Boden - Eine Lehrerhandreichung

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Boden - Eine Lehrerhandreichung
Teil IV: Tiere im Boden
Von
Katalin Roch
Projektleitung und Redaktion:
Prof. Dr. Willi Xylander
Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz
2010
In diesem Kapitel werden wichtigste Bodentiergruppen vorgestellt. Bei den dargestellten
Arten und Gruppen sind häufige erwähnt. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit
erhoben. Sie dienen der Orientierung in der einheimischen Fauna. Für die Bestimmungen
nutzt man weiterführende Literatur.
Informationen zu wichtigen Bodentiergruppen .................. Fehler! Textmarke nicht definiert.
Schnecken ............................................................................................................................... 2
Regenwürmer ......................................................................................................................... 8
Asseln .................................................................................................................................... 12
Spinnen ................................................................................................................................. 16
Tausendfüßer, ....................................................................................................................... 22
Springschwänze, ................................................................................................................... 25
Ohrwürmer, .......................................................................................................................... 27
Käfer ...................................................................................................................................... 30
Marienkäfer .......................................................................................................................... 33
Ameisen ................................................................................................................................ 36
Hummeln .............................................................................................................................. 40
Wirbeltiere des Bodens ........................................................................................................ 42
SCHNECKEN
Schnecken sind Weichtiere. Sie gehören gemeinsam mit Muscheln und Tintenfischen in die
Gruppe der Mollusca. Betrachten Kinder Schnecken, dann fallen drei Formen auf: Schnecken
mit Gehäuse, Schnecken ohne Gehäuse, Gehäuse ohne Schnecken. Wir behandeln hier vor
allem die Landlungenschnecken, zu denen die Nackt- und Schnirkelschnecken gehören.
Die bekannteste Schnecke ist die Weinbergschnecke Helix pomatia (Linnaeus 1758). Sie ist
die größte einheimische Gehäuseschnecke (siehe Abb. 1). Ihr Gehäuse windet sich nach
rechts. Das Schneckengehäuseloch befindet sich bei hochgehaltener Spitze rechts, nur bei
weniger als 0,1% links (Schneckenkönig)1.
Körperbau von Helix pomatia
Der Schneckenkörper besteht aus dem Kopf, aus einem Fuß und einem Eingeweidesack, der
im Gehäuse steckt. Der Fuß besitzt auf der Oberfläche viele Rinnen. Die Haut ist schleimig.
Der Schleim wirkt als Verdunstungsschutz. Landschnecken besitzen Lungen unter der
Mantelhöhle, über deren Haut sie atmosphärischen Sauerstoff aufnehmen können. Die
Schnecke kriecht auf einem Schleimband. So ist sie mit der Fußsohle fest mit dem
1
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.312, Buch- Nr. 19047 0 (5), S.422ff.
2
Untergrund verbunden und kann durch Kontraktion und kann Erschlaffen der Längs- und
Ringmuskeln des Fußes kriechen. Gut zu beobachten ist dies, wenn man die Schnecke auf
einer Glasplatte kriechen lässt und ein paar Tintenpünktchen auf die Sohle ausbringt. Das
Tier presst seinen Fuß aus dem Gehäuse, indem es das schwammartige Gewebe des Fußes
mit Hämolymphe vollpumpt. Eine Schnecke zieht sich mit Hilfe ihrer Spindelmuskeln, die im
Zentrum des Gehäuses ansetzen, in ihr Schneckenhaus zurück. Das Blut wird in die
geräumige Leibeshöhle zurückgepumpt, der Fuß verliert seine Verbindung zum Boden, die
Schnecke löst sich, der Spindelmuskel zieht den schlaffen Fuß in das Gehäuse. Im Fuß
befinden sich zahlreiche Sinneszellen zur Aufnahme von Tastreizen.
Vor dem Fuß befindet sich der Kopf mit Mundöffnung und der Radula. Die Radula, die
„Schneckenzunge“, besteht aus dem knorpeligen Vorsprung des Mundvorraumes mit bis zu
800.000 Zähnchen, die wie auf einer Feile angeordnet sind und bei Abnutzung ständig
erneuert werden können. Damit raspelt sie Schnecke Nahrungspartikel ab. Der Tastsinn ist
besonders in der Mundzone gut ausgebildet. Schnecken verfügen über Geruchs- und
Geschmackssinn. Mit ihren Tentakeln betasten sie ihre Umgebung. Die gestielten Augen auf
dem zweiten Tentakelpaar der Weinbergschnecke sind einfach gebaute Linsenaugen, die nur
zu Hell-Dunkelsehen befähigen. Einen akustischen Sinn hat eine Schnecke nicht.
Landlungenschnecken atmen mit einem stark durchbluteten Gefäßnetz im Mantel, der
„Lunge“
Abb. 1: Weinbergschnecke Helix pomatia
Fortpflanzung:
Landschnecken sind überwiegend Zwitter. In ihren Geschlechtsdrüsen entwickeln sich Eier
und Spermien. Es gibt ein langes Vorspiel mit Befühlen und Betasten. Während der
Kopulation fungieren meist beide Tiere als Weibchen und Männchen. Die
Weinbergschnecken richten sich dabei auf und pressen ihre Fußsohlen sind aneinander. Der
Samen des einen Tieres wird über einen ausstülpbaren, schwellbaren Penis mit Hilfe einer
Spermatophore2 über eine Vagina in die Samentasche des Partners übertragen. Die Eier
2
Spermatophore= röhrenförmige, vielfach kompliziert gebaute Samenübertäger, die von
den männlichen Geschlechtsanhangsdrüsen gebildet werden
3
werden später befruchtet. Nach etwa 6-8 Wochen werden die befruchteten Eier der
Weinbergschnecke in selbst angelegte Gruben im Boden abgelegt. Das Gelege besteht aus
20-60 bis zu 6 mm großen, erbsenförmigen Eiern. Darin entwickeln sich die kleinen
Schnecken. Nach etwa 3 Jahren sind sie ausgewachsen. Ihr Gehäuse, das vom Mantel in
mehreren Schichten gebildet wird, schützt sie gut. Sie nehmen Kalk3mit der Nahrung und
über den Untergrund auf, der für den Bau des bis zu 50 mm großen Gehäuses verwendet
wird. Die Schalenöffnung kann bei Trockenheit oder im Winter verschlossen werden. Dazu
bildet sich ein Häutchen und Schleim, die die Tiere vor Trockenheit bewahrt, bzw. ein
Kalkdeckel zur Überwinterung, der je nach zu erwartender Kälte4 dicker oder dünner
angelegt wird. Ein Gehäuse fehlt bei den Nacktschnecken. Sie besitzen nur Reste davon: Ein
vom Mantel völlig verdecktes, ovales Kalkblättchen auf der Oberseite.
BEDEUTUNG:
Schnecken haben unterschiedliche Nahrungsvorlieben und damit eine unterschiedliche
ökologische und ökonomische Bedeutung. Einige Arten bevorzugen Pilze und welke
Pflanzenteile (z. B. die Dunkle Glanzschnecke Zonitoides nitidus), andere sind Allesfresser
und vertilgen auch Aas sowie träge und kranke Tiere (z. B. Glanzschnecke Aegopinella
nitidula). Schädlinge sind die Schneckenarten, die mit großer Vorliebe grüne Pflanzen oder
eingelagertes Gemüse fressen (Großer Schnegel Limax maximus). Schnecken werden oft von
Fliegen parasitiert oder fallen Fressfeinden zum Opfer. Ein Feind ist die Singdrossel, die die
Schneckengehäuse in den Schnabel nimmt und gegen einen Stein (als Amboss genutzt)
schlägt und die Gehäuse so öffnet. Igel, Spitzmäuse und andere Kleinsäuger ernähren sich
ebenfalls von Schnecken. Auch die Larven des Glühwürmchen Lampyris noctiluca haben sich
auf Schnecken spezialisiert5.
ARTENINFORMATIONEN
Nacktschnecken:6
Die Große Wegschnecke Arion ater (Linnaeus 1758) wird bis zu 15 cm lang. Ihr Atemloch
befindet sich vor der Mitte des Mantelschildes. Sie hat einen ungekielten Rücken. Man findet
sie vor allem nach Regen auf Wegen, an Hecken und Waldrändern. Sie ist ganz dunkel
gefärbt, auch der Fußsaum.
3
Die Schnecken lösen den Kalk durch ihre Atmungskohlensäure aus dem Untergrund.
4
Schnecken ahnen die bevorstehende Winterhärte voraus. Wie ist ungeklärt.
5
Kerney, M. P.: Die Landschnecken Nord- und Mitteleuropas ein Bestimmungsbuch für
Biologen und Naturfreunde. Verag Paul Parey, hamburg, Brlin 1983,ISBN 3-490-17918-8, S.
29f.
6
Needon, Ch. u.a. Pflanzen und Tiere. Ein Naturführer. Urania Verlag, Leipzig, 1987, 16.
Auflage, ISBN 3-332-00111-6
4
Die Rote Wegschnecke Arion rufus (Linnaeus 1758) ähnelt A. ater im Habitus und an gleichen
Stellen zu finden. Unterscheidung: Sie kann sehr farbvariabel (von schwarz über kaffeebraun
bis „ziegelrot“) aussehen, aber ihr Fußsaum ist stets rötlich gefärbt. Jungtiere sind
grünlichweiß mit dunklem Kopf. A. rufus wird in der Literatur7 z.T. als Unterart von A. ater
geführt und zählt zu der südlich verbreiteten Form der beiden.
Der Baumschnegel Lehmannia marginata (O. F. Müller 1774) wird bis 7,5 cm lang. Bei dieser
Nacktschnecke liegt das Atemloch hinter der Mitte des Mantelschildes, der Rücken ist etwas
gekielt. Diese Art ist agiler und schlanker als die zuvor Genannten. Sie hat einen dunklen
Längsstreifen und einen hellen Körper, ihr Hinterleib ist durchscheinend. Sie lebt in den
Laubwäldern, Felsen und Mauern. In Gewächshäusern und Gärtnereien richtet sie
beachtlichen Schaden an.
Die Ackerschnecke Deroceras agreste (Linnaeus 1758) wird bis zu 6 cm lang. Sie ist
gelblichweiß bis hellbraun mit dunklen Flecken oder Linien und kommt in Gärten, Feldern
und Wäldern vor. Sie ist ein Pflanzenschädling auch durch Übertragung von Wurmeiern,
Viren und Bakterien.
Der Großer Schnegel Limax maximus (Linnaeus 1758) wird bis zu 15 cm lang. Er sieht
hellgrau aus, hat eine einfarbige Sohle und ist gekielt. Reizt man ihn, zieht er sich (im
Gegensatz zu den Wegschnecken) nach vorn zusammen. Limax maximus ein Allesfresser.
Abb. 2: Große Wegschnecke Arion ater
Landgehäuseschnecken
7
Kerney, M. P. ebenda S. 139
5
Die Weinbergschnecke Helix pomatia (Linnaeus 1758) ist im o.g. Text ausführlich
beschrieben. Gehäusebreite- und höhe betragen bis 5 cm (siehe Abb. 3).
Die Schüsselschnecke Discus rotundatus (O. F. Müller 1774) wird bis zu 7 mm breit und fast 3
mm hoch. Sie ist hellbraun gefärbt mit rotbraunen Flecken. Der letzte Umgang ist kantig. Sie
lebt unter Laub, Holz, Steinen und ernährt sich von moderndem Material.
Die Kellerglanzschnecke Oxychilus cellarius (O. F. Müller 1774) wird 10 mm breit und 5 mm
hoch. Sie hat ein glänzendes Gehäuse mit weißer Unterseite. Sie lebt unter Laub und
abgestorbenen Holz und ernährt sich auch davon.
Die Dunkle Glanzschnecke Zonitoides nitidus (O. F. Müller 1774) wird 7 mm breit und 4 mm
hoch.
B
A
Abb. 3: Schneckengehäusebreite A, Gehäusehöhe B
Die Hainschnirkelschnecke Cepaea nemoralis (Linnaeus 1758) hat ein 23 mm breites und 20
mm hohes Gehäuse. Ihr Gehäuseeingang (Nabelfeld und Mündungssaum) ist braun
umrandet im Gegensatz zur folgenden Art. Die Färbung mit Streifung kann allerdings extrem
variabel sein. Man findet sie (im Gegensatz zu ihrem Namen) eher in Gärten und Parks und
weniger auf Feldern und Hainen. Sie bevorzugt frische Kräuter.
Die Gartenschnirkelschnecke Cepaea hortensis (O. F. Müller 1774) wird 20 mm breit und 15
mm groß. Ihr Gehäuserand und Nabelfeld sind weiß. Das Gehäuse hat unterschiedliche
Bänderungen. Cepaea hortensis lebt eher in Büschen und Hainen als in Gärten. Krautige
Pflanzen sind ihre Nahrungsquelle.
6
Abb. 4: Hainschnirkelschnecke Cepaea nemoralis (verschiedene Farbvarianten)
7
REGENWÜRMER
Die bekanntesten Bodenbewohner sind die Regenwürmer. Sie sind von großer ökologischer
Bedeutung für den Menschen durch ihre Lebensweise. Systematisch gehören sie zu den
Wenigborstern (Oligochaeta).
Abb. 5: Folie/Tafelbild aus dem Profilunterricht zu Anpassungen des Regenwurms
Körperbau:
Der wurmförmige Körper besteht aus vielen gleichförmigen Segmenten (Leibesringe). Jedes
Segment trägt 4 Paar kurze, bewegliche Borsten. Durch das Abspreizen der Borsten gelingt
ihm eine langsame Fortbewegung. Die Borsten geben ihm Halt in seinen Erdröhren. Nur
schwach ist ein Kopfende auszumachen. Mit der Lupe erkennt man den kegelförmigen
Kopflappen, der die im Mundsegment (Peristomium) liegende Mundöffnung überdeckt. Im
Inneren befinden sich die gleichen Organe in fast jedem Segment. Der gesamte Wurmkörper
wird von einem Darm durchzogen, der vorn mit einer muskulösen Mundöffnung beginnt, ein
Muskelmagen zerreibt die Nahrung. An der Exkretion sind sogenannte Nephridien beteiligt,
deren offene Wimperntrichter in jedem Segment paarweise hineinragen und im folgenden
Leibesring nach außen führen. Das Blutgefäßsystem besteht aus dem pulsierenden
Rückengefäß und Bauchgefäß, beide sind durch Ringgefäße in jedem Leibesring miteinander
verbunden. Der Regenwurm besitzt ein Strickleiter-Nervensystem auf der Bauchseite. Über
dem Schlund befindet sich das Gehirn. Mit Sinnesorganen sind die Würmer nicht reichlich
8
ausgestattet. Obwohl ihnen Augen fehlen, besitzen sie einen Lichtsinn. Lichtsinneszellen in
der Haut des Hautmuskelschlauches lassen ihn lichtempfindlich reagieren. Längere
Sonnenbestrahlung schädigt bzw. tötet die Tiere. Sehr empfindlich reagiert der Regenwurm
auf Tastreize. Über den gesamten Körper sind Tastsinneszellen und -haare verteilt. Durch
ihren chemischen Sinn sind sie in der Lage, Änderungen des Milieus wahrzunehmen. Ihre
Haut darf nicht austrocknen, da sie zur Aufnahme des Sauerstoffs und Abgabe des
Kohlenstoffdioxides dient. Der Regenwurm hält sie über Poren feucht, die mit
Coloemsäckchen verbunden sind.
Fortpflanzung:
Regenwürmer sind Zwitter. Ihre Keimdrüsen liegen in wenigen Segmenten. Neben
Eierstöcken (13. + 14. Segment) und Hoden (10 – 11. Segment), männliche
Geschlechtsöffnung (15. Segment) besitzen sie meist ein Paar Empfängnisorgane, die
„Samentaschen“ (bläschenartige Einstülpungen der Haut). Der Gürtel (das Klitellum) zeigt die
geschlechtlich aktiven Tiere an. Dies ist eine ringförmige, drüsenreiche Verdickung der Haut
am Vorderende der Tiere. Zu Beginn der Begattung legen sich die geschlechtsreifen Tiere in
entgegengesetzter Richtung der Vorderenden mit den Bauchseiten aneinander. Jedes Tier
scheidet nun Schleim ab, der rasch erhärtet und eine Rinne zwischen den männlichen
Geschlechtsöffnungen und den Samentaschen bildet. Die Samen werden nun ausgetauscht.
Danach trennen sich die Tiere wieder. Der Samen in der Samentasche verbleibt dort. Der
Wurm schiebt sich nun rückwärts aus dem Gürtel heraus und entlässt in den, später (einen
Kokon bildenden) Schleim seine Eier und den Samen. Die Eier werden später befruchtet. Der
Kokon ist die Hülle der Wurmembryonen. Man findet ihn im Boden bzw. Spreu. Er ist oft von
einer dicken Kothülle geschützt.
Abb. 6: Regenwurm mit Kokon
Hat der kleine Wurm die Nährflüssigkeit des Kokons aufgezehrt, ist er zum Schlüpfen bereit.
Die Geschwindigkeit der Entwicklung ist von äußeren Faktoren abhängig, z. B. der
Temperatur. Normalerweise dauert es 3-4 Wochen bis der junge Wurm seine Hülle verlässt.
Er beginnt zu fressen und vervielfältigt schnell sein Geburtsgewicht. Nach 3 Monaten ist z. B.
ein Kompostwurm Eisenia foetida geschlechtsreif. Er kann über 300 Nachkommen pro Jahr
9
erzeugen8. Regenwürmer werden je nach Art unterschiedlich alt. Der Kompostwurm hat eine
Lebenserwartung von 3 Jahren, der Tauwurm Lumbricus terrestris kann bis zu 8 Jahre alt
werden. Regenwürmer besitzen die Fähigkeit der Regeneration, d. h. sie können Teile ihres
Körpers neu bilden. Werden mehr als 16 Segmente abgetrennt, stirbt der Hinterleib ab. Es
stimmt also nicht, dass man mit einem Spatenstich den Wurm halbieren kann, um zwei
Würmer zu erhalten. Der Regenwurm tritt in den Trockenphasen des Sommers bzw.
Frostperiode des Winters in eine Ruhephase, die er in einer Erdhöhle verbringt.
Anpassungen des Regenwurms an das Bodenleben (siehe Abb. 5)
Strukturen:
Verhalten:
schlanke Körperform
Borsten
dünne, säureempfindliche Haut
Hautmuskelschlauch
Hautatmer
lichtempfindliche Sinneszellen
nimmt Erschütterungen und Berührungen wahr
Kriecht ins Feuchte, Dunkle, Kühle
BEDEUTUNG:
Schon der englische Naturforscher Charles Darwin hat in seinem Werk „Die Bildung der
Ackererde durch die Thätigkeit der Würmer“9 auf die Bedeutung der Regenwürmer
aufmerksam gemacht. Er berechnete, dass jährlich auf einem Hektar Land über 12 Millionen
Tonnen Erde durch den Darm der Regenwürmer gehen, gelockert, aufgeschlossen und zur
Oberfläche transportiert werden. Regenwürmer verbessern die Fruchtbarkeit der Böden und
sind wesentlich für die landwirtschaftliche Produktion und der Sicherung der menschlichen
Ernährung verantwortlich. Regenwürmer werden gezüchtet und dienen z. B. als
Köderwürmer für die Fischerei, als Proteinquelle zur Nahrungsergänzung im Tierfutter und
werden in der Heilkunde eingesetzt. Eine weitere Bedeutung erlangen sie als Bioindikatoren
bzw. Zeigerarten. Das sind Lebewesen mit besonderen Ansprüchen an ihren Lebensraum
oder mit speziellen Verhaltensweisen. Das Vorhandensein an einem bestimmten Standort
lässt Rückschlüsse auf den Standort zu. Bisher liegen aber nur wenige spezifische
Untersuchungen dazu vor10). (siehe Tab. 1)
Tab. 1: Standortansprüche einiger Regenwurmarten (Zusammenstellung nach: RÖMBKE 1997)
Standortqualitäten
nährstoffarm
nährstoffreich
feucht
Verbreitete Regenwurmarten
Einige Allolobophora- bzw. Aporrectodea-Arten wie z.B.
A. caliginosa
Köcherwurm (Dendrodrilus bzw. Dendrobaena rubida)
Rotwurm bzw. Roter Laubfresser (Lumbricus rubellus)
Kleiner Ackerwurm (Allolobophora bzw. Aporrectodea
8
DUNGER, W. (1964): Tiere im Boden. Wittenberg: Ziemsen., S. 72/73
9
Darwin, Ch.: Die Bildung der Ackererde durch die Thätigkeit der Würmer. Stuttgart, 1882
10
RÖMBKE, J. (1997): Boden als Lebensraum für Bodenorganismen – 6.4. Lumbricidae.
10
sauer
neutral
sauer
bzw.
chlorotica)
Großer
Ackerwurm
(Octolasium
lacteum)
Eisenellia
tetraedra
Aporrectodea limnicola
Köcherwurm (Dendrodrilus bzw. Dendrobaena rubida)
Stubbenwurm (Dendrobaena octaedra)
wenig Säureempfindliche Arten: einige Allolobophora- bzw.
Aporrectodea-Arten wie z. B. der Schleimwurm (A. rosea)
Gefährdung:
Ihr Bestand ist weniger durch ihre Fressfeinde gefährdet als durch den Einfluss des
Menschen auf ihren Lebensraum. Bei intensiven Bodenbearbeitungsmaßnahmen (Pflügen,
Eggen, Bewässerung, Düngung), starker Bodenverdichtung, extremer Beweidung oder
Schadstoffeinwirkungen durch Pflanzenschutzmittel bzw. Umweltgifte sind nur wenige
Regenwürmer im Boden zu finden.
ARTENINFORMATIONEN:
Der Tauwurm (oder auch Gemeiner Regenwurm) Lumbricus terrestris (Linnaeus 1758) wird
30 cm lang und ist einer der häufigsten Würmer. Farbe: rot-braunviolett.
Der Kompostwurm Eisenia foetida (Savigny 1826) erreicht eine Körperlänge von bis zu 13 cm
und lebt vorwiegend im Kompost und Mist. Er wird deswegen auch als Mistwurm
bezeichnet. Farbe: kräftig rot gefärbt mit gelben Querstreifen und dunkler pigmentiertem
Vorderende.
Lumbricus rubellus (Hofmeister 1843) ist ein 15 cm, leuchtend rotbrauner bis violetter
Regenwurm, der in besonders lehmigen Böden wohnt.
Lumbricus badensis ist der größte in Deutschland lebende Regenwurm. Er wird bis zu 60 cm
lang. Seine Gänge führen in eine Tiefe von 2,5 m.
Abb. 7: Regenwurm im Gang
Abb. 8: Regenwürmer
11
ASSELN 11
Asseln sind Krebse (Crustacea). In Deutschland kommen etwa 50 Arten vor, die
unterschiedlich stark an das Landleben angepasst sind. Asseln sind die einzige
Ordnung der Krebstiere, die Landformen entwickelt haben, die auch zur Entwicklung
nicht ins Wasser müssen. Sie sind auf relativ hohe Luftfeuchtigkeit angewiesen und
bevorzugen feucht-dunkle Standorte. Sie erreichen eine Größe von 3-20 mm.
Asseln kommen vorwiegend oberflächennah in lockeren, porenreichen und
kalkhaltigen Böden vor. Sie meiden landwirtschaftlich genutzte ebenso wie saure
Böden. Im Boden erreichen sie eine mittlere Siedlungsdichte von etwa 50-200
Individuen pro m² Bodenausschnitt (30 cm tief) und eine Biomasse von 0,2-4 g. 12
Der Körper besteht aus deutlich erkennbaren Einzelsegmenten, die jeweils einen
breiten Rückenschild tragen. Von unten lassen sich ein Kopfbrust-, ein Brustabschnitt
sowie ein Hinterleib erkennen. Der Körper ist dorsoventral abgeflacht und langoval.
Der Kopf ist mit dem ersten Brustabschnitt verschmolzen und trägt neben den
Facettenaugen auch zwei Antennenpaare, von denen das erste Paar sehr klein und
das zweite meist groß ist. Auf der Unterseite des Kopfes liegen die Mundwerkzeuge,
die aus den Mandibeln sowie zwei Paar Maxillen bestehen.
Der Brustabschnitt trägt die sieben Laufbeinpaare, die alle gleichförmig stabartig
gebaut sind. Die Brustsegmente sind im Gegensatz zu denen des Kopfabschnittes
gegeneinander frei beweglich. Der Hinterleib trägt ebenfalls Extremitäten. Diese sind
allerdings nicht als Beinpaare ausgebildet, sondern bilden flache Platten, die an der
Unterseite der Tiere anliegen und die Kiemen bzw. bei weiter entwickelten Arten, die
Respirationsorgane (weiße Körper) darstellen. Das letzte Segment bildet einen
Schwanzfächer und dient als Tastorgan.
Anpassungen an das Landleben (siehe Abb. 9)
Strukturen:
Verhalten:





Kiemen
Weiße Körper: Tracheenlungen
Wasserleitungskanäle
Thigmotaktisch: Anpressen an den Untergrund
Einrollen (Rollassel)
11
URL: http://hypersoil.uni-muenster.de/0/07/04/08.htm am 20.04.09
12
BRAUNS 1968, DUNGER 1983
12
Abb. 9: Folie/Tafelbild aus dem Profilunterricht zu Anpassungen der Asseln
Asseln sind getrennt geschlechtlich. Die Geschlechtsreife erreichen die Tiere
artabhängig im ersten bis dritten Lebensjahr.
Die Paarung erfolgt ohne Paarungsrituale im Lebensraum der Tiere. Nach der
Paarung häuten sich die Weibchen und entwickeln dabei zwischen den
Laufbeinhüften einen Brutraum, der als Marsupium bezeichnet wird. Dahinein legen
sie die Eier ab (10-70 bei der Kellerassel, 20-160 bei der Rollassel). Die eitragenden
Weibchen scheiden eine Flüssigkeit ins Marsupium ab, in der sich die Eier wie in
einem „tragbaren Aquarium“ entwickeln. Die Jungtiere schlüpfen nach 40 bis 50
Tagen und werden dann freigesetzt. Der zu diesem Zeitpunkt noch sehr dünne
Panzer wird während einer Doppelhäutung ersetzt und härtet dann aus.
Wachsen kann die Assel nur, wenn sie sich häutet (siehe Abb. 10). Dabei platzt der
Panzer entlang der Rückenlinie des Tieres auf. Durch Pumpbewegungen wird der
hintere Teil des Panzers abgesteift. Danach wird der vordere durch weitere
Kontraktionen abgestoßen. Das kann einige Stunden bis zu zwei Tagen dauern. Die
Hülle wird danach oft aufgefressen, da sie wichtige Nährstoffe enthält. Wie andere
Krebse häuten sich Asseln lebenslang.
13
Abb. 10: Assel häutet sich
BEDEUTUNG:
Sie ernähren sich von Pilzen, Falllaub, verrottenden Pflanzenresten, Spinneneiern,
Insektenkadavern und Vogelkot. Zusätzlich fressen sie ihren eigenen Kot mehrmals
wieder auf, wodurch dieser besser aufgeschlossen und weiter verdaut wird. Dadurch
beteiligen sie sich an der Zersetzung der organischen Substanz im Boden.
Durch die Aufnahme von mineralischen Bestandteilen des Bodens bildet der Kot wie
bei den Regenwürmern Ton-Humus-Komplexe, die als Bodenbestandteile wichtig
sind.
ARTENINFORMATIONEN
Die Kellerassel Porcellio scaber (Latreille 1804) wird bis 18 mm lang und ist einfarbig
dunkelgrau. Ihr Körper besteht aus 13 Segmenten mit 7 Laubeinpaaren. Man
unterscheidet sie durch 2 Glieder am Ende ihrer Fühler von der Mauerassel. Der
Panzer hat keinen Verdunstungsschutz, weshalb sie sich thigmotaktisch verhält: Der
gesamte Panzer wird auf den Boden gepresst und es entsteht darunter ein feuchtes
‚Mikroklima‘. Kellerasseln sind Primärzersetzer.
Die Mauerassel Oniscus asellus (Latreille 1804) wird bis 18mm lang. Ihr
Rückenschild ist schwärzlich-braun hell marmoriert und besitzt Längsbinden. Ihr
Körper besteht aus 13 Segmenten mit 7 Laubeinpaaren, aber an ihren Fühlern
befinden sich 3 Endglieder. Ihrem Panzer fehlen die Trachealorgane und der
Verdunstungsschutz. Durch thigmotaktisches Verhalten gleicht sie Wasserverluste
aus. Mauerasseln sind Primärzersetzer.
Der Panzer der Rollassel Armadillidium vulgare (Latreille 1804) ist glänzend schwarz.
Er besteht aus 13 beweglichen Segmenten und 7 Laubeinpaaren. Am Fühlerende
befinden sich 2 Glieder. Der Panzer hat keinen Verdunstungsschutz. Bei Gefahr und
zum Schutz vor Feuchtigkeitsverlusten rollt sie sich zu einer Kugel ein. Rollasseln
sind Primärzersetzer.
14
Abb. 11: Kellerassel Porcellio scaber
15
SPINNEN
Die Spinnentiere (Arachnida) sind eine Klasse der Gliederfüßer (Arthropoda). Zu den
Spinnentieren gehören die Webespinnen, aber auch Weberknechte, Skorpione,
Pseudoskorpione und Milben.
Körperbau:
Der Körper der Spinnen ist in zwei Teile gegliedert: Kopfbrustteil und Hinterleib. Sie
können deutlich voneinander getrennt sein wie bei Webespinnen und den
Skorpionen oder ineinander übergehen (Weberknechte, Milben). Das markanteste
Merkmal der Spinnentiere sind ihre vier Paar Laufbeine. (Allerdings haben die Larven
der Milben nur sechs Beine.)
Die Extremitäten sind teilweise zu Werkzeugen wie Giftklauen, Scheren, Tastern
oder Mundwerkzeugen umgebildet. Skorpione besitzen einen langen Schwanz mit
Giftstachel. Die meisten Spinnentiere sind Jäger, die ihre Beute mit Gift töten.
Wie alle Gliederfüßer haben Spinnentiere ein Strickleiternervensystem. Landlebende
Spinnentiere haben im Unterschied zu den meisten Insekten und Krebsen keine
Facettenaugen, sondern mehrere Punktaugen, die bei einigen Arten sehr
leistungsstark sein können.
Abb. 12: Zebraspinne Argiope bruennichi im typisch senkrechten Netz mit Zickzackband
Fortpflanzung:
Bei der Fortpflanzung gibt es verschiedene Variationen. Bei landlebenden Arten gibt
es häufig eine innere Befruchtung durch penisähnliche Strukturen (z. B.
Weberknechte). Andere Gruppen, wie etwa die Skorpione sowie die meisten Milben,
legen Spermienpakete (Spermatophoren) ab, die von den Weibchen aufgenommen
werden.
16
Abb. 13: Gemeine Baldachinspinne Linyphia triangularis in ihrem typisch horizontalen Netz in Form eines Baldachins
Ordnungen bodenbewohnender Spinnentiere mit Relevanz für die Schule sind:



Milben (Acari)
Webespinnen (Araneae)
Pseudoskorpione (Pseudoscorpiones)
INFORMATIONEN ZU DEN GRUPPEN DER SPINNENTIERE:
MILBEN 13, 14
Milben repräsentieren die artenreichste Ordnung innerhalb der Spinnentiere
(Arachnida). Die Literatur-Angaben schwanken zwischen 20.000 und 40.000
bekannten Arten weltweit, wovon etwa die Hälfte bodenbewohnend ist. Sie besiedeln
fast alle Lebensräume und haben eine große Formen- und Ernährungsvielfalt
entwickelt.
In Deutschland kommen etwa 2500 bodenbewohnende Arten vor. Mit
durchschnittlich etwa 100.000-400.000 Individuen pro m² Boden (bei einer Tiefe von
30 cm tief) gehören sie neben den Springschwänzen zu den häufigsten Vertretern
der Bodenarthropoden. Ihre Biomasse schwankt zwischen 1-10 g pro m2.
Bodenökologisch bedeutsam sind vor allem 2 Gruppen: Die räuberisch lebenden
Raubmilben und die pflanzenfressenden Hornmilben variieren in Körperfarbe und
Gestalt stark.
13
URL: http://hypersoil.uni-muenster.de/0/07/04/07.htm am 20.04.09
14
URL: http://www.insektoid.info/spinnentiere/milben/#bid990 am 20.04.09
17
Abb. 14: Milbe auf Dungkäfer
Milben im Boden erreichen Körpergrößen von 0,1 bis 3 mm. Während eine
ausgewachsene Milbe 8 Beine besitzt, hat ihre Larve nur 6.
BEDEUTUNG:
Am häufigsten sind die in den Streu- und obersten Bodenschichten lebenden
Hornmilben. Sie besitzen meist einen festen Panzer und ernähren sich überwiegend
sapro- oder phytophag von Falllaub, Algen, Bakterien, Pilzen, Aas und/oder Kot. Sie
beschleunigen als Primärzersetzer den Abbau organischen Materials.
Die häufig stark gepanzerten und größeren Raubmilben leben als vor allem zoophag
von Fadenwürmern, Springschwänzen, Zweiflüglerlarven und anderen Milben, einige
auch phytophag. Abhängig von den Nahrungsquellen und Feuchtigkeitsverhältnissen
ist ihre Verteilung im Boden unterschiedlich. Wie bei den Springschwänzen haben
sich auch bei den Milben unterschiedliche Lebensformtypen entwickelt.
Abb. 15: Hornmilbe
18
Die räuberische Rote Samtmilbe Thrombidium holosericeum (Linnaeus 1758) ist in der
Laubstreu schon mit bloßem Auge zu sehen, andere Milben muss man mit Hilfe des BerleseTrichters austreiben. Zu deren Betrachtung ist ein Binokular bzw. Mikroskop notwendig.
Abb. 16: Rote Samtmilbe Thrombidium holosericeum
19
PSEUDOSKORPIONE
Die außerordentlich schönen Pseudoskorpione leben räuberisch im Boden. Sie
ähneln im äußeren Körperbau den Skorpionen, besitzen aber keinen Giftstachel. Vor
allem aufgrund der als große Schere ausgebildeten Pedipalpen, die mit langen
Sinneshaaren und Giftdüsen versehen sind, ist der Vergleich zu den echten
Skorpionen gestattet. Der Hinterleib setzt ohne einen Hinterleibsstiel direkt an den
Vorderkörper an. Die Kieferklaue (Chelicere) ist zweigliedrig und bildet eine kleine
Schere. In diese münden häufig Spinndrüsen.
Pseudoskorpione findet man vor allem in der Laubauflage sowie in Moospolstern und
Pilzmatten sowie unter Baumrinde, aber auch in Häusern.
Wie fast alle Spinnentiere leben auch die Pseudoskorpione von anderen
Gliederfüßern wie Springschwänzen, die sie mit den Pedipalpenscheren ergreifen.
Mit Hilfe der in einem oder beiden Scherenfingern mündenden Giftdrüsen lähmen sie
ihre Beute. Arten mit kleinen Scheren beißen ein Loch in die Körperhülle des Opfers,
Arten mit großen Scheren zerreißen die Beute und saugen sie aus.
Bei einigen Arten wird um den Fortpflanzungspartner geworben. Sie führen einen
"Paarungstanz" durch und locken die Weibchen über Duftstoffe (Pheromone) an. Die
Spermienübertragung erfolgt durch gestielte Spermienpakete (Spermatophoren), die
von den Männchen auf dem Substrat abgesetzt und vom Weibchen aufgenommen
werden.
Die Eiablage erfolgt in speziell gesponnenen Brutkammern. Die Eier trägt das
Weibchen in einem Brutsack an der Genitalöffnung mit sich herum und ernährt die
Embryonen über ein Sekret der Eierstöcke. Nach dem Schlüpfen sind die Nymphen
freilebend, nach drei Häutungen sind die Tiere geschlechtsreif. Für die Häutung
spinnen sich die Tiere Häutungskammern.
Die häufigste Form der im Laubstreu lebenden Pseudoskorpione ist die euryöke Art
Neobisium carcinoides (Hermann 1804)15.
Unter der Rinde findet man zumeist Arten der Gattung Cheliferinea.
15
Heiko Bellmann: Spinnen, Krebse, Tausendfüßer. Europäische Gliederfüßer (ohne Insekten).
Steinbachs Naturführer, Mosaik-Verlag, München 1991. ISBN 3-570-06450-6
20
Abb. 17: Pseudoskorpion
21
TAUSENDFÜßER 16, 17
Abb. 18: Tausendfüßer der Laubstreu
Eine bodenbiologisch wichtige Gruppe der Gliederfüßer (Arthropoda) sind die
Tausendfüßer mit den Unterklassen Hundertfüßer (Chilopoda), Doppelfüßer
(Diplopoda), Wenigfüßer (Pauropoda) und Zwergfüßer (Symphyla). Sie haben eine
langgestreckte Körperform und meist gleichförmige Körperringe mit je einem Paar
Laufbeinen (bei Doppelfüßern an den meisten Körperringen 2 Paar).
HUNDERTFÜßER
Hundertfüßer leben räuberisch. Sie gehören zur Makrofauna des Bodens und sind in
Deutschland mit etwa 50 Arten vertreten. Ihre Individuendichte liegt bei
durchschnittlich 50 Individuen, maximal 300 pro m².
Sie ernähren sich überwiegend von weichhäutigen Tieren wie z. B.
Springschwänzen, Enchyträen und kleineren Regenwürmen. Dazu nutzen sie ihre als
Fangklauen umgestalteten ersten Laufbeinpaare, an deren Spitze Giftdrüsen
münden. Hundertfüßer sind Feuchtlufttiere, die humusreiche und wenig verdichtete
Böden bevorzugen. Bei uns sind zwei Unterordnungen häufig anzutreffen: die
Steinkriecher (Lithobiidae) und die Erdläufer (Geophilidae).
16
URL: http://hypersoil.uni-muenster.de/0/07/04/09.htm am 20.04.09
17
URL:
http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_761569302/Tausendf%C3%BC%C3%9Fer.html am
20.04.09
22
Die Steinkriecher erreichen eine Länge von etwa 30 mm. Sie sind dorsoventral
abgeflacht und an das Leben in Hohlräumen angepasst. Erdläufer können etwa 40
mm lang werden, sind dünner und haben eine wurmförmige Gestalt. Sie besiedeln
selbst gegrabene Röhren in den oberen Bodenschichten bis 40 cm Tiefe.
Einheimische Arten haben 31 bis 191 Beinpaare und kurzen Fühler; Augen fehlen.
Bei ihnen sind Spinndrüsen entwickelt, deren Absonderung Eier und Samenzellen
zusammenhält.
DOPPELFÜßER
Abb. 19: Tausendfüßer
In Deutschland kommen etwa 150 Doppelfüßer-Arten vor. Sie sind mit
durchschnittlich 150 (maximal 500) Individuen pro m² deutlich häufiger als die
Hundertfüßer.
Die Körperform der Doppelfüßer ist meist wurm- oder bandförmig, z. T. auch
asselförmig verkürzt. Die meisten Körpersegmente tragen jeweils 2 Beinpaare (daher
der Name). Zu dieser Unterordnung gehören z. B. die Schnurfüßer (Julidae), die
Bandfüßer (Polydesmidae) und die ziemlich kompakten Saftkugler (Glomeridae), die
sich alle grabend im Boden fortbewegen können.
Abb. 20: Bandfüßer
23
BEDEUTUNG:
Sie ernähren sich überwiegend von Laubstreu und vermoderndem Holz. Als
Primärzersetzer tragen sie maßgeblich zum Aufschluss des Bestandsabfalles (Laub,
Pflanzenreste etc.) bei und spielen damit eine wichtige Rolle im Stoffkreislauf. Sie
zeigen ähnliche ökologische Strategien wie die Asseln.
Anpassungen des Tausendfüßers
Strukturen:
Verhalten:




starker Panzer in „Rammbock“-Form
seitliche Wehrdrüsen
Fühler mit Feuchtigkeitsrezeptoren
Einrollen
Abb. 21: Folie/Tafelbild aus dem Profilunterricht zu Anpassungen der Tausendfüßer
24
SPRINGSCHWÄNZE 18, 19
Die Kleinsten sind die Größten - wenn es um die Zerkleinerung von Falllaub geht! Mit nur 0,2
mm-2 mm Körperlänge (Ausnahmen auch 8 mm) sind sie neben den Regenwürmern die
wichtigsten Recycler in Land-Ökosystemen. Wir kennen ca. 3500 Arten Springschwänze in
Eurasien.
Springschwänze sind sehr ursprüngliche Insekten, die weltweit im Boden, aber auch am
Wasser vorkommen. Sie haben 3 beintragende Brustsegmente und höchstens 6
Hinterleibsglieder, die eine Sprunggabel tragen (umgebildeten Beine). Durch diese
Besonderheit kam der Springschwanz zu seinem Namen und sie ermöglicht ihm eine
ungewöhnliche Fluchtbewegung: Sie vollführen einen Salto rückwärts oder vorwärts, und
das mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h und bis zu 35 cm weit.
Abb. 22: Springschwanz
BEDEUTUNG:
Collembolen sind, je nach Lebensraum, unterschiedlich pigmentiert. In 1 m 3
mitteleuropäischen Waldboden findet man durchschnittlich über 100.000 Individuen und
150 – 200 Arten. Das erklärt auch ihr Leistungsvermögen als Zersetzer. Je nach
Beschaffenheit ihrer Mundwerkzeuge können sie ihre Nahrung durchkauen. Sie sind für den
sogenannten „Fensterfraß“ verantwortlich und ermöglichen so Bakterien und Pilzen die
Ansiedlungen an der zerfressenen Blattepidermis. Von diesen Bakterienkolonien ernähren
sich wiederum andere Bodenbewohner, auch weitere Arten von Springschwänzen.
Tausendfüßer und Asseln, die sich ebenfalls von den Blättern ernähren und für den Lochbzw. Skelettfraß verantwortlich sind, scheiden Kotpillen aus, deren Energiegehalt einigen
Springschwanzarten zur Ernährung ausreicht. Nun gelingt es wiederum Bakterien und Pilzen
gemeinsam mit Moosmilben das nur noch aus dem Blattgerippe bestehende Blatt endgültig
verschwinden zu lassen. Letzte krümelige Bestandteile verschwinden im langen Darm des
18
Zahradník, J., Chvála, M.: Insekten. Handbuch und Führer der Insekten Europas.
Bechtermünz Verlag, Augsburg, 1997, ISBN 3-86047-738-2, S.52f.
19
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.312, Buch- Nr. 19047 0 (5)
25
Regenwurmes, der in seinem Verdauungstrakt humusreichen Boden herstellt und in Form
von Regenwurmkot abgibt: Aus einem Laubblatt wurde mit Hilfe der Springschwänze und
nachfolgender Bodenbewohner „Erde“, also humusreicher Boden. Durch sie wird ein
Laubblatt viel schneller zersetzt als ohne sie. Sie haben aber auch viele Feinde und stellen
eine wichtige Nahrungsgrundlage für viele Räuber dar. Doch durch ihre große Zahl ist ihr
Bestand gesichert.
Abb. 23: Springschwänze im Blumentopf
Eine gute Beobachtungsmöglichkeit bieten Blumentöpfe. Gießt man die Erde, springen
weiße Tierchen weg: Die Springschwänze! Mit Hilfe von Lupe und Binokular sind sie in der
Laubstreu gut auszumachen.
Abb. 24: Springschwanz mit ausgeklappter Sprunggabel
26
OHRWÜRMER 20,
21.
Der bekannteste einheimische Vertreter der kosmopolitsch verbreiteten Gruppe
Dermaptera ist der Gemeine Ohrwurm Forficula auricularia. Er wird 10- 16mm lang
und hat eine charakteristische Gestalt.
Sein Kopf ist rostrot. Die kauenden Mundwerkzeuge sind nach vorn gerichtet, typisch
für einen Allesfresser. Der Ohrwurm verfügt über große Komplexaugen mit bis zu
300 Einzelaugen. Der Öffnungswinkel der Ommatiden ist aber groß und die
Sehschärfe daher zu gering. Für seine dämmerungs- und nachtaktive Lebensweise
sind vor allem die langen, schnurförmigen Fühler mit vielen Tastsinneszellen wichtig.
Die braune Vorderbrust trägt eine quadratische bewegliche Platte und 2 miteinander
verwachsene Platten. Die Vorderflügel sind zu Deckflügeln (Elytren) zurückgebildet,
die Hinterflügel dreifach zusammengelegt, häutig und relativ groß. Diese kommen
aber nur selten zum Einsatz. Der Ohrwurm besitzt einen schlanken beweglichen
Hinterleib aus 11 Segmenten. Das 10. Hinterleibsegment ist stark verbreitert und
daran sitzen die stark sklerotisierten zangenartig gebogenen Cerci an. Diese werden
zum Entfalten der Flügel und vom Männchen bei der Kopulation benötigt, außerdem
sind sie wirksame Waffen.
Erwachsene Ohrwürmer besitzen seitlich im 3. und 4. Hinterleibsegment Stinkblasen,
die mit einer unangenehm nach Karbolsäure riechenden Flüssigkeit gefüllt sind. Bei
Bedarf können sie das Sekret durch Muskelkontraktionen bis zu 10 cm weit zu
vernebeln.
Die Paarung erfolgt im Herbst (September / Oktober) und im Frühjahr (Februar /
März) Dabei schiebt das Männchen sein Abdomen unter das weibliche und dreht es
um 180°, sodass das Begattungsglied im 9. Bauchschild in die weibliche
Geschlechtsöffnung (zwischen 8. und 9. Bauchschild) eingeführt werden kann. Die
Cerci helfen dabei, um in diese Position zu gelangen. Die Paarung dauert oft
Stunden, bei der die Partner mit den Hinterleibern miteinander verbunden sind.
Schon in den nächsten 4 Tagen legt das Weibchen 20-90 große ovale Eier in ihrer
selbstgegrabenen Wohnröhre ab. Ohrwürmerweibchen betreiben Brutpflege und
schützen ihre Brut vor Eindringlingen, putzen und wenden sie. Damit werden sie vor
Verpilzungen und Austrocknung geschützt. Abhängig von der Temperatur entwickeln
sich die Embryonen unterschiedliche schnell und nach 2-8 Wochen schlüpfen die
jungen Larven mit Hilfe eines Eizahns auf der Stirn aus ihren Eihüllen. Sie sind klein,
mattgrau und flügellos, sonst ähneln sie den Images. Wenn die Larven sich ein
zweites Mal gehäutet haben, erlischt der Instinkt zur Brutpflege. Die
Larvalentwicklung dauert etwa 5-6 Monate. Die Larven häuten sich dabei 5-mal und
werden den Imagines immer ähnlicher. Sie gehen auf Nahrungssuche, während die
Mutter in der Höhle sterbend zurückbleibt.
Das Höchstalter eines erwachsenen Ohrwurms beträgt 1 Jahr. Sie leben lichtscheu
im Falllaub, unter Baumrinde und anderem auf der Erde liegenden Material. Sie
bevorzugen hohe Luftfeuchtigkeit von 70-90% sowie Temperaturen zwischen 2-18
20
Zahradník, J., Chvála, M.: Insekten. Handbuch und Führer der Insekten Europas.
Bechtermünz Verlag, Augsburg, 1997, ISBN 3-86047-738-2, S.52f.
21
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.312, Buch- Nr. 19047 0 (5), S. 73ff.
27
°C. Im Winter graben sie mit den Mundwerkzeugen 15 cm tiefe Gänge und tragen
dazu die Erde rückwärts laufend aus der Röhre heraus. So überleben sie auch
Temperaturen von -12 bis -23°C mehrere Monate.
Sobald es dunkel wird, verlassen die Ohrwürmer ihre Verstecke und gehen auf
Nahrungssuche, sowohl am Boden, aber auch auf Pflanzen. Ihre Nahrung besteht
aus frischen Pflanzenteilen, wie z. B. Blütenteilen, Moosen, Algen, weichem Obst
und Pilzen, aber auch aus tierischer Kost wie Blattläusen, kranken Insekten und
Larven. Der Ohrwurm hat diverse Fressfeinde. Dazu zählen räuberische Insekten,
Vögel, insektenfressende Säuger, Amphibien und Spinnen. Den Räubern versucht er
durch den Einsatz der Stinkblasen und Zukneifen mit den Cerci zu entkommen.
BEDEUTUNG:
Seine Bedeutung für den Menschen liegt in der Schädlingsbekämpfung und dem
Graben vieler Gänge in den Boden. Bei Massenaufkommen können sie in
Gärtnereien durch das Anfressen der Blüten wirtschaftlichen Schaden verursachen.
ARTENINFORMATIONEN
Der Gemeine Ohrwurm Forficula auricularia (Linnaeus 1758), kommt in Gärten, auf Feldern,
Wiesen und im Wald vor (siehe .
Den Waldohrwurm Chelidurella acanthopygi (Géné 1832) findet man im Frühjahr in Laubund Mischwäldern unter Falllaub, im Sommer auch auf Sträuchern.
Der Zweipunkt-Ohrwurm Anechura bipunctata (Fabricius 1781) tritt in der vertikalen Stufe
um 1500-2500 m in den Alpen auf. Er besitzt auf den Flügeldecken je einen gelblichen Fleck,
sein Halsschild ist gelb umrandet. Die Art besitzt eine charakteristische Cerci-Form. Das
Wehrdrüsensekret riecht nach Schwefelsäure. Diese Art ist gut an die tiefen Temperaturen
der Gebirge angepasst.
Der Kleine Zangenträger Labia minor (Linnaeus 1758) ist wärmeliebend und lebt bevorzugt
an Zersetzungsherden, z.B. im Kompost. Er ist ein guter Flieger.
Der Sandohrwurm Labidura riparia Pallas 1773 kann bis zu 30 mm lang werden. Er ist
wärmeliebend und bewohnt Sandböden und vegetationslose Tagebaukippen. Dort gräbt er
lange Gänge in das Erdreich.
28
Abb. 25: Gemeine Ohrwurm Forficula auricularia
29
KÄFER
Die artenreichste und bodenbiologisch bedeutsamste Gruppe geflügelter Insekten
(Pterygota) sind die Käfer (Coleoptera)22. Mit über 350.000 bekannten Arten in etwa 20
Überfamilien und 166 Familien stellen sie die weltweit größte und vielfältigste Ordnung der
Insekten dar23. Ein großer Teil der Käfer lebt mindestens zeitweilig auf bzw. im Boden
(Larvenstadien).
Im Folgenden werden die Laufkäfer (Carabidae) und Dungkäfer (Scarabaeidae) sowie die
wiesenbewohnenden Marienkäfer (Coccinellidae) vorgestellt.
LAUFKÄFER
Die Familie der Laufkäfer (Carabidae) umfassen etwa 30.000 Arten, von denen etwa 500 in
Mitteleuropa vorkommen24. Bei den Laufkäfern gibt es unterschiedlich große Arten (2-40
mm). Sie haben auf ihren oft metallisch schimmernden Flügeldecken mit Rillen, Vertiefungen
oder Höckern. Einige Arten sind flugunfähig (Hinterflügel verkümmert, verwachsene
Deckflügel). Durch ihre Laufbeine sind sie sehr gute und schnelle Läufer. Sie tasten, riechen
und orientieren sich mit ihren elfgliedrigen Antennen. Laufkäfer haben sehr gut ausgebildete
Facettenaugen.
BEDEUTUNG:
Carabidae leben meist räuberisch. Während kleinere Arten in Bodenhohlräume eindringen,
halten sich größere tagsüber unter Laub, Steinen, Moos, Rinden oder Höhlen auf und stellen
nachts ihren Beutetieren (Regenwürmer, Schnecken, Insekten) nach, die sie mit ihren
kräftigen Kieferzangen fassen. Die meisten Arten verdauen extraintestinal: Sie speien
zersetzende Verdauungssäfte in die Beute und saugen die Flüssigkeit auf. „Sie sind wichtige
Vertilger von Schädlingen, z. B. Drahtwürmern.“25 So ist nachgewiesen, dass auf
Kartoffelfeldern große Carabus-Arten den Kartoffelkäfer wirksam bekämpfen.
Einige Laufkäferarten graben als Larven und/oder als voll entwickelte Käfer (Imagines) Gänge
in den Boden und lauern auf Beute. Man unterscheidet 2 saisonale Entwicklungstypen: Den
Frühjahrstyp (Imagines überwintern und sterben nach der Eiablage im Sommer) und den
Herbsttyp (Larven überwintern, Imagines pflanzen sich im Herbst fort). Deshalb sind im
Frühjahr und Herbst meistens Imagines zu finden. Ihr Auftreten wird von verschiedenen
22
Dunger, W.: Tiere im Boden. A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt, 1964, S. 164
23
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000, S.241ff., Buch- Nr. 19047 0 (5)
24
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000, S.241ff., Buch- Nr. 19047 0 (5)
25
Dunger, W.: Tiere im Boden. A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt, 1964, S. 168
30
abiotischen (Klima) und biotischen Umweltfaktoren (Nahrung) bedingt. Die genaue Kenntnis
der ökologischen Ansprüche und Präferenzen der Laufkäfer-Arten ist für eine natürliche
Schädlingsbekämpfung von Bedeutung.
DUNGKÄFER 26, 27
Zu den Blatthornkäfern (Scarabaeidae) gehören die Dungkäfer, Mistkäfer, Pillendreher,
Maikäfer, Junikäfer, Nashornkäfer, Hirschkäfer und Rosenkäfer. In Mitteleuropa sind 200
Arten aus dieser Käferfamilie bekannt. Sie unterscheiden sich durch die blattartig
verbreiterten Fühlerspitzen von anderen Käfergruppen. Außerdem haben alle Blatthornkäfer
eine typische Larvenform (Engerling) und eine ähnliche Lebensweise. So ernähren sich alle
Larven von Pflanzenteilen in der Erde (von Wurzeln, Laub bis Dung- was der Säugermagen an
Pflanzenresten eben noch übrig ließ). Aufgrund der starken Krümmung des Körpers und mit
ihren kurzen Beinen können sie sich nur schlecht laufen. Die Entwicklung dauert in der Regel
mehrere Jahre. In vielen Fällen kann man von Brutfürsorge oder Brutpflege sprechen.
Mistkäfer (Geotrupidae) graben Gänge unter der Erde und schaffen in bis zu 60 cm tief
gelegene Brutkammern Kotballen von Kuh- und Pferdemist. In diesen Kot legt das Weibchen
je ein Ei. Sobald die Larven schlüpfen, ernähren sie sich davon 28.
Abb. 26: Dungkäfer
26
Zahradník, J., Chvála, M.: Insekten. Handbuch und Führer der Insekten Europas.
Bechtermünz Verlag, Augsburg, 1997, ISBN 3-86047-738-2
27
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.273ff., Buch- Nr. 19047 0 (5)
28
Hohberg, K., Xylander, W.: Unter unseren Füßen. Ein Begleiter durch die
Wanderaustellung des Staatlichen Museums für Naturkunde Görlitz, 2004, S. 24
31
Die erwachsenen Tiere sind oft geschlechtsspezifisch groß (Geschlechtsdimorphismus). Alle
können fliegen und besitzen auffällig farbige, z.T. metallisch glänzende Deckflügel. Durch
Stridulation (Lautäußerung) können sich einige verständigen, denn sie hören mit Hilfe eines
sogenannten Tympanalorgans, eines hinter dem Kopf gelegenen luftgefüllten Hohlraum zur
Messung des Schallwechseldrucks.
Während die Larven blind sind, haben die Imagines der Scarabaeidae leistungsfähige
Komplexaugen. Alle riechen zusätzlich ihre Nahrungsquellen und Sexualpartner mit Hilfe von
Sensillen (Chemorezeptoren) an den blattartig verbreiterten Fühlern.
Abb. 27: Die blattartig verbreiterten Fühlerspitzen kennzeichnen Dungkäfer.
BEDEUTUNG:
Frischpflanzenfresser und deren Larven (Mai- u. Junikäfer) sind Schädlinge unserer
Nutzpflanzen, andere Arten sind Nutzlinge. Sie haben eine große Bedeutung im Stoffkreislauf
der Natur: Sie recyclen Laub- und Totholzbestände.
Abb. 28: Mistkäfer beim Rollen von Kotkugeln
32
MARIENKÄFER
Weltweit gibt es 4500 verschiedene Marienkäfer-Arten29. In Deutschland ist vor allem der
Siebenpunkt Coccinella septempunctata (Linnaeus 1758) unter den Trivialnamen
Marienkäfer, Glückskäfer, Sonnenkalb30 und (sächsischer Mundart: Motschekiebchen)
bekannt. Obwohl er kein typischer Boden- sondern ein Wiesenbewohner ist, soll er hier
vorgestellt werden.
Körperbau:
Der mit roten, seltener auch gelben Deckflügeln und den sieben schwarzen Punkten jedem
Kind bekannte rundliche Marienkäfer Coccinella septempunctata ist 5-8 mm groß. Durch die
Anzahl der Punkte auf diesen Flügeln kann man die verschiedenen Arten bestimmen 31:
Siebenpunkt, Zweipunkt-, 13-Punkt-, 14-Punkt-, 22-Punkt-, Augenmarienkäfer. Alle
Marienkäfer haben eine mehr oder wenige halbkugelige Gestalt. Die meisten sind flugfähig
Marienkäfer tragen kurze Fühler mit keulenförmigen Enden. Sie sind in der Lage, ihre Beute
optisch wahrzunehmen32.
Fortpflanzung:
Der Siebenpunkt ist fast überall anzutreffen. Das Weibchen legt im Durchschnitt 800 Eier an
die Blattunterseite in der Nähe von Blattlauskolonien. Aus den Eiern schlüpfen nach einer
Woche kleine graue Larven, mit rot- orangenen Flecken versehen, die bereits zwischen 4003100 Blattläuse pro Individuum33 vertilgen. Nach 3-6 Wochen verpuppt sich die Larve auf
einem Blatt. Nach 1-2 Wochen Puppenruhe schlüpft der Käfer34. Marienkäfer sind durch ihre
recht auffällige Färbung eine leichte Beute für alle Insektenfressenden Tiere, wie Vögel,
Frösche, Eidechsen35. Der adulte Marienkäfer produziert aber gelbliche Wehrsekrete (sog.
29
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.312, Buch- Nr. 19047 0
30
Jakobs, Renner (Hrsg.) Bellmann, Honomichl: Biologie und Ökologie der Insekten. ein
Taschenlexikon. Elsevier Spektrum Akademischer Verlag, München, 2007, 4. Auflage, S.149,
ISBN 978-3-8274-1769-5
31
Reichenholf, Steiner (Hrsg.): Die große Enzyklopädie der Insekten.Bd.2. Mosaik Verlag
München, 1994, S. 71, ISBN 3-576-10460-7
32
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.312, Buch- Nr. 19047 0
33
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.312, Buch- Nr. 19047 0
34
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.312, Buch- Nr. 19047 0
35
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000,S.312, Buch- Nr. 19047 0
33
Hämolymphegifte36 Prococcinellin, Adalin u. a.), die aus den Kniegelenken austreten
(Reflexbluten). Bei Störungen lassen sie sich die Tiere einfach fallen und stellen sich tot.
ARTENINFORMATIONEN:
Zweipunkt Adalia bipunctata (Linnaeus 1758): klein, sehr häufig, starke Farbvariationen
(schwarz oder rot), Nahrung: Blattläuse, aber auch zuweilen an Pflanzen fressend
13-Punkt-Marienkäfer Hippodamia tredecimpunctata (Linnaeus 1758): bis 7mm groß, auf
nassen und feuchten Wiesen, Überwintern, Nahrung: Blattläuse
14-Punkt-Marienkäfer Propylaea quatuordecimpunctata (Linnaeus 1758): große
Formenvielfalt, Gelbanteil stark reduziert, manche fast schwarz, häufiger Wiesenkäfer,
Überwintern im Schutz der Bodenstreu, Nahrung: Blattläuse
22-Punkt-Marienkäfer: Psyllobora vigintiduopunctata (Linnaeus 1758): klein, gelbe
Deckflügel mit kleinen schwarzen Punkten, auf Wiesen und an Waldrändern, frisst Schimmelund Mehltaupilze
Augenmarienkäfer Anatis ocellata (Linnaeus 1758): größter einheimischer Marienkäfer (bis
10 mm), erkennbar an den Punkten am Halsschild, in Nadelwäldern, Überwintert in der
Nadelstreu, Nahrung: Blattläuse
Bsp. für Biologische Schädlingsbekämpfung: Der australische Marienkäfer Rodolia cardinalis
(Mulsant 1851) wurde 1889 erfolgreich zur Bekämpfung des Citrus-Plantagen-Schädlings
Icerya purchasi (Maskell 1878) in Kalifornien eingebürgert, fraß diese aus Australien
stammende Orangenschildlaus und rettete so viele Ernten37.
Abb. 29: Augenmarienkäfer Anatis ocellata
36
Dettner, Peters (Hrsg.): Lehrbuch der Entomologie. Spektrum Akademischer Verlag
Heidelberg, Berlin, 2003, 2. Auflage, S. 580ff. ISBN 3-8274-1102-5
37
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000, S.312, Buch- Nr. 19047 0
34
Abb. 30: Marienkäfer Coccinella septempunctata
35
AMEISEN
Ameisen gehören, wie die Bienen, Wespen, Hummeln und Hornissen, zu den
staatenbildenden Hautflüglern. Allerdings besitzen nur die schwärmende Königin und die
Männchen häutige Flügel. Es gibt weltweit 20.000, in Europa etwa 200 Arten.
Körperbau:
Ameisen haben einen typischen Körperbau, so dass man sie von anderen Insekten leicht
unterscheiden kann. Am Kopf tragen sie gegliederte Fühler, Komplexaugen und kräftige,
zangenförmige Mundwerkzeuge. Die Fühler enthalten verschiedene Sinneszellen, mit denen
die Ameise hört, Feuchtigkeit und Geruch wahrnehmen kann. An der Brust inserieren die
gegliederten 6 Laufbeine und die ersten beiden Segmente (Abschnitte) des unbehaarten
Hinterleibes sind zu Knoten umgewandelt. So wird der Brustteil vom Hinterleib durch 2
Knoten getrennt. Der Hinterleib enthält den Kropf, Darm, Wehr-(Gift-) -drüsen und bei den
Geschlechtstieren Keimdrüsen.
Abb. 31: Ameisen am Ausgang ihres Erdnestes
Fortpflanzung:
Der typische Ameisenstaat umfasst oft mehrere Millionen Individuen: Die unfruchtbaren
Weibchen (Arbeiterinnen bzw. Soldatinnen), Königinnen und Männchen. Die Männchen
begatten die Jungköniginnen während des Hochzeitsfluges und sterben danach. Ihre
Oberkiefer sind reduziert und sie können keine Nahrung aufnehmen. Die Königin legt
befruchtete Eier, während die Arbeiterinnen die Brutpflege übernehmen.
BEDEUTUNG:
38
Ameisen haben eine große ökologische Bedeutung. Sie jagen Insekten und andere
Wirbellose auf dem Boden, aber auch bis in die Kronen der Bäume und vertilgen dabei viele
38
Bretz, D.: Ameisen, aus Praxis der Naturwissenschaften. Biologie in der Schule. Heft 6/51,
Jg.2002, Aulis Verlag Deubner, Köln und Leipzig
36
Schädlinge. Als Futter verwerten Ameisen außerdem Tierkadaver. Viele Arten (z. B. die
heimischen Wald-, Weg- und Knotenameisen) halten, pflegen und schützen Pflanzensaft
saugende Tiere wie Blatt-, Rinden- und Wurzelläuse, um sich vom „Honigtau“, einer
zuckerhaltigen Ausscheidung dieser Tiere, zu ernähren. Die Glänzendschwarze Holzameise
(Lasius fuliginosus) hält sich in ihrem kunstvollen Kartonnest den Pilz Cladosporium
myrmecophilum. Waldmeisen haben einen großen Anteil an der Verbreitung von
Pflanzensamen, die ihnen die Pflanzen durch spezielle nahrhafte „Organe“, die Elaiosome,
schmackhaft machen. Die Elaiosome werden gefressen, die Samen bleiben liegen und z. B.
Schöllkraut, Waldveilchen oder Lerchensporn können keimen. Im Nestbereich graben
Ameisen den Boden stark um und verbessern dadurch die Bodenstruktur. Sie minieren
Totholz und schaffen so eine größere Angriffsfläche für die weitere mikrobielle Zersetzung.
In ihrem Nest beherbergen Ameisen viele andere Gliederfüßer wie Spinnen, Tausendfüßer,
Urinsekten, Käfer, Schmetterlinge und Fliegen. Einige wohnen im Nest ohne Kontakt, zu den
Ameisen zu haben (z. B. Rosenkäferlarven), andere stehen in enger Beziehung zu ihren
Wirten (z. B. Kurzflügelkäfer) oder sind Räuber (z. B. Vierpunktkäferlarve). Einigen Tieren
dienen Ameisen als Nahrung (z. B. Ameisenlöwen).
Abb. 32: Die ökologische Bedeutung von Ameisen
Die Beobachtung und Haltung von Ameisen in so genannten Formicarien ist auch in der
Schule möglich. Formicarien sind spezielle Terrarien zur Haltung von Ameisen. Zahlreiche
Internetseiten erläutern die Haltung in bezugsfertigen Formicarien, aber auch die
Herstellung aus sehr unterschiedlichen Materialien.
37
ARTENINFORMATIONEN:
Ameisen auf Wiesen:39
Die Ameisenart Tetramorium caespitum (Linnaeus 1758) besiedelt offene, warm-trockene
Habitate, auch in Siedlungsbereichen. Ihre Nester können sehr individuenreich sein (bis zu
31.000 Arbeiterinnen) und sind oft an einem großen Erdhaufen zu erkennen. Auffallend ist
der
erhebliche
Größenunterschied
zwischen
Königin
und
Arbeiterinnen.
Tetramorium caespitum verhält sich gegenüber anderen Ameisen sehr aggressiv, vor allem
gegenüber Angehörigen der gleichen Art aus fremden Kolonien. Die Färbung von
Tetramorium caespitum variiert von hellem rotbraun bis schwarz.
Myrmica rubra (Linnaeus 1758) Die Rote Gartenameise ist weit verbreitet, besonders in
Gärten. Ihr Körper ist rötlich, der Kopf meist dunkler. Myrmica rubra mag es feucht. Die
Königinnen befinden sich im Freiland meist an der Nestoberfläche. Sie ernähren sich von
Honigtau und kleine Insekten. Ihre Erdnester befinden sich z. B. unter Steinen, Blumentöpfen
oder in morschem Holz. Sie halten von Ende September - März Winterruhe. Sie schwärmen
ab Ende August.
Tab. 2: (Körper-)Größen von Myrmica rubra
Arbeiterinnen:
4-6 mm
Königinnen:
6,5-7,5 mm
Männchen:
4-6 mm
Lasius niger (Linnaeus 1758) lebt vorwiegend in Erdnestern mit bis zu 30 cm hohen
Erdhügeln,
oft
auch
unter
Steinen
und
zwischen
Gräsern.
Die Art ist sehr weit verbreitet, vorwiegend an nicht zu trockenen Orten, z. B. an
Waldrändern, auf Wiesen und in Gärten. Ihr Körper ist dunkelbraun bis schwarzbraun
gefärbt mit dichter, silbriger Behaarung. Lasius niger betreibt Blattlauszucht, z.B. auf Rosen,
kleinen Obstbäumen, Holunder oder Johannisbeeren.
Ameisen im Wald:
Formica rufa (Linnaeus 1761) Die Rote Waldameise errichtet ihre auffallenden Hügelbauten
am liebsten in lichten Wäldern, besonders in Nadelwäldern. Am Kopf und am Abdomen sind
sie schwarz, Thorax rötlich. Männchen und Königin erreichen eine Größe bis zu 11 mm,
Arbeiterinnen 4-9 mm. Wegen ihrer Nützlichkeit genießen sie einen guten Ruf. Tatsächlich
erbeuten die Arbeiterinnen vor allem Insekten und überwältigen in Gruppen dabei auch
recht große Beutetiere. Dadurch sind sie bei der Regulation von Forstschädlingen
außerordentlich hilfreich. Sie sind sehr wehrhaft. Formica rufa kann Ameisensäure
versprühen
39
URL: http://www.ameisenhaltung.de/artenverzeichnis 30.04.09
38
Formica rufa gilt nach der Roten Liste als gefährdet und ist gem. § 42 BNatSchG unter
besonderen Schutz gestellt.
Formica sanguinea (Latraille 1798) Die Blutrote Raubameise organisiert in den
Sommermonaten Raubzüge zu Nestern ihrer Hilfsameisen (Serviformica-Arten). Ein Teil der
dabei geraubten Puppen schlüpfen im Nest der Raubameise und dienen als Sklaven, welche
überwiegend im Inneren des Nestes tätig sind. Je nach der Art der Hilfsameisen, welche im
Umfeld der Räuber nisten, können auch Soldaten der Sklaven der Raubameise "dienen".
Auch das Nest der Sklavenräuber wird je nach Sklavenart unterschiedlich gestaltet. Formica
sanguinea kann auch ohne Sklaven leben. Ihr Kopf ist dunkelrot bis schwarz, der Thorax und
Beine rot gefärbt. Das Kopfschild hat am unteren Rand eingebuchtet.
Formica pratensis (Retzius 1783) liebt Licht, Wärme und Trockenheit und baut Hügelnester
aus grobem pflanzlichem Material, z. B. Tannennadeln. Diese sind aber meist flacher als die
Nester anderer Waldameisen (z. B. Formica rufa) und kommen oft auf Wiesen vor. Die
Koloniegründung erfolgt sozialparasitisch, meist bei Formica cunicularia. Die Färbung von
Formica pratensis ähnelt der von Formica rufa, ist jedoch dunkler.
Formica pratensis ist gem. § 42 BNatSchG unter besonderen Schutz gestellt.
Camponotus herculeanus (Linnaeus 1758)40 Diese riesigen, zu den größten Ameisen Europas
gehörenden Tiere sind sehr wehrhaft und können mit einem Biss Waldameisen "köpfen",
greifen den Menschen aber nur bei Störung des Nestes an. Sie sind tag- und nachtaktiv und
nisten vorzugsweise unter Holz oder unter Steinen. Sie sind bis auf den Brustabschnitt
(braun) schwarz gefärbt.
Tab. 3: (Körper-)Größen von Camponotus herculeanus
Arbeiterinnen:
14-16 mm
Königinnen:
6-13 mm
Männchen:
8-12 mm
Abb. 33: Ameisenhügel
40
Seifert, B.: Ameisen beobachten, bestimmen. Naturbuch Verlag, Augsburg, 1996, ISBN 389440-170-2
39
HUMMELN
Die Hummeln (Gattung Bombus) gehören zu den Hautflüglern. Ihr deutscher Name leitet sich
vom brummenden Fluggeräusch ab. Weltweit sind 400-500, in Mitteleuropa 36 Arten
bekannt.
Abb. 34: Hummeln saugen an Blüten
Körperbau:
Ihr rundlicher, dicht behaarter Körper in Gelb-Schwarz-Tönen dient als Erkennungsmerkmal.
Die Unterscheidung der Arten ist für den Laien ein Problem, da Farbvariationen auftreten
können, jedoch spielt das für ein Schulkind eine untergeordnete Rolle. Sie sollten jedoch
wissen, dass der ursprüngliche Legeapparat an der Spitze ihres Hinterleibes zu einem
Stechapparat umgebildet ist und hochwirksame Gifte erzeugt werden, die beim Stich starke
Schmerzen hervorrufen. Hummeln stechen allerdings nur, wenn sie in ihrer
Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden41. Hummeln besitzen leckend-saugende
Mundwerkzeuge, mit denen sie Nektar aus Blüten aufsaugen. Hummeln können ihre
Körpertemperatur durch Muskelzittern regulieren. Bei einer Außentemperatur von 6°C
erhöhen sie ihre Körpertemperatur innerhalb von 17 Min. auf 24°C und erreichen in einer (!)
weiteren Minute 37°C. Dann haben sie ihre optimale Flugtemperatur 42.
Fortpflanzung:
Eine Hummelkönigin verlässt im Frühjahr (März/ April) ihr Überwinterungsquartier im
Boden. In Erdhöhlen, z. B. einem verlassenen Kleinsäugerbau, legt sie einen Honigtopf aus
Wachs als Futterreserve an. In ein Pollen-Wachs-Gemisch legt sie die ersten Eier und
41
Dettner, Peters (Hrsg.): Lehrbuch der Entomologie. Spektrum Akademischer Verlag
Heidelberg, Berlin, 2003, 2. Auflage, S. 639. ISBN 3-8274-1102-5
42
Reichenholf, Steiner (Hrsg.): Die große Enzyklopädie der Insekten.Bd.2. Mosaik Verlag
München, 1994, S.110f., ISBN 3-576-10460-7
40
bebrütet sie. Die Königin füttert die Larven mit Pollen und Honig und verlässt das Nest.
Wenn die ersten Larven sich verpuppen, wird bereits ein neues Eipaket abgelegt. Die ersten
Arbeiterinnen sind etwas kleiner als die Königin. Sie schlüpfen und übernehmen die
Brutpflege, das Sammeln und den Nestbau. Dazu scheiden die Königin und die Arbeiterinnen
aus Wachsdrüsen an der Ober- und Unterseite ihres Hinterleibes dünne Wachsblättchen ab.
Leere Puppenkokons werden mit Honig gefüllt. Im Sommer umfasst ein Hummelnest je nach
Art mehrere hundert Arbeiterinnen. Bevor die Königin stirbt, werden Geschlechtstiere (neue
Königin und die männlichen Drohnen aus unbefruchteten Eiern) aufgezogen. Die Jungkönigin
verlässt mit den Drohnen das Nest und wird von einer Drohne auf dem Erdboden oder auf
einem Blatt begattet (nicht wie Bienen im Flug). Im August / September, wenn sich die
Jungkönigin ein schützendes Winterquartier in Moospolstern, unter Wurzeln oder im
Erdreich sucht, sind die Drohnen und später auch die Arbeiterinnen gestorben 43.
Hummeln haben eine große Bedeutung bei der Befruchtung von Pflanzen mit langen
Blütenkelchen (Schmetterlings-, Lippenblütengewächsen). Sie fliegen auch bereits bei
Temperaturen, bei der andere Hautflügler noch nicht bzw. nicht mehr unterwegs sind.
ARTENINFORMATIONEN 44:
Die Wiesenhummel Bombus pratorum (Linnaeus 1761) ist überwiegend schwarz gefärbt,
trägt an der Brust und am zweiten Ring des eigentlichen Hinterleibes eine gelbe Binde. Die
Spitze des Hinterleibes ist rot behaart.
Die Dunkle Erdhummel Bombus terrestris (Linnaeus 1758) hat eine schwarze Behaarung mit
je einer gelben Binde auf dem Brustteil und dem Hinterleib. Die Spitze des Hinterleibes ist
weiß behaart.
Die Steinhummel Pyrobombus lapidarius (Linnaeus 1758) ist schwarz gefärbt bis auf ein
karminrotes Hinterende.
Die Ackerhummel Bombus pascuorum (Scopoli 1763) ist kleiner als die vorherigen (bis 15
mm). Sie hat einen gelbroten Brustteil (Thoraxrücken) und der Hinterleib ist dunkelgrau mit
gelbroter Hinterleibsspitze.
Die Waldhummel Bombus sylvarum (Linnaeus 1761) hat eine hellbraune Brust, bis auf einen
schwarzen Streifen in der Mitte. Der Hinterleib ist schwarz, läuft aber an den Rändern
seitlich hellgelb aus, die Spitze des Hinterleibes ist rot.
43
Günther, K. u.a.: Urania Tierreich Insekten. Die große farbige Enzyklopädie. Urania Verlag
Berlin, 2000, S.462ff., Buch- Nr. 19047 0
44
Bellmann, H.: Bienen, Wespen, Ameisen. Hautflügler Mitteleuropas. Kosmos Verlag
Stuttgart, 2005, 2. Auflage, S. 305ff. und
URL: http://www.wildbienen.de/info-wb.htm am 09.04.2010
41
WIRBELTIERE DES BODENS
Der Anteil der im Boden lebenden Wirbeltiere, gemessen an der Individuenzahl der
Wirbellosen, ist verschwindend gering. Mit der Artenkenntnis der meisten Schüler verhält es
sich umgekehrt.
Im Boden sind Lurche, Reptilien, Vögel und Säugetiere zu finden. Der Boden wird zur
Überwinterung, zum Brüten und als Lebensraum genutzt.
LURCHE
In der BRD kommen insgesamt 21 Amphibienarten vor, die zu den Schwanzlurchen
(sieben Arten, Molche und Salamander) und Froschlurchen (14 Arten, Frösche,
Kröten, Unken) gehören45. Charakteristisch für Amphibien ist ihre Lebensweise
zwischen Wasser und Land. Die Amphibien (Lurche) sind Wirbeltiere mit
drüsenreicher, nackter, glatter bis warzenreicher Haut. Hautdrüsen sorgen stets für
eine feuchte Körperoberfläche und sondern Giftstoffe ab.
Erwachsene Schwanzlurche haben einen langgestreckten Körper und 4 gleichgroße,
kurze Gliedmaßen. Im Gegensatz dazu haben Froschlurche lange Hinterbeine
(Froschschenkel!) und kürzere Vordergliedmaßen.
Bis zu drei Mal pro Jahr sind viele Amphibienarten auf Wanderschaft: zu den
Laichgewässern, ins Sommer- und ins Winterquartier. Der Aktionsradius der
verschiedenen Arten kann lediglich 20 Meter, aber auch mehrere Kilometer groß
sein. Die Landlebensräume der meisten Amphibien müssen eine gewisse
Feuchtigkeit aufweisen. Im Frühling und Frühsommer wandern die erwachsenen
Tiere zu ihren Heimatgewässern, verpaaren sich und legen ihren Laich ab. Als
Laichgewässer dienen Weiher, Teiche und Tümpel, Pfützen, Gräben oder langsam
fließende Bachabschnitte. Amphibien produzieren große Mengen an Eiern, die einen
ausreichenden Fortpflanzungserfolg garantieren, denn sowohl Eier als auch Larven
haben viele Fraßfeinde. Der Laich wird von Fischen, Enten und erwachsenen
Molchen, die Kaulquappen von Libellenlarven, Gelbrandkäfern, Molchen, Reptilien,
Fischen und Vögeln gefressen. Jungtiere und erwachsene Amphibien werden Opfer
von Vögeln (z. B. Störche, Graureiher, Bussard, Weihen), Säugetieren (z. B. Igel,
Iltis, Wasserspitzmaus) und Reptilien (Kreuzotter, Ringelnatter). Typisch für die
Entwicklung der Amphibien ist ihre Metamorphose vom befruchteten Ei über die
kiemenatmende,
wasserlebende
Kaulquappe,
zum
lungenatmenden,
landbewohnenden erwachsenen Tier. Einige Amphibien betreiben Brutpflege.
Amphibien sind wechselwarme Tiere, deren Körpertemperatur weitgehend von der
Außentemperatur abhängig ist. Ihre Aktivitäten sind an Zeiten und Standorte mit
ausreichender Feuchtigkeit gebunden. Im Winter, wenn eine gewisse Temperatur
unterschritten wird, fallen die Tiere in Kältestarre.
Lurche leiden ganz besonders unter Lebensraumverlusten, da sie reich strukturierte,
vernetzte Lebensräume benötigen. Bei ihren Wanderungen zwischen
45
Bundesamt
für
Naturschutz,
Cornelia
Schütz
(2009)
URL:
http://www.bfn.de/natursport/info/SportinfoPHP/infosanzeigen.php?z=Tierart&code=d110
&lang=de am 20.01.2010
42
Landlebensraum und Laichgewässer sind sie vom Straßenverkehr besonders
bedroht.
Bevorzugte
Landlebensräume
der
Amphibien
sind
Baumbestände,
Laubmischwälder, Hecken, Gehölzgruppen und Gebüsche (Springfrosch,
Feuersalamander, Fadenmolch, Erdkröte, z. T. Grasfrosch, Bergmolch), Gebiete mit
hohem Grundwasserstand, z. B. sumpfiges Grünland, Niedermoore, Bruch- und
Auwälder (Moorfrosch, Rotbauchunke, Laubfrosch, z.T. Grasfrosch), Gebiete mit
lockerem Boden, der sich zum Graben eignet (Knoblauchkröte, Kreuzkröte) oder
vegetationsarme Flächen sowie Ruderalflächen (Kreuzkröte, Wechselkröte,
Geburtshelferkröte, Gelbbauchunke). Einige überwintern im Laichgewässer (z. B.
Grasfrösche), die meisten suchen sich jedoch ein Überwinterungsversteck,
beispielsweise unter Steinen, Holzhaufen, Laub, Erdlöchern etc. Sinkt die
Temperatur unter eine gewisse Grenze, fallen die Tiere in Kältestarre.
Einige Arten leben fast das ganze Jahr am Laichgewässer (Laubfrosch,
Geburtshelferkröte, Unken)46.
Rote Listen zeigen die Gefährdung der Amphibien in der BRD: 16 von 21 Lurcharten
sind gefährdet, zwei davon sind "Vom Aussterben bedroht" (Rotbauchunke und
Alpenkammmolch), 5 sind "stark gefährdet". Die Individuenzahlen der Populationen
gehen stark zurück. Wandernde Lurche werden auf ihrem Weg zwischen
Laichgewässer und Sommer- oder Winterquartier auf vielbefahrene Straßen
überfahren. Die unterschiedlichsten Maßnahmen wie Gewässerverschmutzung und verbauung, Entwässerung von Feuchtgebieten, Zuschütten von Laichgewässern und
Belastungen durch Düngung, Pestizid-Einsatz und sauren Regen können Einfluss
auf Amphibienlebensräume haben. Eine Gefahr stellt auch der Angelsport dar.
Sobald Laichgewässer durch den Einsatz von Fischen zu Fischteichen werden,
erbeuten die Fische Laich und Kaulquappen.
Geschützt werden können die Amphibien durch die Sicherung und Neuanlage von
Laichgewässern, dem Erhalt naher Sommer- und Winterquartiere mit artenreichen
Wald- und Gehölzbeständen, eine extensive Landwirtschaft im Bereich der
wandernden Amphibien und Amphibienschutzzäune an Straßen. Flachwasserzonen
müssen erhalten bleiben, die Ufer- und Wasservegetation sollte nicht überall entfernt
werden und über den Winter muss ein gewisser Wasserstand garantiert sein.
46
Bundesamt
für
Naturschutz,
Cornelia
Schütz
(2009)
URL:
http://www.bfn.de/natursport/info/SportinfoPHP/infosanzeigen.php?z=Tierart&code=d110
&lang=de am 20.01.2010
43
Abb. 35: Grasfroschpaar Rana temporaria
44
REPTILIEN 47
Reptilien findet man entsprechend ihrer Lebensraumansprüche in offenen bis halboffenen
Trockenstandorten (Aspisviper, Smaragd-, Mauer- und Zauneidechse, Schlingnatter,
Äskulapnatter), in relativ kühlen und feuchten Lebensräume wie Wälder, Moore und Gebirge
(Waldeidechse, Blindschleiche, Kreuzotter, Ringelnatter) oder auch an Gewässern
(Würfelnatter, Sumpfschildkröte, Ringelnatter, Zauneidechse) mit windgeschützten
Sonnenplätzen, Versteckmöglichkeiten, Paarungs- und Eiablageplätzen, Jagdrevieren und
Überwinterungsquartieren.
Die Haut der Reptilien ist drüsenlos und von Hornschuppen oder einem Panzer bedeckt.
Schuppen und Panzer dienen dem Verdunstungsschutz und ermöglichen ein vom Wasser
unabhängiges Leben. Da die starre Reptilienhaut nicht mitwächst, müssen sich die Tiere von
Zeit zu Zeit häuten. Reptilien sind lungenatmende Landwirbeltiere. Sie sind tagaktiv und
wechselwarm, ihre Körpertemperatur ist von der Umgebungstemperatur abhängig.
Schlangen und Blindschleichen bewegen sich kriechend fort, viele sind gute Kletterer. Die
meisten Reptilien beanspruchen eigene Reviere.
Reptilien pflanzen sich durch Eier fort. Diese legen sie meist in selbstgegrabene Erdlöcher
oder verrottendes Substrat ab und verlassen das Gelege. Durch Sonnenschein oder die
Verrottungswärme werden die Eier dann " ausgebrütet".
Im Winter, bei Kälte und knapper Nahrung, suchen die Tiere ein Versteck auf und halten
Winterruhe.
Zum Sonnen suchen Reptilien sich schnell erwärmende Orte, z. B. trockenes Holz,
vegetationsfreie Stellen, Gesteinshaufen und Felsen, Haufen aus trockenem Gras oder Laub.
Zum Überwintern verstecken sie sich im Wurzelbereich von Bäumen, Erdlöcher, Felsspalten,
Hohlräume unter Steinplatten und totem Holz oder Kleinsäugerbauten. Einige Arten graben
auch Höhlen. Die Europäische Sumpfschildkröte überwintert am Gewässergrund oder gräbt
sich an Land ein.
Reptilien werden von Vögeln (z. B. Falke, Krähe, Würger, Reiher) und Säugetieren (z. B.
Ratte, Igel, Wiesel, Fuchs, Dachs, Katzen) gefressen.
Die Reptilienbestände sind in den letzten Jahrzehnten stark zurückgegangen. Seit 1980 sind
alle Reptilienarten in der Bundesartenschutzverordnung § 1 enthalten und stehen unter
besonderem Schutz (Bundesnaturschutzgesetz § 42). Ursachen sind in der Intensivierung der
Landwirtschaft, dem Zuwachsen ehemals extensiv genutzter Biotope, der Zerstörung von
Strukturen in der Landschaft und die Aufforstung von brachliegenden Flächen ebenso wie
die Nutzung der Lebensräume durch Freizeitaktivitäten, z. B. Klettersport.
47
Bundesamt
für
Naturschutz,
Cornelia
Schütz
(2009)
http://www.bfn.de/natursport/info/SportinfoPHP/infosanzeigen.php?tierart=Reptilien&z=Ti
erart&code=d100&lang=de am 20.01.2010
45
Man kann im Garten Lebensräume und Winterquartiere für Reptilien schaffen, indem man
Komposthaufen, Trockenmauern, Lesesteinhaufen, sonnige Holzstapel und ‚verwilderte‘
Bereiche anlegt. Der Verzicht auf Mineraldünger und Pflanzenschutzmittel erhöht die
Chancen, dass die Reptilien sich ansiedeln.
Abb. 36: Zauneidechse Lacerta agilis, Weibchen
46
VÖGEL 48
Vögel nutzen den Boden zur Nahrungssuche, Jagdrevier und zur Fortpflanzung. Im Wald (z.
B. Auerhuhn, Haselhuhn, Waldlaubsänger, Waldschnepfe), auf Wiesen und Feldern (z. B.
Feldlerche, Rebhuhn, Wachtelkönig, Braunkehlchen), an Flussufern (z. B. Flussseeschwalbe,
Lachmöwe, Enten), in Dünen (Möwen, Enten, Gänse), in Röhrichten (z. B. Korn-, Rohr- und
Wiesenweihe), in Gehölzstrukturen wie Hecken oder Windwurfflächen (z.B. Goldammer,
Neuntöter), und in menschlichen Siedlungen, z. B. in Gärten (z. B. Amseln, Goldammer)
brüten Vögel auf dem Boden.
Bei Bodenbrütern ist eine perfekte Gefiederfärbung zur Tarnung sowohl bei den Jungtieren
als auch bei den Erwachsenen notwendig.
Untersuchungen haben ergeben, dass die größten Verluste den Bodenbrütern nicht
tagaktive Raubvögel zufügen, sondern nachtaktive Säuger wie Fuchs und Wildschwein. Im
Laufe der Jahrhunderte andauernden Anpassung an ihre Feinde („Koevolution“) haben
Bodenbrüter erfolgreiche Strategien entwickelt, um die Brutverluste auszugleichen, die
ihnen ihre Feinde zufügen. Bestände kommen nur aus dem Gleichgewicht, wenn weitere
Faktoren die Populationen beeinträchtigen. Beispiele hierfür sind der Nährstoffhaushalt
(Landschaft), das Klima, die Höhe des Grundwasserstandes, die Landnutzung und das daraus
resultierende Nahrungsgefüge und vor allem die Häufigkeit von Kleinsäugern (Mäuse). In
guten Mäusejahren fressen Füchse vornehmlich diese und nicht Bodenbrüter.
Die Fortpflanzungsrate vieler Bodenbrüter jedoch zu gering, um die Populationen bei
größeren Verlusten zu erhalten. Damit das Kulturland artenreich erhalten werden kann,
existieren Hilfsprogramme, welche charakteristische und ökologisch wichtige Ziel- und
Leitarten schützen. Brutgebiete sollten durch Wege und Straßen kaum zergliedert, moderat
bewirtschaftet und menschlichen Freizeitaktivitäten nicht beeinträchtigt werden.
Abb.
37:
Weibliche
und
48
männliche
Amsel
Bundesamt
für
Naturschutz,
Joachim
Jenrich
(2009)
http://www.bfn.de/natursport/info/SportinfoPHP/infosanzeigen.php?lang=de&datei=boden
brueter&gruppecode=d12 am 20.01.2010
47
Säuger:
MAULWURF 49, 50
Der Maulwurf gehört zu der Ordnung der Insektenfresser (Eulipotyphla, früher Insectivora).
40 Arten der Maulwürfe sind auf der Nordhalbkugel heimisch. Der europäische Maulwurf ist
in ganz Europa (bis auf Irland, Island und in Gebirgen ab 2000 m Höhe) anzutreffen. Seine
typischen Lebensräume sind Äcker, Wiesen und Wälder. Er meidet steinige, übersäuerte
oder zu feuchte Böden.
Der Name Maulwurf (Talpa europaea) Sein geht auf den Begriff „Molte = Erde“ zurück und
bedeutet „Erdwerfer“. Der Maulwurf steht unter Naturschutz und darf nicht verfolgt
werden.
Maulwürfe leben vollständig unterirdisch, an diese Umgebung sind sie perfekt
angepasst.
Maulwürfe sind von 12-19 cm lang, wobei der Schwanz selten mehr als 3 cm misst.
Er wiegt nur 50-140 g. Sein kleiner, walzenartiger Körper ist von einem grauschwarz-samtigen Fell umgeben. Alle Haare des Fells stehen senkrecht nach oben.
Im dichten Fell sind die Augen und Ohren fast völlig verborgen. Die Ohren besitzen
keine Ohrmuscheln und können mit einer Haut verschlossen werden. Der Maulwurf
hört ausgezeichnet. Die Augen sind nur wenige Millimeter groß und von der Lidspalte
fast ganz verschlossen. Sie besitzen eine geringe Sehkraft. Maulwürfe können nur
hell und dunkel unterscheiden, optische Details nehmen sie nicht wahr. Sein
Hauptsinnesorgan ist der empfindliche, kleine Rüssel mit welchem er sehr gut
riechen und durch feine Tasthaare tasten kann. Tasthaare besitzt er auch am
Schwanz. Bodenerschütterungen nehmen Maulwürfe sehr sensibel wahr.
Der Kopf scheint durch den sehr kurzen Hals direkt mit dem Rumpf verbunden zu
sein. Er besitzt 44 scharfe Zähne. Die Vordergliedmaßen sind zu kleinen
Grabschaufeln umgestaltet, deren Innenflächen nach außen gedreht sind. Das
Sichelbein ist dabei zum „sechsten Finger“ umgestaltet. Die Vordergliedmaßen
werden durch sehr kräftige Muskeln unterstützt. Der Maulwurf bewegt Erdmassen
vom 20-fachen seines Körpergewichtes. Er kann gut vorwärts wie rückwärts laufen,
ist sehr beweglich und kann sich in den gegrabenen Gängen nach allen Seiten
umdrehen. Einer „Sauerstoffschuld“ durch die Anreicherung von sehr viel
Kohlendioxid in der Erde entgehen sie durch einen sehr hohen Hämoglobinanteil im
Blut, so dass die Versorgung des Körpers mit Sauerstoff stets gesichert ist.
Der Maulwurf ernährt sich ausschließlich räuberisch, vor allem von Regenwürmern,
kleinen Insekten, Larven, Lurchen aber auch von Mäusen und Spinnen. Sein
Vorkommen lässt also auch Rückschlüsse auf eine reiche Bodenfauna zu. Sein
täglicher Nahrungsbedarf entspricht in etwa seinem eigenen Körpergewicht. Längere
Zeiten ohne Nahrung (>1 Tag) überlebt er nicht. Pro Jahr frisst er etwa 30 Kilogramm
49
URL:
Maulwurf.html
http://www.natur-lexikon.com/Texte/MZ/001/00065-Maulwurf/MZ00065-
50
Macdonald, David: Die große Enzyklopädie der Säugetiere. Tandem Verlag, Königswinter,
2004, S. 750f., ISBN 3-8331-1006-6
48
(!) Nahrung, die zumeist aus Schädlingen besteht. Der tag- und nachtaktive Maulwurf
patrouilliert in 3 bis 5 Stunden durch alle seine Gänge und jagt dort seine Beute. Als
Wintervorrat werden vor allem Regenwürmer gefangen und deren Vorderende
abgebissen, damit sie überleben, aber nicht fortkriechen können. Diese werden in
einer kleinen „Vorratskammer“ gesammelt, wobei tote Regenwürmer keine
Beachtung mehr finden. In einem Bau können bis zu 10 Speisekammern enthalten
sein. Insgesamt wird dort oft mehr als 2 kg Nahrung gelagert. Das Winternest hat oft
einen Durchmesser von fast einem Meter und wird mit Gras, Blättern und feinen
Wurzeln weich gepolstert. Die unterirdischen Gänge können bis zu 200 m Länge
aufweisen und schließen ein ringförmiges Belüftungssystem, Nestkammern und
Ausweichnester ein. Die Nester liegen meist zwischen 50 cm und 80 cm unter der
Erdoberfläche. Ihre Gänge werden mit Drüsensekreten markiert, um Eindringlinge
abzuschrecken. Der Maulwurf kann bis zu 30 cm Gang je Minute graben.
Maulwürfe sind sesshafte Einzelgänger, die ihre Gänge viele Jahre nutzen. Die
Weibchen werfen ein- bis (selten) zweimal jährlich. Die typische Paarungszeit ist das
Frühjahr. Nach einer Tragzeit von ca. 4 Wochen wirft das Muttertier bis zu 5 junge,
nackte Maulwürfe. Junge Maulwürfe sind Nesthocker, öffnen nach 3 Wochen die
Augen und werden die ersten 2 Lebensmonate gesäugt. Noch im selben Jahr
erlangen die Jungen ihre Geschlechtsreife.
Die Lebensdauer von Maulwürfen liegt bei 3 bis 5 Jahren. Unterirdisch haben sie nur
wenige natürliche Feinde; über der Erde sind es vor allem Greifvögel, Füchse,
Marder, Dachse etc. die ihnen nachstellen. Maulwürfe können gut schwimmen und
sind dennoch wasserscheu; Hochwässer können Maulwurfbestände großflächig
vernichten.
Abb. 38: Maulwurf im Nest, NKM Frankfurt/Main
Abb. 39: Maulwurf Talpa europaea
Abb. 40: Skelett von Talpa europaea, Vordergliedmaße
Abb. 41: Skelett von Talpa europaea, Aufsicht
49
FELDHAMSTER 51, 52
Hamster gehören zur Ordnung der Nagetiere (Rodentia). 24 Arten bewohnen große
Teile Mittel-, Südost- und Osteuropas bis nach Asien. Die östlichste
Verbreitungsgrenze ist der Fluss Jenissej in Sibirien. Der Feldhamster (Cricetus
cricetus) ist ein typischer Bewohner der Feldlandschaft. Er benötigt Löß- und
Lehmböden mit einer Schichtdicke von mindestens einem Meter und einem
Grundwasserspiegel von höchstens 1,20 Meter.
Abb. 42: Feldhamster Cricetus cricetus, NKM Frankfurt/Main
Abb. 43: Schädel Feldhamster Cricetus cricetus, NWS Museum Wiesbaden
Der in Deutschland einheimische Feldhamster hat eine Körperlänge von 20 bis 35
cm und einem Körpergewicht von 200-500 g. Er hat ein charakteristisches, buntes
Fell. Der Rücken ist braun-gelblich. Die Schnauzenoberseite, die Augenpartien und
das Halsband sind rotbraun. Weiß ist er an der Wange, Kehle, an den Pfoten und
hinter dem Ohr. Am Bauch hat er schwarzes Fell. Zwischen den langen, gebogenen
Schneidezähne und den Prämolaren befinden sich Hautfalten, die Backentaschen. In
diesen „Hamsterbacken“ können große Nahrungsmengen in die unterirdischen
Vorratskammern gebracht werden.
Den Feldhamster kann man als Allesfresser bezeichnen. Er frisst u. a. Halme,
Samen, Triebe, Knollen und Wurzelgemüse wie Möhren, Kartoffeln, Zuckerrüben,
aber auch Wildkräuter wie Löwenzahn, Klee und Spitzwegerich sowie Kulturpflanzen
51
Arbeitsgemeinschaft Feldhamsterschutz (AGFHA), Olaf Godmann (2009), URL:
http://www.feldhamster.de/biologie.html am 22.01.2010
52
Macdonald, David: Die große Enzyklopädie der Säugetiere. Tandem Verlag, Königswinter,
2004, S. 650f., ISBN 3-8331-1006-6
50
wie Kohlpflanzen und Getreide. Zu seiner Nahrung gehören auch Tiere:
Regenwürmer, Engerlinge, Käfer, sogar Eidechsen und Kleinsäuger. Auf Jagd legt er
Distanzen von 500-700 Metern zurück. Bis zum Winterschlaf, der im Oktober beginnt,
sammelt er sich 2 bis 4 kg Wintervorrat an. Die Tiere, die nicht genügend Nahrung
sammeln konnten, überleben den Winter nicht. Feldhamster schlafen nicht den
gesamten Winter, sondern erwachen zwischendurch, um von ihren Vorräten zu
fressen. Im Laufe des Winters werden die Schlafpausen immer länger. Während des
Winterschlafes verlieren die Tiere trotz ihrer Vorräte etwa ein Drittel ihres
Körpergewichtes. Ende März werden die Winterbaue wieder geöffnet und bald darauf
beginnt die Paarungszeit.
Nach einer Tragzeit von etwa 20 Tagen erfolgt die Geburt der 4 bis 12 nackten
Jungen im Bau in einem weich ausgepolsterten Nest. Nach zwei Wochen öffnen sie
ihre Augen und nach 17 Tagen unternehmen sie gemeinsam mit der Mutter erste
Ausflüge außerhalb des Baues. Spätestens nach 30 Tagen verlassen sei das
mütterliche Nest. Mit 2 ½ Monaten sind die Weibchen geschlechtsreif. Der zweite
Wurf im Jahr überlebt durch die beginnende Erntesaison selten. In freier Natur wird
ein Feldhamster in der Regel kaum älter als ein Jahr.
Der Feldhamster flüchtet bei Gefahr durch die Fallröhre in seinen Bau. Er droht Angreifern
mit Zischen und Knurren, das Aufrichten und Backenblasen lässt ihn größer erscheinen. Er
warnt, indem er sich auf den Rücken legt und seinen schwarzen Bauch und seine weißen
Pfoten zeigt. ‚So suggeriert er potentiellen Angreifern einen Raubtierrachen mit spitzen
Zähnen. Seine natürlichen Feinde sind Greifvögel, Füchse und Marder.
Die Bestände des Feldhamsters sind durch die zunehmende Flächeninanspruchnahme durch
Straßen- und Siedlungsbau und die Intensivierung der Landwirtschaft (Flurbereinigung,
Technisierung, Verarmung des Fruchtartenspektrums) gefährdet. Schutzmaßnahmen wären
der Anbau von Luzerne- und Kleeflächen, breite Ackerrandstreifen von 5-6 m sowie späteres
Umpflügen der Stoppelfelder.
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