TU Dresden Institut fur Planetare Geodasie Vorlesungsmanuskript "Spharische Trigonometrie" fur die Studiengange Geodasie und Kartographie (Umfang: 1 Semesterwochenstunde) zusammengestellt von S. Wachter auf der Grundlage von: K.-G. Steinert: "Spharische Trigonometrie". Kleine naturwissenschaftliche Bibliothek. Reihe Mathematik, Band 8, Teubner Verlagsgesellschaft, Leipzig, 1977. Dresden, im Oktober 1998 1 Inhaltsverzeichnis 1 Wiederholungen und Erganzungen aus der Goniometrie und der ebenen Trigonometrie 3 1.1 Winkelmae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.1 Das Gradma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Das Bogenma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Das Zeitma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Winkelfunktionen und ihre Periodizitat . . . . . . . . . . . . 1.3 Additionstheoreme, Winkelverdopplung und Verwandlungsformeln 1.4 Grundformeln zur Berechnung ebener Dreiecke . . . . . . . . . . 3 3 4 5 5 9 10 2 Spharische Trigonometrie 11 3 Anwendungen der spharischen Trigonometrie 27 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 Kreise und Winkel auf der Kugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Das spharische Dreieck und sein Polardreieck . . . . . . . . . . . 13 Grundformeln zur Berechnung spharischer Dreiecke . . . . . . . . 15 Abgeleitete Formeln zur Berechnung spharischer Dreiecke . . . . 18 Berechnung allgemeiner und spezieller spharischer Dreiecke . . . 19 2.5.1 Die sechs Grundaufgaben zur Berechnung allgemeiner spharischer Dreiecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2.5.2 Rechtwinklige und rechtseitige spharische Dreiecke . . . . 21 2.6 Mehrdeutige Losungen bei der Berechnung spharischer Dreiecke . 22 2.7 Der spharische Exze und die Flache des spharischen Dreiecks . . 24 2.8 Dierentialformeln fur das spharische Dreieck . . . . . . . . . . . 26 3.1 Berechnungen auf der Erdkugel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 3.1.1 Spharische Koordinaten eines Punktes auf der Erdoberache 27 3.1.2 Der Satz von Legendre - kleine spharische Dreiecke . . . . 28 3.1.3 Die Loxodrome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 3.2 Anwendungen aus der spharischen Astronomie . . . . . . . . . . 32 3.2.1 Das Horizontalkoordinatensystem . . . . . . . . . . . . . . 32 3.2.2 Die A quatorkoordinatensysteme . . . . . . . . . . . . . . 34 3.2.3 Das nautische Dreieck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.2.4 Koordinatentransformation mit Drehmatrix . . . . . . . . 37 3.2.5 Einige Bemerkungen zu Zeitsystemen . . . . . . . . . . . 39 3.2.6 Auf- und Untergangsberechnungen - Berechnung der Dammerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 3.2.7 Berechnung von Sonnenuhren . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2 Vorbemerkungen und Literaturempfehlung Die spharische Trigonometrie beschaftigt sich mit Berechnungen auf der Kugel und gehort zu den Disziplinen der elementaren Mathematik. Bedeutung kommt ihr bei der Ausbildung von Geodaten und Kartographen zu, da diese Studierenden eine besondere Beziehung zu unserer Erde (hier als Kugel betrachtet) und auch zu den Vorgangen am Himmel haben sollten. Es wird gezeigt, wie sich mit relativ einfachen Rechnungen viele interessante Probleme auf der Erdoberache oder an der Himmelskugel klaren lassen. Um das ohnehin schon sehr gestrate Manuskript nicht zusatzlich zu belasten, wird an vielen Stellen auf eine ebenfalls vom Institut zusammengestellte Formelsammlung verwiesen. Durch praktische Rechnung und Losung angewandter Aufgaben in den U bungen wird der gebotene Sto vertieft und gefestigt. Nachdem die Probleme erkannt und Losungswege gefunden wurden, sollte man sich auch bemuhen, Sicherheit in der Zahlenrechnung zu erlangen. Fur Interessierte kann folgende Vertiefungsliteratur angegeben werden: K.-G. Steinert: Spharische Trigonometrie. Kleine naturwissenschaftliche Bibliothek. Reihe Mathematik, Band 8, Teubner Verlagsgesellschaft, Leipzig, 1977 R. Sigl: Ebene und spharische Trigonometrie. Akademische Verlagsgesellschaft Frankfurt am Main,1969 und Wichmann Verlag, Karlsruhe, 1977 H. Dorrie: Ebene und spharische Trigonometrie. Verlag von R. Oldenburg, Munchen, 1950 In vielen Lehrbuchern der Mathematik gibt es kurze Darstellungen der spharischen Trigonometrie, ebenso in vielfaltigen Formelsammlungen. 1 Wiederholungen und Erganzungen aus der Goniometrie und der ebenen Trigonometrie 1.1 Winkelmae 1.1.1 Das Gradma Wird ein Kreis durch Radien in 360 gleiche Teile geteilt, so ist der Richtungsunterschied zweier benachbarter Radien die Maeinheit 1 Grad = 1Æ. Fur die Unterteilung dieser Einheit gilt 1Æ = 600 = 360000. Ein rechter Winkel (1/4 Vollkreis) = 90Æ. Auch die dezimale Schreibweise ist moglich, z.B. 10Æ1502700 = 10; 2575Æ. Auf der Erdoberache wird deniert: 10 = 1 sm (Seemeile). Bei Annahme eines mittleren Erdradius von 6371 km ergibt sich eine Seemeile zu 1; 853 km. 3 Bei Einteilung des Kreises in 400 gleiche Teile erhalt der Richtungsunterschied zweier benachbarter Radien die Bezeichnung 1 Neugrad oder 1 Gon (Zeichen gon oder g ). 1 Gon wirdcc in 100 Neuminuten (Zeichen c), eine Neuminute in 100 Neusekunden (Zeichen ) unterteilt: 1g = 100c = 10000cc: Ein rechter Winkel (1/4 Vollkreis) = 100 gon. U blich ist auch die Bezeichnung 1 gon = 1000 mgon(Milligon) oder auch 10g11c12cc = 10; 1112g: Auf der Erdoberache entspricht 0:01 gon= 1c einer Entfernung von 1 km. Umrechnungen: 1Æ = 1; 11111 gon; 1g = 0; 9Æ = 540 = 324000: 1.1.2 Das Bogenma Die Lange eines Kreisbogenstuckes b ist eine Funktion des dazugehorigen Zentriwinkels und des Radius R des Kreises. Als Bogenma eines Winkels wird die Lange des Kreisbogens b bezeichnet, der zum Winkel gehort, wenn der Radius des Kreises gleich 1 ist: b = arc : Aus der Verhaltnisgleichung Æ arc ergeben sich folgende Umrechnungen bzw. = 360 2 Æ 180Æ ; Æ = arc arc = Æ 180 Æ 4 oder g = arc bzw. 200g ; arc = g 200g : Der Quotient 180Æ/ entspricht der Maeinheit 1 Radiant (1 rad): 1 rad = 57Æ1704500 = 63; 6620 gon; 1 rad = 20626500: Fur diesen Winkel ist die Bogenlange gleich dem Radius des Kreises. 1.1.3 Das Zeitma In der Geodasie, besonders aber in der Astronomie, kommt es oft vor, da Winkel im Zeitma angegeben werden. Der Zusammenhang wird durch die Rotation der Erde um ihre Achse hergestellt. In 24 Stunden dreht sich die Erde einmal um ihre Achse 24h =^ 360Æ; 1h =^ 15Æ; 1 min =^ 150; 1 s =^ 1500; 1Æ =^ 4 min; 10 =^ 4 s; 100 =^ 0; 067 s: 1.2 Die Winkelfunktionen und ihre Periodizitat In einem rechtwinkligen Dreieck sind die beiden Winkel eindeutig durch die Seitenverhaltnisse deniert. Diese Seitenverhaltnisse bezeichnet man als trigonometrische Funktion a sin = Gegenkathete Hypothenuse = c ; Ankathete b Kosinus : cos = Hypothenuse = c ; entsprechend sin = b=c und cos = a=c. Praktische Erfordernisse ergeben weitere von diesen zwei Grunddenitionen abgeleitete Formeln: Gegenkathete = a = sin ; tan = b = sin Tangens : tan = Ankathete b cos a cos Sinus : 5 und im folgenden nur fur den Winkel aufgeschriebene Formen: 1 ; Kotangens : cot = tan 1 Kosecans : cosec = sin ; 1 Sekans : sec = cos : Aus a2 b2 a2 + b2 + = = 1 mit a2 + b2 = c2 (Satz des Pythagoras) c2 ergibt sich: c2 c2 sin2 + cos2 = 1: Mit Hilfe dieser Zusammenhange lat sich jede trigonometrische Funktion durch die anderen ausdrucken: sin = p sin cos { p 1 cos2 cos = 1 sin2 { p 1cos cos2 sin p tan = 2 1 sin p 1 sin2 p cos cot = sin 2 1 cos tan cot p tan p 1 p 1 p cot { cot1 tan1 { 1 + tan2 1 + cot2 1 + tan2 1 + cot2 Die Vorzeichen der Wurzeln werden durch die folgenden Betrachtungen festgelegt. 6 Am Einheitskreis lassen sich die Werte und Vorzeichen der einzelnen Funktionen ablesen sin = aP; cos = bP; und es werden folgende Vorzeichen erhalten: Quadrant Winkelfunktion I II III IV sin cos tan cot + + + + + + + + Die Darstellung der Funktionswerte in Abhangigkeit vom Winkel ergibt folgende Kurven: 7 An diesen Kurven ist zu sehen, da sich die Funktionen von beliebigen Winkeln leicht auf den ersten Quadranten zuruckfuhren lassen. z.B. II Quadrant: sin(90Æ + ) = + cos ; sin(180Æ ) = + sin ; III Quadrant: sin(180Æ + ) = sin ; sin(270Æ ) = cos ; IV Quadrant: sin(270Æ + ) = cos ; sin(360Æ ) = sin : Im ersten Quadrant gilt auerdem: sin = cos(90Æ ) und cos = sin(90Æ ): Ein Winkel (90Æ ) wird als Komplementwinkel, ein Winkel (180Æ ) Æ als Supplementwinkel und ein Winkel (360 ) als Implementwinkel zu bezeichnet. In einem gleichseitigen Dreieck (Seitenlange = 1) oder rechtwinklig gleichschenkligen Dreieck (Schenkellange = 1) lassen sich leicht Werte der trigonometrischen Funktionen fur die speziellen Werte 30Æ; 45Æ und 60Æ ermitteln. Winkel Funktion 0Æ = 0 30Æ = =6 45Æ = =4 60Æ = =3 90Æ = =2 sin 0 cos 1 tan 0 cot 1 1 p2 2 1 p2 2 1 2 1 p3 2 p1 3 p 3 8 1 1p 2 3 1 2 p 3 1 1 p1 0 3 1 0 Die Berechnung der trigonometrischen Funktionswerte fur beliebige Winkel erfolgt uber Potenzreihen, z.B 3 5 7 sin x = x x3! + x5! x7! + ::: (x im Bogenma): Fur den Praktiker stehen die Werte schon im einfachsten Taschenrechner meist mit genugender Genauigkeit zur Verfugung, in EDV-Programmen mit beliebiger Genauigkeit. 1.3 Additionstheoreme, Winkelverdopplung und Verwandlungsformeln Mit Hilfe der Additionstheoreme lassen sich trigonometrische Funktionen von Winkelsummen oder -dierenzen in Ausdrucke verwandeln, die nur die Einzelwinkel enthalten. Aus nebenstehender Figur lat sich ablesen: sin(+) = sin cos +cos sin ; cos(+) = cos cos sin sin : Weitere Formen s. Formelsammlung Teil A.1. Beziehungen zwischen den Winkelfunktionen des einfachen und des doppelten Winkels erhalt man, indem in den Additionstheoremen = gesetzt wird: sin2 = 2 sin cos ; cos2 = cos2 sin2 = cos2 (1 cos2 ) = 2 cos2 1 = 1 2 sin2 : Mit den Verwandlungsformeln werden die Summen oder Dierenzen der trigonometrischen Funktionen zweier Winkel in Produkte von Funktionen der halben Summe bzw. Dierenz dieser Winkel verwandelt. Durch Addition bzw. Subtraktion der beiden Additionstheoreme sin( + ) = sin cos + cos sin ; sin( ) = sin cos cos sin ; ergibt sich: sin( + ) + sin( ) = 2 sin cos 9 und sin( + ) sin( ) = 2 cos sin : Nachdem gesetzt wird: + = x; = y; folgt: x+y = 2 und x y: = 2 Und es werden die Verwandlungsformeln erhalten: sin x + sin y = 2 sin x +2 y cos x 2 y ; sin x sin y = 2 cos x +2 y sin x 2 y (Formelsammlung A.2.) 1.4 Grundformeln zur Berechnung ebener Dreiecke Man zeichnet ein beliebiges Dreieck mit der Hohe hc (Lot von C auf c), die c in p und q unterteilt. Leicht lat sich ablesen hc = b sin hc = a sin Nach dem Gleichsetzen erhalt man den ebenen Sinussatz b sin = a sin oder a = b = c (Formelsammlung B:1:) sin sin sin 2 Setzt man a = h2c + q2 (Satz des Pythagoras), a2 = h2c + (c p)2 = h2c + c2 2cp + p2; so erhalt man mit h2c + p2 = b2 und p = b cos den ebenen Kosinussatz: a2 = b2 + c2 2 b c cos (Formelsammlung B:2:): 10 Mit Sinussatz und Kosinussatz lassen sich alle Stucke im ebenen Dreieck berechnen, wenn 3 Stucke gegeben sind. Mindestens eines von den 3 Stucken mu eine Seite sein. Auf die Tangentenformeln (Formelsammlung B.3.) sei an dieser Stelle hingewiesen. 2 Spharische Trigonometrie Die spharische Trigonometrie beschaftigt sich mit der Berechnung von Dreiecken auf der Kugeloberache. Die Seiten der Dreiecke konnen dabei keine geraden Linien sein, da die Kugeloberache eine gekrummte Flache ist. Die Seiten werden durch den Winkel zwischen den Kugelradien nach den Eckpunkten der Dreiecke ausgedruckt. Die Winkel der Dreiecke werden durch die Tangenten an die Seiten in den Eckpunkten der Dreiecke gebildet. 2.1 Kreise und Winkel auf der Kugel Wird eine Kugel von einer Ebene geschnitten, so ist die Schnittlinie an der Kugeloberache stets ein Kreis. a) Ist der Abstand der Schnittebene vom Kugelmittelpunkt gleich 0, d.h. der Kugelmittelpunkt liegt in der Schnittebene, so ist die Schnittlinie ein Grokreis. Der Radius des Grokreises ist gleich dem Kugelradius R. b) Ist der Abstand der Schnittebene vom Kugelmittelpunkt groer als 0 aber kleiner als R, so ist die Schnittlinie ein Kleinkreis mit dem Radius r (r < R). c) Ist der Abstand der Schnittebene vom Kugelmittelpunkt gleich dem Kugelradius R, so wird die Schnittebene zur Tangentialebene, die Schnittlinie wird zum Tangentialpunkt. Die im Mittelpunkt auf einer Kreisebene K mit dem Radius r senkrecht stehende Gerade trit die Kugeloberache in den Polen P (Nahpol) und P0 (Fernpol). 11 Die Absta0 nde des Kreises K von P bzw. P konnen auf zwei Arten deniert werden: a) direkte Abstande x und y von den Polen, b) spharische Abstande und 0 von den Polen. Aus den Abbildungen kann abgelesen werden: x = p ; daraus x2 = 2Rp; x = p2Rp bzw: y = p2Rq: sin 2 = 2R x Fur die auf der Kugeloberache gemessenen kurzesten Abstande des Kreises K von den Polen sind die Zentriwinkel und 0 Mazahlen: p2R p r p x sin 2 = 2R = 2R = 2R ; bzw. rq 0 sin 2 = 2R : Aus den letzten beiden Bildern ist der Radius des Kleinkreises direkt ablesbar: r = R cos '; r = R sin : Der Grokreis (geodatische Linie) ist die kurzeste Verbindung zwischen zwei Punkten auf der Kugeloberache. Fur die Lange eines Grokreisbogens AB ergibt sich: dB = R arc = (=180Æ) R Æ; A wobei der Winkel zwischen den Radien nach A und B im Zentrum der Kugel sein soll. Fur die Lange des Kleinkreisbogens AB gilt: dB = r arc ; A wobei jetzt der Winkel ist, den die Kleinkreisradien nach A und B in der Schnittebene des Kleinkreises einschlieen. 12 Der Nachweis dafur, da der Grokreisbogen zwischen A und B kurzer ist als alle denkbaren Kleinkreisbogen, ist leicht zu fuhren, indem man die Kleinkreisebene ABO' und die Grokreisebene ABO in der gleichen Ebene zeichnet. Auf der Erdkugel sind die Meridiane und der A quator Grokreise, die zum A quator parallelen Breitenkreise sind Kleinkreise. Zwei beliebige Kugelgrokreise, deren Ebenen nicht zusammenfallen, teilen die ganze Kugel in vier Kugelzweiecke. a1; a2 = Grokreise; =Schnittpunkte der Grokreise, diese liegen auf einem Kugeldurchmesser, Æ = Schnittwinkel: Je zwei der vier Kugelzweiecke sind gleich gro. A; A0 Fur die Flache eines Kugelzweiecks mit den Winkeln Æ lat sich folgende Verhaltnisgleichung aufstellen: Flache Kugelzweieck = FZ = Æ : Flache Kugel FK 2 Mit FK = 4R2 folgt: FZ = 2Æ wenn R = 1; Æ bzw. FZ = (2Æ )=180 , wenn Æ in Grad gegeben ist. 2.2 Das spharische Dreieck und sein Polardreieck Drei nicht zusammenfallende Ebenen, die alle den Kugelmittelpunkt enthalten, schneiden die Oberache der Kugel in 3 Grokreisen. Diese 3 Grokreise teilen die Kugeloberache in 8 Dreiecke. 13 Als Grunddreieck wollen wir das Dreieck ABC mit den Winkeln ; ; bezeichnen. Die Seiten des Dreiecks - die Bogen AB, BC, CA werden im Winkelma angegeben und entsprechen den Winkeln zwischen zwei Radien nach den Eckpunkten (a, b, c). Das Gegendreieck A0 ; B0; C0 stimmt in den Seiten und Winkeln mit dem Grunddreieck uberein. Desweiteren sind im Bild 3 Scheiteldreiecke AB0 C0, BA0C0 und CA0 B0 zu erkennen. Diese haben mit dem Grunddreieck einen Winkel und mit dem Gegendreieck eine Seite gemeinsam. Die 3 Nebendreiecke ABC0, ACB0 und BCA0 haben mit dem Grunddreieck eine Seite und mit dem Gegendreieck einen Winkel gemeinsam. Wir betrachten das spharische Dreieck ABC, dessen Seiten a; b; c sich aus den drei Grundkreisebenen ergeben. Die zugehorigen Pole werden mit A ; B ; C bezeichnet. Die Grokreisverbindungen zwischen den Polen A , B , C lassen das sogenannte Polardreieck entstehen. Es sind jeweils die Pole zu benutzen, die dem Grunddreieck am nachsten stehen (links von der Pfeilrichtung). Zwischen den Seiten und Winkeln des Grunddreiecks und denen des Polardreiecks bestehen folgende Beziehungen: Wird z.B. c in A um ( ) gedreht, so wandert C nach B um den Winkel a. Es gilt: a = und entsprechend b = , c = . Wird andererseits c in A um gedreht, wandert C nach B um den Winkel a. Es gilt a = und entsprechend b = ; c = . Die Seiten eines Polardreiecks sind gleich den Supplementen der Winkel des 14 Grunddreiecks. Die Winkel des Polardreiecks sind gleich den Supplementen der Seiten des Grunddreieckes. Da jedes spharische Dreieck das Polardreieck seines Polardreiecks ist, gilt der Satz auch umgekehrt. A hnlich wie beim ebenen Dreieck gibt es auch beim spharischen Dreieck eine Reihe von Sonderfallen, die in der folgenden Tabelle zusammengestellt sind: Bezeichnung des spharischen Dreiecks 1. gleichschenkliges Dreieck 2. gleichseitiges Dreieck 3. rechtwinkliges Dreieck 4. rechtseitiges Dreieck 5. rechtwinklig-gleichschenkliges Dreieck 6. rechtseitig-gleichschenkliges Dreieck 7. doppelrechtwinkliggleichschenkliges oder doppelrechtseitiggleichschenkliges Dreieck 8. rechtwinklig-gleichseitiges oder rechtseitig-gleichseitiges Dreieck (Kugeloktant) Seiten Winkel a = b; c a=b=c a, b, c a, b, c = =2 a = b; c a = b; c = =2 a, b = c = =2 = ; == ; ; = =2 ; ; = ; = =2 a = b = c = =2 = = = =2 = ; ; = = =2 Bemerkenswert in dieser Tabelle sind die Falle 7 und 8. Hier ist zu sehen, da die Winkelsumme im spharischen Dreieck groer als werden kann. Bisher sind nur spharische Dreiecke betrachtet worden, deren Seiten und Winkel 180Æ waren. Das soll auch im folgenden so sein. Solche Dreiecke werden als Eulersche Dreiecke bezeichnet. 2.3 Grundformeln zur Berechnung spharischer Dreiecke Von O aus werden 3 Strahlen gezogen, die die Winkel a, b, c einschlieen. 15 Legt man ebenfalls um O eine Kugel mit dem Radius 1, so entsteht ein Dreikant, welches an der Kugeloberache das spharische Dreieck ABC aufspannt. Nach Erganzung des Dreikantes durch einige Hilfslinien kann leicht der sparische Sinussatz gefunden werden. Vom Punkt C wird das Lot auf die Ebene OAB bis Z gefallt. Ebenfalls von C werden die Lote auf die Kanten OA bis P und OB bis Q gefallt. Schlielich wird Z mit P und Q verbunden. Es gilt: OQ = cosa; CQ = sina; OP = cosb; CP = sinb; im Dreieck CPZ gilt CZ = CZ ; daraus CZ = sin sin b; sin = CP sin b im Dreieck CQZ gilt: CZ = CZ ; daraus CZ = sin sin a: sin = CQ sina Nach Gleichsetzen der beiden Ausdrucke fur CZ wird der Sinussatz der spharischen Trigonometrie erhalten: sin = sin (FormelsammlungC:1:): sin a sin b Die weiteren Formen werden durch zyklische Vertauschung erhalten. Fur nachfolgende Betrachtungen kann auerdem am Dreikant abgelesen werden: im Dreieck PCZ gilt: PZ = PZ ; cos = PC sin b PZ = cos sin b; im Dreieck QCZ gilt: QZ = QZ ; cos = QC sin a QZ = cos sin a: 16 Nach Abwicklung des Dreikantes in die Ebene und Erganzung 0durch weitere Hilfslinien PF, QF , ZG und ZG0 lassen sich weitere Beziehungen herstellen: OQ = OF + FQ = OF + GZ; OQ = cosa; OF = cosb cosc (Dreieck OFP); GZ = PZ sinc = cos sin b sin c (Dreieck GZP); Also: cosa = cosb cosc+sinb sin c cos ; ebenso OP = OF0 + PF0 = OF0 + G0 Z; cosb = cosa cosc + sin a sinc cos : Diese Ergebnisse sind 2 Formen des spharischen Seitenkosinussatzes (Formelsammlung C.2.). Die 3. Gleichung wird durch zyklische Vertauschung erhalten. Desweiteren kann aus der Figur abgelesen werden GF = Z Q = PF PG; sin a cos = cosb sin c sin b cosc cos : Diese Gleichung ist eine Form der Funfstuckebeziehungen oder des Sinus - Kosinussatzes. Weitere funf Formen werden durch zyklische Vertauschung erhalten (Formelsammlung C.4., erster Teil). Lost man eine Funfstuckebeziehung nach dem cos-Produkt auf, so erhalt man eine Form des Kotangentensatzes: sin c sin a cos : cosc cos = cosb sinb sinb Mit sina sin sin b = sin folgt: cosc cos = cot b sinc sin cot (Formelsammlung C:5:): 17 Der Kotangentensatz stellt eine Beziehung zwischen vier aufeinanderfolgenden Stucken im spharischen Dreieck her. Weitere Grundformeln zur Berechnung spharischer Dreiecke werden durch Anwendung bisher bekannter Formeln auf das Polardreieck erhalten. Die Anwendung des Seitenkosinussatzes auf das Polardreieck liefert den Winkelkosinussatz: cosa = cos b cosc + sin b sinc cos ; cos( ) = cos( ) cos( ) + sin( ) sin( ) cos( a); cos = cos cos sin sin cosa; cos = cos cos + sin sin cosa (Formelsammlung C.3.). Der Winkelkosinussatz ist der polare Seitenkosinussatz. Die Anwendung der Funfstuckebeziehungen auf das Polardreieck liefert 6 weitere Formen (Formelsammlung C.4., zweiter Teil). Sinussatz und Kotangentensatz sind zu sich selbst polar, sie liefern keine neuen Formeln bei Anwendung auf das Polardreieck. 2.4 Abgeleitete Formeln zur Berechnung spharischer Dreiecke Die abgeleiteten Formeln waren fruher sehr zweckmaig bei logarithmischen Rechnungen, da hier statt Summen und Dierenzen von Winkelfunktionen nur Produkte auftreten. Aber auch gegenwartig werden die abgeleiteten Formeln noch vorteilhaft benutzt. Ausgehend vom Seitenkosinussatz cosa = cosb cosc + sin b sin c cos ; cosc ; cos = cosasin bcosb sinc wird auf beiden Seiten +1 addiert cosc + sin b sinc ; 1 + cos = cosasin bcosb sinc sin b sinc cosa (cosb cosc sin b sin c) = cosa cos(b + c) : 1 + cos = sin b sin c sin b sin c Unter Anwendung der Verwandlungsformel (Formelsammlung A.2.) cosx cosy = 2 sin x +2 y sin x 2 y auf den Zahler der rechten Seite (mit x = a; y = b + c) wird erhalten: 2 sin a + b2 + c sin a b2 c 2 sin a + 2b + c sin b + 2c a 1 + cos = = ; sinb sin c sin b sinc 18 da Mit und ergibt sich: sin b + 2c a = sin a b2 c : 1 + cos = 2 cos2 2 (FormelsammlungA:1:) s = (a + 2b + c) s sin(s a) ; 2 cos2 2 = 2 sinsin r b sin c s sin(s a) : cos 2 = sinsin b sinc Diese Formel wird als Halbwinkelformel bezeichnet. Werden beide Seiten der Ausgangsgleichung von 1 subtrahiert, wird ein Ausdruck fur sin =2 erhalten. Ausgehend vom Winkelkosinussatz werden Halbseitenformeln abgeleitet. Halbwinkel- und Halbseitenformeln sind unter dem Begri "Halbstucksrelationen" zusammengefat (Formelsammlung C.6.). Die Tangentenformeln (Formelsammlung C.7.) gehen direkt aus den Halbstucksrelationen hervor : sin tan 2 = cos 2 : 2 Die Delambreschen Formelpaare (Formelsammlung C.8.) werden erhalten durch Einsetzen der Halbstucksrelationen in die Additionstheoreme, z.B.: cos( +2 ) = cos( 2 + 2 ) = cos 2 cos 2 sin 2 sin 2 : Durch Division zweier Delambreschen Formeln ergeben sich die Neperschen Analogien (Nepersche Tangentenformeln) (Formelsammlung C.9.). Somit stehen zur Auosung des spharischen Dreiecks bisher 69 Formeln zur Verfugung. 2.5 Berechnung allgemeiner und spezieller spharischer Dreiecke 2.5.1 Die sechs Grundaufgaben zur Berechnung allgemeiner spharischer Dreiecke Wenn in einem allgemeinen spharischen Dreieck drei Stucke gegeben sind, ist seine Berechnung moglich. Sechs Grundaufgaben mit den im folgenden jeweils gegebenen drei Stucken sind zu unterscheiden: 19 1. drei Seiten (a, b, c); 2. drei Winkel (; ; ); 3. zwei Seiten und der von ihnen eingeschlossene Winkel (a; b; ; b; c; ; c; a; ); 4. eine Seite und die beiden anliegenden Winkel (a; ; ; b; ; ; c; ; ); 5. zwei Seiten und der der einen gegenuberliegende Winkel (a; b; ; b; c; ; c; a; ) oder (a; b; ; b; c; ; c; a; ); 6. zwei Winkel und die dem einen gegenuberliegende Seite (; ; a; ; ; b; ; ; c) oder (; ; b; ; ; c; ; ; a). Jede dieser sechs Grundaufgaben kann man mit dem System der Grundformeln der spharischen Trigonometrie (Abschnitt 2.3.) oder mit dem System der abgeleiteten Formeln (Abschnitt 2.4.) bzw. unter Verwendung von Formeln aus beiden Systemen losen. Eine Zusammenstellung von Losungsvorschlagen fur die unter 1. bis 6. jeweils an erster Stelle genannte Kombination von gegebenen drei Stucken ist in der Formelsammlung unter C.10. gegeben. Besondere Beachtung verdienen hier die Falle 5 und 6. In beiden Fallen mu immer zuerst mit dem Sinussatz gerechnet werden. Der Sinussatz liefert aber im Bereich von 0 bis zwei Losungen, so da eine zweideutige Losung fur das spharische Dreieck vorliegen kann. In nebenstehendem Fall 5 sind a, b und gegeben. Die Moglichkeit der Zweideutigkeit ist gezeigt. Nur eine Losung wird es geben, wenn a > b. Die Entscheidung uber den richtigen Winkel kommt erst in der weiteren Rechnung. In allen anderen Fallen sollte man die Rechnungen mit dem Sinussatz vermeiden, da andere trigonometrische Funktionen (cos; tan) zur Verfugung stehen, die sich mittels des Vorzeichens eindeutig den Quadranten zuordnen lassen. Die fehlenden Ausdrucke in einigen Formeln unter C.10. sollten selbstandig erganzt werden. 20 2.5.2 Rechtwinklige und rechtseitige spharische Dreiecke Rechtwinklige spharische Dreiecke haben mindestens einen rechten Winkel. Ist = 90Æ, so sind a und b die Katheten, und c ist die Hypothenuse. Da die trigonometrischen Funktionen fur den Winkel 90Æ die speziellen Funktionswerte sin90Æ = 1; cos90Æ = 0 besitzen gilt: sin = sin a : Sinussatz: sin sin c Mit sin = 1 folgt: sin = sina sin c : Seitenkosinussatz: cosc = cosa cosb + sin a sinb cos : Mit cos = 0 folgt: cosc = cosa cosb: Kotangentensatz: cosb cos = sin b cot c sin cot : Mit cot = 0 folgt: cos = tanb tanc oder cosb cos = sin b cot a sin cot ; mit cos = 0 und sin = 1 folgt: tan = tana sinb ; usw. Die Verallgemeinerung der Ergebnisse kann in der Neperschen Regel zusammengefat werden: Die Stucke eines rechtwinkligen Dreieckes werden fortlaufend gleichmaig auf einen Kreis (Neperscher Ring) geschrieben. Der rechte Winkel wird dabei ausgelassen und die Katheten durch die Komplemente ersetzt. 21 Jetzt gilt die Regel: Der Kosinus eines Stuckes im Neperschen Ring ist gleich dem Produkt der Kotangens der beiden anliegenden Stucke oder gleich dem Produkt der Sinus der beiden nichtanliegenden StuÆ cke (Formelsammmlung C.11.). Folgende Beziehungen sind im Fall ( = 90 ) ablesbar: sin a = sin sin c = tanb cot ; sin b = sin sin c = tana cot ; cos = sin cosa = tan b cot c; cosc = cosa cosb = cot cot ; cos = sin cosb = tan a cotc: Sind beispielsweise und c gegeben, und es besteht die Aufgabe, , a und b jeweils nur mit den gegebenen Stucken zu berechnen, dann sind die folgenden Beziehungen zu benutzen: cosc = cot cot daraus cot = cosc tan ; cos = tan a cotc daraus tan a = cos tan c und sinb = sin sin c: Diese Nepersche Regel gilt auch fur das rechtseitige Dreieck, nur wird hier auf dem Neperschen Ring die rechte Seite ausgelassen und zusatzlich der der rechten Seite gegenuberliegende Winkel durch den Supplementwinkel ersetzt (Formelsammlung C.11). 2.6 Mehrdeutige Losungen bei der Berechnung spharischer Dreiecke In den Fallen 5 und 6 zur Berechnung allgemeiner spharischer Dreiecke konnen sich Mehrdeutigkeiten ergeben. Es sollen deshalb hier einige Regeln angegeben werden, mit deren Hilfe auch bei Rechnung mit dem Sinussatz richtige Losungen gefunden werden konnen. In Abschnitt 2.2. wurde schon gezeigt, da die Winkelsumme im spharischen Dreieck groer als 180Æ werden kann. Im folgenden wirdÆ gezeigt, da die Winkelsumme im spharischen Dreieck immer groer als 180 ist. Im Winkelkosinussatz cos = cos cos + sin sin cosc 22 wird gesetzt dann gilt: = 180Æ Æ; cos = cos Æ cos + sin Æ sin cosc (cosc kann Werte zwischen 1 und +1 annehmen). Setzt man cosc = +1, also c = 0, dann wird die rechte Seite gewi zu gro, und es gilt: cos < cos Æ cos + sin Æ sin ; cos < cos(Æ ); > Æ ; > 180Æ ; also + + > 180Æ: Der U berschu der Winkelsumme im spharischen Dreieck wird als der spharische Exze " bezeichnet. Im folgenden Abschnitt wird dazu mehr gesagt. Oftmals hilft diese Winkelsummenbedingung, Mehrdeutigkeiten zu beseitigen. Ohne weitere Beweise sollen noch einige Regeln angegeben werden, mit denen Losungen beurteilt werden konnen: Die Summe zweier Winkel im spharischen Dreieck ist kleiner als der um vergroerte dritte Winkel ( + < + ). Jede Seite im spharischen Dreieck ist groer als die Dierenz der beiden anderen (a > b c). Jede Summe zweier Seiten im spharischen Dreieck ist groer als die dritte (a + b > c). Der Umfang eines spharischen Dreieckes ist kleiner als 360Æ (360Æ > a + b + c): Im spharischen Dreieck liegt dem groeren von zwei Winkeln die groere Seite gegenuber. Umgekehrt liegt der groeren Seite der groere Winkel gegenuber (wenn b < a dann < ). Eine Erweiterung dieser Aussage fuhrt (ohne Ableitung) zur Halbsummenregel: Die halbe Summe zweier Winkel im spharischen Dreieck und die halbe Summe der diesen Winkeln gegenuberliegenden Seiten ist jeweils entweder ein stumpfer, ein rechter oder ein spitzer Winkel. 23 Es sind bei der Losung der Grundaufgaben 5 und 6 jeweils 2 Falle zu unterscheiden. Grundaufgabe 5. 1. Fall a+b > ) + > ; 2 2 2 2 (geometrisch eindeutig); < 2 )> 2 > 2 ) < 2 oder > 2 (geometrisch zweideutig): 2. Fall a + b < ) + < ; 2 2 2 2 < ) < oder > 2 2 2 (geometrisch zweideutig); > (geometrisch eindeutig): 2 )< 2 Entsprechendes gilt fur die Grundaufgabe 6, wobei die Seiten durch die Winkel und die Winkel durch die Seiten zu ersetzen sind. 2.7 Der spharische Exze und die Flache des spharischen Dreiecks Im vorigen Abschnitt wurde der spharische Exze " als U berschu der Winkelsumme uber 180Æ deniert. Da in Eulerschen Dreiecken die Winkelsumme maximal 3 betragen darf, gilt: "max = 2 : Ein solches Dreieck ist zu einer Halbkugel mit der Flache I = 2R2 (bzw. I = 2 fur die Einheitskugel) entartet. Da die drei Winkel gestreckt sind, verschwinden die Ecken. Oensichtlich ist mit dem maximalen Exze auch die maximal mogliche Flache eines spharischen Dreieckes uberhaupt verbunden. Ein anderes spharisches Dreieck, dessen Oberache I = 21 R2 betragt (das zugehorige Dreikant konnte der Kugeloktant sein), besitzt die Winkel === : 2 Der spharische Exze ist in diesem Fall "= : 2 24 Aus dem Vergleich der Flachen und der Exzesse dieser beiden Dreiecke ist ersichtlich, da beide Groen miteinander zusammenhangen. Im folgenden soll dieser Zusammenhang untersucht werden. Die Seiten des spharischen Dreiecks ABC wurden zu vollen Grokreisen erganzt. Jetzt zerfallt die Oberache der Halbkugel in 4 spharische Dreiecke, deren Flachen mit Fi bezeichnet werden O = F1 + F2 + F3 + F4; 2 mit F1 = ABC; F2 = AB0C0; F3 = AB0 C; F4 = ABC0 : Je zwei der genannten spharischen Dreiecke bilden zusammen ein spharisches Zweieck, welches jeweils das Grunddreieck ABC enthalt: O Æ ; FAA = F1 + F2 = 360 Æ O FBB = F1 + F3 = 360Æ Æ ; O Æ: FCC = F1 + F4 = 360 Æ Die Summation dieser drei Gleichungen ergibt: + + ) 3F1 + F2 + F3 + F4 = O (360 Æ und mit F1 + F2 + F3 + F4 = O=2 folgt: + + ) ; 2F1 + O2 = O( 360 Æ 720 F1 = O ( + + ) 180Æ O; + 180Æ) = O " ; (F1 = I): I = O( + 720 720 Die Proportionalitatskonstante zwischen dem Flacheninhalt I eines spharischen Dreiecks und seinem Exze ist der 720te Teil der Kugeloberache O. 0 0 0 25 Mit O = 4R2 wird erhalten 2 I = 4R4 " = R2 " und bei R = 1 folgt I = arc " (Vgl: Formelsammlung C:12:) Hier sind auch weitere Formeln zur Berechnung von " unter Einbeziehung der Seiten des spharischen Dreieckes angegeben. 2.8 Dierentialformeln fur das spharische Dreieck Bei den Anwendungen der spharischen Trigonometrie ergeben sich oft Situationen, in denen zu berechnen ist, wie sich kleine A nderungen oder Fehler der gegebenen Stucke auf die trigonometrisch berechneten Groen auswirken. Naturlich kann man die gesuchten Stucke mit veranderten Ausgangswerten noch einmal nach den gleichen Formeln wie bei der ersten Rechnung bestimmen. Einfacher gestaltet sich die Rechnung aber unter Verwendung einer Dierentialformel. Die Herleitung einer Dierentialformel (ohne weitere mathematische Betrachtungen) besteht in der partiellen Dierentiation der Ausgangsgleichungen nach allen Veranderlichen und Summation der mit den Veranderungsgroen multiplizierten Dierentiale. Ableitung der Dierentialformel fur den Kosinussatz cosa cosb cosc sin b sin c cos = 0; es mu gelten: F(a; b; c; ) = 0 = F(a + a; b + b; c + c; + ): Bildung der partiellen Dierentialquotienten ÆF ÆF = sina ; = + sinb cosc cosb sinc cos ; Æa Æb ÆF ÆF = cosb sin c sin b cosc cos ; = sin b sin c sin ; Æc Æ und mit ÆF a + ÆÆFb b + ÆÆFc c + ÆÆF = 0 Æa wird erhalten: sinaa + (sin b cosc cosb sinc cos )b + (cos b sinc sinb cosc cos )c + sin b sin c sin = 0: 26 Mit den Funfstuckebeziehungen sin b cosc cosb sin c cos = sina cos ; cosb sin c sin b cosc cos = sina cos ; und dem Sinussatz sinb sin = sin a sin ; und abschlieender Division der Gesamtgleichung durch sin a wird die endgultige Dierentialformel fur den Seitenkosinussatz erhalten: a + cos b + cos c + sin c sin = 0: Dieser Ausdruck kann nach einer beliebigen gesuchten Veranderung aufgelost werden. Die Dierentialformel fur den Sinussatz (ohne Herleitung) lautet: cot aa + cot cotbb cot = 0: 3 Anwendungen der spharischen Trigonometrie 3.1 Berechnungen auf der Erdkugel 3.1.1 Spharische Koordinaten eines Punktes auf der Erdoberache Fur die vorliegenden Betrachtungen wird die Erde als Kugel angesehen (R = 6371km). Die spharischen Koordinaten auf der Erdkugel werden als geographische Koordinaten bezeichnet. Die Grundebene dieses Koordinatensystems ist der A quator (Grokreis). Alle durch die Pole des Grundkreises (Nord- und Sudpol) laufenden und senkrecht auf dem A quator stehenden Grokreise heien Meridiane. Der Schnittpunkt des Meridians von Greenwich mit der Grundebene ist nach internationaler U bereinkunft der Nullpunkt des Koordinatensystems. Alle zum A quator parallelen Kreise in Richtung der Pole (Kleinkreise) werden als Breiten- oder Parallelkreise bezeichnet. Die spharischen Koordinaten eines Oberachenpunktes sind die geographischen Koordinaten Lange und Breite '. Die geographische Lange eines Ortes ist der Winkel zwischen der Meridianebene von Greenwich und der Ortsmeridianebene. 27 Dieser Winkel entspricht dem Grokreisbogen, den die beiden Meridiane auf dem A quator begrenzen. Die geographische Breite ' eines Ortes ist der spharische Abstand des Ortes vom A quator, gemessen im Meridian. Die geographische Lange wird vom Greenwicher Meridian von 0Æ bis 180Æ in ostlicher bzw. westlicher Richtung gezahlt. Die geographische Breite ' zahlt man vom A quator von 0Æ bis 90Æ jeweils als nordliche oder sudliche Breite. Sind die Koordinaten (; ') von zwei Punkten auf der Erdoberache gegeben, lat sich mit einem Erdpol ein spharisches Dreieck bilden. Das Dreieck enthalt die beiden Seiten (90Æ '1 ) und (90Æ '2 ) als Teile der Meridiane und den Grokreisbogen zwischen P1 und P2. Der Winkel am Pol entspricht der Langendierenz 2 1 . Die Winkel in P1 und P2 sind die sogenannten Kurswinkel oder deren Supplemente. Kurswinkel werden wie Azimute in der Geodasie von Nord uber Ost, Sud, West gezahlt. Sind mit '1; '2 ; 1 und 2 drei Stucke (2 Seiten und der eingeschlossene Winkel: Grundaufgabe 3) im Dreieck gegeben, so lassen sich die fehlenden Stucke problemlos berechnen. Die Grokreisentfernung s wird erhalten coss = cos(90Æ '1) cos(90Æ '2 ) + sin(90Æ '1) sin(90Æ '2 ) cos(2 1 ); coss = sin '1 sin '2 + cos '1 cos '2 cos; (P1 und P2 haben hier beide ostliche Lange und nordliche Breite.) 3.1.2 Der Satz von Legendre - kleine spharische Dreiecke Kleine spharische Dreiecke, deren Seiten < 1Æ sind, werden als Legendresche Dreiecke bezeichnet. Ein Dreieck in der Ebene, dessen Seiten genauso lang sind wie die Seiten des kleinen Kugeldreiecks bezeichnet man als das dazugehorige Plandreieck. Nach Legendre lat sich ein kleines spharisches Dreieck als ebenes Dreieck berechnen, wenn die Seiten im metrischen Ma eingefuhrt und die spharischen Winkel um je "=3 vermindert werden. Es soll sein 28 spharisches Dreieck: Winkel: ; ; ; Seiten: a, b, c (in Grad bzw. Bo- genma); Plandreieck: Winkel: 0 ; 0 ; 0; Seiten: a0 ; b0 ; c0 , im linearen Ma, z.B. km. Behauptung: " 0 " 0 " 0 = 3; = 3; = 3: Beweis: sin = sin ; sin c sina sin sin a = sin sinc; 0 0 sin sin aR = sin sin Rc mit a = a0=R; c = c0 =R (a und c im Bogenma, a0; c0; R in km). Unter Verwendung der Sinusreihe sin x = x x3=3! kann bei Abbruch nach dem zweiten Glied geschrieben werden: 0 a03 c0 c03 ): sin ( aR 6R 3 ) = sin ( R 6R3 Nach Multiplikation mit R und Ausklammern von a0 bzw. c0 wird erhalten 02 02 a0 (sin a 6Rsin2 ) = c0 (sin c 6Rsin2 ): Desweiteren kann gesetzt werden: a0 sin 0 = hb = c0 sin 0 ; a0 = b0 cos 0 + c0 cos 0 und c0 = a0 cos 0 + b0 cos 0: 0 Diese Beziehungen sind leicht aus dem ebenen Dreieck mit den Seiten a0; b0; c0 0 0 0 und den Winkeln ; ; ablesbar. Jetzt gilt, wenn in den Gliedern 2. Ordnung sin = sin 0 und sin = sin 0 gesetzt wird: hb (b0 cos 0 + c0 cos 0 )] = c0 [sin hb (a0 cos 0 + b0 cos 0 )] a0 [ sin 6R 2 6R2 0 0 29 und anders geschrieben 0 0 0 00 0 a0 c0 hb cos 0 0 (sin hb b cos ) a c hb cos ; a0 (sin hb b6Rcos ) = c 2 2 2 2 6R 6R 6R 0 0 0 0 ) = c0 (sin hb b6Rcos ): a0 (sin hb b6Rcos 2 2 In den Gliedern 2. Ordnung kann geschrieben werden cos 0 = cos bzw: cos 0 = cos : Auerdem kann in diesen Gliedern 2. Ordnung die Flache I = (hb b0)=2 in die Formel " = I=R2 eingesetzt werden: h0 b0 "= b 2; 2R also a0 (sin 3" cos ) = c0 (sin 3" cos ); a0 sin( 3" ) = c0 sin( 3" ); da sin( 3" ) = sin cos 3" cos sin 3" = sin 3" cos mit cos 3" = 1 und sin 3" = 3" : Mit der Behauptung, " " 0 0 = 3 und = 3 ergibt sich a0 sin 0 = c0 sin 0 als Sinussatz der ebenen Trigonometrie. Damit ist nachgewiesen, da die Winkel des Plandreiecks um "=3 kleiner sind als die Winkel des Legendreschen Dreiecks. 0 0 0 0 0 0 0 3.1.3 Die Loxodrome Die Loxodrome ist eine Kurve, die alle Meridiane unter gleichem Winkel schneidet. Auf ihr kann man unter konstantem Kurswinkel von P1 nach P2 gelangen. Bei einer Fahrt auf der Orthodrome andert sich dagegen der Kurswinkel laufend. 30 Praktisch ist es ublich, die orthodromische Distanz in mehrere Loxodromenstucke aufzuteilen. Sonderfalle der Loxodromen sind die Meridiane und der A quator (diese sind gleichzeitig Orthodromen) und die Breitenkreise (Kurswinkel 90Æ). Betrachtet wird ein dierentielles Stuck dl zwischen zwei Punkten A und B auf einer Loxodromen. A hat die Koordinaten ' und und B die Koordinaten ' + ' und + . Ein Parallelkreis durch A und ein Meridian durch B schneiden sich in C. Dieses Dreieck ist kein spharisches Dreieck, weil es nur einen Grokreisbogen (BC) enthalt. Wenn ' und genugend klein gehalten werden, kann es als ebenes Dreieck angesehen werden und es gilt: uck R cos ' d tan = Parallelkreisbogenst Meridianbogenstuck = R d' und weiter d = tancos'd' ; und nach Integration ' ' 2 1 = tan [ln tan( 2 + ) ln tan( 1 + )]; 2 4 2 4 = tan (q2 q1) = tan q (q = isometrische Breite; q2 = ln tan( '22 + 4 ); q1 = ln tan( '21 + 4 )): Der Kurswinkel der Loxodromen ist dann: tan = q ( im Bogenma): Auerdem kann an der Figur abgelesen werden: cos = Rdd'l ; Rd' ; dl = cos 31 und nach Integration wird die Lange l der Loxodromen erhalten: R ('2 '1 ) ('2 '1 im Bogenma): l = cos Diese Formel gibt fur den Parallelkreis einen unbestimmten Ausdruck, deshalb gilt hier: l = p = R cos ' : 3.2 Anwendungen aus der spharischen Astronomie Wie auf der Erdkugel, so werden auch an der Himmelskugel Punkte durch zwei Winkelangaben eindeutig festgelegt. Die Himmelskugel ist eine gedachte Kugel mit dem Radius R = 1, deren Mittelpunkt im Beobachtungsort B auf der Erdkugel oder genauer im Erdmittelpunkt O liegt. Auf diese Himmelskugel werden alle Gestirne von O aus projiziert. 3.2.1 Das Horizontalkoordinatensystem Das einfachste spharische Koordinatensystem der Himmelskugel hat als Grundkreis den Horizont, der als Tangentialebene an die Erdkugel im Beobachtungsort B zu denken ist. Die Tangentialebene steht in B senkrecht zur Lotrichtung und schneidet die Himmelskugel in einem Grokreis, dem scheinbaren Horizont. Der wahre Horizont entsteht durch Parallelverschiebung der Tangentialebene in den Erdmittelpunkt O. Die Richtungen nach Fixsternen fallen von B und von O aus wegen ihrer groen Entfernungen zusammen. Lediglich fur die Korper unseres Sonnensystems ist die tagliche Parallaxe, wie man den Richtungsunterschied nach einem Himmelskorper von B und O aus nennt, mebar. Es bedeuten n Z: Zenit Pole zum Grundkreis des wahren Horizontes. Z': Nadir 32 Vertikalkreis Grokreis von Z durch das Gestirn nach Z', steht senkrecht auf dem Horizont. Meridian: Vertikalkreis durch die Himmelspole und Z, schneidet den Horizont im Nordpunkt N und im Sudpunkt S. oder Vertikal: Als Himmelspole seien hier die Schnittpunkte der verlangerten Rotationsachse der Erde mit der Himmelskugel angenommen. I. Vertikal = Vertikal in Ost- West-Richtung. Als Gestirnskoordinaten werden deniert: a = Azimut, gemessen im Horizont als Bogen von Nord (N) uber Ost, Sud (S), West von 0Æ bis 360Æ oder als Winkel in Z im gleichen Sinn vom Nordmeridian bis zum Gestirnsvertikal; z = Zenitdistanz, gemessen als Bogen vom Zenit im Gestirnsvertikal bis zum Gestirn von 0Æ bis 180Æ oder als Winkel im Kugelmittelpunkt zwischen der Zenitrichtung und der Richtung zum Gestirn; h = Hohenwinkel = 90Æ z. Alle Punkte mit gleicher Zenitdistanz z bzw. gleichem Hohenwinkel h liegen auf einem Almukantarat oder Hohenkreis. Das Horizontsystem hat den wesentlichen Vorteil, da seine Koordinaten Azimut und Zenitdistanz mit Instrumenten gemessen werden konnen, deren Hauptachse durch geeignete Meelemente (Libelle, mechanische Neigungskompensation) unmittelbar an die Lotrichtung angeschlossen werden konnen. Wahrend das Azimut nur relativ erhalten wird, da der Nordpunkt in der Natur nicht markiert ist, ist die Messung der Zenitdistanz bzw. des Hohenwinkels wegen des direkten Anschlusses an die Lotrichtung absolut moglich. Die erreichbaren Genauigkeiten bei der Messung der Koordinaten des Horizontsystems liegen fur eine einzelne Messung mit den genauesten Instrumenten (Prazisionstheodolit) bei wenigen Zehntel Bogensekunden. Der Nachteil des Horizontsystems ist, da durch die tagliche Drehung der Erde bzw. durch die scheinbare tagliche Drehung der Himmelskugel Azimut und 33 Zenitdistanz sich in jedem Augenblick andern. Das bedeutet, da alle Messungen dieser Koordinaten nur dann verwertbar sind, wenn zugleich die genauen Mezeitpunkte festgehalten werden. Auerdem ist bei Angaben von a und z unbedingt anzumerken, fur welchen Erdort ('; ) diese Werte Gultigkeit haben, da die Lotrichtung als Nullpunkt der z-Zahlung und als Denition des Meridians fur die a- Zahlung dient. Andererseits kann die Messung von a und z zur Bestimmung von ' und benutzt werden, wie bald noch gezeigt wird. 3.2.2 Die Aquatorkoordinatensysteme Da es eine Aufgabe der spharischen Astronomie ist, die Position von Fixsternen in einem unveranderlichen Koordinatensystem zu denieren, ist es notwendig, zu einer anderen Grundebene uberzugehen, gegenuber der die relative Position der Sterne nicht von der taglichen Drehung der Erde und auch nicht vom Erdort abhangt. Eine solche Grundebene ist diejenige, die senkrecht auf der Rotationsachse der Erde steht und durch den Erdmittelpunkt geht. Es ist die Ebene des Erdaquators, die vergroert bis zum Schnitt mit der Himmelkugel an dieser den Himmelsaquator ausschneidet. Die Pole des Himmelsaquators sind der Himmelsnordpol P und der Himmelssudpol P0. Um im A quatorsystem Koordinaten festzulegen, wird ein Grokreis durch die Pole und das Gestirn gelegt. Auf diesem sogenannten Stundenkreis wird vom A quator aus die Deklination Æ des Sternes von 0 bis 90Æ nach Norden und von 0 bis 90Æ nach Suden gezahlt. Die zweite Koordinate, der Stundenwinkel t, wird als Bogen in der A quatorebene beginnend vom Schnittpunkt des sudlichen Meridianbogens mit dem Himmelsaquator inÆ Uhrzeigerrichtung von 0 bis 360 oder von 0 bis 24Æ gezahlt. Der Stundenwinkel t stellt sich am Pol als Schnittwinkel der Tangenten an Meridian und Stundenkreis dar. 34 Der Stundenwinkel eines Gestirns kann angesehen werden als die Zeit, die seit der oberen Kulmination (Meridiandurchgang) dieses Gestirns vergangen ist. Da die Zahlung des Stundenwinkels t vom Meridian des Beobachtungsortes abhangt, ist er wegen der taglichen Erddrehung proportional zur Zeit veranderlich, wahrend die Deklination Æ von der taglichen Erddrehung nicht beeinut wird. Den Durchgang eines Gestirns durch den Sudmeridian nennt man die obere Kulmination. Die untere Kulmination desselben Gestirns ndet 12 Stunden spater beim Durchgang durch den Nordmeridian statt. Die geographische Breite ' des Beobachtungsortes und die Deklination Æ des Sternes bestimmen, ob die untere Kulmination uber oder unter dem Horizont stattndet. Sterne, bei denen die untere Kulmination uber dem Horizont erfolgt, werden als Zirkumpolarsterne bezeichnet. Um auch in der Grundebene eine von der Erddrehung unabhangige Koordinate zu bekommen, verlegt man den Nullpunkt der Zahlung an den Sternhimmel, und zwar in den Punkt, in dem zu Fruhlingsanfang die Sonne steht, in den Fruhlingspunkt (astronomisches Zeichen fur das Sternbild Widder). Der Fruhlingspunkt ist der Schnittpunkt des Himmelsaquators mit der Ebene der Erdbahn, der sogenannten Ekliptik. Diese neu eingefuhrte Koordinate wird vom Fruhlingspunkt aus im Gegenuhrzeigersinn von 0h bis 24h gezahlt und heit Rektaszension . Alle Gestirne mit gleicher Deklination Æ liegen auf einem Parallelkreis, diejenigen mit gleichem Stundenwinkel t bzw. mit gleicher Rektaszension auf einem Stundenkreis. Die spharischen Gestirnskoordinaten und Æ sind unabhangig vom Erdort und der Zeit (Erddrehung). Es werden also zwei A quatorkoordinatensysteme unterschieden: das aquatoriale System erster Art mit den Koordinaten Stundenwinkel t und der Deklination Æ; das aquatoriale System zweiter Art mit der Rektaszension und der Deklination Æ (auch als siderisches System oder Stellarsystem bezeichnet). 35 3.2.3 Das nautische Dreieck Eine Kombination aus Horizontund A quatorsystem lat das nautische oder Polardreieck mit den Ecken P, G, Z entstehen, dessen Seiten 90Æ Æ; 90Æ ' und z die Winkel t, -a und q einschlieen. Der Winkel q am Gestirn G wird als parallaktischerÆ Winkel bezeichnet. Die Seite 90 ' ist fur einen Beobachtungsort konstant; die Seite 90Æ Æ fur einen Stern. Die ubrigen Stucke des nautischen Dreiecks andern sich infolge der taglichen Drehung der Erde. Es sind zwei Falle im nautischen Dreieck zu unterscheiden: G0 ostlich vom Meridian; t > 180Æ, die Zenitdistanz z wird bei der scheinbaren taglichen Bewegung kleiner; Gw Gestirn westlich vom Meridian; t < 180Æ, die Zenitdistanz wird bei der scheinbaren taglichen Bewegung groer. Ein Sonderfall des nautischen Dreieckes tritt ein, wenn das Gestirn kulminiert, also wenn es im Meridian steht. Dann ist a = 180Æ; t = 0Æ; q = 0Æ und es gilt: z + Æ = ': In dem hier gezeigten Fall kulminiert das Gestirn zwischen Zenit und A qua36 tor. Ebenso einfache Zusammenhange ergeben sich, wenn die Sternbahn zwischen Zenit und Himmelspol verlauft. 3.2.4 Koordinatentransformation mit Drehmatrix Spharische Koordinaten lassen sich auch leicht durch rechtwinklige Koordinaten ausdrucken. Dazu wird ein rechtwinkliges dreiachsiges Koordinatensystem z.B. in das Horizontsystem gelegt. Der Ursprung des Koordinatensystems liegt im Kugelmittelpunkt O. Die positive x11Achse zeigt in der Horizontebene in die Westrichtung, die x12Achse nach Suden und die x13Achse zum Zenit. Wird der Kugelradius gleich 1 gesetzt, kann der Vektor x1 durch die Komponenten x11; x12 und x13 ausgedruckt werden: 0 x 1 0 sin a sinz 1 11 x1 = @ x12 A = @ cosa sinz A ; x13 cosz cosz = x13; tana = xx1211; Zeigt im A quatorsystem 1. Art die positive x21-Achse in der A quatorebene nach Westen, die x22-Achse nach Suden und die x23 -Achse zum Himmelspol (senkrecht auf der A quatorebene), kann geschrieben werden 0 x 1 0 sin t cos Æ 1 21 x2 = @ x22 A = @ cost cos Æ A ; x23 sin Æ sin Æ = x23; tan t = xx2221 : 37 Im A quatorsystem 2. Art gilt: x31 - liegt in der A quatorebene und zeigt zum Fruhlingspunkt; x32 - steht in der A quatorebene senkrecht auf x31; x33 - zeigt zum Himmelpol (= x23); 0 x 1 0 cos cos Æ 1 31 x3 = @ x32 A = @ sin cos Æ A ; x33 sin Æ sin Æ = x33; cot = xx31 : 32 Dreht man das Horizontsystem um die O-W-Achse um den Winkel (90Æ so geht das Horizontsystem in das A quatorsystem 1. Art uber. '), Die Koordinaten a und z lassen sich mit Hilfe einer Rotationsoder Drehmatrix als Funktion von t und Æ darstellen. Der Vektor x1 wird mit der Drehmatrix D1(') multipiziert, und es wird der Vektor x2 erhalten: x2 = D1(')x1 mit 01 0 0 1 D1(') = @ 0 + sin ' + cos ' A : 0 cos ' + sin ' Damit gilt: 01 0 0 1 0 1 0 sina sinz 1 sina sinz @ 0 + sin ' + cos ' A @ cosa sinz A = @ sin ' cos a sinz + cos ' cosz A 0 cos ' + sin ' cosz ' cosa sinz + sin ' cosz 0x 1 0 +sincost cos 1 Æ 21 = @ x22 A = @ cost cos Æ A : x23 sin Æ Es lassen sich folgende Gleichungen aufschreiben: sin t cos Æ = sina sinz (Sinussatz); 38 cost cos Æ = cosz cos ' sin z sin ' cosa (Funfstuckebeziehung); sin Æ = cosz sin ' + sinz cos ' cosa (Seitenkosinussatz): Diese Zusammenhange (t bzw. Æ als Funktionen von a, z und ') lassen sich auch nden, wenn man die allgemeinen Formeln der spharischen Trigonometrie auf das nautische Dreieck anwendet. 3.2.5 Einige Bemerkungen zu Zeitsystemen Da bis vor wenigen Jahrzehnten die burgerliche Zeit aus astronomischen Vorgangen abgeleitet wurde, sollen hier einige wenige Denitionen zu den bekanntesten Zeitsystemen gegeben werden. Man bezeichnet als wahre Sonnenzeit eines Ortes, auch wahre Ortszeit (WOZ) genannt, diejenige Zeit, die seit der unteren Kulmination der wahren Sonne vergangen ist. Es gilt also WOZ = t 12h; wobei t der Stundenwinkel der wahren Sonne ist. Da die Erde sich nach den Keplerschen Gesetzen auf einer Ellipsenbahn mit einer Neigung von " = 23; 5Æ gegen die A quatorebene um die Sonne bewegt, lauft die wahre Sonnenzeit nicht gleichformig ab. Fur die praktischen Zwecke der Zeitrechnung wird eine ktive mittlere Sonne eingefuhrt, die die Ableitung einer mittleren (Orts-) Sonnenzeit oder einfach mittleren Ortszeit erlaubt. Die Dierenz zwischen wahrer und mittlerer Zeit - als Zeitgleichung bezeichnet - kann etwas mehr als 15 Minuten betragen. Beide genannten Zeiten, wie auch die im folgenden behandelte Sternzeit sind Ortszeiten, da sie vom Meridian des Beobachtungsortes abhangen. Die Denition der Sternzeit SZ ist einfach. Es gilt: SZ = t wobei t der Stundenwinkel des Fruhlingspunktes ist. Aus dem Bild der A quatorsysteme erkennt man, da die Summe aus Stundenwinkel plus Rektaszension eines Sterns zu einem bestimmten Zeitpunkt den Stundenwinkel des Fruhlingspunktes, also die Sternzeit, angibt: SZ = t + : Die durch Radiozeitzeichen bekanntgegebene Zeit wird heute nicht mehr direkt aus der Erdrotation abgeleitet, da diese auer den genannten noch weitere Unregelmaigkeiten aufweist. Die amtliche Zeiteinheit, die sogenannte Atomsekunde wird aus atomaren Vorgangen (1010 Schwingungen zwischen zwei hyperfeinen Energieniveaus des Caesiumatoms) abgeleitet und fuhrt zur Atomzeit. Die durch Radiosignale verbreitete koordinierte Weltzeit UTC (Universal Time Coordinated) basiert auf der Atomzeit. Diese koordinierte Weltzeit wird, 39 wenn notig, durch Sekundensprunge zur Jahresmitte oder am Jahresende der mittleren Sonnenzeit Greenwich angenahert. Aus vielen Grunden bilden Kugelzweiecke mit einer Langendierenz von 15Æ sogenannte Zeitzonen, deren Zeiten sich jeweils um ganze Stunden von der Weltzeit unterscheiden. Bestimmt wird dieser Unterschied durch den Mittelmeridian dieser Zweiecke. Z.B. Mitteleuropaische Zeit MEZ = UTC +1h. Der 15Æ Meridian ostlicher LangeÆ ist hier der Mittelmeridian. Das Kugelzweieck wird von 7; 5Æ o.L. und 22; 5 o.L. begrenzt. In kleineren Landern legt man sich immer nur auf eine Zeitzone fest. 3.2.6 Auf- und Untergangsberechnungen - Berechnung der Dammerung Das nautische Dreieck fur den Zeitpunkt des Auf- oder Unterganges eines Gestirns ergibt sich als Sonderfall eines spharischen Dreieckes, da die Seite z den Wert =2 annimmt. Es liegt also ein rechtseitiges Dreieck vor, in dem fur einen gegebenen Beobachtungsort und fur ein bestimmtes Gestirn die Seiten =2 ' und =2 Æ bekannt sind. Von Interesse sind nun der Zeitpunkt tAU und das Azimut aAU des Auf- oder Unterganges eines Gestirns. Fur tAU ergibt sich nach der Neperschen Regel oder aus dem Seitenkosinussatz: cos z = sin ' sin Æ + cos ' cos Æ cost: Mit cosz = 0 folgt: costAU = tan ' tan Æ: Das Ergebnis kann in allen vier Quadranten liegen, da fur das Aufgangsdreieck und fur das Untergangsdreieck analoge Verhaltnisse vorliegen. Die Groe tAU kann auch als halber Tagbogen des Gestirns bezeichnet werden, da sie die Zeit 40 vom Aufgang bis zur Kulmination bzw. von der Kulmination bis zum Untergang des Gestirns darstellt. Fur das Azimut gilt: sin Æ : cosaAU = cos ' Æ Ein Gestirn mit Æ = 0 wird unter einem Stundenwinkel von t = 6 Stunden genau im Osten (a = 90Æ) auf- und im Westen (a = 270Æ) untergehen (Sonne zu Fruhlings- bzw. Herbstanfang). Bei der Sonne bezeichnet man die Abweichungen des Aufgangs- bzw. Untergangsazimut vom Ost-West-Vertikal als Morgen- bzw. Abendweite. In Wirklichkeit sind jedoch die Verhaltnisse etwas schwieriger als hier dargestellt. Man sieht einen Stern schon, ehe er uber dem Horizont erscheint, und man sieht ihn noch, wenn er schon unter dem Horizont steht. Ursache fur diese Umstande ist die atmospharische Refraktion, die auf der Brechung des Lichtes in der Erdatmosphare beruht. Es mu fur Auf- und Untergangsrechnungen fur die Gestirne der Wert z = 90Æ350 gesetzt werden. Desweiteren mu bei Berechnungen mit der Sonne noch deren Radius beachtet werden. Die Koordinaten und Æ haben fur den Mittelpunkt der Sonne Gultigkeit. Die Sonne geht aber fur uns auf oder unter, wenn der obere Rand erscheint oder verschwindet. Ist dies der Fall, dann ist der Sonnenmittelpunkt noch oder schon wieder um den Betrag des Radius unter dem Horizont. Bei einem scheinbaren Sonnenradius von r = 160 sind deshalb alle Auf- und Untergangsberechnungen mit der Sonne (a und t) mit z = 90Æ350 +160 = 90Æ510 auszufuhren. Ist z = 90Æ510, spricht man vom Beginn der Dammerung, der entsprechende Stundenwinkel sei t. Ist z = 96Æ300, spricht man vom Ende der burgerlichen Dammerung, der Stundenwinkel der Sonne sei tb. Das menschliche Empnden besagt, da es jetzt dunkel ist. z = 108Æ deniert das Ende der astronomischen Dammerung. Der Stundenwinkel der Sonne sei ta. Jetzt kann mit der Langzeitbelichtung einer Photoplatte begonnen werden. Es gilt: Db = tb t ( Dauer der burgerlichen Dammerung), Da = ta t ( Dauer der astronomischen Dammerung) mit 510 sin ' sin Æ ; cost = sin cos ' cos Æ Æ300 sin ' sin Æ sin 6 ; costb = cos ' cos Æ Æ sin ' sin Æ : costa = sin 18 cos ' cos Æ 41 3.2.7 Berechnung von Sonnenuhren Die einzige Uhr, die die wahre Zeit anzeigt, ist die Sonnenuhr. Sonnenuhren werden heute fast ausschlielich als Schmuckelemente an Hausern, in Garten oder Parks verwendet. Die Konstruktion, d.h. die Berechnung der Lage des Schattenstabes und der Zierblatteinteilung lat sich mit den Mitteln der spharischen Trigonometrie durchfuhren. Die Einteilung der Sonnenuhren in a) Horizontaluhren, b) A quatorialuhren, c) Vertikaluhren bezieht sich auf die Lage der Zierblattebenen im Horizont, parallel zum A quator oder in einer Vertikalebene (Hauswand). mit a) Horizontaluhr mit senkrechtem Schattenstab = Gnomon. Es ist leicht einzusehen, da gilt: aS = a 180Æ aS = Azimut des Schattens, a = Azimut der Sonne. a wird berechnet mit: sin ' cos t : cot( a) = cos ' tan Æsint Diese Uhr ist sehr unpraktisch, da die Einteilung des Zierblattes im Lauf des Jahres mit der Sonnendeklination veranderlich ist. Zeigt bei einer Horizontaluhr der Schattenstab dagegen zum Himmelspol, gestalten sich die Verhaltnisse bedeutend einfacher. In dem rechtwinkligen spharischen Dreieck NPS kann nach Neper geschrieben werden: tan aS = sin ' tan t: Der Schatten des Stabes fallt immer in die jeweilige Stundenkreisebene. Die Zierblatteinteilung ist fur jede Jahreszeit gultig, da sie unabhangig von der Sonnendeklination ist. 42 b) Aquatorialuhr mit zum Pol gerichtetem Schattenstab. Diese Uhr hat die einfachste Konstruktion. Die Zierblattebene ist meist als Halbring ausgebildet. Darauf sind die Stundenmarken in Abstanden von 1=24tel des Ringumfanges gleichmaig angeordnet. c) Vertikaluhr mit zum Pol gerichtetem Schattenstab. Die vertikale Sonnenuhr wird an einer Hauswand oder an einer sonstigen vertikalen ebenen Flache angebracht. Im Gegensatz zur Horizontaluhr gibt es eine unendliche Vielfalt von Moglichkeiten fur eine Vertikaluhr, da die Zierblattebene in beliebigem Azimut stehen kann. In die Berechnung der Zierblatteinteilung geht als weiterer Parameter noch das Azimut a der Hauswand ein. = Winkel zwischen der Senkrechten im Befestigungspunkt des Schattenstabes und der Zifferblatteinteilung fur einen bestimmten Stundenwinkel. Die Sonne ist im nebenstehenden Bild vor der Zeichenebene zu denken. Sie bendet sich an der ostlichen Himmelshalbkugel. Im spharischen Dreieck ZHP wird im Punkt H der Hilfswinkel eingefuhrt. Jetzt lassen sich Sinussatz und Funfstuckebeziehungen anwenden: sin sin = sint cos ' und sin cos = cost sin a sin t cosa sin ': 43 Durch Division dieser beiden Gleichungen erhalt man: ' tan = sin t cosasinsint'cos cost sin a und damit den gesuchten Winkel . Æ Fur den Fall einer Suduhr (a = 90 , Hauswand steht genau in Ost-WestRichtung), ergibt sich sehr einfach: tan S = tant cos ': Den Berechnungen zu Vertikaluhren mu immer eine genugend genaue Bestimmung des Azimutes der Vertikalebene vorausgehen. 44