Männchen oder Weibchen?

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gata muß man dagegen annehmen, daß Rezessivität vorliegt, sonst müß­
ten doch öfter Tiere mit Skotasmus beobachtet sein. Ob dieses seltene
Auftreten auf einer Mutation beruht oder ob hier ein modifikatorischer
Melanismus vorliegt, ist nicht zu entscheiden.
68 Jahre sind vergangen, ehe ein zweites Exemplar dieser schwarzen
Form gefunden wurde. Der Biotop meines Fundes ist ein ausgedehnter
Kiefernwald mit dichten Heidelbeerbüschen und geringem feuchtem Un­
tergrund. Leider konnte das Museum für Naturkunde in Erfurt, das wieder­
holt sehr rasch auf meine Anfragen antwortete, keine Angaben machen,
wohin die Sammlung FRANK gekommen ist. Seine Käfersammlungen sind
ja meist vereinzelt worden. So läßt sich heute leider nicht mehr feststellen,
ob FRANK ein männliches oder weibliches Tier gefangen hat.
Literatur
FRANK, A. Die Hemipteren (Halbflügler, Wanzen) Thüringens. Jahrb.
Akad. Wissensch. Erfurt (Neue Folge), H. 39, 1913
GULDE, J. Die Wanzen (Hemiptera Heteroptera) der Umgebung Frankfurt
a. M. und des Mainzer Beckens.
Abh. senckenberg. naturf. Ges. 37, 1921
PROCHNOW, O. Die Färbung der Insekten in „Schröder, Handb. der Ento­
mologie“, Bd. 2, Jena 1929
REINIG, W. F. Melanismus, Albinismus und Rufinismus.
Georg Thieme, Leipzig, 1937
SCHMIDT, E. Die Halbflügler Thüringens unter besonderer Berücksichti­
gung der faunistisch-oekologischen Geographie.
Schriften des Museums f. Naturkunde, Erfurt, 1944
Männchen oder Weibchen?
Über die Unterscheidung der Geschlechter bei den Noctuiden (Lep.)
(Kurzfassung eines Vortrages, gehalten auf der 6. Tagung der Entomologen
der Oberlausitz, am 17. September 1960)
WOLFGANG HEINICKE, Gera
I.
Im Anschluß an meinen Vortrag über die Genitaluntersuchung bei Schmet­
terlingen (auszugsweise abgedruckt: HEINICKE 1959; referiert von ANO­
NYM 1959), der die anatomischen Verhältnisse bei den Noctuiden-Männchen, die Präpariermethodik sowie Möglichkeiten und Grenzen dieses
Diagnoseverfahrens darstellte, tauchte die Frage nach den entsprechenden
Verhältnissen bei den Noctuiden-Weibchen auf. Gleichzeitig wurde ich
auch mehrfach gefragt, wie man die Geschlechter bei den „Eulen“ unter­
scheiden könne.
Ich will versuchen, beide Fragen zusammen zu beantworten. Auf die Prä­
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pariermethodik gehe ich nur ganz kurz ein und verweise auf meine frühere
Arbeit.
Wie kann man die Geschlechter bei den Noctuiden unterscheiden? Grund­
sätzlich sei gesagt, daß nahezu jede Tierart sogenannte primäre und se­
kundäre Geschlechtsmerkmale aufweist, an denen man das Geschlecht
eines jeden Tieres erkennen kann. Zu den primären Geschlechtsmerkmalen
gehören die Keimdrüsen, die entweder Spermazellen (beim c? ) oder Ei­
zellen (beim 9 ) produzieren. Außerdem gehören die Begattungsorgane,
die Genitalien (Einzahl: das Genitale) dazu. Die männlichen Genitalien
sollen die Spermazellen übertragen, die weiblichen dagegen stoßen die Ei­
zellen nach der Befruchtung ab (Eiablage).
Aüf Grund von Hormonalwirkung der Sexualdrüsen während der Larven­
entwicklung treten bei den Imagines geschlechtlich differenzierte Merk­
male auf, die äußerlich sichtbar sind: sekundäre Geschlechtsmerkmale.
Männchen und Weibchen unterscheiden sich also beispielsweise in der
Größe, der Färbung, der Gestalt, der Fühlerbildung oder in anderen
äußeren Merkmalen. Das unterschiedliche äußere Aussehen der beiden Ge­
schlechter einer Art wird Sexualdimorphismus genannt.
II.
Zur Geschlechtsunterscheidung ist das unterschiedliche Aussehen der Ge­
schlechter einer Art recht brauchbar. Alle großen Bestimmungswerke, wie
SPULER, SEITZ, HERING, führen diese Merkmale auf. Aus der Fülle der
Beispiele sollen hier einige genannt werden. Gleichzeitig muß man aber
auch darauf hinweisen, daß durchaus nicht bei sämtlichen Arten sich auf
diese Weise die Geschlechter trennen lassen.
Die verschiedene Größe gestattet die Unterscheidung von Männchen und
Weibchen bei Rhizedra lutosa HB. (= Calamia lutosa HB.), wobei die
Weibchen in der Regel größer als die Männchen sind.
Bei vielen Arten sind die Hinterflügel unterschiedlich gefärbt, die von
Antitype serpentina TR. (= Polia) sind im männlichen Geschlecht weiß,
im weiblichen dagegen grau.
Auch die Form und die Färbung der Flügel kann zur Geschlechtsbe­
stimmung dienen. Das Weibchen von Eriopygodes imbecilla F. (= Mythimna) hat schmälere und dunklere Flügel als das Männchen.
Schließlich sollen noch die Fühler genannt werden. In sehr vielen Fällen
besitzen die Männchen gekämmte oder doppelt gekämmte Fühler, während
sich bei den Weibchen nur fadenförmige bzw. bewimperte Fühler vor­
finden. Sehr gut kann man das bei Brachionycha sphinx HFN. und Agrotis
vestigialis ROTT. erkennen.
An morphologischen Besonderheiten kann man ebenfalls sehr oft das Ge­
schlecht eines Tieres feststellen. Die südosteuropäische „Grubeneule“,
Thecophora fovea TR., besitzt im männlichen Geschlecht auf den Hinter­
flügeln eine tiefe Grube, die von älteren Autoren (z. B. von SPULER) als
Duftapparat angesehen wurde. Dr. HANNEMANN (Zool. Museum der
HUMBOLDT-Universität Berlin) konnte 1956 zeigen, daß die Männchen
(nur sie!) von fovea auf dem 1. Tarsenglied der Hinterbeine eine sogenannte
„Schrill-Leiste“ mit über 100 Querrippen tragen. Auf der Unterseite der
Hinterflügel findet sich eine mit Raspelzähnchen besetzte „Schrillkante“,
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und zw ar au f einer sta rk ch itinisierten A der auf der U nterseite der G rube.
D urch R eiben d er S chrill-L eiste an der S ch rillk an te ist das M ännchen
sicher in der Lage, Töne zu erzeugen (Stridulation).
Die V orderbeine der M ännchen v ieler H ypena- und Bom olocha-A rten
zeigen riesige Büschel langer H aare (D ufthaare?), die W eibchen besitzen
diese H aare nicht. Dagegen kan n m an bei den W eibchen m ancher A rten
aus d er gleichen G ruppe auf den V orderflügeln H aufen von au frech t ste­
henden D uftschuppen finden, die bei den M ännchen fehlen.
A lle diese Beispiele sollen zeigen, daß die äußeren m orphologischen M erk­
m ale oftm als gut zur G eschlechtsbestim m ung geeignet sind. Sie sind säm t­
lich ohne optische H ilfsm ittel erkennbar.
III.
A bsolut einw andfrei kann m an das G eschlecht einer N octuide (wie auch
das aller anderen L epidopteren) am G enitale erkennen. V ielfach b rau c h t
m an dazu nicht einm al das A bdom en zu einem G en italp räp a rat zu v e r­
arbeiten, da die Form des A bdom enendes Rückschlüsse au f das G eschlecht
zuläßt. Bei vielen M ännchen sind die V alven (K lam m erorgane; siehe
w eiter unten) hervorgestreckt und gespreizt. Das H interleib sen d e erscheint
dadurch etw as kantig, w äh ren d es beim W eibchen m eist zugespitzt ist.
Bei den N elkeneulen (D ianthoecia-A rten) und bei einigen an d eren A rten
ste h t aus dem A bdom en der W eibchen stets die L egeröhre hervor.
Die eigentlichen G enitalien von M ännchen und W eibchen u n terscheiden
sich sehr. F ü r die G enitaluntersuchung ist die nähere K enntnis des m or­
phologischen A ufbaus und der F unktion dieser O rgane erforderlich. Aus
diesem G runde sollen h ier kurz die G enitalien beid er G eschlechter im
P rinzip besprochen w erden. [Abb.l und 2]
Beim M ännchen liegen sie im 7. und 8. Segm ent des A bdom ens und stellen
die um gebildeten Segm ente 9—12 dar. Ein C hitinring (Vinculum m it Tegumen) ist schräg in die letzten beiden Segm ente des Leibes eingelagert.
Abb. 1: Schem atischer
L ängsschnitt d urch das
m ännliche G enitale einer
Noctuide. A bdom enende
rechts. — Ch. r. = Chi­
tinring, G = G elenk,
P = Penis, U = Uncus,
V = Valve. N ach FORBES, v erändert.
Abb. 2: Schem atischer
L ängsschnitt d urch das
w eibliche G enitale einer
Noctuide. A bdom enende
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El.
g.s.
rechts. — b. c. = B egat­
tungstasche, d. b. = B u r­
sagang, El. = Eileiter,
Est. = Eierstöcke, g. s. =
K ittdrüsen, Lb = Lege­
bohrer, o. b. B u rsa­
öffnung
(Copulationsöffnung). —N ach KLOTS
aus TUXEN, vereinfacht.
A n seinem oberen E nde trä g t er m eist einen sta rk e n H aken (Uncus), an
beiden Seiten des Ringes sind die V alven bew eglich angebracht. Es sind
K lam m erorgane, die au f ih re r Innenseite w ichtige m orphologische M erk­
m ale tragen: Dornen, H aarbüschel, W arzen, usw. D er Penis h än g t an
M uskelsträngen zw ischen den beiden V alven, also im In n eren des C hitin­
ringes. Da le tzterer beiderseits ein G elenk aufw eist, verm ag das M ännchen
sow ohl die V alven auseinanderzuspreizen als auch sie w ieder zusam m en­
zuklappen. D er Uncus kan n in der V ertikale bew egt w erden.
Bei der B egattung (Copula) um klam m ern die V alven das w eibliche A bdo­
m en und h alten es fest. Das M ännchen b o h rt gleichzeitig den Uncus in die
O berseite des w eiblichen A bdom ens und v e ra n k e rt sich auf diese W eise
zusätzlich. D er Penis w ird zur B egattung vorgeschoben u n d schiebt sich
in die w eibliche B egattungsöffnung.
Bei den w eiblichen G enitalien u nterscheidet m an die B egattungsorgane
u n d die E iablageorgane. D er m ännliche Penis d rin g t in die sogenannte
B ursaöffnung (ostium bursae) ein und das S perm a w ird d urch den B u rsa­
gang (duktus bursae) in die B egattungstasche (bursa copulatrix) gedrückt.
Die B egattungstasche ist in vielen F ällen m it chitinigen B ildungen aus­
gestattet, den sogenannten „Signa“ (Einzahl: Signum). Die Signa haben
h ö chstw ahrscheinlich die A ufgabe, den Sperm apfropfen zu zerreiben.
In den E ierstöcken sind die E izellen herangereift, sie gleiten in den Eierstock-A usführungsgängen (Eileiter) in R ichtung L egevorrichtung. Das
S perm a gelangt (aktiv oder passiv?) durch einen V erbindungsgang in den
E ileiter und trifft dort auf das Ei. Dieses w ird befruchtet. Es erh ä lt dann
noch ein S ekret aus den K ittd rü sen (glandulae sebaceae) (dam it es auf
d er U nterlage kleben bleibt) und w ird dann m ittels der L egevorrichtung
abgelegt.
IV.
U nter G enitaluntersuchung v erste h t m an das V ergleichen der p rä p a rie rte n
G enitalen (zur M ethode der P rä p aratio n siehe bei HEINICKE, 1959), um
die artlich e Id e n titä t oder die artlich e V erschiedenheit zw eier äußerlich
sehr ähnlich aussehender T iere zu erm itteln. Die A usbildung d er G enitalen
g estattet auch die F eststellung von V erw andschaftsverhältnissen, da v er­
w an d te N octuiden-A rten (nicht n u r diese!) m eist auch äh n lich g estaltete
G enitalien auf weisen. V orstehendes tr if ft aber n u r auf die m ännlichen
G enitalien zu, w äh ren d die w eiblichen G enitalien bei den N octuiden ziem ­
lich einförm ig gebaut sind. F ü r viele G enitaluntersuch u n g en im Bereiche
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der Familie Noctuidae sind daher ausschließlich die männlichen Genitalien
geeignet (bei den Geometridae ist es umgekehrt).
Bei den Männchen sind die Klammerorgane und der Penis mit all ihren
Anhangsgebilden und morphologischen Besonderheiten für die Artbestim­
mung wichtig, bei den Weibchen dagegen spielen Form und Größe der
Begattungstasche, die Signa, die Gestalt der Bursaöffnung und die Aus­
bildung der Eiablagevorrichtung in der Genitaluntersuchung eine Rolle.
Die Gentalien beider Geschlechter werden für mikroskopische Unter­
suchungen so montiert, daß sie jeweils auf dem Rücken liegen.
Mit Hilfe der Genitaluntersuchung kann man also sowohl das Geschlecht
eines Tieres feststellen als auch nähere Einblicke in die Verwandschafts­
verhältnisse ganzer Gattungen gewinnen. Sie ist nahezu unentbehrlich
bei der Beurteilung „neuer“ Arten. Mit ihrer Hilfe kann man schwer zu
unterscheidende Arten, wie beispielsweise Apatele psi L. und tridens
SCHIFF. (= Acronycta) trennen. Die moderne systematische Forschung
kommt ohne diese Methode nicht mehr aus, obwohl sie kein Allheilmittel
ist.
V.
Schließlich will ich noch auf ein letztes, für die Geschlechtsunterschei­
dung von „Eulen“ sehr brauchbares Merkmal hinweisen, das merkwürdi­
gerweise bei den Sammlern fast unbekannt ist, obwohl die Fachliteratur
es verzeichnet. (Abb. 3) Die Hinterflügel sind nahe ihrer Wurzel mit den
Vorderflügeln durch Borsten verbunden (Frenulum), die in eine Chitin-
Abb. 3: Flügel-Unter­
seite einer Noctuide.
Fren. = Frenulum, Ret.
= Retinaculum. Nach
SPULER, verändert.
falte (Retinaculum) der Vorderflügel-Unterseite eingreifen. Man sieht
diese „Haftborsten“, wenn man mit einem etwas steifen Pinsel die Flügel­
wurzeln auf der Falter-Unterseite abbürstet. Es kommen dann 1—3 Borsten
zum Vorschein (Lupe!) wobei die Männchen stets nur eine starke Borste
aufweisen, während bei den Weibchen an dieser Stelle zwei bis drei dünne
Borsten zu finden sind. Diese Merkmale sind sowohl an toten als auch an
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lebenden F alte rn zu sehen und absolut sicher. A uf diese W eise k an n m an
das G eschlecht von S am m lungstieren feststellen, die w eder Leib noch
K opf besitzen und trotzdem infolge ihres w issenschaftlichen W ertes au f­
gehoben und bearb eitet w erden m üssen.
Literatur:
HANNEMANN, H.-J. (1956): Ü ber p tero-tarsaJe Striduilation und einige
andere A rten der L auterzeugung bei L epidopteren. — Dtsch. Ent. Ztschr.,
NF B and 3, 1956, S. 14-27; besonders S. 19-20.
ANONYM (1959): B ericht von der 5. T agung der Entom ologen in der O ber­
lausitz. — N achr.-bl. O berlaus. Ins.-freunde, 3. Jahrg., 1959, S. 68—75.
HEINICKE, W. (1959): Die P rä p aratio n des G enitalap p arates von Schm et­
terlingen. — ebenda, S. 57—61.
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