der aktionsplan der europäischen union zur biodiversität

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DER AKTIONSPLAN DER
EUROPÄISCHEN UNION
ZUR BIODIVERSITÄT
Eindämmung des Verlustes der
biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010
– und darüber hinaus
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
3
DER EU-AKTIONSPLAN ZUR BIODIVERSITÄT
Der Verlust an biologischer Vielfalt – was bedeutet er für uns?
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt – Europas Bekenntnis zum Biodiversitätsziel 2010
4
6
POLITIKBEREICH 1: BIOLOGISCHE VIELFALT IN DER EU
Ziel 1 des EU-Aktionsplans: Bewahrung der wichtigsten Lebensräume und Arten in der EU
8
Ziel 2 des EU-Aktionsplans: Flächendeckender Biodiversitätsschutz in der EU10
Ziel 3 des EU-Aktionsplans: Flächendeckender Meeresbiodiversitätsschutz in der EU14
Ziel 4 des EU-Aktionsplans: Integration der biologischen Vielfalt in die Regionalentwicklung16
Ziel 5 des EU-Aktionsplans: Die Auswirkungen des Auftretens invasiver gebietsfremder Arten verringern18
POLITIKBEREICH 2: DIE EU UND DIE WELTWEITE BIOLOGISCHE VIELFALT
Ziel 6 des EU-Aktionsplans: Internationales Regierungshandeln20
Ziel 7 des EU-Aktionsplans: EU-Außenhilfe20
Ziel 8 des EU-Aktionsplans: Wesentliche Verringerung der Auswirkungen des internationalen Handels20
POLITIKBEREICH 3: BIOLOGISCHE VIELFALT UND KLIMAWANDEL
Ziel 9 des EU-Aktionsplans: Unterstützung bei der Anpassung der biologischen Vielfalt an den Klimawandel22
POLITIKBEREICH 4: DIE WISSENSGRUNDLAGE
Ziel 10 des EU-Aktionsplans: Verbesserung unserer Wissensgrundlage24
UNTERSTÜTZUNGSMASSNAHMEN
Finanzierung, Regierungshandeln, Partnerschaften, Bewusstseinsbildung25
MONITORING
Überwachung der erzielten Ergebnisse bis 2010 – und darüber hinaus26
DER EU-AKTIONSPLAN ZUR BIODIVERSITÄT „Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 – und
darüber hinaus”
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Luxemburg: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, 2008
ISBN 978-92-79-08070-8
© Europäische Gemeinschaften, 2008
Nachdruck mit Quellenangabe gestattet.
Alle Fotos sind urheberrechtlich geschützt und können ohne die ausdrückliche schriftliche Zustimmung der Fotografen nicht für andere
Zwecke als diese Veröffentlichung genutzt werden.
Gedruckt in Belgien
Gedruckt auf mit dem EU-Umweltzeichen versehenem Recyclingpapier (http://ec.europa.eu/environment/ecolabel)
Titelseite: Wiese © Chris Gomersall/nature.pl Bartmeise © Tommi Muukkonen/birdfoto.fi See © Nick Turner/nature.pl
Vorwort
Zwei der größten Herausforderungen für die Menschheit sind, den
Biodiversitätsverlust zu stoppen und den Klimawandel zu bekämpfen. Beide
Phänomene können verheerende Folgen für unsere Umwelt, unsere
Gesundheit und unsere Wirtschaft haben. Intakte Ökosysteme puffern
Hochwasserspitzen ab, absorbieren Treibhausgase und schützen uns vor
zunehmenden Extremwetterereignissen. Für die Verringerung der Folgen
des Klimawandels sowie für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels
sind daher gesunde Ökosysteme unerlässlich.
Die biologische Vielfalt in Europe ist enormen Belastungen ausgesetzt. Das
„Millennium Ecosystems Assessment“ der Vereinten Nationen stellt fest, dass die Ökosysteme in Europa so
stark von menschengemachter Zerschneidung und Zerstückelung in Mitleidenschaft gezogen sind wie
nirgendwo sonst auf der Welt. Ein Großteil unseres Landes wird intensiv genutzt und die Siedlungsgebiete
dehnen sich schnell in die Landschaft aus. Allein in den letzten 20 Jahren hat die bebaute Fläche um 20 %
zugenommen. Als Ergebnis nehmen die Bestände fast der Hälfte unserer heimischen Tier- und Pflanzenarten
in erheblichem Maße ab. Wertvolle Ökosysteme sind degeneriert und zerstückelt. Dadurch ist ihr Vermögen,
wichtige Ökosystemleistungen zu erbringen, stark gefährdet.
Im Jahr 2001 hat sich die Europäische Union das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Verlust der Biodiversität bis
zum Jahr 2010 zu stoppen. Der politische Rahmen, um dieses Ziel zu erreichen, ist auf der Ebene der
Gemeinschaft im Wesentlichen vorhanden. Wichtige Fortschritte wurden erzielt und es gibt Anzeichen, dass
die Verluste geringer werden. Aber die Geschwindigkeit des Wandels und das Ausmaß der Umsetzung
wichtiger Maßnahmen reichen bislang noch nicht aus, um das für 2010 gesteckte Ziel zu erreichen.
Darum hat die EU sich entschieden, die Anstrengungen zu verdoppeln. Die Kommission hat im Jahr 2006
einen neuen Aktionsplan zur Biodiversität ins Leben gerufen. Dieser stellt eine strategische europäische
Reaktion auf das Problem des Biodiversitätsverlustes dar und legt ein detailliertes Set von zweckbestimmten
Zielen und Maßnahmen auf nationaler sowie europäischer Ebene fest. Zusätzlich richtet der Aktionsplan
den Blick auf die Umsetzung und fordert daher die vollständige Integration biodiversitätsrelevanter Aspekte
auch in alle anderen Politikfeldern der EU, von der innerstaatlichen und ländlichen Entwicklungspolitik bis
hin zur Fischereipolitik und Entwicklungszusammenarbeit.
Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit ist unerlässlich. Der Aktionsplan berücksichtigt, dass
Veränderungen nur möglich sind, wenn die Mitgliedsstaaten und alle Gesellschaftsbereiche Verantwortung
für die Umsetzung tragen. Ebenso ist es wichtig, über 2010 hinaus zu denken. Daher wird mit dem
Aktionsplan bereits eine Informations- und Gestaltungsbasis für die Politik nach 2010 gelegt.
Diese Broschüre stellt Kernelemente des EU-Aktionsplans zur Biodiversität dar, fasst seine zehn Hauptziele
zusammen und veranschaulicht diese durch praktische Beispiele. Sie verdeutlicht die entschlossene
Selbstverpflichtung Europas zur Eindämmung des Verlusts der Biodiversität bis 2010 – und darüber hinaus.
Stavros Dimas
EU-Umweltkommissar
3
© Staffan Wildstrand/naturepl.com
Braunbär, Ursus arctos, mit Jungen, Lappland, Finnland.
Der Verlust an biologischer Vielfalt – was bedeutet er für uns?
Die biologische Vielfalt ist von vielfacher Bedeutung: ethisch,
emotional, ökologisch und wirtschaftlich. Durch den Einfluss der
Biodiversität auf unser Wohlergehen und unseren wirtschaftlichen
Erfolg sind von einem Verlust der Biodiversität grundlegende Pfeiler
unserer Gesellschaft betroffen.
•
•
Wirtschaftlich stützt die biologische Vielfalt unsere Ökonomie
und trägt zu unserer Lebensqualität bei. Das breite Spektrum
an direkten wirtschaftlichen Leistungen, das uns eine vielfältige
Natur bietet, bleibt zu oft unbemerkt, unterschätzt und taucht in
den Bilanzen nicht auf.
Die Leistungen von Ökosystemen für die Menschheit sind
vergleichbar mit dem Immunsystem unseres Körpers. Es schützt
uns täglich vor schädlichen Einflüssen von außen und wehrt diese
ab. Ist das Immunsystem geschwächt und die Abwehrfunktion
fällt aus, sind die Auswirkungen auf unsere Gesundheit
verheerend. Das gilt ebenso für unsere Umwelt: Während sie
normalerweise besondere Einflüsse abpuffern kann, können dies
geschädigte Ökosysteme nicht oder nur in begrenztem Umfang.
Wir und vor allem unsere Nachkommen sind weniger geschützt,
beispielsweise vor Überschwemmungen oder den Folgen des
Klimawandels. Darüber hinaus überwiegen die von der ganzen
Gesellschaft zu tragenden Schadenskosten meistens bei weitem
den kurzfristigen Gewinn, der ursprünglich von den wenigen
erzielt werden konnte, die die Umwelt verändert haben.
Ökologisch gesehen stellt die biologische Vielfalt ein ganzes Set
von wertvollen „Ökosystemleistungen“ zur Verfügung. So liefern
uns die Ökosysteme unter anderem Lebensmittel, Brennstoffe,
fruchtbare Böden, saubere Luft, sauberes Wasser sowie Rohund Inhaltsstoffe beispielsweise für Kleidung oder Medizin. Zu
den Ökosystemleistungen gehören aber auch die Regulierung
des Klimas, das Eindämmen von Überschwemmungen und
Feuern, das Verhindern der Ausbreitung von Krankheiten und
Schädlingen sowie die Wasserreinigung und die Bestäubung
unserer Nutzpflanzen.
Leider rückt der Wert dieser Leistungen oft erst in das Bewusstsein,
wenn es zu spät ist. Beispielsweise haben Überschwemmungen
und ihre Auswirkungen in den letzten Jahrzehnten in Europa stark
•
•
zugenommen. Häufig sind dafür die Effekte von unausgereiften
Flussregulierungen, Schäden im Wassereinzugsgebiet und der
Verlust natürlicher Überflutungsgebiete ausschlaggebend. Die
großen finanziellen sowie persönlichen und menschlichen
Verluste solcher Überschwemmungen führen uns erst den
hohen Wert intakter Regulationssysteme der Flüsse vor Augen.
Emotional haben die biologische Vielfalt und die Natur einen
bedeutenden Wert an sich. Die Biodiversität trägt nicht nur zu
unserer kulturellen Identität bei, sondern wirkt inspirierend und
tröstlich und hat einen unschätzbaren Wert für unser mentales
und körperliches Wohlbefinden.
Untersuchungen haben gezeigt, dass dort, wo in Gemeinden und
Städten Grünflächen vorhanden sind, der soziale Zusammenhalt
besser und die Kriminalitätsraten signifikant niedriger sind.
Außerdem sind Menschen tendenziell gesünder, wenn sie oft
die Möglichkeit haben, in die Natur zu kommen, denn in einem
schönen natürlichen Umfeld setzen wir uns eher regelmäßig in
Bewegung.
Ethisch haben wir die Verpflichtung, die Erde zu schützen und
ihren Reichtum für nachfolgende Generationen zu bewahren.
Kurz gesagt: Inzwischen ist es unwiderlegbar, dass der Erhalt der
Biodiversität und ihrer Umweltleistungen nicht nur ein moralischer
Anspruch, sondern wirtschaftlich zwingend erforderlich ist. Es ist Zeit,
die Verschwendung des Naturkapitals der Erde zu beenden und die
Lebensräume sowie ihre Funktionen für zukünftige Generationen zu
erhalten.
Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens auf der Erde. Sie beinhaltet alle Lebewesen
– Pflanzen, Tiere und auch für uns unsichtbare Mikroorganismen und Bakterien
sowie die Vielfalt der Erbanlagen. Die Lebewesen interagieren alle gemeinsam in
einem komplexen System mit der unbelebten Umwelt und bilden so Ökosysteme.
Biologische Vielfalt umgibt uns immer und überall, nicht nur in der Wildnis oder
in Naturschutzgebieten, sondern auch in unseren Städten, auf den Äckern und
allerorts in der Landschaft. Auch wir sind ein fester Bestandteil dieser Vielfalt und
nehmen gleichzeitig erheblich Einfluss auf sie.
Erdhummel, Bombus terrestris, Vereinigtes Königreich.
© Steven David Miller/naturepl.com
© Ken Preston-Mafham/PREMAPHOTOS/naturepl.com
© R.Usher/4nature/Wildlife
Garten mit Kirschbäumen im Herbst.
Apfelernte.
© Adrian Arbib/Stillpictures
Geschädigte Fluss-Ökosysteme: eine große Belastung
für die Gesellschaft
Zwischen 1998 und 2002 suchten über 100 größere Schäden verursachende
Hochwasserereignisse Europa heim. Durch die Überschwemmungen kamen 700 Menschen
ums Leben, etwa eine halbe Million Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen und allein
der versicherte Schaden belief sich auf mindestens 25 Milliarden Euro. Heute leben noch immer
mehr als zehn Millionen Menschen in den Gebieten entlang des Rheins, die bei extremem
Hochwasser potentiell überflutet werden. Der mögliche materielle Schaden beläuft sich auf
165 Milliarden Euro. Neben den sozialen und den wirtschaftlichen Folgen hinterlassen die
Fluten auch ökologische Schäden und negative Auswirkungen auf die Gesundheit,
beispielsweise wenn Kläranlagen überschwemmt werden oder gar Fabriken mit toxischen
Chemikalien betroffen sind.
Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen und der Notwendigkeit mit und nicht gegen die
Natur zu arbeiten, investieren deutsche Behörden entlang des Rheins nun Millionen in die
Renaturierung von Flussgebieten und in den Rückbau von Flussabschnitten, um die
natürlichen (Schutz-)Funktionen der Flüsse wiederzubeleben. Tragisch ist, dass ein Schutz
dieser Gebiete von vornherein vermutlich nur einen Bruchteil der heute anfallenden Kosten
verursacht und wahrscheinlich Leben gerettet hätte.
Hochwasserschäden können beträchtlich sein.
http://www.irma-programme.org/
© Josh Trix
Nationalparks in Wales: Motor der Wirtschaft vor Ort
Eine aktuelle Untersuchung über die Wirtschaftskraft der drei Nationalparks in Wales
kommt zu dem Schluss, dass die Nationalparks, die zum Schutz der Naturschönheit der
Region, der Tiere und Pflanzen sowie der Kulturlandschaft eingerichtet wurden, für
nahezu 12.000 Arbeitsplätze verantwortlich sind (was 10 % der Beschäftigung in Wales
ausmacht), ein Gesamtjahreseinkommen von circa 250 Millionen Euro erwirtschaften und
circa 300 Millionen Euro des Bruttoinlandsprodukts erbringen.
In der gesamten EU gibt es über 250 Nationalparks. Auch wenn es nicht möglich ist, die
Zahlen aus Wales hochzurechnen, ist es alles in allem doch klar, dass die Nationalparks
nicht nur attraktive Orte zum Besuchen, Entspannen und Genießen darstellen, sondern
dass die Nationalparks auch einen erheblichen Beitrag zur Wirtschaft vor Ort leisten.
http://www.nationalparks.gov.uk/voe_national_parks_summary_english.pdf
Wandern im Brecon Beacons Nationalpark, Wales.
5
© A. Andersson
EU-Gipfeltreffen von Göteborg, 2001.
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt:
Europas Bekenntnis zum Biodiversitätsziel 2010
Sowohl in der EU als auch darüber hinaus engagiert sich die
Europäische Union schon lange dafür, den Verlust an biologischer
Vielfalt zu stoppen. Richtlinien zum Naturschutz werden seit
1979 erlassen, eine Strategie zur biologischen Vielfalt wird seit
1998 verfolgt. Die Mitgliedsstaaten der EU gehörten 2001 zu
den ersten Staaten, die sich zu dem Ziel bekannt haben, den
Biodiversitätsverlust bis zum Jahr 2010 zu stoppen.
Die Ziele dieses neuen EU-Aktionsplans sind:
verstärkte Aktivitäten zur Eindämmung des Verlustes der
biologischen Vielfalt in der EU bis 2010;
beschleunigter Fortschritt bei der Erholung von Lebensräumen
und natürlichen Systemen in der EU;
optimierte Beiträge der EU für eine erhebliche Reduzierung des
Biodiversitätsverlustes weltweit bis 2010.
Doch obwohl bereits beachtliche Erfolge erzielt wurden, geht
der Wandel zu langsam voran, als dass das „Ziel 2010“ erreicht
werden könnte. In ganz Europa nimmt die Biodiversität weiter
ab. Nahezu die Hälfte der Säugetiere und Vögel in Europa sind
bedroht und selbst Bestände bislang weit verbreiteter Arten
nehmen ab. Viele Ökosysteme werden noch immer beeinträchtigt
oder zerstört, um Raum für Intensivlandwirtschaft, fragwürdige
Entwicklungsvorhaben und Landschaftszersiedelung zu schaffen.
Im Aktionsplan wurden vier zentrale Politikbereiche und zehn
vorrangige Ziele benannt, um das Biodiversitätsziel für 2010
zu erreichen und eine Erholung der biologischen Vielfalt
zu ermöglichen. Die Ziele des Aktionsplans wurden in 150
vordringliche Handlungen und Maßnahmen übersetzt. Diese
müssen nun innerhalb klar definierter Zeiträume sowohl
auf der Ebene der Mitgliedsstaaten als auch jener der EU
umgesetzt werden.
Der hohe Pro-Kopf-Verbrauch und die Abfallproduktion von
uns Europäern haben auch weit über Europa hinaus negative
Auswirkungen. Der europäische Lebensstil ist in erheblichem
Maße von Importen aus aller Welt abhängig und bedingt dort oft
eine Ausbeutung der natürlichen Ressourcen ohne Rücksicht auf
die Nachhaltigkeit.
Unterstützt von einem beispiellosen Konsens unter den
interessierten Kreisen und Akteuren entschied sich die EU im Juni
2006 zu einer Verdoppelung ihrer Aktivitäten und verabschiedete
einen ehrgeizigen neuen Aktionsplan zur biologischen Vielfalt.
Der Aktionsplan stellt einen wichtigen neuen Ansatz in der
Biodiversitätspolitik der EU dar. Zum ersten Mal werden nicht nur
alle relevanten Wirtschafts- und Politikbereiche in einem einzigen
Strategiedokument berücksichtigt. Ihnen wird darüber hinaus
auch jeweils ein Anteil an der Verantwortung für die Umsetzung
zugeteilt. Der Aktionsplan berücksichtigt damit, dass eine
Veränderung nur möglich wird, wenn alle Gesellschaftsbereiche
gemeinsam und alle Mitgliedsstaaten dazu beitragen, das Ziel der
Eindämmung und des Stopps des Biodiversitätsverlustes
zu erreichen.
© Niall Benvie/naturepl.com
2003 sah die EU-Kommission großen Handlungsbedarf. Sie
initiierte eine umfassende Überprüfung der Wirksamkeit
der Strategie zur biologischen Vielfalt und des zugehörigen
Aktionsplans und eine in die Tiefe gehende Beratung aller
gesellschaftlichen Gruppen darüber. Dabei zeigte sich, dass
die politischen Rahmenbedingungen zwar überwiegend
gegeben waren, es jedoch an Einsatz und Engagement für die
Umsetzung fehlte.
•
•
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© Markus Varesvuo/birdfoto.fi
Schneeeule, Nyctea scandiaca, Finnland.
Übersicht über den EU-Aktionsplan zur Biodiversität
Politikbereich 1:
Biologische Vielfalt in
der EU
f
Ziele
1.Schutz der wichtigsten
Lebensräume und Arten der EU
2.Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen
Vielfalt und der Ökosystemleistungen in der Fläche
3.Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen
Vielfalt und der Ökosystemleistungen in der
Meeresumwelt der EU
4.Stärkung der Vereinbarkeit
der regionalen und
territorialen Raumplanung
mit dem Erhalt der
biologischen Vielfalt in der EU
5.Wesentliche Verringerung der
Auswirkungen von invasiven
gebietsfremden Arten und
gebietsfremdem Erbgut auf
die biologische Vielfalt in der EU
Politikbereich 2:
Die EU und die
weltweite biologische
Vielfalt
Politikbereich 3:
Biologische Vielfalt
und Klimawandel
Politikbereich 4:
Die Wissensgrundlage
Ziele
6.Wesentliche Stärkung der
Effizienz des internationalen
Regierungshandelns für die
biologische Vielfalt und
Ökosystemleistungen
7.Wesentliche Stärkung der
Förderung der biologischen
Vielfalt und der
Ökosystemleistungen im
Bereich der EU-Außenhilfe
8.Wesentliche Verringerung
der Auswirkungen des
internationalen Handels auf
die weltweite biologische
Vielfalt und
Ökosystemleistungen
Ziel
9.Unterstützung bei der
Anpassung der biologischen
Vielfalt an den Klimawandel
Ziel
10.Wesentliche Stärkung der
Wissensgrundlage im
Hinblick auf Schutz und
nachhaltige Nutzung der
biologischen Vielfalt in der
EU und weltweit
f
Unterstützungsmaßnahmen
1. Sicherstellung ausreichender Finanzmittel
2. Stärkung der Entscheidungsfindung innerhalb der EU
3. Aufbau von Partnerschaften
4. Ausbau des Kenntnisstands, der Sensibilisierung und der Partizipation der Öffentlichkeit
Überwachung, Bewertung und Überprüfung
7
Ziel 1 des EU-Aktionsplans:
Bewahrung der
wichtigsten Lebensräume
und Arten in der EU
© Junta de Andalucia
Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und
die Vogelschutzrichtlinie
Da die Natur keine politischen Grenzen kennt, hat die Europäische
Union für ihr gesamtes Gebiet einheitliche umfassende
Vorschriften zum Schutz der wichtigsten Lebensräume und
bedrohten Arten erlassen.
Die Vogelschutzrichtlinie und die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie
(FFH-RL) sind die zentralen Politikinstrumente der EU zur
Eindämmung des Biodiversitätsverlustes bis 2010. Mit ihnen ist in
den 27 Mitgliedsstaaten der gleiche hohe Naturschutzstandard
gesichert. Die Richtlinien ermöglichen den Nationalstaaten auch,
ihre Naturschutzbemühungen unabhängig von politischen oder
administrativen Grenzen abzustimmen und voranzubringen. Der
durch die Richtlinien vorgegebene Prozess basiert auf
wissenschaftlichen Erkenntnissen, ist rechtlich durchsetzbar und
auch einklagbar und folgt hinsichtlich des Managements einem
Ansatz, der die Ökosysteme in ihrer Gesamtheit berücksichtigt.
Iberischer Luchs, Lynx pardinus – eine der gefährdetsten Arten
Europas. oben mitte Steinadler, Aquila chrysaetos, in einem Heidegebiet.
unten links Krauskopfpelikan, Pelicanus crispus. unten mitte Karte des
europäischen Netzwerks Natura 2000. unten rechts Großer Feuerfalter,
Lycaena dispar.
links mitte
Zentrales Ziel der Richtlinien ist die Schaffung eines EU-weiten
ökologischen Netzwerks von Schutzgebieten – das Netzwerk Natura
2000 – welches über 1.000 seltene, bedrohte oder endemische
Arten und etwa 220 natürliche Lebensräume schützen soll. Bislang
gehören circa 24.000 Gebiete zu diesem Netzwerk. In ihrer
Gesamtheit decken sie annähernd ein Fünftel der Fläche der EU ab.
Damit tragen sie nicht nur erheblich zum Schutz seltener Arten bei,
sondern sichern auch bedeutende Ökosysteme und bewahren
sichere Zufluchtsorte für unzählige weitere Arten.
© D.Tipling/Wildlife/4nature.at
Arten-Aktionspläne der EU – ein Erfolgsrezept
Seit 1993 hat die Europäische Kommission die
Entwicklung und Umsetzung von 46 EU-weiten
Aktionsplänen für die am meisten bedrohten
Vogelarten des Anhangs I der VogelschutzRichtlinie unterstützt. Die Pläne werden von
BirdLife International vorbereitet und
durchlaufen einen umfangreichen Beratungsprozess, an dem wissenschaftliche Experten,
Regierungsbehörden und die Gesellschaft
beteiligt sind, um EU-weit Prioritäten für den
Schutz der Zielarten festzulegen.
Kürzlich hat eine Studie über die Auswirkungen
dieser Pläne nach zehn Jahren festgestellt, dass
die Pläne sehr wirksam sind. Der Bericht kommt
zu dem Schluss, dass in 18 der 23 betrachteten
Fälle ein deutlicher Erfolg bei der Umsetzung
festzustellen ist und dass für 11 Arten bereits die
mittel- und langfristigen Ziele erreicht werden
konnten. Für die Mehrzahl der Arten war im
Umsetzungszeitraum der Pläne ein Anstieg der
Bestände oder eine räumliche Ausbreitung zu
beobachten. Größte Erfolge wurden
beispielsweise für den Krauskopfpelikan, den
Kaiseradler und den Madeira-Sturmvogel erzielt.
Die Bestände von Letzterem nahmen um 20 %
und mehr zu. Angesichts des Erfolgs beabsichtigt
die Kommission nun nicht nur für Vögel, sondern
auch für andere gefährdete Arten EU-weite
Aktionspläne auszuarbeiten.
http://ec.europa.eu/environment/nature/
conservation/wildbirds/action_plans/
index_en.htm
© Pete Cairns/naturepl.com
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Der Aktionsplan zur Biodiversität fordert die Mitgliedsstaaten
und die Gemeinschaft auf
das Netzwerk Natura 2000 zu vollenden, indem jedes Land
(insbesondere die neuen Mitgliedsstaaten) sicherstellt, dass von
der jeweiligen Landesfläche eine ausreichende Zahl von Gebieten
vorgeschlagen wird, um die in den Anhängen der Richtlinien
aufgeführten Arten und Lebensräume entsprechend ihrem
natürlichen Vorkommen zu schützen;
bis 2010 in ausreichendem Maße Natura 2000-Gebiete an Land
auszuweisen, sie zu schützen und erfolgreich zu managen und dies
bis 2012 für Seegebiete ebenso zu erreichen, um abzusichern, dass
die Arten und Lebensräume einen guten Erhaltungszustand
bewahren oder erlangen und dass ihr langfristiger Schutz und die
dazu notwendigen Maßnahmen gewährleistet sind;
auch langfristig eine ausreichende Finanzierung des Gebietsmanagements sicherzustellen, unter anderem durch die
Unterstützung der EU sowie durch einen verstärkten Einbezug von
Naturschutzbelangen und -management in andere
Landnutzungsformen.
•
•
Aufgrund des großen Flächenanteils der
EU, der zum Netzwerk Natura 2000 gehört,
reicht es für das Naturschutzmanagement
selbstverständlich nicht aus, lediglich
Schutzgebiete mit strengem Schutzstatus
auszuweisen. Es ist notwendig, eng mit
allen Interessengruppen und Akteuren
sowie Wirtschaftsbereichen
zusammenzuarbeiten, um die Gebiete im
umfassenden Sinne und langfristig
nachhaltig zu managen.
Das Gebietsmanagement von Natura 2000
verfolgt die Ziele der nachhaltigen
Entwicklung. Daher wird nicht eine völlige
Einstellung wirtschaftlicher Aktivitäten
beabsichtigt. Vielmehr geht es darum, einen
Weg zu finden, wie eine Nutzung unter
Bewahrung der biologischen Vielfalt der EU
erfolgen kann.
•
Da ein abgestimmtes Vorgehen für bedrohte Arten sehr wichtig ist
und da das Netzwerk Natura 2000 auch kohärent und belastbar sein
muss, fordert der Aktionsplan ferner von den Mitgliedsstaaten und
der Gemeinschaft
zu gewährleisten, dass keine prioritäre Art im Jahr 2010 einen
verschlechterten Erhaltungszustand aufweist und dass die
Mehrzahl der Arten 2013 einen günstigen Erhaltungszustand hat
oder sich bereits dorthin entwickelt;
weitere EU-weite Aktionspläne für die am stärksten bedrohten
Arten zu entwickeln beziehungsweise zu überarbeiten und
umzusetzen. Für weitere Vogelarten sowie für andere Arten wie
beispielsweise große Raubtiere sollen Pläne neu entwickelt
werden. Mit dem EU-LIFE-Natur-Programm werden auch weiterhin
Schutzprojekte bevorzugt gefördert, die Maßnahmen aus den
Arten-Aktionsplänen umsetzen;
beispielsweise durch die Einrichtung von geschützten Zugwegen,
Pufferzonen, Trittsteinen und Verbindungselementen nicht nur
zwischen Natura 2000-Gebieten, sondern auch zu anderen
Schutzgebieten, den Zusammenhang, die Fähigkeit, Störungen
abzupuffern, und die Kohärenz des Netzwerks bis 2010 zu stärken.
•
•
•
Das europäische
Netzwerk Natura
2000
© Andy Sands/naturepl.com
Die EU ist auch für Überseegebiete
wie Guadeloupe, Martinique,
Französisch Guyana und Réunion
verantwortlich, die eine besonders
mannigfaltige biologische Vielfalt
aufweisen. Auch wenn diese
Gebiete nicht von den Naturschutzrichtlinien abgedeckt sind,
gewährleistet der Aktionsplan zur
Biodiversität, dass ähnliche
Ansätze für den Schutz ihrer
wertvollen Arten und
Naturräume nachdrücklich
unterstützt werden.
Ziel 2 des EU-Aktionsplans:
Flächendeckender
Biodiversitätsschutz in
der EU
© Laurie Campbell
Berücksichtigung der Umwelt in der
Land- und Forstwirtschaftpolitik der EU
Das Netzwerk Natura 2000 allein wird die biologische Vielfalt der
EU nicht bewahren können, wenn nicht auch flächendeckend
Maßnahmen ergriffen werden. Unsere europäische Landschaft wurde
in den letzten 50 Jahren stark verändert. Heute werden 80 % der
Fläche genutzt. Infolgedessen wurden viele wertvolle Ökosysteme
degeneriert und zerstückelt, so dass sie ihre ursprünglichen
ökosystemaren Leistungen nicht mehr erbringen können.
Die Landwirtschaft ist noch immer die dominante
Landnutzungsform in Europa und nimmt nahezu 50 % der Fläche
der EU in Anspruch. Die landwirtschaftlich genutzte Fläche hat
auch stark zur Biodiversität in Europa beigetragen: Ungefähr die
Hälfte unserer Arten ist auf die eine oder andere Weise mit den
landwirtschaftlichen Flächen verbunden. Jahrhunderte oft lokal
unterschiedlichster Landbewirtschaftungsformen haben die
vielfältige Kulturlandschaft hervorgebracht, die wir heute kennen.
Hochlandrind – eine typische europäische Rasse. oben mitte Britische
„bluebell woods“ – Wälder übersät mit Hasenglöckchen, Hyacinthoides nonscripta. unten links Landwirte im Ebrodelta. unten mitte Acker- und Weideland.
unten rechts Rufender Wachtelkönig, Crex crex.
links mitte
© Neus de saavedra
© Neus de saavedra
10
Wie überall auf der Welt unterlag die europäische Landwirtschaft
in den letzten Jahrzehnten allerdings einem rasanten Wandel.
Gelenkt durch die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU mit dem
Ziel einer erhöhten Produktivität haben viele Landwirte ihre
Produktion intensiviert und arbeiten heute maschinenintensiver.
Gleichzeitig wurden die Betriebe, die im Konkurrenzkampf nicht
mithalten konnten, an den Rand gedrängt und viele mussten ihre
Flächen aufgeben. Auch das hatte und hat noch immer
Agrar-Umweltmaßnahmen dienen dem Schutz
des Ebrodeltas
Das Delta des Ebro an der Nordostküste
Spaniens ist eines der wichtigsten
Feuchtgebiete der Mittelmeerregion
und ein Hauptüberwinterungsgebiet
für Hunderttausende von Wasservögeln.
Zwei Drittel des Deltas bestehen aus
Reisfeldern, auf denen jährlich 100.000
Tonnen Reis wachsen.
Dank der Nutzung der AgrarUmweltmaßnahmen der EU gehen
im Delta des Ebro Reisanbau und
Biodiversität Hand in Hand. Die Landwirte
erhalten eine finanzielle Unterstützung,
weil sie Maßnahmen ergreifen, die über
die gesetzlichen Vorgaben hinausgehen.
So werden weniger Pestizide eingesetzt
und das Wasser wird im Winter für die
Vögel auf den Feldern gelassen. Obwohl
das mit einem Mehr an Arbeit verbunden
ist, haben 80 % der Landwirte des Deltas
entsprechende Verträge unterschrieben.
Mit ihrem qualitativ hervorragenden
Bio-Reis erzielen sie das Doppelte des
normalen Marktpreises. Der Reis ist in
Europas Spitzenrestaurants sehr gefragt.
Darüber hinaus profitiert das Gebiet vom
zunehmenden Öko-Tourismus, da die
Menschen eigens zu Besuch kommen, um
die beeindruckende Tierwelt des Deltas
zu sehen.
http://www.iberianature.com/material/
ebro.html
© David Tipling/naturepl.com
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Der Aktionsplan zur biologischen Vielfalt fordert die
Mitgliedsstaaten auf den größtmöglichen Nutzen aus den nun
verbesserten Möglichkeiten der aktuellen EU-Politik zu Landwirtschaft
und ländlicher Entwicklung sowie dem EU-Wald-Aktionsplan zu
ziehen, um flächendeckend die Biodiversität zu fördern. Darüber
hinaus sollen die Mitgliedsstaaten in ihren nationalen und regionalen
Plänen zur ländlichen Entwicklung ausreichende Mittel für solche
Maßnahmen reservieren, die für die Biodiversität von Belang sind.
Konkreter heißt dies, dass die Maßnahmen nutzbringend eingesetzt
werden sollen, die die neue EU-Verordnung zur Entwicklung des
ländlichen Raums (2007–2013) in ihrem zweiten Schwerpunkt
ausschließlich zur „Verbesserung der Umwelt und der Landschaft“
bereitstellt. Mindestens 25 % der zurzeit verfügbaren 88 Milliarden
Euro sind für diesen Schwerpunkt reserviert. Diese Mittel können für
die Biodiversität sowohl in Natura 2000-Gebieten als auch in land- und
forstwirtschaftlichen Gebieten von hohem Naturschutzwert einen
beträchtlichen Nutzen darstellen.
verheerende Konsequenzen für die
biologische Vielfalt. Heute sind in der EU
nur noch 15 bis 25 % der ursprünglichen
landwirtschaftlichen Gebiete von hohem
Naturschutzwert (sogenannte high nature
value farming areas) erhalten geblieben.
In welchem Umfang dieses Angebot wirklich genutzt wird, hängt
allerdings davon ab, wie die einzelnen Mitgliedsstaaten und Regionen
das Maßnahmenpaket der EU-Verordnung in ihren jeweiligen Plänen
zur ländlichen Entwicklung anwenden. Die Europäische Kommission
hat strategische Leitlinien bereitgestellt, die bei der Mittelverteilung
helfen sollen, beispielsweise indem ein klarer Fokus auf die
Biodiversität sowie auf land- und forstwirtschaftliche Gebiete von
hohem Naturschutzwert gelegt wird.
Die Entwicklung in den europäischen
Wäldern ist ähnlich bedenklich. Sehr viele
Forste werden weiterhin als rein
kommerzielle Kulturen bewirtschaftet und
haben einen sehr eingeschränkten Wert für
die biologische Vielfalt. Nur 1–3 % der
Wälder in der EU sind noch
unbewirtschaftet und natürlich.
Ein weiteres Schlüsselelement der neuen GAP ist das Instrument zur
Sicherung der Einhaltung bereits bestehender EU-Umweltgesetze in
der Landwirtschaft, welches auch als „cross compliance“ bezeichnet
wird. Bevor Landwirte Prämien erhalten, müssen sie die
Berücksichtigung bestimmter gesetzlicher Standards hinsichtlich der
Umwelt, der Produktqualität und des Tierschutzes nachweisen und
ihre Flächen in einem guten ökologischen und landwirtschaftlichen
Zustand erhalten. Die Vogelschutz- und der FFH-Richtlinie gehören zu
den 19 EU-Richtlinien, deren Einhaltung als Mindestbedingung gilt.
Das hohe Maß der Intensivierung und ihre
Folgen bewirkte eine Reihe von wichtigen
Reformen der gemeinsamen Agrarpolitik
der EU. Letztendlich sind nun die
Landwirtschaftsbeihilfen nicht mehr an die
Produktion gekoppelt. Gleichzeitig wird die
Rolle der Landwirte als Treuhänder für die
europäische Landschaft anerkannt.
© David Norton/naturepl.com
Auch für den Erhalt seltener europäischer Nutztierrassen und
Nutzpflanzen hat die EU ein Gemeinschaftsprogramm verabschiedet.
In Europa gibt es noch immer über 2.300 Nutztierrassen, mehr als
irgendwo sonst auf der Welt. Sie haben sich im Zuge
jahrhundertelanger Auslese- und Züchtungsarbeit vor Ort sowie
lokaler, traditioneller landwirtschaftlicher Praxis entwickelt und sind
daher besonders gut an bestimmte Umweltbedingungen angepasst.
Durch den Wandel in der Landwirtschaft sind viele dieser Rassen
heutzutage jedoch stark bedroht.
© David Kjaer/davidkjaer.com
Nicht zuletzt wurde 2006 von der EU-Kommission
der Wald-Aktionsplan verabschiedet. Er stellt einen
Rahmen für alle waldbezogenen Maßnahmen in
der EU und den Mitgliedsstaaten dar. Sein
Hauptziel ist, eine nachhaltige Waldbewirtschaftung
und die multifunktionale Rolle der Wälder zu
unterstützen und zu entwickeln. Damit kann auch
der Wald-Aktionsplan zur Finanzierung von
Projekten genutzt werden, die dazu beitragen
das Biodiversitätsziel der EU für 2010 und
darüber hinaus zu erreichen.
11
Ziel 2 des EU-Aktionsplans:
Flächendeckender
Biodiversitätsschutz in
der EU
© David Kjaer/davidkjaer.com
Verbesserung der Gewässerqualität
von Süßwasserlebensräumen
Wasser ist nicht nur eine wichtige ökonomische Quelle, es ist auch
ein tragender Pfeiler der Umwelt. Dank strenger EU-Gesetze hat
sich die Wasserqualität in der EU in den letzten 20 Jahren
verbessert. Wichtige Fortschritte wurden auch bei der Abwasserbehandlung aus Industrie und Haushalten erzielt. Heutzutage
gelangen die Abwässer von circa 90 % der Bevölkerung
Nordwesteuropas in Kläranlagen. Allein in den letzten sechs Jahren
wurden mit Hilfe des Strukturfonds der EU über 5,6 Milliarden Euro
investiert, um in den neuen Mitgliedsstaaten den gleichen
Standard zu gewährleisten.
Diffuse Verschmutzungen sind allerdings eine bleibende
Herausforderung. Obwohl auch hier bereits Erfolge erzielt
wurden, wird durch den weit verbreiteten und oft
unsachgemäßen und übertriebenen Einsatz von Düngemitteln in
der Intensivlandwirtschaft das Grundwasser stark belastet. Durch
die Nährstoffanreicherung auch außerhalb der
landwirtschaftlichen Flächen werden die ursprünglichen
Lebensgemeinschaften in Seen, Flüssen, Ästuaren und
Küstengewässern verändert und zum Teil ausgelöscht.
links mitte Wasseramsel,
Cinclus cinclus. oben mitte Aapamoor, Nordfinnland.
neuer Maasschleifen bei Keent. kleines bild unten links Teichoder Wasserfrosch, Rana esculenta. unten mitte Wasserverschmutzung.
unten rechts Gebänderte Prachtlibelle, Calopteryx splendens.
Aber auch die räumliche Umgestaltung von Gewässern hat große
Probleme verursacht. Die meisten Flüsse und Flusseinzugsgebiete
wurden beispielsweise für den Hochwasserschutz, die
unten links Karte
Für den Hochwasserschutz bekommt die Maas ihre Flussschleifen zurück
Die Niederländer habe langjährige Erfahrung mit dem Kampf gegen
das Wasser. Nachdem das Land in den 1990er Jahren dennoch von
mehreren starken Überschwemmungen betroffen war, hat sich ihre
Haltung jedoch geändert: Sie kämpfen nicht mehr gegen, sondern
arbeiten mit dem Fluss. Das Sanierungsprojekt von Keent ist ein
Umsetzungsbeispiel zur Verminderung von Hochwasserereignissen.
Ein Teil der kanalisierten Maas soll wieder in den alten Mäandern des
Flusses fließen, um in Zeiten von Hochwasserspitzen einen Teil des
Wassers zurückhalten zu können. Gleichzeitig wird damit entlang der
wieder ausgehobenen Flusswindungen ein wertvolles Naturgebiet von
über 400 ha wiederhergestellt.
© Josef Hlasek
http://www.anyadavis.
com/sand/index.html
12
Den Wasserbehörden gelingt es mit dem Projekt, gleichzeitig zwei
wichtige nationale Ziele zu verfolgen: Hochwasserschutz und die
Wiederherstellung ökologisch wertvoller Korridore. Der Erfolgt liegt
darin begründet, dass seit Beginn der ersten Überlegungen und
Planungen beide Ziele gleichwertig sind. Das ist nicht nur vorteilhaft
für beide Interessen, sondern begünstigt auch schonendere
Konstruktionslösungen. Darüber hinaus wird das Projekt
voraussichtlich kostengünstiger als klassischer Hochwasserschutz.
© Jorma Luhta/leuku.fi
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Der EU-Aktionsplan zur Biodiversität bekräftigt die Notwendigkeit
einer rechtzeitigen Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie und die
Dringlichkeit nachhaltiger Anstrengungen zur Verminderung der
Wasserverschmutzung in Europa. Er fordert die Mitgliedsstaaten
darüber hinaus auf, fruchtbare Böden zu schützen und wertvolle
Flüsse und Feuchtgebiete zu restaurieren, damit diese dazu beitragen
können, die Auswirkungen möglicher Flutereignisse abzumildern.
Die Wasserrahmenrichtlinie ist ein zentrales Instrument, um diese
Ziele zu erreichen. Sie verfolgt das ehrgeizige Ziel, dass alle Gewässer
der EU bis 2015 einen guten Zustand erreichen sollen. Dieses Ziel gilt
als erreicht, wenn die Gewässer nicht nur einen guten chemischen
Zustand (geringe Schadstoffkonzentration) haben, sondern auch
einem guten ökologischen Zustand (hier sind Oberflächengewässer
wie Flüsse und Seen gemeint). Hinsichtlich der biologischen Vielfalt ist
die Berücksichtigung des ökologischen Zustands bei der Zielsetzung
besonders wichtig, denn damit wird der Wert intakter
Süßwasserlebensräume anerkannt.
Energiegewinnung, die Schifffahrt oder die
Landwirtschaft umgestaltet. Das hat nicht
nur zu einem erheblichen Verlust an
biologischer Vielfalt geführt, sondern
schränkt auch in hohem Maße die
normalen Fähigkeiten der Flüsse zur
Wasserreinigung und zur
Hochwasserretention ein.
Die Richtlinie fordert, dass bis Ende 2009 für jedes Flusseinzugsgebiet
ein integrierter Bewirtschaftungsplan entwickelt wird. Die Arbeit auf
dieser konkreten Ebene ist besonders effektiv und zwingt Behörden
wie Interessengruppen, sich ungeachtet politischer Unterschiede oder
administrativer Grenzen zu beteiligen. Jeder Plan enthält ein
abgestimmtes Maßnahmenprogramm, um das 2015-Ziel zu erreichen.
Maßnahmen zum Erhalt und zur Wiederherstellung wertvoller
Gewässerökosysteme werden zweifellos in den Plänen enthalten sein,
nicht nur, um die biologische Vielfalt und den Landschaftswert zu
bewahren, sondern auch, um die Wasserretentionsfähigkeit der
Gewässersysteme und ihre wasserreinigende Funktion zu verbessern.
Angesichts der hohen Kosten für die
Reinigung von verschmutztem Wasser und
für Überflutungsschäden hat in Europa ein
Nachdenken darüber eingesetzt, wie bei
einem optimalen Management von
Gewässern von Beginn an auch ihre
ökologische und ökonomische Bedeutung
sowie ihre Bedeutung hinsichtlich der
biologischen Vielfalt berücksichtigt werden
kann. Damit wurde ein stärker ganzheitlich
ausgerichteter Ansatz im Umgang mit
Ökosystemen erreicht. Dieser ist auch
Bestandteil der Wasserrahmenrichtlinie
der EU.
Hinsichtlich der Wasserverschmutzung verlangt der Aktionsplan zur
Biodiversität im Speziellen Aktivitäten um
punktuelle Umweltverschmutzungen erheblich zu reduzieren –
mittels einer besseren Umsetzung der Richtlinien zur Behandlung
von kommunalem Abwasser, zur integrierten Vermeidung und
Verminderung der Umweltverschmutzung, zu
Großfeuerungsanlagen und zur Abfallverbrennung;
diffuse Verunreinigungen aus landwirtschaftlichen Quellen
umfassend zu vermindern, indem die Nitrat-Richtlinie der EU
verstärkt berücksichtigt und die thematische Strategie der
nachhaltigen Nutzung von Pestiziden umgesetzt wird;
die Luftverschmutzung und die Gefährdung durch toxische
Chemikalien weiter zu reduzieren, unter Berücksichtigung der
thematischen Strategie zur Luftverschmutzung und REACH
(Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und
Beschränkung chemischer Stoffe).
•
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© European Commission
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© David Kjaer/davidkjaer.com
Und nicht zuletzt in Bezug auf den Bodenschutz und das
Risikomanagement gegen Überschwemmungen verlangt der
Aktionsplan zur Biodiversität die Umsetzung der neuen thematischen
Strategie für den Bodenschutz, um Bodenversiegelung, Erosion und
den Verlust an biologischer Vielfalt im Boden zu minimieren. Der
Aktionsplan fordert die Mitgliedsstaaten und die Gemeinschaft auch
auf, die Risiken und die Vorteile von Überschwemmungen
für die biologische Vielfalt zu untersuchen und
abzusichern, dass Managementpläne zu
Überschwemmungsrisiken, die im Rahmen
der EU-Richtlinie zum Hochwasserrisikomanagement entwickelt werden, auch
der biologischen Vielfalt
zuträglich sind.
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Ziel 3 des EU-Aktionsplans:
Flächendeckender Meeresbiodiversitätsschutz in
der EU
© Jose B. ruiz/naturepl.com
Schutz der europäischen Meere
Die Küsten und Meere Europas sind für Millionen Menschen wichtig
und leisten einem erheblichen Beitrag zum wirtschaftlichen
Wohlstand. Dabei konkurrieren Fischerei, Schifffahrt und Tourismus
entlang der langen und vielfältigen Küste Europas um für sie jeweils
lebensnotwendige Gebiete. Heute lebt fast die Hälfte der EU-Bürger
in küstennahen Gebieten (bis zu 50 km zum Meer).
Die vielfältige Nutzung des Meeres hat allerdings auch einen starken
Einfluss auf die natürlichen Ressourcen und das zerbrechliche
Gleichgewicht in den betreffenden Ökosystemen. Überfischung ist
an der Tagesordnung. Und bei vielen Fischen, zu denen
Bestandserhebungen erfolgen, stellte sich heraus, dass ihre Anzahl
bereits unter einer ökologisch vertretbaren Grenze liegt. Der wieder
über Bord geworfene Beifang (tote, unerwünschte oder zu kleine
Fische und andere Lebewesen) hat noch immer einen
unakzeptablen Umfang und macht bei manchen Fischereien einen
Anteil von 20 bis 60 % des Fanggewichts aus. Diese Praxis verursacht
einen unsäglichen Schaden in den Ökosystemen der Meere.
links mitte Goldstriemenschwarm,
Sarpa salpa, im Mittelmeer.
La Maddalena Archipel, Sardinien. unten links Riesenhai, Cetorhinus
maximus. unten mitte Fischerboot im Wattenmeer. unten rechts Pferdeaktinie,
Actinia equina, Bretagne, Frankreich.
oben mitte
Ein weiteres Hauptproblem ist die Meeresverschmutzung. Bis zu
80 % der Verschmutzung im Meer hat ihren Ursprung an Land, vor
allem in der Landwirtschaft und der Industrie. Durch die
Nährstofffracht kommt es stark vermehrt zu toxischer Algenblüte.
Schwermetalle und andere gefährliche Substanzen reichern sich in
den Nahrungsketten der Meere an und können nicht nur beim
Menschen erhebliche Gesundheitsprobleme verursachen.
© P.Kobeh/BIOS/4nature
Begrenzung des Beifangs von Nichtzielarten
Tausende von Meeresschildkröten, Haien,
Delfinen und Vögeln sterben jedes Jahr
unbeabsichtigt in europäischen Fischernetzen. Nach Angaben des International
Council for the Exploration of the Sea (ICES)
ertrinken allein 4.400 Schweinswale im
Zuge der Nordseefischerei und circa 55.000
Meeresschildkröten sterben im Mittelmeer
durch die pelagische Langleinenfischerei,
bei der unzählige Köderhaken an einer
Leine an der Wasseroberfläche treiben, um
mit ihnen Schwertfisch zu fangen.
Seit 2004 ist es bei der Fischerei mit
Stellnetzen über 12 m in der EU Pflicht,
sogenannte Pinger, also akustische
Signalgeber, an den Netzen anzubringen,
um Schweinswale von ihnen fernzuhalten.
Die EU erwägt auch, verbindliche
Beifanghöchstgrenzen für die Fischerei
festzulegen. Dazu bedarf es zunächst
allerdings guter Daten, beispielsweise über
den Walbestand in den Gewässern der EU.
Daher wurde 2005 ein Projekt unterstützt,
das die Kleinwalbestände in den EUGewässern entlang des Festlandssockels
des europäischen Atlantiks untersucht
(SCANS II). Der benötigte Aufwand war
enorm: Sieben Schiffe, drei Flugzeuge und
ein Team von über 70 Forschern waren im
Einsatz. Das zeigt, wie schwierig es ist,
Daten zu Meeresressourcen zu erheben. Die
Erhebungen waren jedoch erfolgreich und
nun werden die Ergebnisse ausgewertet. Sie
sind Teil eines größeren Maßnahmenpakets
zur Reduktion des Beifangs in der
europäischen Fischerei.
http://ec.europa.eu/fisheries/cfp/management_resources/conservation_measures_en.htm
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© Kerstin sundseth/Ecosystems Ltd
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Im Jahr 2007 hat die EU eine ehrgeizige Richtlinie zur Meeresstrategie,
die Marine Strategy Directive, verabschiedet, um Europas Meere zu
schützen und die nachhaltige Nutzung der Meere zu fördern. Genau wie
die Wasserrahmenrichtlinie geht die Meeresstrategie von einem Ansatz
aus, der die Ökosysteme als Ausgangspunkt nimmt. Die neue Richtlinie
hat zum Ziel, dass alle Meeresgebiete der EU bis 2020 einen guten
Umweltzustand erreichen.
Aufbauend auf bereits bestehendes Recht und Konventionen zielt sie
darauf ab, eine klare, allumfassende Vision für die europäische
Meeresumwelt zu schaffen. Auf EU-Ebene wurden gemeinsame Ziele
und Prinzipien festgelegt. Das Management und die Umsetzung obliegt
allerdings den Anrainerstaaten der vier betroffenen Meeresgebiete
(Nordostatlantik, Ostsee, Mittelmeer und Schwarzes Meer).
Ölflecken und -teppiche sowie von Schiffen
abgelassenes Ballastwasser und sonstige
Rückstände kommen als Belastungen
hinzu. Ebenso problematisch sind
einwandernde fremde Arten, die
zunehmende Küstenbebauung und der
Klimawandel.
Der Aktionsplan zur Biodiversität fordert von den Mitgliedsstaaten
und der Gemeinschaft eine schnelle und effiziente Umsetzung der
Richtlinie zur Meeresstrategie sicherzustellen, damit für alle
Meeresgebiete der EU gute Umweltbedingungen erreicht und
notwendige Anforderungen für die biologische Vielfalt und die
Ökosysteme in die zukünftige Meerespolitik der EU integriert werden.
Die Situation verschärft sich durch den
Mangel an geeigneten wissenschaftlichen
Daten und die Komplexität der rechtlichen
Regelungen zu den Meeresgebieten, vor
allem jener auf hoher See. Die diversen
Konventionen, die für die Meeresgebiete
der EU gelten (z. B. OSPAR, HELCOM,
Barcelona Konvention), sind ein
außerordentlich wertvoller Rahmen für den
Schutz der Meeresökosysteme, aber den
Konventionen fehlt die bindende Kraft von
internationalem Recht.
Der Aktionsplan zur Biodiversität fordert darüber hinaus eine nachhaltigere Nutzung der Ressourcen der Meere im Kontext der neuen
gemeinschaftlichen Fischereipolitik (GFP). Zurzeit werden Maßnahmen eingearbeitet, die auf einer schrittweisen Anwendung eines
mehrjährigen, auf mehrere Arten bezogenen Ansatzes im Fischereimanagement basieren, der nicht nur die wirtschaftlich relevanten
Fischbestände, sondern die ganze Meeresumwelt berücksichtigt.
Im Rahmen der gemeinschaftlichen Fischereipolitik werden
langfristige Managementpläne entwickelt, die zu einer Erholung
bereits zusammengebrochener Fischbestände und zum Erhalt der
übrigen Bestände auf einem sicheren Niveau beitragen sollen;
die Überkapazitäten der EU-Fischereiflotte auf ein Niveau reduziert,
das den verfügbaren Ressourcen besser entspricht;
neue Maßnahmen zum Schutz mariner Lebensräume und Arten
sowohl innerhalb als auch außerhalb von Natura 2000-Gebieten
eingeführt. Für Seegraswiesen in bestimmten Bereichen des
Mittelmeeres und entlang der Riffe um die Azoren, Madeira und die
Kanaren hat die EU bereits den Einsatz schädigender Fischereitechnik
verboten. Über weitere Maßnahmen wie beispielsweise sogenannte
no-take zones wird zurzeit nachgedacht;
zurzeit gemeinschaftliche Aktionspläne zum Schutz von Haien und
Seevögeln entworfen.
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© KINA/H.J.Roersma
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© Christophe Courteau/naturepl.com
Der Aktionsplan zur Biodiversität hat die Mitgliedsstaaten darüber
hinaus ermutigt die Möglichkeiten des neuen Europäischen
Fischereifonds möglichst gut zu nutzen,
um Maßnahmen zu ergreifen, die der
marinen Biodiversität zuträglich sind.
Ein weiteres Ziel dabei sollte sein,
die Empfehlungen für das
integrierte Küstenzonenmanagement umzusetzen,
um Europas sich über
immerhin 70.000 km
erstreckende Küstenlinie in
nachhaltiger Weise zu
schützen und zu nutzen.
15
Ziel 4 des EU-Aktionsplans:
Integration der
biologischen Vielfalt in
die Regionalentwicklung
© Dae Sasitorn/lastrefuge.co.uk
Der Natur Raum geben
Die Wirtschaft der Europäischen Union ist weltweit eine der
größten und dynamischsten. In den letzten Jahren waren in noch
nie da gewesenem Umfang politische, soziale, kulturelle und
ökonomische Fortschritte zu beobachten. Daneben hat sich die EU
erheblich von 15 auf heute 27 Mitgliedsstaaten vergrößert.
All diese Veränderungen bieten neue Möglichkeiten für das
Wirtschaftswachstum und die öffentliche Wohlfahrt, üben aber
auch einen erheblichen Druck auf die natürlichen Ressourcen und
unseren Lebensraum aus. Die Nachfrage nach neuen
Wohngebieten und Transportmöglichkeiten,
Infrastrukturentwicklungen sowie einer Landnutzungsänderung
hat weiter zugenommen. Viele der neuen Mitgliedsstaaten
befinden sich im Übergang von ehemals kommunistischen
Strukturen zu einer liberaleren Marktwirtschaft.
links mitte Komplexes
Autobahnkreuz, Birmingham, England. oben mitte Extensiv
genutzte Agrarlandschaften in Europa beherbergen viele Tiere und Pflanzen.
unten links UVP und SUP führen zu besseren Planungen. unten mitte Natur, auch
in der Stadt. unten rechts Auf Straßen kommen sehr viele Tiere um.
Die Auswirkungen eines solchen anhaltenden
Wirtschaftswachstums und solcher sich ändernder
Produktionsbedingungen und Konsummuster spiegeln sich auch
in unserer Landschaft wider. Die bebaute Fläche nahm in den
letzten 20 Jahren um 20 % zu. Ortschaften und Städte dehnen sich
auf das Land aus, die landwirtschaftlichen Flächen werden
intensiviert, umgewandelt oder aufgegeben und immer neue
Straßen werden gebaut. Allein 12.000 Kilometer neue Autobahnen
sollen in den nächsten sieben Jahren in den neuen
Mitgliedsstaaten gebaut werden.
© Kerstin Sundseth/Ecosystems Ltd
Umweltverträglichkeitsprüfung zum Flughafenausbau in Billund entlastet Kassen und die Natur
Mehr als zwei Millionen Passagiere
nutzen im Jahr den Flughafen von Billund
in Süd-Dänemark. Aber die vielen Starts
und Landungen wurden zu einer
erheblichen Belastung für die
Bevölkerung. Allein mehr als 1.300
Haushalte waren Lärm ausgesetzt, der
über den empfohlenen Grenzwerten lag.
Um diese Belastung zu mindern, wurde
die Planungsgenehmigung für eine neue
Start- und Landebahn nördlich des
Flughafens und damit von der
Wohnbebauung entfernt erteilt.
In der Umweltverträglichkeitsprüfung
(UVP) wurde allerdings festgestellt, dass
16
zur Lärmminderung der Ausbau nicht
notwendig ist. Das mit dem Bau verfolgte
Lärmreduktionsziel ließ sich mit einer
Veränderung der Flugbahn beim Start
erreichen. Die Gutachter der UVP stellten
fest, dass selbst bei voller Auslastung des
Flughafens die Lärmbelastung um 75 %
reduziert wird, wenn die Flugzeuge so
schnell wie möglich abheben und in
150 m Höhe nur 30 Grad nach rechts
schwenken.
Am Ende wurden durch die UVP 40
Millionen Euro gespart und 450 ha
landwirtschaftliche Flächen sowie ein
wertvoller alter Wald erhalten.
© David Noton/naturepl.com
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
In Anerkennung der Notwendigkeit einer sinnvollen Raumplanung, die
dazu beiträgt, die negativen Effekte regionaler und nationaler
Entwicklungen zu verhindern, zu minimieren und auszugleichen, fordert
der Aktionsplan zur Biodiversität, dass alle einschlägigen
innerstaatlichen Pläne und Projekte in der EU einer strategischen
Umweltprüfung (SUP) und einer Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP)
unterliegen müssen, die die biologische Vielfalt in vollem Umfang
berücksichtigen.
Umweltverträglichkeitsprüfungen sind in der EU seit 1986 vorgeschrieben und spielen eine Schlüsselrolle bei der Analyse möglicher
Auswirkungen größerer Bauvorhaben auf die Umwelt. Da sie jedoch erst
auf der konkreten Projektebene angesiedelt sind, berücksichtigen sie nur
spezielle Auswirkungen vor Ort. Der Schaden ist allerdings oft bereits bei
früheren strategischen Entscheidungen in einem vorgelagerten
Planungsverfahren (Bauleitplanung, Verkehrsplanung etc.), beispielsweise
bei der Ortsauswahl, entstanden.
Das „Millennium Ecosystem Assessment“,
eine der bislang umfassendsten Studien
zum Zustand und zu den
Entwicklungstrends der Ökosysteme der
Erde, das 2001 von den Vereinten
Nationen in Auftrag gegeben wurde,
kam zu dem Schluss, dass die
europäischen Ökosysteme mehr unter
anthropogen bedingter Zerschneidung
zu leiden hatten als auf jedem anderen
Kontinent. Noch immer könnten die
negativen Auswirkungen auf die
biologische Vielfalt eingegrenzt werden,
wenn bereits frühzeitig in der
Planungsphase Schutzvorkehrungen
ergriffen würden. Manchmal entstehen
Umweltschäden und
Biodiversitätsverluste aufgrund einer
Projektkonzeption, die verhindert, dass
der größere ökologische, soziale und
ökonomische Kontext im
Planungsprozess in ausreichendem Maße
und frühzeitig genug beachtet wird.
Vor diesem Hintergrund hat die EU im Jahr 2001 die Richtlinie zur
strategischen Umweltprüfung verabschiedet, die einen ganzheitlicheren
Ansatz bei der Raumplanung fordert, so dass Umweltbelange und
Überlegungen zur Biodiversität bereits frühzeitig bei strategischen
Planungen (z. B. Leitpläne und Konzepte) und dem Entwurf von
Programmen berücksichtigt werden. Damit wird die Umwelt nicht erst
dann betrachtet, wenn die Grundsatzentscheidung zu einer
Gebietsnutzung bereits gefallen ist.
Nun arbeiten Umweltexperten Hand in Hand mit den Planern, um
Informationen auszutauschen und bereits in der ersten Planungsphase
die umweltverträglichsten Optionen zu finden. Umweltverträglichkeitsprüfungen müssen weiter bei konkreten Projekten durchgeführt
werden. Aber Studien haben gezeigt, dass bei Umweltverträglichkeitsprüfungen zu Bauvorhaben, deren strategische oder großräumliche
Vorplanungen bereits eine strategische Umweltprüfung durchlaufen
haben, im Durchschnitt erheblich weniger negative Umwelteffekte
festgestellt werden.
Strategische Umweltprüfungen sind der Umwelt zuträglich und bewirken
eine nachhaltigere, integriertere und letztendlich effizientere
Raumplanung.
© Laurent Geslin/naturepl.com
In der neuen Förderperiode der EU von 2007 bis 2013 unterliegen nun alle
EU-Fonds der Richtlinie zur strategischen Umweltprüfung. Insofern fordert
auch der Aktionsplan zur Biodiversität, dass alle Projekte, die im
Rahmen der EU-Programme in diesem Förderzeitraum gefördert werden,
keinen oder nur einen minimalen negativen Einfluss auf die biologische
Vielfalt haben und möglichst einen positiven Beitrag für diese leisten.
© Richard du Toit /naturepl.com
Das ist besonders in Bezug auf den Strukturfonds wichtig, der eine
wichtige Finanzquelle (347 Milliarden Euro innerhalb von sieben Jahren)
für Infrastrukturmaßnahmen und große Entwicklungsprojekte in der EU
darstellt. In den Fällen, in denen Umweltschäden unvermeidlich sind,
müssen die Infrastrukturmaßnahmen und Entwicklungsprojekte zumindest
gewährleisten, dass Verluste kompensiert werden
oder dass an anderer Stelle Ausgleichsmaßnahmen
zum Wohl der biologischen Vielfalt durchgeführt
werden, damit eine weitere Schwächung und
Schädigung der Biodiversität in der EU
verhindert wird.
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© Adrian Davies/naturepl.com
Das Problem der invasiven
gebietsfremden Arten in Angriff
nehmen
Nie zuvor wurde weltweit so viel gereist und gehandelt wie heute.
Das mag für unsere Wirtschaft vorteilhaft sein, es begünstigt
jedoch leider auch die Ausbreitung bei uns nicht heimischer, also
gebietsfremder Pflanzen und Tiere.
Manche Arten werden absichtlich eingeführt und in die Natur
entlassen, manche sind zunächst Haustiere oder Gartenpflanzen
und verwildern dann und einige kommen sozusagen per Anhalter
nach Europa, in Frachtern, Containern oder Lastwagen. Viele
überleben nicht lange, aber eine wachsende Zahl kommt gut mit
den hiesigen Bedingungen zurecht, sei es aus Mangel an Feinden,
sei es weil sie sehr konkurrenzstark sind oder weil die Umwelt und
ihr Gleichgewicht bereits geschwächt sind. Letztendlich werden
manche neu auftretenden Arten invasiv, verdrängen andere
heimische Arten und schädigen wertvolle Ökosysteme.
Algenfarnteppiche, Azolla sp, ersticken das Leben in Flüssen.
Spanische Wegschnecke, Arion vulgaris; Dreikantmuschel, Dreissena
polymorpha; Roter Amerikanischer Sumpfkrebs, Procambarus clarkii.
unten links Nordatlantische Rippenqualle, Mnemiopsis leidyi.
unten mitte Riesen-Bärenklau, Heracleum mantegazzianum.
unten rechts Kartoffelkäfer, Leptinotarsa decemlineata.
links mitte
Wie überall in der Welt stieg auch in Europa die Zahl der invasiven
Arten in den letzten Jahren beträchtlich an. Sie stellen nun ein
Hauptproblem für die biologische Vielfalt dar, das nur vom Verlust
an Lebensräumen übertroffen wird.
oben mitte
Invasive gebietsfremde Arten sind nicht nur ökologisch
problematisch. Sie sorgen auch wirtschaftlich und sozial für große
Schwierigkeiten. Jährlich verursachen allein Gartenflüchtlinge wie
© Vidar Aas
Nordatlantische Rippenquallen lassen den
Fischbestand im Schwarzen Meer schrumpfen
In den frühen 1980er Jahren wurde
versehentlich die nordatlantische
Rippenqualle Mnemiopsis leidyi mit Schiffsbalastwasser ins Schwarze Meer eingeführt. Da
es weit und breit keine natürlichen Feinde gab,
vermehrte sich die Qualle explosionsartig und
zehrte dabei riesige Mengen von Zooplankton,
Larven und Fischeiern. Das führte schnell zu
einem Zusammenbruch der Fischpopulationen vor Ort und bewirkte eine starke
Veränderung des marinen Ökosystems.
Die Rippenqualle hat sich im wahrsten Sinne
des Wortes durch die ganze Nahrungskette
hindurchgefressen. Mitte der 1990er Jahre
wurde geschätzt, dass das Schwarze Meer über
eine Milliarde Tonnen Rippenquallen beherbergte, mehr als das Gewicht des gesamten
kommerziellen Fischfangs auf der Welt.
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Heute weiß man, dass die Massenvermehrung der Rippenqualle aus dem Nordatlantik mitverantwortlich für den
erheblichen Bestandsrückgang von nicht
weniger als 26 fischereiwirtschaftlich
genutzten Fischarten im Schwarzen Meer
war, beispielsweise Sardelle und
Mittelmeer- oder Japanische Makrele
(Scomber japonicus). Die Austernfischerei
vor Ort litt ebenso wie die Bestände an
heimischen Quallen und endemischen
Delfinen. Die Auswirkungen waren umso
gravierender, weil das Schwarze Meer
bereits stark unter Überfischung und
Nährstoffanreicherung litt. Die wirtschaftlichen Kosten des Zusammenbruchs der
Fischerei und der Folgen für den Tourismus
am Schwarzen Meer werden auf 500
Millionen Dollar jährlich geschätzt.
© W.Fiedler/Wildlife/4nature
© D.Harms/4nature/Wildlifeit
Ziel 5 des EU-Aktionsplans:
Die Auswirkungen des
Auftretens invasiver
gebietsfremder Arten
verringern
© Josef Hlasek
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Der Aktionsplan zur Biodiversität fordert von der Gemeinschaft
sich in einer EU-weiten Strategie mit den invasiven gebietsfremden
Arten zu befassen;
ein Frühwarnsystem für einen unverzüglichen Austausch von
Informationen und Fachwissen über das Auftreten invasiver
gebietsfremder Arten zwischen den Mitgliedsstaaten auszuarbeiten
und eine umfassende grenzüberschreitende Kooperation bei
Kontrollmaßnahmen zu garantieren;
die vollständige Umsetzung des Cartagena-Protokolls über die
biologische Sicherheit;
den Schutz der biologischen Vielfalt hinsichtlich der Freisetzung
gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt zu gewährleisten.
•
•
•
•
Ferner fordert er von den Mitgliedsstaaten
nationale Strategien zu invasiven gebietsfremden Arten zu
entwickeln;
das Übereinkommen zur Überwachung und Behandlung von
Ballastwasser und Sedimenten von Schiffen der Internationale
Seeschifffahrts-Organisation (International Maritime Organization/
IMO, eine Organisation der Vereinten Nationen) umzusetzen.
•
•
der Japanische Staudenknöterich oder der
Riesen-Bärenklau (auch Herkulesstaude) an
Gewässern in Deutschland einen Schaden
von über 32 Millionen Euro. Letzterer bildet
nicht nur früh im Jahr teilweise dichte
Bestände, die bis zu 5 m hoch werden
können, sondern ist auch gesundheitlich
gefährlich, da phototoxische Inhaltsstoffe
Verbrennungen auf der Haut verursachen.
Gebiete, die der Riesen-Bärenklau besiedelt,
werden ansonsten leblos, da sie von
Mensch und Tier gemieden werden.
Während es in der EU umfangreiche Gesetze und Verfahrensweisen
gibt, um das Auftreten von landwirtschaftlich wichtigen Nutzpflanzen-,
Nutztier- und Fischschädlingen und -krankheiten zu kontrollieren,
besteht bislang auf europäischer Ebene kein umfassender Ansatz
zu invasiven gebietsfremden Arten. Bemühungen von einzelnen
Mitgliedsstaaten drohen durch Inaktivität von Nachbarstaaten
unterlaufen zu werden.
Haben sich invasive Arten erst einmal
etabliert, sind sie oft schwer zu bekämpfen.
Daher ist es besser, ihre Ausbreitung von
Beginn an zu verhindern und dem Problem
frühzeitig zu begegnen.
Angesichts dieser Situation entwickelt die EU-Kommission zurzeit ein
umfassendes Rahmenwerk zu invasiven gebietsfremden Arten. Es wird
auf die nachhaltige Verminderung des Einflusses dieser Arten auf die
europäische Biodiversität und die Minimierung der durch die Arten
entstehenden wirtschaftlichen und sozialen Verluste abzielen.
G. Czepluch/4nature/wildlife
Im Einklang mit den Leitlinien des Übereinkommens über die
biologische Vielfalt (CBD) soll das Rahmenwerk dazu beitragen
von vornherein das Auftreten invasiver schädlicher Arten zu
verhindern;
jegliches invasive Auftreten frühzeitig zu bemerken und die Arten
gegebenenfalls auszurotten;
dort, wo ein Ausrotten nicht möglich ist, sicherzustellen, dass das
Auftreten langfristig kontrolliert und eingedämmt wird, um eine
weitere Ausbreitung in Europa zu verhindern.
•
•
•
http://www.europe-aliens.org
© D.Harms/4nature/Wildlife
Beim Aufbau der Rahmenwerks stützt sich die Europäische Kommission
auf die bereits geleistete Arbeit aus einer Reihe von EU-finanzierten
Forschungsprojekten wie beispielsweise DAISIE („Delivering Alien
Invasive Species Inventories for Europe“). In diesem Projekt erfolgte
eine Bestandsaufnahme der 100 schlimmsten „Neubürger“ in Europa.
Für alle gebietsfremden Arten wurde
eine Datenbank eingerichtet. Ein
Expertenregister trägt dazu bei,
Erfahrungen über die erfolgreichsten
Maßnahmen zur Ausrottung verschiedener
gebietsfremder Arten zusammenzutragen.
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Ziele 6–8 des EU-Aktionsplans:
Stärkung der Rolle der
EU bei der Bekämpfung
des globalen
Biodiversitätsverlustes
© Tom Gilks/naturepl.com
Internationales Regierungshandeln,
Handel und Entwicklungskooperation
Der fortgesetzte Verlust an biologischer Vielfalt auf der ganzen Welt
fordert gemeinschaftliches, abgestimmtes internationales
Handeln. Als starke Befürworterin des Übereinkommens über die
biologische Vielfalt fühlt sich die EU uneingeschränkt der Mithilfe
im Kampf gegen den weltweiten Biodiversitätsverlust verpflichtet.
Die EU erkennt, dass sie auch die Auswirkungen des hohen ProKopf-Verbrauchs der Europäer auf den Rest der Welt
berücksichtigen muss, um im internationalen Kontext ein
glaubwürdiger Partner zu sein.
Als weltgrößter Handelspartner ist Europa stark auf den Import
einer großen Warenpalette und vieler Ressourcen von außerhalb
der EU angewiesen: Kaffee, Tee, Bananen, pflanzliche Öle, Holz,
Fisch etc. Die wachsende Nachfrage nach Importen verleitet
allerdings manchmal Exportländer dazu, ihre Ressourcen im
Übermaß auszubeuten und ihrer biologischen Vielfalt erheblich zu
schaden, wie es bei der Palmöl- und der Sojaproduktion der Fall ist,
für die tropische Regenwälder abgeholzt werden.
Marktstand mit Früchten und Gemüse, Bakau, Gambia. oben
Tropischer Regenwald im Amazonasgebiet, Südamerika. unten links
Gorillabeobachtung in Westafrika. unten mitte Afrikanischer Elefant in Namibia.
unten rechts Pfeilgiftfrosch, Epidobates tricolor.
links mitte
mitte
Die EU stellt weltweit auch die meiste Entwicklungshilfe
bereit. Die Entwicklungspolitik zielt darauf ab, die weltweite
Armut durch politischen Dialog, Handelsbeziehungen,
Freihandel und Entwicklungshilfe zu verringern.
© M.Harvey/4nature/Wildlife
Schutz der Biodiversität in Zentralafrika
Die dichten feuchten Wälder
Zentralafrikas sind nach dem
Amazonasgebiet die zweitgrößte
zusammenhängende Regenwaldfläche
auf der Erde. Sie beherbergen eine
unglaubliche Vielfalt an wild lebenden
Tieren, einschließlich vieler seltener Affen.
In den letzten 20 Jahren wurde der
Handel mit „Buschfleisch“ zu ihrer
größten Gefahr. Diese Entwicklung wurde
durch ein Netzwerk von Straßen
begünstigt und beschleunigt, die zur
Holzgewinnung von den Firmen oft bis
tief in die Wälder gebaut werden.
Seit 1992 unterstützt die Europäische
Kommission das ECOFAC-Programm, eine
große regionale Waldschutzinitiative in
sechs westafrikanischen Staaten, durch
20
die inzwischen 28.000 km² Regenwald
einem guten Schutzgebietesmanagement unterliegen.
ECOFAC hat auch erhebliche Mittel in die
Bereitstellung von alternativen
Erwerbsmöglichkeiten aufgewendet, um
den Jagddruck zu vermindern.
Ökotourismus, der sich vor allem auf die
Affenbeobachtung stützt, stellt nun eine
wichtige Einnahmequelle der Menschen
vor Ort dar. Die Erlöse aus organisierten
und gelenkten Jagdsafaris kommen
direkt den örtlichen Gemeinden zugute
und werden für lokale
Entwicklungsvorhaben sowie das
Management der Jagdgebiete genutzt.
http://www.ecofac.org/
© David Tipling/naturepl.com
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt fordert die Gemeinschaft
und die Mitgliedsstaaten auf, die Wirksamkeit internationalen
Regierungshandelns im Sinne der Biodiversität zu stärken, indem sie
auf eine effektive weltweite Umsetzung des Übereinkommens über die
biologische Vielfalt (CBD) und anderer internationaler Abkommen zur
Biodiversität dringen;
die Integration der Belange der biologischen Vielfalt in globale
Aktivitäten wie die „Millenniumentwicklungsziele“ der UNO (Millennium
Development Goals, MDGs), den Welthandel und Anpassungs- oder
Minderungsmaßnahmen zum Klimawandel verbessern;
ein verbessertes Regierungshandeln hinsichtlich der Weltmeere
voranbringen, um den Schutz der Meeresbiodiversität zu fördern.
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Auch wenn Umweltbelange wie der Schutz
der Biodiversität ebenfalls unterstützt
werden, ist die Entwicklungshilfekooperation stark nachfrageorientiert und
nur wenige Länder sehen bislang die
biologische Vielfalt als ein vordringliches
Feld der Entwicklungszusammenarbeit.
Dennoch hat sich die EU mit ihrer neuen
EU-Entwicklungspolitik (2007–2013)
verpflichtet, dazu beizutragen, dass die
biologische Vielfalt auch Gegenstand
länder- und regionenspezifischer
EU-Programme zur Entwicklungskooperation wird.
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt verlangt darüber hinaus eine
beträchtliche Verminderung der Auswirkungen des Welthandels auf die
globale Biodiversität, indem
die Haupteinflussfaktoren des Handels der EU auf die biologische
Vielfalt von Drittstaaten festgestellt und Anpassungsmaßnahmen zur
erheblichen Reduktion dieser Effekte umgesetzt werden;
Verknüpfungen zwischen Übereinkommen der Welthandelsorganisation
WTO und internationalen Abkommen zur Biodiversität unterstützt und
die Anerkennung der biologischen Vielfalt als nicht handelsbezogenes
Anliegen (non-trade concern) gefördert werden, um die negativen
Umweltwirkungen der Globalisierung abzumildern;
die vollständige Umsetzung der „Bonn Guidelines“ der CBD zum
Zugang zu biologischer Vielfalt und dem gerechten Vorteilsausgleich
sowie weitere diesbezügliche internationale Abkommen
vorangebracht werden;
die Abstammung von Holzimporten aus nachhaltiger Produktion
gesichert und der illegale Holzeinschlag bekämpft wird sowie
Maßnahmen ergriffen werden, die Abholzung verhindern, minimieren
oder ihre Auswirkungen abmildern;
gewährleistet wird, dass bilaterale Fischereiabkommen nicht zu einer
Schädigung oder Zerstörung von Meeresökosystemen außerhalb der
EU führen;
sichergestellt wird, dass das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Convention on the International Trade in Endangered
Species, CITES) erfolgreich in der EU umgesetzt und dass der Handel mit
wildlebenden Tieren kontrolliert wird.
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© JBS/4nature/Wildlife
Hinsichtlich der Außenbeziehungen der EU und der Entwicklungszusammenarbeit fordert der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt, dass
in den Länder- und Regionalstrategieprogrammen ausreichende EUMittel für die Biodiversität vorgesehen werden;
systematisch Länderumweltprofile für alle Länder- und
Regionalstrategieprogramme entwickelt werden, um die Belange der
biologischen Vielfalt in den Programmen zu berücksichtigen;
planmäßig strategische Umweltprüfungen zu allen
Strategieprogrammentwürfen durchgeführt werden und dass
Umweltverträglichkeitsprüfungen zu allen EU-finanzierten
Entwicklungsprojekten stattfinden,
um negative Auswirkungen auf
die Biodiversität zu vermeiden;
ein zweckbestimmter Fonds
unter anderem zur
Unterstützung von
Schutzprojekten außerhalb
der EU eingerichtet wird.
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© David Kjaer/davidkjaer.com
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21
Ziel 9 des EU-Aktionsplans:
Unterstützung bei
der Anpassung der
biologischen Vielfalt an
den Klimawandel
© David Norton/naturepl.com
Biodiversität und Klimaschutz
Wir leben in der Zeit eines noch nie da gewesenen und nicht mehr
gänzlich aufzuhaltenden Klimawandels. Anders als bisherige
Klimaschwankungen auf der Erde sind die heutigen
Veränderungen überwiegend auf unsere eigenen Aktivitäten (den
massiven Ausstoß von Treibhausgasen) zurückzuführen und der
Wandel vollzieht sich viel schneller als jemals zuvor.
Der sogenannte Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate
Change, IPCC) sagt bis zum Jahr 2100 einen globalen
Temperaturanstieg von 2–6,4 °C im Vergleich zu vorindustriellen
Verhältnissen voraus. Das bedeutet nicht nur, dass es auf der Erde
wärmer wird, sondern dass extreme Wetterereignisse von
ausgedehnten Dürreperioden bis zu heftigen, unvorhersagbaren
Stürmen und Starkregen zunehmen werden.
Ein erheblicher Anteil der Treibhausgase stammt aus dem Verkehr.
Überschwemmungen in Großbritannien, 2007. unten mitte rechts
Polarfuchs, Alopex lagopus – eines der ersten Opfer des Klimawandels. unten
rechts Die kommenden Generationen im Blick.
links mitte
oben mitte
Die Auswirkungen auf Biodiversität und Ökosysteme sind nicht
genau vorhersagbar, werden jedoch erheblich sein. Da der
Lebenszyklus vieler wildlebender Tiere und Pflanzen eng mit dem
Lauf der Jahreszeiten verbunden ist, wird der Klimawandel sehr
wahrscheinlich Brutverhalten, Zugwege, Blütezeiten,
Wachstumsperioden und vieles mehr verändern. Das über viele
Jahre fein aufeinander abgestimmte Zusammenspiel der Arten mit
ihrer Umgebung gerät aus dem Gleichgewicht, was beispielsweise
zu Brüchen in Nahrungsketten führen kann.
Das BRANCH-Projekt
Das Projekt BRANCH (Biodiversity, spatial planning, climate change – Biodiversität,
Raumplanung, Klimawandel), welches über drei Jahre (2004–2007) über INTERREG-Mittel
der EU finanziert wurde, hatte zum Ziel zu verdeutlichen, wie wichtig die Nutzung von
Raumplanungsinstrumenten bei der Anpassung an den Klimawandel ist. Dazu hat BRANCH
Raumplaner, Wissenschaftler und politische Entscheidungsträger aus ganz Nordwesteuropa
zusammengebracht, um
• bestehende Raumordnungsstrategien zu prüfen und neue Herangehensweisen zu empfehlen,
um die Widerstandsfähigkeit und Pufferkapazität der Biodiversität zu erhöhen;
• die Reaktionen der europäischen Natur bei verschiedenen Klimawandelszenarien zu
modellieren;
• Planungsoptionen und -instrumente zur Bewältigung der Folgen des Klimawandels für die
Küsten zu entwickeln;
• Auswirkungen des Klimawandels auf die binnenländischen Ökosysteme und ökologischen
Netze zu bewerten;
• Akteure zu ermutigen, die Anpassung an den Klimawandel in alle Planungsphasen
einzubeziehen.
Das Projekt kam zu dem Ergebnis, dass die starke Zerstückelung der Landschaft Europas
für viele Arten eine große Hürde darstellt, mit den sich verschiebenden optimalen
Klimabedingungen mitzuwandern. Sehr deutlich wird die dringende Notwendigkeit,
die Biodiversität bei der Raumplanung und bei Maßnahmen zur Anpassung an den
Klimawandel zu berücksichtigen.
22
Klimaszenario: Prognostizierte
Veränderung der
Mittelspechtbestände in
40 Jahren (2050)
http://www.branchproject.org/
© Mark Taylor/naturepl.com
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Die EU hat eine Vorreiterrolle beim Umgang mit dem Klimawandel. Ihr
Hauptziel ist die Begrenzung des weltweiten Temperaturanstiegs auf
maximal 2 °C gegenüber den Werten vor der Industrialisierung und
eine Entwicklung zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft.
Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, arbeitet die EU-Kommission
an einer neuen, weitreichenden Klima- und Energiepolitik
für Europa. Ein zentrales Ziel ist bis 2020 die Verminderung der
Treibhausgasemissionen der EU um mindestens 20 % gegenüber
dem Stand von 1990, beziehungsweise um 30 %, wenn andere
Industriestaaten mitziehen.
Die Arten werden zwar versuchen, mit
den zu ihnen passenden, sich nun
räumlich verschiebenden „Klimanische”
mitzuwandern, dies wird ihnen jedoch
oft aus einer Vielzahl von Gründen nicht
gelingen, nicht zuletzt da die Umwelt
außerhalb von Schutzgebieten eine
Vielzahl von Grenzen für
Wanderungsbewegungen wie Straßen,
Siedlungsflächen oder Flächen intensiver
Land- und Forstwirtschaft aufweist.
Die neuen Vorschläge werden erneuerbare Energien wie Wind- und
Solarenergie sowie die Biomasseproduktion fördern. Zurzeit beträgt
der Anteil der erneuerbaren Energie am Gesamtverbrauch 8,5 %. Dieser
Wert soll bis 2020 auf 20 % erhöht und damit mehr als verdoppelt
werden. Zu diesem Zeitpunkt soll der Anteil von Treibstoff aus
Biomasse in Benzin und Diesel 10 % betragen.
Im Bewusstsein des voraussichtlichen Einflusses des Klimawandels
auf die Biodiversität begrüßt der EU-Aktionsplan zur biologischen
Vielfalt die ehrgeizigen neuen Maßnahmen und ruft zusätzlich die
Mitgliedsstaaten und die Gemeinschaft dazu auf
die zentrale Rolle anzuerkennen, die die biologische Vielfalt
bei der Begrenzung des Klimawandels und bei der Anpassung
an ihn, beispielsweise bei der Hochwasserretention, der
Erosionsvermeidung oder der Speicherung von Treibhausgasen
spielen kann;
sicherzustellen, dass alle Verminderungs- oder Anpassungsmaßnahmen, die im Kampf gegen den Klimawandel ergriffen werden,
keinen negativen Einfluss auf die Biodiversität haben. Insofern
berücksichtigt das Grünbuch der Kommission zur Anpassung
an den Klimawandel den zentralen Wert des Erhalts gesunder,
funktionsfähiger Ökosysteme als Teil der Strategie zum Umgang
mit dem Klimawandel. Wichtige Beiträge liefern auch große
Forschungsprojekte wie ALARM „Assessing large scale environmental
risks on biodiversity” http://www.alarmproject.net/alarm/;
zu gewährleisten, dass der Zusammenhang von Biodiversität und
Klimawandel umfassend anerkannt wird.
•
Die biologische Vielfalt und der
Klimawandel sind eng miteinander
verbunden. Gesunde Ökosysteme sind
lebensnotwendig für jede Strategie, den
Klimawandel abzuschwächen oder sich
an die sich ändernden Bedingungen
anzupassen. So ist die Biodiversität in
vielerlei Hinsicht unsere
Lebensversicherung für die Zukunft.
•
•
© D.J.Cox/
Wildlife/4nature
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt fordert des Weiteren:
Maßnahmen, um die Pufferkapazität und Widerstandsfähigkeit
sowie den Zusammenhang von Schutzgebietsnetzwerken (zum
Beispiel Natura 2000) zu verbessern, um zu garantieren, dass sie
weiterhin als sichere und geeignete Zufluchtsorte für Arten bei der
Anpassung an den Klimawandel zur Verfügung stehen;
ein umfassendes Programm von prioritären Maßnahmen für
besonders gefährdete Arten und Lebensräume, um die
europäische Biodiversität aktiv
dabei zu unterstützen,
sich an den Klimawandel
anzupassen.
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© Niall Benvie/naturepl.com
23
©Wildlife/4nature.at
Ziel 10 des EU-Aktionsplans:
Verbesserung unserer
Wissensgrundlage
© KINA/F. Hoogevorst
Biodiversitätsforschung in Europa
Trotz jahrzehntelanger Forschung ist unser Wissen über die
biologische Vielfalt und die Funktionsweise von Ökosystemen
noch immer recht begrenzt. Der Mangel an Erkenntnissen kann
allerdings nicht als Argument für Tatenlosigkeit dienen. Wir wissen,
dass der Biodiversitätsverlust so groß wie nie zuvor ist, dass unsere
Ökosysteme unter immensem Druck stehen und dass es für ein
nachhaltiges Management und eine nachhaltige Nutzung
dringend notwendig ist, umsichtig vorzugehen.
Die Erweiterung unseres Verständnisses von der Biodiversität
und den Ökosystemleistungen ist nichtsdestoweniger wichtig,
um die zukünftige Politik adäquat und gut zu gestalten. In
Europa haben nach und nach EU-Rahmenprogramme für
Forschung, Technologieentwicklung und Modellvorhaben dazu
beigetragen, unser Verständnis der Biodiversität zu verbessern.
Sie haben auch einen europäischen Ansatz für einen
Biodiversitäts-, Landnutzungs- und Klimawandelforschung
unterstützt und im Ergebnis die Zusammenarbeit von
Wissenschaft und Politik verbessert.
links
Primärerhebung, Französisch Guyana. oben Murmeltier, Marmota marmota.
Ehrenamtliche erfassen Wiesenvegetation in Wales.
unten
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt fordert von den
Mitgliedsstaaten und der Gemeinschaft
die unabhängige wissenschaftliche Beratung zu verstärken und einen
Mechanismus einzurichten, mit dem Barrieren an der Schnittstelle zwischen
Wissenschaft und Politik ausgeräumt werden;
im Rahmen des neuen EU-Forschungsrahmenprogramms (FP7) ausreichende
finanzielle Mittel für die europäische und die nationale Biodiversitätsforschung
bereitzustellen und die Forschungsbemühungen zu Stand, Trends und
Verbreitung europäischer Lebensraumtypen und Arten zu steigern;
die Forschung zu den stärksten Belastungen der Biodiversität zu fördern und
Schutz- sowie Anpassungsmöglichkeiten zu entwickeln und zu testen;
einen effektiven und umfassenden europäischen Forschungsraum zur
Biodiversität zu schaffen;
gemeinsame Datenstandards und Qualitätssicherungsverfahren einzuführen,
um die Zusammenarbeit der wichtigen europäischen und nationalen
Datenbanken und die Vergleichbarkeit der Inventarübersichten zur
biologischen Vielfalt zu ermöglichen.
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© T. Dines/Plantlife
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© Junta de Andalucia
Unterstützungsmaßnahmen
Finanzierung,
Regierungshandeln,
Partnerschaften,
Bewusstseinsbildung
© European Commission
Alle Gesellschaftsbereiche
einbeziehen
Um zu gewährleisten, dass die Ziele des Aktionsplans zur
biologischen Vielfalt erreicht werden, ist die Bereitstellung
ausreichender Mittel zur Förderung von Maßnahmen für die
Biodiversität in den vielfältigen Finanzierungsinstrumenten der
EU und der Mitgliedsstaaten notwendig. Die Gemeinschaft und
die Mitgliedsstaaten müssen ihre verschiedenen Aktivitäten
auch koordinieren, um eine schlüssige und effiziente
Herangehensweise zum Schutz der biologischen Vielfalt in der
ganzen EU sicherzustellen.
Letztendlich können wir allerdings das Ziel 2010, den Stopp des
Biodiversitätsverlustes, nur erreichen, wenn alle
Gesellschaftsbereiche – von den Behörden, über die Industrie und
private Landbesitzer bis hin zu sonstigen Bürgern als Teil der
Öffentlichkeit – aktiv beteiligt sind. Insofern besteht eines der Ziele
des EU-Aktionsplans zur biologischen Vielfalt darin, zehn Millionen
Europäer bis 2010 aktiv an Initiativen für den Biodiversitätsschutz
zu beteiligen und die Wirtschaftskreise in den Kampf gegen den
Verlust der biologischen Vielfalt einzubeziehen.
In spanischen Schulen wird der Wert der Biodiversität spielerisch
erklärt. links Sprecher und Podiumsteilnehmer einer großen Konferenz zum
Thema „EU-Wirtschaft und Biodiversitätsinitiative“ in Lissabon, November
2007. http://www.countdown2010.net/business/european-business-andbiodiversity-initiative.
oben rechts
Der EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
Unterstützungsmaßnahmen für den EU-Aktionsplan zur biologischen Vielfalt
beinhalten:
die Bereitstellung ausreichender finanzieller Mittel für das Netzwerk Natura
2000 und für die Biodiversität in der Fläche in den verschiedenen EUFinanzierungsprogrammen;
die Stärkung der EU-Entscheidungsprozesse, um zu gewährleisten, dass die Belange
der Biodiversität in alle Bereiche der Politik der EU und der Mitgliedsstaaten
einbezogen werden, und um sicherzustellen, dass neue Initiativen hinsichtlich ihrer
Auswirkungen auf die biologische Vielfalt untersucht werden. Daneben wird eine
Verstärkung der Abstimmung zwischen der Gemeinschaft und den Mitgliedsstaaten
zu Biodiversitätsaktivitäten angeregt;
die Wahrung der aktiven Zusammenarbeit aller wichtigen Gruppen mit
einem Interesse am Schutz der Biodiversität in der ganzen EU;
die Bewusstseinsbildung und die Anregung einer öffentlichen
Beteiligung an Initiativen zum Biodiversitätsschutz.
•
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© K. Sundseth/Ecosystems Ltd
•
•
25
© G.Martin/BIOS/4nature
Telemetrisches Vogelmonitoring.
Überwachung der erzielten Ergebnisse bis
2010 – und darüber hinaus
Eine Feststellung von Wirkungen des Aktionsplans ist
aufwändig. Dazu wird ein Set von 26 europäischen „2010Biodiversitätsindikatoren“ entwickelt. Ein Vorteil dieser
Indikatoren ist, dass sie komplexe und oft ungleichartige
Datensätze zusammenfassen. Sie sind in etwa vergleichbar
mit einer Temperatur- oder Tankanzeige im Cockpit eines
Flugzeugs. Die Anzeigen informieren den Piloten, ob das
Flugzeug problemlos funktioniert, und erlauben im Falle
von abweichenden Werten aktiv zu werden, ohne dass der
Pilot sämtliche komplexen technischen Abläufe, die zu
den Daten führen, verstehen muss.
Ebenso versorgen uns die Biodiversitätsindikatoren mit
sorgfältig ausgewählten Informationen, die sowohl
einzeln als auch in Kombination als ein stets einheitlicher
Rahmen für eine Lageeinschätzung genutzt werden
können. Einige der 26 europäischen
Biodiversitätsindikatoren lassen direkte Rückschlüsse auf
Effekte auf bestimmte Teile der biologischen Vielfalt zu (z.
B. auf Zustand und Trends der Bestände typischer Vögel
der Agrarlandschaft, siehe Grafik rechts), während andere
Indikatoren Gefahren für die Biodiversität allgemein, ihre
nachhaltige Nutzung oder ihre Vollständigkeit anzeigen.
Kinder beobachten einen Nistkasten, Norwegen.
26
Neben den Indikatoren für das Monitoring
entwickelt die EU ein „Ampelsystem“ zur
Beurteilung, ob die etwa 1.000 Arten
und 220 Lebensraumtypen, die von
besonderem europäischem Interesse und nach
der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie
geschützt sind, einen guten Erhaltungszustand
aufweisen oder sich dorthin
entwickeln. Das wird
nicht nur dazu
beitragen, die
Auswirkungen dieser
beiden EU-Richtlinien
auf den Schutz der
wichtigsten europäischen Lebensräume und Arten
festzustellen, sondern auch generelle Trendaussagen
zur Biodiversität in Europa ermöglichen.
In Anerkennung des Werts der „MillenniumÖkosystem-Bewertung” (Millennium Ecosystem
Assessment) der Vereinten Nationen hat die
Europäische Umweltagentur (EEA) 2007 das EURECAProjekt (European Ecosystem Assessment) zur
Einschätzung europäischer Ökosysteme ins Leben
gerufen. Die Ergebnisse sollen 2012
veröffentlicht werden.
© Niall Benvie /naturepl.com
Um festzustellen, ob wir unser Ziel für 2010, den
Biodiversitätsverlust aufzuhalten, erreichen, ist es
notwendig, den Umsetzungsprozess des EU-Aktionsplans
zur biologischen Vielfalt regelmäßig zu überprüfen und
die Auswirkungen auf die Biodiversität in Europa zu
beobachten. So können weitere Maßnahmen ergriffen
werden, falls sich herausstellt, dass Ziele nicht erreicht
werden oder dass die erwarteten Effekte nicht eintreten.
Daher wird die EU-Kommission regelmäßig über den
Fortschritt bei der Umsetzung des Aktionsplans berichten.
© Tomi Muukonen/birdfoto.fi
Flussseeschwalbe, Sterna hirundo.
Europäische 2010Biodiversitätsindikatoren
Ein Register häufiger Brutvögel,
„The Common Bird Index”
Status und Trends von verschiedenen Biodiversitätsbausteinen
1. Häufigkeit und Verteilung ausgewählter Arten (z. B. Vögel,
Schmetterlinge)
2. Veränderungen des Erhaltungszustands gefährdeter Arten
3. Veränderungen des Erhaltungszustands geschützter Arten von
europäischem Interesse
4. Trends bei den Flächenanteilen von Ökosystemen
5. Trends bei den Lebensraumtypen von europäischem Interesse
6. Trends bei der genetischen Diversität von Nutztiere und
Nutzpflanzen
7. Fläche von Schutzgebieten (national)
8. Fläche der Natura 2000-Gebiete
Vögel sind hervorragende „Barometer“ für unsere Umwelt:
Sie kommen in verschiedensten Lebensräumen vor, spiegeln
Veränderungen bei anderen Tieren und Pflanzen wider, reagieren
sensibel auf die Verschlechterung von Umweltbedingungen und sind
in der Öffentlichkeit beliebt. Außerdem sind sie vergleichsweise leicht
zu beobachten und unterliegen in Europa schon seit langem einem
Monitoring. Darum wurden sie als ein zentraler Indikator nicht nur für
den Zustand der europäischen Biodiversität ausgewählt, sondern auch
dafür, ob die EU ihre allgemeinen Nachhaltigkeitsentwicklungsziele
erreicht oder nicht.
Unversehrtheit, Nutzen und Leistungen von Ökosystemen
12. Trophieindex europäischer Meere
13. Fragmentierung von natürlichen Gebieten und Kulturlandschaften
14.Fragmentierung von Gewässersystemen
15.Nährstoffniveau von Brackwasser-, Küsten- und Meeresgebieten
16.Süßwasserqualität
Nachhaltige Nutzung
17.Fläche der Wälder in nachhaltiger Nutzung
18.Umfang an Totholz in Wäldern
19.Stickstoffbilanz in der Landwirtschaft
20.Gebiete mit einem potentiell biodiversitätsunterstützenden
Management
21.Zustand der europäischen, kommerziell genutzten Fischbestände
22.Abwasserqualität von Fischfarmen
23.Ökologischer Fußabdruck der europäischen Staaten außerhalb
Europas
Sonstige
24.Patentanmeldungen, die auf genetischen Ressourcen basieren
25.Finanzierung von Biodiversitätsmanagement
26. Öffentlichkeitsarbeit und Partizipation
140
Populationsgrößen
(%; 1980 = 100)
index (%)
Gefährdungen für die Biodiversität
9. Kritische Belastung durch übermäßigen Stickstoffeintrag
10. Entwicklungen bei den invasiven gebietsfremden Arten in Europa
11. Einfluss des Klimawandels auf temperatursensible Arten
Das „Pan-European Common Bird Monitoring Scheme“ (PECBMS) fasst
die Ergebnisse der Monitoringprogramme zu 124 häufigen Brutvögeln
aus 20 europäischen Ländern und aus einem europaweiten
Netzwerk von Ornithologen zusammen. Die Federführung für
das Monitoring haben BirdLife International, eine internationale
Organisation zum Schutz von Vögeln, die als ein Netzwerk nationaler
Partnerorganisationen (NGOs) fungiert, und der Europäische Rat für
Vogelzählung (European Bird Census Council), die vom Statistischen
Amt der Niederlande unterstützt werden. Der sich aus dem
Monitoring ergebende „Common Bird Indicator“ gibt auf einen Blick
den allgemeinen Zustand der Umwelt und zentraler Lebensraumtypen
der EU an. Die Zahlen von 2007 zeigen, dass die Bestände typischer
Vögel der europäischen Agrarlandschaft in den letzten 20 Jahren
stark abgenommen haben, während die Bestände von typischen
Waldvögeln sowie „Generalisten“ langsam zurückgegangen sind.
120
100
-9%
80
-14%
60
-44%
Häufige
(28(28)
Arten)
commonWaldvögel
forest species
Alle
häufigenspecies
Vögel(124)
(124 Arten)
all common
Häufige
der Agrarlandschaft
(33 Arten)
commonVögel
farmland
species (33)
40
20
0
1980
1985
1990
1995
2000
2005
EBC/RSPB/BirdLife/Statistics Netherlands
Basierend auf dem Bericht der Europäischen Umweltagentur „Halting the loss of biodiversity by 2010: proposal for a
first set of indicators to monitor progress in Europe”
27
KH-30-08-155-DE-C
28
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