanten). Um zu erreichen, da die Funktion fur gegebenes N im genannten Bereich sich nicht
wesentlich von der Grenzfunktion unterscheidet, mu in diesem Beispiel mindestens der Wert N = 100 gewahlt werden. Dies entspricht einer linearen
Ausdehnung des Gitters von mindestens 10 Comptonwellenlangen. Hat man
eine Langenskala durch Einfuhrung von a deniert, so mu aM 1 erfullt
sein, damit der Unterschied zwischen den Massen M und m nicht ins Gewicht fallt. Dies bedeutet, da die Gitterkonstante a auf jeden Fall kleiner
als 0; 1Comptonwellenlange zu wahlen ist.
Falls die Annahme eines Kontinuums eine mathematische Fiktion war
und der physikalische Raum im Kleinen eine noch unbekannte kornige Struktur besitzt (moglicherweise als Konsequenz der Quantengravitation), die auf
die Einfuhrung einer kleinsten \Elementarlange" (die Planck-Lange?) hinauslauft, so gelangen wir solange nicht in Widerspruch zur KontinuumsFeldtheorie, wie wir sicher sein konnen, da Elementarteilchen Comptonwellenlangen besitzen, die samtlich gro gegenuber der Elementarlange sind. Von
diesem Standpunkt aus betrachtet, erscheint es nicht gesichert, da Rechnungen, die von einem Kontinuum ausgehen, die Wirklichkeit besser beschreiben
verglichen mit Rechnungen, die von der Annahme einer endlichen Gitterkonstanten a ausgehen.
86
5.2.2 Darstellung durch Zufallswege auf dem Gitter
Das Studium des Zerfalls von Korrelationen und das Aunden von \scharfen" Korrelationsungleichungen gehort zu den wichtigsten Aufgaben der Feldtheorie wie auch der statistischen Mechanik. Aus diesem Grund wollen wir
hier eine weitere Technik erproben, die Darstellung namlich durch Pfade
auf dem Gitter. Ausgangspunkt ist die folgende Beschreibung des LaplaceOperators:
=
4
X
i=1
(Si + Si?1 ? 2)
[Sif ]x0 = fx0?ei =
X
x
(205)
(Si)x0xfx
(206)
Anschaulich: Si bedeutet Schritt in die i-te Richtung, und Si?1 bezeichnet
Schritt in die entgegengesetzte Richtung. Deutet man etwa f als Verteilung
eines ktiven Teilchens auf dem Gitter, so ware Sif die verschobene Verteilung.
Durch eine Folge ei ; ei ; : : : ; ein von Verschiebungsvektoren wird genau ein Weg ! der Lange j!j = n auf dem Gitter beschrieben, der von einem
vorgegebenen Anfangspunkt x zum Endpunkt
x0 = ( ((x ei ) ei ) ein )
fuhrt. Da die Translationen auf dem Gitter eine kommutative Gruppe bilden,
konnen wir naturlich auf die Klammern auch verzichten und die Verschiebungsvektoren permutieren. Hierdurch entstehen neue Wege, die von x nach
x0 fuhren. Alle so erzeugten Wege bilden eine A quivalenzklasse, die wir mit [!]
bezeichnen. Dem einzelnen Pfad ! ist die Operatorfolge Si(n?1) ; ; Si(?1) ; Si(?1)
zugeordnet, wobei wir Si?1 schreiben, sobald der Verschiebungsvektor ei ein
negatives Vorzeichen hat. Das Produkt S! = Si(n?1) Si(?1) Si(?1) hingegen ist
eine Klassenfunktion: Der Operator S! hangt nur von [!] ab. Er verschiebt
eine gegebene Anfangsverteilung auf dem Gitter, und seine Matrixelemente
sind
1 ! : x ! x0
(S!) )x0x = 0 sonst
1
2
1
2
2
2
1
1
Wesentlich ist jetzt die folgende Beobachtung: die Zahl der Wege ! gegebener
Lange n, die vom Punkt x zum Punkt x0 fuhren, ist rein algebraisch durch
ein Matrixelement ausdruckbar:
X
X
P
1 =
(S[!])x0x = ( i(Si + Si?1))nx0x
(207)
!:x!x0
j!j=n
!:x!x0
j!j=n
87
Jetzt entwickeln wir den Propagator, der hier als Matrix aufzufassen ist:
(? + m2 )?x01x
=
=
1
X
P
(m2 + 8)?n?1( i(Si + Si?1))nx0x
X
n=0
!:x!x0
j!j+1
(208)
(209)
wobei = (m2 + 8)?1 gesetzt wurde. Wir besitzen somit eine Darstellung,
die die Korrelation zwischen x und x0 ausdruckt durch eine Summe uber
alle Pfade, die von x nach x0 fuhren, wobei lange Pfade ein exponentiell abnehmendes Gewicht bekommen (auch auf einem endlichen Gitter konnen die
Pfade beliebig lang werden, wenn Gitterpunkte mehrfach besucht werden).
Die Summe beginnt mit dem kurzesten Pfad: i.allg. ist ein solcher Pfad auf
dem Gitter nicht eindeutig. Wir haben zwei Fragen zu klaren:
1. Konvergiert die Entwicklung (209)?
2. Wie verhalt sich der Propagator, wenn die Distanz24 jx0 ? xj = !min
j!j
:x!x0
gro wird?
Die Antwort auf beide Fragen nden wir durch die einfache Feststellung, da
die Anzahl aller Pfade N (n) der Lange n, fur die nur der Anfangspunkt,
nicht aber der Endpunkt festgelegt wurde, die Beziehung N (n) = 8n erfullt
(allgemein (2d)n in d Dimensionen). Deshalb nden wir ein konvergente majorisierende Reihe
0 < (? + m2 )?x01x
<
1
X
n=jx0?xj
8nn+1 = m?2 e?jx0?xj
(210)
mit einem neuen Massenparameter = log(1 + m2=8), sobald die Bedingung
m2 > 0 erfullt ist. Die gewonnene Abschatzung ist bei weitem nicht so prazise
wie der Inhalt des Theorems im vorigen Abschnitt. Zwar haben wir mittels
der Pfadsumme den exponentiellen Zerfall der Korrelationen nachgewiesen,
jedoch der gefundene Wert fur befriedigt nicht: er weicht von M (zu berechnen aus sinh 21 M = 12 m) deutlich ab, und zwar umso mehr, je groer m
ist. Die Ungleichung M > ist leicht zu demonstrieren.
Die Methode der Zufallswege auf dem Gitter ist verallgemeinerungsfahig.
Im Prinzip ist es moglich, jede beliebige n-Punktfunktion eines selbstwechselwirkenden Skalarfeldes als Pfadsumme darzustellen. Diese Art der Beschreibung wurde 1969 von K.Symanzik in die Feldtheorie eingefuhrt und spielte
eine entscheidende Rolle in den Beweisen von M.Aizenman und J.Frohlich,
die Trivialitat der 4-Theorie in Dimensionen d > 4 betreend.
24 Oensichtlich handelt es sich hierbei um die sog. Taxifahrer-Metrik.
88
5.3 Das Variationsprinzip
Wir verfolgen im Augenblick zwei Ziele. Zu einen wollen wir den Zusammenhang der euklidischen Formulierung der Feldtheorie mit der statistischen
Mechanik deutlich machen, zum anderen wollen wir die Abhangigkeit von
der Planckschen Konstanten hervorheben, um so den klassischen Grenzfall
~ = 0 besser zu erkennen. Wir erl
autern zunachst den Begri der Entropie
in einem moglichst einfachen mathematischen Rahmen.
5.4 Modelle mit diskretem Phasenraum
Anstelle der Feldtheorie studieren wir eine statistische Theorie mit endlich
vielen Zustanden, d.h. wir ersetzen den Phasenraum durch eine Menge von
n Elementen. Das Ising-Modell ist von dieser
Art: ist d die Dimension und
N die Gitterperiode, so gilt dort n = 2N d . Aber auch von der Feldtheorie
ausgehend, lassen sich solche Modelle konstruieren, etwa dadurch, da man
den kontinuierlichen Phasenraum in Zellen i einteilt (engl. coarse graining). An die Stelle von
Maen d() treten Verteilungen p = (p1; : : : ; pn)
P
mit 0 pi 1 und i pi = 1. Jeder Verteilung mit n Freiheitsgraden ist
vermoge der Formel
n
X
S (p) = ? pi log pi
(211)
i=1
eine Zahl zugeordnet, die man die Entropie der Verteilung nennt. Hierbei
setzt man pi log pi = 0 fur pi = 0. In der Thermodynamik wird kS (p) als die
Entropie erklart, wobei k die Boltzmann-Konstante ist. Diesem Brauch wollen wir hier mit Blick auf eine moglichst breite Anwendbarkeit nicht folgen.
Es gilt S (p) 0. Das Maximum der Entropie ist abhangig von der Zahl
der Zustande und wird nur von der Gleichverteilung erreicht:
sup S (p) = S ( n1 ; : : : ; n1 ) = log n
p
Die Verteilung p soll mit einer zweiten Verteilung = (1 ; : : : ; n) verglichen
werden. Als Entropie von p relativ zu bezeichnet man die Zahl
S (pj) = ?
X
i
pi log(pi=i)
(212)
wobei ?1 ein erlaubter Wert ist. Im Grunde ist die Denition (211) von S (p)
nur ein Spezialfall von (212), ein Fall der eintritt, wenn die Gleichverteilung
ist:
(213)
S (p j n1 ; : : : ; n1 ) = S (p) ? log n
89
Bis auf den irrelevanten konstanten Term ? log n stimmen hier beide Entropiebegrie uberein.
Lemma
Es gilt stets S (pj) 0 und S (pj) = 0 genau dann, wenn i = pi
fur alle i erfullt ist.
Beweis. Fur alle i sei i > 0. Die Funktion f (u) = u log u ist konvex fur
u 0; denn f 00(u) = u?1 > 0. Deshalb:
f(
X
i
iui) X
P
i
if (ui)
Hierin setzen wir ui = pi=i, so da i i ui =
folgt
X
0 pi log(pi=i)
(214)
Pp
i i
= 1. Wegen f (1) = 0
i
wie gewunscht. Da die Funktion f (u) strikt konvex ist (f 00 (u) > 0), gilt das
Gleichheitszeichen in (214)
genau dann,
wenn alle ui gleich sind: ui = q, also
P
P
pi = qi und damit 1 = i pi = q i i = q, d.h. i = pi, und das Lemma
ist bewiesen.
Es seien w1; : : : ; wn irgendwelche reelle Zahlen. Ihnen ist immer eine Verteilung zugeordnet, indem man setzt:
i = z?1 e?wi
z=
X
i
e?wi
(215)
In diesem Fall erhalt man die Identitat
X
piwi ? S (p) = ?S (pj) ? log z
(216)
i
und wir erkennen, da das eben bewiesene Lemma zu der folgenden Aussage
aquivalent ist:
Variationsprinzip
Es gilt
inf
p
(X
i
)
piwi ? S (p) = ?logz
(217)
wobei das Inmum fur nur fur die Verteilung p = erreicht wird;
und z sind durch (215) gegeben.)
90
In allen Anwendungen sind die Zahlen wi Mewerte einer Observablen W im
Zustand i (der Energie in Einheiten von kT , der Wirkung in Einheiten von
~ etc.).
Was geschieht, wenn in (217) die Entropie weggelassen wird und das Problem
X
i
0 pi 1 ;
piwi = Minimum
P
X
i
pi = 1
(218)
zu losen ist? Oensichtlich gilt min i piwi = mini wi, und existiert unter
den Zahlen wi genau eine, die minimal ist, sagen wir wi , so ist die Losung
eindeutig:
1 i=i
pi = 0 sonst0
(219)
0
Dies wollen wir im Auge behalten; denn (218) entspricht dem klassischen
Grenzfall, dem U bergang namlich von der stochastischen zur deterministischen Beschreibung.
5.5 Modelle mit kontinuierlichem Phasenraum
Auch in der Gitterformulierung geht die Feldtheorie von einem kontinuierlichen Phasenraum aus. Selbst bei Beschrankung auf einen einzigen Gitterpunkt ware der Phasenraum eines n-komponentigen Feldes mit R n zu identizieren.
Der Einfachheit halber betrachten wir ein einzelnes Skalarfeld, das etwa
der Beschreibung eines Higgs-Teilchens dienen konnte. Wir setzen voraus, da
die euklidische Wirkung die Form (185) hat und da W () nicht ~ enthalt.
Das entspricht der fruher (s.Vorlesung QFT I) vertretenen Auassung, da
die Wirkung eine rein klassische Groe ist, die durch Anwendung des Korrespondenzprinzips in die Quantenfeldtheorie ubernommen wird. Ebenso ist
der Phasenraumes , dem angehort, eine rein klassische Konstruktion.
Die n-Punktfunktionen berechnen wir als Mittelwerte von (x1 ) (xn)
bezuglich des normierten Maes (auf )
?1
?1
d() = D
Z Z expf?~ W ()g
Z = D expf?~?1 W ()g
(220)
(221)
Auf dem Gitter ist ~ { wie alle anderen Groen { dimensionslos. Diese Variable ist sozusagen ein \Platzhalter" fur die Plancksche Konstante. Sie dient
dazu, klassische Eekte von Quanteneekten verschiedener Ordnung zu unterscheiden.
91
Folgen wir dem Sprachgebrauch der statistischen Mechanik, so ist Z eine Zustandssumme und d() ein Gibbs-Ma. Man wei, da Gibbs-Mae
Losungen eines Variationsproblems sind. Die diskrete Version dieses Problems haben wir im vorigen Abschnitt kennengelernt. Das allgemeine Konzept verlangt die Einfuhrung der Entropie eines W-Maes. Die hier vorgestellte Denition geht auf Boltzmann, Gibbs und Shannon zuruck.
Denition der Entropie
Fur ein W-Ma auf mit d() = D p() und p() 0 ist
die Entropie durch
Z
S () = ? D p() log p()
(222)
gegeben.
Wie fruher setzt man auch hier r log r = 0 fur r = 0. Es existiert kein
Maximum fur S (): es entsprache einer Gleichverteilung von (x) auf R ,
die durch kein W-Ma reprasentiert ist. Der Wertebereich von S () ist die
gesamte reelle Achse.
Um zwei W-Mae und miteinander vergleichen zu konnen, fuhren wir
die relative Entropie ein:
Z
S (j ) = ? d() log g()
R
d() = d () g()
(223)
Hierfur schreibt man auch S (j ) = ? d log(d=d ). Wir setzen g() > 0
voraus.
Lemma

Es gilt allgemein S (j ) 0 und S (j ) = 0 nur fur =_ (Ubereinstimmung der Mae bis auf eine Menge vom Mae Null).
Beweis. Die Funktion f (u) = u log u ist konvex fur u 0. Deshalb gilt die
Ungleichung von Jensen
Z
f ( d () g()) Z
d () f (g())
R
fur jede Funktion g : ! R + . Setzen wir g = d=d , so folgt d g = 1,
und wegen f (1) = 0 haben wir somit
0
Z
d() log g()
92
wie gewunscht. Da f strikt konvex ist, gilt das Gleichheitszeichen nur, falls
g() = q =konstant ist (fast uberall auf , also abweichend von q hochstens
auf
Menge
vom -Ma Null). Gilt aber d()=_ qd (), so folgt 1 =
R deiner
R
() = q d () = q und deshalb =_ .
Nun sei d() = D p() und
?1
?1
d () = D
Z Z expf?~ W ()g
Z = D expf?~?1 W ()g
(224)
(225)
ein Gibbs-Ma. Dann nden wir die Identitat
Z
d() W () ? ~S () = ?~S (j ) ? ~Z
Die hierin auftretende Groe
(226)
Z
h; W i = d() W ()
(227)
nennen wir die mittlere Wirkung. Das eben bewiesene Lemma ist mit der
folgenden Aussage aquivalent.
Variationsprinzip
Es gilt
inf
fh; W i ? ~S ()g = ?~Z
(228)
Das Inmum wird nur fur =_ erreicht, wobei und Z durch die
Formeln (224) und (225) gegeben sind.
In der Menge der W-Mae ist jedes Gibbs-Ma also dadurch ausgezeichnet,
da es ein Variationsproblem lost.
Was geschieht im Grenzfall ~ = 0 ? Hier geht die Quantenfeldtheorie in
die ihr zugeordnete klassische Feldtheorie uber, weil das Variationsproblem
(228) in das Hamiltonsches Prinzip der kleinsten Wirkung ubergeht:
h; W i = Minimum
(229)
Dieses wird dadurch gelost wird, da wir { genau so, wie in (219) geschehen {
fur ein Dirac-Ma wahlen, das auf dem Minimum der Wirkung konzentriert
ist. Ist 0 die Stelle des Minimums, so gilt:
h; W i = W (0) = min
W ()
2
93
(230)
Ist 0 eindeutig, und nur unter dieser Bedingung, konnen wir den klassischen
Limes der Quantenfeldtheorie sofort angeben:
limh(x1 ) : : : (xn)i = 0(x1 ) : : : 0(xn)
~!0
(231)
Das Minimum der euklidischen Wirkung ndet man durch Losen der sich
daraus ergebenden Euler-Lagrange-Gleichungen. Dies sind die euklidischen
Feldgleichungen der Theorie25 (auf dem Gitter sind dies Dierenzengleichungen). Die Existenz des Minimums wird durch die Stabilitatsbedingung garantiert: Im Phasenraum existiert in jedem Fall ein Element 0, das als
der klassische Pfad des Feldes erscheint. Durch den Eekt der spontanen
Symmetriebrechung konnte es jedoch passieren, da nicht nur eine, sondern
gleich mehrere klassische Losungen (eventuell ein Kontinuum von Losungen)
die Wirkung minimieren. In in einem solchen Fall ist das klassische Problem
nicht eindeutig losbar, und der Grenzfall ~ ! 0 der Quantenfeldtheorie verlangt eine sorgfaltigere Diskussion.
Theoretisch ist es moglich, von der Situation ~ = 0 auszugehen. Wird
der Parameter ~ eingeschaltet, so beginnt das Quantenfeld um die klassische
Losung zu uktuieren als Folge des Entropieterms in (228). Aus dieser Sicht
ist es die Entropie, die das Quantenfeld zu einer Zufallsvariablen werden lat.
Das Gibbs-Ma ist in jedem Fall eindeutig, solange das Gitter endlich ist. Im
thermodynamischen Limes (N ! 1) hingegen kann u.U. diese Eindeutigkeit wieder verlorengehen, namlich dann, wenn ein Phasenubergang existiert
und wir uns in einer Phase mit mehreren Gleichgewichtszustanden benden.
Dies wird i.allg. auch durch eine spontane Symmetriebrechung begleitet sein.
Quantenuktuationen wirken dem entgegen: Je groer ~, umso geringer die
Chance fur eine spontane Symmetriebrechung.
In der statistischen Mechanik begegnet man einem Variationsprinzip,
das seiner Struktur nach dem oben formulierten Prinzip vollig gleicht: Sei
namlich U die innere Energie eines Vielteilchensystems, S seine Entropie,
beide Groen abhangig von dem Zustand, und bende sich das System im
Kontakt mit einem Warmebad bei der Temperatur T , so wird ein Gleichgewicht genau dann erreicht, wenn der Ausdruck U ? TS seinen Minimalwert
annimmt. Dieser Wert wird die freie Energie F (auch Helmholtz-Energie) des
Systems bei der Temperatur T genannt. Der Gleichgewichtszustand, fur den
das Minimum angenommen wird, ist das kanonische Ensemble. Im Gleichge25 In der euklidischen Theorie sucht man das Minimum, in der Minkowski-Theorie hin-
gegen allgemeiner die stationaren Punkte der Wirkung. Dies ist ein wichtiger Unterschied
und ist darauf zuruckzufuhren, da elliptische Dierentialgleichungen (der euklidische Fall)
einem Minimum, hyperbolische Dierentialgleichungen (der Minkowski-Fall) stationaren
Punkten der Wirkung entsprechen.
94
wicht hat man also die Beziehung F = U ? TS , die in der Thermodynamik
der Gase und Flussigkeiten eine wichtige Rolle spielt.
In der Quantenfeldtheorie tritt an die Stelle der inneren Energie U die
mittlere Wirkung h; W i und an die Stelle der Temperatur die Plancksche
Konstante. Obwohl sie von Natur aus einen festen dimensionsbehafteten Wert
besitzt, kann es u.U. sinnvoll sein, sie auf dem Gitter wie eine variable dimensionslose Groe zu behandeln. Hochtemperaturentwicklungen der statistischen Mechanik entsprechen im Rahmen der Feldtheorie Reihenentwicklungen nach Potenzen von 1=~, Niedertemperaturentwicklungen entsprechen
Reihen in ~n (engl. loop expansion).
Bei voller Anwendung thermodynamischer Prinzipien auf die Feldtheorie
werden wir u.a. auch auf die \freie Energie" eines Feldes gefuhrt:
F = inf
[h; W i ? ~S ()] = ?~ log Z
(232)
Aus der statistischen Mechanik ist bekannt, da es sich hierbei um eine extensive Groe handelt. Mit wachsendem Gitter { das heit fur N ! 1 {
strebt N ?4 F , die freie Energie pro Gitterplatz, einem Limes f zu.
Fur ein freies Skalarfeld der Masse m nden wir durch Anwendung der
Formel (199) fur die Gitterperiode N :
~X
E
p + m2
F = 2 log 2~
(233)
p
Ep =
4
X
k=1
2(1 ? cos pk )
p 2 ( 2N ZN )4
Wir wahlten eine Darstellung, bei der die Impulskomponenten pk stets in
das Intervall [0; 2] fallen. Die Periodizitat der Winkelfunktionen ausnutzen,
konnen wir jedoch auch eine Darstellung wahlen, bei der die Werte von pk
im Intervall [?; ] liegen. Wir kommen so zu dem Begri der BrioullinZone B4 = [?; ]4 . Mit wachsendem N wird die Brioullin-Zone dichter und
dichter mit erlaubten Impulswerten gefullt, so da man schlielich d4p = ( 2N )4
setzen kann und zu einem Integral gelangt:
Z
2
~=2
4p log Ep + m
?
4
d
(234)
f = Nlim
N
F
=
!1
(2)4 B
2~
4
5.6 Die eektive Wirkung
Jedes W-Ma auf dem Phasenraum fuhrt zu einem Erwartungswert
Z
h(x)i = h; (x)i = d() (x)
95
des Feldes, und Mittelwerte dieser Art sind selbst wieder Elemente von ;
wir schreiben kurz h; i = 0 fur ein solches Element. Mehr noch ist richtig,
namlich jedes 0 2 ist auf diese Weise erhaltlich, etwa dadurch, da man
ein Dirac-Ma wahlt, das auf 0 konzentriert ist: d() = D ( ? 0). Ist
speziell das Gibbs-Ma in bezug auf eine Wirkung W , so ist man berechtigt, h; i = als ein klassisches Feld aufzufassen, das dem Quantenfeld
zugeordnet ist, genauso wie etwa ein klassisches Maxwell-Feld als Erwartungswert des Operatorfeldes der QED erscheint. Sind die Feldgleichungen
linear, so werden sie sowohl von dem Operatorfeld als auch von seinem Erwartungswert erfullt. Bei wechselwirkenden Feldern ist dies nicht mehr der
Fall.
Eine ahnliche Situation liegt bereits in der Quantenmechanik vor, wo die
Erwartungswerte von Ort und Impuls als die klassischen Groen der Theorie verstanden werden, und man lernt dort, da die Erwartungswerte { den
kraftefreien Fall ausgenommen { nicht den gleichen Bewegungsgleichungen
gehorchen, wie die entsprechenden Operatoren im Heisenbergbild. Zur Demonstration betrachten wir ein einfaches Beispiel, bei dem der HamiltonOperator die Gestalt
H (P; Q) = 21m P 2 + V (Q) :
(235)
hat. Es sei Q(t) der zeitabhangige Ortsoperator im Heisenberg-Bild und K =
?grad V die Kraft. Die Bewegungsgleichung mQ = K (Q) fuhrt nicht auf
mq = K (q) fur den Erwartungswert26 q(t) = hQ(t)i. Die Diskrepanz kommt
dadurch zustande, da i.allg.
hK (Q)i 6= K (hQi)
(236)
gilt, konstante Krafte und den harmonischen Oszillator ausgenommen. Nun
ist es vorstellbar, da Erwartungswerte auch einer Bewegungsgleichung genugen,
da in unserem Fall etwa die Dierentialgleichung
d @Le ? @Le = 0
(237)
dt @ q_
@q
erfullt ist fur eine geeignete Wahl von Le (q;_ q). Dann wurde man Le die
eektive Lagrange-Funktion nennen und wute: Losungen von (237) machen
die eektive Wirkung
We =
Z
dt Le(q_(t); q(t))
(238)
26 Gemeint ist der Erwartungswert bezuglich eines Zustandes im Heisenberg-Bild. Bei
Benutzung dieses Bildes sind Zustande grundsatzlich zeitunabhangig.
96
stationar. Fur den harmonischen Oszillator gilt Le (q;_ q) = L(q;_ q). Im allgemeinen mu jedoch damit gerechnet werden, da Le ganz wesentlich von
L abweicht und zudem noch von dem gewahlten Zustand abhangig ist. Die
Abhangigkeit von dem Zustand macht schlielich, da das Konzept der effektiven Wirkung in der Quantenmechanik nur von marginalem Interesse ist.
Die Feldtheorie hingegen besitzt einen ausgezeichneten Zustand, das Vakuum, oder euklidisch gesprochen, das Gibbs-Ma zur Wirkung W .
In der euklidischen Feldtheorie ist die Konstruktion einer eektiven Wirkung gleichbedeutend mit der Beantwortung der Frage: Welcher Feldgleichung genugt das klassische Feld = h; i, wenn das Gibbs-Ma einer
Wirkung W ist? Die Existenz einer eektiven Wirkung We ist leicht zu demonstrieren, wenn man nur beachtet, da das Problem h; W i ? ~S () =
Minimum in Stufen losbar ist:
1. Fur alle 2 sucht man zunachst das eingeschrankte Minimum
We fg = inf
fh; W i ? ~S () j h; i = g
(239)
2. Anschlieend lost man das Problem We fg = Minimum . Durch die
Minimumssuche in wird die Beschrankung h; i = in (239) wieder
aufgehoben.
Das Minimum von We fg ist die freie Energie F . In dem Augenblick, wo
die eektive Wirkung minimiert, lost das Problem h; W i ? ~S () =
Minimum unter der Beschrankung h; i = .
Auch in der statistischen Mechanik werden eektive Wirkungen und die
ihnen entsprechenden Feldgleichungen eingefuhrt. Von dieser Art sind etwa
die Ginsburg-Landau-Gleichungen in der Theorie der Supraleitung. Wir werden die GL-Gleichungen im Abschnitt 4.6 vorstellen. Was wir nun fur die
euklidische Feldtheorie skizzieren, ist gewissermaen eine Verallgemeinerung
der Ideen, die zur Ginsburg-Landau-Theorie fuhrten.
Die eektive Wirkung war das Resultat einer Extremalaufgabe mit Nebenbedingung. Probleme dieser Art lassen sich mit der Methode der Lagrangeschen Multiplikatoren behandeln. Fur jeden Gitterpunkt x fuhren wir einen
reellen Multiplikator j (x) ein und studieren anstelle der ursprunglichen Extremalaufgabe nun das Problem
h; W i ? ~S () ?
X
x
j (x)h; (x)i = Minimum
(240)
(j fest, variabel). Da dieses Variationsproblem aber wieder
P die vertraute
Gestalt (228) besitzt { lediglich W fg ist durch W fg? x j (x)(x) ersetzt
97
worden {, konnen wir die Losung sofort angeben:
?1 exp ~?1 [P j (x)(x) ? W fg] (241)
dj () = D
Z
f
j
g
x
Z
P
Z fj g = D exp ~?1[ x j (x)(x) ? W fg]
(242)
Minimum = ?~ log Z fj g
(243)
Es handelt sich oenbar bei j wieder um ein Gibbs-Ma, abhangig von den
Lagrangeschen Multiplikatoren. Dieses Ma bestimmt eine ganze Familie von
Feldtheorien, indem es gestattet n-Punktfunktionen zu denieren:
Z
h(x1 ) (xn)ij = dj () (x1) (xn)
(244)
Hierbei wirkt j (x) wie ein von auen angelegtes Feld oder auch wie ein auerer Strom, und Z fj g ist ein erzeugendes Funktional fur die n-Punktfunktionen.
Das Variationsproblem (239) mit Nebenbedingung wird gelost, indem
man den Strom j (x) so bestimmt, da h(x)ij = (x) bei gegebenem erfullt ist. Wir setzen
We fj g = ~ log Z fj g
(245)
und haben in We fj g ein erzeugendes Funktional fur die Kumulanten des
Feldes. Insbesondere gilt
@We fj g = Z fj g?1~ @Z fj g = h(x)i
(246)
j
@j (x)
@j (x)
Die Bedingung h(x)ij = (x) ist also gleichbedeutend mit
@We fj g = (x)
(247)
@j (x)
und (247) lost das Variationsproblem
X
j (x)(x) ? We fj g = Maximum
(248)
x
( fest, j variabel). Grund: erstens, (247) fuhrt sicherlich zu einem Extremum
der linken Seite in (248); zweitens, die Matrix der zweiten Ableitungen,
@ 2 log Z fj g = h(x)(x0 )i ? h(x)ih(x0 )i ;
(249)
Kxx0 = ~2 @j
(x)@j (x0 )
erweist sich als die Kovarianzmatrix des Feldes, ist also
P positiv denit, und
somit ist We fj g ein konvexes Funktional. Folglich: ist x j (x)(x) ? We fj g
extremal, so kann es sich nur um ein Maximum handeln. Wir kommen nun
zu den entscheidenden Relationen zwischen den von uns eingefuhrten Funktionalen:
98
Theorem
Es sei W fg die Wirkung eines euklidischen Feldes, Wefg die
ihr zugeordnete eektive Wirkung und We fj g das erzeugende
Funktional der Kumulanten. Dann gehen We und We durch eine
Legendre-Transformation auseinander hervor:
P
Wefg = sup( xj (x)(x) ? We fj g)
j
P
Wefj g = sup( xj (x)(x) ? Wefg)
(250)
(251)
Beide Funktionale sind konvex.
Beweis. Die Denitionen benutzend konnen wir schreiben:
X
x
j (x)(x) ? We fj g =
X
j (x)(x) ? ~ log Z fj g
x "
X
= inf
h; W i ? ~S () ?
x
j (x)f(x) ? h; (x)ig
inf [h; W i ? ~S () j h; i = ]
= We fg
Die Ungleichung entsteht, weil das absolute Minimum immer tiefer liegt als
das Minimum, das wir in einem Teilraum von W-Maen nden, der durch
eine Nebenbedingung gegeben ist. Die obere Schranke gilt fur jeden Wert
von j (x). Wir wissen bereits, da es eine Funktion j gibt, fur die Gleichheit
erreicht wird, namlich dann, wenn h(x)ij = (x) erfullt ist. In diesem Fall
gilt
Wefg = hj ; W i ? ~S (j ) :
(252)
Also gilt (250). Die Behauptung (251) folgt mit dem gleichen Argument. Die
Konvexitat von We haben wir schon oben gezeigt. Sei = 1 + (1 ? )2,
0 < < 1 und j beliebig. Dann gilt
We fig X
x
j (x)i(x) ? We fj g i = 1; 2
und folglich
Wef1g + (1 ? )Wef2g 99
X
x
j (x)(x) ? We fj g
#
Indem wir das Supremum uber alle j bilden, erhalten wir:
We f1g + (1 ? )We f2g We fg
Dies bestatigt die Konvexitat von We und das Theorem ist bewiesen.
Zwischen den drei wesentlichen Funktionalen einer Feldtheorie gibt es
Zusammenhange, die wir in einem Diagramm veranschaulichen:
klassische Wirkung
W fg
@
?
?
?
?
Variationsprinzip
?
?
?
?
eektive Wirkung
We fg
@@
@
funkt. Integration
@
@@
@R
Legendre-Transf. -
erzeug. Funktional
We fj g = ~ log Z fj g
Fur die Wirkung eines freien Feldes der Masse m schreiben wir
"X
X
1
W fg = 21 (; (? + m2 )) := 2
x
i
f@i(x)g2 + m2 (x)2
#
(253)
Es ist eine leichte U bungsaufgabe, in dieser speziellen Situation erst We und
dann We zu berechnen. Man erhalt:
We fj g = 21 (j; (? + m2 )?1j ) ? F
We fg = 21 (; (? + m2 )) + F
(254)
(255)
F ist die in (4.41) berechnete freie Energie; sie ist eine Konstante, weder
abhangig von noch von j . Wenn wir von dem Auftreten dieser Konstanten
absehen, so haben wir es mit bilinearen Funktionalen zu tun, die selbstverstandlich konvex sind, weil die Bilinearformen positiv sind. Daruberhinaus gilt die Beziehung We fg = W fg + F . Sie ist charakteristisch fur freie
Felder.
100
5.7 Das eektive Potential
Der Punkt ist gekommen, wo eine Warnung angebracht erscheint. Es gibt keine strenge noch eine plausible Begrundung dafur, da die eektive Wirkung
wieder die Gestalt
We fg =
X (1 X
x
2
i
(@i (x))2 + Ue ((x))
)
(256)
haben sollte. Bestenfalls kann (256) als Ansatz fur eine Naherung angesehen
werden, wenn man von einer klassischen Wirkung W ausgegangen ist. Ist
man jedoch nur an der Modellbildung interessiert, um Erscheinungen wie die
spontane Symmetriebrechung zu studieren, so kann es vorteilhaft sein, einen
Ansatz wie (256) an die Spitze zu stellen. Die Vorzuge liegen auf der Hand:
Das erzeugende Funktional We fj g fur die Kumulanten des Feldes ist
durch eine einfache Legendre-Transformation aus der eektiven Wirkung zu erhalten. Umfangreiche Integrationen uber Raume hoher Dimension werden so vermieden.
Auch nach Ausfuhrung des thermodynamischen und Kontinuums-Limes
behalt die eektive Wirkung ihre Bedeutung und deniert das Modell
vollstandig, wahrend die klassische Wirkung W ihre Bedeutung fur die
Theorie verliert, weil die (unrenormierten) Kopplungskonstanten der
Wechselwirkung i.allg. gegen Null streben.
In Abhangigkeit von den verschiedenen Parametern der Theorie lat
sich anhand der eektiven Wirkung der U bergang von der symmetrischen in die unsymmetrische Phase, d.h. in die Phase der spontanen
Brechung einer Symmetrie, leicht studieren: die Brechung setzt dann
ein, wenn We zwar symmetrisch ist, aber das Problem We =Minimum
eine unsymmetrische Losung besitzt.
Hat die eektive Wirkung genau die Form, wie sie durch (256) vorgegeben ist, so kann die Symmetrie gegenuber Translationen x 7! x + a
nicht spontan gebrochen sein. Der Grund ist, da das Minimum, also das Gleichgewicht, dann nur unter zwei Bedingungen angenommen
wird:
1. @i (x) = 0, d.h. (x) = c =konstant.
2. Ue (r) ist minimal fur r = c.
101
Der letzte Punkt macht deutlich, da dem eektiven Potential Ue (r) eine zentrale Stellung zukommt. Seine Minima entscheiden daruber, ob das
Modell sich in seiner symmetrischen oder unsymmetrischen Phase bendet.
Das klassische Potential U (r) gibt hieruber nur unzureichende Auskunft. Seine Minima konnen mitunter eine spontane Brechung falschlich vorhersagen,
die in Wirklichkeit durch Quantenuktuationen (Einschalten von ~) zerstort
wird.
Dies wirft die Frage auf, ob man das eektive Potential nicht auch unabhangig von der Gultigkeit der Darstellung (256) denieren kann, so da
die Existenz dieser wichtigen Groe gesichert ist. Die Antwort ist denkbar
einfach.
Denition
Das eektive Potential ist die eektive Wirkung pro Gitterplatz
fur konstantes (x):
Ue(r) = N ?4 Wefg
(x) = r
(257)
Ist die Symmetrie unter Translationen nicht spontan gebrochen, so bedeutet
dies, da das Minimum der eektiven Wirkung fur ein konstantes erreicht
wird. Dieses Minimum deckt sich dann mit dem Minimum des durch (257)
denierten eektiven Potentials. Im Falle eines einzigen reellen Skalarfeldes
bleibt somit nur die Moglichkeit, da die Symmetrie 7! ? spontan gebrochen wird, d.h. es gilt Ue (?r) = Ue (r) und das Minimum liegt bei r = c 6= 0.
Genau dies wird aus zwei Grunden erschwert:
1. Das eektive Potential ist eine konvexe Funktion. Denn die eektive
Wirkung ist ein konvexes Funktional und es gilt (257).
2. Auf einem endlichen Gitter sind alle Abbildungen
z 7! We fzj g
z 7! We fzg
analytische Funktionen von z 2 C . Die Eigenschaften des klassischen
Potentials haben hierauf keinen Einu. Aus (257) folgt, da auch
Ue (r) eine analytische Funktion von r ist.
Man uberlegt sich leicht, da ein konvexes und analytisches Potential mit
der Symmetrie Ue (?r) = Ue(r) genau ein Minimum besitzt, das sich an
der Stelle r = 0 bendet. Schlufolgerung:
102
Auf einem endlichen Gitter gibt es weder einen Phasenubergang,
noch eine spontane Symmetriebrechung, noch ein Kondensat h(x)i 6=
0.
Auf einem unendlichen Gitter (bei N ! 1 also) geht von den Eigenschaften
des eektiven Potentials nur die Analytizitat moglicherweise verloren. Und
dies gibt uns eine Chance, die spontane Brechung der Symmetrie 7! ?
dennoch zu beobachten, wie die Skizze verdeutlicht:
Wie man sieht, wird die spontane Brechung nur dadurch ermoglicht, da das
eektive Potential auf einem symmetrischen Intervall [?c; c] konstant ist.
Eine solche Funktion kann nicht analytisch sein, es sei denn, sie ist uberall
konstant. Den beiden Endpunkten des Intervalls entsprechen Gleichgewichtszustande, beschrieben durch W-Mae ? und +, so da h; (x)i = c
gilt. Aber auch jeder andere Wert des Intervalls [?c; c] tritt als mogliches
Kondensat auf. Denn, fur 0 < < 1 ist auch = ? + (1 ? )+ ein
Gleichgewichtszustand mit h; (x)i = (?c) + (1 ? )c. Insbesondere gibt
es ein Gleichgewicht, bei dem das Kondensat verschwindet.
Oensichtlich gilt: W-Mae, die Gleichgewichte beschreiben, bilden eine
konvexe Menge. Dies bedeutet, da mit 1 und 2 auch die konvexe Kombination = 1 +(1 ? )2 zu dieser Menge gehort (0 < < 1 vorausgesetzt).
Gleichgewichtszustande, die sich nicht als konvexe Kombination aus anderen
ergeben, die sich somit nicht zerlegen lassen, nennt man extremal. In unserem Beispiel zeichnen sich die extremalen Gleichgewichte dadurch aus, da in
ihnen die Kondensate dem Betrage nach maximal mogliche Werte annehmen.
In der statistischen Physik werden Groen wie c, r oder (x) = h(x)i
Ordnungsparameter der Theorie genannt. Groen wie We oder Ue heien
dort thermodynamische Potentiale. Die Gleichgewichtsbedingungen lauten in
103
jedem Fall, so wie in der Feldtheorie: We fg =Minimum . Es entspricht
allgemeiner Praxis, eine variable Groe der Theorie immer dann einen Ordnungsparameter zu nennen, wenn sie in der symmetrischen Phase verschwindet, jedoch in der unsymmetrischen Phase einen Wert 6= 0 annehmen kann
(aber nicht mu, weil dies von dem Zustand abhangt).
Das klassische Beispiel eines Ordnungsparameters ist die Magnetisierung
(ein Vektor) eines Permanentmagneten. Oberhalb des Curie-Punktes verhalt
sich das Material paramagnetisch; es bendet sich in der O(3)-symmetrischen
Phase. Unterhalb des Curie-Punktes verhalt sich das Material ferromagnetisch; es bendet sich dann in der unsymmetrischen Phase mit spontaner Brechung der Rotationssymmetrie. Lassen wir auf eine zunachst unmagnetisierte
Probe des Ferromagneten ein starkes Magnetfeld wirken, so nden wir nach
dessen Abschaltung eine remanente Magnetisierung Mr mit der Richtung
des Feldes. Das gleiche Experiment mit dem entgegengesetzten Magnetfeld
erzeugt eine remanente Magnetisierung ?Mr . Alle Werte des symmetrischen
Intervalls [?Mr ; Mr ] konnen fur die Magnetisierung durch ein geeignetes Experiment erreicht werden. In jedem Fall bendet sich das System in einem
thermodynamischen Gleichgewicht, wenn die zeitliche Veranderung des aueren Feldes so langsam erfolgte (quasistatisch), da sich zu jedem Zeitpunkt
ein Gleichgewicht ausbilden konnte. Wir lernen aus diesen Beispiel auch, da
ein aueres Feld (in der Feldtheorie: j ) notig ist, um dem Ordungsparameter einen von Null verschiedenen Wert zu geben. Fuhren wir mit Hilfe eines
zeitabhangigen Feldes einen Kreisproze aus, so beobachten wir u.U. eine
Hysteresis-Schleife; sie ist charakteristisch fur die Existenz einer unsymmetrischen Phase.
5.8 Die Ginsburg-Landau-Gleichungen
Wir wenden uns einem Problem der kondensierten Materie zu, das in der Geschichte der Physik dieses Jahrhunderts eine wichtige Rolle spielte. Es geht
dabei um die Beschreibung des supraleitenden Zustandes eines Elektronengases in der Nahe des Phasenuberganges mit den Methoden der eektiven
Wirkung. Interessante Eekte stellen sich ein, wenn der Supraleiter mit einem
aueren elektromagnetischen Feld in Wechselwirkung steht. Bei Anlegung eines raumlich wie zeitlich konstanten Magnetfeldes kann sich uberraschenderweise kein homogener supraleitenden Zustand einstellen. Vielmehr kann der
Supraleiter nur auf drei Weisen auf das Feld reagieren:
1. Das Magnetfeld wird verdrangt (Meissner-Ochsenfeld-Eekt).
2. Das Magnetfeld zerstort den supraleitenden Zustand.
104
3. Ein inhomogener supraleitender Zustand wird gebildet.
Die letzte Moglichkeit deniert den Supraleiter zweiter Art. Ginsburg und
Landau haben 1950 das Verhalten des Supraleiters in einem aueren Feld
durch nichtlineare Gleichungen beschrieben, die zu ihrer Zeit als Basis einer
phanomenologischen Theorie angesehen wurden. Heute wissen wir, da es
sich bei diesen Gleichungen um die Gleichgewichtsbedingungen handelt. Sie
leiten sich aus einem Variationsprinzip her, demzufolge die freie Energie ein
Minimum annehmen soll. Die freie Energie ist ein Funktional des Ordnungsparameters 2 C und dem im Inneren herrschenden Vektorpotential A, beides Funktionen von x 2 E3 . Auf der Basis der mikroskopischen BCS-Theorie
kennt man nun auch die Naherungen, die notig sind, damit das GinsburgLandau-Funktional hergeleitet werden kann, d.h. man hat einen Moglichkeit
gefunden, die Konstanten der GL-Theorie aus den atomistischen Groen zu
berechnen. Bei dem Bemuhen, die GL-Gleichungen zu rechtfertigen, zeigte
sich, da ihr Gultigkeitsbereich auf die Nahe des kritischen Punktes eingeschrankt ist. Die Ginsburg-Landau-Gleichungen enthalten keine Zeitableitungen und lauten:
? 41m (r + 2ieA)2 = ? 2jj2
(258)
2
r (r A) = 2iem (r ? r) ? 2me jj2A
(259)
Sie losen das Variationsproblem
Wef; Ag = Minimum
(260)
fur das von unten beschrankte Funktional
R
We = d3x f 21 (r A)2 + 41m j(r + 2ieA)j2 ? jj2 + jj4g
(261)
Die darin vorkommenden Groen bedurfen der Erlauterung:
2m ist die Masse der Cooper-Paare, und ?2e ist ihre Ladung.
Der Supraleiter besitzt eine endliche, wenn auch groe Ausdehnung.
Das Vektorpotential unterliegt einer Randbedingung, die ausdruckt,
da
das
Magnetfeld B = r A am Rand stetig in das Auenfeld ubergeht.
Die komplexe Funktion beschreibt das Kondensat der Cooper-Paare.
Es handelt sich dabei um einen makroskopischen Ordnungsparameter
des Gesamtsystems und kann { bis auf eine unwesentliche A nderung der
105
Normierung { als der Erwartungswert h " (x) # (x)i in dem (variablen)
Mikrozustand angesehen werden. Das nichtrelativistische -Feld dient
zur Beschreibung der Elektronen in der Nahe der Fermi-Kugel. Die
Pfeile markieren die beiden Helizitatszustande.
Bis auf eine additive Konstante stellt We die freie Energie des FermiGases in der Nahe thermodynamischen Gleichgewichtes dar. Das Gleichgewicht ist durch die Temperatur T und die Bedingung We =Minimum
charakterisiert.
Die Parameter der Theorie sind:
2
4 2
= (T ) = 6 Tc (Tc ? T ) = 9 Tc
>0
7 (3)F
14 (3)mkF F
(kF =Fermi-Impuls, F =Fermi-Energie, (s)= Riemannsche Zetafunktion,
Tc = kritische Temperatur). wechselt das Vorzeichen am Phasenubergang.
Die Struktur von We und die Interpretation als freie Energie zeigt uns,
da wir es hier mit einer dreidimensionalen Variante der eektiven Wirkung
zu tun haben, deren allgemeine Theorie wir fur vier euklidische Dimensionen erlautert haben. Das GL-Funktional hat nur einen Schonheitsfehler: fur
T < Tc ist es nicht konvex. Dies lat sich jedoch bereinigen. Man kann
namlich jeder nach unten beschrankten, jedoch nichtkonvexen Funktion f
die Einhullende f zuordnen; dies ist die grote konvexe Funktion, die uberall kleiner oder gleich f ist. Zugleich entsteht f durch zweimalige Anwendung27 der Legendre-Transformation auf f . Im GL-Funktional nden wir die
Funktion
f (r) = ?r2 + r4
Fur T < Tc (d.h. > 0) konnen wir sie jederzeit durch
r
?r2 + r4 jrj > a
4
a
=
?a
jrj a
2
ersetzen, ohne da die physikalischen Aussagen dadurch beruhrt wurden. Fur
T Tc, also fur < 0, stimmen f und f uberein.
f (r) =
27 Gema der allgemeinen Denition bedeutet dies die Berechnung von
f (t) = supfrt ? f (r)g
r
f (r) = supfrt ? f (t)g
t
106
Unterhalb der kritischen Temperatur nden wir ein von Null verschiedenes Kondensat (x). Obwohl die freie Energie invariant ist gegenuber globalen U(1)-Eichtransformationen, nden wir nichtinvariante Gleichgewichtszustande: in der supraleitenden Phase ist die U(1)-Symmetrie spontan gebrochen. Oberhalb der kritischen Temperatur, also in der normalleitenden
Phase, gilt = 0 im Gleichgewicht, und die Eichinvarianz ist wieder hergestellt.
Fur T < Tc gibt es ein kritisches B -Feld, bei dem der U bergang in den
normalleitenden Zustand stattndet. In guter Naherung ergibt sich das kritische Feld aus der Gleichung
? 41m (r + ieB x)2(x) = (x)
(262)
beschrankt in E3 .
Es handelt sich formal um die Schrodinger-Gleichung fur ein Teilchen der
Masse 2m und der Ladung ?2e in einem konstanten Magnetfeld B. Dies
fuhrt zu den beruhmten Landau-Niveaus
2
1) + p
(
n
+
n = 0; 1; 2; : : : B = jBj
(263)
= eB
2
m
4m
Hierbei ist p die Projektion des Impulses auf die Richtung von B. Diese Komponente des Impulses ist beliebig wahlbar. Aus (263) folgt die oensichtliche
Bedingung
(T ) 2eB
(264)
m
Sie legt einen Bereich der T; B -Ebene fest, fur den ein inhomogener supraleitender Zustand existiert. Man erkennt: ist fur eine Temperatur T das Feld
B dem Betrage nach groer als
Bc = 2(m=e)(T ) ;
(265)
so lat sich die Gleichung (262) nur fur = 0 erfullen und das System
bendet sich in dem normalleitenden Zustand. Fur B in Richtung der zAchse, p = pz = 0 und n = 0 lautet die Losung
(266)
0(x; y) = C (x ? iy) expf? 21 eB (x2 + y2)g C 2 C
Sie beschreibt einen Wirbelfaden, genauer, einen Quantenwirbel, dessen Kern
die z-Achse darstellt und dessen Durchmesser
r
~c
d = eB
107
ist. Quantenwirbel treten auch in Supraussigkeiten (Helium) auf. Die Translationen
(x) ! a(x) = (x ? a) expfie(Bax)g
(267)
((Bax)=Spatprodukt) bilden eine Symmetriegruppe28 fur das Problem (262).
a0 beschreibt einen um den Vektor a verschobenen Wirbelfaden und stellt
ebenfalls eine Gleichgewichtslosung dar. Die allgemeine Losung { ohne Berucksichtigung der nichtlinearen Terme in den GL-Gleichungen { entsteht durch
Superposition von Quantenwirbeln an verschiedenen Orten. Sei G ein groes
(im Idealfall unendlich ausgedehntes) zweidimensionales Gitter senkrecht zu
B, so konnen wir ihm eine Gleichgewichtslosung der folgenden Art zuordnen:
G (x) =
X
a2G
0(x ? a) expfie(Bax)g
(268)
Abrikosov hat 1952 gezeigt, da bei Berucksichtigung der nichtlinearen Terme in den GL-Gleichungen das Gleichgewicht fur ein Dreiecksgitter eintritt,
falls nur Funktionen der Form G zur Konkurrenz zugelassen sind. Wir beobachten daher in einem Supraleiter zweiter Art eine periodische Anordnung
von quantisierten Wirbeln. Die Quantisierung auert sich darin, da bei dem
Umlauf um einen Wirbelfaden sich die Phase von um 2 andert. Die zweite GL-Gleichung sagt uns, da sich entlang eines jeden Wirbelfadens eine
Flurohre ausbildet, in der der magnetische Flu nicht verschwindet und
quantisiert ist. Die Existenz dieser Flurohren ist experimentell bestatigt
worden.
28 Siehe die Vorlesung Gruppentheorie und Quantenmechanik, SS 1988.
108
6 Quantisierung der Eichtheorien
Die gangige Vorstellung, da Wissenschaftler
unerbittlich von einem wohlbegrundeten Faktum zum nachsten fortschreiten, ohne sich jemals von irgendwelchen unbewiesenen Vermutungen beeinussen zu lassen, ist ganz falsch.
Alan Turing
6.1 Die euklidische Version der Maxwell-Theorie
6.1.1 Die klassische Situation (~ = 0)
Wir beginnen die Diskussion der Eichtheorien mit einer Skizze der klassischen
Maxwell-Theorie im euklidischen Raum. Ausgangspunkt ist das euklidische
Potential Ak (x) mit reellen Komponenten. Es ist wichtig, da wir es von
dem Potential AM (x) im Minkowski-Raum unterscheiden. Beide Potentiale
hangen formal durch eine Ersetzungsregel miteinander zusammen:
iA0M (x0 ; x) = A4(x; x4 ) x4 = ix0
AkM (x0 ; x) = Ak (x; x4) k = 1; 2; 3
(269)
(270)
Diese Regel miachtet, da in beiden Theorien das Potential als reell vorausgesetzt wird. Falls jedoch die Komponenten des Potentials analytische
Funktionen von x4 und invariant gegenuber der Zeitumkehr sind, kann die
Ersetzungsregel als eine Vorschrift zur analytischen Fortsetzung interpretiert
werden, die die Realitat der Potentiale respektiert. Als Zeitumkehr betrachten wir die Abbildung
[A]k (x; x4 ) =
?Ak (x; ?x4) k = 4
k
4
A (x; ?x ) k = 1; 2; 3
(271)
und A = A besagt, da A4 eine ungerade Funktion, A1; A2; A3 gerade Funktionen von x4 sind.
Die euklidische Feldstarke Fk` = @` Ak ? @k A` kann wieder nach einem
elektrischen und einem magnetischen Anteil zerlegt werden (wohl zu unterscheiden von den entsprechenden Groen der pseudo-euklidischen MaxwellTheorie):
E = fF14 ; F24; F34 g = fF23 ; F31 ; F12 g
B = fF23 ; F31; F12 g = fF14 ; F24 ; F34 g
109
(272)
(273)
Hier ist F der zu F duale Tensor. Es gilt F = F . Bei dem U bergang zum
dualen Tensor vertauschen die Vektoren E und B ihre Rollen. Gilt E = B,
aquivalent F = F , so heit F selbstdual. Gilt E = ?B, aquivalent F = ?F ,
so heit F anti-selbstdual. Die Zerlegung in einen selbstdualen und einen antiselbstdualen Anteil ist hier immer im Reellen ausfuhrbar. Im MinkowskiRaum war dies nicht moglich. Das euklidische Maxwell-Feld F transformiert
sich gema einer reduziblen Darstellung (1; 0) (0; 1) der SO(4), der Gruppe aller Drehungen des Raumes E4 . Die Zerlegung des Feldes entspricht den
beiden irreduziblen Darstellungen (1; 0) und (0; 1) und ist darum invariant gegenuber SO(4)-Transformationen29. Sie ist jedoch nicht O(4)-invariant, weil
jede Spiegelung I : E4 ! E4 mit det I = ?1 selbstduale und anti-selbstduale
Komponenten miteinander vertauscht.
Wir schreiben die euklidische Wirkung fur das klassische Potential mit
auerer Quelle als
R
W fAg = d4x f 41 F k`(x)Fk`(x) ? jk (x)Ak (x)g
(274)
Hierbei handelt es sich um ein konvexes Funktional, wie man an der alternativen Form (276) leicht erkennt. Die entscheidende Frage lautet aber: Ist
W fAg auch von unten beschrankt? Dies ist notwendig, damit ein klassisches
Gleichgewicht existiert. Im anderen Fall ware die klassische Feldtheorie nicht
stabil. Nun gilt
F 2 = F ik Fik = 2(E2 + B2) 0
und F 2 = 0 genau dann, wenn F = 0 ist, also fur Ak = @ k f mit einer
Eichfunktion f . Fur ein solches Potential haben wir
W fAg =
Z
d4x f (x)@k j k (x)
(275)
nach einer partiellen Integration, und W fAg ist, wie man sieht, nicht von
unten beschrankt (f ist ja beliebig), es sei denn, die Quellfunktion erfullt die
29 Die Gruppe SO(4) besitzt die gleiche Lie-Algebra wie die Produktgruppe G =
SU (2) SU (2). Die beiden Gruppen sind, wie man sagt, lokal isomorph. Zugleich ist
G die universelle U berlagerungsgruppe der SO(4). Siehe hierzu die Kapitel 3.3 und 5.1.3
der Vorlesung Gruppentheorie und Quantenmechanik, SS 88. Die Darstellungstheorie der
SO(4) benotigt daher die Darstellungen der SU (2) als Bausteine. Die unitare und irreduzible Spinordarstellung (j; k) der SO(4) (Darstellung bis auf ein Vorzeichen) liegt vor,
wenn die erste SU (2) durch den Spin j , die zweite durch den Spin k reprasentiert ist. Eine
gewohnliche Darstellung der SO(4) liegt vor, wenn (?1)2j+2k = 1 ist. Bei dem Wechsel
von der euklidischen zur pseudo-euklidischen Struktur geht die unitare Spinordarstellung
(j; k) der SO(4) in die nicht-unitare Spinordarstellung Djk der Lorentz-Gruppe uber. Siehe
hierzu das Kapitel 1.2 der Vorlesung QFT I.
110
Bedingung @k j k (x) = 0. Dieses voraussetzend konnen wir schreiben:
W fAg = 21 (A; C A) ? (A; j )
C0
(276)
?
1
?
1
?
1
1
1
= 2 ((A + j ); C (A + j )) ? 2 (j; (?) j ) (277)
Ck` = @k @` ? k`
(278)
Der Dierentialoperator C ist zwar positiv, jedoch nicht invertierbar. Ausgenutzt wurde C (?)?1j = j als Folge der Stromerhaltung. Das Ergebnis
zeigt, da die Divergenzfreiheit des Stromes nicht nur notwendig, sondern
auch hinreichend fur die Stabilitat ist, und da das Variationsproblem
W fAg = Minimum
(279)
die allgemeine Losung Ak = (?)?1jk +@k f besitzt, wobei die Eichfunktion f
beliebig ist. Die Mehrdeutigkeit der Losung kommt dadurch zustande, da der
Operator C zwar positiv, jedoch nicht invertierbar ist. Je zwei Losungen gehen
durch eine Eichtransformation auseinander hervor; die Gruppe der lokalen
Eichtransformationen operiert in einer solchen Weise auf der Losungsmannigfaltigkeit, da eine 1:1-Korrespondenz zwischen Losungen und Eichtransformationen besteht. Das Minimum selbst ist eindeutig, d.h. unabhangig von
der Wahl der Eichfunktion f :
inf
f 1 (A; C A) ? (j; A)g = ? 21 (j; (?)?1 j )
(280)
A 2
Z Z j k (x)jk (y)
= ? 21 (2)?2 d4x d4y jx ? yj2 (281)
Der Integralkern (2)?2jx?yj?2 = S (x?y; 0) ist die Schwinger-Funktion eines
masselosen Skalarfeldes (siehe die Formeln 3.12 und 3.13). Stillschweigend
wurde vorausgesetzt, da das auftretende Doppelintegral fur groe Werte
von jxj und jyj konvergiert. Die Singularitat bei x = y ist integrabel in der
vierdimensionalen euklidischen Raumzeit. Formal betrachtet, sind Strome
Elemente des Raumes
J = fj : R 4 ! R 4 j (j; (?)?1 j ) < 1g
Potentiale A Elemente des Dualraumes J 0 . Daruberhinaus erfordert die Stabilitat, die Strome als Elemente des Unterraumes
J0 = fj 2 J j @k j k = 0g
anzusehen. Die Beschrankung auf J0 bewirkt wiederum, da viele Gleichgewichtslosungen A 2 J 0 existieren. Die Losung ist jedoch eindeutig, wenn
111
wir sie als Element des Dualraumes J00 auassen. Denn in J00 werden zwei
Potentiale A und A0 aus J 0 als gleich betrachtet, falls (A; j ) = (A0; j ) fur alle
j 2 J0 gilt, und dies ist genau dann erfullt, wenn
A0k = Ak + @k f
(282)
fur eine Eichfunktion f gilt.
Zugleich beschreibt (282) die allgemeine lokale U(1)-Eichtransformation.
Bezeichnen wir mit G die hierdurch erzeugte Eichgruppe, so ist J00 nicht
anderes als der Faktorraum von J 0 bezuglich der Wirkung dieser Eichgruppe:
J00 = J 0 =G
(283)
Dieser Faktorraum erweist sich als der eigentliche Phasenraum des euklidischen Maxwell-Theorie. Der groere Phasenraum J 0 besitzt viele uberussige
Freiheitsgrade. Er ist gefasert, wobei die Punkte einer Faser physikalisch aquivalent sind. Jede Faser stellt eine Kopie der Gruppe G dar. Im Faktorraum
schrumpft jede Faser zu einem einzigen Punkt, der den Zustand des Systems
bereits ausreichend beschreibt.
Wie immer in solchen Situationen besteht der Wunsch, auf jeder Faser
einen Reprasentanten zu wahlen, um somit zu einer konkreten Beschreibung
des Faktorraumes zu gelangen: man identiziert den Faktorraum ganz einfach
mit dem System der Reprasentanten. Man spricht hier auch von einem Querschnitt (eng.cross section). In der Regel konstruiert man einen Querschnitt
des Faserraumes dadurch, da man eine Flache wahlt, die jede Faser transversal in einem Punkt schneidet. Dieser Vorgang, bei dem die Reprasentanten
sich stetig von Faser zu Faser verandern, wird Eichxierung genannt. Die
Flache wird durch eine Gleichung festgelegt, die man Eichbedingung nennt.
Eine Eichxierung konnen wir etwa durch die Lorentz-Bedingung @k Ak =
0 erreichen. Ansich handet es sich hierbei um ein Kontinuum von Bedin(fur jedes x eine). Um nur eine Bedingung zu haben, schreiben wir
Rgungen
d4x (@k Ak (x))2 = 0. Mit der Einfuhrung eines Langrangeschen Multiplikators > 0 erhielten wir so das Variationsproblem
R
W fA; g := d4x f 41 F k`(x)Fk`(x) + 21 (@k Ak )2 ? jk (x)Ak (x)g = Minimum
(284)
Wahrend fur = 0 die Wirkung nicht strikt konvex ist, sondern vielmehr
ein RegenrinnenProl zeigt,
112
gilt fur > 0, da W fA; g ein strikt konvexes Funktional ist mit einem
eindeutigen Minimum und einem monotonen Anstieg in alle Richtungen
(Hangematten-Prol):
113
Nun ist es nicht mehr notwendig, den Strom als divergenzfrei vorauszusetzen,
um die Stabilitat der Wirkung zu garantieren. Wir fordern lediglich j 2 J
und nden das Minimum mit der oben dargestellten Methode:
(285)
W fA; g = 21 (A; C A) ? (A; j )
?
1
?
1
?
1
(286)
= 21 ((A ? C j )C (A ? C j )) ? 21 (j; C j )
C = (1 ? )@ @ ? > 0
(287)
?
2
?
1
?
1
?
1
C = (1 ? ) @ @ ? (288)
Also
(289)
inf W fA; g = ? 21 (j; C ?1 j )
A2J 0
Das Inmum wird nur an der Stelle A = C ?1 j angenommen. Die Eindeutigkeit kommt dadurch zustande, da C fur > 0 ein invertierbarer positiver Operator ist. Sobald der Strom j divergenzfrei ist, lautet die Losung
A = (?)?1 j und das Minimum stimmt mit dem fruher berechneten Ausdruck uberein. Fazit: die Ersetzung der ursprunglichen Wirkung W fAg durch
W fA; g mit > 0 hat die Physik in keinerlei Weise beeinut, die Entartung des Minimums der Wirkung wurde jedoch aufgehoben. Anstelle von
Ak = (?)?1j + @k f (f beliebig) erhalten wir nunmehr den ReprasentantenRAk = (?)?1j , der die Lorentz-Bedingung @k Ak = 0 erfullt. Man nennt
1
4
k 2
2 d x (@k A ) den eichxierenden Term in der Wirkung.
6.1.2 Die allgemeine Situation(~ > 0)
Nachdem wir die klassische Theorie gut im Gri haben, konnen wir durch
\Einschalten" von ~ die zugehorige Quantenfeldtheorie erzeugen und ihre Ei114
genschaften studieren. An die Stelle des Hamiltonschen Prinzips der kleinsten
Wirkung tritt nun das Variationsprinzip
h; W i ? ~S () = Minimum
(290)
wobei ein W-Ma auf J 0 darstellt, uber das zu variieren ist. Jedem ist eine Entropie S () zugeordnet (um deren Denition wir uns hier nicht
sorgen), und W ist durch
Z
1
W fA; g = 2 (A; C A) = d4x f 41 F k`(x)Fk`(x) + 12 (@k Ak )2 g
C = (1 ? )@ @ ? ( > 0)
(291)
gegeben. Die Wechselwirkung mit einem aueren Strom haben wir nicht
mit in die Wirkung aufgenommen. Durch Hinzunahme eines eichxierenden Terms wird erreicht, da bei Variation uber alle W-Mae auf J 0 wir
genau ein Gibbs-Ma nden, fur das h; W i ? ~S () minimal ist. Wie soll
man das losende Gibbs-Ma beschreiben? Ein Teil der Antwort lautet: das
Gibbs-Ma ist festgelegt, wenn man seine Fourier-Transformierte kennt. Mit
dem Hinweis auf die fruher getroene Vereinbarung (s.Seite 49 oben) und in
volliger Analogie zu den Formeln fur ein freies Skalarfeld konnen wir hier die
denierende Gleichung sofort angeben:
Z
d(A) ei(j;A) = hei(j;A)i = expf? 21 ~(j; C ?1j )g
(j 2 J )
(292)
Sie charakterisiert als ein Gau-Ma auf J 0, fur das wir auch formal schreiben:
?1
?1
d(A) = D
Z A Z exp(?~ W fA; g)
Z = DA exp(?~?1W fA; g)
(293)
Welche Auswirkung hat der eichxierende Term auf die Integration uber den
Faserraum J 0 ? Entlang einer jeden Faser
Afk = Ak + @k f
@ k Ak = 0
(A fest, f variabel) wird exp(?~?1 W fAf ; g) zu einer Gau-Glocke mit Maximum bei f = 0, so da der Hauptbeitrag des Funktionalintegrals aus der
Umgebung der Mannigfaltigkeit @ k Ak = 0 kommt. Je groer gewahlt wird,
umso mehr ahnelt die Gau-Funktion einer -Funktion.
115
Aus dem erzeugenden Funktional (292) erhalten wir alle n-Punktfunktionen
des Potentials Ak (x). Die Kenntnis der Zweipunktfunktion ist dazu ausreichend:
hAk (x)A`(x0 )i = ~[C ?1 ]Zk`(x; x0)
expfip(x ? x0)g
p
~
k p`
4
?
1
= (2)4 d p ( ? 1) p2 + k`
p2
Diese Funktion hangt von , also von der Wahl des eichxierenden Terms in
der Wirkung ab. Diese Tatsache spiegelt nur wieder, da auf dem klassischen
Niveau das Potential eine eichabhangige Groe ist. Der unbeobachtbare Parameter fallt heraus, sobald wir zu den Feldstarken ubergehen:
Z
0
~
0
hFjk (x)F`m (x )i = (2)4 d4p cjk;`m(p) expfipp(x2 ? x )g
cjk;`m(p) = k`pj pm + jmpk p` ? j`pk pm ? kmpj p`
Alle Groen, die auf klassischem Niveau eichinvariant sind, bleiben in einer Quantenfeldtheorie unberuhrt von der Einfuhrung eichxierender Terme.
Zwei Spezialfalle tragen einen Namen:
= 1 Feynman-Eichung. Hier ist die euklidische Zweipunktfunktion
des Potentials proportional zu k`. Das entspricht dem Gupta-BleulerVerfahren zur Quantisierung von AM .
= 1 Landau-Eichung. Diese Wahl markiert einen singularen Grenzfall, weil die Matrix P mit den Komponenten pk` = k` ? p?2pk p` einen
Projektor darstellt: es existiert C ?1, aber nicht C . Der Trager des zugehorige Gibbs-Maes ist die Flache @k Ak = 0 (Im Limes ! 1
entartet das Gau-Ma: in jeder Richtung transversal zur Flache wird
aus der Gau-Glocke eine -Funktion).
6.2 Nicht-abelsche Eichtheorien
6.2.1 Einige Vorbetrachtungen
Um moglichst einfache und denierte Verhaltnisse zu haben, betrachten wir
die SU (n)-Eichtheorie ohne Materie-Feld. Wir erinnern daran, da die LieAlgebra su(n) aus antihermiteschen spurfreien Matrizen besteht, die man
als Elemente eines reell-linearen Raumes auat, in dem eine Basis ?ita
(a = 1; : : : ; n2 ?1) existiert, so da die ta hermitesche spurfreie nn-Matrizen
sind mit
1
2 Spur ta tb = ab :
116
Das euklidische Eichfeld Ak (x) nimmt Werte in su(n) an und kann deshalb
nach der Basis zerlegt werden:
Ak (x) = ?i
X
a
Aak (x)ta
(294)
Die Komponenten Aak (x) sind gewohnliche reelle Vektorfelder. Der nichtabelsche Charakter der Eichgruppe bewirkt, da diese Vektorfelder untereinander in Wechselwirkung stehen und die Kopplungskonstante g nicht Null
gesetzt werden darf. Man erkennt dies daran, da g aus den Feldgeichungen
eliminiert werden kann, etwa dadurch, da man gAk (x) als das neue Potential
einfuhrt. Dieser Normierungskonvention wollen wir hier folgen, weil so g aus
nahezu allen Formeln verbannt wird: nur die euklidische Wirkung enthalt die
Kopplungkonstante noch in Form eines Vorfaktors g?2.
Die kovariante Ableitung schreiben wir als Dk = @k ?Ak . Fur die Feldstarken
gibt es verschiedene Darstellungen:
Fk` = [Dk ; D`] = D`Ak ? Dk A`
= Akj` ? A`jk + [Ak ; A`]
(295)
(296)
Die euklidische Wirkung ist allein in den Feldstarken ausdruckbar:
Z
1
W fAg = ? 8g2 d4x Spur Fk`F k`
(297)
P
Sie ist positiv, weil man nach einer Zerlegung Fk` = ?i a Fk`a ta auch schreiben kann:
Z X
1
(298)
W fAg = 4g2 d4x (Fk`a )2
ak`
Die lokale Eichgruppe G besteht aus Elementen u, die fur sich genommen als
Funktionen aufzufassen sind,
u : E4 ! SU (n) ; x 7! u(x) ;
wobei die Eichtransformation des Potentials durch
Auk := uAk u?1 + ujk u?1
(299)
gegeben sind. Wie in QFT I bewiesen, ist ujk u?1 fur festes x und k ein
Element der Lie-Algebra su(n).
Das W-Ma
d(A) = DA Z ?1 exp(?~?1 W fAg)
(300)
117
ist aus den Grunden, wie wir sie schon in der Maxwell-Theorie kennenlernten, schlecht deniert, ja unsinnig, weil es zuviele Richtungen im Raum der
Potentiale gibt, in denen die Wirkung (wegen der Eichinvarianz) konstant
ist. Auch hier sind wir genotigt, einen eichxierenden Term in die Wirkung
einzufuhren:
Z
1
W fA; g = ? 8g2 d4x Spur fFk`F k` + (Akjk )2g ( > 0) (301)
Jedoch, im Gegensatz zu dem abelschen Fall konnen wir jetzt nicht ohne weiteres behaupten, da mit der neuen Wirkung Erwartungswerte wie
hFkj (x)F`m (y)i automatisch unabhangig von dem Parameter sind (die Storungstheorie zeigt, da das nicht der Fall ist). Da physikalische Ergebnisse nicht
von einem unphysikalischen Parameter abhangen durfen, mussen wir uns eine
bessere Wahl der Wirkung uberlegen. Der Weg dorthin fuhrt uber mehrere
Stufen. Fernab von dem gesicherten Boden der Mathematik bewegen wir uns
nun in einem Bereich, in dem die mathematische Fantasie vorherrschend ist.
6.3 Die Faddeev-Popov-Theorie
6.3.1 Erste Stufe: Eine Zerlegung der Zahl 1
Jedes Element der Eichgruppe G hat die Gestalt u(x) = ea(x) mit a(x) 2
su(n). Es ist zweckmaig, die Funktionen a : E4 ! su(n) geeignet einzuschranken. Wir fuhren den Raum HR so ein, da er alle Funktionen a enthalt,
fur die die Bedingung kak2 := ? 21 d4x Spur fa(x)g2 < 1 erfullt ist. Unter
dem Skalarprodukt
(a; b) = ? 21
Z
d4x Spur a(x)b(x)
besitzt H die Struktur eines reellen Hilbertraumes. In diesem Raum sei eine
Basis (e )=1;2;::: so gewahlt, da jede Funktion e(x) beliebig oft dierenzierbar und exponentiell abfallend ist (man wahle etwa die Eigenfunktionen
des harmonischen Oszillators in vier Dimensionen und multipliziere diese mit
?ita ). Insbesondere gilt also (e ; e ) = . Unter geeigneten Bedingungen
an das Potential Ak (x) deniert
dk a := [Dk ; a] = ajk + [a; Ak ]
(302)
einen Operator dk auf H mit den ublichen Eigenschaften eines Dierentialoperators: er ist unbeschrankt, nicht uberall deniert und antisymmetrisch:
es gilt (a; dk b) = ?(dk a; b) fur a und b im Denitionsbereich.
118
Die Bedeutung des Operators dk wird klar, sobald wir eine einparametrige
Untergruppe u(s) 2 G (s 0) von Eichtransformationen ins Auge fassen. Wir
haben dann
u(s) = esa = 1 + sa + O(s2) a 2 H
(303)
und, wie aus (299) folgt,
Auk(s) = Ak + sdk a + O(s2)
(304)
d.h. dk a charakterisiert A nderungen des Potentials bei innitesimalen Umeichungen.
Die Lorentz-Bedingung Ajkk = 0 schreiben wir auch @A = 0. Sie bleibt
unter Eichtransformationen nicht erhalten, und innitesimale A nderungen
lassen sich mit Hilfe des Operators M = ?@ k dk angeben:
@Au(s) = @A ? sMa + O(s2)
(305)
k
Ma = ?a + @ [Ak ; a] (a 2 H)
(306)
Eine Variante der Lorentz-Bedingung ist @A = C mit C 2 H. Fur die weitere
Diskussion benotigen wir eine wichtige Voraussetzung:
Gilt @A = C fur ein Potential Ak und C 2 H, so besitzt @Au = C
nur die Losung u = 1.
In Worten: die Eichbedingung ist nur einmal entlang einer Faser fAu j u 2 Gg
erfullt. Es hat sich herausgestellt, da diese Hypothese streng genommen
falsch ist (Gribov ambiguity). Fur C = 0 stellt sich die Situation so dar: die
beiden Gleichungen
@ k Ak = 0 @ k (uAk u?1 + ujk u?1) = 0
(307)
fuhren auf
@ k ak + [ak ; Auk] = 0 ak := ujk u?1 2 H
(308)
Mit dem Ansatz ak (x) = @k (x) und unter der Bedingung (1) genugend
klein, (2) A genugend gro, gibt es neben = 0 wenigenstens eine weitere
Losung 6= 0 der Dierentialgleichung. Die von Gribov entdeckte Mehrdeutigkeit tritt fur gewisse Potentiale A auf. Eine Umgebung von A = 0
ist ist frei davon. Moglicherweise ist der Einwand von Gribov physikalisch
irrelevant. Es entspricht der allgemeinen Praxis ihn zu ignorieren.
Wir parametrisieren nun die gesamte Eichgruppe G und wahlen hierzu
die Basis in H:
u = exp
1
X
=1
s2
se
119
:=
1
X
=1
s2 < 1
(309)
Die Entwicklungsformel lautet nun:
@Au = @A ?
1
X
=1
s Me + O(s2)
(310)
P
Besitzt C die Entwicklung C = 1
=1 c e (c 2 R ) und gilt @A = C , so
erhalt man:
1
X
u
(
s)
(311)
c ? (e; @A ) = s (e; Me ) + O(s2)
=1
Wir fuhren nun eine Deltafunktion ein, die im Funktionalintegral die Eichbedingung @A = C aufrecht erhalten soll. Wir denieren (der Boden wird
nun schwankend!):
fC ? @Ag :=
(A; C ) :=
1
Y
(c ? (e ; @A))
(312)
Du fC ? @Au g
(313)
=1
Z
G
det M := det(e; Me );=1;:::;1
(314)
indem wir uns vorstellen, da G ein invariantes Ma (Haarsches Ma) Du
besitzt, das in einer Umgebung des neutralen Elementes u = 1 die Form hat:
Du = f (s1; s2; : : :)
1
Y
=1
ds
f (0; 0; : : :) = 1
Beachte: Obwohl SU (n) eine kompakte Gruppe ist und deshalb ein endliches
Gruppenvolumen besitzt, gilt dies nicht mehr fur G . Wie nichtkompakt G
wirklich ist, merkt man daran, da jede einparametrige Untergruppe u(s) =
expfsag bereits nichtkompakt (d.h. der Gruppe R isomorph) ist, wenn a(x)
eine stetige, jedoch nichtkonstante Funktion auf E4 darstellt. Somit haben
wir
Z
vol(G ) = Du = 1
Wir formulieren zwei Behauptungen:
Aus @A = C folgt
(A; C ) = j det Mj?1
Fur alle u 2 G gilt (Au; C ) = (A; C ) .
120
(315)
Der \Beweis" benutzt die Denitionen, die Miachtung des Einwandes von
Gribov, die Entwicklungsformel (311), die Eigenschaft der Deltafunktion30
unter A nderung der Koordinaten und die Invarianz des Maes Du.
Als Zerlegung der Zahl 1 bezeichnen wir die Formel
1 = (A; C )?1
Z
Du (C ? @Au )
(316)
6.3.2 Zweite Stufe: Division durch das Gruppenvolumen
Es sei f fAg ein eichinvariantes Funktional von Ak (x), d.h. es gilt f fAug =
f fAg fur alle u 2 G . Der Mittelwert
R DA exp(?~?1W fAg)f fAg 1
(317)
hf i = R DA exp(?~?1W fAg) = 1
ist, wie wir wissen, schlecht deniert. Wir fugen deshalb in Zahler und Nenner
unter dem Integral die Darstellung der Zahl 1 aus dem vorigen Abschnitt ein
und erhalten so nach Vertauschung der Integrationsreihenfolge:
R Du R DA (A; C )(C ? @Au)?1 exp(?~?1W fAg)f fAg
hf i = R Du R DA (A; C )?1(C ? @Au ) exp(?~?1W fAg)
Die Eichinvarianz des Maes DA benutzend nden wir:
R Du R DA (Au? ; C )?1(C ? @A) exp(?~?1W fAu? g)f fAu? g
R Du R DA (Au? ; C )?1(C ? @A) exp(?~?1W fAu? g)
hf i =
Die Funktionale (A; C ), W fAg und f fAg sind jedoch eichinvariant. Somit
ist der Integrand gar nicht abhangig von u 2 G . Ergebnis:
R
vol(G ) DRA (A; C )?1(C ? @A) exp(?~?1 W fAg)f fAg
hf i = vol(G ) DA (A; C )?1(C ? @A) exp(?~?1 W fAg)
30 Es sei U R eine Umgebung von x = 0. Fur eine Bijektion : U ! U mit den
Eigenschaften (0) = 0 und (x) = mx + O(x2 ), m =
6 0, folgt
1
1
1
Z
U
1
1
dx ((x)) = jmj?1
Aus dieser Grundformel beweist man: Fur eine Umgebung U Rn von x = 0 und einer
Bijektion : U ! U mit den Eigenschaften (0) = 0 und (x) = Mx + O(x2 ), det M 6= 0,
folgt
Z
dx ((x)) = j det M j?1
U
Es gibt Situationen, in denen eine Erweiterung dieser Formel auf Raume unendlicher
Dimension einen Sinn hat.
121
Hier kurzt sich das Gruppenvolumen heraus. Oensichtlich ist die Tatsache
vol(G ) = 1 eine Ursache fur das ungunstige Verhalten der Ausgangsdenition (317).
Die Funktionalintegrale in Zahler und Nenner sind durch die -Funktion
auf die Mannigfaltigkeit eingeschrankt, die durch die Eichbedingung @A =
C beschrieben wird. Somit kommt (315) zur Anwendung, und wir konnen
schreiben:
Z
hf i DA j det Mj (C ? @A)e?~? W fAg =
Z
?
1
DA j det Mj (C ? @A)e?~
1
W fAg f fAg
Beide Seiten werden nun uber C 2 H mit dem W-Ma
2
?
1
( > 0)
d (C ) = z DC exp ? 4~g2 kC k
X
Y
kC k2 = (C; C ) = c2 DC = dc
integriert. Fur ein eichinvariantes Funktional f fAg ist der Mittelwert hf i
unabhangig von C . Wir vertauschen wieder die Integrationsreihenfolge und
erhalten:
1
Z
2
hf i DA j det Mj exp ? ~ W fAg ? 4~g2 k@Ak =
1
Z
2
DA j det Mj exp ? ~ W fAg ? 4~g2 k@Ak f fAg
Es ist uns gelungen, den eichxierenden Term in die Wirkung einzufuhren.
Die neue Wirkung hat die Form (301). Also:
R DA j det Mj expf?~?1W fA; ggf fAg
hf i = R DA j det Mj expf?~?1W fA; gg
(318)
Etwas unerwartet und nicht vorauszusehen ist das Auftreten einer Determinante unter dem Integral. In einer abelschen Eichtheorie kurzt sich det M
heraus, weil dann der Operator M unabhangig von dem Potential Ak (x)
ist. Die Anwesenheit der Determinante ist also charakteristisch fur die nichtabelsche Eichtheorie. Es besteht jedoch kein Zweifel: ohne irgendeine Form
der Regularisierung ist diese Determinante undeniert.
122
6.3.3 Dritte Stufe: Tanz der Geister
Wir erinnern daran, da H als ein R -linearer Raum und M als ein R -linearer
Operator auf diesem Raum eingefuhrt war. Folglich sind die Matrixelemente
von M bezuglich der Basis (e) reell. Es ist zu betonen, da i.allg. M kein
symmetrischer Operator ist, d.h. wir haben (a; Mb) 6= (Ma; b). Vielmehr
gilt: M ist genau dann symmetrisch31 , wenn die Lorentz-Bedingung @A = 0
erfullt ist. Diese Situation lat sich nur im Limes ! 1 (Landau-Eichung)
herstellen. Selbst wenn M symmetrisch ist, hangt es von Ak (x) ab, ob der
Operator positiv ist. Fur A = 0 gilt in der Tat M = ? 0. Es ist nicht
einmal gewi, ob die Positivitat noch in einer Umgebung von A = 0 erhalten
bleibt.
Eine Regularisierung der Determinante von der Art
detN M = det(e ; Me );=1;:::;N
(319)
liefert eine reelle Zahl. Gleichzeitig ist detN M ein Funktional A und nimmt
einen positiven Wert an der Stelle A = 0 an. Wann gilt also jdetN Mj =
detN M im Funktionalintegral? Die Absolutzeichen durfen wir oenbar genau
dann weglassen, wenn die folgende Behauptung korrekt ist:
Fur jedes Eichpotential A gilt detN M 0.
Auch hier konnen wir die Richtigkeit nur fur eine Umgebung von A = 0 sofort
einsehen. Den Beweis fur groe Werte des Potentials mussen wir schuldig
bleiben.
Der Faktor det M im Funktionalintegral beschreibt eine Selbstwechselwirkung des Eichpotentials. Wollte man sie storungstheoretisch berucksichtigen,
so hatte man von einer Zerlegung der folgenden Art auszugehen:
det M = det(?) det(1 + K)
Ka = ??1 @ k [Ak ; a] a 2 H
det(1 + K) = exp Spur log(1 + K)
= exp Spur (K ? 21 K2 + )
(320)
(321)
(322)
(323)
Der Operator K und seine Potenzen fuhren uns auf nichtlokale32 Wechselwirkungen des Eichpotentials mit sich selbst. Dies ist nicht erwunscht, und wir
suchen nach einem anderen Weg der Beschreibung. Wenn die Determinante
das Resultat einer lokalen Wechselwirkung sein soll, so verlangt dies von uns,
31 Fur alle a; b 2 H gilt (a; Mb) ? (Ma; b) = ([a; C ]; b) mit C := @A.
32 Der Grund hierfur ist die Anwesenheit des nichtlokalen Operators ?1 in der Denition von K.
123
da wir ktive su(n)-wertige Skalarfelder (x) und (x) einfuhren, die mit
dem Eichpotential wechselwirken:
det(~?1M)
=
(; M) =
Z
DD expf?~?1(; M)g
Z
1
? 2 d4x Spur (x)(M)(x)
Z
= ? 21
d4x Spur fjk (x)kk (x)g
(324)
(325)
(326)
Hier tritt neben der gewohnlichen Ableitung jk auch die kovariante Ableitung auf:
kk (x) = [Dk ; ](x) = @k (x) + [(x); Ak (x)]
(327)
Damit die Darstellung (324) mit Hilfe eines Integrals vom Gau-Typ korrekt
ist, mussen die Felder und Grassmann-Variable sein (dies wird in dem
Kapitel 7 naher beschrieben). Gemeint ist dies so: entwickeln wir die Felder
nach der Basis ?it der su(n), so sind die dadurch denierten Feldkomponenten and Grassmann-Variable. Da es sich hierbei um physikalische
Felder handelt, durfen wir nicht einmal als Hypothese einfuhren. Ihnen korrespondieren daher auch keine beobachtbaren Teilchen, und wir bezeichnen
und als Geisterfelder (sog. Faddeev-Popov-Geister). Sie haben lediglich
die Aufgabe, die Quantisierung nicht-abelscher Eichtheorien (mit der Methode der Funktionalintegrale) durch Einfuhrung einer lokalen Wechselwirkung
so zu beschreiben, da eine Storungsreihe erzeugt wird, deren Terme durch
Feynman-Graphen im herkommlichen Sinne ausdruckbar sind.
Wenn man das Teilchenbild fur die Faddeev-Popov-Geister uberhaupt
verwenden will, so entsprechen den Geisterfeldern Geister-Fermionen ohne
Masse und Spin. Handelte es sich um wirkliche Teilchen, so ware das SpinStatistik-Theorem verletzt. Die Geister gehoren einem Multiplett an, das der
adjungierten Darstellung der Eichgruppe SU (n) mit der Dimension n2 ? 1
entspricht. Die Wechselwirkung behandelt und nicht in symmetrischer
Weise: dies ist sehr ungewohnlich fur Fermi-Felder. Nur im Grenzfall ! 1
(Landau-Eichung) gilt (; M) = (M; ) = (; M).
Die endgultige Wirkung hat die Gestalt:
W fA; ; ; g =
? 21
Z
d4x Spur f(2g)?2[Fk`F k` + (Akjk )2] + jk kk g
Drei unterschiedliche Ausdrucke bestimmen diese Formel, (1) die klassische
Energiedichte der Feldstarke Fk`, (2) der eichxierende Term und (3) die
Wechselwirkung mit den Geisterfeldern.
124
6.4 Eichtheorien auf dem Gitter
Die Formulierung von Wilson
Die Kontinuumsformulierung der Eichtheorien charakterisiert das Eichfeld
als eine Funktion mit Werten in einer Lie-Algebra g zur kompakten Eichgruppe G. Sobald wir den Raum E4 durch das Gitter (ZN )4 ersetzen, ist
diese Interpretation des Eichfeldes ungeeignet. Grund: fur eine Eichtransformation u(x) ist ujk (x)u(x)?1 kein Element der Lie-Algebra mehr, sobald
die Ableitung durch einen Dierenz ersetzt wird: ujk (x) = u(x + ek ) ? u(x).
Fur das Gitter benutzt man, einem Vorschlag von Wilson folgend, eine sehr
elegante neue Formulierung, die diese Schwierigkeit vermeidet.
Das ursprungliche Eichpotential Ak (x) 2 g wird ersetzt durch ein endliches System von dynamischen Variablen Ukx 2 G. Das Indexpaar kx dient
zur Charakterisierung einer Kante (eng. link) der Gitters. Die Kante verbindet zwei benachbarte Punkte (Abstand 1) im Gitter und ist gerichtet: sie
fuhrt von x zu x + ek . Unter einer lokalen Eichtransformation verstehen wir
die Vorschrift
Ukx ! Ukxu := u(x + ek )Ukxu(x)?1
(328)
fur jede Wahl von u(x) 2 G. Die Gruppe aller lokalen Eichtransformationen ist somit kompakt, namlich gleich dem direkten Produkt von kompakten
Gruppen:
Y
G = G (Produkt uber alle Gitterpunkte)
(329)
x
Die Existenz des Haarschen Maes auf G ist gewahrleistet, und wir haben
vol(G ) =
Y
x
vol(G) =
Y
x
1=1
(330)
Der Phasenraum dieser Feldtheorie ebenfalls ist kompakt. Denn er entspricht einem direkten Produkt von kompakten Raumen:
=
Y
kx
G
(Produkt uber alle Kanten)
(331)
Aus diesem Grund spricht man auch von der kompakten Formulierung der
Eichtheorien, also etwa von der kompakten QED, der kompakten QCD usw.
Wie gewinnt man die Kontinuumsformulierung zuruck? Wir betrachten
das unendlich ausgedehnte Gitter. Durch eine Skalentransformation fuhren
wir die Gitterkonstante a ein und schreiben in dem neuen System Ukx =
expfaAk (x)g mit x 2 (aZN )4. Im Limes a ! 0 beschreibt Ak (x) das Eichpotential im Kontinuum. Wir zeigen, da es die richtigen Transformationseigenschaften besitzt:
125
Es sei u : E4 ! G dierenzierbar. Dann gilt
u(x + aek )eaAk (x) u(x)?1 = eaAuk (x)+O(a )
mit Auk = uAk u?1 + ujk u?1
Der Beweis ist einfach: man entwickelt nach a und vergleicht die linearen
Terme auf beiden Seiten.
Gehen wir nun umgekehrt von einer Kontinuumsformulierung aus, so
konnen wir dem Eichpotential Ak (x) Gruppenelemente der folgenden Art
zuordnen33 :
Z
UC = exp dxk Ak (x)
(332)
C
Hier ist C irgendein gerichteter Weg in E4. Fuhrt C geradewegs vom Punkt
x zum Punkt x + aek , so schreiben wir UC = Ukx und haben so die Gitterapproximation des Eichfeldes gewonnen.
Fur die QED im Kontinuum lassen sich Wegintegrale des Potentials A
mit Hilfe des Satzes von Gau auf die Feldstarke zuruckfuhren, wenn der
Weg C identisch mit dem Rand eines orientierten Flachenstuckes Q ist. Wir
schreiben dann C = @Q und
2
Z
@Q
dxk Ak (x) =
ZZ
Q
dxk ^ dx` Fk`(x)
(333)
In den nichtabelschen Eichtheorien ubernimmt eine andere Groe die Rolle
des Wegintegrals:
Z
UC = P exp dxk Ak (x)
(334)
C
Das P-Exponential ist der Limes eines pfadgeordneten Produktes
P exp
Z
C
dxk Ak (x) = nlim
U Un2 Un1
!1 nn
Uni = exp
lim max jCnij = 0
n!1 1in
Z
Cni
dxk Ak (x)
C = Cnn + + Cn2 + Cn1
33 Bei ~ = c = 1 ist die physikalische Dimension des Potentials Lange?1 . Weginte-
grale desR Potentials sind somit dimensionslos. Fur ~ 6= 1 mussen wir schreiben: UC =
expf~?1 C dxk Ak (x)g. Die Normierung des Potentials ist so gewahlt (s.Abschnitt 5.2.1),
da es die Kopplungskonstante bereits als Faktor enthalt. In einer U(1)-Eichtheorie ist
diese Konvention jedoch unublich. Auerdem wahlt man hier A und F reell. Wollte man
die allgemeinen U berlegungen auf die Verhaltnisse der QED ubertragen, so hatte man in
allen Formeln dieses Abschnittes die Ersetzung
A ! ?ieA F ! ?ieF 21 Spur ! 1 g2 ! e2 = 4
vorzunehmen.
126
Hierbei wird der Weg C in n Teilstucke Cni zerlegt (beginnend mit Cn1), deren
Langen jCnij gegen Null streben. Ist @Q die Berandung eines Quadrates Q
mit der Seitenlange a, so gilt
log U@Q =
ZZ
Q
dxk ^ dx` Fk`(x) + O(a3)
(a ! 0)
(335)
Diese Formel kann uns dazu verhelfen, diejenige Groe auf dem Gitter zu
konstruieren, die im Limes a ! 0 die Feldstarke F beschreibt. Als Plakette
des Gitters bezeichnen wir jedes (orientierte) Einheitsquadrat, das von vier
Kanten des Gitters berandet wird:
x +
e`
x
x + ek + e`
6
-
?
x + ek
Die Bezeichnung fur eine solche Plakette lautet p = xk` mit 1 k < ` 4.
Beginnend im Punkt x wird der Rand @p so durchlaufen, wie es die Skizze
zeigt. Dabei werden zwei der Gitterkanten entgegen ihrer naturlichen Orientierung durchlaufen. Wir berucksichtigen dies durch die Ersetzung U ! U ?1
in dem pfadgeordneten Produkt:
?1 U ?1 U
U@p := Ux;`
x+e` ;k x+ek ;`Ux;k
(336)
Diese Groe hat durch ihre Konstruktion ein sehr einfaches Verhalten unter
lokalen Eichtransformationen (328):
U@pu = u(x)?1U@pu(x)
(337)
Ist also f (z) irgendein Polynom von z 2 C , so wird Spurf (U@p) zu einer
eichinvarianten Groe. Diese Eigenschaft wollen wir bei der Konstruktion
der Wirkung ausnutzen.
Nach Einfuhrung einer Gitterkonstanten a gilt
U@p = expf?a2 Fk`(x) + O(a3)g
p = Plakette xk`
mit Fk` = Akj` ? A`jk + [Ak ; A`] und Ux;k = expfaAk (x)g, wenn
Ak (x) als dierenzierbar vorausgesetzt wird.
127
Auch hier fuhrt man den Beweis, indem man beide Seiten nach a bis zu
Termen der Ordnung a2 entwickelt.
Fur kleine Werte der Gitterkonstanten a erhalten wir so die Approximation
1 ? U@p = a2 Fk`(x) p = Plakette xk`
(338)
Die Wirkung, wie sie Wilson vorschlug, lautet:
X
W (U ) = 41g2 Spur (1 ? U@p)(1 ? U@p)
(339)
p
HierP
wird uber
alle
Plaketten des Gitters summiert. Dabei ist zu beachten,
P
P
da p mit x k<` zu identizieren ist. Wir erhalten daher in der Naherung (338)
X
X
(340)
W (U ) = ? 81g2 a4 Spur (Fk`(x))2
x
k`
R
P
4
wie gewunscht; denn x a ( ) strebt gegen d4x ( ) im Limes a ! 0:
Im Kontinuumslimes strebt die Wilson-Wirkung gegen die euklidische Wirkung eines selbstwechselwirkenden Eichfeldes.
Mit d (u) bezeichnen wir das invariante (auf 1 normierte) Haarsche Ma der
Eichgruppe G und setzen
DU =
Y
xk
d (Uxk )
(Produkt uber alle Kanten)
(341)
Das normierte Gibbs-Ma
d(U ) = Z ?1DU expf?W (U )g
(342)
legt nun endgultig die quantisierte Eichfeldtheorie auf dem Gitter fest, indem
mit seiner Hilfe alle Erwartungswerte der dynamischen Variablen berechnet
werden konnen. Die von Wilson vorgeschlagene Quantisierung benotigt keine
eichxierenden Terme und keine Geisterfelder in der Wirkung. Das GibbsMa ist durch seine Konstruktion ohne jede Einschrankung invariant gegenuber der Gruppe G der lokalen Eichtransformationen. Dies bedeutet, da
Erwartungswerte grundsatzlich eichinvariant sind, und zwar auch von solchen dynamischen Variablen, die ein nichttriviales Transformationsverhalten
unter der Wirkung von G haben.
Hier mu man nun fragen: Wie ist es uberhaupt moglich zu verstehen, da
die Wilson-Theorie in die Faddeev-Popov-Theorie ubergeht, wenn erst der
thermodynamische Limes und danach der Kontinuumslimes ausgefuhrt wird?
128
Eine naheliegende Antwort ware: Die lokale Eichsymmetrie wird im Limes
des unendlich groen Gitters (N ! 1) spontan gebrochen; die verschiedenen
Gleichgewichte, die sich einstellen, lassen sich durch den Parameter , den
Vorfaktor des eichxierenden Terms in der Wirkung, charakterisieren. Mit
anderen Worten: ist in Wirklichkeit ein Ordnungsparameter.
Die Antwort kann jedoch nicht richtig sein; denn ein wichtiges Resultat
sagt: die Invarianz einer Gittertheorie unter lokalen Eichtransformationen
ist im thermodynamischen Limes niemals spontan gebrochen (Elitzurs Theorem). Oenbar liegt die Antwort in den Details des Kontinuumslimes (a ! 0)
verborgen. Wir sind aber weit davon entfernt, diese Details zu kennen.
6.5 Die Kunst der Schleifen (Wilson Loops)
6.5.1 Statische Approximation der Yukawa-Kopplung
Unser nachstes Ziel ist die eichinvariante Charakterisierung der Krafte, die
durch den Austausch von Eichbosonen hervorgerufen werden. Wir erinnern
an ein fruher (QFT I Abschnitt 7.4) diskutiertes Beispiel: die Wechselwirkung zweier geladener Teilchen der Massen m und M , vermittelt durch den
Austausch eines Photons, im Limes M ! 1, dem sog. statischen Limes. Es
zeigte sich, da die Wechselwirkung des leichteren Teilchens mit dem als unendlich schwer gedachten Partner durch das Coulomb-Potential beschrieben
wurde. In der statischen Naherung but ein schweres Teilchen einen wesentlichen Teil seiner dynamischen Freiheitsgrade ein, weil auf es keine Energie
ubertragen werden kann. Der Limes M ! 1 bewirkt, in der Sprache der
Storungstheorie, da alle Beitrage zur Streuung verschwinden, bei denen das
schwere Teilchen virtuell, d.h. in Form einer inneren Linie des zugeordneten
Feynman-Graphen, auftritt. Man nennt dies die Entkopplung des geladenen
Teilchens von dem Photonfeld. Die Entkopplung aller geladenen Teilchen bewirkt, da ein U (1)-Eichfeld ein freies Feld ist, dessen Propagator in der
Gupta-Bleuler-Quantisierung die Form hat:
(
; TA (x)A (x0)
) = ?g DF (x ? x0 )
(343)
Die Anwesenheit eines schweren Teilchens ruft einen aueren Strom j hervor.
Die einfachste Gestalt, die ein solcher Strom haben kann, ist
j 0 = q3(x) ; j 1 = j 2 = j 3 = 0
(344)
Hierbei wurde angenommen, da das Teilchen in x = 0 ruht und keine Ausdehnung besitzt. Jeder Strom erzeugt ein klassisches Maxwell-Feld in seiner
Umgebung:
Aklass
(345)
(x) = (
; TA (x)A(j )
)
129
Hat der Strom die spezielle Form (344), so erhalten wir
Aklass
= qV (r); Aklass
= 0; i = 1; 2; 3 r = jxj
(346)
0
Z i1
1
V (r) = ?
dx0 DF (x) = 4r
(347)
?1
Auf dieses Resultat sind wir schon fruher gestoen. Es hangt, wie wir hier
sehen, von der gewahlten Eichung des Photonfeldes ab.
A hnlich liegen die Dinge in einer SU (n)-Eichtheorie mit Yukawa-Kopplung
der Fermionen an das Eichfeld A (x) 2 su(n). In der statischen Naherung,
bei der Fermionen und Eichfeld entkoppeln, geht das Eichfeld nicht in ein
freies Feld uber: der nichtabelsche Charakter der Eichgruppe verhindert dies.
Die Anwesenheit eines schweren Fermions erzeugt einen Strom j (x) 2 su(n)
und dieser ein klassisches Potential Aklass
(x) = (
; TA (x)A(j )
) 2 su(n).
Jedoch sind wir nicht mehr sicher, welche Form es hat.
Gewohnlich nden wir das Verhalten
(
; TA(x)A (x0)
) ! 0 jx ? x0 j ! 1
(348)
Es bewirkt, da die Kraft, die zwischen zwei schweren Fermionen wirksam
ist, fur groe Abstande gegen Null strebt. Die Fermionen erfahren also eine
wirkliche Streuung und sind nicht aneinander gebunden. Zweifel kommen
auf, ob dies in allen Eichtheorien wirklich der Fall ist, ob nicht FeynmanFunktionen auch anwachsen konnen. Die mit dem Eichfeld wechselwirkenden
Fermionen wurden dann in keinem Experiment als freie Teilchen auftreten,
weil es die Zufuhr einer unendlichen Energie voraussetzt. Diese Erscheinung,
wenn es sie uberhaupt geben sollte, nennt man im Englischen connement.
Wir kehren zur euklidischen Formulierung der Feldtheorie zuruck. Das
Potential V (r) = (4r)?1, das fur die QED typisch ist, kann auch aus der
Schwinger-Funktion des Photonfeldes ermittelt werden:
V (r) =
Z1
?1
dx4 S (x)
r = jxj
(349)
hAk (x)A` (x0)i = k`S (x ? x0) + eichabhangige Terme
(350)
Grund: Die Fourier-Transformierte S~(p; p4 ) entsteht durch analytische Fortsetzung aus ?D~ F (p0; p), aber nur der Wert in dem Punkt p0 = p4 = 0 geht
in die Rechnung ein: in diesem Punkt haben wir S~(p; 0) = ?D~ F (0; p).
Die Verhaltnisse sind deshalb so einfach in der QED, weil nach einer
statischen Naherung das Photonfeld frei ist und S (x) = (2)?2x?2 gilt. Das
klassische euklidische Potential einer Stromverteilung j k ist dann durch
Z
0
1
klass
Ak (x) = hAk (x)A(j )i = 42 d4x0 (xjk?(xx)0 )2
(351)
130
gegeben. Setzen wir speziell j 1 = j 2 = j 3 = 0; j 4 = q3(x), so erhalten wir
das elektrostatische Potential einer Punktladung q in unveranderter Form.
6.5.2 Schleifenintegrale in der euklidischen QED
Experimentell wird das Potential Aklass
durch eine weitere Ladung (z.B. eine
k
ruhende Punktladung q0 im Abstand R) ausgemessen. Die Testladung deniert einen weiteren Strom j 0, und die relative Energie beider Strome lat
sich als
Z x =T=2 Z x0 =T=2 j k(x)j 0 (x0)
1
d4x 0
d4x0 (x ? xk 0 )2
(352)
E = Tlim
!1 4 2 T
4
4
x4 =?T=2
x4 =?T=2
angeben. Hier haben wir zunachst die Wirkung der Strome j und j 0 zwischen
den Zeiten ?T=2 und T=2 berechnet und dann die Wirkung pro Zeit im
Limes T ! 1 als Wechselwirkungsenergie interpretiert. Die Energie geht
gegen Null, wenn die beiden Ladungen separiert werden.
Die Situation zwei ruhende punktformige Teilchen mit den Ladungen e
und ?e im Abstand R konnen wir durch einen geschlossenen Pfad C im
euklidischen Raum, dem sog. Wilson loop, in Form eines Rechteckes mit den
Seiten R und T approximieren:
Zeit
T=2
6
Raum
?T=2
?
R
Mit Hilfe dieser Schleife formen wir zunachst das Schleifenintegral
AC =
und dann den Erwartungswert
hAC AC i =
Z
C
Z
C
dxk
dxk Ak (x)
Z
C
131
dx0k S (x ? x0) ;
(353)
(354)
der fur genugend groes T die Wirkung der Ladungen e und ?e aufeinander,
aber auch die Selbstwechselwirkung, namlich das Produkt SelbstenergieT ,
enthalt.
Das Integral (354) ist wegen der unendlichen Selbstenergie von Punktladungen singular. Statt den Ladungen eine gewisse Ausdehnung zu geben,
regularisieren wir das Integral, indem wir S (x) durch
(2x)?2 x2 > a2
Sa(x) =
2
2
x <a
0
(355)
ersetzen. Das regularisierte Integral bezeichnen wir mit hAC AC ia . Die Integration ist nun elementar und erzeugt eine Reihe von Ausdrucken:
T2 T
T
T
2
2 hAC AC ia = ? log + log 1 + 2 ? 2 tan?1 T
a
a
R R
R
2
+ R ? log R + log 1 + R2 ? 2 R tan?1 R (356)
a
a
T
T
T
(0 tan?1 x =2). Die Vorschrift das Potential zu errechnen lautet:
1 hA A i
V (R) := Tlim
(357)
!1 2T C C a
Mit ihr erhalten wir das Ergebnis
1
(358)
V (R) = 412a ? 4R
Die Konstante (42a)?1 ist eine unbeobachtbare Groe. Fur a ! 0 strebt sie
nach 1. Der zweite Term beschreibt das anziehende Coulomb-Potential der
beiden Teilchen mit entgegengesetzter Ladung.
Eine aquivalente Vorschrift, das Potential zweier statischer Ladungen zu
berechnen, erhalt man, wenn von der U (1)-Variablen
R
UC = expf?ieAC g = expf?ie C dxk Ak (x)g
(359)
ausgegangen wird. Denn ihr Erwartungswert hangt mit dem eben berechneten eng zusammen:
hUC i = expf? 21 e2 hAC AC ig
(360)
Nach einer Regularisierung und mit dem oben gewahlten Weg C erhielten
wir die asymptotische Darstellung
hUC i = expf?e2 V (R)T g
132
T !1
(361)
6.5.3 Flachengesetz oder Umfangsgesetz?
Das asymptotische Verhalten des Erwartungswertes hUC i kann man in einer
Weise diskutieren, bei der Raum und Zeit symmetrisch behandelt werden.
Unterwerfen wir die Schleife C einer Dilatation, die alle Koordinaten mit
dem gleichen Faktor multipliziert, so wurde ein gegebenes Rechteck mit den
den Seiten R und T so anwachsen, da R und T zugleich gegen 1 streben
unter Festhaltung von R=T . Aus den Formeln (356) und (360) { gultig fur
die QED { folgt dann die asymptotische Darstellung
hUC i = expf?jC jg jC j = 2R + 2T ; R; T ! 1
(362)
mit = e2=(82a). Da jC j der Umfang des Rechteckes ist, sprechen wir hier
von einem Umfangsgesetz. Dies Gesetz ist oenbar charakteristisch fur eine
Situation, bei der V (R) fur groes R konstant wird, und ? erweist sich als
die Selbstenergie der Ladungen e und ?e:
2
1 e(?e)V (R) = ? e
lim
R!1 2
82 a
Nun sei Ak (x) das Eichfeld fur eine nichtabelsche Eichgruppe und UC das
P-Exponential des Schleifenintegrals wie im Abschnitt 5.3 deniert. A priori
wissen wir nichts uber das asymptotische Verhalten des Erwartungswertes
hUC i. Eine Regularisierung ist aber auch hier sicher notwendig, damit der
Ausdruck uberhaupt einen Sinn bekommt. Die Regularisierung fuhrt eine
Langenskala a ein, auf die R und T bezogen sind: hUC i ist eine Funktion der
dimensionslosen Groen R=a und T=a.
Auf einem Gitter ubernimmt die Gitterkonstante a die Rolle dieser Langenskala und eine weitere Regularisierung ist hier uberussig. Es sei a = 1. Die
unitare Matrix UC ist ein pfadgeordnetes Produkt, namlich ein Produkt uber
die Gitterkanten c1; : : : ; cn, die der Pfad C mit der Lange n = 2R + 2T der
Reihe nach durchlauft (beginnend mit c1):
UC = Ucn Uc Uc
2
1
Uc =
U
xk
Uxk?1
c : x ! x + ek
c : x + ek ! x
(363)
Selbst wenn der Weg C geschlossen ist, also wenn C = @G gilt, besitzt er
einen Anfangspunkt x, von dem UC abhangt. Das macht, da UC (im nichtabelschen Fall) immer noch eichabhangig ist. Erst Spur U@G ist unabhangig
von dem gewahlten Anfangspunkt und eichinvariant. Gleiches gilt fur hU@Gi;
denn in der Wilson-Formulierung ist die Wirkung und somit auch der GibbsZustand eichinvariant.
133
Zwei unterschiedliche asymptotische Verhaltensweisen stehen zur Diskussion:
expf?j@Gjg Umfangsgesetz (kein 'connement')
(364)
hU@Gi = expf?jGjg Flachengesetz ('connement')
Aber auch andere Moglichkeiten, die zwischen diesen beiden Optionen liegen,
sind theoretisch denkbar. Streng genommen lat sich dieses Verhalten nur auf
einem unendlich groen Gitter formulieren und auch dort nur uberprufen.
Die Konstanten, oder sind notwendig nichtnegativ (warum?). Wir haben
schon gesehen, da Fermionen in der statischen Naherung als freie Teilchen
auftreten, wenn das Umfangsgesetz gilt. Was folgt, wenn das Flachengesetz
in Kraft ist? Fur ein Rechteck mit den Seiten R und T haben wir dann
einerseits
hU@G i = expf?V (R)T g T ! 1
(365)
andererseits aber
hU@Gi = expf?RT g
Also
R; T ! 1
(366)
V (R) = R R ! 1
(367)
Ergebnis: Unter den Fermionen ziehen sich Teilchen und Antiteilchen im
Abstand R (genugend gro) mit konstanter Kraft an, und wir beobachten
den Eekt des 'connement'. Einiges spricht dafur, da diese Situation in
der QCD auftritt, wodurch erklart wird, da wir die Quarks nicht als freie
Teilchen in den gegenwartigen Experimenten sehen.
134
7 Fermionen
7.1 Das Dirac-Feld mit acht Komponenten
Wir beginnen mit einem Ruckblick auf die Dirac-Theorie im MinkowskiRaum M4 und setzen in allen Formeln ~ = 1. Genauso wie es manchmal
bequem sein kann, neben einem komplexen Skalarfeld auch das konjugierte
Feld einzufuhren und beide Felder als gleichberechtigt zu betrachten, so
wird man { wenn es angebracht erscheint { neben dem Dirac-Feld auch
seinen ladungskongugierten Partner c einfuhren, um aus beiden Feldern
einen achtkomponentigen Bispinor zu formen:
=
c
(368)
Durch die Verdopplung der Komponenten erreichen wir, da die Ladungskonjugation durch eine lineare Transformation beschrieben werden kann: sie
vertauscht mit c.
In der Dirac-Theorie fuhrt man die Ladungskonjugation durch die folgende Vorschrift ein:
c (x) = C (x)T
(369)
wobei die 4 4-Matrix C durch die Eigenschaften
C T = C = C ?1 = ?C
(370)
deniert ist. Insbesondere sehen wir, da C unitar ist. Fur die von uns benutzte Darstellung der Dirac-Matrizen (siehe QFT I Abschnitt 1.3.1) gilt
0 1
?i 0 2
2
0
(371)
i2 = ?1 0
C = i =
0 i2
Mit der ublichen Zerlegung in zweikomponentige Spinoren
c c
= = c
lautet die Vorschrift so:
c(x) = ?i2 (x)
(372)
c(x) = i2 (x)
(373)
Rechtshandige Spinoren werden in linkshandige verwandelt und umgekehrt.
Fur die schwache Wechselwirkung (Salam-Weinberg-Theorie) kann deshalb
die Ladungskonjugation keine Symmetrie sein.
( C )T = C
135
Fur ein freies Dirac-Feld der Masse m gilt (siehe QFT I Abschnitt 6.3.2):
(
; (x) (y)
) = S+(x ? y; m)
(
; (x) (y)T ) = 0
Auf dem Fockraum existiert ein unitarer Operator U , der die Symmetrieoperation an dem Feld ausfuhrt, oder, wie man auch sagt, der die Symmetrie
implementiert:
U (x)U ?1 = c(x) U = Die Existenz von U fuhrt den Relationen
(
; (x) c(y)T ) = (
; c(x) (y)T )
(374)
c
c
T
(
; (x) (y) ) = 0
(375)
Beachten wir c(y)T = ? (y)C , so konnen wir zusammenfassend schreiben:
?S+ (x ? y; m)C := W2 (x; y)
?S+ (x ? y; m)C
0
Hier betrachten wir W2 (x; y) als eine 8 8-Matrix auf mit den Elementen
(
; (x)(y)T ) =
0
W2 (x; y)ab = (
; a (x)b(y)
)
(a; b = 1; : : : ; 8)
Allgemein lassen sich die n-Punktfunktionen
Wn(x1 ; : : : ; xn)a an = (
; a (x1 ) an (xn)
)
1
1
(376)
als Tensoren auassen. Wegen des Fermi-Charakters des Feldes verschwinden
alle Wn fur ungerades n. Handelt es sich speziell um ein freies Feld, so gilt
die Rekursionsformel
Wn(x1 ; : : : ; xn)a an =
n?1
X
i=1
1
(?1)i+1Wn?2 (x1; : : : ; x^i ; : : : ; xn?1 )a a^i an? W2(xi ; xn)ai an (377)
1
1
die man in gleicher Weise ableitet, wie die entsprechende Formel fur ein BoseFeld. Charakteristisch fur das Fermi-Feld ist, da die einzelnen Beitrage ein
alternierendes Vorzeichen bekommen. Dieses Vorzeichen entsteht durch die
Verwendung von Antivertauschungsrelationen.
136
7.2 Das euklidische Dirac-Feld
Um das Wesen des U berganges zum euklidischen Kontinuum zu begreifen,
bleiben wir bei den Formeln fur das freie Dirac-Feld. Es gilt
S+(x; m) = (iM @ + m)+ (x; m)
(x 2 M4 )
(378)
wobei wir mit M die gewohnlichen Dirac-Matrizen fur den Minkowski-Raum
bezeichnet haben. Bei einer Ersetzung ix0 ! x4 ist es zweckmaig, zu euklidischen -Matrizen uberzugehen:
k = ?iMk (k = 1; 2; 3) 4 = M0
(379)
Wir machen wieder Gebrauch von der Abkurzung @= = k @k fur die Ableitungen nach Koordinaten x 2 E4. Dadurch erhalt die euklidische Zweipunktfunktion die Gestalt
0
(
@
=
?
m
)
C
S (x ? y; m)
(380)
S2(x; y) = (@= ? m)C
0
(x; y 2 E4 , die Funktion S (x; m) wurde im Abschnitt 3.2 vorgestellt), und
die neuen -Matrizen erfullen die Relation
k ` + ` k = k`
k; ` = 1; : : : ; 4
(381)
Diese Relation sagt, da es sich hierbei um die Erzeuger einer CliordAlgebra (uber dem reell-linearen Raum E4 ) handelt. Fur die von uns benutzte
Darstellung der Dirac-Matrizen gilt k = k .
Aus S (x ? y; m) = S (y ? x; m) und ((@= ? m)C )T = (@= + m)C (eine
Konsequenz der Relationen C T = ?C und ( C )T = C ) erhalten wir die
Antisymmetrie der euklidischen Zweipunktfunktion:
S2(x; y) = ?S2 (y; x)T
(382)
Diese Eigenschaft ist entscheidend fur die Konstruktion des euklidischen
Dirac-Feldes (x), weil sie dazu fuhrt, da
a(x)b (y) = ?b (y)a(x)
(383)
gilt. Grund: die Rekursionsformel
Sn(x1 ; : : : ; xn)a an =
n?1
X
i=1
1
(?1)i+1Sn?2 (x1; : : : ; x^i ; : : : ; xn?1 )a a^i an? S2(xi ; xn)aian (384)
1
137
1
zusammen mit der Antisymmetrie der Zweipunktfunktion fuhrt zur Antisymmetrie der n-Punktfunktion:
Sn(x1 ; : : : ; xn )a an = sgn Sn(x(1) ; : : : ; x(n) )a
1
(1)
a(n)
(385)
( = beliebige Permutation von 1; 2; : : : ; n). Die an Beispielen gewonnene
Erkenntnis dient uns zur allgemeinen Grundlage:
Euklidische Fermi-Felder besitzen antisymmetrische, Bose-Felder
symmetrische Schwinger-Funktionen.
Wir mochten Bose- und Fermi-Felder in gleicher Weise mit den Methoden
der kommutativen Algebra behandeln. Das ist nur dann moglich, wenn durch
Integration mit geeigneten Quellfunktionen a (x) die Fermi-Felder a(x) zu
kommutierenden Groen gemacht werden. Dies verlangt, da sowohl die a(x)
als auch die a(x) erzeugende Elemente einer gemeinsamen GrassmannAlgebra A sind:
a(x)b(y) + b(y)a(x) = 0
a (x)b(y) + b(y)a(x) = 0
a(x)b (y) + b(y)a(x) = 0
(386)
(387)
(388)
(a; b = 1; : : : ; 8). In einem gewissen, noch zu erlauternden Sinne sind die
Feldvariablen dual zu den Quellfunktionen, und wir konnten diese Tatsache
durch die Schreibweise a(x) = a (x) unterstreichen.
Wir denieren
() =
Z
d4x a
(x)a (x) = ?
Z
d4x a(x)a (x)
und erhalten so eine (nahezu) klassische Groe; denn sie kommutiert mit allen Elementen der Grassmann-Algebra. Erwartungswerte konnen ahnlich wie
im Fall der Bose-Felder deniert werden. Die Kenntnis des n-ten Momentes
h()ni gibt uns vollstandigen Aufschlu uber die n-Punktfunktion des Feldes, und, falls es sich um ein freies Feld handelt, konnen die Momente genau
wie im Bose-Fall aus einem Gauischen Funktional hergeleitet werden:
h()ni
n
!
n=1
(389)
d4y S2(x; y)ab a(x)b(y)
(390)
E fg = exp(?S fg) = 1 +
S fg =
1
2
Z
d4x
Z
1
X
1
138
Im Falle des freien Skalarfeldes war S2 (x; y) der Integralkern eines inversen
Dierentialoperators. Ist das hier auch so? Wir setzen
0
C
(
@
=
+
m
)
(391)
F0 = C (@= + m)
0
und nden
0
(
@
=
?
m
)
C
?
1
(? + m2 )?1
(392)
F0 = (@= ? m)C
0
Fur den Integralkern von F0?1 erhalten wir somit
0
(
@
=
?
m
)
C
?
1
F0 (x; y) = (@= ? m)C
S (x ? y; m) = S2(x; y)
0
Wir konnen daher schreiben:
S fg =
?1
1
1
2 (; F0 ) 2
Z
d4x a(x)[F0?1 ]a(x)
(393)
Die Operatoren F0 und F0?1 sind antisymmetrisch in dem folgenden Sinne:
waren u und v gewohnliche Funktionen mit Werten in C 8 , so waren (u; F0v)
und (u; F0?1v) antisymmetrische Bilinearformen in u; v. Spater, namlich im
Abschnitt 6.5.4, wird gezeigt, da die Fourier-Laplace-Transformation fur ein
Gau-Funktional des neuen Typs durchgefuhrt werden kann und da wir eine
Darstellung der folgenden Art besitzen34 :
R D exp(() ? W fg)
(394)
E fg = expf? 21 (; F0?1)g = R D exp(?W fg)
mit der euklidischen Wirkung W eines freien Dirac-Feldes:
W fg = W f ; g =
=
=
1
2
Z
Z
1
1
2 (; F0 ) 2
Z
d4x a(x)[F0 ]a(x)
d4x f (x)T C (@= + m) c(x) + c(x)T C (@= + m) (x)g
d4x (x)(@= + m) (x)
(395)
Dabei haben wir den euklidischen Bispinor wieder in gewohnliche Spinoren
zerlegt:
c (x) = C (x)T
(396)
=
c
34 Wir machen nun keinen Unterschied mehr zwischen dem Feld und den \Pfaden"
des Feldes, uber die integriert wird.
139
An dieser Stelle wird nun deutlich, da die euklidische Version der DiracTheorie sich von der Formulierung im Minkowski-Raum schon dadurch unterscheidet, da auf dem Raum E4 die Spinoren und (aquivalent
und c) als unabhangige dynamische Variable eingefuhrt werden. Neben der
sehr kompakten Formulierung (394) kann man selbstverstandlich auch zu
einer Beschreibung zuruckkehren, die das gewohnte Bild der Wirkung, ausgedruckt in und enthalt. So wurden wir fur das erzeugende Funktional
der n-Punktfunktionen auch schreiben konnen:
E fg = E f; g =
Z =
( ) + ( ) =
Z ?1
Z
D D expf?W f ; g + ( ) + ( )g
Z
D D expf?W f ; gg
Z
d4x f(x) (x) + (x) (x)g
Hierbei sind und unabhangige antikommutierende Dirac-Spinoren. Die
Formeln
0 C c(x) = C (x)T
(397)
= C 0
c
stellen den Zusammenhang zwischen den beiden Beschreibungen her.
Eine naheliegende Erweiterung besteht darin, da wir, den Vorschriften
der Eichtheorien folgend, eine Ankopplung an ein Vektorpotential Ak (x) vornehmen. Zum Beispiel geht die euklidische QED von der folgenden Wirkung
aus:
W f; Ag =
=
Z
d4x f 41 F k`Fk` + (@= + m + iqA=) g
Z
d4x 41 F k`Fk` + 21 (; FA)
mit dem antisymmetrischen Operator
FA =
0
C (@= + m ? iqA=)
C (@= + m + iqA=)
0
(398)
(399)
(400)
In jedem Fall erhalten wir eine Wirkung, die bilinear in den Dirac-Feldern
ist. Das korrespondierende Gauische Funktionalintegral ist stets ausfuhrbar
und fuhrt auf das erzeugende Funktional
expf? 21 (; FA?1)g = exp
Z
d4x (x)(@= + m + iqA=)?1 (x)
140
(401)
mit
F ?1 =
0
?(@= + m + iqA=)?1 C
(402)
0
Die nachfolgende Integration uber das Potential A ist dann nicht mehr elementar ausfuhrbar.
In den folgenden Abschnitten befassen wir uns naher mit der Mathematik, die der Einfuhrung von und als Groen einer Grassmann-Algebra
zugrunde liegen. Insbesondere mochten wir die Integralformeln rechtfertigen,
von denen wir bereits Gebrauch gemacht haben.
A
?(@= + m ? iqA=)?1C
7.3 Grassmann-Algebren
Wir wollen die klassische Konstruktion von Grassmann-Algebren vorstellen
und gehen von einem n-dimensionalen komplexen Vektorraum E aus. Eine
Abbildung
S : E
| {z E} ?! C
p
heit p-linear, wenn S (u1; : : : ; un) in jedem Argument uk 2 E linear ist. Sie
heit antisymmetrisch, wenn fur jede Permutation von f1; : : : ; pg gilt:
S (u(1) ; : : : ; u(p)) = sgnS (u1; : : : ; up)
(403)
Mit Ap(E ) bezeichnen wir den Raum der p-linearen antisymmetrischen Funktionen uber E . Da man Elemente von Ap(E ) addieren und mit komplexen
Zahlen multiplizieren kann, besitzt Ap(E ) die Struktur eines Vektorraumes.
Man setzt A0(E ) = C und zeigt:
n
0pn
= p
Ap(E ) = 0 p > n
dim Ap(E )
(404)
(405)
Ein Produktabbildung Ap(E ) Aq (E ) ! Ap+q (E ) ist dadurch erklart, da
wir jedem Vektor T 2 Ap und jedem Vektor T 2 Aq einen Vektor ST 2 Ap+q
zuordnen vermoge der Vorschrift
X
ST (u1; : : : ; up+q ) = p!1q! sgn S (u(1); : : : ; u(p))T (u(p+1); : : : ; u(p+q))
(406)
(die Summe erstreckt sich uber alle Permutationen von f1; : : : ; p + qg). Man
bezeichnet ST als das Grassmann-Produkt von S und T . Das Assoziativgesetz
141
R(ST ) = (RS )T ist sicher erfullt; anstelle des Kommutativgesetzes haben
wir jedoch nur die Regel
ST = (?1)pq TS
falls S 2 Ap; T 2 Aq
(407)
Dies folgt, weil fur die Permutation , die (1; : : : ; p; p + 1; : : : ; p + q) in (p +
1; : : : ; p + q; 1; : : : ; p) uberfuhrt, sgn = (?1)pq gilt.
Indem wir das Grassmann-Produkt erklart haben, wird die direkte Summe
n
M
A(E ) = Ap(E )
p=0
von Vektorraumen zu einer Algebra. Man nennt A(E ) die Grassmann-Algebra
uber dem Vektorraum E .. Ein Element derPAlgebra
ist demnach eine Summe
?
n
p
S0 + S1 + + Sn mit Sp 2 A (E ). Aus p k = 2n folgt
dim A(E ) = 2dim E
(408)
Man kann A immer in einen geraden und einen ungeraden Anteil zerlegen:
A = A + + A?
A+ = A0 A 2 A? = A1 A 3 (gerader Anteil)
(ungerader Anteil)
Aus (407) folgt dann die Regel
TS S 2 A oder T 2 A
+
+
ST =
?TS S 2 A? und T 2 A?
(409)
Insbesondere gilt:
Der gerade Anteil A+ ist eine kommutative Unteralgebra von A.
Dadurch ist es moglich, viele Funktionen auf A+ zu erklaren (Polynome, die
Exponentialfunktion etc.), und zwar in eindeutiger Weise. Da man solche
Funktionen addieren und miteinander multiplizieren kann, spricht man von
einem Funktionenkalkul auf A+ . Sogar die ublichen Funktionalgleichungen
lassen sich ubertragen; z.B. gilt
eS eT = eS+T
S; T 2 A+
(410)
In vieler Hinsicht verhalten sich die Elemente von A+ wie gewohnliche Zahlen,
nur die Existenz eines inversen Elementes ist i.allg. nicht gewahrleistet.
142
Beispiel: Es sei S 2 A2 . Dann existieren alle Potenzen
S m = |SS{z
S} 2 A2m
m
mit positiven Exponenten m, und es gilt uberdies S m = 0 fur 2m > n. Jedoch
S ?m ist ein sinnloser Ausdruck: keine der Potenzen S m ist invertierbar. Man
vereinbart S 0 = 1 2 A0. Fur die Exponentialfunktion
X m
e?S = (?m1)! S m 2 A+
m0
(eine endliche Reihe!) ndet man hingegen ein inverses Element, namlich eS .
Denn es gilt e?S eS = 1.
Nun sei (ei)i=1;:::;n eine Basis
in dem Vektorraum E . Ein Vektor u 2 E
P
besitzt dann die Darstellung uiei mit ui 2 C . Wir denieren spezielle
Elemente i 2 A1:
i(u) = ui i = 1; : : : ; n u 2 E beliebig
(411)
d.h. i ordnet jedem Vektor u 2 E seine i-te Komponente zu. Die folgenden
Eigenschaften sind elementar und drucken unter anderem aus, da die i die
gesamte Grassmann-Algebra erzeugen:
1. Es gelten die Kommutatorrelationen
ik + k i = 0 i; k = 1; : : : ; n
(412)
2. Jeder Vektor S 2 Ap besitzt eine Darstellung der Art
X
si ip i ip
S = p1!
i ip
1
1
(413)
1
mit komplexen Koezienten si ip .
Das Schema der Koezienten von S ist stets antisymmetrisch unter Permutationen der Indizes.
Beispiel: Nach Wahl einer Basis in E liegt jedes Element S 2 A2 (E ) in
der Form
X
S = 21 sik ik sik = ?ski 2 C
(414)
1
ik
vor. Umgekehrt ist jeder komplexen antisymmetrischen n n-Matrix ein
Element S 2 A2 (E ) zugeordnet. Daruberhinaus existiert
X (?1)m m
?
S
e =
S
(415)
m0 m!
143
wobei durch
1 Sm = 1
m!
m!
X
1
2
ik
sik ik
!m
1
= (2m
)!
X
i1 i2m
si i m i i m
1
1
2
2
(416)
ein antisymmetrisches Koezientensystem si i m gegeben ist, fur das man
mit einiger Muhe die Rekursionsformel
1
si i m =
1
2
X
2m?1
p=1
2
(?1)p+1si ^ipi m? sipi m
1
2
(417)
2
1
nachweist. Formeln dieser Art sind uns bereits bei der Diskussion des euklidischen Dirac-Feldes begegnet. Wir erkennen jetzt, da der Formalismus
der Grassmann-Algebra geeignet ist, schwierige kombinatorische Sachverhalte auf elegante Weise zu beschreiben.
Legen wir dem Dirac-Feld das Kontinuum E4 zugrunde (also kein Gitter),
so sind wir gezwungen, die Algebra A(E ) uber einem 1-dimensionalen Vektorraum E zu konstruieren, namlich uber einem Raum von Testfunktionen
f : E4 ! C 8
(zur Erinnerung: das Feld hat acht unabhangige Komponenten). Eine zulassige Wahl ware der Schwartz-Raum E = S (E4 ; C 8 ). Wir fassen die Funktionswerte f a(x) (a = 1; : : : ; 8; x 2 E4 ) als die Koordinaten des Vektors f auf
und denieren die Erzeuger a(x) der Grassmann-Algebra A(E ) durch
a (x)(f ) = f a(x)
(418)
Das Paar (a; x) ist hier an die Stelle des Index i getreten. Es gelten die
Relationen
a(x)b(y) + b(y)a(x) = 0
(419)
Im Abschnitt 6.2 haben wir dem freien Dirac-Feld die Zweipunktfunktion
S2 (x; y)ab zugeordnet und mit ihrer Hilfe ein Element der Algebra A+(E )
konstruiert:
Z Z
1
S = 2 d4x d4y S2(x; y)ab a(x)b(y)
(420)
Genauer: S liegt in A2 (E ). Der entscheidende Schritt bestand darin, ein
weiteres Element der Algebra A+(E ) zu denieren:
1
X
e?S = 1 + n1! h()ni =
n=1
Z
1
mZ
X
(
?
1)
4
1 +
d x1 d4x2m ha (x1 ) a m (x2m )i a (x1 ) a m (x2m )
(2
m
)!
m=1
1
144
2
1
2
Die n-Punktfunktionen des freien Dirac-Feldes erweisen sich somit als die
Entwicklungskoezienten von e?S 2 A+(E ) nach den Erzeugern a(x).
7.4 Formale Ableitungen
In der Analysis benutzt man den Begri der Ableitung im Sinne einer Differentiation nach reellen Variablen, und in der Funktionentheorie fuhrt man
Ableitungen nach komplexen Groen ein. Damit sind die Moglichkeiten, den
Begri auf andere Bereiche auszudehnen, bei weitem nicht erschopft. In der
klassischen Mechanik begegnen wir der Poisson-Klammer fF; H g mit den
charakteristischen Eigenschaften
fFG; H g = fF; H gG + F fG; H g
fF; H g = 0 falls F =konst.
In der Quantenmechanik ubernimmt diese Rolle der Kommutator [F; H ] mit
vergleichbaren Eigenschaften. Die bisher genannten Beispiele illustrieren den
Begri der Derivation einer Algebra.
Auch in einer Grassmann-Algebra kann man Ableitungen bilden. Wir
gehen dabei wieder von einem Vektorraum E aus und erklaren fur beliebiges
u 2 E eine lineare Abbildung
du : Ap(E ) ! Ap?1(E )
durch die Vorschrift
(duS )(u2; : : : ; up) = S (u; u2; : : : ; up)
(421)
fur alle S 2 Ap. Wir vereinbaren: duS = 0 falls S 2 A0 . Der Operator du wird
so zu einer linearen Abbildung A ! A. Nach Wahl einer Basis in E besitzen
wir Darstellungen der Art
S (u1; : : : ; up) =
(duS )(u2; : : : ; up) =
mit
s0i :::ip =
2
X
i1
145
X
i1 ip
X
i2 ip
si :::ip ui1 uipp
(422)
s0i :::ip ui2 uipp
(423)
2
2
si :::ip ui
1
1
1
1
(424)
Eine dritte Weise, die Wirkung des Operators du zu beschreiben, erhalt man
durch Einfuhrung der Erzeuger i:
X
S = p1!
si :::ip i ip
(425)
i ip
X
si :::ip ui i ip
(426)
duS = (p ?1 1)!
i ip
1
1
1
1
1
2
1
In der Feldtheorie sind wir dem Operator du schon einmal bei der Diskussion
des Fock-Raumes der Fermionen begegnet: dort war E der Einteilchenraum,
A(E ) die Algebra der Erzeugungsoperatoren (wir schrieben ayi anstelle von
i) und du ubernahm die Rolle eines Vernichtungsoperators (wir schrieben ai
anstelle von dei ).
Gilt die Produktregel fur Ableitungen? Wir nden eine leicht modizierte
Regel, namlich
du(ST ) = (duS )T + (?1)pS (duT )
S 2 Ap ; T 2 A
(427)
Wegen des p-abhangigen Vorzeichens heit du eine Antiderivation der Algebra
A; du hangt in linearer Weise von u ab, so da wir { nach Wahl einer Basis
{ schreiben konnen:
X
du = ui @@ i
i
Diese Bezeichnung liegt in der Tat sehr nahe, weil man den Inhalt von (426)
nun so wiedergeben kann:
@ X s i ip = p X s i ip
ii :::ip
@i i ip i :::ip
i ip
1
1
2
2
(428)
2
1
Man macht sich leicht klar, da die formale Ableitung durch die folgenden
Regeln bereits vollstandig charakterisiert ist.
(; 2 C )
Regel 1 @@ i (S + T ) = @@ i S + @@ i T
Regel 2
Regel 3
@
@i 1 = 0
@ k
k
k @
@i ( S ) = i S ? @i S
146
Hierin sind S und T beliebige Elemente der Algebra. Im Gegensatz zur klassischen Analysis gilt in einer Grassmann-Algebra:
2
@2 = ? @2
@
(429)
@i@k
@k @i insbesondere @i = 0
Nun sei speziell S ein gerades Element der Algebra, d.h. S 2 A+. In
diesem Fall ergeben unsere Regeln:
m
@ S m = @ (SS S ) = X
k?1 @ S S m?k = mS m?1 @ S
S
} k=1
@i
@i | {z
@i
@i
m
Denn S 2 A+ und @@ i S 2 A? kommutieren. Was
wir hier fur Potenzen gefunP
den haben, lat sich auf Potenzreihen f (S ) = am S m (am 2 C ) ausdehnen,
d.h. fur alle S 2 A+ gilt
@ f (S ) = f 0(S ) @ S
@i
@i
(430)
Rechts steht das Produkt zweier Elemente der Algebra, wobei das erste in A+,
das zweite in A? liegt. Dennoch ist die Reihenfolge der Faktoren gleichgultig.
Eine einfache Anwendung betrit die Exponentialfunktion:
@ e?S = ?e?S @ S (S 2 A )
(431)
+
@i
@i
Mit
Z Z
?
1
1
1
(432)
S = 2 (; FA ) = 2 d4x d4y S2(x; y; A)aba (x)b(y)
fur ein Potential Ak (x) erhielten wir
2
eS @a (x@)@b (y) e?S = S2(x; y; A)ab
(433)
7.5 Formale Integration
7.5.1 Integrale uber A(E )
Wir mochten einen geeigneten Integralbegri in die Grassmann-Algebra einfuhren,
der ebenso wie die Ableitung rein algebraisch aufzufassen ist. Wir gehen dabei nicht von der Vorstellung aus, die dem unbestimmten Integral zugrunde
147
liegt, namlich, da das Integral eine Art Umkehrung Rder Dierentiation sein
sollte. Vielmehr suchen wir, das Grassmann-Integral d S in Analogie zum
gewohnlichen Volumenintegral zu denieren.
Es sei also dim E = n < 1 und S 2 A(E ) vorausgesetzt. Wir fordern:
R
1. Das Integral d S ist eine komplexe Zahl.
R
2. Die Abbildung A(E ) ! C ; S 7! d S ist linear.
R
3. Es gilt d @@ i S = 0 fur i = 1; : : : ; n.
R
4. Normierung: d 12 n = 1.
Das Integral ist also ein lineares Funktional auf der Algebra mit besonderen
Eigenschaften. Wir zeigen die Existenz eines solchen Funktionals dadurch,
da wir jedes Element S 2 A(E ) in kanonischer Weise zerlegen:
S = S 0 + S1 + + S n
Sp 2 Ap(E )
(434)
Speziell haben wir immer eine Darstellung der Art
Sn = I12 n I 2 C
I = @@ n @@ 2 @@ 1 S
?
Denn dim An = nn = 1. Sodann denieren wir
Z
d S = I
(435)
(436)
(437)
Die Bedingungen 1.-4. werden nur durch diesen Ansatz erfullt. Wir verzichten
auf den Beweis und wenden uns rasch den Eigenschaften des Integrals zu:
1. Formel (partielle Integration):
Z @ Z
p
+1
d @i S T = (?1)
d S @@ i T S 2 Ap; T 2 A
(438)
R
Dies folgt aus d @@ i (ST ) = 0 und der Produktregel fur Ableitungen.
Die nachste Regel betrit das Transformationsverhalten des Integrals unter einer linearen Abbildung a : E ! E . Durch
S a (u1; : : : ; up) = S (au1; : : : ; aup)
148
ist eine Wirkung von a auf Ap erklart, die man zu einer linearen Abbildung
A ! A; S 7! S a ausdehnen kann. In bezug auf eine Basis schreiben wir
(au)i =
und erhalten
X
k
aik uk
(a)i =
X
k
aik k
X
S a = p1! si ip (a)i (a)ip
1
1
(439)
(440)
Es erweist sich als bequem, die Schreibweise S = S fg zu benutzen. Dann
gilt S a = S fag. Ein besonderer Fall tritt fur p = n = dim E ein. Ist namlich
S 2 An, so gilt S fag = det a S fg, wenn wir (435) beachten. Daraus folgt
die
2. Formel: Fur alle S 2 A gilt
Z
Z
d S fag = det a d S fg
Beachte: in der gewohnlichen Analysis gilt
Z
dnx f (ax) = (det a)?1
Z
(441)
dnx f (x)
wobei wir uberdies noch die Bedingung benotigen, da a nichtsingular ist.
7.5.2 Integrale uber A(E F )
Nun habe der Vektorraum die Struktur einer direkten Summe E F (dieser
Fall wird im Zusammenhang mit dem Dirac-Feld wichtig werden). Vektoren
in diesem Raum sind Paare (u; v) mit u 2 E und v 2 F . Es sei (ei ) eine Basis
in E und (fk ) eine Basis in F . Wir denieren die Erzeuger der GrassmannAlgebra A(E F ):
X
i(u; v) = ui
k(u; v) = vk
(u = uiei)
X
(v = vk fk )
(442)
(443)
Alle Antikommutatoren der Erzeuger verschwinden identisch. Wir verstehen
A(E ) und A(F ) als zwei Unteralgebren von A(E F ), erzeugt von den i bzw.
k . Ein allgemeines Element der Algebra A(E F ) besitzt eine Entwicklung
nach allen Erzeugern, i und k. Fur ein solches Element schreiben wir daher
S f; g und denieren Teilintegrale
Z
(444)
d S f; g = @@ n @@ 2 @@ 1 S f; g n = dim E
149
und
Z
d S f; g = @@m @@ 2 @@ 1 S f; g
m = dim F
(445)
Im ersten Fall ergibt das Teilintegral ein Element
R inR A(F ), im zweiten Fall ein
Element in A(E ). Das vollstandige Integral d d S f; g entsteht durch
Hintereinanderschalten der beiden Prozesse. Hierbei ist es jedoch wichtig, auf
die Integrationsreihenfolge zu achten; denn es gilt die Regel
Z
d
Z
d S f; g = (?1)nm
Z
Z
d d S f; g
(446)
Fur Teilintegrale gilt bezuglich einer linearen Transformation a:
Z
3. Formel:
Z
d S fa; g = det a d S f; g
(447)
Ein Sonderfall tritt ein, wenn die Raume E und F die gleiche Dimension
n haben und ein Element der Algebra die Form S f + g hat, d.h. es besitzt
dann eine Entwicklung nach den Erzeugern i = i + i.
4. Formel: (Translationsinvarianz)
Z
d S f + g =
Z
d S fg
(448)
von S fg nach den Erzeugern hat
Beweis. Der hochste Term der Entwicklung
R
1
2
n
die Form I mit I = d S fg. Der hochste Term der Entwicklung
von S f + g nach den i ist in I (1 + 1) (n + n) enthalten und stimmt
mit dem vorigen Ausdruck uberein.
7.5.3 Integrale vom Exponentialtyp
Wir nehmen an, da die Raume E und F die gleiche Dimension n haben.
Satz Fur jede komplexe n n-Matrix a = (aik ) gilt
Z
Z
d d exp
X
ik
Beweis. Wir setzen S f; g = exp
Z
Z
aik ik = (?1)( ) det a
n
2
P ii und haben
i
Z Z
d d S fa; g = det a d d S f; g
150
(449)
Die kanonische Zerlegung S = S0 + + Sn fuhrt auf
!n
Xii
Sn = n1!
i
= ( 11 )( 22) ( nn)
n
= (?1)( )( 1 n)(1 n)
2
R R
n
Damit folgt d d S f; g = (?1)( ) .
Denition Es sei n = 2m gerade und A = (Aki) eine antisymmetrische n n-Matrix. Dann heit die durch
2
X
1
1
m!
2
ik
Aik ik
!m
= Pf A 1 2 n
(450)
bestimmte komplexe Zahl Pf A die Pfaan von A.
Als Funktion der Matrixelemente ist Pf A homogen vom Grade m. Fur niedrige Dimensionen (n = 2; 4; : : :) nden wir:
Pf A = A12
Pf A = A12 A34 ? A13 A24 + A14A23
m=1
m=2
Als direkte Folge der Denition der Pfaan erhalten wir die Formel
Z
d exp
X
1
2
ik
!
Aik ik = Pf A
(451)
Anmerkung: Das Integral verschwindet, wenn n ungerade ist. Der nachste
Satz zeigt einen Zusammenhang zwischen den Begrien Determinante und
Pfaan.
Satz. Sei a eine komplexe m m-Matrix und aT die transponierte
Matrix. Dann ist
0 a
A = ?aT 0
(452)
antisymmetrisch und es gilt
m
Pf A = (?1)( ) det a
2
151
(453)
Beweis. Man kann schreiben:
X
Damit wird
Z
ik
aik
i k
=
d exp 21 TA
1 T
2 A
=
Z
= Z
d d exp Ta
und die Behauptung folgt unmittelbar.
Anmerkung: Es existiert ein weiterer leicht beweisbarer Zusammenhang,
namlich
(Pf a)2 m gerade
(454)
det a =
0 m ungerade
fur jede antisymmetrische m m-Matrix a.
7.5.4 Fourier-Laplace-Transformation
Die klassische Fourier-Transformation verwandelt Funktionen f (x), deniert
fur Vektoren x 2 E (E ein n-dimensionaler reeller Vektorraum), in Funktionen f~(p), deniert fur p 2 E (E der Dualraum zu E ). A hnliches leistet die
beidseitige Laplace-Transformation. Ist der Vektorraum komplex, so besteht
kein wesentlicher Unterschied mehr zwischen der Fourier- und der LaplaceTransformation.
Auf einer Grassmann-Algebra fuhrt die FL-Transformation in ahnlicher
Weise Elemente S 2 A(E ) uber in Elemente S~ 2 A(E ). Sie ist eng verbunden mit der in der Algebra haug benutzten ?-Abbildung oder HodgeAbbildung
? : Ap(E ) ! An?p(E ) (n = dim E );
(455)
der wir uns zunachst zuwenden. Es sei also (ei) eine Basis in E und (ei) die
induzierte dualePBasis in E , so da hei ; ek i = ki gilt.
Jedes u 2 E besitzt
P
i
die Darstellung u ei, jedes v 2 E die Darstellung viei . Wir denieren
die Erzeuger von A(E ):
i(u) = ui
die Erzeuger von A(E ): i(v) = vi
Ein Element S 2 Ap(E ) besitzt die Gestalt
X
S = p1!
si ip i ip
(456)
i ip
1
1
152
1
Die Hodge-Abbildung (455) wird erklart durch die Vorschrift
X ip in s
ip in
?S = (n ?1 p)!
ip in
X
si ip i in
sip in = p1!
i ip
+1
+1
(457)
+1
+1
1
1
(458)
1
( ist das Levi-Civita-Symbol). Sie hat die Eigenschaft
? ? S = (?1)p(n?p)S S 2 Ap(E )
(459)
Das entstehende Vorzeichen ist p-abhangig. Dehnt man also ? zu einer linearen Abbildung auf ganz A(E ) aus, so erhalt man keine Involution. Das macht
die Hodge-Abbildung fur unsere Zwecke ungeeignet.
Mit einer geringfugigen A nderung lat sich die Sache bereinigen. Wir
denieren
? S~ = (?1) ? S = n?2p+1 S 2 Ap(E )
(460)
und nden
n
(461)
S~ = (?1)( )S
Das Vorzeichen ist unabhangig von p. Wir bezeichnen S~ als die FL-Transformierte
von S .
Die Vorschrift zur Konstruktion von S~ kann auch auf eine ganz andere
Weise gegeben werden. Wir betten hierzu A(E ) und A(E ) in die P
gemeinsa
mePAlgebra A(E E ) ein, benutzen die Schreibweise h ; i := i i i =
? i ii und setzen
+1
2
S~fg =
Z
d S fg exph; i
(462)
Da auf diese Weise die gleiche Abbildung beschrieben wird, folgt aus dem
speziellen Integral
Z
n?p
(463)
d 12 p exph; i = (?1)( )p+1 n
2
+1
Wir wollen nun eine konkrete FL-Transformierte berechnen.
Satz Es sei A = (Aik ) eine antisymmetrische nichtsingulare n n-Matrix (n ist notwendig gerade). Dann besitzt
P
S fg = exp 21 Aik ik
(464)
die FL-Transformierte
P
S~fg = Pf A exp 21 (A?1 )ik i k
(465)
153
Beweis. Wir schreiben (alle Summanden in A+(E E ))
1 TA + h ; i = 1 ( + )TA( + ) + 1 T A?1 2
2
2
= ?A?1 . Es gilt d S f + g = d S fg = Pf A.
R
R
mit Durch die Entwicklung der Exponentialfunktion in (462) gewinnen wir
Formeln fur die Momente der i. Wenn wir auch noch die Matrix A durch
?A ersetzen, so lauten die ersten funf Formeln dieser Art:
Z
Z
Z
Z
Z
d exp(? 21 TA) = Pf(?A)
d i exp(? 21 TA) = 0
d ij exp(? 21 TA) = Pf(?A)B ij
B = A?1
d ij k exp(? 21 TA) = 0
d ij k ` exp(? 21 TA) = Pf(?A)(B ij B k` ? B ik B j` + B i`B jk )
Die zweimalige Anwendung der FL-Transformation multipliziert die \GauFunktion" (464) mit dem Faktor Pf A Pf A?1. Daraus schlieen wir:
n
Pf A Pf A?1 = (?1)( ) = (?1)m
+1
2
(2m = n)
(466)
All unseren Anwendungen liegt die Blockstruktur zugrunde:
A=
0 a
?aT 0
A?1 =
0 ?a?1T
a?1 0
(467)
(a eine m m-Matrix). In diesem Fall konnen wir von der Relation
m
Pf A = (?1)( ) det a
2
Gebrauch machen.
7.6 Funktionalintegrale der QED
Stellvertretend fur die Eichtheorien mit Ankopplung an Materiefelder soll
nun die U (1)-Eichtheorie behandelt werden. Der Einfachheit halber ist in
allen Formeln ~ = 1 gesetzt. Wir gehen von einer Formulierung im Kontinuum aus, obwohl in diesem Fall der zugrunde liegende Vektorraum E der
154
Fermionen notwendig unendlich-dimensional ist und die Funktionalintegrale, Determinanten, Pfaans etc. einer Regularisierung bedurfen, damit alle
Ausdrucke dieses Abschnittes deniert und endlich sind.
Zuerst schreiben wir die Wirkung fur ein Dirac-Teilchen der Masse m
und der Ladung q so um, da sie als Summe zweier quadratischer Formen
erscheint:
Z
d4x 41 F k`Fk` + (@= + m + iqA=)
1
1
2 (; FA) + 2 (A; C A)
W fA; g =
=
(468)
(siehe die Formeln (6.30-32) und (5.16-19)). Der Bispinor enthalt die Komponenten von und c. Das erzeugende Funktional der n-Punktfunktionen
ist so deniert:
S f; j g =
Z =
Z ?1
Z
Z
DA D exp () + A(j ) ? W fA; g
DA D exp ?W fA; g
(469)
Hier lat sich das Integral uber die fermionischen Freiheitsgrade ausfuhren,
weil die Wirkung bilinear in dem -Feld ist (diese Beobachtung trit auf alle
Eichtheorien zu):
S f; j g =
Z
d(A) exp A(j ) ? 21 (; FA?1)
1
d(A) = Z ?1DA det(@= + m + iqA=) exp ? 21 (A; C A)
Z =
Z
DA det(@= + m + iqA=) exp ? 2 (A; C A)
(470)
(471)
(472)
Das Ergebnis kommt deshalb zustande, weil det(?C ) = 1 und
Pf(?FA) = det ?C (@= + m + iqA=) = det(@= + m + iqA=)
(473)
gilt. Auf diese Weise wurde eine wesentliche Vereinfachung erzielt. Die hierbei
erzeugte Fermion-Determinante begegnete uns schon fruher (Vorlesung
QFT I, Kapitel 8). Dort haben wir auch Methoden angegeben, wie man
diese Groe regularisieren kann. Dabei stellte sich u.a. heraus, da unter der
Ersetzung q ! ?q die Determinante in sich ubergeht. Aus diesem Grunde
ist das Ma d(A) symmetrisch, d.h. fur alle Funktionen f gilt
Z
d(A) f (?A) =
155
Z
d(A) f (A)
(474)
Es ist jetzt deutlich geworden, da die Fermion-Determinante nicht nur bei
Problemen mit aueren Feldern auftritt, sondern da sie eine zentrale Stellung in der Theorie einnimmt.
Durch Entwicklung des erzeugenden Funktionals gelangen wir zu den Korrelationsfunktionen der U (1)-Eichtheorie. Die erste Groe, auf die sich unser
Interesse richtet, ist der euklidische Propagator des Fermions:
Z
ha(x)b (y)i = d(A)
F ?1
A
ab
(x; y)
(475)
Hieraus ergibt sich unmittelbar
Z
h (x) (y)i = d(A) (@= + m + iqA=)?1(x; y)
(476)
Eine weitere Vereinfachung scheint nicht mehr moglich zu sein. Der Propagator enthalt als wesentliche Information die renormierte Masse des DiracTeilchens. Fur q ! 0 geht der Ausdruck in den freien Propagator uber. Die
Formel (476) dient als Ausgangspunkt fur Naherungen.
Der Propagator des Eichfeldes erhalt die Gestalt
Z
hAk (x)A`(y)i = d(A) Ak (x)A`(y)
(477)
Er enthalt Informationen uber die Vakuum-Polarisation, d.h. uber die virtuelle Paar-Produktion der Photonen. Schlielich ist die Vertex-Funktion
h (x)Ak
(y) (x0 )i =
Z
d(A) (@= + m + iqA=)?1 (x; x0 ) Ak (y)
(478)
von Interesse, in der die Information uber die renormierte Ladung und das
anomale magnetische Moment enthalten ist.
Anmerkung: Das Ma d(A) ist zwar normiert, aber es fehlt ein Beweis,
da es positiv ist. Man kann relativ leicht einsehen, da es reell ist. Dazu weist
man nach, da die Fermion-Determinante reell ist. Alle n-Punktfunktionen
des Photonfeldes sind dann ebenfalls reell, wie wir es aus physikalischen
Grunden erwarten. In dem erzeugenden Funktional erscheint die Kopplungskonstante q an zwei Stellen: (1) in der Fermion-Determinante und (2) in
dem Operator FA?1. Ein Naherungsverfahren (eng. quenched approximation)
grundet darauf, da man q = 0 (aquivalent m = 1) in der Determinante
setzt. Dann verschwindet die Determinante uberhaupt aus dem Ma d(A)
156
und wir erhalten ein Gauisches W-Ma d0(A), das ohne jegliche Regularierung auch im Kontinuum wohldeniert ist:
Z
d0(A) exp iA(j ) = expf? 21 (j; C ?1 j )g
(479)
Die Ersetzung von d(A) durch d0(A) bewirkt, da Ak (x) ein freies Feld
wird, da das Fermion sozusagen an ein freies Feld koppelt. Die Unterdruckung der Fermion-Determinante bedeutet { in der Sprache der Storungstheorie { den Fortfall aller Feynman-Graphen, die wenigstens eine Fermionschleife enthalten. Die Naherung ist gut, solange die Masse des Dirac-Teilchens
als \gro" angesehen werden darf. Denn rein formal betrachtet geht d(A)
im Limes m ! 1 in das Ma d0(A) uber.
7.7 Gittereichtheorien mit Materiefeldern
7.7.1 Das SU (n)-Higgs-Modell
Fur die reine Eichtheorie mit der Eichgruppe SU (n) kann die Wirkung auf
dem Gitter in der Form (5.70) deniert werden. Von dieser Wirkung unterscheidet sich
X
W (U ) = ? 21g2 < Spur U@p
p
nur um eine Konstante. Fur das SU (n)-Higgs-Modell auf dem Gitter gibt
man i.allg. die folgende Wirkung an:
X
X
W (U; ) = W (U ) + 21 j(x + ek ) ? Uxk (x)j2 + (j(x)j2 ? )2 (480)
x
xk
( > 0; > 0); (x) ist ein n-komponentiges komplexes Skalarfeld, also ein
Multiplett in der fundamentalen Darstellung der SU (n). Die Wirkung zerfallt
in naturlicher Weise in drei Terme: (1) eine Summe uber alle Plaketten, (2)
eine Summe uber alle Gitterkanten und (3) eine Summe uber alle Gitterpunkte. Nach Einfuhrung einer Gitterkonstanten a geht (x + ek ) ? Uxk (x)
auf Z4 in den Ausdruck
aa(x + aek ) ? exp aAak (x) aa(x) = a2 @k ? A0k (x) 0(x) + O(a3)
uber, der die kovariante Ableitung des Kontinuumsfeldes 0 enthalt. Mit a
und Aa haben wir die Felder auf dem Gitter (aZ)4 bezeichnet.
Es sei d (U ) das auf 1 normierte Haarsche Ma auf der Gruppe SU (n).
Fur die angegebene Wirkung und die Gitterperiode N lautet die Zustandssumme
Z Z
Z = D DU expf?W (U; )g = e?F
157
D =
Y Yn
x =1
d<(x) d=(x)
DU =
Y
xk
d (Uxk )
7.7.2 SU (n)-Eichtheorie mit Fermionen
Wir betrachten ein Multiplett von n Dirac-Feldern in der Fundamentaldarstellung der SU (n):
0
1
1 (x)
C
.
.
(x) = B
(
x
)
=
(
x
)
;
:
:
:
;
(
x
)
(481)
@ . A
1
n
n (x)
Die eichinvariante Wirkung hat auch hier wieder den typischen Aufbau:
W ( ; ; U ) = W2 + W1 + W0
(482)
wobei W2 (bzw. W1, W0) eine Summe uber Plaketten (bzw. Gitterkanten,
Gitterpunkte) darstellt:
X
W2 = ? 21g2 < Spur U@p
(483)
p
X W1 = 21
(x)k Uxk (x + ek ) ? (x + ek )k Uxk (x) (484)
W0 = m
xk
X
x
(x) (x)
(485)
Die Vorschrift zur Konstruktion von W1 entspricht der Einfuhrung einer Gitterversion der kovarianten Ableitung in Form einer Matrix
8 1 >
<
2 Uxk y = x + ek
k =
? 12 Uyk x = y + ek
(486)
Dxy
>
:
0 sonst
Fur Uxk = 1 (alle xk) geht sie uber in den Gittergradienten
8 1
>
< 21 y = x + ek
k
@xy = > ? 2 x = y + ek
(487)
: 0 sonst
Dieser Gradient entspricht, wie man sieht, der halben Summe aus dem Vorwartsund dem Ruckwarts-Gradienten. Vereinfachend konnen wir nun schreiben:
X
W1 = (x)D= xy (y) D= k Dk
(488)
xy
158
Ein weitere Vereinfachung erzielen wir durch Einfuhrung von
=
c
FU =
0
?[C (D= + m)]T
C (D= + m)
0
(489)
weil dann die Wirkung in eine Bilinearform ubergeht:
W1 + W0 = 12 (; FU )
(490)
Die fermionischen Freiheitsgrade lassen sich vollstandig ausintegrieren, und
wir erhalten:
Z
D
Z
D exp () ? 21 (; FU ) = det(D= + m) exp ? 21 (; FU?1)
(491)
Die Fermion-Determinante hat auf einem Gitter eine etwas veranderte Struktur. Aber sie ist wohldeniert und bedarf keiner Regularisierung. Bei N 4
Gitterpunkten besitzt die Matrix D= + m die Dimension 4nN 4 . Selbst fur bescheidene Gittergroen (z.B. N = 10) ist eine numerische Auswertung dieser
Determinante nur unter Einsatz eines Grorechners moglich.
Wir erhalten das folgende auf 1 normierte Ma auf der Eichgruppe:
1 X
?
1
(492)
d(U ) = Z DU det(D= + m) exp 2g2 < Spur U@p
p
Mit seiner Hilfe lassen sich alle Erwartungswerte ausdrucken, z.B.
Z
hU@Gi = d(U ) U@G
fur eine Wilson-Schleife @G.
159
(493)
8 Funktionale Integration und Lokale Anomalien
8.1 Einfuhrung
Symmetrien einer klassischen Feldtheorie, d.h. solche, die aus der LagrangeDichte folgen, fuhren unter Umstanden zu unerwarteten Eekten, wenn man
versucht, sie auf die quantisierte Fassung dieser Feldtheorie zu ubertragen.
Probleme dieser Art traten zuerst auf im Zusammenhang mit der Berechnung der Rate fur den Zerfall 0 ! 2 in einer chiral invarianten Theorie, in
der das Pion masselos war [1]. Die Verletzung einer globalen Symmetrie, wie
sie hier vorlag, hatte nichts gemein mit dem Phanomen der spontanen Symmetriebrechung; denn das Pion blieb weiterhin masselos. Vielmehr handelte
ich sich hier um topologisches Phanomen, fur das Mathematiker wie M.F.
Atiyah schnell Erklarungen hatten. Physiker sprechen von einer \globalen
Anomalie" und in der oben zitierten Situation von der \Adler-Anomalie".
Spater entdeckte man auch \lokale Anomalien". Sie treten auf in chiralen
Eichtheorien von masselosen Fermionen. Die Existenz dieser Art von Anomalien fuhrt zu einer Verletzung der Eichinvarianz derart, da das Modell
auf keine Weise mehr zu renormieren war (unter Beibehaltung der LorentzInvarianz). Als Folge dieser Erkenntnis schien es notwendig, jedem Modell
eine Konsistenzbedingung aufzuerlegen, namlich die Forderung, da Anomalien gar nicht erst auftreten, oder, falls sie auftreten, das Modell als unvollstandig zu erklaren und nach Erweiterungen zu suchen mit dem Ziel, da sich
in dem erweiterten Modell die Anomalien gegenseitig aufheben. Ein Beispiel:
Das Standardmodell ohne Quarks (sozusagen ein Modell fur die Leptonen
allein) besitzt eine lokale Anomalie und ist somit nicht konstistent formulierbar. Fugt man die Quarks hinzu, heben sich die Beitrage zu der Anomalie von
Leptonen und Quarks auf. In gewisser Weise bedingen Leptonen und Quarks
einander, mussen somit als Konstituenten eines Feldes aufgefat werden.
Es war zuerst Fujikawa [2], der den Ursprung des Problems in der Quantisierung durch Pfadintegrale suchte. Er fand, da die Anwesenheit lokaler Anomalien nichts anderes ist als die Eigenschaft des fermionischen Maes d d nicht invariant zu sein unter lokalen chiralen Eichtransformationen. Konkret:
Es ist die Jacobi-Determinante, hervorgerufen durch die Transformation, die
die Anomalie quantitativ beschreibt. Die Details der Lagrange-Dichte haben
hierauf keinen Einu. Um aber eine Vorstellung davon zu geben, uber welche Modelle wir reden, wollen wir annehmen, da der fermionische Anteil der
Lagrange-Dichte von der ublichen allgemeinen Form ist:
LF = ir= :
160
Hier ist r= ein Dirac-Operator, der das Eichpotential enthalt, wahrend Massenterme abwesend sind. Das Dirac-Feld kann u.U. viele Komponenten
haben, da es zu einer Darstellung der Eichgruppe gehort. Der Ausdruck r=
mu neu interpretiert werden und heit \verallgemeinerter Dirac-Operator",
wenn wir die Yukawa-Wechselwirkung mit dem Higgs-Feld einbeziehen [3,4].
Dies wird notwendig, sobald wir uns dem Salam-Weinberg-Modell oder gar
dem vollem Standardmodell zuwenden.
8.2 Vektorartige Modelle
Wir wollen von einer Formulierung im Minkowski-Raum ausgehen. Darin sei
(x) ein mehrkomponentiges (zunachst klassisches) Dirac-Feld mit Komponenten in dem Vektorraum
W =S
V ;
wobei S der ubliche Spinorraum ist, auf den die Gamma-Matrizen wirken,
wahrend V ein hermitescher Raum ist, ein komplex-linearer n-dimensionaler
Raum mit einem Skalarprodukt. Nach Wahl einer (orthonomierten) Basis
kann V mit C n identiziert werden.
Es sei G eine kompakte Eichgruppe und g 7! D(g) eine unitare Darstellung von G auf V . Sobald V mit C n identiziert ist, werden die Operatoren D(g) zu unitaren n n-Matrizen. Wie ubliche, bezeichne Lie G die
Lie-Algebra von G. Wir erreichen die Matrix, die das Element a 2 Lie G
reprasentiert, durch eine Ableitung:
d(a) = dtd D(eta )t=0 :
Um jedoch die Formeln zu vereinfachen, werden wir in Zukunft an anstelle
von d(a) schreiben. In bezug auf das Tensorprodukt S C n schreiben wir
sogar anstelle von 1l . In ahnlicher Weise schreiben wir anstelle von
1l.
Wir erinnern an die Konstruktion `adjungierter' Spinoren und Operatoren
im Sinne der Dirac-Theorie:
Spinoren:
= 0 falls 2 S C n ,
Operatoren: M = 0 M 0 falls M 2 End(S C n ).
Es gilt 0 = 0 = ( 0)?1 und somit
= = ? ; 5 = 5 :
(494)
Es gibt genau zwei Arten von lokalen Transformationen, die durch Symmetrien der Lagrange-Dichte hervorgerufen werden.
161
1. Nichtchirale Eichtransformationen. Sie enthalten nicht die 5-Matrix:
0 (x)
= (U )(x) = e(x) (x)
0 (x) = (U )(x) = (x)e?(x) :
2. Chirale Eichtransformationen. Sie enthalten die 5-Matrix:
0 (x)
= (U )(x) = e (x) (x)
0 (x) = (U )(x) = (x)e (x) :
5
5
In beiden Situationen benutzten wir die Beziehungen (494). Wir betrachten
U als einen Integraloperator mit dem Kern
e(x) 4 (x ? y) resp. e (x) 4(x ? y)
und schreiben U = U . Fur den Fall nichtchiraler Eichtransformationen
gilt die Relation
U = U ?1 ;
(495)
d.h. U ist pseudo-unitar. Fur chirale Eichtransformationen hingegen gilt
U = U ;
(496)
5
d.h. U ist pseudo-hermitisch. Dieser Unterschied ist entscheidend fur das
Verhalten des Maes d d unter einer Eichtransformation, wie wir sehen
werden.
Fur eine strenge Ableitung der Anomalie, ausgedruckt durch die JacobiDeterminante, werden wir Pfadintegrale in euklidischer Raumzeit betrachten.
Die formale Ersetzung ix0 ! x4 wird begleitet durch
0 ! 4
k ! ?i k
(k = 1; 2; 3):
Entscheidend ist nun, da die Felder und als vollkommen unabhangige Grassmann-Variablen zu verstehen sind. Gleichwohl andert sich an den
Eichtransformationen nichts, d.h. U ist mit U entweder durch (495) oder
(496) verknupft. Voraussetzung fur das Studium solcher Transformationen
ist die Annahme, da die euklidische Wirkung invariant ist. Die alles entscheidende Frage lautet: Ist auch das Ma d d invariant?
Es gehort zu den Besonderheiten von Grassmann-Variablen, da unter
Transformationen U das Ma mit der inversen (!) Determinante multipliziert
erscheint:
d 0 = (Det U )?1 d ; d 0 = (Det U )?1d 162
Folglich,
d d
if U is non-chiral
(Det U )?2 d d if U is chiral.
Man erkennt: Nicht-chirale Symmetrien verursachen kein Problem; denn das
Ma ist invariant. Deshalb betrachten wir von nun an nur noch den Fall
chiraler Symmetrien. Sie geben Anla zu Anomalien wenn nicht Det U =
1. Um die Anomalie in expliziter Form zu erhalten, mussen wir zuvor den
Ausdruck Det U geeignet interpretieren, wozu wir die Formel
log(Det U )?2 = ?2 Spur log U
heranziehen. Um der Spur einen Sinn zu geben, ist es notwendig, den euklidischen Raum E4 durch eine geeignete kompakte (orientierte) 4-dimensionale
Riemannsche Mannigfaltigkeit M zu ersetzen. Die Struktur der Spur beinhaltet in jedem Fall eine Integration uber die Mannigfaltigkeit:
d
0 d 0 = (Det (U U ))?1 d
d =
?2 Spur log U =
Z
M
!
Hier ist ! eine noch zu bestimmende C -wertige 4-Form (eine Dierentialform vom Grad vier und damit in jedem Punkt x 2 M proportional zur
Volumenform der Mannigfaltikeit M ).
Es ist plausibel, da ! von der \Krummung" F des Eichzusammenhanges
abhangt, einer 2-Form, die in lokalen Koordinaten als
F = 21 F (x) dx ^ dx
geschrieben werden kann. In bekannter Weise, lat sich hieraus eine 4-Form
konstruieren:
F ^ F = 41 F (x)F (x) dx ^ dx ^ dx ^ dx :
Man beachte auch
dx ^ dx ^ dx ^ dx = d4x :
(497)
Weiterhin ist plausibel, da ! proportional zu F ^ F ist, gestutzt durch die
Beobachtung, da dieser Ausdruck unter einer Paritatsoperation (Raumspiegelung) so wie 5 sein Vorzeichen wechselt. Auch mu ! proportional zu der
0-Form (x) sein, welche die chirale Eichtransformation beschreibt. Schlielich sollte ! eichinvariant konstruiert sein, d.h. unverandert bleiben unter
einer simultanen Ersetzung der Art
7! e e? ; F 7! e Fe?
163
wobei (x) irgendeine Eichfunktion darstellt so wie (x). Es gibt nur einen
Ausdruck, der alle diese Bedingungen erfullt:
! trV ( F ^ F ) :
Eine Technik, den Vorfaktor zu bestimmen, ist unter den Namen heat kernel
expansion bekannt:
1. Man ersetzt zunachst den Integralkern hxjyi = 4(x ? y) durch den heat
kernel
hxj exp(tr= 2 )jyi (t > 0)
wobei r= den Dirac-Operator bezeichnet. Somit ist r= 2 ein verallgeneinerter Laplace-Operator mit Spektrum in (?1; 0].
2. Sodann berechnet man die sog. Superspur bezuglich der Z2-Graduierung
von W , gegeben durch die Eigenwerte von 5:
strW (x) hxj exp(tr= 2 )jxi trW 5(x) hxj exp(tr= 2)jxi
3. Am Ende fuhrt man den Limes t ! 0 aus.
Das Resultat (hier ohne Rechnung) ist:
! = (2)?2 trV ( F ^ F ) :
Mit Blick auf (497):
(498)
! = (4)?2 trV (x)F (x)F (x) d4x :
(499)
Der Ausdruck auf der rechten Seite deutet auf einen Zusammenhang mit der
Chern-Pontryagin-Form (characteristisch fur die Mannigfaltigkeit M und den
Eichzusammenhang):
ch (D) = (2)?2 trV (F ^ F ) :
Das Index-Theorem von Atiyah-Singer35 sagt aus, da
ind (r= ) =
1
2
Z
M
ch (D)
35 Der Zusammenhang zwischen Anomalien und dem Index-Theorem wurde von vielen
Autoren bemerkt. Siehe hierzu [5].
164
wobei ind (r= ) den Index des Dirac-Operators bezeichnet,
ind (r= ) = dim ker(r= +) ? dim ker(r= ?) ;
bezuglich der Blockdarstellung
?
r= = r=0+ r=0 :
induziert durch die Eigenwerte 1 von 5.
Als eine physikalische Konsistenzbedingung ist zu fordern, da die rechte
Seite von (499) verschwindet. Hieraus folgt eine Bedingung an die Darstellung
von Lie G auf V . Sei iTa eine Basis fur diese Darstellung der Lie-Algebra mit
Ta = Ta . Wir nennen dann Ta die Generatoren. Weil G kompakt ist, lat sich
erreichen, da
trV (Ta Tb ) = Nab (N 0):
erreichen. Der Spur dritter Ordnung, trV (TaTb Tc), gilt unsere besondere Aufmerksamkeit. Sie kann in einen total symmetrischen und eine total antisymmetrischen Anteil { bezuglich der Permutationen aller Indizes { zerlegt werden:
2 trV (Ta TbTc) = dabc + iNfabc
trV (TafTb ; Tcg) = dabc
trV (Ta [Tb; Tc]) = iNfabc :
Man beachte, da fabc mit den Strukturkonstanten der Lie-Algebra ubereinstimmen. Am Ende zeigt die Entwicklung
F (x) = Fa (x)iTa ;
(x) = a (x)iTa
zusammen mit (499), da die Konsistenzbedingung ! = 0 auf eine algebraische Bedingung fuhrt:
trV (Ta fTb ; Tcg) = 0 :
(500)
Diese Bedingung gilt in einer Situation, bei der sich links- und rechtshandige
masselosen Fermi-Felder unter der gleichen (!) Darstellung der nicht-chiralen
Eichgruppe transformieren. Modelle dieser Art heien \vektorartig" wegen
der besonderen Struktur der Lagrange-Dichte. Die QED und die QCD mit
masselosen Fermionen besitzen diese Struktur.
165
8.3 Chirale Modelle
Wir wollen nun eine allgemeinere Situation ins Auge fassen, bei der links- und
rechtshandige Fermionfelder sich unterschiedlich unter der Eichgruppe transformieren. Solche Modelle wollen wir kurz chiral nennen. Wir haben es dann
mit einer Darstellung D = D+ D? auf einem Z2-graduierten Vektorraum
V = V+ V?:
zu tun. Hieraus folgt eine Graduierung des Tensorproduktes W = S V mit
dem Spinorraum:
W = W +
W ?
W + = S+ V + S? V ?
W ? = S? V + S+ V ? :
Wir nehmen an, da das Dirac-Feld gerade Paritat hat. Der Dirac Operator
ist in jedem Fall ungerade:
(x) 2 W + ;
r= (x) 2 W ? :
Das Feld kann in links- und rechtshandige Komponenten zerlegt werden:
+
+
?
?
R (x) 2 S V ;
L (x) 2 S V :
Dies zeigt: R transformiert sich gema der Darstellung D+, L gema der
Darstellung D?.
Es existieren Generatoren Ta = Ta+ Ta? fur die Darstellung D = D+ D?
und Elemente der Lie-Algebra dargestellt durch
+ = +a Ta+; ? = ?a Ta? ; a 2 R :
(501)
Indem wir die fruhere Rechnung der Anomalie wiederholen und an die neue
Situation anpassen, kommen wir zu dem Schlu, da die Formel (498) fur
die Anomalie weiterhin gultig ist, falls wir darin die folgende Interpretation,
d.h. Ersetzung vornehmen:
2 = (++) (??) :
Die Faktoren 1 vor sind gerade die Eigenwerte 5. Die Konsistenzbedingung tr (fTa; Tb g) = 0 nimmt, when wir gema (501) entwickeln, nun die
folgende Form an:
str (Ta fTb; Tcg) tr+ (Ta+fTb+; Tc+g) ? tr? (Ta?fTb?; Tc?g) = 0 : (502)
Hier bezeicnen str and tr die sog. Superspur in V und die gewohnliche Spur
in V . Mit anderen Worten, die Anomalie, hervorgerufen durch die Darstellung D? auf linkshandigen Spinoren mu durch die Anomalie aufgehoben
werden, die von der Darstellung D+ auf den rechtshandigen Spinoren hervorgerufen wird [6].
166
8.4 Anomalie-freie Eichtheorien
8.4.1 Das Wunder
Eine Lie-Gruppe wird sicher genannt, falls die Anomalie-Koezienten in allen (unitaren) Darstellungen dieser Gruppe verschwinden. Sichere klassische
Gruppen sind:
SU (2); SO(n) (n 6= 6); Sp(2n) :
Sichere Ausnahmegruppen sind:
G2 ; F 4 ; E 6 ; E 7 ; E8 :
Ferner, reelle Darstellungen von nichtsicheren Gruppen sind frei von Anomalien. Zum Beispiel: Die Gruppe SU (3), obwohl nichtsicher, besitzt die reelle
anomaliefreie Darstellung 3 3.
Keine dieser Kriterien deckt jedoch Situtionen ab, wie sie etwa im Standardmodell vorliegen. Die gegenseitige Aufhebung von Beitragen zur Anomalie, geliefert durch Leptonen einerseits and Quarks andererseits, erscheint wie
ein Wunder. Ein besseres Verstandnis gelingt auf folgende Weise:
Theorem. Das `Wunder' geschieht in solchen reduziblen Darstellungen der
Eichgruppe G, die zwei Eigenschaften besitzen:
1. Die Eichgruppe G ist entweder U (n) (n 4) oder eine Untergruppe
davon. Die denierende Darstellung wirkt auf dem Raum C n .
2. Die linksh
andigen Fermionfelder transformieren sich gema der DarV
stellung ? Vvon G wahrend die rechthandigen Felder sich gema V
der
Darstellung + transformieren. Zur Erinnerung: Die Darstellungen wirken
VC n . auf den geraden bzw. ungeraden Teilraum der aueren Algebra
Die Falle n = 2; 3 erfordern eine gesonderte Behandlung:
Die Gruppe SU (2) ist sicher, d.h. ohne weitere Bedingungen an ihre Darstellung. Die Gruppe SU (3) bildet eine Ausnahme in dem Sinne, da die
Anomaliefreiheit, wie sie fur SU (n) (n 4) auf der aueren Algebra vorliegt, hier nicht gegeben ist.
Das Standardmodell wird abgedeckt durch das Theorem, wenn wir annehmen:
1. G SU (5).
2. Lie G = su(3) su(2) u(1) .
Genau betrachtet benotigen wir nur die erste Bedingung, um die gewunschte
Anomaliefreiheit zu gewahrleisten.
167
8.4.2 Die auere Algebra und ihre Z2-Graduierung
Die deerende Darstellung der Gruppe U (n) ist gegeben durch unitare Matrizen u 2 U (n), interpretiert als lineare
Operatoren auf dem Raum C n .
V
Sie induziert
eine reduzible Darstellung der Dimension2n auf der aueren
V
Algebra C n :
$
n
C?n
? u C??
y
y
VC n V$u VC n :
V
V
Sie zerfallt in irreduzible Bestandteile p in? den
Unterraumen pC n (das
p-te auere Produkt von C n ) der Dimension np :
V = V0 V1 Vn :
(503)
Eine andere Schweibweise, gultig fur alle u 2 U (n), ist:
Vpu = u ^ u ^ ^ u (p factors):
Unsere fundamentale Annahme lautet:
Fur geeignet gewahltes n entsprechen alle fundamentalen Fermionen den
Darstellungen der Liste (503). Das Standardmodell benutzt n = 5.
In dem wir n variieren, konnen wir alle irreduziblen Darstellungen in einer
Tabelle der folgenden Art unterbringen:
n
irreps of SU(n)
V
V1
V2
0
2
V0
V1
V2
V3
3
V
V
V
V
V4
0
1
2
3
4 V
V1
V2
V3
V4
V5
5 0
Anschaulicher ist ein Pascal-ahnliches Dreieck, indem wir die Dimensionen
wiedergeben:
n
irreps of SU(n)
2
1
2
1
3
1
3
3
1
4
1
4
6
4
1
5
5 1
5
10
10
1
Was die GruppeV SU (n)Vangeht, so gibt es keinen Unterschied zwischen den
Darstellungen 0 und n: Sie sind beideVeindimensional
V und trivial. Fur
u 2U(n) jedoch gibt es einen Unterschied: 0u = 1, nu = det u.
168
Wir nutzen die Eigenschaft der aueren Algebra
Dies bedeutet, da wir eine Zerlegung
VC n = V+C n V?C n
haben, wobei
Z2-graduiert
zu sein.
V+C n = X VpC n ; V?C n = X VpC n ; dim VC n = 2n?1 :
p=even
p=odd
V
Die Darstellung of UV(n) respektiert
die Z2-Graduierung und zerfallt somit
V
in die direkte Summe + ?, wobei
Vu = V+u V0? ; u 2 U (n) :
0
u
V
Die Darstellung der Lie-Algebra u(n) on C n ist durch die Vorschrift
+(a) 0 V
d
(a) =
exp(ta)j =
t=0
0 ?(a)
dt
festgelegt. Der Operator (a) andert nicht die Paritat und wird deshalb gerade genannt. Hierfur schreiben wir:
V
(a) 2 End+ C n :
V
Superalgebren wie End C n haben zwei Arten von Spuren:
Die gewohnliche Spur, mit tr bezeichnet, verschwindet auf Kommutatoren.
Die Superspur, mit str bezeichnet, verschwindet auf Superkommutatoren36 .
Insbesondere gelten die Formeln
V
V
V
tr u = tr +u + tr ?u = det(1 + u)
V
V
V
str u = tr +u ? tr ?u = det(1 ? u)
die man als Sonderfalle (z = 1) einer sehr viel allgemeineren Spur auasseen
kann:
n
V X
V
trz u = zp tr pu = det(1 + zu) (z 2 C ):
p=0
36 Der Superkommutator von zwei Elementen a und b einer graduierten Algebra A =
+
A A? ist deren Antikommutator, wenn beide Elemente in A? liegen, anderenfalls der
Kommutator.
169
Mit Blick auf (502) haben wir nunmehr die Aufgabe, fur a; b; c 2 u(n) die
Superspur
str ((a)f(b); (c)g)
zu berechnen, in der wir die Anomalie erkennen. Dann bleibt zu entscheiden,
ob diese Superspur verschwindet.
8.4.3 Techniken zur Berechnung
V
Wie zuvor wird die Gruppeneinheit
V mit 1 bezeichnet. Hingegen Vsoll mit 1 =
1l der Einheitsoperator in End C n gemeint sein. Die Formel trz u = det(1+
zu) kann auf andere Weise geschrieben werden, namlich als
V
log trz u = tr log(1 + zu) u 2 U (n); 1 + zu 6= 0 :
(504)
Die erste und einfachste Rechnung { wir setzen u = 1 { fuhrt auf die Spur
nullter Ordnung:
trz 1l = (1 + z)n :
Die nachsten Probleme betreen die Berechnung von Spuren erster, zweiter
und dritter Ordnung. Im ersten Schritt ersetzen wir u durch eta u in (504),
berechnen die Ableitung bei t = 0 und erhalten
V
V
trz ((a) u) = z trz u tr (a u(1 + zu)?1) :
(505)
Wir gehen zur Einheit u = 1 um die Spur erster Ordnung zu erhalten:
trz (a) = z(1 + z)n?1 tr a :
In einem zweiten Schritt ersetzen wir u durch etb u in (505) und berechnen
die Ableitung an der Stelle t = 0:
V
V
trz ((a)(b) u) = z trz ((b) u) tr (a u(1 + zu)?1 )
+
1
m X
X
V
m
tr a(Ad u)k b um+1 (506)
z tr ( u) (?z)
z
m=0
k=0
wobei wir von (Ad u)b = ubu?1, der adjungierten Darstellung Gebrauch
machten.Wir gehen zur Einheit u = 1 um die Spur zweiter Ordnung zu
erhalten:
trz ((a)(b)) = z(1 + z)n?2 (z tr a tr b + tr (ab)) :
In einem weiteren dritten Schritt ersetzen wir u durch etc in (506) und nehmen
eine Umformung vor,
z
1
X
m=0
(?z)m
m X
k=0
tr
a(Ad u)k b um+1
1
X
n
170
=
n=0
t tr a(ad c)nb fn(zetc ) ;
bei der die Hausdor-Formel
(Ad etc)k b =
1 n
X
k n
t
(ad c)nb ;
n=0 n!
(ad c)b = [c; b]
benutzt und gewisse komplexen Funktionen eingefuhrt wurden:
fn(z) = z
1
X
m=0
(?z)m
m n
X
k
k=0
n!
Oenbar lassen sie sich als analytische Funktionen auf C nf?1g verstehen.
Sobald wir u = etc gesetzt haben, berechnen wir die Ableitung auf beiden
Seiten von (506) bei t = 0 und erhalten so eine vorlauge Formel fur Spur
dritter Ordnung:
trz ((a)(b)(c)) = z(1 + z)?1 trz ((b)(c)) tr a
+z(1 + z)?2 trz (b) tr (ac)
+f0 (z) trz (c) tr (ab)
+zf00 (z) trz 1l tr (abc)
+f1 (z) trz 1l tr (a[c; b]) :
Man kann nun leicht zeigen, da die folgenden Darstellungen gelten:
f0 (z) = z(1 + z)?2
f1(z) = ?z2 (1 + z)?3
Daraus folgt unmittelbar:
zf00 (z) trz 1l = z(1 + z)n?3(1 ? z)
f1(z) trz 1l = ?z2 (1 + z)n?3 :
Fugen wir nun alle gewonnenen Informationen zusammen, so gewinnen wir
das Endresultat
trz ((a)(b)(c)) = (1 + z)n?3 (z1 + z2 2 + z3 3)
(507)
mit den Abkurzungen
1 = tr (abc)
2 = tr a tr (bc) + tr b tr (ac) + tr c tr (ab) ? tr (acb)
3 = tr a tr b tr c :
Im Fall n 3 ist die Spur dritter Ordnung zweifellos ein Polynom n-ter Ordnung in z, wie zu erwarten war. Fur n = 2 hingegen deutet die Formel (507)
171
eine scheinbare Singularitat an der Stelle z = ?1 an, obwohl das Ergebnis ein
Polynom zweiter Ordnung sein sollte. Die Losung dieser Diskrepanz besteht
darin, da speziell fur 2 2 Matrizen (hier a; b; c) eine Identitat existiert:
tr (afb; cg) = tr a tr (bc) + tr b tr (ac) + tr c tr (ab) ? tr a tr b tr c
Deshalb gilt
z1 + z2 2 + z3 3 = (1 + z)(z tr (abc) + z2 tr a tr b tr c)
und somit fur n = 2
trz ((a)(b)(c)) = z tr (abc) + z2 tr a tr b tr c
Dies ist ein sehr einfacherer Ausdruck. Er kann naturlich auch auf direktem
Wege erhalten werden, indem man von Anfang an n = 2 voraussetzt.
8.4.4 Diskussion des Resultates
Um zu den fur uns wichtigen Aussagen zu kommen, setzen wir z = ?1 in
den obigen Formeln und benutzen die Abkurzung
s = tr a tr (bc) + tr b tr (ac) + tr c tr (ab) ? tr a tr b tr c :
Fur den symmetrische Anteil der Superspur erhalten wir den Ausdruck
( tr a tr b tr c ? s=2 if n = 2
1
if n = 3
2 str ((a)f(b); (c)g) = s ? tr (afb; cg)
0
if n 4
In Worten:
Die Anomalie verschwindet falls n 4.
Die Anomalie verschwindet falls n = 2 und a; b; c spurfrei sind.
Die Anomalie verschwindet nicht (!) falls n = 3, selbst dann nicht, wenn
a; b; c spurfrei sind.
Die Eichgruppe SU (5), Kandidat fur einige grand unied theories (GUTs),
V
ist bekanntlich nichtsicher. Wenn sich jedoch auf der aueren Algebra C 5
operiert, ist diese Darstellung frei von Anomalien. Gleiches gilt fur jede Untergruppe G SU (5), auch auch fur die Eichgruppe
G = f(u; v) 2 U (3) U (2) j detu detv = 1g
172
des Standardmodells mit der Lie-Algebra
Lie G = su(3) su(2) u(1) :
Alle bekannten fundamentalen Fermionen (Leptonen und Quarks) lassen sich
in drei Generationen unterbringen. In jeder Generation nden wir 16 WeylFelder (rechts- und linkhandige Dirac-Felder) der Teilchen und 16 WeylFelder der zugehorigen Antiteilchen. Dies ergibt die korrekte Dimension:
V
16 + 16 = 25 = dim
VC 5 :
rechtshandigen Neutrino vorbehalten eR
Der Unterraum 0 C 5 = C ist dem
V
0
(bzw. R und R ). Da G auf C 5 trivial wirkt, koppelt das rechthandige Neutrino nicht an die Eichfelder, besitzt also weder schwache noch elektromagnetische noch starke Wechselwirkung. Jedoch die Kopplung an das
Higgs-Feld gibt den Neutrinos Masse und den Leptonen eine CKM-Matrix.
Siehe hierzu das entsprechende Kapitel uber das Standardmodell.
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174
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