DER AKTIONSPLAN DER EUROPÄISCHEN UNION ZUR BIODIVERSITÄT Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 – und darüber hinaus Inhaltsverzeichnis Vorwort 3 DER EU-AKTIONSPLAN ZUR BIODIVERSITÄT Der Verlust an biologischer Vielfalt – was bedeutet er für uns? Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt – Europas Bekenntnis zum Biodiversitätsziel 2010 4 6 POLITIKBEREICH 1: BIOLOGISCHE VIELFALT IN DER EU Ziel 1 des EU-Aktionsplans: Bewahrung der wichtigsten Lebensräume und Arten in der EU 8 Ziel 2 des EU-Aktionsplans: Flächendeckender Biodiversitätsschutz in der EU10 Ziel 3 des EU-Aktionsplans: Flächendeckender Meeresbiodiversitätsschutz in der EU14 Ziel 4 des EU-Aktionsplans: Integration der biologischen Vielfalt in die Regionalentwicklung16 Ziel 5 des EU-Aktionsplans: Die Auswirkungen des Auftretens invasiver gebietsfremder Arten verringern18 POLITIKBEREICH 2: DIE EU UND DIE WELTWEITE BIOLOGISCHE VIELFALT Ziel 6 des EU-Aktionsplans: Internationales Regierungshandeln20 Ziel 7 des EU-Aktionsplans: EU-Außenhilfe20 Ziel 8 des EU-Aktionsplans: Wesentliche Verringerung der Auswirkungen des internationalen Handels20 POLITIKBEREICH 3: BIOLOGISCHE VIELFALT UND KLIMAWANDEL Ziel 9 des EU-Aktionsplans: Unterstützung bei der Anpassung der biologischen Vielfalt an den Klimawandel22 POLITIKBEREICH 4: DIE WISSENSGRUNDLAGE Ziel 10 des EU-Aktionsplans: Verbesserung unserer Wissensgrundlage24 UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN Finanzierung, Regierungshandeln, Partnerschaften, Bewusstseinsbildung25 MONITORING Überwachung der erzielten Ergebnisse bis 2010 – und darüber hinaus26 DER EU-AKTIONSPLAN ZUR BIODIVERSITÄT „Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 – und darüber hinaus” Europe Direct soll Ihnen helfen, Antworten auf Ihre Fragen zur Europäischen Union zu finden Gebührenfreie Telefonnummer (*): 00 800 6 7 8 9 10 11 (*) Einige Mobilfunkanbieter gewähren keinen Zugang zu 0 800-Nummern oder berechnen eine Gebühr. Zahlreiche weitere Informationen zur Europäischen Union sind verfügbar über Internet, Server Europa (http://europa.eu). Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 2008 ISBN 978-92-79-08070-8 © Europäische Gemeinschaften, 2008 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Alle Fotos sind urheberrechtlich geschützt und können ohne die ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Fotografen nicht für andere Zwecke als diese Veröffentlichung genutzt werden. Gedruckt in Belgien Gedruckt auf mit dem EU-Umweltzeichen versehenem Recyclingpapier (http://ec.europa.eu/environment/ecolabel) Titelseite: Wiese © Chris Gomersall/nature.pl Bartmeise © Tommi Muukkonen/birdfoto.fi See © Nick Turner/nature.pl Vorwort Zwei der größten Herausforderungen für die Menschheit sind, den Biodiversitätsverlust zu stoppen und den Klimawandel zu bekämpfen. Beide Phänomene können verheerende Folgen für unsere Umwelt, unsere Gesundheit und unsere Wirtschaft haben. Intakte Ökosysteme puffern Hochwasserspitzen ab, absorbieren Treibhausgase und schützen uns vor zunehmenden Extremwetterereignissen. Für die Verringerung der Folgen des Klimawandels sowie für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind daher gesunde Ökosysteme unerlässlich. Die biologische Vielfalt in Europe ist enormen Belastungen ausgesetzt. Das „Millennium Ecosystems Assessment“ der Vereinten Nationen stellt fest, dass die Ökosysteme in Europa so stark von menschengemachter Zerschneidung und Zerstückelung in Mitleidenschaft gezogen sind wie nirgendwo sonst auf der Welt. Ein Großteil unseres Landes wird intensiv genutzt und die Siedlungsgebiete dehnen sich schnell in die Landschaft aus. Allein in den letzten 20 Jahren hat die bebaute Fläche um 20 % zugenommen. Als Ergebnis nehmen die Bestände fast der Hälfte unserer heimischen Tier- und Pflanzenarten in erheblichem Maße ab. Wertvolle Ökosysteme sind degeneriert und zerstückelt. Dadurch ist ihr Vermögen, wichtige Ökosystemleistungen zu erbringen, stark gefährdet. Im Jahr 2001 hat sich die Europäische Union das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Verlust der Biodiversität bis zum Jahr 2010 zu stoppen. Der politische Rahmen, um dieses Ziel zu erreichen, ist auf der Ebene der Gemeinschaft im Wesentlichen vorhanden. Wichtige Fortschritte wurden erzielt und es gibt Anzeichen, dass die Verluste geringer werden. Aber die Geschwindigkeit des Wandels und das Ausmaß der Umsetzung wichtiger Maßnahmen reichen bislang noch nicht aus, um das für 2010 gesteckte Ziel zu erreichen. Darum hat die EU sich entschieden, die Anstrengungen zu verdoppeln. Die Kommission hat im Jahr 2006 einen neuen Aktionsplan zur Biodiversität ins Leben gerufen. Dieser stellt eine strategische europäische Reaktion auf das Problem des Biodiversitätsverlustes dar und legt ein detailliertes Set von zweckbestimmten Zielen und Maßnahmen auf nationaler sowie europäischer Ebene fest. Zusätzlich richtet der Aktionsplan den Blick auf die Umsetzung und fordert daher die vollständige Integration biodiversitätsrelevanter Aspekte auch in alle anderen Politikfeldern der EU, von der innerstaatlichen und ländlichen Entwicklungspolitik bis hin zur Fischereipolitik und Entwicklungszusammenarbeit. Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit ist unerlässlich. Der Aktionsplan berücksichtigt, dass Veränderungen nur möglich sind, wenn die Mitgliedsstaaten und alle Gesellschaftsbereiche Verantwortung für die Umsetzung tragen. Ebenso ist es wichtig, über 2010 hinaus zu denken. Daher wird mit dem Aktionsplan bereits eine Informations- und Gestaltungsbasis für die Politik nach 2010 gelegt. Diese Broschüre stellt Kernelemente des EU-Aktionsplans zur Biodiversität dar, fasst seine zehn Hauptziele zusammen und veranschaulicht diese durch praktische Beispiele. Sie verdeutlicht die entschlossene Selbstverpflichtung Europas zur Eindämmung des Verlusts der Biodiversität bis 2010 – und darüber hinaus. Stavros Dimas EU-Umweltkommissar 3 © Staffan Wildstrand/naturepl.com Braunbär, Ursus arctos, mit Jungen, Lappland, Finnland. Der Verlust an biologischer Vielfalt – was bedeutet er für uns? Die biologische Vielfalt ist von vielfacher Bedeutung: ethisch, emotional, ökologisch und wirtschaftlich. Durch den Einfluss der Biodiversität auf unser Wohlergehen und unseren wirtschaftlichen Erfolg sind von einem Verlust der Biodiversität grundlegende Pfeiler unserer Gesellschaft betroffen. • • Wirtschaftlich stützt die biologische Vielfalt unsere Ökonomie und trägt zu unserer Lebensqualität bei. Das breite Spektrum an direkten wirtschaftlichen Leistungen, das uns eine vielfältige Natur bietet, bleibt zu oft unbemerkt, unterschätzt und taucht in den Bilanzen nicht auf. Die Leistungen von Ökosystemen für die Menschheit sind vergleichbar mit dem Immunsystem unseres Körpers. Es schützt uns täglich vor schädlichen Einflüssen von außen und wehrt diese ab. Ist das Immunsystem geschwächt und die Abwehrfunktion fällt aus, sind die Auswirkungen auf unsere Gesundheit verheerend. Das gilt ebenso für unsere Umwelt: Während sie normalerweise besondere Einflüsse abpuffern kann, können dies geschädigte Ökosysteme nicht oder nur in begrenztem Umfang. Wir und vor allem unsere Nachkommen sind weniger geschützt, beispielsweise vor Überschwemmungen oder den Folgen des Klimawandels. Darüber hinaus überwiegen die von der ganzen Gesellschaft zu tragenden Schadenskosten meistens bei weitem den kurzfristigen Gewinn, der ursprünglich von den wenigen erzielt werden konnte, die die Umwelt verändert haben. Ökologisch gesehen stellt die biologische Vielfalt ein ganzes Set von wertvollen „Ökosystemleistungen“ zur Verfügung. So liefern uns die Ökosysteme unter anderem Lebensmittel, Brennstoffe, fruchtbare Böden, saubere Luft, sauberes Wasser sowie Rohund Inhaltsstoffe beispielsweise für Kleidung oder Medizin. Zu den Ökosystemleistungen gehören aber auch die Regulierung des Klimas, das Eindämmen von Überschwemmungen und Feuern, das Verhindern der Ausbreitung von Krankheiten und Schädlingen sowie die Wasserreinigung und die Bestäubung unserer Nutzpflanzen. Leider rückt der Wert dieser Leistungen oft erst in das Bewusstsein, wenn es zu spät ist. Beispielsweise haben Überschwemmungen und ihre Auswirkungen in den letzten Jahrzehnten in Europa stark • • zugenommen. Häufig sind dafür die Effekte von unausgereiften Flussregulierungen, Schäden im Wassereinzugsgebiet und der Verlust natürlicher Überflutungsgebiete ausschlaggebend. Die großen finanziellen sowie persönlichen und menschlichen Verluste solcher Überschwemmungen führen uns erst den hohen Wert intakter Regulationssysteme der Flüsse vor Augen. Emotional haben die biologische Vielfalt und die Natur einen bedeutenden Wert an sich. Die Biodiversität trägt nicht nur zu unserer kulturellen Identität bei, sondern wirkt inspirierend und tröstlich und hat einen unschätzbaren Wert für unser mentales und körperliches Wohlbefinden. Untersuchungen haben gezeigt, dass dort, wo in Gemeinden und Städten Grünflächen vorhanden sind, der soziale Zusammenhalt besser und die Kriminalitätsraten signifikant niedriger sind. Außerdem sind Menschen tendenziell gesünder, wenn sie oft die Möglichkeit haben, in die Natur zu kommen, denn in einem schönen natürlichen Umfeld setzen wir uns eher regelmäßig in Bewegung. Ethisch haben wir die Verpflichtung, die Erde zu schützen und ihren Reichtum für nachfolgende Generationen zu bewahren. Kurz gesagt: Inzwischen ist es unwiderlegbar, dass der Erhalt der Biodiversität und ihrer Umweltleistungen nicht nur ein moralischer Anspruch, sondern wirtschaftlich zwingend erforderlich ist. Es ist Zeit, die Verschwendung des Naturkapitals der Erde zu beenden und die Lebensräume sowie ihre Funktionen für zukünftige Generationen zu erhalten. Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens auf der Erde. Sie beinhaltet alle Lebewesen – Pflanzen, Tiere und auch für uns unsichtbare Mikroorganismen und Bakterien sowie die Vielfalt der Erbanlagen. Die Lebewesen interagieren alle gemeinsam in einem komplexen System mit der unbelebten Umwelt und bilden so Ökosysteme. Biologische Vielfalt umgibt uns immer und überall, nicht nur in der Wildnis oder in Naturschutzgebieten, sondern auch in unseren Städten, auf den Äckern und allerorts in der Landschaft. Auch wir sind ein fester Bestandteil dieser Vielfalt und nehmen gleichzeitig erheblich Einfluss auf sie. Erdhummel, Bombus terrestris, Vereinigtes Königreich. © Steven David Miller/naturepl.com © Ken Preston-Mafham/PREMAPHOTOS/naturepl.com © R.Usher/4nature/Wildlife Garten mit Kirschbäumen im Herbst. Apfelernte. © Adrian Arbib/Stillpictures Geschädigte Fluss-Ökosysteme: eine große Belastung für die Gesellschaft Zwischen 1998 und 2002 suchten über 100 größere Schäden verursachende Hochwasserereignisse Europa heim. Durch die Überschwemmungen kamen 700 Menschen ums Leben, etwa eine halbe Million Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen und allein der versicherte Schaden belief sich auf mindestens 25 Milliarden Euro. Heute leben noch immer mehr als zehn Millionen Menschen in den Gebieten entlang des Rheins, die bei extremem Hochwasser potentiell überflutet werden. Der mögliche materielle Schaden beläuft sich auf 165 Milliarden Euro. Neben den sozialen und den wirtschaftlichen Folgen hinterlassen die Fluten auch ökologische Schäden und negative Auswirkungen auf die Gesundheit, beispielsweise wenn Kläranlagen überschwemmt werden oder gar Fabriken mit toxischen Chemikalien betroffen sind. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen und der Notwendigkeit mit und nicht gegen die Natur zu arbeiten, investieren deutsche Behörden entlang des Rheins nun Millionen in die Renaturierung von Flussgebieten und in den Rückbau von Flussabschnitten, um die natürlichen (Schutz-)Funktionen der Flüsse wiederzubeleben. Tragisch ist, dass ein Schutz dieser Gebiete von vornherein vermutlich nur einen Bruchteil der heute anfallenden Kosten verursacht und wahrscheinlich Leben gerettet hätte. Hochwasserschäden können beträchtlich sein. http://www.irma-programme.org/ © Josh Trix Nationalparks in Wales: Motor der Wirtschaft vor Ort Eine aktuelle Untersuchung über die Wirtschaftskraft der drei Nationalparks in Wales kommt zu dem Schluss, dass die Nationalparks, die zum Schutz der Naturschönheit der Region, der Tiere und Pflanzen sowie der Kulturlandschaft eingerichtet wurden, für nahezu 12.000 Arbeitsplätze verantwortlich sind (was 10 % der Beschäftigung in Wales ausmacht), ein Gesamtjahreseinkommen von circa 250 Millionen Euro erwirtschaften und circa 300 Millionen Euro des Bruttoinlandsprodukts erbringen. In der gesamten EU gibt es über 250 Nationalparks. Auch wenn es nicht möglich ist, die Zahlen aus Wales hochzurechnen, ist es alles in allem doch klar, dass die Nationalparks nicht nur attraktive Orte zum Besuchen, Entspannen und Genießen darstellen, sondern dass die Nationalparks auch einen erheblichen Beitrag zur Wirtschaft vor Ort leisten. http://www.nationalparks.gov.uk/voe_national_parks_summary_english.pdf Wandern im Brecon Beacons Nationalpark, Wales. 5 © A. Andersson EU-Gipfeltreffen von Göteborg, 2001. Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt: Europas Bekenntnis zum Biodiversitätsziel 2010 Sowohl in der EU als auch darüber hinaus engagiert sich die Europäische Union schon lange dafür, den Verlust an biologischer Vielfalt zu stoppen. Richtlinien zum Naturschutz werden seit 1979 erlassen, eine Strategie zur biologischen Vielfalt wird seit 1998 verfolgt. Die Mitgliedsstaaten der EU gehörten 2001 zu den ersten Staaten, die sich zu dem Ziel bekannt haben, den Biodiversitätsverlust bis zum Jahr 2010 zu stoppen. Die Ziele dieses neuen EU-Aktionsplans sind: verstärkte Aktivitäten zur Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt in der EU bis 2010; beschleunigter Fortschritt bei der Erholung von Lebensräumen und natürlichen Systemen in der EU; optimierte Beiträge der EU für eine erhebliche Reduzierung des Biodiversitätsverlustes weltweit bis 2010. Doch obwohl bereits beachtliche Erfolge erzielt wurden, geht der Wandel zu langsam voran, als dass das „Ziel 2010“ erreicht werden könnte. In ganz Europa nimmt die Biodiversität weiter ab. Nahezu die Hälfte der Säugetiere und Vögel in Europa sind bedroht und selbst Bestände bislang weit verbreiteter Arten nehmen ab. Viele Ökosysteme werden noch immer beeinträchtigt oder zerstört, um Raum für Intensivlandwirtschaft, fragwürdige Entwicklungsvorhaben und Landschaftszersiedelung zu schaffen. Im Aktionsplan wurden vier zentrale Politikbereiche und zehn vorrangige Ziele benannt, um das Biodiversitätsziel für 2010 zu erreichen und eine Erholung der biologischen Vielfalt zu ermöglichen. Die Ziele des Aktionsplans wurden in 150 vordringliche Handlungen und Maßnahmen übersetzt. Diese müssen nun innerhalb klar definierter Zeiträume sowohl auf der Ebene der Mitgliedsstaaten als auch jener der EU umgesetzt werden. Der hohe Pro-Kopf-Verbrauch und die Abfallproduktion von uns Europäern haben auch weit über Europa hinaus negative Auswirkungen. Der europäische Lebensstil ist in erheblichem Maße von Importen aus aller Welt abhängig und bedingt dort oft eine Ausbeutung der natürlichen Ressourcen ohne Rücksicht auf die Nachhaltigkeit. Unterstützt von einem beispiellosen Konsens unter den interessierten Kreisen und Akteuren entschied sich die EU im Juni 2006 zu einer Verdoppelung ihrer Aktivitäten und verabschiedete einen ehrgeizigen neuen Aktionsplan zur biologischen Vielfalt. Der Aktionsplan stellt einen wichtigen neuen Ansatz in der Biodiversitätspolitik der EU dar. Zum ersten Mal werden nicht nur alle relevanten Wirtschafts- und Politikbereiche in einem einzigen Strategiedokument berücksichtigt. Ihnen wird darüber hinaus auch jeweils ein Anteil an der Verantwortung für die Umsetzung zugeteilt. Der Aktionsplan berücksichtigt damit, dass eine Veränderung nur möglich wird, wenn alle Gesellschaftsbereiche gemeinsam und alle Mitgliedsstaaten dazu beitragen, das Ziel der Eindämmung und des Stopps des Biodiversitätsverlustes zu erreichen. © Niall Benvie/naturepl.com 2003 sah die EU-Kommission großen Handlungsbedarf. Sie initiierte eine umfassende Überprüfung der Wirksamkeit der Strategie zur biologischen Vielfalt und des zugehörigen Aktionsplans und eine in die Tiefe gehende Beratung aller gesellschaftlichen Gruppen darüber. Dabei zeigte sich, dass die politischen Rahmenbedingungen zwar überwiegend gegeben waren, es jedoch an Einsatz und Engagement für die Umsetzung fehlte. • • • © Markus Varesvuo/birdfoto.fi Schneeeule, Nyctea scandiaca, Finnland. Übersicht über den EU-Aktionsplan zur Biodiversität Politikbereich 1: Biologische Vielfalt in der EU f Ziele 1.Schutz der wichtigsten Lebensräume und Arten der EU 2.Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen in der Fläche 3.Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen in der Meeresumwelt der EU 4.Stärkung der Vereinbarkeit der regionalen und territorialen Raumplanung mit dem Erhalt der biologischen Vielfalt in der EU 5.Wesentliche Verringerung der Auswirkungen von invasiven gebietsfremden Arten und gebietsfremdem Erbgut auf die biologische Vielfalt in der EU Politikbereich 2: Die EU und die weltweite biologische Vielfalt Politikbereich 3: Biologische Vielfalt und Klimawandel Politikbereich 4: Die Wissensgrundlage Ziele 6.Wesentliche Stärkung der Effizienz des internationalen Regierungshandelns für die biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen 7.Wesentliche Stärkung der Förderung der biologischen Vielfalt und der Ökosystemleistungen im Bereich der EU-Außenhilfe 8.Wesentliche Verringerung der Auswirkungen des internationalen Handels auf die weltweite biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen Ziel 9.Unterstützung bei der Anpassung der biologischen Vielfalt an den Klimawandel Ziel 10.Wesentliche Stärkung der Wissensgrundlage im Hinblick auf Schutz und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt in der EU und weltweit f Unterstützungsmaßnahmen 1. Sicherstellung ausreichender Finanzmittel 2. Stärkung der Entscheidungsfindung innerhalb der EU 3. Aufbau von Partnerschaften 4. Ausbau des Kenntnisstands, der Sensibilisierung und der Partizipation der Öffentlichkeit Überwachung, Bewertung und Überprüfung 7 Ziel 1 des EU-Aktionsplans: Bewahrung der wichtigsten Lebensräume und Arten in der EU © Junta de Andalucia Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie Da die Natur keine politischen Grenzen kennt, hat die Europäische Union für ihr gesamtes Gebiet einheitliche umfassende Vorschriften zum Schutz der wichtigsten Lebensräume und bedrohten Arten erlassen. Die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) sind die zentralen Politikinstrumente der EU zur Eindämmung des Biodiversitätsverlustes bis 2010. Mit ihnen ist in den 27 Mitgliedsstaaten der gleiche hohe Naturschutzstandard gesichert. Die Richtlinien ermöglichen den Nationalstaaten auch, ihre Naturschutzbemühungen unabhängig von politischen oder administrativen Grenzen abzustimmen und voranzubringen. Der durch die Richtlinien vorgegebene Prozess basiert auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, ist rechtlich durchsetzbar und auch einklagbar und folgt hinsichtlich des Managements einem Ansatz, der die Ökosysteme in ihrer Gesamtheit berücksichtigt. Iberischer Luchs, Lynx pardinus – eine der gefährdetsten Arten Europas. oben mitte Steinadler, Aquila chrysaetos, in einem Heidegebiet. unten links Krauskopfpelikan, Pelicanus crispus. unten mitte Karte des europäischen Netzwerks Natura 2000. unten rechts Großer Feuerfalter, Lycaena dispar. links mitte Zentrales Ziel der Richtlinien ist die Schaffung eines EU-weiten ökologischen Netzwerks von Schutzgebieten – das Netzwerk Natura 2000 – welches über 1.000 seltene, bedrohte oder endemische Arten und etwa 220 natürliche Lebensräume schützen soll. Bislang gehören circa 24.000 Gebiete zu diesem Netzwerk. In ihrer Gesamtheit decken sie annähernd ein Fünftel der Fläche der EU ab. Damit tragen sie nicht nur erheblich zum Schutz seltener Arten bei, sondern sichern auch bedeutende Ökosysteme und bewahren sichere Zufluchtsorte für unzählige weitere Arten. © D.Tipling/Wildlife/4nature.at Arten-Aktionspläne der EU – ein Erfolgsrezept Seit 1993 hat die Europäische Kommission die Entwicklung und Umsetzung von 46 EU-weiten Aktionsplänen für die am meisten bedrohten Vogelarten des Anhangs I der VogelschutzRichtlinie unterstützt. Die Pläne werden von BirdLife International vorbereitet und durchlaufen einen umfangreichen Beratungsprozess, an dem wissenschaftliche Experten, Regierungsbehörden und die Gesellschaft beteiligt sind, um EU-weit Prioritäten für den Schutz der Zielarten festzulegen. Kürzlich hat eine Studie über die Auswirkungen dieser Pläne nach zehn Jahren festgestellt, dass die Pläne sehr wirksam sind. Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass in 18 der 23 betrachteten Fälle ein deutlicher Erfolg bei der Umsetzung festzustellen ist und dass für 11 Arten bereits die mittel- und langfristigen Ziele erreicht werden konnten. Für die Mehrzahl der Arten war im Umsetzungszeitraum der Pläne ein Anstieg der Bestände oder eine räumliche Ausbreitung zu beobachten. Größte Erfolge wurden beispielsweise für den Krauskopfpelikan, den Kaiseradler und den Madeira-Sturmvogel erzielt. Die Bestände von Letzterem nahmen um 20 % und mehr zu. Angesichts des Erfolgs beabsichtigt die Kommission nun nicht nur für Vögel, sondern auch für andere gefährdete Arten EU-weite Aktionspläne auszuarbeiten. http://ec.europa.eu/environment/nature/ conservation/wildbirds/action_plans/ index_en.htm © Pete Cairns/naturepl.com Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Der Aktionsplan zur Biodiversität fordert die Mitgliedsstaaten und die Gemeinschaft auf das Netzwerk Natura 2000 zu vollenden, indem jedes Land (insbesondere die neuen Mitgliedsstaaten) sicherstellt, dass von der jeweiligen Landesfläche eine ausreichende Zahl von Gebieten vorgeschlagen wird, um die in den Anhängen der Richtlinien aufgeführten Arten und Lebensräume entsprechend ihrem natürlichen Vorkommen zu schützen; bis 2010 in ausreichendem Maße Natura 2000-Gebiete an Land auszuweisen, sie zu schützen und erfolgreich zu managen und dies bis 2012 für Seegebiete ebenso zu erreichen, um abzusichern, dass die Arten und Lebensräume einen guten Erhaltungszustand bewahren oder erlangen und dass ihr langfristiger Schutz und die dazu notwendigen Maßnahmen gewährleistet sind; auch langfristig eine ausreichende Finanzierung des Gebietsmanagements sicherzustellen, unter anderem durch die Unterstützung der EU sowie durch einen verstärkten Einbezug von Naturschutzbelangen und -management in andere Landnutzungsformen. • • Aufgrund des großen Flächenanteils der EU, der zum Netzwerk Natura 2000 gehört, reicht es für das Naturschutzmanagement selbstverständlich nicht aus, lediglich Schutzgebiete mit strengem Schutzstatus auszuweisen. Es ist notwendig, eng mit allen Interessengruppen und Akteuren sowie Wirtschaftsbereichen zusammenzuarbeiten, um die Gebiete im umfassenden Sinne und langfristig nachhaltig zu managen. Das Gebietsmanagement von Natura 2000 verfolgt die Ziele der nachhaltigen Entwicklung. Daher wird nicht eine völlige Einstellung wirtschaftlicher Aktivitäten beabsichtigt. Vielmehr geht es darum, einen Weg zu finden, wie eine Nutzung unter Bewahrung der biologischen Vielfalt der EU erfolgen kann. • Da ein abgestimmtes Vorgehen für bedrohte Arten sehr wichtig ist und da das Netzwerk Natura 2000 auch kohärent und belastbar sein muss, fordert der Aktionsplan ferner von den Mitgliedsstaaten und der Gemeinschaft zu gewährleisten, dass keine prioritäre Art im Jahr 2010 einen verschlechterten Erhaltungszustand aufweist und dass die Mehrzahl der Arten 2013 einen günstigen Erhaltungszustand hat oder sich bereits dorthin entwickelt; weitere EU-weite Aktionspläne für die am stärksten bedrohten Arten zu entwickeln beziehungsweise zu überarbeiten und umzusetzen. Für weitere Vogelarten sowie für andere Arten wie beispielsweise große Raubtiere sollen Pläne neu entwickelt werden. Mit dem EU-LIFE-Natur-Programm werden auch weiterhin Schutzprojekte bevorzugt gefördert, die Maßnahmen aus den Arten-Aktionsplänen umsetzen; beispielsweise durch die Einrichtung von geschützten Zugwegen, Pufferzonen, Trittsteinen und Verbindungselementen nicht nur zwischen Natura 2000-Gebieten, sondern auch zu anderen Schutzgebieten, den Zusammenhang, die Fähigkeit, Störungen abzupuffern, und die Kohärenz des Netzwerks bis 2010 zu stärken. • • • Das europäische Netzwerk Natura 2000 © Andy Sands/naturepl.com Die EU ist auch für Überseegebiete wie Guadeloupe, Martinique, Französisch Guyana und Réunion verantwortlich, die eine besonders mannigfaltige biologische Vielfalt aufweisen. Auch wenn diese Gebiete nicht von den Naturschutzrichtlinien abgedeckt sind, gewährleistet der Aktionsplan zur Biodiversität, dass ähnliche Ansätze für den Schutz ihrer wertvollen Arten und Naturräume nachdrücklich unterstützt werden. Ziel 2 des EU-Aktionsplans: Flächendeckender Biodiversitätsschutz in der EU © Laurie Campbell Berücksichtigung der Umwelt in der Land- und Forstwirtschaftpolitik der EU Das Netzwerk Natura 2000 allein wird die biologische Vielfalt der EU nicht bewahren können, wenn nicht auch flächendeckend Maßnahmen ergriffen werden. Unsere europäische Landschaft wurde in den letzten 50 Jahren stark verändert. Heute werden 80 % der Fläche genutzt. Infolgedessen wurden viele wertvolle Ökosysteme degeneriert und zerstückelt, so dass sie ihre ursprünglichen ökosystemaren Leistungen nicht mehr erbringen können. Die Landwirtschaft ist noch immer die dominante Landnutzungsform in Europa und nimmt nahezu 50 % der Fläche der EU in Anspruch. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche hat auch stark zur Biodiversität in Europa beigetragen: Ungefähr die Hälfte unserer Arten ist auf die eine oder andere Weise mit den landwirtschaftlichen Flächen verbunden. Jahrhunderte oft lokal unterschiedlichster Landbewirtschaftungsformen haben die vielfältige Kulturlandschaft hervorgebracht, die wir heute kennen. Hochlandrind – eine typische europäische Rasse. oben mitte Britische „bluebell woods“ – Wälder übersät mit Hasenglöckchen, Hyacinthoides nonscripta. unten links Landwirte im Ebrodelta. unten mitte Acker- und Weideland. unten rechts Rufender Wachtelkönig, Crex crex. links mitte © Neus de saavedra © Neus de saavedra 10 Wie überall auf der Welt unterlag die europäische Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten allerdings einem rasanten Wandel. Gelenkt durch die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU mit dem Ziel einer erhöhten Produktivität haben viele Landwirte ihre Produktion intensiviert und arbeiten heute maschinenintensiver. Gleichzeitig wurden die Betriebe, die im Konkurrenzkampf nicht mithalten konnten, an den Rand gedrängt und viele mussten ihre Flächen aufgeben. Auch das hatte und hat noch immer Agrar-Umweltmaßnahmen dienen dem Schutz des Ebrodeltas Das Delta des Ebro an der Nordostküste Spaniens ist eines der wichtigsten Feuchtgebiete der Mittelmeerregion und ein Hauptüberwinterungsgebiet für Hunderttausende von Wasservögeln. Zwei Drittel des Deltas bestehen aus Reisfeldern, auf denen jährlich 100.000 Tonnen Reis wachsen. Dank der Nutzung der AgrarUmweltmaßnahmen der EU gehen im Delta des Ebro Reisanbau und Biodiversität Hand in Hand. Die Landwirte erhalten eine finanzielle Unterstützung, weil sie Maßnahmen ergreifen, die über die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen. So werden weniger Pestizide eingesetzt und das Wasser wird im Winter für die Vögel auf den Feldern gelassen. Obwohl das mit einem Mehr an Arbeit verbunden ist, haben 80 % der Landwirte des Deltas entsprechende Verträge unterschrieben. Mit ihrem qualitativ hervorragenden Bio-Reis erzielen sie das Doppelte des normalen Marktpreises. Der Reis ist in Europas Spitzenrestaurants sehr gefragt. Darüber hinaus profitiert das Gebiet vom zunehmenden Öko-Tourismus, da die Menschen eigens zu Besuch kommen, um die beeindruckende Tierwelt des Deltas zu sehen. http://www.iberianature.com/material/ ebro.html © David Tipling/naturepl.com Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Der Aktionsplan zur biologischen Vielfalt fordert die Mitgliedsstaaten auf den größtmöglichen Nutzen aus den nun verbesserten Möglichkeiten der aktuellen EU-Politik zu Landwirtschaft und ländlicher Entwicklung sowie dem EU-Wald-Aktionsplan zu ziehen, um flächendeckend die Biodiversität zu fördern. Darüber hinaus sollen die Mitgliedsstaaten in ihren nationalen und regionalen Plänen zur ländlichen Entwicklung ausreichende Mittel für solche Maßnahmen reservieren, die für die Biodiversität von Belang sind. Konkreter heißt dies, dass die Maßnahmen nutzbringend eingesetzt werden sollen, die die neue EU-Verordnung zur Entwicklung des ländlichen Raums (2007–2013) in ihrem zweiten Schwerpunkt ausschließlich zur „Verbesserung der Umwelt und der Landschaft“ bereitstellt. Mindestens 25 % der zurzeit verfügbaren 88 Milliarden Euro sind für diesen Schwerpunkt reserviert. Diese Mittel können für die Biodiversität sowohl in Natura 2000-Gebieten als auch in land- und forstwirtschaftlichen Gebieten von hohem Naturschutzwert einen beträchtlichen Nutzen darstellen. verheerende Konsequenzen für die biologische Vielfalt. Heute sind in der EU nur noch 15 bis 25 % der ursprünglichen landwirtschaftlichen Gebiete von hohem Naturschutzwert (sogenannte high nature value farming areas) erhalten geblieben. In welchem Umfang dieses Angebot wirklich genutzt wird, hängt allerdings davon ab, wie die einzelnen Mitgliedsstaaten und Regionen das Maßnahmenpaket der EU-Verordnung in ihren jeweiligen Plänen zur ländlichen Entwicklung anwenden. Die Europäische Kommission hat strategische Leitlinien bereitgestellt, die bei der Mittelverteilung helfen sollen, beispielsweise indem ein klarer Fokus auf die Biodiversität sowie auf land- und forstwirtschaftliche Gebiete von hohem Naturschutzwert gelegt wird. Die Entwicklung in den europäischen Wäldern ist ähnlich bedenklich. Sehr viele Forste werden weiterhin als rein kommerzielle Kulturen bewirtschaftet und haben einen sehr eingeschränkten Wert für die biologische Vielfalt. Nur 1–3 % der Wälder in der EU sind noch unbewirtschaftet und natürlich. Ein weiteres Schlüsselelement der neuen GAP ist das Instrument zur Sicherung der Einhaltung bereits bestehender EU-Umweltgesetze in der Landwirtschaft, welches auch als „cross compliance“ bezeichnet wird. Bevor Landwirte Prämien erhalten, müssen sie die Berücksichtigung bestimmter gesetzlicher Standards hinsichtlich der Umwelt, der Produktqualität und des Tierschutzes nachweisen und ihre Flächen in einem guten ökologischen und landwirtschaftlichen Zustand erhalten. Die Vogelschutz- und der FFH-Richtlinie gehören zu den 19 EU-Richtlinien, deren Einhaltung als Mindestbedingung gilt. Das hohe Maß der Intensivierung und ihre Folgen bewirkte eine Reihe von wichtigen Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Letztendlich sind nun die Landwirtschaftsbeihilfen nicht mehr an die Produktion gekoppelt. Gleichzeitig wird die Rolle der Landwirte als Treuhänder für die europäische Landschaft anerkannt. © David Norton/naturepl.com Auch für den Erhalt seltener europäischer Nutztierrassen und Nutzpflanzen hat die EU ein Gemeinschaftsprogramm verabschiedet. In Europa gibt es noch immer über 2.300 Nutztierrassen, mehr als irgendwo sonst auf der Welt. Sie haben sich im Zuge jahrhundertelanger Auslese- und Züchtungsarbeit vor Ort sowie lokaler, traditioneller landwirtschaftlicher Praxis entwickelt und sind daher besonders gut an bestimmte Umweltbedingungen angepasst. Durch den Wandel in der Landwirtschaft sind viele dieser Rassen heutzutage jedoch stark bedroht. © David Kjaer/davidkjaer.com Nicht zuletzt wurde 2006 von der EU-Kommission der Wald-Aktionsplan verabschiedet. Er stellt einen Rahmen für alle waldbezogenen Maßnahmen in der EU und den Mitgliedsstaaten dar. Sein Hauptziel ist, eine nachhaltige Waldbewirtschaftung und die multifunktionale Rolle der Wälder zu unterstützen und zu entwickeln. Damit kann auch der Wald-Aktionsplan zur Finanzierung von Projekten genutzt werden, die dazu beitragen das Biodiversitätsziel der EU für 2010 und darüber hinaus zu erreichen. 11 Ziel 2 des EU-Aktionsplans: Flächendeckender Biodiversitätsschutz in der EU © David Kjaer/davidkjaer.com Verbesserung der Gewässerqualität von Süßwasserlebensräumen Wasser ist nicht nur eine wichtige ökonomische Quelle, es ist auch ein tragender Pfeiler der Umwelt. Dank strenger EU-Gesetze hat sich die Wasserqualität in der EU in den letzten 20 Jahren verbessert. Wichtige Fortschritte wurden auch bei der Abwasserbehandlung aus Industrie und Haushalten erzielt. Heutzutage gelangen die Abwässer von circa 90 % der Bevölkerung Nordwesteuropas in Kläranlagen. Allein in den letzten sechs Jahren wurden mit Hilfe des Strukturfonds der EU über 5,6 Milliarden Euro investiert, um in den neuen Mitgliedsstaaten den gleichen Standard zu gewährleisten. Diffuse Verschmutzungen sind allerdings eine bleibende Herausforderung. Obwohl auch hier bereits Erfolge erzielt wurden, wird durch den weit verbreiteten und oft unsachgemäßen und übertriebenen Einsatz von Düngemitteln in der Intensivlandwirtschaft das Grundwasser stark belastet. Durch die Nährstoffanreicherung auch außerhalb der landwirtschaftlichen Flächen werden die ursprünglichen Lebensgemeinschaften in Seen, Flüssen, Ästuaren und Küstengewässern verändert und zum Teil ausgelöscht. links mitte Wasseramsel, Cinclus cinclus. oben mitte Aapamoor, Nordfinnland. neuer Maasschleifen bei Keent. kleines bild unten links Teichoder Wasserfrosch, Rana esculenta. unten mitte Wasserverschmutzung. unten rechts Gebänderte Prachtlibelle, Calopteryx splendens. Aber auch die räumliche Umgestaltung von Gewässern hat große Probleme verursacht. Die meisten Flüsse und Flusseinzugsgebiete wurden beispielsweise für den Hochwasserschutz, die unten links Karte Für den Hochwasserschutz bekommt die Maas ihre Flussschleifen zurück Die Niederländer habe langjährige Erfahrung mit dem Kampf gegen das Wasser. Nachdem das Land in den 1990er Jahren dennoch von mehreren starken Überschwemmungen betroffen war, hat sich ihre Haltung jedoch geändert: Sie kämpfen nicht mehr gegen, sondern arbeiten mit dem Fluss. Das Sanierungsprojekt von Keent ist ein Umsetzungsbeispiel zur Verminderung von Hochwasserereignissen. Ein Teil der kanalisierten Maas soll wieder in den alten Mäandern des Flusses fließen, um in Zeiten von Hochwasserspitzen einen Teil des Wassers zurückhalten zu können. Gleichzeitig wird damit entlang der wieder ausgehobenen Flusswindungen ein wertvolles Naturgebiet von über 400 ha wiederhergestellt. © Josef Hlasek http://www.anyadavis. com/sand/index.html 12 Den Wasserbehörden gelingt es mit dem Projekt, gleichzeitig zwei wichtige nationale Ziele zu verfolgen: Hochwasserschutz und die Wiederherstellung ökologisch wertvoller Korridore. Der Erfolgt liegt darin begründet, dass seit Beginn der ersten Überlegungen und Planungen beide Ziele gleichwertig sind. Das ist nicht nur vorteilhaft für beide Interessen, sondern begünstigt auch schonendere Konstruktionslösungen. Darüber hinaus wird das Projekt voraussichtlich kostengünstiger als klassischer Hochwasserschutz. © Jorma Luhta/leuku.fi Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Der EU-Aktionsplan zur Biodiversität bekräftigt die Notwendigkeit einer rechtzeitigen Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und die Dringlichkeit nachhaltiger Anstrengungen zur Verminderung der Wasserverschmutzung in Europa. Er fordert die Mitgliedsstaaten darüber hinaus auf, fruchtbare Böden zu schützen und wertvolle Flüsse und Feuchtgebiete zu restaurieren, damit diese dazu beitragen können, die Auswirkungen möglicher Flutereignisse abzumildern. Die Wasserrahmenrichtlinie ist ein zentrales Instrument, um diese Ziele zu erreichen. Sie verfolgt das ehrgeizige Ziel, dass alle Gewässer der EU bis 2015 einen guten Zustand erreichen sollen. Dieses Ziel gilt als erreicht, wenn die Gewässer nicht nur einen guten chemischen Zustand (geringe Schadstoffkonzentration) haben, sondern auch einem guten ökologischen Zustand (hier sind Oberflächengewässer wie Flüsse und Seen gemeint). Hinsichtlich der biologischen Vielfalt ist die Berücksichtigung des ökologischen Zustands bei der Zielsetzung besonders wichtig, denn damit wird der Wert intakter Süßwasserlebensräume anerkannt. Energiegewinnung, die Schifffahrt oder die Landwirtschaft umgestaltet. Das hat nicht nur zu einem erheblichen Verlust an biologischer Vielfalt geführt, sondern schränkt auch in hohem Maße die normalen Fähigkeiten der Flüsse zur Wasserreinigung und zur Hochwasserretention ein. Die Richtlinie fordert, dass bis Ende 2009 für jedes Flusseinzugsgebiet ein integrierter Bewirtschaftungsplan entwickelt wird. Die Arbeit auf dieser konkreten Ebene ist besonders effektiv und zwingt Behörden wie Interessengruppen, sich ungeachtet politischer Unterschiede oder administrativer Grenzen zu beteiligen. Jeder Plan enthält ein abgestimmtes Maßnahmenprogramm, um das 2015-Ziel zu erreichen. Maßnahmen zum Erhalt und zur Wiederherstellung wertvoller Gewässerökosysteme werden zweifellos in den Plänen enthalten sein, nicht nur, um die biologische Vielfalt und den Landschaftswert zu bewahren, sondern auch, um die Wasserretentionsfähigkeit der Gewässersysteme und ihre wasserreinigende Funktion zu verbessern. Angesichts der hohen Kosten für die Reinigung von verschmutztem Wasser und für Überflutungsschäden hat in Europa ein Nachdenken darüber eingesetzt, wie bei einem optimalen Management von Gewässern von Beginn an auch ihre ökologische und ökonomische Bedeutung sowie ihre Bedeutung hinsichtlich der biologischen Vielfalt berücksichtigt werden kann. Damit wurde ein stärker ganzheitlich ausgerichteter Ansatz im Umgang mit Ökosystemen erreicht. Dieser ist auch Bestandteil der Wasserrahmenrichtlinie der EU. Hinsichtlich der Wasserverschmutzung verlangt der Aktionsplan zur Biodiversität im Speziellen Aktivitäten um punktuelle Umweltverschmutzungen erheblich zu reduzieren – mittels einer besseren Umsetzung der Richtlinien zur Behandlung von kommunalem Abwasser, zur integrierten Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung, zu Großfeuerungsanlagen und zur Abfallverbrennung; diffuse Verunreinigungen aus landwirtschaftlichen Quellen umfassend zu vermindern, indem die Nitrat-Richtlinie der EU verstärkt berücksichtigt und die thematische Strategie der nachhaltigen Nutzung von Pestiziden umgesetzt wird; die Luftverschmutzung und die Gefährdung durch toxische Chemikalien weiter zu reduzieren, unter Berücksichtigung der thematischen Strategie zur Luftverschmutzung und REACH (Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe). • • © European Commission • © David Kjaer/davidkjaer.com Und nicht zuletzt in Bezug auf den Bodenschutz und das Risikomanagement gegen Überschwemmungen verlangt der Aktionsplan zur Biodiversität die Umsetzung der neuen thematischen Strategie für den Bodenschutz, um Bodenversiegelung, Erosion und den Verlust an biologischer Vielfalt im Boden zu minimieren. Der Aktionsplan fordert die Mitgliedsstaaten und die Gemeinschaft auch auf, die Risiken und die Vorteile von Überschwemmungen für die biologische Vielfalt zu untersuchen und abzusichern, dass Managementpläne zu Überschwemmungsrisiken, die im Rahmen der EU-Richtlinie zum Hochwasserrisikomanagement entwickelt werden, auch der biologischen Vielfalt zuträglich sind. 13 Ziel 3 des EU-Aktionsplans: Flächendeckender Meeresbiodiversitätsschutz in der EU © Jose B. ruiz/naturepl.com Schutz der europäischen Meere Die Küsten und Meere Europas sind für Millionen Menschen wichtig und leisten einem erheblichen Beitrag zum wirtschaftlichen Wohlstand. Dabei konkurrieren Fischerei, Schifffahrt und Tourismus entlang der langen und vielfältigen Küste Europas um für sie jeweils lebensnotwendige Gebiete. Heute lebt fast die Hälfte der EU-Bürger in küstennahen Gebieten (bis zu 50 km zum Meer). Die vielfältige Nutzung des Meeres hat allerdings auch einen starken Einfluss auf die natürlichen Ressourcen und das zerbrechliche Gleichgewicht in den betreffenden Ökosystemen. Überfischung ist an der Tagesordnung. Und bei vielen Fischen, zu denen Bestandserhebungen erfolgen, stellte sich heraus, dass ihre Anzahl bereits unter einer ökologisch vertretbaren Grenze liegt. Der wieder über Bord geworfene Beifang (tote, unerwünschte oder zu kleine Fische und andere Lebewesen) hat noch immer einen unakzeptablen Umfang und macht bei manchen Fischereien einen Anteil von 20 bis 60 % des Fanggewichts aus. Diese Praxis verursacht einen unsäglichen Schaden in den Ökosystemen der Meere. links mitte Goldstriemenschwarm, Sarpa salpa, im Mittelmeer. La Maddalena Archipel, Sardinien. unten links Riesenhai, Cetorhinus maximus. unten mitte Fischerboot im Wattenmeer. unten rechts Pferdeaktinie, Actinia equina, Bretagne, Frankreich. oben mitte Ein weiteres Hauptproblem ist die Meeresverschmutzung. Bis zu 80 % der Verschmutzung im Meer hat ihren Ursprung an Land, vor allem in der Landwirtschaft und der Industrie. Durch die Nährstofffracht kommt es stark vermehrt zu toxischer Algenblüte. Schwermetalle und andere gefährliche Substanzen reichern sich in den Nahrungsketten der Meere an und können nicht nur beim Menschen erhebliche Gesundheitsprobleme verursachen. © P.Kobeh/BIOS/4nature Begrenzung des Beifangs von Nichtzielarten Tausende von Meeresschildkröten, Haien, Delfinen und Vögeln sterben jedes Jahr unbeabsichtigt in europäischen Fischernetzen. Nach Angaben des International Council for the Exploration of the Sea (ICES) ertrinken allein 4.400 Schweinswale im Zuge der Nordseefischerei und circa 55.000 Meeresschildkröten sterben im Mittelmeer durch die pelagische Langleinenfischerei, bei der unzählige Köderhaken an einer Leine an der Wasseroberfläche treiben, um mit ihnen Schwertfisch zu fangen. Seit 2004 ist es bei der Fischerei mit Stellnetzen über 12 m in der EU Pflicht, sogenannte Pinger, also akustische Signalgeber, an den Netzen anzubringen, um Schweinswale von ihnen fernzuhalten. Die EU erwägt auch, verbindliche Beifanghöchstgrenzen für die Fischerei festzulegen. Dazu bedarf es zunächst allerdings guter Daten, beispielsweise über den Walbestand in den Gewässern der EU. Daher wurde 2005 ein Projekt unterstützt, das die Kleinwalbestände in den EUGewässern entlang des Festlandssockels des europäischen Atlantiks untersucht (SCANS II). Der benötigte Aufwand war enorm: Sieben Schiffe, drei Flugzeuge und ein Team von über 70 Forschern waren im Einsatz. Das zeigt, wie schwierig es ist, Daten zu Meeresressourcen zu erheben. Die Erhebungen waren jedoch erfolgreich und nun werden die Ergebnisse ausgewertet. Sie sind Teil eines größeren Maßnahmenpakets zur Reduktion des Beifangs in der europäischen Fischerei. http://ec.europa.eu/fisheries/cfp/management_resources/conservation_measures_en.htm 14 © Kerstin sundseth/Ecosystems Ltd Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Im Jahr 2007 hat die EU eine ehrgeizige Richtlinie zur Meeresstrategie, die Marine Strategy Directive, verabschiedet, um Europas Meere zu schützen und die nachhaltige Nutzung der Meere zu fördern. Genau wie die Wasserrahmenrichtlinie geht die Meeresstrategie von einem Ansatz aus, der die Ökosysteme als Ausgangspunkt nimmt. Die neue Richtlinie hat zum Ziel, dass alle Meeresgebiete der EU bis 2020 einen guten Umweltzustand erreichen. Aufbauend auf bereits bestehendes Recht und Konventionen zielt sie darauf ab, eine klare, allumfassende Vision für die europäische Meeresumwelt zu schaffen. Auf EU-Ebene wurden gemeinsame Ziele und Prinzipien festgelegt. Das Management und die Umsetzung obliegt allerdings den Anrainerstaaten der vier betroffenen Meeresgebiete (Nordostatlantik, Ostsee, Mittelmeer und Schwarzes Meer). Ölflecken und -teppiche sowie von Schiffen abgelassenes Ballastwasser und sonstige Rückstände kommen als Belastungen hinzu. Ebenso problematisch sind einwandernde fremde Arten, die zunehmende Küstenbebauung und der Klimawandel. Der Aktionsplan zur Biodiversität fordert von den Mitgliedsstaaten und der Gemeinschaft eine schnelle und effiziente Umsetzung der Richtlinie zur Meeresstrategie sicherzustellen, damit für alle Meeresgebiete der EU gute Umweltbedingungen erreicht und notwendige Anforderungen für die biologische Vielfalt und die Ökosysteme in die zukünftige Meerespolitik der EU integriert werden. Die Situation verschärft sich durch den Mangel an geeigneten wissenschaftlichen Daten und die Komplexität der rechtlichen Regelungen zu den Meeresgebieten, vor allem jener auf hoher See. Die diversen Konventionen, die für die Meeresgebiete der EU gelten (z. B. OSPAR, HELCOM, Barcelona Konvention), sind ein außerordentlich wertvoller Rahmen für den Schutz der Meeresökosysteme, aber den Konventionen fehlt die bindende Kraft von internationalem Recht. Der Aktionsplan zur Biodiversität fordert darüber hinaus eine nachhaltigere Nutzung der Ressourcen der Meere im Kontext der neuen gemeinschaftlichen Fischereipolitik (GFP). Zurzeit werden Maßnahmen eingearbeitet, die auf einer schrittweisen Anwendung eines mehrjährigen, auf mehrere Arten bezogenen Ansatzes im Fischereimanagement basieren, der nicht nur die wirtschaftlich relevanten Fischbestände, sondern die ganze Meeresumwelt berücksichtigt. Im Rahmen der gemeinschaftlichen Fischereipolitik werden langfristige Managementpläne entwickelt, die zu einer Erholung bereits zusammengebrochener Fischbestände und zum Erhalt der übrigen Bestände auf einem sicheren Niveau beitragen sollen; die Überkapazitäten der EU-Fischereiflotte auf ein Niveau reduziert, das den verfügbaren Ressourcen besser entspricht; neue Maßnahmen zum Schutz mariner Lebensräume und Arten sowohl innerhalb als auch außerhalb von Natura 2000-Gebieten eingeführt. Für Seegraswiesen in bestimmten Bereichen des Mittelmeeres und entlang der Riffe um die Azoren, Madeira und die Kanaren hat die EU bereits den Einsatz schädigender Fischereitechnik verboten. Über weitere Maßnahmen wie beispielsweise sogenannte no-take zones wird zurzeit nachgedacht; zurzeit gemeinschaftliche Aktionspläne zum Schutz von Haien und Seevögeln entworfen. • • • © KINA/H.J.Roersma • © Christophe Courteau/naturepl.com Der Aktionsplan zur Biodiversität hat die Mitgliedsstaaten darüber hinaus ermutigt die Möglichkeiten des neuen Europäischen Fischereifonds möglichst gut zu nutzen, um Maßnahmen zu ergreifen, die der marinen Biodiversität zuträglich sind. Ein weiteres Ziel dabei sollte sein, die Empfehlungen für das integrierte Küstenzonenmanagement umzusetzen, um Europas sich über immerhin 70.000 km erstreckende Küstenlinie in nachhaltiger Weise zu schützen und zu nutzen. 15 Ziel 4 des EU-Aktionsplans: Integration der biologischen Vielfalt in die Regionalentwicklung © Dae Sasitorn/lastrefuge.co.uk Der Natur Raum geben Die Wirtschaft der Europäischen Union ist weltweit eine der größten und dynamischsten. In den letzten Jahren waren in noch nie da gewesenem Umfang politische, soziale, kulturelle und ökonomische Fortschritte zu beobachten. Daneben hat sich die EU erheblich von 15 auf heute 27 Mitgliedsstaaten vergrößert. All diese Veränderungen bieten neue Möglichkeiten für das Wirtschaftswachstum und die öffentliche Wohlfahrt, üben aber auch einen erheblichen Druck auf die natürlichen Ressourcen und unseren Lebensraum aus. Die Nachfrage nach neuen Wohngebieten und Transportmöglichkeiten, Infrastrukturentwicklungen sowie einer Landnutzungsänderung hat weiter zugenommen. Viele der neuen Mitgliedsstaaten befinden sich im Übergang von ehemals kommunistischen Strukturen zu einer liberaleren Marktwirtschaft. links mitte Komplexes Autobahnkreuz, Birmingham, England. oben mitte Extensiv genutzte Agrarlandschaften in Europa beherbergen viele Tiere und Pflanzen. unten links UVP und SUP führen zu besseren Planungen. unten mitte Natur, auch in der Stadt. unten rechts Auf Straßen kommen sehr viele Tiere um. Die Auswirkungen eines solchen anhaltenden Wirtschaftswachstums und solcher sich ändernder Produktionsbedingungen und Konsummuster spiegeln sich auch in unserer Landschaft wider. Die bebaute Fläche nahm in den letzten 20 Jahren um 20 % zu. Ortschaften und Städte dehnen sich auf das Land aus, die landwirtschaftlichen Flächen werden intensiviert, umgewandelt oder aufgegeben und immer neue Straßen werden gebaut. Allein 12.000 Kilometer neue Autobahnen sollen in den nächsten sieben Jahren in den neuen Mitgliedsstaaten gebaut werden. © Kerstin Sundseth/Ecosystems Ltd Umweltverträglichkeitsprüfung zum Flughafenausbau in Billund entlastet Kassen und die Natur Mehr als zwei Millionen Passagiere nutzen im Jahr den Flughafen von Billund in Süd-Dänemark. Aber die vielen Starts und Landungen wurden zu einer erheblichen Belastung für die Bevölkerung. Allein mehr als 1.300 Haushalte waren Lärm ausgesetzt, der über den empfohlenen Grenzwerten lag. Um diese Belastung zu mindern, wurde die Planungsgenehmigung für eine neue Start- und Landebahn nördlich des Flughafens und damit von der Wohnbebauung entfernt erteilt. In der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) wurde allerdings festgestellt, dass 16 zur Lärmminderung der Ausbau nicht notwendig ist. Das mit dem Bau verfolgte Lärmreduktionsziel ließ sich mit einer Veränderung der Flugbahn beim Start erreichen. Die Gutachter der UVP stellten fest, dass selbst bei voller Auslastung des Flughafens die Lärmbelastung um 75 % reduziert wird, wenn die Flugzeuge so schnell wie möglich abheben und in 150 m Höhe nur 30 Grad nach rechts schwenken. Am Ende wurden durch die UVP 40 Millionen Euro gespart und 450 ha landwirtschaftliche Flächen sowie ein wertvoller alter Wald erhalten. © David Noton/naturepl.com Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt In Anerkennung der Notwendigkeit einer sinnvollen Raumplanung, die dazu beiträgt, die negativen Effekte regionaler und nationaler Entwicklungen zu verhindern, zu minimieren und auszugleichen, fordert der Aktionsplan zur Biodiversität, dass alle einschlägigen innerstaatlichen Pläne und Projekte in der EU einer strategischen Umweltprüfung (SUP) und einer Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) unterliegen müssen, die die biologische Vielfalt in vollem Umfang berücksichtigen. Umweltverträglichkeitsprüfungen sind in der EU seit 1986 vorgeschrieben und spielen eine Schlüsselrolle bei der Analyse möglicher Auswirkungen größerer Bauvorhaben auf die Umwelt. Da sie jedoch erst auf der konkreten Projektebene angesiedelt sind, berücksichtigen sie nur spezielle Auswirkungen vor Ort. Der Schaden ist allerdings oft bereits bei früheren strategischen Entscheidungen in einem vorgelagerten Planungsverfahren (Bauleitplanung, Verkehrsplanung etc.), beispielsweise bei der Ortsauswahl, entstanden. Das „Millennium Ecosystem Assessment“, eine der bislang umfassendsten Studien zum Zustand und zu den Entwicklungstrends der Ökosysteme der Erde, das 2001 von den Vereinten Nationen in Auftrag gegeben wurde, kam zu dem Schluss, dass die europäischen Ökosysteme mehr unter anthropogen bedingter Zerschneidung zu leiden hatten als auf jedem anderen Kontinent. Noch immer könnten die negativen Auswirkungen auf die biologische Vielfalt eingegrenzt werden, wenn bereits frühzeitig in der Planungsphase Schutzvorkehrungen ergriffen würden. Manchmal entstehen Umweltschäden und Biodiversitätsverluste aufgrund einer Projektkonzeption, die verhindert, dass der größere ökologische, soziale und ökonomische Kontext im Planungsprozess in ausreichendem Maße und frühzeitig genug beachtet wird. Vor diesem Hintergrund hat die EU im Jahr 2001 die Richtlinie zur strategischen Umweltprüfung verabschiedet, die einen ganzheitlicheren Ansatz bei der Raumplanung fordert, so dass Umweltbelange und Überlegungen zur Biodiversität bereits frühzeitig bei strategischen Planungen (z. B. Leitpläne und Konzepte) und dem Entwurf von Programmen berücksichtigt werden. Damit wird die Umwelt nicht erst dann betrachtet, wenn die Grundsatzentscheidung zu einer Gebietsnutzung bereits gefallen ist. Nun arbeiten Umweltexperten Hand in Hand mit den Planern, um Informationen auszutauschen und bereits in der ersten Planungsphase die umweltverträglichsten Optionen zu finden. Umweltverträglichkeitsprüfungen müssen weiter bei konkreten Projekten durchgeführt werden. Aber Studien haben gezeigt, dass bei Umweltverträglichkeitsprüfungen zu Bauvorhaben, deren strategische oder großräumliche Vorplanungen bereits eine strategische Umweltprüfung durchlaufen haben, im Durchschnitt erheblich weniger negative Umwelteffekte festgestellt werden. Strategische Umweltprüfungen sind der Umwelt zuträglich und bewirken eine nachhaltigere, integriertere und letztendlich effizientere Raumplanung. © Laurent Geslin/naturepl.com In der neuen Förderperiode der EU von 2007 bis 2013 unterliegen nun alle EU-Fonds der Richtlinie zur strategischen Umweltprüfung. Insofern fordert auch der Aktionsplan zur Biodiversität, dass alle Projekte, die im Rahmen der EU-Programme in diesem Förderzeitraum gefördert werden, keinen oder nur einen minimalen negativen Einfluss auf die biologische Vielfalt haben und möglichst einen positiven Beitrag für diese leisten. © Richard du Toit /naturepl.com Das ist besonders in Bezug auf den Strukturfonds wichtig, der eine wichtige Finanzquelle (347 Milliarden Euro innerhalb von sieben Jahren) für Infrastrukturmaßnahmen und große Entwicklungsprojekte in der EU darstellt. In den Fällen, in denen Umweltschäden unvermeidlich sind, müssen die Infrastrukturmaßnahmen und Entwicklungsprojekte zumindest gewährleisten, dass Verluste kompensiert werden oder dass an anderer Stelle Ausgleichsmaßnahmen zum Wohl der biologischen Vielfalt durchgeführt werden, damit eine weitere Schwächung und Schädigung der Biodiversität in der EU verhindert wird. 17 © Adrian Davies/naturepl.com Das Problem der invasiven gebietsfremden Arten in Angriff nehmen Nie zuvor wurde weltweit so viel gereist und gehandelt wie heute. Das mag für unsere Wirtschaft vorteilhaft sein, es begünstigt jedoch leider auch die Ausbreitung bei uns nicht heimischer, also gebietsfremder Pflanzen und Tiere. Manche Arten werden absichtlich eingeführt und in die Natur entlassen, manche sind zunächst Haustiere oder Gartenpflanzen und verwildern dann und einige kommen sozusagen per Anhalter nach Europa, in Frachtern, Containern oder Lastwagen. Viele überleben nicht lange, aber eine wachsende Zahl kommt gut mit den hiesigen Bedingungen zurecht, sei es aus Mangel an Feinden, sei es weil sie sehr konkurrenzstark sind oder weil die Umwelt und ihr Gleichgewicht bereits geschwächt sind. Letztendlich werden manche neu auftretenden Arten invasiv, verdrängen andere heimische Arten und schädigen wertvolle Ökosysteme. Algenfarnteppiche, Azolla sp, ersticken das Leben in Flüssen. Spanische Wegschnecke, Arion vulgaris; Dreikantmuschel, Dreissena polymorpha; Roter Amerikanischer Sumpfkrebs, Procambarus clarkii. unten links Nordatlantische Rippenqualle, Mnemiopsis leidyi. unten mitte Riesen-Bärenklau, Heracleum mantegazzianum. unten rechts Kartoffelkäfer, Leptinotarsa decemlineata. links mitte Wie überall in der Welt stieg auch in Europa die Zahl der invasiven Arten in den letzten Jahren beträchtlich an. Sie stellen nun ein Hauptproblem für die biologische Vielfalt dar, das nur vom Verlust an Lebensräumen übertroffen wird. oben mitte Invasive gebietsfremde Arten sind nicht nur ökologisch problematisch. Sie sorgen auch wirtschaftlich und sozial für große Schwierigkeiten. Jährlich verursachen allein Gartenflüchtlinge wie © Vidar Aas Nordatlantische Rippenquallen lassen den Fischbestand im Schwarzen Meer schrumpfen In den frühen 1980er Jahren wurde versehentlich die nordatlantische Rippenqualle Mnemiopsis leidyi mit Schiffsbalastwasser ins Schwarze Meer eingeführt. Da es weit und breit keine natürlichen Feinde gab, vermehrte sich die Qualle explosionsartig und zehrte dabei riesige Mengen von Zooplankton, Larven und Fischeiern. Das führte schnell zu einem Zusammenbruch der Fischpopulationen vor Ort und bewirkte eine starke Veränderung des marinen Ökosystems. Die Rippenqualle hat sich im wahrsten Sinne des Wortes durch die ganze Nahrungskette hindurchgefressen. Mitte der 1990er Jahre wurde geschätzt, dass das Schwarze Meer über eine Milliarde Tonnen Rippenquallen beherbergte, mehr als das Gewicht des gesamten kommerziellen Fischfangs auf der Welt. 18 Heute weiß man, dass die Massenvermehrung der Rippenqualle aus dem Nordatlantik mitverantwortlich für den erheblichen Bestandsrückgang von nicht weniger als 26 fischereiwirtschaftlich genutzten Fischarten im Schwarzen Meer war, beispielsweise Sardelle und Mittelmeer- oder Japanische Makrele (Scomber japonicus). Die Austernfischerei vor Ort litt ebenso wie die Bestände an heimischen Quallen und endemischen Delfinen. Die Auswirkungen waren umso gravierender, weil das Schwarze Meer bereits stark unter Überfischung und Nährstoffanreicherung litt. Die wirtschaftlichen Kosten des Zusammenbruchs der Fischerei und der Folgen für den Tourismus am Schwarzen Meer werden auf 500 Millionen Dollar jährlich geschätzt. © W.Fiedler/Wildlife/4nature © D.Harms/4nature/Wildlifeit Ziel 5 des EU-Aktionsplans: Die Auswirkungen des Auftretens invasiver gebietsfremder Arten verringern © Josef Hlasek Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Der Aktionsplan zur Biodiversität fordert von der Gemeinschaft sich in einer EU-weiten Strategie mit den invasiven gebietsfremden Arten zu befassen; ein Frühwarnsystem für einen unverzüglichen Austausch von Informationen und Fachwissen über das Auftreten invasiver gebietsfremder Arten zwischen den Mitgliedsstaaten auszuarbeiten und eine umfassende grenzüberschreitende Kooperation bei Kontrollmaßnahmen zu garantieren; die vollständige Umsetzung des Cartagena-Protokolls über die biologische Sicherheit; den Schutz der biologischen Vielfalt hinsichtlich der Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt zu gewährleisten. • • • • Ferner fordert er von den Mitgliedsstaaten nationale Strategien zu invasiven gebietsfremden Arten zu entwickeln; das Übereinkommen zur Überwachung und Behandlung von Ballastwasser und Sedimenten von Schiffen der Internationale Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organization/ IMO, eine Organisation der Vereinten Nationen) umzusetzen. • • der Japanische Staudenknöterich oder der Riesen-Bärenklau (auch Herkulesstaude) an Gewässern in Deutschland einen Schaden von über 32 Millionen Euro. Letzterer bildet nicht nur früh im Jahr teilweise dichte Bestände, die bis zu 5 m hoch werden können, sondern ist auch gesundheitlich gefährlich, da phototoxische Inhaltsstoffe Verbrennungen auf der Haut verursachen. Gebiete, die der Riesen-Bärenklau besiedelt, werden ansonsten leblos, da sie von Mensch und Tier gemieden werden. Während es in der EU umfangreiche Gesetze und Verfahrensweisen gibt, um das Auftreten von landwirtschaftlich wichtigen Nutzpflanzen-, Nutztier- und Fischschädlingen und -krankheiten zu kontrollieren, besteht bislang auf europäischer Ebene kein umfassender Ansatz zu invasiven gebietsfremden Arten. Bemühungen von einzelnen Mitgliedsstaaten drohen durch Inaktivität von Nachbarstaaten unterlaufen zu werden. Haben sich invasive Arten erst einmal etabliert, sind sie oft schwer zu bekämpfen. Daher ist es besser, ihre Ausbreitung von Beginn an zu verhindern und dem Problem frühzeitig zu begegnen. Angesichts dieser Situation entwickelt die EU-Kommission zurzeit ein umfassendes Rahmenwerk zu invasiven gebietsfremden Arten. Es wird auf die nachhaltige Verminderung des Einflusses dieser Arten auf die europäische Biodiversität und die Minimierung der durch die Arten entstehenden wirtschaftlichen und sozialen Verluste abzielen. G. Czepluch/4nature/wildlife Im Einklang mit den Leitlinien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) soll das Rahmenwerk dazu beitragen von vornherein das Auftreten invasiver schädlicher Arten zu verhindern; jegliches invasive Auftreten frühzeitig zu bemerken und die Arten gegebenenfalls auszurotten; dort, wo ein Ausrotten nicht möglich ist, sicherzustellen, dass das Auftreten langfristig kontrolliert und eingedämmt wird, um eine weitere Ausbreitung in Europa zu verhindern. • • • http://www.europe-aliens.org © D.Harms/4nature/Wildlife Beim Aufbau der Rahmenwerks stützt sich die Europäische Kommission auf die bereits geleistete Arbeit aus einer Reihe von EU-finanzierten Forschungsprojekten wie beispielsweise DAISIE („Delivering Alien Invasive Species Inventories for Europe“). In diesem Projekt erfolgte eine Bestandsaufnahme der 100 schlimmsten „Neubürger“ in Europa. Für alle gebietsfremden Arten wurde eine Datenbank eingerichtet. Ein Expertenregister trägt dazu bei, Erfahrungen über die erfolgreichsten Maßnahmen zur Ausrottung verschiedener gebietsfremder Arten zusammenzutragen. 19 Ziele 6–8 des EU-Aktionsplans: Stärkung der Rolle der EU bei der Bekämpfung des globalen Biodiversitätsverlustes © Tom Gilks/naturepl.com Internationales Regierungshandeln, Handel und Entwicklungskooperation Der fortgesetzte Verlust an biologischer Vielfalt auf der ganzen Welt fordert gemeinschaftliches, abgestimmtes internationales Handeln. Als starke Befürworterin des Übereinkommens über die biologische Vielfalt fühlt sich die EU uneingeschränkt der Mithilfe im Kampf gegen den weltweiten Biodiversitätsverlust verpflichtet. Die EU erkennt, dass sie auch die Auswirkungen des hohen ProKopf-Verbrauchs der Europäer auf den Rest der Welt berücksichtigen muss, um im internationalen Kontext ein glaubwürdiger Partner zu sein. Als weltgrößter Handelspartner ist Europa stark auf den Import einer großen Warenpalette und vieler Ressourcen von außerhalb der EU angewiesen: Kaffee, Tee, Bananen, pflanzliche Öle, Holz, Fisch etc. Die wachsende Nachfrage nach Importen verleitet allerdings manchmal Exportländer dazu, ihre Ressourcen im Übermaß auszubeuten und ihrer biologischen Vielfalt erheblich zu schaden, wie es bei der Palmöl- und der Sojaproduktion der Fall ist, für die tropische Regenwälder abgeholzt werden. Marktstand mit Früchten und Gemüse, Bakau, Gambia. oben Tropischer Regenwald im Amazonasgebiet, Südamerika. unten links Gorillabeobachtung in Westafrika. unten mitte Afrikanischer Elefant in Namibia. unten rechts Pfeilgiftfrosch, Epidobates tricolor. links mitte mitte Die EU stellt weltweit auch die meiste Entwicklungshilfe bereit. Die Entwicklungspolitik zielt darauf ab, die weltweite Armut durch politischen Dialog, Handelsbeziehungen, Freihandel und Entwicklungshilfe zu verringern. © M.Harvey/4nature/Wildlife Schutz der Biodiversität in Zentralafrika Die dichten feuchten Wälder Zentralafrikas sind nach dem Amazonasgebiet die zweitgrößte zusammenhängende Regenwaldfläche auf der Erde. Sie beherbergen eine unglaubliche Vielfalt an wild lebenden Tieren, einschließlich vieler seltener Affen. In den letzten 20 Jahren wurde der Handel mit „Buschfleisch“ zu ihrer größten Gefahr. Diese Entwicklung wurde durch ein Netzwerk von Straßen begünstigt und beschleunigt, die zur Holzgewinnung von den Firmen oft bis tief in die Wälder gebaut werden. Seit 1992 unterstützt die Europäische Kommission das ECOFAC-Programm, eine große regionale Waldschutzinitiative in sechs westafrikanischen Staaten, durch 20 die inzwischen 28.000 km² Regenwald einem guten Schutzgebietesmanagement unterliegen. ECOFAC hat auch erhebliche Mittel in die Bereitstellung von alternativen Erwerbsmöglichkeiten aufgewendet, um den Jagddruck zu vermindern. Ökotourismus, der sich vor allem auf die Affenbeobachtung stützt, stellt nun eine wichtige Einnahmequelle der Menschen vor Ort dar. Die Erlöse aus organisierten und gelenkten Jagdsafaris kommen direkt den örtlichen Gemeinden zugute und werden für lokale Entwicklungsvorhaben sowie das Management der Jagdgebiete genutzt. http://www.ecofac.org/ © David Tipling/naturepl.com Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt fordert die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten auf, die Wirksamkeit internationalen Regierungshandelns im Sinne der Biodiversität zu stärken, indem sie auf eine effektive weltweite Umsetzung des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) und anderer internationaler Abkommen zur Biodiversität dringen; die Integration der Belange der biologischen Vielfalt in globale Aktivitäten wie die „Millenniumentwicklungsziele“ der UNO (Millennium Development Goals, MDGs), den Welthandel und Anpassungs- oder Minderungsmaßnahmen zum Klimawandel verbessern; ein verbessertes Regierungshandeln hinsichtlich der Weltmeere voranbringen, um den Schutz der Meeresbiodiversität zu fördern. • • • Auch wenn Umweltbelange wie der Schutz der Biodiversität ebenfalls unterstützt werden, ist die Entwicklungshilfekooperation stark nachfrageorientiert und nur wenige Länder sehen bislang die biologische Vielfalt als ein vordringliches Feld der Entwicklungszusammenarbeit. Dennoch hat sich die EU mit ihrer neuen EU-Entwicklungspolitik (2007–2013) verpflichtet, dazu beizutragen, dass die biologische Vielfalt auch Gegenstand länder- und regionenspezifischer EU-Programme zur Entwicklungskooperation wird. Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt verlangt darüber hinaus eine beträchtliche Verminderung der Auswirkungen des Welthandels auf die globale Biodiversität, indem die Haupteinflussfaktoren des Handels der EU auf die biologische Vielfalt von Drittstaaten festgestellt und Anpassungsmaßnahmen zur erheblichen Reduktion dieser Effekte umgesetzt werden; Verknüpfungen zwischen Übereinkommen der Welthandelsorganisation WTO und internationalen Abkommen zur Biodiversität unterstützt und die Anerkennung der biologischen Vielfalt als nicht handelsbezogenes Anliegen (non-trade concern) gefördert werden, um die negativen Umweltwirkungen der Globalisierung abzumildern; die vollständige Umsetzung der „Bonn Guidelines“ der CBD zum Zugang zu biologischer Vielfalt und dem gerechten Vorteilsausgleich sowie weitere diesbezügliche internationale Abkommen vorangebracht werden; die Abstammung von Holzimporten aus nachhaltiger Produktion gesichert und der illegale Holzeinschlag bekämpft wird sowie Maßnahmen ergriffen werden, die Abholzung verhindern, minimieren oder ihre Auswirkungen abmildern; gewährleistet wird, dass bilaterale Fischereiabkommen nicht zu einer Schädigung oder Zerstörung von Meeresökosystemen außerhalb der EU führen; sichergestellt wird, dass das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Convention on the International Trade in Endangered Species, CITES) erfolgreich in der EU umgesetzt und dass der Handel mit wildlebenden Tieren kontrolliert wird. • • • • • • © JBS/4nature/Wildlife Hinsichtlich der Außenbeziehungen der EU und der Entwicklungszusammenarbeit fordert der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt, dass in den Länder- und Regionalstrategieprogrammen ausreichende EUMittel für die Biodiversität vorgesehen werden; systematisch Länderumweltprofile für alle Länder- und Regionalstrategieprogramme entwickelt werden, um die Belange der biologischen Vielfalt in den Programmen zu berücksichtigen; planmäßig strategische Umweltprüfungen zu allen Strategieprogrammentwürfen durchgeführt werden und dass Umweltverträglichkeitsprüfungen zu allen EU-finanzierten Entwicklungsprojekten stattfinden, um negative Auswirkungen auf die Biodiversität zu vermeiden; ein zweckbestimmter Fonds unter anderem zur Unterstützung von Schutzprojekten außerhalb der EU eingerichtet wird. • • • © David Kjaer/davidkjaer.com • 21 Ziel 9 des EU-Aktionsplans: Unterstützung bei der Anpassung der biologischen Vielfalt an den Klimawandel © David Norton/naturepl.com Biodiversität und Klimaschutz Wir leben in der Zeit eines noch nie da gewesenen und nicht mehr gänzlich aufzuhaltenden Klimawandels. Anders als bisherige Klimaschwankungen auf der Erde sind die heutigen Veränderungen überwiegend auf unsere eigenen Aktivitäten (den massiven Ausstoß von Treibhausgasen) zurückzuführen und der Wandel vollzieht sich viel schneller als jemals zuvor. Der sogenannte Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) sagt bis zum Jahr 2100 einen globalen Temperaturanstieg von 2–6,4 °C im Vergleich zu vorindustriellen Verhältnissen voraus. Das bedeutet nicht nur, dass es auf der Erde wärmer wird, sondern dass extreme Wetterereignisse von ausgedehnten Dürreperioden bis zu heftigen, unvorhersagbaren Stürmen und Starkregen zunehmen werden. Ein erheblicher Anteil der Treibhausgase stammt aus dem Verkehr. Überschwemmungen in Großbritannien, 2007. unten mitte rechts Polarfuchs, Alopex lagopus – eines der ersten Opfer des Klimawandels. unten rechts Die kommenden Generationen im Blick. links mitte oben mitte Die Auswirkungen auf Biodiversität und Ökosysteme sind nicht genau vorhersagbar, werden jedoch erheblich sein. Da der Lebenszyklus vieler wildlebender Tiere und Pflanzen eng mit dem Lauf der Jahreszeiten verbunden ist, wird der Klimawandel sehr wahrscheinlich Brutverhalten, Zugwege, Blütezeiten, Wachstumsperioden und vieles mehr verändern. Das über viele Jahre fein aufeinander abgestimmte Zusammenspiel der Arten mit ihrer Umgebung gerät aus dem Gleichgewicht, was beispielsweise zu Brüchen in Nahrungsketten führen kann. Das BRANCH-Projekt Das Projekt BRANCH (Biodiversity, spatial planning, climate change – Biodiversität, Raumplanung, Klimawandel), welches über drei Jahre (2004–2007) über INTERREG-Mittel der EU finanziert wurde, hatte zum Ziel zu verdeutlichen, wie wichtig die Nutzung von Raumplanungsinstrumenten bei der Anpassung an den Klimawandel ist. Dazu hat BRANCH Raumplaner, Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger aus ganz Nordwesteuropa zusammengebracht, um • bestehende Raumordnungsstrategien zu prüfen und neue Herangehensweisen zu empfehlen, um die Widerstandsfähigkeit und Pufferkapazität der Biodiversität zu erhöhen; • die Reaktionen der europäischen Natur bei verschiedenen Klimawandelszenarien zu modellieren; • Planungsoptionen und -instrumente zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels für die Küsten zu entwickeln; • Auswirkungen des Klimawandels auf die binnenländischen Ökosysteme und ökologischen Netze zu bewerten; • Akteure zu ermutigen, die Anpassung an den Klimawandel in alle Planungsphasen einzubeziehen. Das Projekt kam zu dem Ergebnis, dass die starke Zerstückelung der Landschaft Europas für viele Arten eine große Hürde darstellt, mit den sich verschiebenden optimalen Klimabedingungen mitzuwandern. Sehr deutlich wird die dringende Notwendigkeit, die Biodiversität bei der Raumplanung und bei Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel zu berücksichtigen. 22 Klimaszenario: Prognostizierte Veränderung der Mittelspechtbestände in 40 Jahren (2050) http://www.branchproject.org/ © Mark Taylor/naturepl.com Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Die EU hat eine Vorreiterrolle beim Umgang mit dem Klimawandel. Ihr Hauptziel ist die Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf maximal 2 °C gegenüber den Werten vor der Industrialisierung und eine Entwicklung zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft. Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, arbeitet die EU-Kommission an einer neuen, weitreichenden Klima- und Energiepolitik für Europa. Ein zentrales Ziel ist bis 2020 die Verminderung der Treibhausgasemissionen der EU um mindestens 20 % gegenüber dem Stand von 1990, beziehungsweise um 30 %, wenn andere Industriestaaten mitziehen. Die Arten werden zwar versuchen, mit den zu ihnen passenden, sich nun räumlich verschiebenden „Klimanische” mitzuwandern, dies wird ihnen jedoch oft aus einer Vielzahl von Gründen nicht gelingen, nicht zuletzt da die Umwelt außerhalb von Schutzgebieten eine Vielzahl von Grenzen für Wanderungsbewegungen wie Straßen, Siedlungsflächen oder Flächen intensiver Land- und Forstwirtschaft aufweist. Die neuen Vorschläge werden erneuerbare Energien wie Wind- und Solarenergie sowie die Biomasseproduktion fördern. Zurzeit beträgt der Anteil der erneuerbaren Energie am Gesamtverbrauch 8,5 %. Dieser Wert soll bis 2020 auf 20 % erhöht und damit mehr als verdoppelt werden. Zu diesem Zeitpunkt soll der Anteil von Treibstoff aus Biomasse in Benzin und Diesel 10 % betragen. Im Bewusstsein des voraussichtlichen Einflusses des Klimawandels auf die Biodiversität begrüßt der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt die ehrgeizigen neuen Maßnahmen und ruft zusätzlich die Mitgliedsstaaten und die Gemeinschaft dazu auf die zentrale Rolle anzuerkennen, die die biologische Vielfalt bei der Begrenzung des Klimawandels und bei der Anpassung an ihn, beispielsweise bei der Hochwasserretention, der Erosionsvermeidung oder der Speicherung von Treibhausgasen spielen kann; sicherzustellen, dass alle Verminderungs- oder Anpassungsmaßnahmen, die im Kampf gegen den Klimawandel ergriffen werden, keinen negativen Einfluss auf die Biodiversität haben. Insofern berücksichtigt das Grünbuch der Kommission zur Anpassung an den Klimawandel den zentralen Wert des Erhalts gesunder, funktionsfähiger Ökosysteme als Teil der Strategie zum Umgang mit dem Klimawandel. Wichtige Beiträge liefern auch große Forschungsprojekte wie ALARM „Assessing large scale environmental risks on biodiversity” http://www.alarmproject.net/alarm/; zu gewährleisten, dass der Zusammenhang von Biodiversität und Klimawandel umfassend anerkannt wird. • Die biologische Vielfalt und der Klimawandel sind eng miteinander verbunden. Gesunde Ökosysteme sind lebensnotwendig für jede Strategie, den Klimawandel abzuschwächen oder sich an die sich ändernden Bedingungen anzupassen. So ist die Biodiversität in vielerlei Hinsicht unsere Lebensversicherung für die Zukunft. • • © D.J.Cox/ Wildlife/4nature Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt fordert des Weiteren: Maßnahmen, um die Pufferkapazität und Widerstandsfähigkeit sowie den Zusammenhang von Schutzgebietsnetzwerken (zum Beispiel Natura 2000) zu verbessern, um zu garantieren, dass sie weiterhin als sichere und geeignete Zufluchtsorte für Arten bei der Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung stehen; ein umfassendes Programm von prioritären Maßnahmen für besonders gefährdete Arten und Lebensräume, um die europäische Biodiversität aktiv dabei zu unterstützen, sich an den Klimawandel anzupassen. • • © Niall Benvie/naturepl.com 23 ©Wildlife/4nature.at Ziel 10 des EU-Aktionsplans: Verbesserung unserer Wissensgrundlage © KINA/F. Hoogevorst Biodiversitätsforschung in Europa Trotz jahrzehntelanger Forschung ist unser Wissen über die biologische Vielfalt und die Funktionsweise von Ökosystemen noch immer recht begrenzt. Der Mangel an Erkenntnissen kann allerdings nicht als Argument für Tatenlosigkeit dienen. Wir wissen, dass der Biodiversitätsverlust so groß wie nie zuvor ist, dass unsere Ökosysteme unter immensem Druck stehen und dass es für ein nachhaltiges Management und eine nachhaltige Nutzung dringend notwendig ist, umsichtig vorzugehen. Die Erweiterung unseres Verständnisses von der Biodiversität und den Ökosystemleistungen ist nichtsdestoweniger wichtig, um die zukünftige Politik adäquat und gut zu gestalten. In Europa haben nach und nach EU-Rahmenprogramme für Forschung, Technologieentwicklung und Modellvorhaben dazu beigetragen, unser Verständnis der Biodiversität zu verbessern. Sie haben auch einen europäischen Ansatz für einen Biodiversitäts-, Landnutzungs- und Klimawandelforschung unterstützt und im Ergebnis die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Politik verbessert. links Primärerhebung, Französisch Guyana. oben Murmeltier, Marmota marmota. Ehrenamtliche erfassen Wiesenvegetation in Wales. unten Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt fordert von den Mitgliedsstaaten und der Gemeinschaft die unabhängige wissenschaftliche Beratung zu verstärken und einen Mechanismus einzurichten, mit dem Barrieren an der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik ausgeräumt werden; im Rahmen des neuen EU-Forschungsrahmenprogramms (FP7) ausreichende finanzielle Mittel für die europäische und die nationale Biodiversitätsforschung bereitzustellen und die Forschungsbemühungen zu Stand, Trends und Verbreitung europäischer Lebensraumtypen und Arten zu steigern; die Forschung zu den stärksten Belastungen der Biodiversität zu fördern und Schutz- sowie Anpassungsmöglichkeiten zu entwickeln und zu testen; einen effektiven und umfassenden europäischen Forschungsraum zur Biodiversität zu schaffen; gemeinsame Datenstandards und Qualitätssicherungsverfahren einzuführen, um die Zusammenarbeit der wichtigen europäischen und nationalen Datenbanken und die Vergleichbarkeit der Inventarübersichten zur biologischen Vielfalt zu ermöglichen. • • 24 © T. Dines/Plantlife • • • © Junta de Andalucia Unterstützungsmaßnahmen Finanzierung, Regierungshandeln, Partnerschaften, Bewusstseinsbildung © European Commission Alle Gesellschaftsbereiche einbeziehen Um zu gewährleisten, dass die Ziele des Aktionsplans zur biologischen Vielfalt erreicht werden, ist die Bereitstellung ausreichender Mittel zur Förderung von Maßnahmen für die Biodiversität in den vielfältigen Finanzierungsinstrumenten der EU und der Mitgliedsstaaten notwendig. Die Gemeinschaft und die Mitgliedsstaaten müssen ihre verschiedenen Aktivitäten auch koordinieren, um eine schlüssige und effiziente Herangehensweise zum Schutz der biologischen Vielfalt in der ganzen EU sicherzustellen. Letztendlich können wir allerdings das Ziel 2010, den Stopp des Biodiversitätsverlustes, nur erreichen, wenn alle Gesellschaftsbereiche – von den Behörden, über die Industrie und private Landbesitzer bis hin zu sonstigen Bürgern als Teil der Öffentlichkeit – aktiv beteiligt sind. Insofern besteht eines der Ziele des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt darin, zehn Millionen Europäer bis 2010 aktiv an Initiativen für den Biodiversitätsschutz zu beteiligen und die Wirtschaftskreise in den Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt einzubeziehen. In spanischen Schulen wird der Wert der Biodiversität spielerisch erklärt. links Sprecher und Podiumsteilnehmer einer großen Konferenz zum Thema „EU-Wirtschaft und Biodiversitätsinitiative“ in Lissabon, November 2007. http://www.countdown2010.net/business/european-business-andbiodiversity-initiative. oben rechts Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt Unterstützungsmaßnahmen für den EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt beinhalten: die Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel für das Netzwerk Natura 2000 und für die Biodiversität in der Fläche in den verschiedenen EUFinanzierungsprogrammen; die Stärkung der EU-Entscheidungsprozesse, um zu gewährleisten, dass die Belange der Biodiversität in alle Bereiche der Politik der EU und der Mitgliedsstaaten einbezogen werden, und um sicherzustellen, dass neue Initiativen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die biologische Vielfalt untersucht werden. Daneben wird eine Verstärkung der Abstimmung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten zu Biodiversitätsaktivitäten angeregt; die Wahrung der aktiven Zusammenarbeit aller wichtigen Gruppen mit einem Interesse am Schutz der Biodiversität in der ganzen EU; die Bewusstseinsbildung und die Anregung einer öffentlichen Beteiligung an Initiativen zum Biodiversitätsschutz. • • © K. Sundseth/Ecosystems Ltd • • 25 © G.Martin/BIOS/4nature Telemetrisches Vogelmonitoring. Überwachung der erzielten Ergebnisse bis 2010 – und darüber hinaus Eine Feststellung von Wirkungen des Aktionsplans ist aufwändig. Dazu wird ein Set von 26 europäischen „2010Biodiversitätsindikatoren“ entwickelt. Ein Vorteil dieser Indikatoren ist, dass sie komplexe und oft ungleichartige Datensätze zusammenfassen. Sie sind in etwa vergleichbar mit einer Temperatur- oder Tankanzeige im Cockpit eines Flugzeugs. Die Anzeigen informieren den Piloten, ob das Flugzeug problemlos funktioniert, und erlauben im Falle von abweichenden Werten aktiv zu werden, ohne dass der Pilot sämtliche komplexen technischen Abläufe, die zu den Daten führen, verstehen muss. Ebenso versorgen uns die Biodiversitätsindikatoren mit sorgfältig ausgewählten Informationen, die sowohl einzeln als auch in Kombination als ein stets einheitlicher Rahmen für eine Lageeinschätzung genutzt werden können. Einige der 26 europäischen Biodiversitätsindikatoren lassen direkte Rückschlüsse auf Effekte auf bestimmte Teile der biologischen Vielfalt zu (z. B. auf Zustand und Trends der Bestände typischer Vögel der Agrarlandschaft, siehe Grafik rechts), während andere Indikatoren Gefahren für die Biodiversität allgemein, ihre nachhaltige Nutzung oder ihre Vollständigkeit anzeigen. Kinder beobachten einen Nistkasten, Norwegen. 26 Neben den Indikatoren für das Monitoring entwickelt die EU ein „Ampelsystem“ zur Beurteilung, ob die etwa 1.000 Arten und 220 Lebensraumtypen, die von besonderem europäischem Interesse und nach der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie geschützt sind, einen guten Erhaltungszustand aufweisen oder sich dorthin entwickeln. Das wird nicht nur dazu beitragen, die Auswirkungen dieser beiden EU-Richtlinien auf den Schutz der wichtigsten europäischen Lebensräume und Arten festzustellen, sondern auch generelle Trendaussagen zur Biodiversität in Europa ermöglichen. In Anerkennung des Werts der „MillenniumÖkosystem-Bewertung” (Millennium Ecosystem Assessment) der Vereinten Nationen hat die Europäische Umweltagentur (EEA) 2007 das EURECAProjekt (European Ecosystem Assessment) zur Einschätzung europäischer Ökosysteme ins Leben gerufen. Die Ergebnisse sollen 2012 veröffentlicht werden. © Niall Benvie /naturepl.com Um festzustellen, ob wir unser Ziel für 2010, den Biodiversitätsverlust aufzuhalten, erreichen, ist es notwendig, den Umsetzungsprozess des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt regelmäßig zu überprüfen und die Auswirkungen auf die Biodiversität in Europa zu beobachten. So können weitere Maßnahmen ergriffen werden, falls sich herausstellt, dass Ziele nicht erreicht werden oder dass die erwarteten Effekte nicht eintreten. Daher wird die EU-Kommission regelmäßig über den Fortschritt bei der Umsetzung des Aktionsplans berichten. © Tomi Muukonen/birdfoto.fi Flussseeschwalbe, Sterna hirundo. Europäische 2010Biodiversitätsindikatoren Ein Register häufiger Brutvögel, „The Common Bird Index” Status und Trends von verschiedenen Biodiversitätsbausteinen 1. Häufigkeit und Verteilung ausgewählter Arten (z. B. Vögel, Schmetterlinge) 2. Veränderungen des Erhaltungszustands gefährdeter Arten 3. Veränderungen des Erhaltungszustands geschützter Arten von europäischem Interesse 4. Trends bei den Flächenanteilen von Ökosystemen 5. Trends bei den Lebensraumtypen von europäischem Interesse 6. Trends bei der genetischen Diversität von Nutztiere und Nutzpflanzen 7. Fläche von Schutzgebieten (national) 8. Fläche der Natura 2000-Gebiete Vögel sind hervorragende „Barometer“ für unsere Umwelt: Sie kommen in verschiedensten Lebensräumen vor, spiegeln Veränderungen bei anderen Tieren und Pflanzen wider, reagieren sensibel auf die Verschlechterung von Umweltbedingungen und sind in der Öffentlichkeit beliebt. Außerdem sind sie vergleichsweise leicht zu beobachten und unterliegen in Europa schon seit langem einem Monitoring. Darum wurden sie als ein zentraler Indikator nicht nur für den Zustand der europäischen Biodiversität ausgewählt, sondern auch dafür, ob die EU ihre allgemeinen Nachhaltigkeitsentwicklungsziele erreicht oder nicht. Unversehrtheit, Nutzen und Leistungen von Ökosystemen 12. Trophieindex europäischer Meere 13. Fragmentierung von natürlichen Gebieten und Kulturlandschaften 14.Fragmentierung von Gewässersystemen 15.Nährstoffniveau von Brackwasser-, Küsten- und Meeresgebieten 16.Süßwasserqualität Nachhaltige Nutzung 17.Fläche der Wälder in nachhaltiger Nutzung 18.Umfang an Totholz in Wäldern 19.Stickstoffbilanz in der Landwirtschaft 20.Gebiete mit einem potentiell biodiversitätsunterstützenden Management 21.Zustand der europäischen, kommerziell genutzten Fischbestände 22.Abwasserqualität von Fischfarmen 23.Ökologischer Fußabdruck der europäischen Staaten außerhalb Europas Sonstige 24.Patentanmeldungen, die auf genetischen Ressourcen basieren 25.Finanzierung von Biodiversitätsmanagement 26. Öffentlichkeitsarbeit und Partizipation 140 Populationsgrößen (%; 1980 = 100) index (%) Gefährdungen für die Biodiversität 9. Kritische Belastung durch übermäßigen Stickstoffeintrag 10. Entwicklungen bei den invasiven gebietsfremden Arten in Europa 11. Einfluss des Klimawandels auf temperatursensible Arten Das „Pan-European Common Bird Monitoring Scheme“ (PECBMS) fasst die Ergebnisse der Monitoringprogramme zu 124 häufigen Brutvögeln aus 20 europäischen Ländern und aus einem europaweiten Netzwerk von Ornithologen zusammen. Die Federführung für das Monitoring haben BirdLife International, eine internationale Organisation zum Schutz von Vögeln, die als ein Netzwerk nationaler Partnerorganisationen (NGOs) fungiert, und der Europäische Rat für Vogelzählung (European Bird Census Council), die vom Statistischen Amt der Niederlande unterstützt werden. Der sich aus dem Monitoring ergebende „Common Bird Indicator“ gibt auf einen Blick den allgemeinen Zustand der Umwelt und zentraler Lebensraumtypen der EU an. Die Zahlen von 2007 zeigen, dass die Bestände typischer Vögel der europäischen Agrarlandschaft in den letzten 20 Jahren stark abgenommen haben, während die Bestände von typischen Waldvögeln sowie „Generalisten“ langsam zurückgegangen sind. 120 100 -9% 80 -14% 60 -44% Häufige (28(28) Arten) commonWaldvögel forest species Alle häufigenspecies Vögel(124) (124 Arten) all common Häufige der Agrarlandschaft (33 Arten) commonVögel farmland species (33) 40 20 0 1980 1985 1990 1995 2000 2005 EBC/RSPB/BirdLife/Statistics Netherlands Basierend auf dem Bericht der Europäischen Umweltagentur „Halting the loss of biodiversity by 2010: proposal for a first set of indicators to monitor progress in Europe” 27 KH-30-08-155-DE-C 28