Algebra II Prof. Dr. Jürgen Stückrad Mathematisches Institut der Universität Leipzig Sommersemester 2013 Inhaltsverzeichnis Vorbemerkungen 1 1 Ringe, Ideale, Moduln 3 1.1 Homomorphismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 1.2 Noethersche Ringe und Moduln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 1.3 Der Hilbertsche Basissatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1.4 Der Lasker-Noethersche Satz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 1.5 Euklidische und Hauptidealringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 1.6 Faktorielle Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1.7 Irreduzibilität von Polynomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 2 Grundlagen der kommutativen Algebra 39 2.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 2.2 Assoziierte Primideale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 2.3 Ganze Ringerweiterungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 2.4 Lokale Ringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 2.5 Artinsche Ringe und Moduln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 2.6 Parametersysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69 3 Elemente der algebraischen Geometrie 73 3.1 Ganze Ringerweiterungen II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3.2 Der Hilbertsche Nullstellensatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.3 Dimensionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.4 Noethersche Normalisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3.5 Grundlagen der algebraischen Geometrie . . . . . . . . . . . . . . 91 i ii INHALTSVERZEICHNIS 3.6 Koordinatenringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 A Idealquotienten 105 B Quotientenstrukturen 113 B.1 Quotienten in Halbgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 B.2 Quotientenringe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 B.3 Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 C Transzendenzbasen 143 Vorbemerkungen Folgende Strukturen werden neben einigen ihrer grundlegenden Eigenschaften als bekannt vorausgesetzt (s. die Abschnitte 2.1 und 3.2 der Vorlesung ”Lineare Algebra I” im WS 2011/12): • Halbgruppen, Monoide und Gruppen • Ringe und (Schief-)Körper • Links- bzw. Rechts-Moduln über einem Ring, insbesondere Links-, Rechtsund zweiseitige Ideale eines Ringes sowie Vektorräume über einem Körper • Entsprechende Unterstrukturen hiervon • Restklassenstrukturen von Moduln nach Untermoduln bzw. von Ringen nach zweiseitigen Idealen. Außerdem sollte klar sein, wie Homomorphismen zwischen derartigen Strukturen definiert sind (s. Abschnitt 4.1 der Vorlesung ”Lineare Algebra II” im SS 2012). Haben wir es mit Gruppen, Ringen, Moduln usw. zu tun, so meinen wir mit ”Homomorphismus” stets ”Gruppenhomomorphismus”, ”Ringhomomorphismus”, ”Modulhomomorphismus” usw. Sind allerdings Verwechslungen zu befürchten, so werden wir den entsprechenden Zusatz beifügen. Auch im folgenden werden wir häufig aus der Vorlesung ”Lineare Algebra I/II” im WS 2011/12 und SS 2012 sowie den zugehörigen Übungsaufgaben zitieren. Wir werden das mit dem Zusatz ”LA” vor der jeweiligen Nummer kennzeichnen. In dieser Vorlesung wollen wir die Untersuchung algebraischer Strukturen fortsetzen, wobei vor allem die (algebraischen) Grundlagen der algebraischen Geometrie im Mittelpunkt stehen sollen. Ringe besitzen - wenn nicht ausdrücklich anders gesagt - stets ein vom Nullelement verschiedenes Einselement. Ist R ein Ring, so bezeichnen wir dessen Nullelement mit 0R und dessen Einselement entsprechend mit 1R . Sind Verwechslungen ausgeschlossen, so kann man den Index ”R” weglassen. Ansonsten sind 0 bzw. 1 2 INHALTSVERZEICHNIS 1 das Null- bzw. Einselement von N und damit von allen Erweiterungsringen hiervon (wie z. B. Q, R, C usw.). Wir bemerken, dass ein Ring R mit 0R = 1R nur aus dem Nullelement 0R besteht. Man nennt diesen Ring Nullring. Ihn wollen wir also stillschweigend ausschliessen, wenn wir von Ringen sprechen. Definitionsgemäß überführt ein Ringhomomorphismus Einselemente in Einselemente. Der Kern eines Ringhomomorphismus f : R → S, also die Menge Kern f := {x ∈ R | f (x) = 0S }, ist ein zweiseitiges Ideal von R mit 1R 6∈ Kern f (also ein echtes zweiseitiges Ideal von R, s. Übungsaufgabe 1). f ist genau dann injektiv, wenn Kern f = {0R }, also wenn Kern f das sogenannte Nullideal von R ist (Injektivitätskriterium). Sind Verwechslungen ausgeschlossen, so bezeichnet man das Nullideal eines Ringes R oder allgemeiner den Nulluntermodul {0M } eines Links- oder Rechts-R-Moduls M oft nur mit 0. 0 ist in jedem Links- und jedem Rechts-R-Untermodul von M enthalten. Da ein Schiefkörper K nur die Ideale 0 und K besitzt, ist jeder Homomorphismus von einem Schiefkörper in einen Ring injektiv. Kapitel 1 Ringe, Ideale, Moduln In diesem Kapitel setzen wir generell voraus, dass alle Ringe ein vom Nullelement verschiedenes Einselement besitzen. Ein Ringhomomorphismus (s. Definition LA 4.1(c)) überführt dann Einselemente in Einselemente. 1.1 Homomorphismen Wir greifen hier auf verschiedene Definitionen und Aussagen aus den Kapiteln LA 3 und LA 4 zurück. Der Vollständigkeit halber und wegen ihrer Bedeutung fassen wir hier nochmals die zentralen Aussagen des Homomorphiesatzes für Moduln (s. Satz LA 4.22(2)) und für Ringe sowie die entsprechenden Isomorphiesätze zusammen. Satz 1.1. Sei R ein Ring. (1) (Homomorphiesatz für Moduln) Seien M, N Links-R-Moduln und sei f : M → N ein R-Homomorphismus. Dann gilt: (a) Kernf ist Links-R-Untermodul von M und Bildf ist Links-R-Untermodul von N . (b) f induziert einen eindeutig bestimmten Isomorphismus ϕ : M/Kern f → Bild f mit ι ◦ ϕ ◦ π = f, wobei ι die Einbettung Bildf ⊆ N und π den kanonischen Epimorphismus M → M/Kern f bezeichnen. (2) (Homomorphiesatz für Ringe) Sei S ein weiterer Ring und sei f : R → S ein Ringhomomorphismus. Dann gilt: 3 4 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN (a) Kern f ist zweiseitiges Ideal von R und Bild f ist Unterring von S. (b) f induziert einen eindeutig bestimmten Ringisomorphismus ϕ : R/Kern f → Bild f mit ι ◦ ϕ ◦ π = f, wobei ι die Einbettung Bildf ⊆ S und π den kanonischen Epimorphismus R → R/Kern f bezeichnen. Bemerkung 1.2. Die Aussagen von Satz 1.1 können leicht wie folgt verallgemeinert werden, s. Satz LA4.17(1): (1) Sei f : M → N ein R-Homomorphismus und sei U Links-R-Untermodul von Kern f . Dann gibt es einen eindeutig bestimmten Epimorphismus g : M/U → Bild f mit f = ι ◦ g ◦ π, wenn ι wieder die Einbettung Bild f ⊆ N und π den kanonischen Epimorphismus M → M/U bezeichnen. (2) Sei f : R → S ein Ringhomomorphismus (S ein weiterer Ring) und sei I ein zweiseitiges Ideal von R mit I ⊆ Kern f . Dann gibt es einen eindeutig bestimmten Ringepimorphismus g : R/I → Bild f mit f = ι ◦ g ◦ π, wenn ι wieder die Einbettung Bild f ⊆ S und π den kanonischen Epimorphismus R → R/I bezeichnen. Folgerung 1.3 (Isomorphiesätze). Sei M ein R-Modul und seien U, V R- Untermoduln von M . Dann gilt: (1) (U + V )/V ∼ = U/(U ∩ V ) (1. Isomorphiesatz). (2) M/U /V /U ∼ = M/V , vorausgesetzt, U ⊆ V (2. Isomorphiesatz). Definition 1.4. Sei R ein Ring. (a) Eine Folge oder Sequenz von Links-R-Moduln besteht aus Links-R-Moduln Mi , i ∈ Z, und R-Homomorphismen fi : Mi → Mi−1 , i ∈ Z. Meist werden Folgen in der Form fi+1 fi−1 fi . . . −−→ Mi − → Mi−1 −−→ . . . notiert. fi+1 fi fi−1 (b) Eine Folge . . . −−→ Mi − → Mi−1 −−→ . . . von Links-R-Moduln heißt • Komplex, wenn Bild fi+1 ⊆ Kern fi für alle i ∈ Z 1.1. HOMOMORPHISMEN 5 • exakt, wenn Bild fi+1 = Kern fi für alle i ∈ Z fi+1 fi−1 fi (c) Ist K : . . . −−→ Mi − → Mi−1 −−→ . . . ein Komplex von Links-R-Moduln, so heißt für i ∈ Z der Links-R-Modul Hi (K ) := Kern fi /Bild fi+1 i-ter Homologiemodul von K . fi+1 fi fi−1 Bemerkungen, Beispiele 1.5. 1. Eine Folge . . . −−→ Mi − → Mi−1 −−→ . . . von Links-R-Moduln ist genau dann ein Komplex, wenn fi ◦ fi+1 = 0 für alle i ∈ Z. fi+1 fi−1 fi → Mi−1 −−→ . . . von Links-R2. Stehen in einem Komplex . . . −−→ Mi − Moduln ab einer bestimmten Stelle nur Nullmoduln, so wird nur der erste dabei auftretende Nullmodul notiert, also z. B. f2 f1 f2 f1 ... − → M1 − → M0 → 0 statt . . . − → M1 − → M0 → 0 → 0 → . . . . 3. Mitunter sind nur Teilstücke von Folgen von Interesse. Dann schreibt man z. B. A2 → A1 → A0 oder A → B → C → 0. 4. Eine exakte Folge von Links-R-Moduln der Gestalt f g 0→A→ − B→ − C→0 heißt kurze exakte Folge. Offenbar liegt eine kurze exakte Folge genau dann vor, wenn f Monomorphismus und g Epimorphismus ist und wenn Kerng = Bild f . Wichtige Beispiele für kurze exakte Folgen sind: (a) Sei M ein Links-R-Modul und U ein Links-R-Untermodul von M . Dann ist f g 0→U → − M→ − M/U → 0 eine kurze exakte Folge, wenn f die Einbettung U ⊆ M und g den kanonischen Epimorphismus bezeichnet. 6 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN (b) Seien P, Q Links-R-Moduln. Dann ist P × Q mit komponentenweiser Addition (d. h. (x1 , y1 ) + (x2 , y2 ) := (x1 + x2 , y1 + y2 ) für alle (x1 , y1 ), (x2 , y2 ) ∈ P × Q) und komponentenweiser Multiplikation mit Elementen aus R (d. h. r(x, y) := (rx, ry) für alle r ∈ R, (x, y) ∈ P ×Q) ein Links-R-Modul. Er wird meist mit P ⊕ Q bezeichnet, s. Übungsaufgabe LA II2. Wir haben Abbildungen ιP : P → P ⊕Q, ιQ : Q → P ⊕Q, πP : P ⊕Q → P und πQ : P ⊕Q → Q, indem wir für alle x ∈ P und alle y ∈ Q setzen ιP (x) := (x, 0Q ), ιQ (y) := (0P , y), πP ((x, y)) := x und πQ ((x, y)) := y. Man bestätigt sofort, dass ιP , ιQ Monomorphismen und πP , πQ Epimorphismen sind und dass gilt πQ ◦ ιP = 0, πP ◦ ιQ = 0, ιP ◦ πP + ιQ ◦ πQ = idP ⊕Q . Außerdem sind ι πQ ιQ π P P 0 → P −→ P ⊕ Q −→ Q → 0 und 0 → Q −→ P ⊕ Q −→ P →0 kurze exakte Folgen, wie man mit Hilfe dieser Beziehungen sofort nachrechnet. 1.2 Noethersche Ringe und Moduln Definition 1.6. Sei R ein Ring und M ein Links-R-Modul. (a) M heißt linksnoethersch (linksartinsch), wenn jede Kette U0 ⊆ U1 ⊆ U2 ⊆ . . . (U0 ⊇ U1 ⊇ U2 ⊇ . . .) von Links-R-Untermoduln von M stationär wird, d. h. wenn es für jede derartige Kette ein n ∈ N gibt mit Un = Un+1 = . . .. (b) R heißt linksnoethersch (linksartinsch), wenn R als Linksmodul über sich selbst linksnoethersch (linksartinsch) ist, d. h. wenn jede Kette I0 ⊆ I1 ⊆ I2 ⊆ . . . (I0 ⊇ I1 ⊇ I2 ⊇ . . .) von Linksidealen von R stationär wird. Bemerkungen 1.7. 1. Diese Eigenschaften wurden nach der Mathematikerin Emmy Noether (1882 - 1935) und dem Mathematiker Emil Artin (1898 - 1962) benannt. 2. Im kommutativen Fall spricht man nur von noetherschen oder artinschen Ringen bzw. Moduln. 1.2. NOETHERSCHE RINGE UND MODULN 7 3. Ketten der Art U0 ⊆ U1 ⊆ U2 ⊆ . . . (U0 ⊇ U1 ⊇ U2 ⊇ . . .) werden aufsteigende (absteigende) Ketten genannt. 4. Ein Körper K ist sowohl noethersch als auch artinsch, denn 0 und K sind die einzigen Ideale von K. Außerdem gilt für einen K-Vektorraum V : V ist noethersch ⇐⇒ V ist artinsch ⇐⇒ rangK V < ∞, denn ist B Basis von V , so induziert jede aufsteigende bzw. absteigende Kette von Teilmengen von B eine entsprechende Kette von K-Untervektorräumen von V (man betrachte die von den jeweiligen Teilmengen erzeugten K-Untervektorräume von V ) und eine Teilmengenkette von B wird genau dann stationär, wenn die entsprechende K-Untervektorraumkette von V es wird. Auf- bzw. absteigende Teilmengenketten von B werden aber genau dann stationär, wenn B endlich ist. 5. Z ist nicht artinsch. Z. B. ist Z ⊃ 2Z ⊃ . . . ⊃ 2n Z ⊃ . . . eine nicht stationär werdende absteigende Idealkette in Z. Sei K ein Ring und X1 , X2 , . . . Unbestimmte. Dann ist R := K[X1 , X2 , . . . ] nicht noethersch, wie die folgende Linksidealkette zeigt: 0 ⊂ RX1 ⊂ R(X1 , X2 ) ⊂ R(X1 , X2 , X3 ) ⊂ . . . . 6. Jeder Linksuntermodul eines linksnoetherschen (linksartinschen) Moduls ist linksnoethersch (linksartinsch). f g Satz 1.8. Sei R ein Ring und sei 0 → M 0 → − M→ − M 00 → 0 eine kurze exakte Folge von Links-R-Moduln. Dann ist M genau dann linksnoethersch (linksartinsch), wenn M 0 und M 00 linksnoethersch (linksartinsch) sind. Beweis. Sei U := Kern g. Nach Satz 1.1(1) gilt M 0 ∼ = Bild f = Kern g = U (da 00 f Monomorphismus ist, ist Kern f = 0) und M = Bild g ∼ = M/U . Daher dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass M 0 = U ⊆ M und M 00 = M/U . Sei M linksnoethersch (linksartinsch). Dann ist U linksnoethersch (linksartinsch) nach Bemerkung 1.7.6 und M/U ist linksnoethersch (linksartinsch) nach Satz LA 3.19(1), denn jeder Links-R-Untermodulkette in M/U entspricht demnach umkehrbar eindeutig eine Kette von Links-R-Untermoduln von M , die U enthalten. Seien nun umgekehrt U und M/U linksnoethersch (linksartinsch) und sei K = {U0 , U1 , . . . } aufsteigende (absteigende) Links-R-Untermodulkette in M . Da U und M/U linksnoethersch (linksartinsch) sind, gibt es ein t ∈ N, so dass U ∩ Ut = U ∩ Ut+1 = . . . und U + Ut = U + Ut+1 = . . ., s. Satz LA 3.19(1). Hieraus folgt mit Übungsaufgabe 5 für alle s ≥ t im linksnoetherschen Fall Us = Us +(Us ∩U ) = Us +(Us+1 ∩U ) = Us+1 ∩(Us +U ) = Us+1 ∩(Us+1 +U ) = Us+1 8 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN bzw. im linksartinschen Fall Us = Us ∩(Us +U ) = Us ∩(Us+1 +U ) = Us+1 +(Us ∩U ) = Us+1 +(Us+1 ∩U ) = Us+1 , d. h. in jedem Fall Ut = Ut+1 = . . . und damit ist M linksnoethersch (linksartinsch), Folgerung 1.9. Sei R ein Ring, M ein Links-R-Modul und U ein Links-RUntermodul von M . Dann ist M genau dann linksnoethersch (linksartinsch), wenn U und M/U linksnoethersch (linksartinsch) sind. Folgerung 1.10. Sei R ein Ring und seien M1 , . . . , Mn Links-R-Moduln. Dann ist M1 ⊕ . . . ⊕ Mn genau dann linksnoethersch (linksartinsch), wenn M1 , . . . , Mn linksnoethersch (linksartinsch) sind. Beweis. Induktiv über n können wir uns auf den Fall n = 2 beschränken. Nach Bemerkung 1.5.4b haben wir dann eine kurze exakte Folge ι π 0 → M1 → − M1 ⊕ M2 → − M2 → 0 , so dass die Behauptung aus Satz 1.8 folgt, Sei X eine nicht leere teilweise geordnete Menge. x ∈ X heißt maximales (minimales) Element von X, wenn es kein y ∈ X gibt mit y > x (y < x). Satz 1.11. Sei R ein Ring und M ein Links-R-Modul. (1) Die folgenden Eigenschaften sind äquivalent: (i) M ist linksnoethersch (ii) Jede nicht leere Menge von Links-R-Untermoduln von M besitzt ein maximales Element (iii) Jeder Links-R-Untermodul von M ist endlich erzeugt. (2) Die folgenden Eigenschaften sind äquivalent: (i) M ist linksartinsch (ii) Jede nicht leere Menge von Links-R-Untermoduln von M besitzt ein minimales Element. 1.3. DER HILBERTSCHE BASISSATZ 9 Beweis. Wir zeigen nur (1), da in (2) die Implikation (ii) ⇒ (i) trivial ist und die Implikation (i) ⇒ (ii) völlig analog bewiesen wird wie die entsprechende Implikation in (1). (i) ⇒ (ii): Gäbe es eine nicht leere Menge U von Links-R-Untermoduln von M , die kein maximales Element besitzt, so könnten wir wie folgt eine nicht stationär werdende aufsteigende Links-R-Untermodulkette U0 ⊂ U1 ⊂ U2 ⊂ . . . in U konstruieren: Wir wählen U0 ∈ U (möglich, da U = 6 ∅). Sind dann für n ∈ N Links-RUntermoduln U0 , . . . , Un ∈ U mit U0 ⊂ . . . ⊂ Un konstruiert, so wählen wir Un+1 ∈ U mit Un+1 ) Un (möglich, da U keine maximalen Elemente besitzt). Eine derartige Untermodulkette kann aber nicht existieren und somit ist gezeigt, dass jede nicht leere Menge von Links-R-Untermoduln von M ein maximales Element besitzt. (ii) ⇒ (iii): Sei N ein Links-R-Untermodul von M und sei U die Menge aller endlich erzeugten Links-R-Untermoduln von N . Wegen 0 ∈ U ist U 6= ∅. Sei V ∈ U maximales Element. Wäre V 6= N , so könnten wir ein n ∈ N \ V finden und hätten damit V ⊂ V + Rn ⊆ N . V + Rn (= {v + rn | v ∈ V, r ∈ R}) ist aber ebenfalls endlich erzeugter Links-R-Untermodul von M , was der Maximalität von N widerspricht. (Ist V von {v1 , . . . , vr } erzeugt, so ist V + Rn von {v1 , . . . , vr , n} erzeugt.) Daher gilt V = N und N ist somit endlich erzeugt. (iii) S ⇒ (i): Sei U0 ⊆ U1 ⊆ U2 ⊆ . . . Untermodulkette in M . Wir setzen U := n∈N Un ⊆ M . U ist R-Untermodul von M (s. Übungsaufgabe 9a) und somit endlich erzeugt, sagen wir von m1 , . . . , mr ∈ U . Für jedes i = 1, . . . , r gibt es li ∈ N mit mi ∈ Uli . Sei l := max{li | 1 ≤ i ≤ r}. Dann gilt m1 , . . . , mr ∈ Ul und folglich U ⊆ Ul ⊆ Ul+1 ⊆ . . . ⊆ U , also Ul = Ul+1 = . . . = U , 1.3 Der Hilbertsche Basissatz Ist R ein Ring und M ein linksnoetherscher R-Modul, so ist M nach Satz 1.11(1) selbst endlich erzeugt. Umgekehrt muß ein endlich erzeugter Links-R-Modul M nicht linksnoethersch sein, wie man für M = R erkennt, s. das Beispiel in Bemerkung 1.7.5. Es gilt jedoch: Satz 1.12. Sei R ein Ring. Die folgenden Bedingungen sind äquivalent: (i) R ist linksnoethersch (ii) Jeder endlich erzeugte Links-R-Modul ist linksnoethersch. 10 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN Beweis. Die Implikation (ii) ⇒ (i) ist trivial (R ist endlich erzeugter Linksmodul über sich selbst, s. o.). (i) ⇒ (ii) : Sei M endlich erzeugter Links-R-Modul, sagen wir M = R(m1 , . . . , mr ) mit m1 , . . . , mr ∈ M . Wir benutzen Induktion nach r, wobei für r = 0 nichts zu zeigen ist. Wir betrachten nun den Fall r = 1, d. h. M = Rm, m := m1 . Durch r 7→ rm, r ∈ R, ist dann ein R-Epimorphismus f : R → M gegeben, s. Übungsaufgabe 3a. Da somit M ∼ = R/Kern f nach Satz 1.1(1), ist M linksnoethersch nach Satz 1.8. Sei nun r ≥ 2 und N := R(m1 , . . . , mr−1 ) ⊆ M . Nach Induktionsvoraussetzung ist N linksnoethersch. Da M/N = (N + Rmr )/N ∼ = Rmr /Rmr ∩ N nach dem 1. Isomorphiesatz (s. Folgerung 1.3(1)), wird M/N von einem Element erzeugt (nämlich von der Restklasse mr + N von mr ) und ist linksnoethersch nach dem soeben Gezeigten. Damit ist M linksnoethersch nach Folgerung 1.9, Satz 1.13 (Hilbertscher Basissatz). Sei R ein linksnoetherscher Ring und seien X1 , . . . , Xn Unbestimmte. Dann ist auch R[X1 , . . . , Xn ] linksnoethersch. Beweis. Mittels vollständiger Induktion nach n kann man sich auf den Fall n = 1 beschränken. Sei also X eine Unbestimmte. Nach Satz 1.11(1) reicht es zu zeigen, dass jedes Linksideal von R[X] endlich erzeugt ist. Sei also I ein Linksdeal von R[X]. Für i ∈ N setzen wir Ii := {f ∈ I | grad f ≤ i} ⊆ I und Ji := {lk f | f ∈ Ii } ⊆ R. Für i ∈ N ist Ii offensichtlich Links-R-Untermodul des endlich erzeugten LinksR-Moduls R(1, X, . . . , X i ) = {f ∈ R[X] | grad f ≤ i} (s. Lemma LA B8(1),(2) zusammen mit Lemma LA3.8). Da R linksnoethersch ist, ist Ii nach Satz 1.12 und Bemerkung 1.7.6 ein linksnoetherscher und damit nach Satz 1.11(1) endlich erzeugter Links-R-Modul. Es ist klar, dass I0 ⊆ I1 ⊆ I2 ⊆ . . .. Damit folgt J0 ⊆ J1 ⊆ J2 ⊆ . . . und 0 ∈ J0 (da 0 = lk 0). Wir zeigen, dass Ji für alle i ∈ N Linksideal von R ist: Da 0 ∈ Ji , gilt Ji 6= ∅. Seien x, y ∈ Ji und r ∈ R. Wir müssen zeigen, dass x + y, rx ∈ Ji (s. Lemma LA3.8). Hierzu dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass x, y, x + y, rx 6= 0. Wir wählen f, g ∈ I mit a := grad f ≤ i, b := grad g ≤ i und x = lk f , y = lk g. Mit Lemma LA B8(1), (2) haben wir grad (X i−a f + X i−b g) ≤ max{grad X i−a f, grad X i−b g} = i und x + y = lk (X i−a f + X i−b g). Weiter ist rx = lk (rf ) und grad rf ≤ grad f ≤ i. Da X i−a f + X i−b g, rf ∈ I gilt schließlich x + y, rx ∈ Ji . Da R linksnoethersch ist, gibt es somit ein t ∈ N mit Jt = Jt+1 = . . .. Wir wählen nun ein Erzeugendensystem {f1 , . . . , fm } des Links-R-Moduls It und bezeichnen 1.4. DER LASKER-NOETHERSCHE SATZ 11 mit I 0 das von f1 , . . . , fm erzeugte Linksideal von R[X]. Offensichtlich gilt It ⊆ I 0 ⊆ I. Mittels Induktion nach gradg ≥ 0 zeigen wir nun, dass g ∈ I 0 für alle g ∈ I, g 6= 0. Wenn grad g ≤ t, so gilt g ∈ It ⊆ I 0 , und wir sind fertig. Sei also grad g > t. Dann gilt lk g ∈ Jgrad g = Jt und damit gibt es ein f ∈ It ⊆ I 0 mit lk f = lk g. Wir setzen h := g −X grad g−grad f f ∈ I. Nach Lemma LA B8(1) gilt gradh < gradg und damit h ∈ I 0 nach Induktionsvoraussetzung. Wegen f ∈ I 0 folgt hieraus g ∈ I 0 . Damit ist gezeigt, dass I ⊆ I 0 Es gilt also I = I 0 und folglich ist I endlich erzeugt, Folgerung 1.14. Sei K ein Körper und seien X1 , . . . , Xn Unbestimmte. Dann ist K[X1 , . . . , Xn ] noethersch. Bemerkungen 1.15. 1. Eine dem Hilbertschen Basissatz entsprechende Aussage ist für linksartinsche Ringe nicht richtig: Ist R linksartinsch, so ist der Polynomring S := R[X1 , . . . , Xn ] in n ≥ 1 Unbestimmten über R nicht linksartinsch, denn SX1 ⊃ SX12 ⊃ . . . ist nicht stationär werdende fallende Linksidealkette in S, wie man sofort sieht. 2. Der Hilbertsche Basissatz gilt auch für formale Potenzreihenringe: Ist R ein linksnoetherscher Ring und sind X1 , . . . , Xn Unbestimmte, so ist auch R[[X1 , . . . , . . . Xn ]] linksnoethersch. Der Beweis verläuft analog; statt des Grades betrachtet man dabei jedoch den Untergrad, der für f ∈ R[[X]] durch min supp f definiert ist. 1.4 Der Lasker-Noethersche Satz Alle in diesem Abschnitt betrachteten Ringe seien kommutativ. Wir beginnen mit einem Resultat, das vielfältige Anwendungen besitzt und auch als ”Primidealvermeidungssatz” bezeichnet wird. Satz 1.16 (Primidealvermeidungssatz). Sei R ein Ring und seien I, I1 , . . . , In Ideale von R, wobei n ∈ N+ . (1) Wenn I1 ∩ . . . ∩ In ⊆ I und wenn I Primideal ist, so gibt es ein j ∈ {1, . . . , n} mit Ij ⊆ I. (2) Wenn I ⊆ I1 ∪. . .∪In und wenn höchstens zwei der I1 , . . . , In keine Primideale sind, so gibt es ein j ∈ {1, . . . , n} mit I ⊆ Ij . 12 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN Beweis. (1) Angenommen, Ij 6⊆ I für alle j = 1, . . . , n. Dann gibt es für alle j = 1, . . . , n ein xj ∈ Ij \ I. Da I Primideal ist, gilt für x := x1 · . . . · xn : x ∈ I1 ∩ . . . ∩ In , aber x 6∈ I, Widerspruch. (2) Wir benutzen Induktion nach n, wobei für n = 1 nichts zu zeigen ist. Sei also n ≥ 2. O. B. d. A. nehmen wir an, dass I3 , . . . , In Primideale sind. S Angenommen, I 6⊆ j∈J Ij für jede echte S Teilmenge J von {1, . . . , n}. Dann gibt es für j = 1, . . . , n Elemente xj ∈ I \ k=1,...,n Ik . Wegen I ⊆ I1 ∪ . . . ∪ In k6=j gilt dann xj ∈ Ij , j = 1, . . . , n und mit x := x1 · . . . · xn−1 + xn folgt x ∈ I und x 6∈ I1 ∪ . . . ∪ In , Widerspruch. S Damit gilt I ⊆ j∈J Ij für eine echte Teilmenge J von {1, . . . , n} und die Behauptung folgt mit der Induktionsvoraussetzung, Wir verwenden im folgenden sogenannte Idealquotienten. Für die technischen Details verweisen wir auf Anhang A und geben hier lediglich die Definition an. Definition 1.17. R ein Ring, M ein R-Modul und U ein R-Untermodul von M . Für eine Teilmenge X von R setzen wir U :M X := {m ∈ M | xm ∈ U für alle x ∈ X} ⊆ M und U :M hXi := {m ∈ M | für alle x ∈ X gibt es ein n ∈ N mit xn m ∈ U } ⊆ M Wenn X = {x} mit x ∈ R, so schreibt man kurz U :M x bzw. U :M hxi statt U :M {x} bzw. U :M h{x}i. Definition 1.18. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. (a) Ein R-Untermodul Q von M heißt R-Primäruntermodul von M , wenn Q 6= M und für alle x ∈ R, m ∈ M gilt: Wenn xm ∈ Q und m 6∈ Q, so gibt es für jedes n ∈ M ein t ∈ N+ mit xt n ∈ Q. (b) Ein R-Untermodul N von M heißt irreduzibel (in M ), wenn N 6= M und wenn aus N = U ∩ V mit Untermoduln U, V von M folgt, dass N = U oder N = V . Ansonsten, also wenn N = U ∩ V mit R-Untermoduln U, V 6= N von M , heißt N reduzibel. Bemerkungen 1.19. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. 1.4. DER LASKER-NOETHERSCHE SATZ 13 1. Ein R-Untermodul Q von M , für den M/Q endlich erzeugt ist, ist genau dann Primäruntermodul von M , wenn Q 6= M und wenn für alle x ∈ R, m ∈ M gilt: Aus xm ∈ Q und m 6∈ Q, folgt xt M ⊆ Q für ein t ∈ N+ . 2. Die Primärideale von R (s. Übungsaufgabe 6) sind genau die Primäruntermoduln von R, denn R selbst ist als R-Modul endlich erzeugt (nämlich von 1R ). Lemma 1.20. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. Dann gilt: (1) Für einen R-Untermodul Q von M mit Q 6= M sind äquivalent (i) Q ist R-Primäruntermodul von M (ii) Für alle x ∈ R gilt Q :M x = Q oder Q :M hxi = M (iii) Für jedes Ideal I von R gilt Q :M I = Q oder Q :M hIi = M (iv) Für alle x ∈ R gilt Q :M hxi = Q oder Q :M hxi = M . (v) Für jedes Ideal I von R gilt Q :M hIi = Q oder Q :M hIi = M . (2) Sei Q R-Primäruntermodul von M . Dann ist P := {x ∈ R | Q :M hxi = M } = {x ∈ R | für alle m ∈ M gibt es ein t ∈ N+ mit xt m ∈ Q} Primideal von R. Man sagt auch, Q sei P -primär. (3) Ist P Primideal von R und sind Q1 , Q2 P -primäre R-Untermoduln von M , so ist Q1 ∩ Q2 ebenfalls P -primärer R-Untermodul von M . (4) Jeder in M irreduzible R-Untermodul N von M , für den M/N noethersch ist, ist R-Primäruntermodul von M . Beweis. (1) (i) ⇒ (ii): Sei x ∈ R und nehmen wir an, dass Q :M x 6= Q. Wähle m ∈ Q :M x \ Q. Dann gilt xm ∈ Q und folglich gibt es für jedes n ∈ M ein t ∈ N+ mit xt n ∈ Q, d. h. n ∈ Q :M xt ⊆ Q :M hxi. Damit gilt aber M ⊆ Q :M hxi, also Q :M hxi = M . (ii) ⇒ (iv) ergibt sich aus Lemma A.4(1d) und (2d). (iv) ⇒ (i): Sei x ∈ R und m ∈ M \ Q mit xm ∈ Q. Dann gilt m ∈ Q :M x \ Q, also Q ( Q :M x ⊆ Q :M hxi und folglich Q :M hxi = M . Damit gibt es für jedes n ∈ M ein t ∈ N+ mit xt n ∈ Q, d. h. Q ist R-Primäruntermodul von M. Die Äquivalenzen (ii) ⇔ (iii) und (iv) ⇔ (v) ergeben sich aus Lemma A.4(1g) und (2g) zusammen mit Lemma A.3(3). 14 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN (2) Wegen 0R ∈ P ist P 6= ∅. Seien x, y ∈ P , r, s ∈ R. Dann gilt Q :M hxi = Q :M hyi = M und somit M = Q :M hxi ∩ Q :M hyi = Q :M hx, yi ⊆ Q :M hrx + syi ⊆ M , also Q :M hrx + syi = M nach Lemma A.4(2g) und (2a), d. h. rx + sy ∈ P . Somit ist P Ideal von R. Wegen M 6= Q ist 1R 6∈ P , d. h. P 6= R. Seien nun a, b ∈ R mit ab ∈ P , a 6∈ P . Dann gilt Q :M habi = M und Q :M hai = Q nach (1) und daher folgt mit Lemma A.4(2b): Q :M hbi = (Q :M hai) :M hbi = Q :M habi = M, d. h. b ∈ P . Somit ist P Primideal von R. (3) Sei Q := Q1 ∩ Q2 und sei x ∈ R. Dann gilt Q 6= M und wir erhalten mit Lemma A.4(2f): ( M ∩ M = M falls x ∈ P Q :M hxi = (Q1 :M hxi) ∩ (Q2 :M hxi) = Q1 ∩ Q2 = Q sonst Nach (2) ist Q damit P -primär. (4) Sei N in M irreduzibler R-Untermodul von M , so dass M/N noethersch ist, und sei x ∈ R. Wegen Lemma A.4(1c), (1d) und (2d) gibt es ein n ∈ N, so dass 0 :M/N xn = 0 :M/N xn+1 = . . . = 0 :M/N hxi. Dann gilt nach Lemma A.4(1h), (2h) zunächst N :M xn = N :M xn+1 = . . . = N :M hxi und Lemma A.4(1j), (1b) liefert zusammen mit den Übungsaufgaben 5 und 10b (N :M xn ) ∩ (N + xn M ) = = = = N + ((N :M xn ) ∩ xn M ) N + xn ((N :M xn ) :M xn ) N + xn (N :M x2n ) = N + xn (N :M xn ) N, da xn (N :M xn ) ⊆ N . Weil N irreduzibel ist, folgt hieraus N :M xn = N oder N + xn M = N , d. h. N :M hxi = N oder xn M ⊆ N . Nach Bemerkung 1.19.1 ist N damit Primäruntermodul von M , Folgerung 1.21. Sei R ein Ring, M ein R-Modul, V ein R-Untermodul von M und P ein Primideal von R. Dann ist ein R-Untermodul Q von M mit V ⊆ Q genau dann ein P -primärer R-Untermodul von M , wenn Q/V ein P -primärer R-Untermodul von M/V ist. Beweis. Nach Lemma 1.20(1) ist Q/V R-Primäruntermodul von M/V genau dann, wenn für alle x ∈ R gilt (Q/V ) : (M/V )hxi ∈ {Q/V, M/V }. Da (Q/V ) : (M/V )hxi = (Q :M hxi)/V nach Lemma A.4(2h), ergibt sich die Aussage wiederum aus Lemma 1.20(1), 1.4. DER LASKER-NOETHERSCHE SATZ 15 Lemma 1.22. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. Wenn M noethersch ist, so ist jeder R-Untermodul von M Durchschnitt endlich vieler in M irreduzibler R-Untermoduln von M . Beweis. Sei U die Menge aller R-Untermoduln von M die nicht Durchschnitt endlich vieler in M irreduzibler R-Untermoduln von M sind. Angenommen, U 6= ∅. Da M noethersch ist, besitzt U nach Satz 1.11(1) ein maximales Element. Sei U ein solches. Dann gilt U 6= M und U ist reduzibel. Somit gibt es R-Untermoduln V, W von M mit U = V ∩ W und U 6= V , U 6= W . Da somit U ( V und U ( W , liegen V, W nicht in U, sind also jeweils Durchschnitt endlich vieler in M irreduzibler R-Untermoduln von M . Damit ist aber auch U Durchschnitt endlich vieler in M irreduzibler R-Untermoduln von M , Widerspruch. U ist also leer, d. h. die Aussage ist bewiesen, Theorem 1.23 (Lasker-Noether). Sei R ein Ring und M ein noetherscher RModul. Für jeden R-Untermodul U von M gibt es eine durch U eindeutig bestimmte endliche Menge P von Primidealen von R, so dass folgendes gilt: • Für jedes P ∈ P gibt es einen P -primären Untermodul Q(P ) von M , so dass T U = P ∈P Q(P ) . • Für jede echte Teilmenge P 0 von P gilt U 6= T P 0 ∈P 0 Q (P 0 ) . Dabei sind diejenigen Q(P ) , für welche P minimal bzgl. ⊆ in P ist, eindeutig durch U bestimmt. Beweis. Für U = M setzen wir P = ∅. Sei also U 6= M . Nach Lemma 1.22 ist U Durchschnitt endlich vieler in M irreduzibler R-Untermoduln von M und nach Lemma 1.20(4) ist jeder in M irreduzible R-Untermodul von M R-Primäruntermodul von M , so dass U = Q1 ∩ . . . ∩ Qn mit R-Primäruntermoduln Q1 , . . . , Qn von M . Für i = 1, . . . , n sei Qi Pi -primär mit Primidealen P1 , . . . , Pn von R. Nach Lemma 1.20(3) dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass P1 , . . . , Pn paarweise verschieden sind. Indem wir ggf. überflüssige R-Primäruntermoduln weglassen, dürfen wir weiterhin o. B. d. A. annehmen, dass U 6= Q1 ∩. . .∩Qi−1 ∩Qi+1 ∩. . .∩Qn für alle i = 1, . . . , n. Ferner nehmen wir o. B. d. A. an, dass P1 , . . . , Pm (m ≤ n) genau die minimalen Primideale aus {P1 , . . . , Pn } sind. Damit ist nur noch zu zeigen, dass {P1 , . . . , Pn } sowie die Q1 , . . . , Qm eindeutig durch U bestimmt sind. 16 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN Angenommen, {P1 , . . . , Pn } ist nicht eindeutig durch U bestimmt. O. B. d. A. sei U maximal unter allen R-Untermoduln von M , für die das der Fall ist (s. Satz 1.11(1)). Dann gibt es ein n0 ∈ N, paarweise verschiedene Primideale P10 , . . . , Pn0 0 von R sowie Pi0 -primäre R-Untermoduln Q0i von M , i = 1, . . . , n0, mit {P10 , . . . , Pn0 0 } 6= {P1 , . . . , Pn } und U = Q01 ∩ . . . ∩ Q0n0 , U 6= Q01 ∩ . . . ∩ Q0i−1 ∩ Q0i+1 ∩ . . . ∩ Q0n0 für alle i = 1, . . . , n0 . O. B. d. A. sei Pn maximal in {P10 , . . . , Pn0 0 , P1 , . . . , Pn }. Wir wählen x ∈ Pn mit x 6∈ P für alle P ∈ {P10 , . . . , Pn0 0 , P1 , . . . , Pn−1 } \ {Pn }, s. Satz 1.16(2). Dann gilt U :M hxi = Q1 ∩. . .∩Qn−1 (s. Lemma A.4(2f) und Lemma 1.20(2),(1)) und somit insbesondere U ( U :M hxi. Wäre Pn 6∈ {P10 , . . . , Pn0 0 }, so hätten wir wiederum nach Lemma A.4(2f) und Lemma 1.20(2),(1), dass U :M hxi = Q01 ∩ . . . ∩ Q0n0 = U , Widerspruch. Damit gilt Pn ∈ {P10 , . . . , Pn0 0 }. O. B. d. A. sei Pn = Pn0 0 . Dann gilt (s. o.) U :M hxi = Q01 ∩ . . . ∩ Q0n0 −1 und aufgrund der Wahl von U gilt {P10 , . . . , Pn0 0 −1 } = {P1 , . . . , Pn−1 } und damit {P10 , . . . , Pn0 0 } = {P1 , . . . , Pn }, Widerspruch. Unsere Annahme war also falsch und daher ist {P1 , . . . , Pn } eindeutig durch U bestimmt. T Sei nun j ∈ N, 1 ≤ j ≤ m. Nach Satz 1.16(1)) gilt i=1,...,n Pi 6⊆ Pj und daher i6=j T 0 0 können wir ein y ∈ i=1,...,n Pi \ Pj wählen. Wenn U = Q1 ∩ . . . ∩ Qn mit i6=j weiteren Pi -primären Untermoduln Q0i von M , i = 1, . . . , n, so haben wir Q0j = U :M hyi = Qj nach Lemma A.4(2f) und Lemma 1.20(2),(1), Definition 1.24. Sei R ein Ring, M ein noetherscher R-Modul und U ein RUntermodul von M . (a) Die nach Theorem 1.23 durch U eindeutig bestimmte endliche Menge P von Primidealen von R mit den dort angegeben Eigenschaften heißt Menge der zu M/U assoziierten Primideale, kurz AssR M/U , s. hierzu Bemerkung 1.25.1. (b) Eine Primärzerlegung von U in M besteht aus einer Folge Q(P ) P ∈Ass M/U R von P -primären R-Untermoduln Q(P ) , P ∈ AssR M/U , von M , so dass T P ∈AssR M/U Q (P ) = U. Bemerkungen 1.25. Wir verwenden die Bezeichnungen von Definition 1.24. 1. Sei V R-Untermodul von U . Dann ist (Q1 , . . . , Qn ) genau dann Primärzerlegung von U in M , wenn (Q1 /V, . . . , Qn /V ) Primärzerlegung von U/V in M/V ist, s. Folgerung 1.21. 1.4. DER LASKER-NOETHERSCHE SATZ 17 Damit ist klar, dass die Voraussetzung ”M noethersch” in Satz 1.23 durch die schwächere Voraussetzung ”M/U noethersch” ersetzt werden kann. Indem man zu M/U übergeht, reicht es demnach auch, Primärzerlegungen des Nulluntermoduls von M/U zu bestimmen, d. h. assoziierte Primideale und Primäzerlegungen von U in M sind bereits eindeutig durch M/U bestimmt. Das rechtfertigt schließlich auch die Bezeichnung ”AssR M/U ” in Defintion 1.24(a). 2. Offenbar gilt AssR M/U 6= ∅ genau dann, wenn U 6= M . Beispiel 1.26. Sei R ein Körper und seien X1 , . . . , X4 Unbestimmte. Wir setzen S := R[X1 , . . . , X4 ]. Man bestimme die Primärzerlegung des Ideals I := (X1 X3 , X2 X3 , X2 X4 , X12 X4 , X1 X42 )S in S. Lösung: Wir setzen P1 := (X1 , X2 )S, P2 := (X3 , X4 )S, P 0 := (X2 , X3 , X4 )S und P := (X1 , X2 , X3 , X4 )S. Nach Übungsaufgabe 13b sind P1 , P2 , P 0 und P Primideale von S, wobei P sogar maximal ist (s. Lemma LA 3.20). Außerdem erkennt man sofort, dass I ⊆ P1 ∩ P2 . Behauptung 1: P1 ∩ P2 = (X1 X3 , X1 X4 , X2 X3 , X2 X4 )S. Begründung: Sicherlich gilt (X1 X3 , X1 X4 , X2 X3 , X2 X4 )S ⊆ P1 ∩ P2 . Sei nun f ∈ P1 ∩ P2 . Wir schreiben f = X1 g + X2 h mit g, h ∈ S. Wegen f ∈ P2 folgt X1 g ∈ P2 +X2 S = P 0 , d. h. wir haben g ∈ P 0 (wegen X1 6∈ P 0 ). Wir schreiben g = X2 h2 + g 0 mit h2 ∈ S und g 0 ∈ P2 . Dann folgt f = X1 g 0 + X2 h0 mit h0 := X1 h2 + h und wir erhalten X2 h0 ∈ P2 . Wegen X2 6∈ P2 folgt hieraus h0 ∈ P2 und damit f ∈ (X1 X3 , X1 X4 , X2 X3 , X2 X4 )S, so dass P1 ∩ P2 ⊆ (X1 X3 , X1 X4 , X2 X3 , X2 X4 )S, also P1 ∩ P2 = (X1 X3 , X1 X4 , X2 X3 , X2 X4 )S. Nach Übungsaufgabe 7b sind Q1 := (X12 , X2 , X3 , X42 )S und Q2 := (X12 , X22 , X32 , X42 , X1 X3 , X2 X3 , X2 X4 )S P -primär. Nun gilt: P1 ∩ P2 ∩ Q1 = ÜA 5 = Lemma A.4(1j) = = (X1 X3 , X2 X3 , X2 X4 )S + (X1 X4 S ∩ Q1 ) (X1 X3 , X2 X3 , X2 X4 )S + (X12 X4 , X1 X2 X4 , X1 X3 X4 , X1 X42 )S I und entsprechend 18 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN P1 ∩ P2 ∩ Q2 = ÜA 5 = Lemma A.4(1j) = = (X1 X3 , X2 X3 , X2 X4 )S + (X1 X4 S ∩ Q2 ) (X1 X3 , X2 X3 , X2 X4 )S + (X12 X4 , X1 X2 X4 , X1 X3 X4 , X1 X42 )S I, denn wegen X1 X4 6∈ Qi , i = 1, 2, ist Qi : X1 X4 nach Übungsaufgabe 7c wieder P -primär und wegen X1 X4 P ⊆ Qi gilt Qi : X1 X4 = P , i = 1, 2. Wir haben also AssS S/I = {P1 , P2 , P ). Weiter sind (P1 , P2 , Q1 ) sowie (P1 , P2 , Q2 ) verschiedene Primärzerlegungen von I. 1.5 Euklidische und Hauptidealringe Alle in diesem Abschnitt betrachteten Ringe sind kommutativ und besitzen ein von Nullelement verschiedenes Einselement. Definition 1.27. Sei R ein Ring. (a) Ein Ideal I von R heißt Hauptideal, wenn I von einem Element erzeugt werden kann, d. h. wenn es ein x ∈ R gibt mit I = xR. (b) R heißt verallgemeinerter Hauptidealring, wenn jedes Ideal von R Hauptideal ist. (c) Ein nullteilerfreier verallgemeinerter Hauptidealring, der kein Körper ist, heißt Hauptidealring. Bemerkungen, Beispiele 1.28. (a) Jeder Restklassenring eines verallgemeinerten Hauptidealringes ist verallgemeinerter Hauptidealring. (b) Jeder verallgemeinerte Hauptidealring ist noethersch, s. Satz 1.11(1). (c) Jeder euklidische Ring (zur Definition s. Übungsaufgabe I7) ist nach Übungsaufgabe I10 entweder ein Körper oder ein Hauptidealring. Insbesondere sind Z und K[X] (K Körper, X Unbestimmte) demnach Hauptidealringe, s. Übungsaufgabe I7(b,c) (man beachte, dass K[X] nach Folgerung LA B.10 Integritätsring ist). Definition 1.29. (S. Übungsaufgabe LA W3 für den Fall R = Z.) Sei R ein Ring und X eine Teilmenge von R. 1.5. EUKLIDISCHE UND HAUPTIDEALRINGE 19 (a) Ein Element d ∈ R heißt • (gemeinsamer) Teiler von X, wenn d | x für alle x ∈ X und • größter (gemeinsamer) Teiler von X, wenn d gemeinsamer Teiler von X ist mit z | d für alle gemeinsamen Teiler z ∈ R von X. (b) Ein Element k ∈ R heißt • (gemeinsames) Vielfaches von X, wenn x | k für alle x ∈ X und • kleinstes (gemeinsames) Vielfaches von X, wenn k gemeinsames Vielfaches von X ist mit k | t für alle gemeinsamen Vielfachen t ∈ R von X. (c) Mit gT X bzw. gV X bezeichnen wir die Menge aller gemeinsamen Teiler bzw. aller gemeinsamen Vielfachen von X. (d) Mit ggT X bzw. kgV X bezeichnen wir die Menge aller größten gemeinsamen Teiler bzw. aller kleinsten gemeinsamen Vielfachen von X. Bemerkungen 1.30. Sei R ein Ring. 1. Je zwei größte gemeinsame Teiler (kleinste gemeinsame Vielfache) einer Teilmenge X von R sind assoziiert (zur Definition s. Übungsaufgabe I6). 2. Für jede Teilmenge X von R gilt offensichtlich • R∗ ⊆ gT X = {d ∈ R | X ⊆ dR} = {d ∈ R | XR ⊆ dR} = gT XR und T • gV X = x∈X xR, denn die Einheien von R teilen sogar alle Elemente von R und a ∈ R teilt b ∈ R genau dann, wenn b ∈ aR. Wenn gT X = R∗ , so sagt man, die Elemente von X seien teilerfremd. 3. Sei X ⊆ R und y ∈ R. Die häufig verwendete (aber so nicht ganz korrekte) Schreibweise ”y = ggT X” (”y = kgV X”) bedeutet, dass X einen größten gemeinsamen Teiler (ein kleinstes gemeinsames Vielfaches) besitzt und dass dieser (dieses) bis auf Assoziiertheit gleich y ist. Ansonsten, also wenn kein größter gemeinsamer Teiler (kein kleinstes gemeinsames Vielfaches) von X existiert, gilt ggT X = ∅ (kgV X = ∅). 4. ggT ∅ = 0R und kgV ∅ = 1R . (Richtig wäre eigentlch ggT ∅ = {0R } und kgV ∅ = R∗ , s. 3.) 5. Für x ∈ R gilt ggT {x} = kgV {x} = x. 20 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN 6. Seien X, Y Teilmengen von R mit X ⊆ Y . Dann ist jeder gemeinsame Teiler (jedes gemeinsame Vielfache) von Y auch gemeinsamer Teiler (gemeinsames Vielfaches) von X, d. h. gT Y ⊆ gT X (gV Y ⊆ gV X). Lemma 1.31. Für eine Teilmenge X eines Ringes R gilt: (1) Folgende Bedingungen sind äquivalent: (i) X besitzt einen größten gemeinsamen Teiler (ii) XR besitzt einen größten gemeinsamen Teiler (iii) gT X besitzt ein kleinstes gemeisames Vielfaches. Genauer gilt ggT X = ggT XR = kgV (gT X). (2) Ist XR Hauptideal von R, so besitzt X und damit XR einen größten gemeinsamen Teiler. Genauer gilt in diesem Fall ggT X = a, wenn XR = aR mit a ∈ R. Insbesondere gibt es x1 , . . . , xn ∈ X sowie r1 , . . . , rn ∈ R mit a = r1 x1 + . . . + rn xn . Wenn es umgekehrt einen gemeinsamen Teiler a ∈ R von X gibt, so dass a = r1 x1 +. . .+rn xn mit geeigneten x1 , . . . , xn ∈ X sowie r1 , . . . , rn ∈ R, so ist a größter gemeinsamer Teiler von X und XR ist von a erzeugtes Hauptideal. T (3) X besitzt genau dann ein kleinstes gemeinsames Vielfaches, wenn x∈X xR Hauptideal ist. In diesem Fall gilt für b ∈ R: kgV X = b genau dann, wenn T x∈X xR = bR. (4) Sei (Xι )ι∈I eine Familie von Teilmengen von R, von denen jede in R einen größten gemeinsamen Teiler (ein kleinstes gemeinsames Vielfaches) besitzt. Dann gilt [ [ ggT Xι = ggT {ggT Xι | ι ∈ I} kgV Xι = kgV {kgV Xι | ι ∈ I} , ι∈I ι∈I S d. h. mit dι := ggT Xι ( dι := kgV Xι ), ι ∈ I, besitzt ι∈I Xι genau dann einen größten gemeinsamen Teiler (ein kleinstes gemeinsames Vielfaches), wenn {dι | ι ∈ I} einen größten gemeinsamen Teiler (ein kleinstes gemeinsames Vielfaches) besitzt. Beweis. (1) Aus Punkt eins von Bemerkung 1.30.2 ergibt sich ggT X = ggT XR und damit die Äquivalenz von (i) und (ii). Sei d ∈ R größter gemeinsamer Teiler von X. Dann giltTd ∈ gT X und dR ⊆ yR für alle y ∈ gT X. Hieraus folgt aber gV (gT X) = y∈gT X yR = dR und damit ist d nach (3) kleinstes gemeinsames Vielfaches von gT X. 1.5. EUKLIDISCHE UND HAUPTIDEALRINGE 21 Ist umgekehrt d ∈ R kleinstes gemeinsames Vielfaches von gT X, so gilt T dR = y∈gT X yR ⊇ X wiederum nach (3) und Punkt eins von Bemerkung 1.30.2. Folglich haben wir d ∈ gT X sowie dR ⊆ yR für alle y ∈ gT X, d. h. d ist größter gemeinsamer Teiler von X. Damit gilt ggT X = kgV (gT X) und die Äquivalenz von (i) und (iii) ist gezeigt. (2) Sei XR = aR mit a ∈ R. Nach Punkt eins von Bemerkung 1.30.2 gilt dann a ∈ gT X und aR ⊆ yR für alle y ∈ gT X. Damit ist a aber größter gemeinsamer Teiler von X und wegen a ∈ XR gibt es x1 , . . . , xn ∈ X, und r1 , . . . , rn ∈ R mit a = r1 x1 + . . . + rn xn . Die Umkehrung ist damit klar, denn gibt es ein Element a mit den genannten Eigenschaften, so gilt einerseits a ∈ XR, also aR ⊆ XR, und andererseits X ⊆ aR, also XR ⊆ aR, zusammengenommen also XR = aR. (3) Sei b kleinstes gemeinsames Vielfaches von X. T Nach Punkt zwei von Bemerkung 1.30.2 gilt dann einerseits b ∈ gV X = x∈X xR =: I, also bR ⊆ I, und andererseits y ∈ bR für alle y ∈ gV X, also I ⊆ bR und damit I = bR. T Wenn umgekehrt x∈X xR = bR mit b ∈ R, so gilt wiederum nach Punkt zwei von Bemerkung 1.30.2 einerseits b ∈ gV X und andererseits b | y für alle y ∈ gV X, d. h. b ist kleinstes gemeinsames Vielfaches von X. S (4) Sei X := ι∈I Xι und D := {dι | ι ∈ I}. Die Behauptung folgt, weil für y ∈ R offensichtlich gilt y | x für alle x ∈TX genau dann, T wenn T y | dι fürTalle ι ∈ I, so dass gT X = gT D gV X = xR = x∈X ι∈I x∈Xι xR = ι∈I dι R = gV D , Satz 1.32. Für einen Ring R sind folgende Bedingungen äquivalent: (i) Jede Teilmenge von R besitzt ein kleinstes gemeinsames Vielfaches (ii) Jede Teilmenge von R besitzt einen größten gemeinsamen Teiler und ein kleinstes gemeinsames Vielfaches (iii) Jeder Durchschnitt von Hauptidealen von R ist wieder Hauptideal von R. Beweis. Die Äquivalenz von (i) und (ii) folgt aus Lemma 1.31(1) und die Äquivalenz von (i) und (iii) aus Lemma 1.31(3), Folgerung 1.33. Sei R ein Ring und seien a, b ∈ R. Wenn (a, b)R Hauptideal ist, das von einem Nichtnullteiler von R erzeugt wird, so existieren ggT {a, b} sowie kgV {a, b} und es gilt (1) ggT {a, b} · kgV {a, b} = ab (bis auf Assoziiertheit). 22 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN (2) Sei d := ggT {a, b}. Wir wählen r, s, p, q ∈ R mit a = pd, b = qd und d = ra + sb (s. Lemma 1.31(2)). Dann gilt ggT {r, s} = ggT {p, q} = 1R . Beweis. Nach Lemma 1.31.2 existiert ggT {a, b} und ist gleich d, wenn dR = (a, b)R. Laut Voraussetzung ist d nach Übungsaufgabe 18a Nichtnullteiler, denn je zwei Erzeugende von (a, b)R sind assoziiert. Aus ra + sb = d folgt daher rp + sq = 1R und damit gT {r, s} = gT {p, q} = R∗ , so dass ggT {r, s} = ggT {p, q} = 1R . Weiter ist klar, dass a | pqd und b | pqd. Angenommen, für c ∈ R gilt a | c und b | c, d. h. es gibt u, v ∈ R mit c = ua = vb. Da dann (rv+su)pqd = (rp+sq)c = c, gilt pqd | c und folglich kgV {a, b} = pqd, d. h. kgV {a, b} existiert und wir haben d · kgV {a, b} = pqd2 = ab, Folgerung 1.34. In einem verallgemeinerten Hauptidealring besitzt jede Teilmenge einen größten gemeinsamen Teiler und ein kleinstes gemeinsames Vielfaches. Insbesondere besitzt in einem euklidischen Ring jede Teilmenge einen größten gemeinsamen Teiler und ein kleinstes gemeinsames Vielfaches. Wir werden nun ein Verfahren kennenlernen, das es erlaubt, in euklidischen Ringen den größten gemeinsamen Teiler zweier (und damit endlich vieler, s. Lemma 1.31(4)) Elemente zu berechnen. Nach Folgerung 1.33 kann man damit auch das kleinste gemeinsame Vielfache zweier (und damit wiederum endlich vieler, s. Lemma 1.31(4)) Elemente berechnen. Satz 1.35 (Euklidischer Algorithmus). Sei R ein euklidischer Ring mit euklidischer Funktion ϕ. Weiter seien a, b ∈ R. Das folgende Verfahren bricht nach endlich vielen Schritten ab und liefert den größten gemeinsamen Teiler d von {a, b} sowie u, v ∈ R mit ua + vb = d. Solange b 6= 0 führe aus: Bestimme q, r ∈ R mit a = q ·b+r und, falls r 6= 0R , ϕ(r) < ϕ(b) a := b, b := r d=a Beweis. Angenommen, das Verfahren hat die ”Solange-Schleife” l-mal durchlaufen, wobei l ∈ N. Für j = 0, . . . , l bezeichnen wir mit aj bzw. bj die Werte, die a bzw. b nach dem j-ten Durchlauf haben. Dann gilt a0 = a und b0 = b. Wenn l > 0 und 0 ≤ j < l, so gilt bj 6= 0R und aj+1 = bj , bj+1 = rj , wenn rj , qj ∈ R so gewählt sind, dass aj = bj qj + rj und, falls rj = 6 0R , ϕ(rj ) < ϕ(bj ). Damit folgt ϕ(b) = ϕ(b0 ) > . . . > ϕ(bj ). 1.5. EUKLIDISCHE UND HAUPTIDEALRINGE 23 Wenn b = 0R , so kommt es zu keinem Schleifendurchlauf, d. h. das Verfahren bricht nach dem nullten Schritt ab und es gilt ggT {a, b} = a = au + bv mit u = 1R , v = 0R . Sei also b 6= 0R . Angenommen, das Verfahren bricht nicht ab. Nach obiger Konstruktuion finden wir dann b0 , b1 , · · · ∈ R \ {0} mit ϕ(b0 ) > ϕ(b1 ) > . . . ≥ 0, Widerspruch. Daher gibt es ein λ ∈ N, so dass das Verfahren nach dem (λ + 1)-ten Schritt abbricht. Dann gilt mit obigen Bezeichnungen b0 , . . . , bλ 6= 0R , bλ+1 = 0R . Mittels Induktion nach λ zeigen wir unter Verwendung obiger Bezeichnungen: bλ | a, bλ | b und es gibt u, v ∈ R mit au + bv = bλ . Nach Lemma 1.31(2) gilt dann bλ = ggT {a, b}. Für λ = 0 gilt r0 = b1 = 0R , folglich a = a0 = q0 b0 , und wir haben b0 | a, b0 = b | b sowie b0 = au + bv mit u = 0R , v = 1R . Sei λ > 0. Dann gilt a1 = b0 = b, b1 = r0 . Nach Induktionsvoraussetzung haben wir bλ | a1 = b, bλ | b1 und es gibt u1 , v1 ∈ R mit bλ = a1 u1 + b1 v1 . Da a = a0 = b0 q0 + r0 = a1 q0 + b1 , folgt bλ | a und mit u := v1 , v := u1 − q0 v1 gilt au + bv = (b0 q0 + r0 )v1 + b0 (u1 − q0 v1 ) = a1 u1 + b1 v1 = bλ , Bemerkungen, Beispiele 1.36. 1. Sei R ein euklidischer Ring. Unter Verwendung der Bezeichnungen aus Satz 1.35 und seinem Beweis kann man zur Bestimmung von u, v ∈ R mit ua + vb = d folgende Rekursionsformel verwenden: (u0 , v0 ) := (1R , 0), (u1 , v1 ) := (0, 1R ) und, wenn i ≥ 2 (ui , vi ) := (ui−2 , vi−2 ) − qi−2 (ui−1 , vi−1 ), Dann gilt d = ua + vb mit (u, v) := (uλ+1 , vλ+1 ), wobei λ := −1, wenn b = 0. 2. Man bestimme jeweils den größten gemeinsamen Teiler von a und b in R und stelle ihn in der Form au + bv mit u, v ∈ R dar. 24 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN (a) R = Z, a = 321, b = 48: 321 48 33 15 = = = = 48 · 6 + 33 33 · 1 + 15 15 · 2 + 3 3 · 5 + 0 Abbruch! Hieraus folgt ggT (321, 48) = 3 und wir erhalten 3 = = = = 33 − 15 · 2 33 − (48 − 33 · 1) · 2 = 48 · (−2) + 33 · 3 48 · (−2) + (321 − 48 · 6) · 3 321 · 3 + 48 · (−20), d. h. wir haben z. B. u = 3 und v = −20. (b) R = G, a = 42 + i, b = 91 − 17i: 42 + i = (7 − 19i) · (1 + 2i) − 3 + 91−17i 42+i 3805 805 − 1765 i 1765 42+i 275 6i, denn 7−19i = 410 + 805 i 410 7−19i = −3 + 13 i denn −3+6i 91 − 17i = (42 + i) · 2 + 7 − 19i, denn = 7 − 19i = (−3 + 6i) · (−3) − 2 − i, −3 + 6i = (−2 − i) · (−3i) + 0 Abbruch! Hieraus folgt ggT (42 + i, 91 − 17i) = 2 + i und wir erhalten 2+i = = = = = −(7 − 19i) + (−3 + 6i) · (−3) −(7 − 19i) + (42 + i − (7 − 19i) · (1 + 2i)) · (−3) (42 + i) · (−3) + (7 − 19i) · (2 + 6i) (42 + i) · (−3) + (91 − 17i − (42 + i) · 2)) · (2 + 6i) (42 + i) · (−7 − 12i) + (91 − 17i) · (2 + 6i), d. h. wir haben z. B. u = −7 − 12i und v = 2 + 6i. 1.6 Faktorielle Ringe Auch in diesem Abschnitt sind alle betrachteten Ringe kommutativ. Beispiel 1.37. Nicht alle Ringe sind Hauptidealringe, z. B. ist Z[X], X Unbestimmte, kein Hauptidealring. Man betrachte hierzu etwa das von 2 und X erzeugte Ideal I = (2, X)Z[X]. Angenommen, I ist Hauptideal. Dann existiert ein f ∈ Z[X] mit I = f Z[X] und daher gibt es g, h ∈ Z[X] mit 2 = f g und X = f h. Wegen der Gültigkeit des Gradsatzes (s. Folgerung LA B10) folgt hieraus grad f = 0, d. h. f ∈ Z, und 1.6. FAKTORIELLE RINGE 25 grad h = 1. Da somit (lk f )(lk h) = lk X = 1, gilt f = ±1 und damit I = Z[X]. Daher gibt es u, v ∈ Z[X] mit 1 = 2u + Xv. Setzt man hier X = 0, so folgt 1 = 2u(0), Widerspruch. Dennoch gibt es interessante Phänomene, die in allgemeineren Situationen auftreten und die wir nun untersuchen wollen. Definition 1.38. Sei R ein Ring. (a) Eine Folge (ri )i∈N := (r0 , r1 , . . .) von Elementen aus R heißt Teilerkette in R, wenn für alle i ≥ 0 gilt ri+1 |ri . (b) Man sagt, dass eine Teilerkette (ri )i∈N in R stationär wird, wenn es ein n ∈ N gibt mit ri+1 ∼ ri für alle i ≥ n. (c) Man sagt, dass in R der Teilerkettensatz gilt, wenn jede Teilerkette in R stationär wird. Bemerkungen 1.39. 1. Sei (r0 , r1 , . . . ) eine Folge von Elementen eines Ringes R. (r0 , r1 , . . . ) ist nach Übungsaufgabe I5(c) genau dann Teilerkette in R, wenn r0 R ⊆ r1 R ⊆ . . . , d. h. den Teilerketten in R entsprechen umkehrbar eindeutig aufsteigende Hauptidealketten von R. 2. Eine Teilerkette von R wird nach Übungsaufgabe I6(b) genau dann stationär, wenn die entsprechende Hauptidealkette stationär wird. 3. In einem noetherschen Ring gilt der Teilerkettensatz. Insbesondere gilt der Teilerkettensatz in (verallgemeinerten) Hauptidealringen. 4. Sei R ein Ring. Ganz analog wie die Äquivalenz der Bedingungen (i) und (ii) von Satz 1.11(1) weist man zusammen mit 2. die Äquivalenz der folgenden Bedingungen nach (i) In R gilt der Teilerkettensatz (ii) Jede aufsteigende Hauptidealkette in R wird stationär (iii) Jede nicht leere Menge von Hauptidealen von R besitzt bzgl. ⊆ maximale Elemente. In den folgenden Aussagen und Definitionen geht es darum zu untersuchen, unter welchen Bedingungen Primfaktorzerlegungen, wie sie bei ganzen Zahlen aus der Schule bekannt sind, allgemeiner für Elemente eines Ringes möglich sind und ob diese, falls sie existieren, eindeutig sind, wobei auch zu klären ist, was in diesem Zusammenhang ”eindeutig” bedeuten soll. Hierzu definieren wir zunächst: 26 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN Definition 1.40. (S. Übungsaufgabe I11) Sei R ein Ring. Ein Element x ∈ R heißt irreduzibel (prim oder Primelement), wenn x 6= 0R , x 6∈ R∗ und für alle a, b ∈ R gilt: Wenn x = ab (x | ab), so folgt x | a oder x | b. Bemerkungen 1.41. 1. Nach Übungsaufgabe I11a ist jedes Primelement eines Ringes R irreduzibel. Die Umkehrung ist i. a. falsch. 2. Nach Übungsaufgabe I11b gilt: Sei x irreduzibles Element eines Ringes R. Wenn x = ab mit a, b ∈ R, so folgt schon x ∼ a oder x ∼ b. 3. Nach Übungsaufgabe I11c ist x ∈ R genau dann Primelement von R, wenn xR vom Nullideal verschiedenes Primideal von R ist. 4. Primzahlen sind Primelemente von Z. Der Beweis ist nicht trivial, s. Satz 1.50. Genauer sind damit die Primzahlen zusammen mit ihren Negativen genau die Primelemente und gleichzeitig die irreduziblen Elemente von Z. Satz 1.42. Sei R ein Hauptidealring. (1) Für ein vom Nullideal verschiedenes Ideal P von R sind folgende Eigenschaften äquivalent: (i) P ist Primideal (ii) P wird von einem irreduziblen Element erzeugt (iii) Jedes erzeugende Element von P ist irreduzibel (iv) P ist maximales Ideal von R. (2) Ein Element von R ist irreduzibel genau dann, wenn es Primelement ist. Beweis. (1) (i) ⇒ (iii) ergibt sich sofort aus Bemerkung 1.41.1, 3 und (iii) ⇒ (ii) ist trivial. (ii) ⇒ (iv): Sei P = xR mit einem irreduziblen x ∈ R und sei m maximales Ideal von R mit P ⊆ m. m existiert nach Satz LA 3.19(2) und Lemma LA 3.12(2). Weiter sei y ∈ R mit m = yR. Wegen P ⊆ m = yR gibt es ein z ∈ R mit x = yz. Da x irreduzibel ist und m 6= R, gilt z ∈ R∗ und somit P = xR = yR = m. (iv) ⇒ (i) ergibt sich aus Lemma LA 3.20(2) und Übungsaufgabe 6c, (2) Ist x ∈ R irreduzibel, so ist xR nach (1) ein Primideal und damit ist x Primelement nach Bemerkung 1.41.3. Die Umkehrung ergibt sich aus Bemerkung 1.41.1, 1.6. FAKTORIELLE RINGE 27 Lemma 1.43. Sei R ein Integritätsring und seien x1 , . . . , xm ∈ R irreduzibel und y1 , . . . , yn ∈ R prim. Weiter seien r, s ∈ R mit r ∼ x1 · . . . · xm und s ∼ y1 · . . . · yn . (1) Wenn s | r, so gilt n ≤ m und es gibt es paarweise verschiedene i1 , . . . , in ∈ N mit 1 ≤ i1 , . . . , in ≤ m, so dass yj ∼ xij , j = 1, . . . , n. (2) Es gilt skr genau dann, wenn s | r und n < m. Beweis. Es ist klar, dass aus skr folgt s | r und m ≥ 1, denn wäre m = 0, so hätten wir r ∼ 1R , somit s | 1R und folglich s ∼ 1R ∼ r, Widerspruch. Wir benutzen nun Induktion nach n, wobei für n = 0 nichts mehr zu zeigen ist. Sei also n ≥ 1 und gelte s | r, d. h. y1 · . . . · yn | x1 · . . . · xm . Dann folgt m ≥ 1 und y1 | x1 · . . . · xm . Daher gibt es ein i ∈ N+ mit y1 | xi und somit gilt y1 ∼ xi , s. Übungsaufgabe 18b. O. B. d. A. sei i = 1. Wir schreiben x1 ·. . .·xm = y1 ·. . .·yn ·t mit t ∈ R und y1 = x1 · mit ∈ R∗ . Mit t0 := · t erhalten wir daher: x1 (x2 · . . . · xm − y2 · . . . · yn · t0 ) = 0R , also x2 · . . . · xm − y2 · . . . · yn · t0 = 0R und damit y2 · . . . · yn | x2 · . . . · xm . Wir bemerken, dass skr genau dann gilt, wenn t 6∈ R∗ (s. Übungsaufgabe I6(c)). Da weiter t 6∈ R∗ genau dann, wenn t0 6∈ R∗ , gilt skr genau dann, wenn y2 · . . . · yn kx2 ·. . .·xm . Daher ergeben sich die Aussagen mit der Induktionsvoraussetzung, Folgerung 1.44. Sei R ein Integritätsring und seien x1 , . . . , xm ∈ R irreduzible und y1 , . . . , yn ∈ R Primelemente von R. Wenn x1 · . . . · xm ∼ y1 · . . . · yn , so gilt m = n und es gibt eine Permutation π ∈ Sm mit yi ∼ xπ(i) , i = 1, . . . , m. Insbesondere sind x1 , . . . , xm Primelemente von R. Definition 1.45. Sei R ein Ring und sei r ∈ R. (a) Eine Produktdarstellung von r in R ist eine endliche Folge (x1 , . . . , xm ) von Elementen aus R, so dass r ∼ x1 ·. . .·xm . Die x1 , . . . , xm nennt man Faktoren der Darstellung. (b) Zwei Produktdarstellungen (x1 , . . . , xm ) und (y1 , . . . , yn ) von r in R heißen äquivalent, wenn m = n und wenn es eine Permutation π ∈ Sm gibt mit yi ∼ xπ(i) , i = 1, . . . , m (d. h. wenn m = n und die Faktoren bis auf die Reihenfolge und bis auf Assoziiertheit übereinstimmen). (c) Besitzt r in R eine Produktdarstellung (x1 , . . . , xm ) in R und sind x1 , . . . , xm irreduzibel (prim), so sagt man, r besitze in R eine Darstellung als Produkt irreduzibler Elemente (von Primelementen). 28 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN Bemerkungen 1.46. Sei R ein Integritätsring. 1. Besitzt ein Element r ∈ R in R eine Darstellung (x1 , . . . , xm ) als Produkt irreduzibler Elemente (oder von Primelementen), so gibt es eine Einheit in R, so dass r = · x1 · . . . · xm . Ist dabei m ≥ 1 (d. h. gilt r 6∈ R∗ ), so ist · x1 wieder irreduzibel (oder prim), so dass wir o. B. d. A. annehmen dürfen, dass r = x1 · . . . · xm . 2. Besitzt ein Element r ∈ R in R eine Darstellung als Produkt irreduzibler Elemente und eine Darstellung als Produkt von Primelementen, so sind beide Darstellungen nach Folgerung 1.44 äquivalent. Satz 1.47. Sei R ein Ring. (1) (Euklid) Wenn in R der Teilerkettensatz gilt, so besitzt jedes r ∈ R \ {0R } in R eine Darstellung als Produkt irreduzibler Elemente. (2) Besitzt jedes r ∈ R \ {0R } in R eine Darstellung als Produkt von Primelementen, so gilt in R der Teilerkettensatz. Beweis. (1) Angenommen, die Aussage ist falsch. Sei dann A die Menge aller Elemente aus R \ {0R }, die keine Darstellung als Produkt irreduzibler Elemente besitzten, und A := {aR | a ∈ A}. Nach Bemerkung 1.39.3 besitzt A ein maximales Element, sagen wir xR mit x ∈ A. x kann keine Einheit von R sein (sonst besäße x eine Darstellung als leeres Produkt) und x kann auch nicht irreduzibel sein. Damit gibt es b, c ∈ R mit x = bc und x - b, x - c. Da folglich xR ⊂ bR und xR ⊂ cR, gilt b, c 6∈ A (wegen der Maximalität von aR), d. h. b und c besitzen jeweils Darstellungen als Produkt irreduzibler Elemente. Dann besitzt aber x = bc auch eine solche Darstellung, Widersprch, und (1) ist gezeigt. (2) Sei (r0 , r1 , . . . ) eine Teilerkette in R. Wenn rn = 0 für ein n ∈ N, so gilt rm = 0 für alle m ≤ n. Wenn rn = 0 für alle n ∈ N, so wird die Teilerkette trivialerweise stationär. O. B. d. A. dürfen wir somit annehmen, dass rn 6= 0R für alle n ∈ N. Für i = 0, 1, . . . besitzt ri laut Voraussetzung eine Darstellung als Produkt von Primelementen. Mit mi ∈ N+ bezeichnen wir die Anzahl der dabei auftretenden Faktoren. Nach Lemma 1.43(1) gilt dann m0 ≥ m1 ≥ . . .. Daher gibt es ein t ∈ N mit mt = mt+1 = . . .. Aus Lemma 1.43(2) folgt dann aber rt ∼ rt+1 ∼ . . ., 1.6. FAKTORIELLE RINGE 29 Folgerung 1.48. In einem noetherschen Ring ist jedes von Null verschiedene Element Produkt endlich vieler irreduzibler Elemente. Satz und Definition 1.49 (Faktorielle Ringe). (1) Für einen Integritätsring R sind folgende Bedingungen äquivalent: (i) In R gilt der Teilerkettensatz und jedes irreduzible Element von R ist Primelement (ii) Jedes von 0R verschiedene Element von R besitzt eine Darstellung als Produkt von Primelementen (iii) Jedes von 0R verschiedene Element von R besitzt eine bis auf Äquivalenz eindeutige Darstellung als Produkt von irreduziblen Elementen. (2) Ein Integritätsring, der die äqivalenten Bedingungen in (1) erfüllt, heißt faktorieller Ring. Beweis. (i) ⇒ (ii) folgt aus Satz 1.47(1) und (ii) ⇒ (iii) ergibt sich aus Bemerkung 1.46.2. (iii) ⇒ (i): Wir zeigen, dass jedes irreduzible Element von R prim ist. Die Gültigkeit des Teilerkettensatzes folgt dann aus Satz 1.47(2). Sei hierzu r ∈ R ein irreduzibles Element und für a, b ∈ R gelte r | a · b. Wir müssen zeigen, dass r | a oder r | b. Dies ist sicher richtig, wenn a oder b Null oder Einheit in R ist. Es gelte also a, b 6∈ R∗ und a, b 6= 0R . a und b besitzen bis auf Äquivalenz eindeutige Darstellungen als Produkt irreduzibler Elemente. O. B. d. A. gelte also a ∼ p1 · . . . · pm und b ∼ q1 · . . . · qn mit irreduziblen Elementen p1 , . . . , pm , q1 , . . . , qn ∈ R. Sei nun s ∈ R so gewählt, dass r · s = a · b. Dann gilt r · s ∼ p1 · . . . · pm · q1 · . . . · qn . Wegen der Eindeutigkeit der Darstellung muß es ein i ∈ {1, . . . , m} oder ein j ∈ {1, . . . , n} geben, so dass r ∼ pi oder r ∼ qj . Damit folgt r | pi |a oder r | qj |b, d. h. r ist Primelement, Wichtige Beispiele für faktorielle Ringe sind Hauptidealringe. Dies zeigen wir. (u. a.) in dem folgenden Satz 1.50. Jeder Hauptidealring ist faktoriell. Damit ist insbesondere jeder euklidische Ring faktoriell. Beweis. In einem Hauptidealring gilt nach Bemerkung 1.39.3 der Teilerkettensatz und nach Satz 1.42(2) ist in einem Hauptidealring jedes irreduzible Element prim. Damit ergibt sich die erste Aussage aus Satz 1.49. Der Rest folgt aus Übungsaufgabe I10, 30 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN Beispiele 1.51. 1. Der Ring G := {a + bi |a, b ∈ Z} ⊂ C der ganzen Gaußschen Zahlen ist ein euklidischer und damit faktorieller Ring, s. Übungsaufgabe 11. Bemerkung: Ist kuk für u ∈ G Primzahl, so ist u irreduzibel, also Primelement in G. Da 2 = (1 + i)(1 − i), ist 2 kein Primelement in G, jedoch sind 1 + i und 1 − i = −i(1 + i) wegen k1 ± ik = 2 Primelemente in G. Man kann zeigen, dass für eine ungerade Primzahl p ∈ N gilt: • Genau dann ist p Primelement in G, wenn p ≡ 3 mod 4. • Wenn p ≡ 1 mod 4, so gilt p = q · q̄ mit einem Primelement q ∈ G. Man überlegt sich leicht, dass p = q · q̄ genau dann gilt, wenn es a, b ∈ Z gibt mit p = a2 +b2 . Daher besteht eine enge Verbindung dieser Problemstellung zu der Frage, welche natürlichen Zahlen als Summe zweier Quadratzahlen darstellbar sind. 2. Völlig analog√(d. h. mit gleicher euklidischer Funktion) läßt sich zeigen, √ dass auch Z[ −2] = {a + b −2 | a, b ∈ Z} ⊂ C ein euklidischer und somit faktorieller Ring ist. √ √ 3. Sei R := Z[ −3] = {a + b −3 | a, b ∈ Z} ⊂ C. Mit den Bezeichnungen aus 1. ergibt sich auch hier, dass für u, v ∈ R gilt: u | v =⇒ kuk kvk und u | v, kuk = kvk =⇒ u ∼ v. Daher gilt in R der Teilerkettensatz und somit ist nach Satz 1.47 jedes von 0 verschiedene Element von R als Produkt irreduzibler Elemente darstellbar. ∗ Wir bemerken, dass sich mit der Normfunktion hier √ R = {1, −1} ergibt. √ Damit ist klar, dass die Elemente 2, 1 + −3, 1 − −3 ∈ R paarweise nicht assoziiert sind. Da krk = 6 2 für alle r ∈ R, ist außerdem klar, 2, 1 + √ √ √ dass √ −3, 1 − −3 irreduzibel sind. Somit sind (2, 2) und (1 + −3, 1 − −3) wegen √ √ 4 = 2 · 2 und 4 = (1 + −3) · (1 − −3) zwei nichtäquivalente Darstellungen von 4 als Produkt irreduzibler Elemente. Nach Satz 1.49 ist R damit kein faktorieller Ring und folglich ist R nach Satz 1.50 auch kein Hauptidealring und nicht euklidisch. Lemma 1.52. Sei R ein Integritätsring und seien X1 , . . . , Xn Unbestimmte. Gilt der Teilerkettensatz in R, so auch in R[X1 , . . . , Xn ]. 1.6. FAKTORIELLE RINGE 31 Beweis. Zum Beweis der ersten Aussage können wir uns mittels vollständiger Induktion nach n auf den Fall n = 1 beschränken. Dann folgt die Aussage aber aus Übungsaufgabe 22b, Lemma 1.53. Sei R ein Ring und X eine Unbestimmte. p ∈ R ist Primelement in R genau dann, wenn p Primelement in R[X] ist. Beweis. Sei p ∈ R und P := pR. Dann haben wir: p ist genau dann Primelement in R, wenn P vom Nullideal verschiedenes Primideal von R ist (s. Übungsaufgabe I11c) und P ist genau dann vom Nullideal verschiedenes Primideal von R, wenn P R[X] = pR[X] vom Nullideal verschiedenes Primideal von R[X] ist (s. Übungsaufgabe 15c), d. h. wenn p Primelement von R[X] ist, Satz 1.54 (Gauß). Sei R ein Ring und X1 , . . . , Xn Unbestimmte. Wenn R faktoriell ist, so ist auch R[X1 , . . . , Xn ] faktoriell. Beweis. Mittels vollständiger Induktion über n können wir uns auf den Fall n = 1 beschränken. Sei also X eine Unbestimmte und nehmen wir an, R[X] sei nicht faktoriell. Nach Folgerung LA B10 ist R[X] Integritäsring, da R definitionsgemäß Integritätsring ist. Nach Lemma 1.52 gilt in R[X] der Teilerkettensatz, denn nach Satz 1.49 gilt in R der Teilerkettensatz. Nach Satz 1.47(1) besitzt damit jedes Element aus R[X] \ {0R } eine Darstellung als Produkt irreduzibler Elemente. Da R[X] nicht faktoriell ist, muß es nach Satz 1.49 ein f ∈ R[X] \ {0R } geben, das zwei nicht äquivalente Darstellungen als Produkt irreduzibler Elemente besitzt, sagen wir f ∼ p1 · . . . · pm und f ∼ q1 · . . . · qn mit m, n ∈ N und irreduziblen Elementen p1 , . . . , pm , q1 , . . . , qn ∈ R[X]. Sei o. B. d. A. f unter allen vom Nullpolynom verschiedenen Polynomen, für die zwei derartige nicht äquivalente Darstellungen existieren, eines von kleinstmöglichem Grad. Ferner sei f so beschaffen, dass die beiden nicht äquivalenten Darstellungen nur nicht assoziierte irreduzible Faktoren besitzen, d. h. pi 6∼ qj für alle i = 1, . . . , m, j = 1, . . . , n. Dies kann immer erreicht werden, indem man eventuell vorhandene assoziierte Faktoren aus beiden Darstellungen herauskürzt (man beachte, dass R[X] Integritätsring ist und damit in (R[X]; ·) die Kürzungsregel gilt). Wäre nun grad f = 0, so wäre f ∈ R und besäße somit eine Darstellung als Produkt von Primelementen in R und damit nach Lemma 1.53 eine ebensolche in R[X]. Nach Bemerkung 1.46.2 ist diese aber eindeutig bis auf Äquivalenz, Widerspruch. Also gilt grad f > 0. 32 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN Sicher gilt damit auch m, n ≥ 1, denn nach Folgerung LA B10 gilt R[X]∗ = R∗ . Wäre m = 1 so folgt wegen der Irreduzibilität von p1 sofort n = 1 und umgekehrt, d. h. p1 ∼ f ∼ q1 , Widerspruch. Damit gilt gradf > 0 und m, n ≥ 2. Sei nun o. B. d. A. f = p1 ·. . .·pm = q1 ·. . .·qn (s. Bemerkung 1.46.1), δ := grad p1 ≥ grad p2 ≥ . . . ≥ grad pm , ε := grad q1 ≥ grad q2 ≥ . . . ≥ grad qn und ε ≥ δ > 0. Wir setzen a := lk p1 , b := lk q1 und g := a · f − b · p1 · X ε−δ · q2 · . . . · qn . g kann nun wie folgt zerlegt werden: g = p1 · (a · p2 · . . . · pm − b · X ε−δ · q2 · . . . · qn ) bzw. g = (a · q1 − b · p1 · X ε−δ ) · q2 · . . . · qn (1.1) (1.2) Ist g = 0 so folgt a · q1 = b · p1 · X ε−δ , d. h. insbesondere gilt p1 |a · q1 . Wenn g 6= 0, so ist a · q1 − b · p1 · X ε−δ 6= 0. Da grad (a · q1 − b · p1 · X ε−δ ) < grad q1 , gilt grad g < grad (q1 · . . . · qn ) = grad f und damit besitzt g eine bis auf Äquivalenz eindeutige Darstellung als Produkt irreduzibler Elemente. p1 ist wegen (1.1) ein irreduzibler Faktor von g. Da p1 6∼ q2 , . . . , p1 6∼ qn , muß wegen (1.2) gelten p1 |a · q1 − b · p1 · X ε−δ , also p1 |a · q1 auch in diesem Fall. Wir schreiben a · q1 = p1 · h mit h ∈ R[X]. Sei u ∈ R Primfaktor von a. Da u auch prim in R[X] ist nach Lemma 1.53 und da u|a · q1 = p1 · h, gilt u|p1 oder u|h. u|p1 ist aber unmöglich, da p1 irreduzibel ist und grad p1 = ε > 0 gilt. Somit folgt u|h. Fortgesetzte Anwendung dieses Arguments liefert a|h. Wir haben also h = a · l mit l ∈ R[X], d. h. es gilt a · q1 = a · p1 · l und folglich q1 = p1 · l. Da q1 irreduzibel ist, folgt l ∈ R[X]∗ (= R∗ ), d. h. q1 ∼ p1 , Widerspruch. Damit war die Annahme falsch und folglich ist R[X] faktoriell, Folgerung 1.55. Z ist faktoriell und jeder Körper ist faktoriell. Damit sind Z[X1 , . . . , Xn ], K[X1 , . . . , Xn ], K Körper, X1 , . . . , Xn Unbestimmte, faktorielle Ringe. Satz 1.56. Sei R ein Ring und U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit 0R 6∈ U . Wir setzen R0 := U −1 R (1) Für p ∈ R sind folgende Bedingungen äquivalent: (i) p ist Primelement von R mit p - u für alle u ∈ U (d. h. U ∩ pR = ∅) (ii) Für alle u, v ∈ U ist vp u Primelement in R0 (iii) Es gibt ein u ∈ U , so dass p u Primelement in R0 ist. 1.6. FAKTORIELLE RINGE 33 (2) Besitzt ein Element r ∈ R \ {0R } in R eine Primfaktorzerlegung (p1 , . . . , pn ),r pm p1 so ist u1 , . . . , um für beliebige u, u1 , . . . , um ∈ U Primfaktorzerlegung von u in R0 , wenn o. B. d. A. U ∩ p1 R = . . . = U ∩ pm R = ∅ sowie U ∩ pm+1 R 6= ∅, . . . , U ∩ pn R 6= ∅ mit geeignetem m ∈ N, m ≤ n. (3) Ist R faktoriell, so auch R0 . Beweis. (1) Nach Übungsaufgabe I11c gilt: p ist Primelement von R genau dann, wenn P := pR vom Nullideal verschiedenes Primideal von R ist. Für u, v ∈ U sind entsprechend ξ := vp und η := up genau dann Primelemente in R0 , u wenn ξR0 und ηR0 vom Nullideal verschiedene Primideale von R0 sind. Da ξR0 = ηR0 , sind (ii) und (iii) äquivalent. Da andererseits ηR0 = P R0 , sind (i) und (iii) nach Lemma B.28(1) äquivalent. (2) Sei ρ ∈ R0 \ {0R0 }. Wir schreiben ρ = ur mit r ∈ R, u ∈ U . Dann gilt r 6= 0R . Sei (p1 , . . . , pn ) Primfaktorzerlegung von r in R, d. h. r = · p1 · . . . · pn und δ · r = p1 , . . . , pn mit geeigneten δ, ∈ R. Dann folgt für u1 , . . . , un ∈ U ρ= also ρ ∼ u1 ·...·un · u p1 u1 · ... · · p1 u1 · ... · pn un und u·δ u1 ·...·un ·ρ= p1 u1 · ... · pn un , pn . un Wenn nun U ∩p1 R = . . . = U ∩pm R = ∅ sowie U ∩pm+1 R 6= ∅, . . . , U ∩pn R 6= ∅ mit geeignetem m ∈ N, m ≤ n, so sind up11 , . . . , upm Primelemente in R0 nach m , . . . , upnn nach Lemma B28(1) das Einheitsideal R0 (1). Da die Elemente upm+1 m+1 erzeugen, sind sie Einheiten in R0 . Daher ist up11 , . . . , upm Primfaktorzerlegung m r 0 von u in R . (3) Nach (2) und Satz 1.49 ist R0 faktoriell, wenn R faktoriell ist, Sei R ein Ring und sei K eine Äquivalenzklasse bezüglich der Äquivalenzrealtion ∼. Enthält K ein Primelement, so besteht K nach Übungsaufgabe 18b nur aus Primelementen. Sei nun R ein faktorieller Ring. Aus jeder Äquivalenzklasse K bezüglich ∼, die ein Primelement enthält (und demzufolge nur aus Primelementen besteht), wählen wir genau ein Element, sagen wir pK , aus und setzen P := {pK | K Klasse bzgl. ∼, die ein Primelement enthält}. Eine derartige Menge P heißt volles Repräsentantensystem der Klassen assoziierter Primelemente in R. Z. B. kann man in Z die Menge P = {2, 3, 5, 7, 11, . . .} der Primzahlen als derartiges Repräsentantensystem wählen. Sei nun r ∈ R, r 6= 0R . Es ist dann klar, dass r eine Darstellung der Form r = · p1 · . . . · pm mit ∈ R∗ und Primelementen p1 , . . . pm ∈ P (m ∈ N) 34 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN besitzt. Faßt man unter den p1 , . . . , pm jeweils gleiche Faktoren zu entsprechenden Potenzen zusammen, so erhalten wir eine Darstellung der Form r = · q1t1 · . . . · qntn mit ∈ R∗ , paarweise verschiedenen q1 , . . . , qn ∈ P und t1 , . . . , tn ∈ N+ . Für p ∈ P setzen wir ( 0 falls p 6∈ {q1 , . . . , qn }, νp (r) := ti falls p = qi für ein i, 1 ≤ i ≤ n Damit gilt offensichtlich: Y r =· pνp (r) p∈P mit einer Einheit ∈ R∗ und diese Darstellung ist eindeutig bis auf die Reihenfolge der Faktoren aus P . Definition 1.57. Sei R ein faktorieller Ring. P bezeichne ein volles Repräsentantensystem für die Klassen assoziierter Primelemente aus R. Unter Verwendung obiger Bezeichnungen ist für p ∈ P durch r 7→ νp (r), r ∈ R\{0R }, eine Abbildung νp : R \ {0R } → N, gegeben. Diese Abbildung νp heißt p-Exponent auf R (manchmal auch p-Ordnung auf R) und für r ∈ R, r 6= 0R , heißt νp (r) p-Exponent von r. Sind Verwechslungen möglich, so schreibt man νpR statt νp . Mitunter setzt man νp (0R ) := ∞ für alle p ∈ P . Dann ist νp Abbildung R → N ∪ {∞}. (Man vereinbart hierbei n ≤ ∞ sowie n + ∞ = ∞ + n = ∞ für alle n ∈ N ∪ {∞}.) Eigenschaften des p-Exponenten: Seien R, P wie in Definition 1.57 und seien r, s ∈ R. Dann gilt (1) r|s genau dann, wenn νp (r) ≤ νp (s) für alle p ∈ P (2) r ∼ s genau dann, wenn νp (r) = νp (s) für alle p ∈ P (3) r ∈ R∗ genau dann, wenn νp (r) = 0 für alle p ∈ P (4) νp (r · s) = νp (r) + νp (s) für alle p ∈ P (5) νp (r + s) ≥ min{νp (r), νp (s)} für alle p ∈ P mit Gleichheit für ein p ∈ P , wenn νp (r) 6= νp (s) 1.6. FAKTORIELLE RINGE 35 (6) Für jede Teilmenge X von R existieren ggT X und kgV X und es gilt (bis auf Assoziiertheit) ggT X = Y pmin{νp (x)|x∈X} und, wenn X endlich ist, p∈P kgV X = Y pmax{νp (x)|x∈X} p∈P (7) r · s = ggT {r, s} · kgV {r, s} (bis auf Assoziiertheit). Beweis. (1) - (5) ergeben sich sofort aus der Definition des p-Exponenten und (7) ergibt sich aus Folgerung 1.33. Nach Übungsaufgabe 27 ist jeder Durchschnitt von Hauptidealen von R wieder Hauptideal. Damit existieren ggT X und kgV X für jede Teilmenge X von R nach Satz 1.32. Weiter ist klar, dass die angegebenen Elemente von R größter gemeinsamer Teiler bzw. - für endliches X - kleinstes gemeinsames Vielfaches von X sind, Bemerkungen 1.58. 1. Mit den Bezeichnungen von Satz 1.56 gilt: Ist P ein volles Repräsentantensystem für die Klassen assoziierter Primelemente aus R, so ist P 0 := { up | p ∈ P, U ∩ pR = ∅} für festes u ∈ U volles Repräsentantensystem für die Klassen assoziierter Primelemente aus R0 und für r ∈ R\{0R }, u ∈ U sowie p ∈ P mit U ∩pR = ∅ gilt mit p0 := up νp0 ( ur ) = νp (r) . 2. Mit den Bezeichnungen von Definition 1.57 sei X (nicht notwendig endliche) Teilmenge von R. Setzen wir für p ∈ P νp (X) := max{νp (x) | x ∈ X} ∈ N ∪ {∞} , so gilt in Verallgemeinerung von Eigenschaft (6): (Q P νp (X) wenn p∈P p p∈P νp (X) < ∞ kgV X = 0R sonst . P Dabei ist klar, dass p∈P νp (X) < ∞ genau dann gilt, wenn die Menge {p ∈ P | p|x für ein x ∈ X} endlich ist und νp (X) < ∞ für alle p ∈ P , d. h. wenn νp (X) 6= 0 für nur endlich viele p ∈ P und νp (X) < ∞ für alle p ∈ P . 36 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN 1.7 Irreduzibilität von Polynomen Satz 1.59 (Eisenstein - Kriterium). Sei R ein Integritätsring, X eine Unbestimmte und f := a0 + a1 X + . . . + an X n ∈ R[X] mit n ∈ N+ , a0 , . . . , an ∈ R und gT {a0 , . . . , an } = R∗ . Wenn es ein Primideal P von R gibt mit an 6∈ P , a0 , . . . , an−1 ∈ P und a0 6∈ P 2 , so ist f irreduzibel in R[X]. Beweis. Wegen an 6∈ P gilt an 6= 0R , d. h. grad f = n > 0. Insbesondere folgt damit f 6= 0R und f 6∈ R∗ = R[X]∗ . Angenommen, f = g · h mit g, h ∈ R[X], g = b0 + b1 X + . . . + bm X m , h = c0 + c1 X + . . . + cl X l , m, l ∈ N, b0 , . . . , bm , c0 , . . . , cl ∈ R, bm , cl 6= 0R . Wegen der Gültigkeit des Gradsatzes (s. Folgerung LA B10) gilt dann m + l = n und b m · c l = an . Da bm · cl = an 6∈ P , folgt bm , cl 6∈ P , und da b0 · c0 = a0 ∈ P , gilt b0 ∈ P oder c0 ∈ P . Wir nehmen o. B. d. A. an, dass b0 ∈ P . Somit gibt es ein i ∈ N mit i < m und b0 , . . . , bi ∈ P , bi+1 6∈ P . Da b0 · c0 = a0 6∈ P 2 , aber b0 ∈ P , gilt c0 6∈ P . Nun gilt aber ai+1 = bi+1 · c0 + bi · c1 + . . . + b0 · ci+1 . Da bi · c1 , . . . , b0 · ci+1 ∈ P , aber bi+1 · c0 6∈ P , gilt ai+1 6∈ P . Es muß also gelten i + 1 = n = m + l und wegen i + 1 ≤ m folgt i + 1 = m und somit l = 0, d. h. h = c0 ∈ R. Wir haben deshalb f = g · c0 , also gilt c0 | ai für i = 0, . . . , m. Laut Voraussetzung ist daher h = c0 ∈ R∗ = R[X]∗ , d. h. f ist irreduzibel, Folgerung 1.60. Sei R ein Integritätsring, X eine Unbestimmte und f := a0 + a1 X + . . . + an X n ∈ R[X] mit n ∈ N+ , a0 , . . . , an ∈ R. Ferner nehmen wir an, dass gT {a0 , . . . , an } = R∗ . Wenn es ein Primelement p ∈ R gibt mit p | a0 , . . . , p | an−1 , aber p2 - a0 , so ist f irreduzibel in R[X]. Bemerkungen, Beispiele 1.61. 1. Polynome, die die Bedingung aus Satz 1.59 erfüllen, heißen Eisenstein-Polynome. Sie sind irreduzibel in R[X]. 2. Folgende Polynome sind Eisenstein-Polynome in Z[X]: X 3 − 2, X 5 − 24, allgemein X m − r wobei m ∈ N+ und r ∈ Z so beschaffen ist, dass eine Primzahl p existiert mit p | r, aber p2 - r, d. h. νp (r) = 1. 3. Sei p Primzahl und fp := X p−1 +X p−2 +· · ·+1 ∈ Z[X]. fp ist kein EisensteinPolynom. Eine einfache Substitution liefert jedoch mit gp := (X + 1)p−1 + 1.7. IRREDUZIBILITÄT VON POLYNOMEN 37 (X + 1)p−2 + . . . + 1: X · gp = = (X + 1 − 1) · ((X + 1)p−1 + (X + 1)p−2 + . . . + 1) = (X + 1)p − 1 p−1 p−2 p p = X p + p−1 X + p−2 X + . . . + p1 X, also gp = X p−1 + p p−1 p−2 X + ... + p 1 . Da p | pi für i = 1, . . . , p − 1 und p2 - p1 , ist gp ein Eisenstein-Polynom. Damit ist gp irreduzibel und folglich ist auch fp irreduzibel in Z[X]. Satz 1.62 (Gauß). Sei R ein Integritätsring, U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit 0R 6∈ U und X1 , . . . , Xn Unbestimmte. Dann gilt mit R0 := U −1 R: (1) Sei f ∈ R[X1 , . . . , Xn ] ein nicht konstantes Polynom. Wenn f Primelement in R[X1 , . . . , Xn ] ist, so ist f auch Primelement in R0 [X1 , . . . , Xn ]. (2) Ist R faktoriell, so auch R0 [X1 , . . . , Xn ]. Jedes nichtkonstante Polynom aus R[X1 , . . . , Xn ], das in R[X1 , . . . , Xn ] irreduzibel ist, ist auch in R0 [X1 , . . . , Xn ] irreduzibel. Beweis. Wir setzen S := R[X1 , . . . , Xn ] und T := R0 [X1 , . . . , Xn ]. Zunächst ist klar, dass S ebenfalls Integritätsring ist, s. Folgerung LA B10. Da R Unterring von S ist, ist U auch Unterhalbgruppe von (S; ·). Weil R und S Integritätsringe sind, besteht U nur aus Nichtnullteilern von R bzw. von S. 0 S −1 Daher sind die Ringhomomorphismen ϕR S =: S 0 U : R → R und ϕU : S → U Monomorphismen (s. Satz B.22(2)) und wir können daher R vermöge ϕR U als 0 S 0 Unterring von R und S vermöge ϕU als Unterring von S auffassen. Gleichzeitig ist R0 Unterring von T . Nach Übungsaufgabe 15a induziert die Einbettung R ⊆ R0 einen (eindeutig bestimmten) Ringhomomorphismus Φ : S → T , der die Einbettung R ⊆ R0 fortsetzt und für den Φ(Xi ) = Xi , i = 1, . . . , n, gilt. Da Φ(U ) ⊆ (R0 )∗ ⊆ T ∗ , induziert Φ einen (eindeutig bestimmten) Ringhomomorphismus Ψ : S 0 → T mit P m ri f i Ψ|S = Φ. Für u ∈ U und f ∈ S gilt demzufolge Ψ u = i=0 u X , wenn Pm f = i=0 ri X i . Man bestätigt sofort, dass Ψ bijektiv, also Isomorphismus ist. Pm i r X i 0 Daher identifiziert man S und T vermöge Ψ, d. h. man identifiziert i=0u ∈ S0 Pm mit i=0 rui X i ∈ T . 38 KAPITEL 1. RINGE, IDEALE, MODULN Ist nun f ∈ S nicht konstant, so folgt aus der Gültigkeit des Gradsatzes (s. Folgerung LA B10), dass U ∩ f S = U ∩ R ∩ f S = U ∩ {0} = ∅ (man beachte, dass U ⊂ R, also U = U ∩ R). Ist f nun Primelement von S, so ist f nach Satz 1.56(1) Primelement von S 0 = T und (1) ist gezeigt. Ist R faktoriell, so auch R0 , s. Satz 1.56(3). Nach Satz 1.54 ist dann auch T faktoriell. Der Rest folgt aus (1), Folgerung 1.63. Sei R ein Integritätsring. Ist f ∈ R[X] Primelement und gilt grad f > 0, so ist f in Q(R)[X] irreduzibel. Beispiele 1.64. Die Polynome X 3 −2, X 5 −24, X p−1 +X p−2 +. . .+1, p Primzahl, sind irreduzibel in Q[X]. Kapitel 2 Grundlagen der kommutativen Algebra Alle hier betrachteten Ringe sind - wenn nicht ausdrücklich anders gesagt - kommutativ und besitzen ein vom Nullelement verschiedenes Einselement. 2.1 Vorbemerkungen Das Spektrum Spek R eines Ringes R ist definitionsgemäß die Menge seiner Primideale. Mit der Zariski-Topologie ist Spek R ein topologischer Raum, s. Übungsaufgabe 14. Nach Lemma LA 3.12(2) und Satz LA 3.19(2) gibt es für jedes Ideal I 6= R von R ein maximales Ideal m von R mit I ⊆ m. Insbesondere besitzt R damit maximale Ideale. Nach Übungsaufgabe 7a ist jedes maximale Ideal von R Primideal. Damit besitzt Spek R bzgl. ⊆ maximale Elemente (nämlich genau die maximalen Ideale von R). Ihre Menge bezeichnent man daher mitunter mit max Spek R. Ist allgemeiner I ein Ideal von R, so schreibt man entsprechend max VR (I) für die Menge der maximalen Ideale von R, die I enthalten, d. h. max VR (I) = VR (I) ∩ max Spek R. max VR (I) ist damit die Menge der bzgl. ⊆ maximalen Elemente von VR (I). Wenn I 6= R (d. h. VR (I) 6= ∅), so ist max VR (I) nicht leer. Generell bezeichnen wir für eine beliebige Teilmenge X von Spek R (R ein Ring) mit max X bzw. min X die Menge der bzgl. ⊆ maximalen bzw. minimalen Elemente von X. Nach Übungsaufgabe 14c induziert jeder Ringhomomorphismus f : R → S durch Übergang zu Urbildern eine bzgl. der Zariski-Topologie stetige Abbildung f ∗ : Spek S → Spek R. Wir betrachten die beiden folgenden wichtigen Spezialfälle: (A) I Ideal von R mit I 6= R, S := R/I und π : R → S der kanonische Epimor39 40 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA phismus. (B) U ist Unterhalbgruppe von (R; ·) mit 0R 6∈ U , S := U −1 R und f := ϕU , s. Satz B.22(2). In Fall (A) haben wir: Lemma 2.1. Sei I Ideal eines Ringes R mit I 6= R. Ist π : R → R/I der kanonische Epimorphismus, so ist π ∗ : Spek R/I → Spek R injektiv mit Bild ϕ∗ = VR (I). π ∗ induziert einen inklusionserhaltenden Homöomorphismus Spek R/I → VR (I). Beweis. Nach Satz LA 3.19(2) ist π ∗ injektiv mit Bild ϕ∗ ⊆ VR (I). Da für ein Ideal P von R mit I ⊆ P gilt (R/I)/(P/I) ∼ = R/P (zweiter Isomorphiesatz, s. Folgerung 1.3(2)), ist P/I nach Übungsaufgabe 6c genau dann Primideal von R/I, wenn P Primideal von R ist. Sei P ∈ VR (I). Da somit P/I ∈ Spek R/I und π ∗ (P/I) = P , gilt Bild ϕ∗ = VR (I). Sicher ist die daher durch π ∗ induzierte Abbildung σ : Spek R/I → Bild π ∗ = VR (I) stetig und wegen der Injektivität von π ∗ bijektiv. Da für eine beliebige Teilmenge J von R offensichtlich gilt ¯ = VR (I) ∩ DR (J), wenn J¯ := {x + I | x ∈ J} ⊆ R/I, ist auch σ −1 π ∗ (DR/I (J)) stetig und damit ist π ∗ Homöomorphismus, In Übungsaufgabe 16b wurde gezeigt, dass im Fall (B) gilt: ϕ∗U ist injektiv mit Bild ϕ∗U = {P | P ∈ Spek R, U ∩ P = ∅} und dass ϕ∗U einen inklusionserhaltenden Homöomorphismus Spek U −1 R → {P | P ∈ Spek R, U ∩ P = ∅} induziert. Dies wollen wir etwas genauer untersuchen: Lemma 2.2. Sei R ein Ring, U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit 0R 6∈ U und I Ideal von R mit I 6= R sowie U ∩ I = ∅. Dann gilt mit R0 := U −1 R: (1) Die Menge {J | J Ideal von R, I ⊆ J, U ∩ J = ∅} besitzt maximale Elemente. (2) Jedes Ideal J von R mit I ⊆ J, das maximal ist mit U ∩ J = ∅, ist Primideal von R. 2.1. VORBEMERKUNGEN 41 (3) Die Mengen {P ∈ VR (I) | P maximal mit U ∩ P = ∅} und {J | J Ideal von R, I ⊆ J, J maximal mit U ∩ J = ∅} stimmen überein. (4) ϕ∗U induziert eine Bijektion max VU −1 R (I(U −1 R)) → {P | P ∈ VR (I), P maximal mit U ∩ P = ∅} , und damit insbesondere eine Bijektion max Spek U −1 R → {P | P ∈ Spek R, P maximal mit U ∩ P = ∅} . Beweis. Sei Ū := {u + I | u ∈ U } ⊆ R/I. Ū ist offensichtlich Unterhalbgruppe von (R/I; ·) mit 0R/I = I 6∈ Ū (letzteres wegen U ∩ I = ∅) und für ein Ideal J von R mit I ⊆ J gilt U ∩ J = ∅ genau dann, wenn (J/I) ∩ Ū = ∅. Daher folgt (1) aus Lemma LA 3.12(1) zusammen mit Satz LA 3.19(2). Wir setzen nun R0 := U −1 R. Nach Folgerung B.25 hat jedes Ideal J von R0 die 0 Gestalt J = JR0 mit J := ϕ−1 U (J ). Dabei gilt IR ⊆ J genau dann, wenn I ⊆ J. Nach Bemerkung B.23.3 gilt außerdem J 6= R0 genau dann, wenn J ∩ U = ∅. Sei nun J ein Ideal von R mit I ⊆ J, das maximal ist mit U ∩J = ∅. Dann ist JR0 maximales Ideal von R0 und folglich Primideal von R0 . Da I ⊆ J ⊆ ϕ−1 (JR0 ), JR0 = ϕ−1 (JR0 )R0 und somit U ∩ ϕ−1 (JR0 ) = ∅, gilt J = ϕ−1 (JR0 ) (wegen der Maximalität von J), also J = ϕ∗U (JR0 ) ∈ Spek R, und (2) ist gezeigt. (3) folgt aus (1) und (2). (4) ergibt sich damit aus der durch ϕ∗U induzierten inklusionserhaltenden Bijektion Spek U −1 R → {P | P ∈ Spek R, U ∩P = ∅} durch Übergang zu den jeweiligen Maximalmengen, Mit N (R) bezeichnen wir die Menge der Nichtnullteiler von R, s. Beispiel B.3.1. Nach Übungsaufgabe 2c ist N (R) (saturiertes) Untermonoid von (R; ·) mit R∗ ⊆ N (R) und 0R 6∈ N (R), s. auch Beispiel B.3.1. In Beispiel B.3.1. haben wir dann den vollen Quotientenring Q(R) := N (R)−1 R von R eingeführt. Dabei sind offenbar folgende Bedingungen äquivalent: (i) R ist Integritätsring (ii) N (R) = R \ {0R } 42 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA (iii) Q(R) ist ein Körper. In diesem Fall nennt man Q(R) Quotientenkörper von R. In Übungsaufgabe 21 haben wir allgemeiner Nichtnullteiler von R in Bezug auf einen R-Modul M definiert und gezeigt, dass deren Menge NR (M ) ein Untermonoid von (R; ·) bildet (das übrigens auch saturiert ist, wie man sofort erkennt) mit 0R 6∈ NR (M ), wenn M 6= 0. Wenn M 6= 0, so setzt man QR (M ) := NR (M )−1 M . QR (M ) ist ein NR (M )−1 R-Modul und heißt voller R-Quotientenmodul von M . Hierfür gilt in Verallgemeinerung von Satz B.22(2): Lemma 2.3. Seien R ein Ring, U Unterhalbgruppe von (R; ·) und M 6= 0 ein −1 R-Modul. Dann ist der kanonische R-Homomorphismus ϕM M genau U : M → U dann Monomorphismus, wenn U ⊆ NR (M ). Beweis. Sei U ⊆ NR (M ) und sei m ∈ Kern ϕM U . Dann gibt es ein u ∈ u mit um = 0M . Da u Nichtnullteiler bzgl. M ist, folgt hieraus m = 0M , d. h. ϕM U ist injektiv, also Monomorphismus. Sei umgekehrt ϕM U Monomorphismus und sei u ∈ U . Wenn für m ∈ M gilt um um = 0M , so folgt ϕM U (m) = u = 0U −1 M , also m = 0M . Damit ist u aber Nichtnullteiler bzgl. M , d. h. u ∈ NR (M ), und es folgt U ⊆ NR (M ), Wir bemerken, dass ϕM U Monomorphismus sein kann, ohne dass ϕU es ist. Es lassen sich leicht Beispiele konstruieren für U ⊆ NR (M ), aber U 6⊆ N (R) (und umgekehrt). 2.2 Assoziierte Primideale Sei R ein Ring. Für ein Primideal P von R ist R \ P saturiertes Untermonoid von (R; ·) mit R∗ ⊆ R \ P . Wir setzen (s. Beispiel B.3.7) RP := (R \ P )−1 R und entsprechend MP := (R \ P )−1 M für einen R-Modul M . Man nennt RP bzw. MP Lokalisierung von R bzw. M an P . Nach Lemma 2.2 gilt Spek RP = {QRP | Q ∈ Spek R, Q ⊆ P } . Demzufolge besitzt RP genau ein maximales Ideal, nämlich P RP . Laut Konstruktion ist RP für jedes Primideal P von R ein vom Nullring verschiedener Ring. Daher definiert man allgemeiner: Definition 2.4. Seien R ein Ring und M ein R-Modul. Wir setzen SuppR M := {P | P ∈ Spek R, MP 6= 0} (Support oder Träger von M ) . 2.2. ASSOZIIERTE PRIMIDEALE 43 Offenbar gilt SuppR R = Spek R. S T Ist K eine Kette in Spek R, so ist nicht nur P ∈K P , sondern auch P ∈K P wieder Primideal von R, wie man sofort bestätigt (man beachte dabei, dass K definitionsgemäß nicht leer ist). Damit existiert für jede Kette in Spek R auch ein Infimum in Spek R. Ist allgemeiner I 6= R ein Ideal von R, so besitzt VR (I) nach dem Zornschen Lemma auch minimale Elemente, denn für jede Kette in VR (I) liegt auch deren Infimum trivialerweise in VR (I). Fassen wir zusammen: Lemma 2.5. Seien R ein Ring und I Ideal von R. Dann gilt: (1) Wenn I 6= R, so besitzt VR (I) bzgl. ⊆ minimale Elemente. (2) Für jedes P ∈ VR (I) gibt es ein minimales P0 ∈ VR (I), so dass P0 ⊆ P . Beweis. (1) ergibt sich aus obigen Vorbemerkungen und (2) folgt hieraus durch Übergang zu RP , P RP und IRP . Denn wegen P RP ∈ VRP (IRP ) findet man ein minimales P0 ∈ VRP (IRP ) mit P0 ⊆ P RP . Man schreibt P0 = P0 RP mit P0 ∈ Spek R und erhält I ⊆ P0 ⊆ P , s. Übungsaufgabe 16a(iv). Es ist klar, dass P0 minimal in VR (I) ist, Nun soll der Support eines Moduls genauer untersucht werden. Satz 2.6. Sei R ein Ring. (1) Für jedes Ideal I von R gilt SuppR R/I = VR (I). (2) Für einen R-Modul M gilt genau dann SuppR M 6= ∅, wenn M 6= 0. (3) Ist 0 → M 0 → M → M 00 → 0 kurze exakte Folge von R-Moduln, so gilt SuppR M = SuppR M 0 ∪ SuppR M 00 . (4) Für jede Unterhalbgruppe U von (R; ·) und jeden R-Modul M gilt SuppU −1 R U −1 M = {P (U −1 R) | P ∈ SuppR M, U ∩ P = ∅} . (5) Für jedes P ∈ SuppR M gilt VR (P ) ⊆ SuppR M . (6) Für jeden R-Modul M gilt SuppR M ⊆ VR (AnnR M ) mit Gleichheit, wenn M endlich erzeugt ist. Insbesondere ist SuppR M für einen endlich erzeugten R-Modul M bzgl. der Zariski-Topologie abgeschlossen in Spek R. (7) Ist M endlich erzeugt oder R noethersch, so gibt es für jedes P ∈ SuppR M ein P0 ∈ min SuppR M mit P0 ⊆ P . 44 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA (8) Für jeden noetherschen R-Modul M gilt [ AssR M ⊆ SuppR M = VR (P ) und P ∈AssR M min SuppR M = min AssR M . Beweis. (1) gilt, weil (R/P )P = RP /IRP für P ∈ Spek R (s. Satz B.29(4)) und IRP 6= RP genau dann, wenn I ⊆ P , d. h. wenn P ∈ VR (I) (s. Bemerkung B.23.3). (2) Wenn M = 0, so gilt auch MP = 0 für alle P ∈ Spek R, also SuppR M = ∅. Sei M 6= 0. Wähle m ∈ M \ {0M }. Nach Übungsaufgabe 3c haben wir mit I := AnnR m einen Monomorphismus R/I → M . Da wegen m 6= 0R gilt I 6= R, folgt aus (1) und (3) ∅= 6 VR (I) = SuppR R/I ⊆ SuppR M , also SuppR M 6= ∅. (3) Nach Folgerung B.30 haben wir für P ∈ Spek R eine kurze exakte Folge von RP -Moduln 0 → (M 0 )P → MP → (M 00 )P → 0. Daher gilt MP 6= 0 genau dann, wenn (M 0 )P 6= 0 oder (M 00 )P 6= 0, d. h. P ∈ SuppR M genau dann, wenn P ∈ SuppR M 0 ∪ SuppR M 00 . (4) Sei R0 := U −1 R und M 0 := U −1 M . Ist P ∈ Spek R mit U ∩ P = ∅, so gilt U · (R \ P ) = R \ P und wir erhalten (M 0 )P R0 ∼ = MP , s. Folgerung B.20, d. h. 0 0 P R ∈ SuppR0 M genau dann, wenn P ∈ SuppR M und U ∩ P = ∅. (5) Sei P ∈ SuppR M und P 0 ∈ VR (P ). Setzen wir im Beweis von (4) U := R \ P 0 , so haben wir MP 0 )P RP 0 ∼ = MP 6= 0, also MP 0 6= 0 und damit P 0 ∈ SuppR M . Folglich gilt VR (P ) ⊆ SuppR M . (6) Sei P ∈ SuppR M . Da MP 6= 0, gibt es ein m ∈ M und ein u ∈ R \ P 6= 0MP . Somit gilt vm 6= 0M für alle v ∈ R \ P , d. h. AnnR m ⊆ P . mit m u Wegen AnnR M ⊆ AnnR m folgt hieraus P ∈ VR (AnnR M ) und wir haben SuppR M ⊆ VR (AnnR M ). Sei nun M endlich erzeugt, sagen wir M = (m1 , . . . , ms )R. Dann gilt nach Übungsaufgabe 12 (s. die dortige Bemerkung 2) und nach (1) sowie (3) zusammen mit Übungsaufgabe 3c VR (AnnR M ) = VR s \ AnnR mi = i=1 = s [ s [ VR (AnnR mi ) i=1 SuppR (R/AnnR mi ) = i=1 ⊆ SuppR M , s [ i=1 SuppR (mi R) 2.2. ASSOZIIERTE PRIMIDEALE 45 also SuppR M = VR (AnnR M ). (7) Ist M endlich erzeugt, so folgt die Aussage aus (6) und Lemma 2.5(2). Ist R noethersch, so ergibt sich die Aussage aus Folgerung 2.38. (8) Sei (Q1 , . . . , Qn ) Primärzerlegung von 0 in M . S Sei P ∈ Spek R mit P 6∈ p∈AssR M VR (p). Für i = 1, . . . , n gilt dann (Qi )P = MP nach Lemma B.28(3) und aus Satz B.31(4) folgt daher 0 = (Q1 ∩ . . . ∩ Qn )P = (Q1 )P ∩ . . . ∩ (Qn )P = MP , d. h. P 6∈ SuppR M . Sei nun p ∈ AssR M und o. B. d. A. sei Q1 p-primärer R-Untermodul von M . Angenommen, p 6∈ SuppR M , d. h. Mp = 0. Wähle dann m ∈ M \ Q1 . Dann gibt es ein x ∈ R \ p mit xm = 0M ∈ Q1 , Widerspruch. Folglich gilt pS∈ SuppR M , d. h. wir haben AssR M ⊆ SuppR MS. Aus (5) ergibt sich hiermit p∈AssR M VR (p) ⊆ SuppR M , also SuppR M = p∈AssR M VR (p). Der Rest ist damit klar, Satz 2.7. Sei R ein Ring und M noetherscher R-Modul. Für P ∈ Spek R sind folgende Bedingungen äquivalent: (i) P ∈ AssR M (ii) Es gibt einen R-Monomorphismus R/P → M (iii) Es gibt ein m ∈ M mit AnnR m = P Dabei gilt die Äquivalenz von (ii) und (iii) auch ohne die Voraussetzung ”M noethersch”. Beweis. Für M = 0 ist nichts zu zeigen. Sei also M 6= 0 und sei f : R/P → M Monomorphismus. Wenn m := f (1R + P ) ∈ M , so gilt f = ϕm (mit den Bezeichnungen von Übungsaufgabe 3) und folglich P = AnnR m. Ist umgekehrt m ∈ M mit AnnR m = P , so gibt es nach Übungsaufgabe 3c einen Monomorphismus R/P → M (nämlich ϕm ). Damit sind (ii) und (iii) äquivalent (und zwar ohne die Voraussetzung ”M noethersch”). Sei nun M noethersch und sei (Q1 , . . . , Qs ) Primärzerlegung von 0 in M . Dabei sei Qi für i = 1, . . . , s Pi -primär mit Pi ∈ Spek R. (i) ⇒ (iii): O. B. d. A. sei Q1 P -primär. Außerdem dürfen wir nach Satz 1.11(1) o. B. d. A. annehmen, dass Q1 maximal ist unter allen P -primären R-Untermoduln Q von M mit 0 = Q ∩ Q2 ∩ . . . ∩ Qs . Nach Übungsaufgabe 25a gilt Q1 ( Q1 :M P , 46 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA so dass N := (Q1 :M P ) ∩ Q2 ∩ . . . ∩ Qs 6= 0. Da für x ∈ R nach Lemma A.4(2f) und Lemma 1.20(1), (2) gilt 0 :N hxi = N ∩ (0 :M hxi) = (Q1 :M P ) ∩ Q2 ∩ . . . ∩ Qs ∩ ∩(Q1 :M hxi) ∩ (Q2 :M hxi) ∩ . . . ∩ (Qs :M hxi) = (Q1 :M P ) ∩ (Q1 :M hxi) ∩ ∩Q2 ∩ . . . ∩ Qs ( (Q1 :M P ) ∩ Q2 ∩ . . . ∩ Qs = N wenn x ∈ P = Q1 ∩ Q2 ∩ . . . ∩ Qs = 0 wenn x 6∈ P , ist 0 P -primärer R-Untermodul von N , so dass P ∈ AssR N ⊆ SuppR N (s. Satz 2.6(7)), d. h. NP 6= 0. Somit gibt es ein m ∈ N mit AnnR m ⊆ P . Da P N = 0 und folglich P m = 0, gilt P ⊆ AnnR m, also AnnR m = P . (iii) ⇒ (i): O. B. d. A. gelte P ⊆ P1 ∩ . . . ∩ Pt =: I und P 6⊆ Pj für alle j = t + 1, . . . , s, wobei t ∈ N, t ≤ s. Nach Lemma A.4(1f), (2f) gilt m ∈ 0 :M P = (Q1 :M P ) ∩ . . . ∩ (Qs :M P ) ⊆ (Q1 :M hIi) ∩ . . . ∩ (Qs :M hIi) = 0 :M hIi, denn nach Übungsaufgabe 25a gilt Qi :M hIi = M für i = 1, . . . , t und Qj :M hIi = Qj = Qj :M P für j = t + 1, . . . , s (man beachte, dass nach Satz 1.16(1) I 6⊆ Pj für alle j = t + 1, . . . , s). Für jedes x ∈ I gibt es daher ein n ∈ N+ mit xn m = 0M , so dass xn ∈ AnnR m = P und damit x ∈ P . Hieraus folgt I ⊆ P und daher gilt t ≥ 1 sowie Pj ⊆ P für ein j ∈ {1, . . . , t} nach Satz 1.16(1), also P = Pj ∈ AssR M , Dieses Resultat gibt Anlass zu nachfolgender Verallgemeinerung des Assoziiertheisbegriffs von Primidealen. Damit lassen sich auch einige der obigen Aussagen verallgemeinern. Definition 2.8. Seien R ein Ring und M ein R-Modul. Ein Primideal P von R heißt zu M assoziiert, wenn es einen R-Monomorphismus R/P → M gibt. Damit setzen wir AssR M := {P | P ∈ Spek R, P zu M assoziiert} . Bemerkungen 2.9. Seien R ein Ring und M ein R-Modul. 1. Nach Satz 2.7 stimmt Definiton 2.8 für noethersches M mit Definition 1.24(a) überein. 2. Offenbar gilt AssR M = {P ∈ Spek R | P = AnnR m für ein m ∈ M }. 3. Sei R ein Ring und Q ein P -primäres Ideal von R, wobei P ∈ Spek R. Da Q ⊆ AnnR (r + Q) ⊆ P für jedes r ∈ R \ Q, gilt AssR R/Q ⊆ {P }, 2.2. ASSOZIIERTE PRIMIDEALE 47 insbesondere also AssR R/P = {P }, denn wegen AnnR (1R + P ) = P ist P ∈ AssR R/P . Da (Q) Primärzerlegung von Q in R ist, gilt AssR R/Q = {P }, wenn R noethersch ist, s. Satz 2.6(1) und (8). Ist R nicht noethersch, so ist das i. a. falsch, wie folgendes Beispiel zeigt: Sei K ein Körper. Wir setzen R := K[X1 , X2 , . . .] (X1 , X2 , . . . Unbestimmte), P := (X1 , X2 , . . .)R und Q := (X12 , X23 , . . .)R. Aus Übungsaufgabe 13b ergibt sich, dass P ∈ max Spek R und nach Übungsaufgabe 7b ist Q P primäres Ideal von R. Man erkennt aber sofort, dass AssR R/Q = ∅. 4. AssR R = {0} für jeden Integritätsring R. 5. Sei M ein R-Modul. Dann gilt AnnR M ⊆ P für alle P ∈ AssR M . Ist nämlich P ∈ AssR M , so gibt es ein m ∈ M mit AnnR m = P . Da aber AnnR M ⊆ AnnR m, folgt die Behauptung. Satz 2.10. Sei R ein Ring. (1) Für jeden R-Modul M gilt AssR M ⊆ SuppR M . (2) Ist 0 → M 0 → M → M 00 → 0 kurze exakte Folge von R-Moduln, so gilt AssR M 0 ⊆ AssR M ⊆ AssR M 0 ∪ AssR M 00 . (3) Wenn R noethersch ist, so gilt für jeden R-Modul M SuppR M = [ VR (P ) und min SuppR M = min AssR M . P ∈AssR M . (4) Für jeden R-Modul M gilt NR (M ) ⊆ R \ R noethersch ist. S P ∈AssR M P mit Gleichheit, wenn (5) Sei U Untermonoid von (R, ·) und M R-Modul. Dann gilt mit R0 := U −1 R {P R0 | P ∈ AssR M, P ∩ U = ∅} ⊆ AssR0 U −1 M mit Gleichheit, wenn M oder R noethersch ist. Beweis. (1) Sei P ∈ AssR M . Wähle einen R-Monomorphismus f : R/P → M . Dann ist fP : (R/P )P → MP nach Satz B.29(5) RP -Monomorphismus. Da (R/P )P = RP /P RP 6= 0 (s. Satz B.29(4)), gilt P ∈ SuppR M . 48 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA (2) Seien f : M 0 → M und g : M → M 00 die R-Monomorphismen der gegebenen exakten Folge und sei P ∈ AssR M 0 . Dann gibt es einen R-Monomorphismus R/P → M 0 und damit zusammen mit f einen R-Monomorphismus R/P → M , d. h. P ∈ AssR M . Folglich gilt AssR M 0 ⊆ AssR M . Sei nun P ∈ AssR M und nehmen wir an, dass P 6∈ AssR M 00 . Sei ι : R/P → M R-Monomorphismus und h := g ◦ h : R/P → M 00 . Da P 6∈ AssR M 00 , ist h kein Monomorphismus, d. h. Kern h 6= 0. Somit gibt es ein x ∈ R \ P mit h(x + P ) = 0M 00 . Wir bemerken, dass AnnR (x + P ) = P , denn für y ∈ R gilt y(x + P ) = 0R/P = P genau dann, wenn yx ∈ P , und das ist wegen x 6∈ P äquivalent zu y ∈ P . Da g(ι(x + P )) = (g ◦ ι)(x + P ) = h(x + P ) = 0M 00 , gibt es ein m0 ∈ M 0 mit f (m0 ) = ι(x + P ). Da ι und f Monomorphismen sind, gilt AnnR m0 = AnnR (x + P ) = P und damit P ∈ AssR M 0 , s. Bemerkung 2.9.2. S (3) Nach (1) und Satz 2.6(5) gilt P ∈AssR M VR (P ) ⊆ SuppR M . Sei P ∈ SuppR M . Wir müssen noch zeigen, dass es ein P0 ∈ AssR M gibt mit P ∈ VR (P0 ), d. h. mit P0 ⊆ P . Nach Satz 2.6(7) gibt es zunächst ein P0 ∈ min SuppR M mit P0 ⊆ P . Wir zeigen, dass P0 ∈ AssR M . Dazu dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass bereits P ∈ min SuppR M (also P = P0 ). Wegen MP 6= 0 gibt es ein m ∈ M mit I := AnnR m ⊆ P . Nach Übungsaufgabe 3c haben wir dann einen R-Monomorphismus R/I → M , so dass nach Satz 2.6(1) und (3) gilt VR (I) = SuppR R/I ⊆ SuppR M . Wegen P ∈ VR (I) und P ∈ min SuppR M gilt P ∈ min VR (I) = min SuppR R/I. Da R/I noethersch ist, folgt P ∈ min AssR R/I ⊆ AssR R/I nach Satz 2.6(8), so dass P ∈ AssR M nach (2). (4) Sei x ∈ NR (M ) und sei P ∈ AssR M . Wähle einen R-Monomorphismus ι : R/P → M und setze m := ι(1 S R + P ) ∈ M \ {0M }. Da xm 6= 0M , gilt x 6∈ AnnR m = P , also x ∈ R \ P ∈AssR M P . S Sei nun R noethersch und x ∈ R \ P ∈AssR M P . Für m ∈ M gelte xm = 0M , d. h. x ∈ I := AnnR m. Nach Übungsaufgabe 3c gibt es einen RMonomorphismus R/I → M . Angenommen, I 6= R. Da R noethetsch ist, gilt AssR R/I 6= ∅. Wähle P ∈ AssR R/I ⊆ SuppR R/I = VR (I), s. Satz 2.6(1) . Dann gibt es nach Satz 2.6(8) einen Monomorphismus R/P → R/I und damit einen R-Monomorphismus R/P → M , d. h. P ∈ AssR M , Widerspruch, denn x ∈ I ⊆ P . Folglich gilt I = R, d. h. m = 0M und wir haben x ∈ NR (M ). (5) Sei P ∈ AssR M mit P ∩ U = ∅. Nach Lemma B.28(1) (s. auch Übungsaufgabe 16b) gilt P R0 ∈ Spek R0 und laut Definition haben wir einen Monomorphismus R/P → M . Nach Satz B.29(4) und (5) haben wir dann einen Isomorphismus und einen Monomorphismus R0 /P R0 ∼ = U −1 (R/P ) → U −1 M und damit gilt P R0 ∈ AssR0 U −1 M . 2.3. GANZE RINGERWEITERUNGEN 49 Sei nun M oder R noethersch und P ∈ AssR0 U −1 M . Nach Lemma B.28(2) gilt P = P R0 mit P := P ∩ R ∈ Spek R. Weiter gibt es ein µ ∈ U −1 M mit mit m ∈ M , u ∈ U . Dann gilt AnnR0 µ = P R0 . Wir schreiben µ = m u (AnnR m)R0 = AnnR0 µ = P R0 nach Übungsaufgabe 24(b). Aus Übungsaufgabe 19(a) folgt I := AnnR m ⊆ P . Da AnnR M ⊆ I, gibt es nach Übungsaufgabe 24c x1 , . . . , xr ∈ P , so dass P = (x1 , . . . , xr )R + I. Für jedes i = 1, . . . , r gilt xium = uxu i m = 0U −1 M und u daher gibt es ein ti ∈ U mit ti xi m = 0M . Mit t := t1 · . . . · tr ∈ U gilt dann txi m = 0M , i = 1, . . . , r, also P tm = 0 und t 6∈ P . Da für x ∈ R offensichtlich genau dann x ∈ AnnR (tm) gilt, wenn xt ∈ I, also x ∈ I :R t, folgt hieraus: P ⊆ AnnR (tm) = I :R t ⊆ P :R t = P, also AnnR (tm) = P und somit P ∈ AssR M , s. Satz 2.7. Nach Lemma B.28(1) gilt P ∩ U = ∅, Folgerung 2.11. Sei R ein Ring, M ein R-Modul und I ein Ideal von R mit I ⊆ AnnR M . Dann gilt: (1) I ⊆ P für alle P ∈ SuppR M (2) AssR/I M = {P/I | P ∈ AssR M }. Beweis. Wir bemerken, dass M nach Übungsaufgabe 23e in natürlicher Weise ein (R/I)-Modul ist. (1) ergibt sich aus Satz 2.6(6) und Übungsaufgabe 14b, da demnach SuppR M ⊆ VR (AnnR M ) ⊆ VR (I) (letzteres wegen I ⊆ AnnR M ). (2) Sei P ∈ AssR M . Dann gibt es einen Monomorphismus λ : R/P → M . Nach (1) gilt I ⊆ P und folglich P/I ∈ Spek R/I, s. Lemma 2.1. Wegen (R/I)/(P/I) ∼ = R/P (s. Folgerung 1.3(2)), gilt P/I ∈ AssR/I M . Ist umgekehrt P ∈ AssR/I M und gilt P = P/I mit P ∈ VR (I) (s. Lemma 2.1), so gibt es einen (R/I)- und damit R-Monomorphismus (R/I)/P → M . Wegen (R/I)/P ∼ = R/P (s. oben), gilt P ∈ AssR M , 2.3 Ganze Ringerweiterungen Wir wollen nun den Begriff ”algebraisch Köpererweiterung” auf Ringerweiterungen übertragen. Die dabei verwendete Terminologie unterscheidet sich aus historischen Gründen von derjenigen bei Körpererweiterungen. 50 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA Sei R ein kommutativer Ring. Wir erinnern daran, dass eine R-Algebra ein (nicht notwendig kommutativer) Ring S ist, der gleichzeitig R-Modul ist, und für alle r ∈ R und alle s, t ∈ S gilt r(s · t) = (rs) · t = s · (rt) . Daher ist durch r 7→ r1S , r ∈ R, ein R-Homomorphismus ϕ : R → S gegeben mit Bild ϕ ⊆ Z(S). Er heißt Strukturhomomorphismus der R-Algebra S. Sind umgekehrt ein (nicht notwendig kommutativer) Ring S und ein Ringhomomorphismus ϕ : R → S mit Bild ϕ ⊆ Z(S) gegeben, so ist S mit rs := ϕ(r)s, r ∈ R, s ∈ S, eine R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ϕ. Beispielsweise ist ein Ring S Algebra über jedem Unterring R von Z(S). Ist insbesondere R ein Integritätsring, so ist der Quotientenkörper Q(R) von R eine R-Algebra. Allgemeiner ist für eine Unterhalbgruppe U von (R; ·) mit 0R 6∈ U der Quotientenring U −1 R eine R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ϕU , hierzu Satz B.8 bzw. Satz B.22. Obwohl eine ganze Reihe der nachfolgenden Resultate für nicht kommutative Algebren gültig sind, wollen wir nun, unserer eingangs formulierten Annahme folgend, nur kommutative Algebren betrachten. Ist S eine R-Algebra und T eine S-Algebra für einen weiteren Ring T , so ist T demzufolge auch R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ψ◦ϕ, wenn ϕ : R → S bzw. ψ : S → T die jeweiligen Strukturhomomorphismen sind. Ist S eine R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ϕ und ist I Ideal von R, so schreibt man kurz IS für das von ϕ(I) in S erzeugte Ideal von S. (Im nicht kommutativen Fall ist dies wegen ϕ(I) ⊆ ϕ(R) ⊆ Z(S) ein zweiseitiges Ideal von S.) Sei J Ideal von S mit IS ⊆ J. Nach dem Homomorphiesatz induziert ϕ einen Ringhomomorphismus ϕ̄ : R/I → S/J, der für r ∈ R durch ϕ̄(r + I) := ϕ(r) + J definiert ist. Damit ist S/J eine R/I-Algebra (aber natürlich auch eine R-Algebra, s. oben). Eine R-Algebra S heißt endlich erzeugt, wenn es x1 , . . . , xn ∈ S gibt mit S = R[x1 , . . . , xn ] := R0 [x1 , . . . , xn ]. Sie heißt endlich, wenn S als R-Modul endlich erzeugt ist. S heißt freie R-Algebra, wenn S als R-Modul frei ist. Offenbar ist jede endliche R-Algebra endlich erzeugte R-Algebra. Hierfür gilt nun: Satz 2.12. Seien R, S, T Ringe, wobei S eine R-Algebra und T eine S-Algebra ist, letztere mit Strukturhomomorphismus ψ : S → T . (1) Wenn S = R[X] mit X ⊆ S und T = S[Y ] mit Y ⊆ T , so gilt T = (R[X])[Y ] = R[X0 ∪ Y ], wenn X0 := ψ(X) ⊆ T . Ist S endlich erzeugte R-Algebra und T endlich erzeugte S-Algebra, so ist T endlich erzeugte R-Algebra. 2.3. GANZE RINGERWEITERUNGEN 51 (2) Ist E ⊆ S Erzeugendensystem von S als R-Modul und F ⊆ T Erzeugendensystem von T als S-Modul, so ist EF := {ef | e ∈ E, f ∈ F } ⊆ T Erzeugendensystem von T als R-Modul. Ist S endliche R-Algebra und T endliche S-Algebra, so ist T endliche RAlgebra. (3) Ist S freie R-Algebra mit Basis E ⊆ S und T freie S-Algebra mit Basis F ⊆ T , so ist T freie R-Algebra mit Basis EF und es gilt rangR T = rangR S · rangS T . Beweis. (1) ist klar. (2) Sei yP∈ T . Dann gibt es n ∈ N, f1 , . . . , fn ∈ F und s1 , . . . , sn ∈ S mit n gibt es weiter mi ∈ N, ei1 , . . . , eimi ∈ E y = ni=1 si fi . Für jedes i = 1, . . . ,P i und ri1 , . . . , rimi ∈ R, so dass si = m j=1 rij eij . Damit folgt y= mi n X X rij eij fi ∈ REF i=1 j=1 und damit ist EF Erzeugendensystem von T als R-Modul. (3) Nach (2) ist nur noch zu zeigen, dass EF über R linear unabhängig ist und dass #EF = #E · #F . Hierzu zeigen wir zunächst, dass die durch λ(e, f ) := ef für alle (e, f ) ∈ E×F definierte Abbildung λ : E × F → EF bijektiv ist. Dann gilt insbesondere #EF = #E · #F . Es ist klar, dass λ surjektiv ist. Seien nun (e1 , f1 ), (e2 , f2 ) ∈ E × F mit λ(e1 , f1 ) = λ(e2 , f2 ), d. h. mit e1 f1 = e2 f2 . Angenommen, f1 6= f2 . Da e1 f1 + (−e2 )f2 = 0S , folgt aus der linearen Unabhängigkeit von F über S, dass e1 = −e2 = 0S , Widerspruch. Folglich gilt f1 = f2 und somit (e1 −e2 )f1 = 0T . Wiederum wegen der linearen Unabhängigkeit von F über S erhalten wir hieraus e1 − e2 = 0R , d. h. e1 = e2 und folglich (e1 , f1 ) = (e2 , f2 ). Damit ist λ injektiv, also bijektiv wie behauptet. P Sei nun x∈EF rx x = 0S mit rx ∈ R, rx = 0R für fast alle x ∈ EF . Dann gilt mit dem soeben Gezeigten: ! X X X X ref e f = ref ef = rx x = 0 f ∈F e∈E (e,f )∈E×F x∈E·F und hieraus folgt wegen der linearen Unabhängigkeit von F über S X ref e = 0S für alle f ∈ F. e∈E 52 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA Wegen der linearen Unabhängigkeit von E über R ergibt dies ref = 0T für alle e ∈ E, f ∈ F , d. h. wir haben rx = 0R für alle x ∈ EF . EF ist daher linear unabhängig und folglich Basis von S als R-Modul, Definition 2.13. Seien R ein Ring und S eine R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ϕ : R → S. (a) x ∈ S heißt ganz über R, wenn es ein Polynom f ∈ R[T ], T Unbestimmte, gibt mit lk f = 1R und f (x) = 0S . (b) S heißt ganze oder normale R-Algebra (oder auch ganz bzw. normal über R), wenn jedes Element von S ganz über R ist. (c) Die Menge A ⊆ S der über R ganzen Elemente von S heißt ganzer oder normaler Abschluß von R in S. (d) R heißt ganz abgeschlossen oder normal in S, wenn Bildϕ der ganze Abschluß von R in S ist. (e) Ein Integritätsring heißt ganz abgeschlossen oder normal, wenn er in seinem Quotientenkörper ganz abgeschlossen ist. Bemerkungen 2.14. Mit obigen Bezeichnungen setzen wir R0 := Bild ϕ ⊆ Z(S) ⊆ S. Dann ist S|R0 eine Ringerweiterung und S ist R0 -Algebra, wobei der entsprechende Strukturhomomorphismus die Einbettung R0 ⊆ S ist. Damit haben wir: 1. Ein Element x ∈ S ist ganz über R genau dann, wenn x ganz ist über R0 . Daher kann man sich bei Ganzheitsuntersuchungen in den meisten Fällen auf Ringerweiterungen S|R, beschränken (wobei für nicht kommutatives S allerdings R ⊆ Z(S) gelten muss). In diesen Fällen nennt man S|R dann entsprechend ganze oder normale Ringerweiterung. 2. Sei S Integritätsring und R Unterring von S. Ist x ∈ S ganz über R, so ist x, aufgefasst als Element des Quotientenkörpers Q(S) von S, algebraisch über Q(R). (Man beachte, dass Q(S)|Q(R) Körpererweiterung ist.) Die Umkehrung hiervon gilt, wenn R ein Körper ist. 3. Ist x ∈ S ganz über R, so ist x ganz über jeder R-Unteralgebra von S. Insbesondere ist R ganz über sich selbst. Allgemeiner ist jedes epimorphe Bild von R ganz über R. 2.3. GANZE RINGERWEITERUNGEN 53 4. Sei I Ideal von R und J Ideal von S mit IS ⊆ J. Ist x ∈ S ganz über R, so ist x + J ganz über R/I, wie man sofort durch Übergang zu den jeweiligen Restklassen erkennt. Ist z. B. S ganz über R, so ist S/J ganz über R/I. 5. Ist A die Menge der über R ganzen Elemente von S, so gilt R0 ⊆ A ⊆ S. Unten werden wir zeigen (s. Satz 2.17(3a)), dass A sogar eine R-Unteralgebra von S ist. 6. Sei x ∈ S ganz über R. Ein Polynom f ∈ R[T ], T Unbestimmte, mit lk f = 1R und f (x) = 0S nennt man mitunter Minimalpolynom von x über R, wenn grad f ≤ grad g für alle g ∈ R[T ] mit lk g = 1R und g(x) = 0S . Ist f ein Minimalpolynom von x über R und ist h ∈ R[T ] mit h(x) = 0S , so kann man h mit Rest durch f dividieren, d. h. man bestimmt q, r ∈ R[T ] mit h = qf + r und grad r < grad f . Da r(x) = h(x) − q(x)f (x) = 0S , gilt lk r 6∈ R∗ . Ist : R[T ] → S der Einsetzungshomomorphismus mit x, so ergibt sich damit: Kern wird erzeugt von f und evtl. weiteren Polynomen vom Grad < gradf , deren Leitkoeffizienten ein echtes Ideal von S erzeugen. Ist S Integritätsring, so sei g ∈ Q(R)[T ] das normierte Minimalpolynom von x (x wird aufgefaßt als Element von Q(S)) über Q(R) ⊆ Q(S). Es ist klar, dass gradg ≤ gradh für alle h ∈ Kern \{0}, insbesondere also gradg ≤ grad f . Dabei gilt hier Gleichheit genau dann, wenn Kern = f R[X]. Satz 2.15. Sei R ein Ring und S eine R-Algebra. Für x ∈ S sind äquivalent: (i) x ist ganz über R (ii) R[x] ist ganze R-Algebra (iii) R[x] ist endliche R-Algebra (iv) Es gibt eine endliche R-Unteralgebra Z von S mit x ∈ Z (v) Es gibt einen endlich erzeugten R-Untermodul N von S, der einen Nichtnullteiler von S enthält, so dass x · N ⊆ N . Beweis. Die Implikationen (iii) ⇒ (iv) ⇒ (v) sind trivial (setze Z = R[x] bzw. N = Z). Ebenso ist (ii) ⇒ (i) trivial. (i) ⇒ (iii): Sei f ∈ R[T ] (T Unbestimmte) normiertes Polynom mit f (x) = 0. Wir schreiben f = T n + g mit n ∈ N+ und g ∈ R[T ], grad g < n. Sei M := (1S , x, . . . , xn−1 )R ⊆ R[x] ⊆ S. Dann gilt xn = −g(x) ∈ M und induktiv über i folgt xn+i ∈ M für alle i ∈ N. Damit gilt aber R[x] ⊆ M , also R[x] = M , d. h. R[x] ist endlich erzeugter R-Modul und damit endliche R-Algebra. 54 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA (v) ⇒ (i): Es gelte N = (y1 , . . . , yn )R, wobei wir o. B. d. A. annehmen, dass y1 Nichtnullteiler von S ist. Da ⊆ N gibt es für i = 1, . . . , n Elemente PxN n ri1 , . . . , rin ∈ R, so dass xyi = j=1 rij yj , d. h. mit A := ((rij ))i,j=1,...,n ∈ Rn,n gilt (A − xEn )(y1 , . . . , yn )T = 0. Die Cramersche Regel liefert daher insbesondere y1 det (A − xEn ) = 0 und damit det (A − xEn ) = 0. Nun gilt aber det (A − xEn ) = (−1)n xn + b1 xn−1 + . . . + bn mit geeigneten b1 , . . . , bn ∈ R, d. h. x ist ganz über R. (iii) ⇒ (ii): Sei y ∈ R[x]. Mit N := R[x] gilt dann yN ⊆ N . Da N den Nichtnullteiler 1S enthält, ist y ganz über R nach der soeben gezeigten Implikation (v) ⇒ (i). Damit ist R[x] ganz über R, Bemerkungen 2.16. Mit diesen Bezeichnungen haben wir: 1. Sei x ∈ S ganz über R. R[x] wird als R-Modul bereits erzeugt von 1S , x, . . . . . . , xn−1 , wenn n := grad f und f ∈ R[T ] ein Polynom ist mit lk f = 1 und f (x) = 0S . Damit gilt µR R[x] ≤ gradf , wenn f ∈ R[T ] ein Minimalpolynom von x ist (s. Bemerkung 2.14.6). Aus dem Beweis von Satz 2.15 (v) ⇒ (i) (setze dort N = R[x]) ergibt sich sogar, dass es ein Polynom h ∈ R[T ] gibt mit grad h = µR R[x], lk h = 1R und h(x) = 0S . Damit gilt grad f = µR R[x] für jedes Minimalpolynom f ∈ R[T ] von x. 2. Angenommen, es gilt in (v) sogar xN ⊆ IN für ein Ideal I von R. Da in diesem Fall die Elemente rij , i, j = 1, . . . , n im Beweis der Implikation (v) ⇒ (i) in I gewählt werden können und die dann konstruierten Elemente bi bis aufs Vorzeichen Summe der (i, i)-Hauptminoren von A sind, gilt in diesem Fall sogar bi ∈ I i , i = 1, . . . , n. Satz 2.17. Sei R ein Ring und S eine R-Algebra. (1) Sei S endlich erzeugte R-Algebra, sagen wir S = R[x1 , . . . , xn ] mit x1 , . . . , xn ∈ S. Dann sind die folgenden Bedingungen äquivalent: (i) S ist ganze R-Algebra (ii) x1 , . . . , xn sind ganz über R (iii) Für i = 1, . . . , n ist xi ganz über R[x1 , . . . , xi−1 ] (iv) S ist endliche R-Algebra. (2) Folgende Bedingungen sind äquivalent: (i) S ist ganze R-Algebra 2.3. GANZE RINGERWEITERUNGEN 55 (ii) Es gibt eine R-Unteralgebra Z von S, so dass S ganze Z-Algebra und Z ganze R-Algebra ist (iii) Für jede R-Unteralgebra Z von S ist S ganze Z-Algebra und Z ganze R-Algebra. Ist also T eine S-Algebra, so ist T genau dann ganz über R, wenn T ganz über S und S ganz über R ist. (3) (a) Der ganze Abschluß von R in S ist eine R-Unteralgebra von S. Man S bezeichnet sie mit R . S S (b) Ist x ∈ S ganz über R , so gilt x ∈ R . (4) Sei S ganze R-Algebra. Ist I Ideal von R, so gibt es für x ∈ IS ein f ∈ R[T ], T Unbestimmte, der Gestalt f = T n + b1 T n−1 + . . . + bn mit n ∈ N+ , bi ∈ I i , i = 1, . . . , n, und f (x) = 0S . Beweis. (1) Die Implikationen (i) ⇒ (ii) ⇒ (iii) sind trivial und die Implikation (iii)⇒ (iv) wird mittels Induktion nach n mit Hilfe von Satz 2.15 (i) ⇒ (iii) und Satz 2.12(2) gezeigt. (iv) ⇒ (i) ergibt sich aus Satz 2.15 (iv) ⇒ (i). (2) (i) ⇒ (iii): Ist S ganz über R, so ist (trivialerweise) S ganz über Z und Z ganz über R für jede R-Unteralgebra Z von S. (iii) ⇒ (ii) ist trivial. (ii) ⇒ (i): Sei Z R-Unteralgebra von S, so dass S ganz über Z und Z ganz über R ist, und sei x ∈ S. f ∈ Z[T ] (T Ubestimmte) sei Minimalpolynom von x über Z, sagen wir f = T m + b1 T m−1 + . . . + bm mit b1 , . . . , bm ∈ Z. x ist dann ganz über B := R[b1 , . . . , bm ] ⊆ Z, da f ∈ B[T ]. Nach (1) ist B endliche R-Algebra und B[x] endliche B-Algebra. Folglich ist B[x] endliche R-Algebra nach Satz 2.12(2). Da B[x] = R[b1 , . . . , bm , x] endlich erzeugte R-Algebra ist, ist x nach (1) ganz über R. S ist somit ganze R-Algebra. S S (3) Sicher gilt R0 ⊆ R ⊆ S. Seien x, y ∈ R , r ∈ R. Nach (1) ist R[x, y] ganz über R und damit sind x − y, xy, ry ∈ R[x, y] ganz über R. Daher gilt S S x − y, xy, ry ∈ R und folglich ist R R-Unteralgebra von S. S S Sei x ∈ S ganz über R . Da x ganz ist über R nach (2), gilt x ∈ R . (4) folgt aus Bemerkung 2.16.2, Folgerung 2.18. Sei R ein Ring. Eine R-Algebra ist endlich genau dann, wenn sie endlich erzeugt und ganz über R ist. 56 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA Satz 2.19. Sei S|R eine ganze Ringerweiterung. S ist genau dann ein Körper, wenn R ein Körper und S ein Integritätsring ist Beweis. Sei S Körper und sei x ∈ R, x 6= 0. Da x−1 ∈ S ganz über R ist, gibt es ein f ∈ R[T ], T Unbestimmte, mit lk f = 1R und f (x−1 ) = 0. Wir schreiben f = T n + g mit n := grad f und g ∈ R[T ], grad g < n. Dann gilt y := −xn−1 g(x−1 ) ∈ R[x] = R und wir erhalten xy = −xn g(x−1 ) = xn (x−n − f (x−1 )) = 1S = 1R , d. h. x−1 = y ∈ R. Damit ist R ein Körper. Sei umgekehrt S Integritätsring und R Körper. Sei x ∈ S, x 6= 0. Wir wählen ein Minimalpolynom f ∈ R[T ] von x und schreiben f = hT + a mit h ∈ R[T ] und a ∈ R. Dann gilt grad h = grad f − 1 und lk h = lk f = 1R . Wäre a = 0, so hätten wir xh(x) = f (x) = 0, also h(x) = 0, Widerspruch. Damit gilt a 6= 0 und folglich y := −a−1 h(x) ∈ S. Da xy = x(−a−1 h(x)) = a−1 (a − f (x)) = a−1 a = 1R = 1S , gilt x ∈ S ∗ (mit x−1 = y, d. h. S ist bereits ein Körper, Satz 2.20. Jeder faktorielle Ring ist ganz abgeschlossen. Beweis. Sei R faktorieller Ring und sei α ∈ Q(R) ganz über R. Sei f ∈ R[T ] (T Unbestimmte) Minimalpolynom von α, sagen wir f = T n + r1 T n−1 + . . . + rn−1 T + rn mit r1 , . . . , rn ∈ R. Wir schreiben α = ab mit a, b ∈ R, b 6= 0R und ggT {a, b} = 1R . Mit c := − r1 an−1 + . . . rn−1 abn−2 + rn bn−1 ∈ R gilt dann an − cb = an + r1 ban−1 + . . . + rn bn = bn f (α) = 0R und damit folgt b | an . Wegen ggT {a, b} = 1R ist dies nur möglich, wenn b ∈ R∗ , so dass α ∈ R, Folgerung 2.21. Jeder Hauptidealring ist ganz abgeschlossen, insbesondere ist Z ganz abgeschlossen. Polynomringe über Körpern sind ganz abgeschlossen. Sei R ein Ring und S eine R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ϕ : R → S. Wir wollen nun abschließend das Verhalten über ganzer Elemente von S bei Quotientenbildungen untersuchen. Sei hierzu U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ∩ Kern ϕ = ∅ und V := ϕ(U ) ⊂ S. Nach Übungsaufgabe 36d gilt U −1 S ∼ = V −1 S (als U −1 R-Moduln). Lemma 2.22. Mit diesen Bezeichnungen gilt: (1) Ist x ∈ S ganz über R, so ist x v ∈ V −1 S für alle v ∈ V ganz über U −1 R. (2) Ist xv ∈ V −1 S (x ∈ S, v ∈ V ) ganz über U −1 R, so gibt es ein w ∈ V , so dass wx ganz ist über R. (3) Ist R ganz abgeschlossen in S, so ist U −1 R ganz abgeschlossen in V −1 S. 2.4. LOKALE RINGE 57 Beweis. (1) Sei f ∈ R[T ] (T Unbstimmte) Minimalpolynom von x und sei v ∈ V . ) Wähle u ∈ U mit v = ϕ(u). Mit n := grad f setzen wir g := f (uT ∈ U −1 R[T ]. un x −1 Dann gilt lk g = 1U −1 R und g xv = fv(x) R. n = 0V −1 S , d. h. v ist ganz über U (2) Sei f ∈ U −1 R[T ] Minimalpolynom von xv . Wenn n := grad f , so können wir schreiben f = T n + ug mit g ∈ R[T ], grad g ≤ n − 1, und u ∈ U . ) Dann gibt es ein h ∈ R[T ] mit lk h = 1R , so dass f = h(uvT . Damit folgt un v n h(ux) x aber un vn = f v = 0V −1 S , d. h. es gibt ein v0 ∈ V mit v0 h(ux) = 0R . Wenn h = T n + r1 T n−1 + . . . + rn mit r1 , . . . , rn ∈ R, so setzen wir h̃ := T n + v0 r1 T n−1 + . . . + v0n rn ∈ R[T ]. Mit w := uv0 gilt dann aber h̃(wx) = v0n h(ux) = 0R , d. h. wx ist ganz über R. (3) folgt aus (2), 2.4 Lokale Ringe Sei R ein Ring, M ein R-Modul und P ein Primideal von R. Da P RP das einzige maximale Element in Spek RP und somit das einzige maximale Ideal von RP ist, ist k(P ) := RP /P RP ein Körper. Er heißt Restklassenkörper, manchmal auch nur Restekörper von P . Definition 2.23 (Jacobson-Radikal). Sei R ein Ring. Der Durchschnitt aller maximalen Ideale von R heißt Jacobson-Radikal von R. Wir bezeichnen es mit mR . Es ist klar, dass das Jacobson-Radikal mR eines Ringes R ein Radikalideal von R ist, also ein Ideal von R mit rad mR = mR . Wir bemerken, dass 1R + x ∈ R∗ für alle x ∈ mR , denn 1R + x ist in keinem maximalen Ideal von R enthalten, s. Übungsaufgabe 31c. Lemma 2.24 (Lemma von Krull-Nakayama). Für ein Ideal I eines Ringes R sind die folgenden Aussagen äquivalent: (i) I ⊆ mR (ii) Für jeden endlich erzeugten R-Modul M gilt: Wenn M = IM , so folgt M = 0. Beweis. (i) ⇒ (ii): Sei M ein endlich erzeugter R-Modul, sagen wir, M = (m1 , . . . . . . , mr )R mit m1 , . . . , mr ∈ M und es gelte Pr M = IM . Für i = 1, . . . , r wählen wir dann xij ∈ I, j = 1, . . . , r, mit mi = j=1 xij mj . Sei A := ((xij ))1≤i,j≤r ∈ Rr,r . 58 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA Da dann (Er − A)(m1 , . . . , mr )T = 0, wenn Er ∈ Rr,r die (r, r)-Einheitsmatrix bezeichnet, folgt d := det (Er − A) ∈ AnnR M nach der Cramerschen Regel. Andererseits gilt aber d = 1R − x mit einem geeigneten x ∈ I. Wegen I ⊆ mR , ist d ∈ R∗ und somit gilt AnnR M = R, d. h. M = 0. (ii) ⇒ (i): Angenommen, es gibt ein maximales Ideal m von R mit I 6⊆ m. Da dann R/m = (m+I)/m = I(R/m), hätten wir R/m = 0, also R = m, Widerspruch, Folgerung 2.25. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. U sei ein Untermodul von M , so dass M/U endlich erzeugt ist. Wenn für ein Ideal I von R mit I ⊆ mR gilt M = U + IM , so folgt M = U . Beweis. Es gilt M/U = (U + IM )/U = I(M/U ) und daher folgt M/U = 0, d. h. M = U, Folgerung 2.26. Sei R ein Ring und M ein endlich erzeugter R-Modul. Dann gilt für jedes Ideal I von R SuppR (M/IM ) = SuppR M ∩ VR (I). Beweis. Sei P ∈ Spek R. Nach Satz B.29(4) gilt (M/IM )P = MP /(IM )P = MP /(IRP )MP . Wenn P ∈ SuppR (M/IM ), so folgt MP 6= (IM )P = (IRP )MP und damit MP 6= 0 sowie IRP 6= RP , d. h. P ∈ SuppR M und P ∈ VR (I). Daher gilt SuppR (M/IM ) ⊆ SuppR M ∩ VR (I). Sei P ∈ Spek R mit P 6∈ SuppR (M/IM ). Dann gilt (M/IM )P = 0, also MP = (IM )P = (IRP )MP . Wenn P ∈ VR (I), so gilt IRP ⊆ P RP = mRP und daher folgt aus Lemma 2.24, dass MP = 0, also P 6∈ SuppR M , Sei R ein Ring. Wir erinnern daran, dass wir für einen endlich erzeugten R-Modul M mit µR (M ) die minimale Erzeugendenzahl von M (als R-Modul) bezeichnet hatten, d. h. µR (M ) := min{k ∈ N | es gibt m1 , . . . , mk ∈ M mit M = (m1 , . . . , mk )R}. Ein Erzeugendensystem E von M als R-Modul (kurz: ein R-Erzeugendensystem von M ) heißt minimal, wenn keine echte Teilmenge von E R-Erzeugendensystem von M ist. Es ist klar, dass jedes endliche R-Erzeugendensystem eines R-Moduls M ein minimales R-Erzeugendensystem von M enthält. Ist E beliebiges R-Erzeugendensystem eines endlich erzeugten R-Moduls M und gilt z. B. M = (m1 , . . . , mr )R mit 2.4. LOKALE RINGE 59 m1 , . . . , mr ∈ M , so gibt es für jedes i = 1, . . . , r eine endliche Teilmenge Ei von Sr E, so dass mi ∈ Ei R. Dann ist aber die endliche Teilmenge F := i=1 Ei von E auch R-Erzeugendensystem von M und daher gilt: Jedes R-Erzeugendensystem eines endlich erzeugten R-Moduls M enthält ein minimales R-Erzeugendensystem von M . Insbesondere besitzt ein endlich erzeugter R-Modul M ein minimale RErzeugendensysteme und jedes minimale R-Erzeugendensystem von M ist endlich. Ist I ein Ideal von R, so gilt I ⊆ AnnR (M/IM ). Daher ist M/IM nach Übungsaufgabe 23e in natürlicher Weise auch ein R/I-Modul und E ⊆ M genau dann (minimales) R-Erzeugendensystem von M/IM , wenn Ē := {e + IM | e ∈ E} ⊆ M/IM (minimales) R/I-Erzeugendensystem von M/IM ist. Sei M ein endlich erzeugter R-Modul. Ist E minimales R-Erzeugendensystem von M , so kann man i. a. nicht erwarten, dass µR (M ) = ]E. (Sei z. B. R = M = Z. Dann ist {2, 3} minimales Z-Erzeugendensystem von Z obwohl µZ (Z) = 1.) Später werden wir sehen (s. Satz 2.30), dass dies bei Ringen, die genau ein maximales Ideal besitzen, nicht vorkommen kann. Zunächst haben wir aber: Folgerung 2.27. Sei R ein Ring und M ein endlich erzeugter R-Modul. Mit m := mR und k := R/mR gilt: Eine Teilmenge E von M ist genau dann (minimales) R-Erzeugendensystem von M , wenn die Menge Ē := {e + mM | e ∈ E} ⊆ M/mM (minmales) kErzeugendensystem von M/mM ist (und ]E = ]Ē). Insbesondere gilt µR (M ) = µk (M/mM ). Beweis. Sei f : E → Ē die durch f (e) := e + mM für alle e ∈ E gegebene Abbildung. f ist surjektiv und damit für endliches E genau dann bijektiv, wenn ]E = ]Ē. Ist f nicht bijektiv, so gibt es eine echte Teilmenge F von E, die durch f bijektiv auf Ē abgebildet wird. Allgemein gibt es für jede (echte) Teilmenge Y von Ē eine (echte) Teilmenge X von E, die durch f bijektiv auf Y abgebildet wird. Ist E R-Erzeugendensystem von M , so gilt M/mM = ER/mM = ĒR = Ēk, d. h. Ē ist k-Erzeugendensystem von M/mM (s. oben). Ist umgekehrt Ē k-Erzeugendensystem von M/mM , so gilt M/mM = Ēk = ĒR = (ER + mM )/mM , also M = ER + mM . Aus Folgerung 2.25 ergibt sich dann M = ER, d. h. E ist R-Erzeugendensystem von M . Der Rest ist damit und mit den Ausführungen zu Beginn dieses Beweises klar, Definition 2.28 (Semilokale und lokale Ringe). Ein Ring heißt semilokaler Ring, wenn er noethersch ist und nur endlich viele maximale Ideale besitzt. Er heißt lokaler Ring, wenn er noethersch ist und genau ein maximales Ideal besitzt. 60 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA Bemerkungen 2.29. 1. Läßt man in Definition 2.28 jeweils die Voraussetzung ”noethersch” weg, so spricht man von quasi(semi)lokalen Ringen. 2. In einem quasilokalen Ring R ist das (einzige) maximale Ideal das JacobsonRadikal. Entsprechend bezeichnet man es mit mR . 3. Sei R ein quasilokaler Ring. Der Körper kR := R/mR heißt Restklassenkörper (manchmal auch nur Restekörper) von R. 4. Sei R ein Ring und P ∈ Spek R. Dann ist RP nach obigen Vorbemerkungen quasilokal. Ist R noethersch, so ist RP lokal nach Folgerung B.27. Sei R ein quasilokaler Ring und M ein R-Modul. Dann ist M/mR M in natürlicher Weise ein kR -Vektorraum, s. Übungsaufgabe 23e. Ist M endlich erzeugt, so auch M/mR M , d. h. es gilt rangkR (M/mR M ) < ∞. Aus Folgerung 2.27 und grundlegenden Eigenschaften von Vektorraumbasen ergibt sich dann Satz 2.30. Sei R ein quasilokaler Ring und M ein endlich erzeugter R-Modul. Dann gilt mit m := mR und k := kR : (1) Eine Teilmenge E von M ist R-Erzeugendensystem von M genau dann, wenn Ē := {e + mM | e ∈ E} ⊆ M/mM k-Erzeugendensystem von M/mM ist. (2) Eine Teilmenge E von M ist minimales R-Erzeugendensytem von M genau dann, wenn Ē k-Vektorraumbasis von M/mM ist mit ]E = ]Ē. (3) ]E = µR (M ) für jedes minimale R-Erzeugendensystem E von M . (4) µR (M ) = rangk (M/mM ). Definition 2.31 (Krull-Dimension). Sei R ein Ring, P ein Primideal von R und M 6= 0 ein R-Modul. Wir setzen (a) dimR M := sup{ l(K) | K endliche Kette in SuppR M } ∈ N ∪ {∞} (KrullDimension von M ) (b) dim R := dimR R (c) htR P := dim RP (Krull-Dimension von R). (Höhe von P ). Bemerkungen 2.32. Mit den Bezeichnungen von Definition 2.31 haben wir: 1. Es gilt dim R = dim(Spek R) (als topologischer Raum). 2.4. LOKALE RINGE 61 2. Ist I Ideal von R, so gilt dim R/I = dimR R/I = dim VR (I) (als topologischer Unterraum von Spek R). 3. dim R/P = sup{l(K) | K endliche Kette in Spek R, die in P beginnt}. 4. htR P = sup{l(K) | K endliche Kette in Spek R, die in P endet}. 5. dim R = sup{dim R/Q | Q ∈ min Spek R} (vgl. Lemma 2.5) = sup{ht Q | Q ∈ max Spek R} . 6. dimR M ≤ dim R. 7. dimR M = sup{dim R/P | P ∈ SuppR M }. 8. Ist M endlich erzeugt, so gilt dimR M = dim R/AnnR M , s. Satz 2.6(6). 9. htR P + dim R/P ≤ dim R. 10. Allgemeiner gilt dimRQ MQ + dim R/Q ≤ dimR M für alle Q ∈ SuppR M . 11. dimR N, dimR (M/N ) ≤ dimR M für jeden R-Untermodul N von M . Satz 2.33 (Krullscher Hauptidealsatz). Sei R ein noetherscher Ring und sei x ∈ R. Wenn xR 6= R, so gilt htR P ≤ 1 für alle P ∈ min VR (x). Beweis. Da htR P = dim RP und xRP 6= RP (wegen x ∈ P ), können wir zu RP übergehen und dürfen dann o. B. d. A. annehmen, dass R lokal ist, dass P = mR =: m und dass VR (x) = {m}. Zu zeigen ist dann dim R ≤ 1. Wenn Spek R = {m}, so gilt dim R = 0 und wir sind fertig. Sei also Spek R 6= {m} und sei Q ∈ Spek R, Q 6= m. Da VR (x) = {m}, gilt x 6∈ Q. Für n ∈ N+ setzen wir In := Qn :R hxi ⊆ R und I¯n := (In + xR)/xR ⊆ R/xR. Da Spek (R/xR) = {p/xR | p ∈ VR (x)} = {m/xR}, ist R/xR ein artinscher Ring nach Satz 2.50. Weil I¯1 ⊇ I¯2 ⊇ . . ., gibt es daher ein t ∈ N+ mit I¯t = I¯t+1 = . . . , d. h. It + xR = It+1 + xR = . . . . Hieraus folgt (s. Übungsaufgabe 5 und Lemma A.4(1j)) It = It ∩ (It+1 + xR) = It+1 + (It ∩ xR) = It+1 + x(It :R x) = It+1 + xIt , denn It :R x = (Qt :R hxi) :R x = Qt :R hxi = It , und somit gilt It = It+1 nach Folgerung 2.25. Wegen x 6∈ Q ist 1xR Einheit in RQ . Mit Lemma A.5(2a) gilt daher (QRQ )t = Qt RQ = Qt RQ :RQ h 1xR i = It RQ = It+1 RQ = (QRQ )t+1 = (QRQ )(QRQ )t und Folgerung 2.25 liefert (QRQ )t = 0. Damit gilt Spek RQ = {QRQ }, denn jedes Primideal von RQ enthält eine Potenz des maximalen Ideals QRQ von RQ , stimmt 62 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA also mit QRQ überein. QRQ ist also minimal in Spek RQ und daher ist Q minimal in Spek R nach Übungsaufgabe 16b. Somit ist gezeigt: Jedes von m verschiedene Primideal von R ist minimal in Spek R. Daher gilt dim R = 1, Lemma 2.34. Sei R ein noetherscher Ring, I ein Ideal von R, x1 , . . . , xm ∈ R und P ∈ VR I + (x1 , . . . , xm )R . Dann gibt es für jede mit P endende Kette K ⊆ VR (I) mit < ∞ eine m ≤ l(K) 0 0 ebenfalls mit P endende Kette K ⊆ VR I + (x1 , . . . , xm )R mit l(K ) = l(K) − m. Beweis. Induktiv über m können wir uns auf den Fall m = 1 beschränken. Sei K = {P0 , . . . , Pn } mit P0 ⊂ . . . ⊂ Pn = P , n := l(K). Wenn x := x1 ∈ P1 , so setzen wir K0 := {P1 , . . . , Pn }. Angenommen, x 6∈ P1 . Wir wählen dann i ∈ N kleinstmöglich mit x ∈ Pi (dann gilt 2 ≤ i ≤ n) und setzen Pj0 := Pj , j = i + 1, . . . , n. Induktiv über k ∈ N, k < i, konstruieren wir dann 0 0 0 0 Pi−k ∈ VR (x) mit Pi−k−1 ⊂ Pi−k und, falls k > 0, Pi−k ⊂ Pi−k+1 wie folgt: 0 ∈ VR (x) für k ∈ N und k ≤ i − 2 mit den Für k = 0 sei Pi0 := Pi . Ist Pi−k 0 genannten Eigenschaften schon konstruiert, so wähle Pi−k−1 ∈ min VR (Pi−k−2 + 0 0 0 xR) mit Pi−k−1 ⊆ Pi−k (möglich nach Lemma 2.5(2), denn Pi−k−2 + xR ⊆ Pi−k ). 0 0 Wegen x ∈ Pi−k−1 und x 6∈ Pi−k−2 gilt Pi−k−2 ⊂ Pi−k−1 und aus Satz 2.33 folgt 0 somit htR/Pi−k−2 Pi−k−1 /Pi−k−2 = 1. Andererseits haben wir eine Kette Pi−k−2 ⊂ 0 0 0 ⊂ /Pi−k−2 > 1. Daher gilt Pi−k−1 Pi−k−1 ⊂ Pi−k in Spek R, so dass htR/Pi−k−2 Pi−k 0 0 0 0 Pi−k und wir sind fertig. Nun setzen wir K := {P1 , . . . , Pn }, Folgerung 2.35. Sei R ein noetherscher Ring und sei J 6= R Ideal von R. Für jedes P ∈ min VR (J) gilt dann htR P ≤ µRP (JRP ) ≤ µR (J). Beweis. Sicher gilt µRP (JRP ) ≤ µR (J). Zum Nachweis der ersten Ungleichung können wir durch Übergang zu RP o. B. d. A. annehmen, dass R lokal ist mit maximalem Ideal P . Dann gilt VR (J) = {P } und wir müssen zeigen, dass dim R ≤ µR (J). Sei hierzu K endliche Kette in Spek R = VR (0). Indem wir ggf. P hinzufügen, dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass K mit P endet. Angenommen, l(K) > µR (J). Nach Lemma 2.34 setze dort I = 0, m = µR (J) und wähle x1 , . . . , xm ∈ J mit J = (x1 , . . . , xm )R gibt es dann eine Kette K0 ⊆ VR (J) mit l(K0 ) = l(K) − µR (J) > 0, Widerspruch, denn VR (J) = {P }. Daher gilt l(K) ≤ µR (J) und folglich dim R ≤ µR (J), Folgerung 2.36. In einem noetherschen Ring R gilt htR P < ∞ für alle Primideale P ∈ Spek R. Genauer gilt htR P ≤ µRP (P RP ) für alle P ∈ Spek R. Beweis. Dies ergibt sich sofort aus Folgerung 2.35, da P minimal ist in VR (P ), 2.4. LOKALE RINGE 63 Folgerung 2.37. Sei R ein semilokaler Ring. Dann gilt dim R ≤ µR (mR ) < ∞ und damit dimR M ≤ dim R < ∞ für jeden R-Modul M . Beweis. Sei m maximales Ideal von R. Da nach Folgerung 2.36 gilt htR m ≤ µRm (mRm ) und da µRm (mRm ) = µRm (mR Rm ) ≤ µR (mR ), folgt die Behauptung aus Bemerkung 2.32.5, Folgerung 2.38. Sei R ein noetherscher Ring. Dann besitzt jede nicht leere Teilmenge X von Spek R minimale und maximale Elemente. Für jedes P ∈ X gibt es sogar ein Q ∈ min X und ein Q0 ∈ max X mit Q ⊆ P ⊆ Q0 . Beweis. Es reicht offensichtlich, die zweite Aussage zu zeigen, denn jedes Primideal Q ∈ X, das maximal (minimal) ist mit P ⊆ Q (Q ⊆ P ), ist auch maximal (minimal) in X. Hinsichtlich maximaler Elemente ergibt sich diese Aussage aus Satz 1.11(1) durch Übergang zu X ∩ VR (P ). Hinsichtlich minimaler Elemente lokalisiere man an P . Dann ergibt sich die Behauptung sofort aus Folgerung 2.37, denn wegen d := dim RP < ∞ ist die Länge jeder Kette in X, die mit P endet, höchstens gleich d. Damit besitzt X ∩ {Q ∈ Spek R | Q ⊆ P } aber minimale Elemente, Folgerung 2.39. Für jeden Hauptidealring R gilt dim R = 1 und damit Spek R = {0} ∪ max Spek R. Beweis. Sei P ∈ max Spek R. Dann gibt es ein x ∈ P mit P = xR und Satz 2.33 liefert htR P ≤ 1. Da R kein Körper ist, folgt somit dim R = 1, Für die nächste Aussage ist folgende Definition wichtig: Definition 2.40. Sei R ein noetherscher Ring mit dim R < ∞ und sei M ein R-Modul. Dann setzen wir AsshR M := {P ∈ AssR M | dim R/P = dimR M } ⊆ AssR M. Bemerkung 2.41. In der Situation von Definition 2.40 sei M 6= 0. Nach Bemerkung 2.32.7 gilt dann dimR M = sup{dim R/P | P ∈ SuppR M } ≤ dim R < ∞, so dass (s. Folgerung 2.38 und Satz 2.10(3)) dimR M = sup{dim R/P | P ∈ SuppR M } = max{dim R/P | P ∈ SuppR M } und ∅= 6 {P ∈ SuppR M | dim R/P = dimR M } ⊆ min SuppR M = min AssR M . 64 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA Damit folgt {P ∈ SuppR M | dim R/P = dimR M } = {P ∈ AssR M | dim R/P = dimR M } und insbesondere AsshR M = {P ∈ SuppR M | dim R/P = dimR M } ⊆ min SuppR M = min AssR M. Satz 2.42. Sei R semilokaler Ring und sei x ∈ mR . Dann gilt für jeden endlich erzeugten R-Modul M 6= 0: ( dimR M − 1 wenn x 6∈ P für alle P ∈ AsshR M dimR M/xM = dimR M sonst Beweis. Sei I := AnnR M und n := dimR M . Dann gibt es in SuppR M eine Kette der Länge n. Nach Satz 2.6(6) und Folgerung 2.26 gilt SuppR M = VR (I) und SuppR M/xM = VR (x) ∩ SuppR M = VR (I + xR), so dass es nach Lemma 2.34 in SuppR M/xM eine Kette der Länge n − 1 gibt. Daher gilt dimR M/xM ≥ n − 1. Andererseits ergibt sich aus Bemerkung 2.32.11, dass dimR M/xM ≤ dimR M = n. Dabei gilt mit Bemerkung 2.41: dim M/xM = n ⇐⇒ in SuppR M/xM gibt es eine Kette der Länge n ⇐⇒ in VR (x) ∩ SuppR M gibt es eine Kette der Länge n ⇐⇒ es gibt ein P ∈ SuppR M mit dim R/P = n und x ∈ P ⇐⇒ es gibt ein P ∈ AsshR M mit x ∈ P , Folgerung 2.43. Sei R semilokaler Ring und seien x1 , . . . , xr ∈ mR . Dann gilt für jeden endlich erzeugten R-Modul M 6= 0 : dimR M/(x1 , . . . , xr )M ≥ dimR M − r mit Gleichheit genau dann, wenn dimR M ≥ r und xi 6∈ AsshR M/(x1 , . . . , xi−1 )M für alle i = 1, . . . , r. Beweis. Dies ergibt sich sofort mittels Induktion nach r aus Satz 2.42 2.5 Artinsche Ringe und Moduln Definition 2.44. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. (a) Die Zahl lR (M ) := sup{l(K) | K endliche R-Untermodulkette von M } ∈ N ∪ {∞} heißt R-Länge (oder - wenn Verwechslungen ausgeschlossen sind - nur Länge) von M . 2.5. ARTINSCHE RINGE UND MODULN 65 (b) Wenn lR (M ) < ∞, so sagt man, M habe endliche Länge. (c) Eine R-Untermodulkette K von M heißt maximal, wenn es keine R-Untermodulkette L von M gibt mit K ( L. Bemerkungen 2.45. Sei R ein Ring. Sind Verwechslungen ausgeschlossen, so sagen wir statt ”R-Untermodul”, ”R-Untermodulkette” usw. kurz ”Untermodul”, ”Untermodulkette” usw. 1. Isomorphe R-Moduln haben gleiche Länge. 2. Offenbar hat M endliche Länge genau dann, wenn es ein l ∈ N gibt mit l(K) ≤ l für jede Untermodulkette K von M . In diesem Fall ist die kleinste derartige Zahl l ∈ N die Länge von M . 3. Ist M ein R-Modul endlicher Länge, so haben jeder Untermodul von M und jedes epimorphe Bild von M ebenfalls endliche Länge. 4. Eine Untermodulkette {U0 , . . . , Un } von M mit U0 ⊂ . . . ⊂ Un ist maximal genau dann, wenn U0 = 0, Un = M und lR (Ui /Ui−1 ) = 1 für alle i = 1, . . . , n, d. h. für alle i = 1, . . . , n ist Ui /Ui−1 einfach und damit gilt Ui /Ui−1 ∼ = R/mi für ein geeignetes maximales Ideal mi von R, s. Übungsaufgabe 38. Damit ist jede endliche maximale Untermodulkette K von M auch Kompositionsreihe von M mit AssR K ⊆ max Spek R, s. Übungsaufgabe 39. Umgekehrt ist jede Kompositionsreihe K von M mit AssR K ⊆ max Spek R bereits endliche maximale Untermodulkette von M . 5. Sei M ein R-Modul endlicher Länge. Dann kann jede Untermodulkette von M in eine maximale Untermodulkette von M eingebettet werden. Insbesondere gibt es für jeden Untermodul U von M eine maximale Untermodulkette von M , die U enthält. 6. Ist P ein maximales Ideal von R, so besitzt R/P nur die beiden trivialen Untermoduln 0 und R/P , d. h. wir haben lR (R/P ) = lR/P (R/P ) = 1. 7. Ist R ein Körper, so gilt lR (M ) = rangR M für jeden endlich erzeugten R-Vektorraum M . Satz 2.46. Sei R ein Ring. f g (1) Sei 0 → M 0 −→ M −→ M 00 → 0 eine exakte Folge von R-Moduln. Dann gilt lR (M ) = lR (M 0 ) + lR (M 00 ) und wir haben lR (M ) < ∞ genau dann, wenn lR (M 0 ) < ∞ und lR (M 00 ) < ∞. 66 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA (2) Sei M ein R-Modul, der eine endliche maximale Untermodulkette K beitzt. Dann gilt lR (M ) = l(K). Insbesonere hat M endliche Länge. (3) (Satz von Jordan-Hölder) Ist M ein R-Modul endlicher Länge, so haben je zwei maximale Untermodulketten von M die gleiche Länge. Beweis. (1) Sei U := Bild f ⊆ M . Aus dem Homomorphiesatz (s. Satz 1.1(1)) folgt M 0 ∼ = M/Kern g = M/U (g ist surjektiv = U (f ist injektiv) und M 00 ∼ und wegen der Exaktheit gilt Kern g = U ). Daher dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass M 0 =: U Untermodul von M ist und dass M 00 = M/U . Es gelte l := lR (M ) < ∞. Sei K0 Untermodulkette von U und K̄ Untermodulkette von M/U . Es ist klar, dass l(K0 ) ≤ l und damit lR (U ) ≤ l. Da durch V 7→ V /U , V Untermodul von M mit U ⊆ V , eine inklusionserhaltende Bijektion {V | V Untermodul von M, U ⊆ V } → {U | U Untermodul von M/U } gegeben ist (s. Satz LA3.19(1)), gibt es eine Untermodulkette K00 von M so dass U ⊆ V für alle V ∈ K00 und K̄ = {V /U | V ∈ K00 }. Hiermit gilt l(K̄) = l(K00 ) ≤ l und folglich lR (M/U ) ≤ l. Da weiter K := K0 ∪K00 Untermodulkette von M ist mit ( l(K0 ) + l(K̄) wenn U ∈ K ∩ K00 l(K) = l(K0 ) + l(K̄) + 1 sonst, ergibt sich in jedem Fall sogar lR (U ) + lR (M/U ) ≤ l = lR (M ). Es gelte nun lR (U ), lR (M/U ) < ∞. Sei K Untermodulkette von M der Länge n. Wir setzen K0 := {U ∩ V | V ∈ K}, K00 := {U + V | V ∈ K} sowie K̄ := {(U + V )/U | V ∈ K}. K0 ist Untermodulkette von U und damit von M , K00 ist Untermodulkette von M deren Glieder alle U enthalten, und K̄ ist Untermodulkette von M/U . Sei n0 := l(K0 ) ≤ lR (U ) und n00 := l(K00 ). Dann gilt n00 = l(K̄) ≤ lR (M/U ) sowie n0 , n00 ≤ n. Seien nun V, W ∈ K mit V ⊂ W und U ∩ V = U ∩ W . Nach Übungsaufgabe 5 gilt dann W ∩ (U + V ) = V + (U ∩ W ) = V + (U ∩ V ) = V ⊂ W , also W 6⊆ U + V und damit U + V ⊂ U + W . Folglich haben wir n00 ≥ n − n0 , d. h. n ≤ n0 + n00 ≤ lR (U ) + lR (M/U ). Damit gilt lR (M ) ≤ lR (U ) + lR (M/U ) < ∞. Insbesondere ergibt sich lR (M ) = lR (U ) + lR (M/U ). Es ist klar, dass diese Gleichung auch ohne die jeweiligen Endlichkeitsvoraussetzungen gilt. (2) Sei n := l(K). Wir benutzen Induktion nach n, wobei für n = 0 nichts zu zeigen ist (da dann M = 0). Sei also n ≥ 1 und U maximales Element in K \ {M }. Da K\{M } maximale Untermodulkette von U ist und da lR (M/U ) = 1 (s. Bemerkung 2.45.4), gilt nach Induktionsvoraussetzung lR (U ) = n − 1 und somit lR (M ) = lR (U ) + lR (M/U ) = n nach (1). 2.5. ARTINSCHE RINGE UND MODULN 67 (3) folgt aus (2), Lemma 2.47. Ein Integritätsring ist artinsch genau dann, wenn er ein Körper ist. Beweis. Da ein Körper nur zwei Ideale besitzt, ist klar, dass jeder Körper artinscher Integritätsring ist. Sei nun umgekehrt R ein artinscher Integritätsring und sei x ∈ R, x 6= 0R . Wir betrachten die Idealkette xR ⊇ x2 R ⊇ x3 R ⊇ . . . in R. Hierfür gibt es ein t ∈ N mit xt R = xt+1 R, d. h. es gilt xt = xt+1 y mit y ∈ R. Wegen x 6= 0R folgt hieraus aber xy = 1R und damit ist R ein Körper, Seien I, J Ideale eines Ringes R. Wir erinnern daran, dass mit I · J das von {xy | x ∈ I, y ∈ J} erzeugte Ideal von R bezeichnet wird (Produkt von I und J). Hierfür gilt (I ∩ J)2 ⊆ I · J ⊆ I ∩ J. Wenn I + J = R (man nennt dann I und J komaximal), so folgt I · J = I ∩ J, s. Übungsaufgabe 43a. Ist P Primideal von R, so gilt offenbar I · J ⊆ P ⇐⇒ I ∩ J ⊆ P ⇐⇒ I ⊆ P oder J ⊆ P. Lemma 2.48. Sei R ein Ring und seien P1 , . . . , Pr (r ∈ N+ ) paarweise verschiedene maximale Ideale von R. Dann gilt für t ∈ N+ : R/(P1 ∩ . . . ∩ Pr )t ∼ = R/P1t ⊕ . . . ⊕ R/Prt . Beweis. Offensichtlich sind P1 , . . . , Pr paarweise komaximal. Dann sind aber auch P1t , . . . , Prt für beliebiges t ∈ N+ paarweise komaximal. Aus Übungsaufgabe 43a folgt daher zunächst (P1 ∩ . . . ∩ Pr )t = (P1 · . . . · Pr )t = P1t · . . . · Prt = P1t ∩ . . . ∩ Prt , so dass sich die Behauptung aus Übungsaufgabe 43c ergibt, Satz 2.49. Sei R ein Ring und M ein R-Modul. Die folgenden Bedingungen sind äquivalent: (i) lR (M ) < ∞. (ii) M ist noethersch und artinsch (iii) M ist endlich erzeugt und artinsch (iv) M ist noethersch mit SuppR M ⊆ max Spek R. 68 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA Beweis. (i) ⇒ (ii): Wenn lR (M ) < ∞, so ist M noethersch und artinsch, da jede aufsteigende und jede absteigende Untermodulkette von M nach höchstens lR (M ) Schritte stationär wird. (ii) ⇒ (iii) ist nach Satz 1.11(1) klar. (iii) ⇒ (iv): Dies ist sicher richtig, wenn M = 0. Sei also M 6= 0. Nach Übungsaufgabe 24a ist R/AnnR M artinsch, so dass wir nach Übungsaufgabe 23e voraussetzen dürfen, dass R artinsch ist. Angenommen, die Aussage ist für M = R gezeigt. Dann ist R noethersch und folglich ist Rn noethersch nach Folgerung 1.10. Da M endlich erzeugt ist, ist M epimorphes Bild von Rn für geeignetes n ∈ N+ . Damit ist M noethersch nach Satz 1.8 und aus Satz 2.6(3) folgt SuppR M ⊆ SuppR Rn = SuppR R = Spek R = max Spek R. Somit brauchen wir nur den Fall M = R zu betrachten. Sei P ∈ Spek R. Mit R ist auch R/P artinsch (s. Satz 1.8) und damit ist R/P ein Körper nach Lemma 2.47. P ist also maximales Ideal von R und somit besteht Spek R nur aus maximalen Idealen. Seien nun P1 , P2 , . . . , Pn paarweise verschiedene maximale Ideale von R. Setzen wir Ij := P1 ∩ . . . ∩ Pj , j = 1, . . . , n, so haben wir eine absteigende Idealkette I1 ⊃ I2 ⊃ . . . ⊃ In in R. Damit kann R nur endlich viele maximale Ideale besitzen und jedes Primideal von R ist maximal, d. h. es gilt Spek R = {P1 , . . . , Pr } mit paarweise verschiedenen maximalen Idealen P1 , . . . , Pr von R. Es muss daher nur noch gezeigt werden, dass R noethersch ist. Hierzu betrachten wir die Idealkette mR ⊇ m2R ⊇ m3R ⊇ . . .. Da R artinsch ist, t t gibt es ein t ∈ N+ so, dass mtR = mt+1 R , d. h. mR = mR mR . Angenommen, mtR 6= 0. Sei B := {I | I Ideal von R mit mtR I 6= 0}. Wegen mR ∈ B ist B = 6 ∅. Sei b ∈ B minimal bzgl. ⊆ (s. Satz 1.11(2)). Da mtR b 6= 0, gibt es ein b ∈ b mit mtR b 6= 0, also gilt bR ∈ B. Wegen bR ⊆ b und der Minimalität t von b gilt b = bR. Da weiter mtR (mR b) = mt+1 R b = mR b 6= 0, ist mR b ∈ B und wegen der Minimalität von b folgt b = mR b. Lemma 2.24 liefert dann aber b = 0, Widerspruch. Daher gilt mtR = 0. Aus Lemma 2.48 folgt R ∼ = R/P1t ⊕ . . . ⊕ R/Prt . Da R artinsch ist, ist R/Pis artinsch für alle i = 1, . . . , r und alle s ∈ N+ . Sei nun P ∈ Spek R und sei 0 ≤ i < t. Nach Folgerung 1.8 ist Vi := P i /P i+1 ⊆ R/P i+1 artinsch. Vi ist aber wegen P · Vi = 0, also P ⊆ AnnR Vi nach Übungsaufgabe 23e ein R/P -Modul, also ein R/P -Vektorraum (R/P ist ein Körper). Artinsche Vektorräume sind aber auch noethersch (s. Bemerkung 1.7.4). Da R/P als Körper auf jeden Fall noethersch ist, liefert ein einfaches Induktionsargument (Induktion über i), dass R/P i+1 noethersch ist für alle i = 0, . . . , t − 1 (man beachte, dass (R/P i+1 )/Vi ∼ = R/P i nach Folgerung 1.3(2). Damit ist insbesondere t R/P noethersch für alle maximalen Ideale P von R. Wegen R ∼ = R/P1t ⊕ . . . ⊕ R/Prt (s. oben) ist R noethersch nach Folgerung 1.10. 2.6. PARAMETERSYSTEME 69 (iv) ⇒ (i): Nach Übungsaufgabe 40a besitzt M eine Kompositionsreihe K und diese ist wegen SuppR M ⊆ max Spek R nach Bemerkung 2.45.4 maximale Untermodulkette von M . Nach Satz 2.46(4) hat M daher endliche Länge, Folgerung 2.50 (Satz von Akizuki). Für einen Ring R sind die folgenden Bedingungen äquivalent: (i) R ist artinsch (ii) R ist noethersch und jedes Primideal von R ist maximal (iii) R ist noethersch mit dim R = 0 (iv) R ist semilokal mit nilpotentem Jacobson-Radikal (d. h. es gibt ein t ∈ N+ mit mtR = 0). (v) lR (R) < ∞. 2.6 Parametersysteme Lemma 2.51. Sei R ein semilokaler Ring und M 6= 0 ein endlich erzeugter R-Modul mit d := dim M . Dann gibt es gibt x1 , . . . , xd ∈ mR mit dimR M/(x1 , . . . , xd )M = 0. Beweis. Wir benutzen Induktion nach d, wobei für d = 0 nichts zu zeigen ist. Sei d ≥ 1 und sei P ∈ AsshR M . Wäre mR ⊆ P , so gäbe es nach Satz 1.16(1) ein maximales Ideal m von R mit m ⊆ P . Dann würde aber bereits P = m und folglich 0 = dimR R/P = dimR M = d ≥ 1 gelten, Widerspruch. Daher gilt mR 6⊆ P für alle P ∈ AsshR M und nach Satz 1.16(2) gibt es ein x1 ∈ mR mit x1 6∈ P für alle P ∈ AsshR M . Sei M̄ := M/x1 M . Nach Satz 2.42 gilt dim M̄ = d − 1 und nach Induktionsvoraussetzung gibt es x2 , . . . , xd ∈ mR , so dass dim M̄ /(x2 , . . . , xd )M̄ = 0. Nach Folgerung 1.3(2) haben wir aber M̄ /(x2 , . . . , xd )M̄ = (M/x1 M )/((x1 , . . . , xd )M/x1 M ) ∼ = M/(x1 , . . . , xd )M , Definition 2.52. Sei R ein semilokaler Ring und M 6= 0 ein endlich erzeugter R-Modul mit d := dim M . (a) Eine Folge x1 , . . . , xd von Elementen aus mR mit dimR M/(x1 , . . . , xd )M = 0 heißt Parametersystem bezüglich M . (b) Ein Ideal Q von R heißt Parameterideal bzgl. M , wenn Q von einem Parametersystem bzgl. M erzeugt wird. 70 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA (c) Eine Folge x1 , . . . , xr von Elementen aus mR heißt Teilparametersystem bezüglich M , wenn r ≤ d und Elemente xr+1 , . . . , xd ∈ mR existieren, so dass x1 , . . . , xr , xr+1 , . . . , xd Parametersystem bzgl. M ist. Bemerkungen 2.53. Sei R ein semilokaler Ring und M 6= 0 ein endlich erzeugter R-Modul mit d := dimR M . 1. Nach Lemma 2.51 gibt es ein Parametersystem bzgl. M und für jedes Parametersystem x1 , . . . , xd bzgl. M gilt (x1 , . . . , xd )M 6= M nach Lemma 2.24. 2. Für d > 0 gilt dimR M/(y1 , . . . , yd−1 )M > 0 für alle y1 , . . . , yd−1 ∈ mR nach Folgerung 2.43. Daher gilt dimR M = min{n ∈ N | ∃ y1 , . . . , yn ∈ mR , dimR M/(y1 , . . . , yn )M = 0}. 3. Seien x1 , . . . , xd , y1 , . . . , yd ∈ R mit (x1 , . . . , xd )R = (y1 , . . . , yd )R. Dann ist x1 , . . . , xd genau dann Parametersystem bzgl. M , wenn y1 , . . . , yd Parametersystem bzgl. M ist. Insbesondere ist jede Permutation eines Parametersystems bzgl. M wieder Parametersystem bzgl. M . 4. Sei Q ⊂ R Parameterideal bzgl. M . Da dimR M/QM = 0, gilt nach Übungsaufgabe 12g und c, Satz 2.6(6) sowie Folgerung 2.26 VR (AnnR M + Q) = VR (AnnR M ) ∩ VR (Q) = SuppR M ∩ VR (Q) = SuppR M/QM ⊆ max Spek R. Sei R̄ := R/AnnR M . Da dimR R̄ = dimR M = d (s. Bemerkung 2.32.7) und R̄/QR̄ ∼ = R/(AnnR M + Q), also dimR R̄/QR̄ = 0, ist Q Parameterideal bzgl. R̄. Nach Übungsaufgabe 23e ist M ein R̄-Modul. Indem wir ggf. zu R̄ übergehen, dürfen wir daher o. B. d. A. annehmen, dass max Spek R ⊆ SuppR M . Lemma 2.54. Sei R ein semilokaler Ring und sei M 6= 0 ein endlich erzeugter RModul. Mit d := dimR M seien x1 , . . . , xd ∈ mR . Wir setzen Q := (x1 , . . . , xd )R. Die folgenden Bedingungen sind äquivalent: (i) x1 , . . . , xd ist Parametersystem bzgl. M (ii) Für alle i = 0, . . . d − 1 ist xi+1 6∈ P für alle P ∈ AsshR M/(x1 . . . , xi )M (iii) dimR M/(x1 . . . , xi )M = d − i für alle i = 1, . . . , d 2.6. PARAMETERSYSTEME 71 (iv) Q ist Parameterideal von M (v) SuppR M/QM ⊆ max Spek R (vi) dim R/(AnnR M + Q) = 0. Beweis. Die Äquivalenz von (i) und (ii) ergibt sich sofort aus Folgerung 2.43 (setze dort r = d) und die Äquivalenz von (ii) und (iii) ist unmittelbare Konsequenz aus Satz 2.42. Die Äquivalenz von (i) und (iv) ist laut Definition und nach Bemerkung 2.53.3 klar und die Äquivalenz von (iv), (v) und (vi) ergibt sich sofort aus den Überlegungen in Bemerkung 2.53.4, Folgerung 2.55. Sei R ein semilokaler Ring und sei M 6= 0 ein endlich erzeugter R-Modul. Ist x1 , . . . , xd , d := dimR M , Parametersystem bzgl. M , so ist xn1 1 , . . . , xnd d für alle n1 , . . . , nd ∈ N+ ebenfalls Parametersystem bzgl. M . Beweis. Sei Q := (x1 , . . . , xd )R und Q0 := (xn1 1 , . . . , xnd d )R. Da VR (Q0 ) = VR (Q), gilt SuppR M/Q0 M = SuppR M ∩ VR (Q0 ) = SuppR M ∩ VR (Q) = SuppR M/QM nach Folgerung 2.26 und die Behauptung ergibt sich aus Lemma 2.54, Entsprechende Aussagen erhält man für Teilparametersysteme. Der Beweis verläuft völlig analog wie bei Lemma 2.54 bzw. Folgerung 2.55, so dass wir darauf verzichten. Lemma 2.56. Sei R ein semilokaler Ring und sei M 6= 0 ein endlich erzeugter R-Modul mit d := dimR M . Weiter seien x1 , . . . , xr ∈ mR . Die folgenden Bedingungen sind äquivalent: (i) x1 , . . . , xr ist Teilparametersystem bzgl. M (ii) Für alle i = 0, . . . r − 1 ist xi+1 6∈ P für alle P ∈ AsshR M/(x1 . . . , xi )M (iii) dimR M/(x1 . . . , xi )M = d − i für alle i = 1, . . . , r (iv) dimR M/(x1 . . . , xr )M = d − r (v) dim R/(AnnR M + (x1 , . . . , xr )R) = d − r. Folgerung 2.57. Sei R ein semilokaler Ring und sei M 6= 0 ein endlich erzeugter R-Modul. Ist x1 , . . . , xr Teilparametersystem bzgl. M , so ist xn1 1 , . . . , xnr r für alle n1 , . . . , nr ∈ N+ ebenfalls Teilparametersystem bzgl. M . 72 KAPITEL 2. GRUNDLAGEN DER KOMMUTATIVEN ALGEBRA Kapitel 3 Elemente der algebraischen Geometrie Alle hier betrachteten Ringe sind - wenn nicht ausdrücklich anders gesagt - kommutativ und besitzen ein vom Nullelement verschiedenes Einselement. Sind R, S Ringe, so soll die Schreibweise ”R ⊆ S” (oder ”R ⊂ S”) bedeuten, dass R (echter) Unterring von S ist. In diesem Fall ist S insbesondere eine R-Algebra. Sei R ein Ring und S eine R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ϕ : R → S (d. h. ϕ(r) = r1S für alle r ∈ R). Oft schreiben wir R0 := Bild ϕ ⊆ S. R0 ist Unterring von S und S ist demzufolge auch R0 -Algebra. Wir setzen hier die Überlegungen aus Abschnitt 2.3 fort. Sei I ein Ideal von R. Dann sei IS := ϕ(I)S das von ϕ(I) ⊆ S erzeugte Ideal von S. Ist N ein SModul, so sei entsprechend IN := ϕ(I)N . Für ein Ideal J von S ist ϕ−1 (J) Ideal von R. Sind Verwechslungen ausgeschlossen, so bezeichnen wir es kurz mit J ∩ R (obwohl R i. a. kein Unterring von S ist). Ist P Primideal (Primärideal) von S, so ist Q := P ∩ R Primideal (Primärideal) von R, s. Übungsaufgabe 14b. In diesem Fall sagen wir auch, P liegt über Q. Wir bemerken, dass der durch ϕ induzierte Ringhomomorphismus ϕ̄ : R/Q → S/P in diesem Fall Monomorphismus ist, so dass wir dann R/Q als Unterring von S/P auffassen können, was wir in der Folge auch oft stillschweigend tun werden. Sei N ein S-Modul. Vermöge ϕ ist N auch R-Modul, s. Übungsaufgabe 36a. Ist N als R-Modul noethersch (artinsch, endlich erzeugt), so erst recht als S-Modul, denn jeder S-Untermodul von N ist auch R-Untermodul von N . Die Umkehrung hiervon ist richtig, wenn ϕ Epimorphismus ist. Damit ist z. B. S endliche RAlgebra (also als R-Modul endlich erzeugt) genau dann, wenn S endliche R0 Algebra ist, d. h. wenn S|R0 endliche Ringerweiterung ist. Seien U bzw. V Unterhalbgruppen von (R; ·) bzw. von (S; ·) mit 0S 6∈ V und ϕ(U ) ⊆ V . (Dann gilt U ∩ Kern ϕ = ∅, insbesondere 0R 6∈ U .) 73 74 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE Indem wir S als R-Modul auffassen, können wir den U −1 R-Modul U −1 S bilden. Es ist klar, dass U −1 S eine U −1 R-Algebra ist mit Strukturhomomorphismus U −1 ϕ : U −1 R → U −1 S. Aus Übungsaufgabe 36d folgt, dass auch ϕ(U )−1 S eine U −1 RAlgebra ist und dass U −1 S ∼ = ϕ(U )−1 S (als U −1 R-Algebren). Sei ϕϕ(U ),V : ϕ(U )−1 S → V −1 S der in Satz B.22(4) gegebene Ringhomomorphismus und sei ϕU,V : U −1 S → V −1 S die Hintereinanderschaltung des obigen Isomorphismus U −1 S ∼ = ϕ(U )−1 S mit ϕϕ(U ),V . Dann ist V −1 S vermöge ϕU,V eine U −1 S-Algebra und damit eine U −1 R-Algebra ist. Ist S endlich erzeugte R-Algebra, sagen wir, S = R[x1 , . . . , xn ] mit x1 , . . . , xn ∈ S, so gilt U −1 S = (U −1 R)[ξ1 , . . . , ξn ], wenn ξi := ϕϕ(U ) (xi ) = vxv i , i = 1, . . . , n (v ∈ ϕ(U ) fest). Damit ist U −1 S endlich erzeugte U −1 R-Algebra. Ebenso ist klar, dass U −1 S endliche U −1 R-Algebra ist, wenn S endliche R-Algebra ist. Wenn insbesondere S Integritätsring ist und R ⊆ S, so ist Q(R) algebraisch (endlich) über Q(S). Wenn S = R[x1 , . . . , xn ] mit x1 , . . . , xn ∈ S, so gilt Q(S) = Q(R)[x1 , . . . , xn ]. 3.1 Ganze Ringerweiterungen II Lemma 3.1. Sei R ein Ring und S eine ganze R-Algebra. Dann gilt: (1) Wenn für Primideale P1 , P2 von S mit P1 ⊆ P2 gilt P1 ∩ R = P2 ∩ R, so folgt P1 = P 2 . (2) Ist P maximales Ideal von S, so ist P ∩ R maximales Ideal von R. (3) Ist Q maximales Ideal von R und gilt P ∩ R = Q für ein Primideal P von S, so ist P maximales Ideal von S. Beweis. (1) Sei Q := P1 ∩ R = P2 ∩ R. Nach Bemerkung 2.14.4 ist S/P1 ganz über R/Q. Da P := P2 /P1 ⊂ S/P1 Primideal in S/P1 ist. Daher dürfen wir durch Übergang zu R/Q und S/P1 nach Bemerkung 2.14.4 o. B. d. A. R ⊆ S, Q = 0 und P1 = 0 annehmen. Damit ist S insbesondere Integritätsring. Laut Voraussetzung gilt dann P ∩ R = 0 und wir müssen zeigen, dass P = 0. Angenommen, P 6= 0. Sei dann x ∈ P \{0S } und sei g ∈ R[T ], T Unbestimmte, ein Minimalpolynom von x über R. Wir schreiben g = T n +r1 T n−1 +. . .+rn mit n := grad g und r1 , . . . , rn ∈ R. Wegen rn = −xn − r1 xn−1 − . . . − rn−1 x ∈ P ∩ R = 0, gilt rn = 0R = 0S und wegen x(xn−1 + r1 xn−2 + . . . + rn−1 ) = −rn = 0S folgt xn−1 + r1 xn−2 + . . . + rn−1 = 0S (da S Integritätsring ist) im Widerspruch zur Minimalität von n. Damit gilt P = 0. 3.1. GANZE RINGERWEITERUNGEN II 75 (2) Indem wir zu R/(P ∩ R) und S/P übergehen, dürfen wir mit Bemerkung 2.14.4 o. B. d. A. annehmen, dass S Körper ist und R ⊆ S. Nach Satz 2.19 ist dann aber auch R ein Körper und dies zeigt (2). (3) Wegen der Maximalität von Q gilt P 0 ∩ R = Q = P ∩ R für alle P 0 ∈ VS (P ). Aus (1) folgt daher VS (P ) = {P }, d. h. P ist maximal, Satz 3.2. Sei R ein Ring und S eine ganze R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ϕ : R → S. Dann gilt für jedes Primideal Q ∈ Spek R mit Kern ϕ ⊆ Q: (1) (” Lying over ” - Theorem) Es gibt ein P ∈ Spek S mit Q = P ∩ R. (2) (” Going-up ” - Theorem) Ist P 0 ∈ Spek S mit P 0 ∩ R ⊂ Q, so gibt es ein P ∈ Spek S mit P 0 ⊂ P und Q = P ∩ R. Beweis. (1) Indem wir zu RQ und SQ übergehen, dürfen wir nach Lemma 2.22(1) o. B. d. A. voraussetzen, dass R quasilokal ist mit maximalem Ideal Q (man beachte, dass (R \ Q) ∩ Kern ϕ = ∅ und dass für P ∈ Spek S aus P SQ ∩ RQ = QRQ folgt P ∩R = P SQ ∩S ∩R = P SQ ∩R = P SQ ∩RQ ∩R = QRQ ∩R = Q). Wäre QS = S, so hätten wir 1S ∈ QS und nach Satz 2.17(4) gäbe es dann ein n ∈ N+ und r1 , . . . , rn ∈ Q mit 1nS + r1 1n−1 + . . . + rn 1S = 0, d. h. S ϕ(1R + r1 + · · · + rn ) = 0S . Da dann aber 1R ∈ −(r1 + · · · + rn ) + Kern ϕ ⊆ Q, hätten wir Q = R, Widerspruch. Sei nun P ∈ VS (QS). Da Q ⊆ P ∩ R ∈ Spek R und da Q maximal ist, gilt P ∩ R = Q. (2) Indem wir zu R/(P 0 ∩ R) und S/P 0 übergehen, dürfen wir nach Bemerkung 2.14.4 o. B. d. A. R ⊆ S, P 0 = 0 und Q 6= 0 annehmen. Nun wählen wir P wie in (1). Da P ∩ R = Q 6= 0, gilt aber auch P 6= 0, Folgerung 3.3. Sei S|R ganze Ringerweiterung. Die durch P 7→ P ∩ R , P ∈ Spek S , gegebene stetige Abbildung Spek S → Spek R (s. Übungsaufgabe 14c) ist surjektiv und induziert durch Einschränkung eine surjektive Abbildung max Spek S → max Spek R . Dabei gilt für P ∈ Spek S sogar: P ist maximales Ideal von S genau dann, wenn P ∩ R maximales Ideal von R ist. Insbesondere besteht Spek S nur aus maximalen Idealen genau dann, wenn Spek R nur aus maximalen Idealen besteht. 76 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE Beweis. Dies ergibt sich sofort aus Satz 3.2(1) und Lemma 3.1(2),(3) Folgerung 3.4. Sei S|R ganze Ringerweiterung. (1) Für alle Q ∈ Spek R gilt: (a) ∅ = 6 {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} ⊆ min VS (QS). (b) Ist S endliche R-Algebra, so ist {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} endlich und besteht aus paarweise nicht vergleichbaren Primidealen. (2) {P | P ∈ Spek S, P ∩ R ∈ min Spek R} ⊆ min Spek S. Beweis. (1) (a) Nach Satz 3.2(1) gilt {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} 6= ∅. Sei P ∈ Spek S mit P ∩ R = Q. Dann gilt sicherlich P ∈ VS (QS) und damit insbesondere QS 6= S. Wähle P 0 ∈ min VS (QS) mit P 0 ⊆ P . Da Q ⊆ P 0 ∩ R ⊆ P ∩ R = Q, gilt P ∩ R = P 0 ∩ R und folglich P = P 0 ∈ min VS (QS) nach Lemma 3.1(1). Daher folgt {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} ⊆ min VS (QS). (b) Da sich die zweite Teilaussage aus (a) ergibt, reicht es, die Endlichkeit von {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} zu zeigen. Da P ∩ (R \ Q) = ∅ für alle P ∈ Spek S mit P ∩ R = Q, ist durch P 7→ P SQ /QSQ , P ∈ Spek S, P ∩ R = Q, eine inklusionserhaltende injektive Abbildung {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} → Spek SQ /QSQ gegeben, s. Lemma B.28(2) und Lemma 2.1. Daher reicht es zu zeigen, dass Spek SQ /QSQ endlich ist. Nach Lemma 2.22(1) und Bemerkung 2.14.4 können wir hierzu zu RQ /QRQ und SQ /QSQ übergehen und dürfen somit voraussetzen, dass R ein Körper und S ein endlich erzeugter R-Vektorraum ist. Nach Bemerkung 1.7.4 ist S artinsch als R-Vektorraum und daher erst recht als S-Modul, d. h. S ist artinscher Ring. Nach Folgerung 2.50 ist S daher semilokal und besitzt somit nur endlich viele maximale Ideale. Ebenfalls nach Folgerung 2.50 ist Spek S endlich, da Spek S = max Spek S. (2) Sei P ∈ Spek S mit P ∩R ∈ min Spek R und sei P 0 ∈ min Spek S mit P 0 ⊆ P . Dann gilt P 0 ∩ R ⊆ P ∩ R und somit P 0 ∩ R = P ∩ R. Nach Lemma 3.1(1) folgt hieraus aber P = P 0 ∈ min Spek S, Folgerung 3.5. Jeder endliche Erweiterungsring eines (quasi)semilokalen Ringes ist (quasi)semilokal. Beweis. Sei S endlicher Erweiterungsring eines quasisemilokalen Ringes R. Nach Satz 2.17(1), Folgerung 3.3 und Folgerung 3.4(1b) besitzt S nur endlich viele maximale Ideale, ist also quasisemilokal. Ist R noethersch, so ist S als R-Modul noethersch nach Satz 1.12, also erst recht als S-Modul, und daher ist S in diesem Fall semilokal, 3.1. GANZE RINGERWEITERUNGEN II 77 Bevor wir zum nächsten wichtigen Resultat kommen, benötigen wir die folgende Verschärfung von Satz 2.17(4). Lemma 3.6. Sei S|R eine ganze Ringerweiterung, wobei S Integritätsring ist. Mit R bezeichnen wir die ganze Abschließung von R in Q(R) ⊆ Q(S) . Ist I Ideal von R, so hat das Minimalpolynom eines Elementes x ∈ IS über Q(R) die Gestalt X m + σ1 X m−1 + . . . + σm mit m ∈ N+ und σ1 , . . . , σm ∈ rad (IR). Beweis. Sei K := Q(R). Das Minimalpolynom g ∈ K[T ], T Unbestimmte, von x über K habe die Gestalt g = T m + σ1 T m−1 + . . . + σm mit m ∈ N+ und σ1 , . . . , σm ∈ K. Indem wir ggf. zu den ganzen Abschließungen von R und S in ihren jeweiligen Quotientenkörpern übergehen, dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass R ganz abgeschlossen ist, d. h. R = R. Weiter sei h ∈ R[T ] ein Polynom der Gestalt h = T n + r1 T n−1 + . . . + rn mit n ∈ N+ , ri ∈ I i , i = 1, . . . , n, so dass h(x) = 0, s. Satz 2.17(4). Wir setzen R0 := R[y1 , . . . , yn ] ⊆ K, wenn y1 , . . . , yn ∈ K die Nullstellen von h sind. Da y1 , . . . , yn somit ganz über R sind, ist R0 ganz über R nach Satz 2.17(2). Wegen h(x) = 0 gilt g|h in K[T ], also h = gg̃ mit g̃ ∈ K[T ]. Da somit alle Nullstellen von g auch Nullstellen von h sind und folglich in R0 liegen, gilt σ1 , . . . , σm ∈ R0 nach den Vietaschen Wurzelsätzen, d. h. σ1 , . . . , σm sind ganz über R. Da σ1 , . . . , σm ∈ K, folgt σ1 , . . . , σm ∈ R, d. h. g ∈ R[X]. Entsprechend gilt natürlich g̃ ∈ R[X]. Für Q ∈ Spek R sei ψQ : R → k(Q) := RQ /QRQ die Hintereinanderschaltung des kanonischen Epimorphismus R → R/Q und der Einbettung R/Q ⊆ k(Q). Indem wir ψQ auf die Koeffizienten der Polynome aus R[T ] anwenden, liefert ψQ einen Homomorphismus R[T ] → k(Q)[T ], den wir der Einfachheit halber auch mit ψQ bezeichnen. Hierfür gilt Kern ψQ = QR[T ], d. h. Kern ψQ ist die Menge aller Polynome aus R[T ], deren Koeffizienten in Q liegen (s. Übungsaufgabe 15). Sei nun Q ∈ VR (I). Wegen r1 , . . . , rn ∈ I ⊆ Q haben wir T n = ψQ (h) = ψQ (gg̃) = ψQ (g)ψQ (g̃). Da k(Q)[T ] faktoriell ist, gilt somit ψQ (g) = T q mit einem geeigneten q ∈ N, q ≤ n. Da lk g = 1R , haben wir q = gradg = m und somit liegen alle Koeffizienten von g mit Ausnahme desTLeitkoeffizienten in Q. Dies gilt für alle Q ∈ VR (I) und daher folgt σ1 , . . . , σm ∈ Q∈VR (I) Q = rad I, s. Übungsaufgabe 31b, Satz 3.7 (” Going-down ” - Theorem). Sei S|R ganze Ringerweiterung, wobei S Integritätsring und R normal ist (d. h. ganz abgeschlossen in seinem Quotientenkörper). Dann gibt es für alle Primideale Q0 von R und P von S mit Q0 ⊂ P ∩ R ein Primideal P 0 von S mit P 0 ⊂ P und P 0 ∩ R = Q0 . 78 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE Beweis. Sei K := Q(R) ⊆ Q(S). Wir setzen M := R \ Q0 und N := S \ P . Dann ist M N := {xy | x ∈ M, y ∈ N } ⊆ S Untermonoid von (S; ·) mit M, N ⊆ M N . Wir zeigen zunächst, dass M N ∩ Q0 S = ∅. Angenommen, das ist falsch. Dann gibt es x ∈ M, y ∈ N mit z := xy ∈ Q0 S. Sei g ∈ K[T ], T Unbestimmte, das Minimalpolynom von z über K. Nach Lemma 3.6 hat es die Gestalt g = X m + σ1 T m−1 + . . . + σm mit σ1 , . . . , σm ∈ Q0 , d. h. es gilt m sogar g ∈ R[T ]. Sei h := T m + σx1 T m−1 + . . . + σxm ∈ K[T ]. Da durch T 7→ xT , ein K-Automorphismus ρ von K[T ] gegeben ist und da ρ(g) = xm h, ist h auch irreduzibel in K[T ]. Weil h(y) = x−m g(z) = 0, ist h Minimalpolynom von y über K. Nach Lemma 3.6 (setze dort I = R) liegen seine Koeffizienten in R, d. h. es gilt σi = xi ri mit ri ∈ R, i = 1, . . . , m. Wegen σi ∈ Q0 , x 6∈ Q0 gilt ri ∈ Q0 , i = 1, . . . , m. Da damit aber gilt y m = −(r1 y n−1 + . . . + rm ) ∈ Q0 S ⊆ P , folgt y ∈ P , Widerspruch. Sei nun P 0 maximales Ideal von S := (M N )−1 S mit Q0 S ⊆ P 0 . Wir schreiben P 0 = P 0 S mit einem Primideal P 0 von S. Dann gilt P 0 ∩M N = ∅ und Q0 ⊆ P 0 ∩R. Da somit P 0 ∩ N = ∅ und P 0 ∩ M = ∅, folgt P 0 ⊆ P und P 0 ∩ R = Q0 . Wegen Q0 ⊂ P ∩ R gilt schließlich auch P 0 ⊂ P , 3.2 Der Hilbertsche Nullstellensatz Sei R ein Ring und x ∈ R ein nicht nilpotentes Element (d. h. xn 6= 0R für alle n ∈ N+ ). Dann ist U := {1R , x, x2 , . . .} Untermonoid von (R; ·) mit 0R 6∈ U . Man setzt dann Rx := U −1 R und entsprechend Mx := U −1 M für jeden R-Modul M . Satz 3.8 (Hilbertscher Nullstellensatz, körpertheoretische Version). Sei L|K eine Körpererweiterung. Wenn L = K[x1 , . . . , xn ] mit x1 , . . . , xn ∈ L, so ist L|K algebraisch (und damit endlich). Beweis. Wir benutzen Induktion nach n, wobei für n = 0 nichts zu zeigen ist. Sei n ≥ 1 und sei R ein Ring mit K[x1 ] ⊆ R ⊆ K(x1 ) (⊆ L). Dann gilt L = K[x1 ][x2 , . . . , xn ] ⊆ R[x2 , . . . , xn ] ⊆ L, also haben wir L = R[x2 , . . . , xn ], insbesondere also L = K(x1 )[x2 , . . . , xn ]. Wenn n = 1, so gilt damit L = K[x1 ] = K(x1 ). Dann gibt es ein g ∈ K[T ] (T Unbestimmte) mit x−1 1 = g(x1 ) und mit f := T g − 1K ∈ K[T ] \ {0K } folgt f (x1 ) = 0K . Daher ist x1 algebraisch über K. Wir bemerken, dass auch die Umkehrung hiervon richtig ist: Ist x1 algebraisch über K, so gilt L = K[x1 ], denn nach Satz 2.15 ist K[x1 ]|K endlich und nach Satz 2.19 ist K[x1 ] daher ein Körper, d. h. wir haben bereits L = K[x1 ]. 3.2. DER HILBERTSCHE NULLSTELLENSATZ 79 Sei also n ≥ 2. Aus der Induktionsvoraussetzung ergibt sich, dass L|K(x1 ) algebraisch ist. Nach dem soeben Gezeigten und nach Satz 2.17(1) reicht es daher nachzuweisen, dass x1 algebraisch über K ist. Angenommen, das ist nicht der Fall. Dann ist x1 transzendent und daher dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass x1 Unbestimmte ist. Für i = 2, . . . , n sei fi ∈ K(x1 )[T ], T Unbestimmte, Minimalpolynom von xi . Indem wir fi für i = 2, . . . , n mit geeigneten Elementen aus K[x1 ] multiplizieren, dürfen wir annehmen, dass fi ∈ K[x1 , T ]. Sei a := kgV {lkT f2 , . . . , lkT fn } ∈ K[x1 ] (man beachte, dass K[x1 ] faktoriell ist nach Folgerung 1.55). Wir setzen R := K[x1 ]a ⊆ L. Da L = R[x2 , . . . , xn ] (s. o.) und da x2 , . . . , xn ganz über R sind, ist L ganz über R nach Satz 2.17(1). Nach Satz 2.19 ist R damit ein Körper. Sei p ∈ K[x1 ] irreduzibel mit p - a. Dann gibt es b ∈ K[x1 ] und n ∈ N mit p1 = also an = bp, Widerspruch, denn wegen p - a gilt auch p - an für alle n ∈ N , b , an Für das nächste Resultat benötigen wir folgende Bezeichnung: Sei R ein Ring und S eine R-Algebra mit Strukturhomomorphismus ϕ : R → S. Weiter seien X1 , . . . , Xn Unbestimmte. Für g ∈ R[X1 , . . . , Xn ] und P ∈ S n setzen wir g(P ) := g(s1 , . . . , sn ) ∈ S, wenn P =: (s1 , . . . , sn ). P ∈ S n heißt Nullstelle von g (in S n ), wenn g(P ) = 0S . Ist Φ : R[X1 , . . . , Xn ] → S[X1 , . . . , Xn ] Fortsetzung von ϕ mit Φ(Xi ) = Xi , i = 1, . . . , n (s. auch Übungsaufgabe 15), so ist S[X1 , . . . , Xn ] damit in natürlicher Weise eine R[X1 , . . . , Xn ]-Algebra mit Strukturhomomorphismus Φ. Lemma 3.9. Sei R ein Ring und S eine R-Algebra. Weiter seien X1 , . . . , Xn Unbestimmte. Für eine Teilmenge Y von S n setzen wir IR (Y ) := {f ∈ R[X1 , . . . , Xn ] | f (P ) = 0S für alle P ∈ Y }. (1) Für jede Teilmenge Y von S n ist IR (Y ) Ideal von R[X1 , . . . , Xn ] mit IR (Y ) ( R[X1 , . . . , Xn ] genau dann, wenn Y 6= ∅. (2) Es gilt IR (Y ) = R[X1 , . . . , Xn ] ∩ IS (Y ). (3) Für P ∈ S n gilt IS (P ) = (X1 − s1 , . . . , Xn − sn )S[X1 , . . . , Xn ], wenn P =: (s1 , . . . , sn ). (4) Sei S ein Integritätsring. Dann gilt IR (P ) ∈ Spek R[X1 , . . . , Xn ] für alle P ∈ S n. (5) Sei S Körper und R Teilkörper von S, so dass S|R algebraisch ist. Dann ist IR (P ) für alle P ∈ S n maximales Ideal von R[X1 , . . . , Xn ]. Beweis. Wir setzen R0 := R[X1 , . . . , Xn ] und S 0 := S[X1 , . . . , Xn ] 80 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE (1) Sicherlich gilt 0 ∈ IR (Y ), so dass IR (Y ) 6= ∅. Seien g1 , g2 , g ∈ IR (Y ) und h ∈ R0 . Da (g1 + g2 )(P ) = g1 (P ) + g2 (P ) = 0S und (hg)(P ) = h(P )g(P ) = 0S für alle P ∈ Y , gilt g1 + g2 , hg ∈ IR (Y ) und damit ist IR (Y ) Ideal von R0 . Dabei gilt IR (Y ) = R0 genau dann, wenn 1R ∈ IR (Y ) und das ist äquivalent zu Y = ∅. (2) ergibt sich unmittelbar aus der Definition. (3) ergibt sich aus Übungsaufgabe 13a. (4) ergibt sich mit (2) aus Übungsaufgabe 13b. (5) Nach (2) gilt IR (P ) = R0 ∩ IS (P ) und daher induziert die Einbettung R0 ⊆ S 0 einen Monomorphismus R0 /IR (P ) → S 0 /IS (P ). Da IR (P ) ∈ Spek R0 nach (4), gilt R ∩ IR (P ) ∈ Spek R und damit R ∩ IR (P ) = 0. Folglich induziert die Einbettung R ⊆ R0 einen Monomorphismus R → R0 /IR (P ). Da S 0 /IS (P ) ∼ = S, haben wir Monomorphismen R → R0 /IR (P ) → S 0 /IS (P ) ∼ = S, deren Hintereinanderschaltung offensichtlich die Einbettung R ⊆ S ist. Da S|R algebraisch und damit ganz ist, ist S ganz über R0 /IR (P ). Nach Satz 2.19 ist R0 /IR (P ) daher ein Körper, d. h. IR (P ) ist maximales Ideal von R0 , Satz 3.10 (Hilbertscher Nullstellensatz, idealtheoretische Version). Sei K ein Körper und seien X1 , . . . , Xn Unbestimmte, wobei n ∈ N+ . Dann gilt mit S := K[X1 , . . . , Xn ]: Ist K algebraisch abgeschlossen, so gibt es für jedes Ideal I ⊂ S ein n-Tupel P := (α1 , . . . , αn ) ∈ K n mit g(P ) = 0 für alle g ∈ I. Beweis. Sei m maximales Ideal von S mit I ⊆ m. Es reicht offensichtlich, die Aussage für I = m zu beweisen, so dass wir o. B. d. A. annehmen dürfen, dass I maximales Ideal von S ist. Dann ist L := S/I ein Körper. Sei ι : K → L die Hintereinanderschaltung der Einbettung K ⊂ S mit dem kanonischen Epimorphismus S → L. Da ι 6= 0, ist ι injektiv und daher dürfen wir K als Teilkörper von L auffassen (wir identifizieren α ∈ K mit der Restklasse α + I ∈ L). Für i = 1, . . . , n setzen wir xi := Xi + I ∈ L. Damit gilt L = K[x1 , . . . , xn ] und nach Satz 3.8 ist L ein algebraischer Erweiterungskörper von K. Weil K aber algebraisch abgeschlossen ist, folgt K = L. Für i = 1, . . . , n gilt daher xi ∈ K, d. h. es gibt ein αi ∈ K mit Xi + I = αi + I oder, anders geschrieben, Xi − αi ∈ I. Sei J := (X1 − α1 , . . . , Xn − αn )S. Dann gilt J ⊆ I. Sei P := (α1 , . . . , αn ) ∈ K n . Da J = IK (P ) nach Lemma 3.9(3), ist J nach Lemma 3.9(5) maximales Ideal von S und damit gilt J = I. Für g ∈ I erhalten wir nun g(α) = g(α1 + I, . . . , αn + I) = g(X1 + I, . . . , Xn + I) = g + I = 0, 3.3. DIMENSIONSTHEORIE 81 Folgerung 3.11. Sei K ein algebraisch abgeschlossener Körper. Dann haben die maximalen Ideale von S := K[X1 , . . . , Xn ], X1 , . . . , Xn Unbestimmte, die Gestalt (X1 − α1 , . . . , Xn − αn )S mit α1 , . . . , αn ∈ K. Damit ist durch (α1 , . . . , αn ) 7→ (X1 − α1 , . . . , Xn − αn )S, (α1 , . . . , αn ) ∈ K n , eine Bijektion K n → max Spek S gegeben, d. h. den Punkten des n-dimensionalen affinen Raumes AnK über K entsprechen umkehrbar eindeutig die maximalen Ideale von S. 3.3 Dimensionstheorie Obwohl eine Reihe der nachfolgenden Ergebnisse auch allgemeiner formuliert werden können, werden wir uns hier i. w. auf Ringerweiterungen S|R beschränken. Wir bemerken, dass S dann insbesondere eine R-Algebra ist, deren Strukturhomomorphismus die Einbettung R ⊆ S ist. S|R heißt dementsprechend ganz, wenn S in diesem Sinn ganze R-Algebra ist. Lemma 3.12. Sei S|R eine ganze Ringerweiterung. (1) Ist K endliche Primidealkette von S, so ist L := {P ∩ R | P ∈ K} Primidealkette in R mit l(L) = l(K). (2) Zu jeder endlichen Primidealkette L von R, die mit Q0 ∈ Spek R beginnt, und zu jedem P0 ∈ Spek S mit P0 ∩ R = Q0 gibt es eine mit P0 beginnende Primidealkette K von S mit folgenden Eigenschaften • l(K) = l(L) • Für jedes Q ∈ L gibt es ein P ∈ K mit Q = P ∩ R Ist L nicht mehr verfeinerbar, so ist jede Kette K mit diesen Eigenschaften ebenfalls nicht mehr verfeinerbar. Beweis. (1) Ist Konsequenz von Lemma 3.1(1). (2) Sei L =: {Q0 , . . . , Qn } mit Q0 ⊂ . . . ⊂ Qn . Wir konstruieren K induktiv über n, wobei für n = 0 nichts zu zeigen ist. Sei nun n > 0. Nach Induktionsvoraussetzung dürfen wir annehmen, dass es Primideale P0 , . . . , Pn−1 in S gibt mit P0 ⊂ P1 ⊂ . . . ⊂ Pn−1 und Pi ∩ R = Qi , i = 1, . . . , n − 1. Nach Satz 82 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE 3.2(2) gibt es ein Primideal Pn von S mit Pn ∩ R = Qn und Pn ⊃ Pn−1 . Wir setzen nun K := {P0 , . . . , Pn }. Wenn dabei L nicht mehr verfeinerbar ist, so dürfen wir induktiv über n annehmen, dass {P0 , . . . , Pn−1 } nicht mehr verfeinerbar ist. Ist P ∈ Spek R mit Pn−1 ⊂ P ⊆ Pn , so ergibt sich aus Lemma 3.1(1), dass Qn−1 = Pn−1 ∩R ⊂ P ∩ R ⊆ Pn ∩ R = Qn . Damit folgt P ∩ R = Pn ∩ R, also P = Pn wiederum nach Lemma 3.1(1), Lemma 3.13. Sei S|R eine ganze Ringerweiterung, wobei S Integritätsring und R normal ist. Weiter sei Q ∈ Spek R. (1) Zu jeder endlichen Primidealkette L von R, die mit Q endet, und zu jedem P ∈ Spek S mit P ∩ R = Q gibt es eine mit P endende Primidealkette K von S mit folgenden Eigenschaften • l(K) = l(L) • Für jedes Q0 ∈ L gibt es ein P 0 ∈ K mit Q0 = P 0 ∩ R Ist L nicht mehr verfeinerbar, so ist jede Kette K mit diesen Eigenschaften ebenfalls nicht mehr verfeinerbar. (2) Es gilt {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} = min VS (QS). Beweis. (1) Sei L =: {Q0 , . . . , Qn } mit Q0 ⊂ . . . ⊂ Qn = Q. Wir konstruieren K induktiv über n, wobei für n = 0 nichts zu zeigen ist. Sei also n > 0. Nach Induktionsvoraussetzung dürfen wir annehmen, dass es Primideale P1 , . . . , Pn−1 in S gibt mit P1 ⊂ . . . ⊂ Pn−1 ⊂ Pn = P und Pi ∩ R = Qi , i = 1, . . . , n − 1. Nach Satz 3.7 gibt es ein Primideal P0 von S mit P0 ∩ R = Q0 und P0 ⊂ P1 . Wir setzen nun K := {P0 , . . . , Pn }. Der Rest ergibt sich wie beim Beweis der entsprechenden Aussage von Lemma 3.12(2). (2) Nach Folgerung 3.4(1) gilt {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} ⊆ min VS (QS). Sei also P ∈ min VS (QS) und sei Q0 := P ∩ R. Es ist klar, dass Q ⊆ Q0 . Wäre Q ⊂ Q0 , so müsste es nach Satz 3.7 ein Primideal P 0 von S geben mit P 0 ∩ R = Q und P 0 ⊂ P . Das steht aber im Widerspruch zur Minimalität von P in VS (QS), denn wir hätten dann auch P 0 ∈ VS (QS). Es gilt also P ∩ R = Q, d. h. wir haben {P | P ∈ Spek S, P ∩ R = Q} = min VS (QS), Lemma 3.14. Sei R ein Ring mit folgender Eigenschaft: Für alle Q ∈ Spek R gibt es einen normalen Ring T ⊆ R/Q, so dass R/Q ganz ist über T . Ist nun S|R ganze Ringerweiterung und ist K nicht mehr verfeinerbare endliche Primidealkette in S, so ist L := {P ∩ R | P ∈ K} nicht mehr verfeinerbare Primidealkette in R mit l(L) = l(K). 3.3. DIMENSIONSTHEORIE 83 Beweis. Aus Lemma 3.12(1) ergibt sich, dass L Primidealkette von R ist mit l(L) = l(K). Wir zeigen nun, dass L nicht mehr verfeinerbar ist. Dies ist klar, wenn l(K) = 0, so dass wir uns wie im Beweis von Lemma 3.12(2) mittels Induktion über n := l(K) auf den Fall n = 1 beschränken können. Sei also K = {P0 , P1 } mit P0 ⊂ P1 . Dann ist L = {Q0 , Q1 }, wenn Q0 := P0 ∩ R und Q1 := P1 ∩ R. Indem wir zu R/Q0 und S/P0 sowie zu Q1 /Q0 ⊂ R/Q0 und P1 /P0 ⊂ S/P0 übergehen, dürfen wir o. B. d. A. annehmen, dass P0 = 0 und Q0 = 0. Angenommen, es gibt ein Primideal Q von R mit 0 ⊆ Q ⊂ Q1 . Wir wählen einen normalen Ring T ⊆ R, so dass R ganz ist über T und setzen q := Q ∩ T sowie q1 := Q1 ∩ T . Aus Lemma 3.1(1) ergibt sich, dass 0 ⊆ q ⊂ q1 . Da S nach Satz 2.17(2) auch ganz ist über T , gibt es nach Satz 3.7 ein P ∈ Spek S mit P ⊂ P1 und P ∩ T = q. Da K nicht mehr verfeinerbar ist, folgt P = 0 und somit q = 0. Da dann gilt Q ∩ T = 0 = 0 ∩ T , liefert Lemma 3.1(1) Q = 0, Satz 3.15. Sei S|R eine ganze Ringerweiterung. (1) Es gilt dim S = dim R. (2) Für alle P ∈ Spek S gilt mit Q := P ∩ R: dim SP ≤ dim RQ und dim S/P = dim R/Q. (3) Ist S Integritätsring und R normal, so gilt für alle P ∈ Spek S mit Q := P ∩ R: dim SP = dim RQ . Beweis. (1) Aus Lemma 3.12(1) folgt dim S ≤ dim R und aus Lemma 3.12(2) zusammen mit Satz 3.2(1) ergibt sich dim R ≤ dim S. (2) Aus Lemma 3.12(1) folgt dim SP = htS P ≤ htR Q = dim RQ (s. Bemerkung 2.32.4) und mit (1) gilt dim S/P = dim R/Q, da S/P ganze R/Q-Algebra ist (s. Bemerkung 2.14.6) und R/Q o. B. d. A. als Unterring von S/P aufgefasst werden kann. (3) Nach (2) gilt dim SP ≤ dim RQ . Sei also L mit Q endende endliche Primidealkette in R. Nach Lemma 3.13(1) gibt es dann eine mit P endende Primidealkette K in S mit l(K) = l(L) und damit haben wir dim SP ≥ dim RQ , also dim SP = dim RQ , 84 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE 3.4 Noethersche Normalisierung In diesem Abschnitt betrachten wir K-Algebren R, wobei K ein Körper ist. Dann können wir o. B. d. A. annehmen, dass K ⊆ R und dass diese Einbettung schon der Strukturhomomorphismus ist. Sind R, S K-Algebren, so heißt eine Abbildung f : R → S K-Algebra Homomorphismus oder kurz K-Homomorphismus, wenn f Ringhomomorphismus und gleichzeitig K-Homomorphismus ist. Ist R eine endlich erzeugte K-Algebra, so ist R noethersch nach Folgerung 1.14, denn epimorphe Bilder noetherscher Ringe sind wieder noethersch. Ansonsten verwenden wir die zu Beginn des vorangehenden Abschnitts eingeführten Bezeichnungen. Wir beginnen mit folgendem Lemma: Lemma 3.16. Sei f ∈ K[T1 , . . . , Tr , T ], T1 , . . . , Tr , T Unbestimmte, ein nichtkonstantes Polynom. Dann gilt: (1) Es gibt n1 , . . . , nr ∈ N+ , so dass lk T f (T1 + T n1 , . . . , Tr + T nr , T ) ∈ K ∗ . (2) Wenn K unendlich ist, so gibt es α1 , . . . , αr ∈ K, so dass lk T f (T1 + α1 T, . . . . . . , Tr + αr T, T ) ∈ K ∗ . (3) Seien x01 , . . . , x0r , y ∈ R mit f (x01 , . . . , x0r , y) = 0. Dann gibt es ein Polynom g ∈ K[T1 , . . . , Tr , T ] mit lkT g = 1 sowie x1 , . . . , xr ∈ K[x01 , . . . , x0r , y], so dass g(x1 , . . . , xr , y) = 0 und K[x01 , . . . , x0r , y] = K[x1 , . . . , xr , y]. Beweis. (1) Sei die lexikographische Ordnung auf Nr+1 d. h. für λ, µ ∈ Nr+1 mit λ 6= µ gilt λ ≺ µ, wenn die erste nicht verschwindende Komponente von µ − λ (∈ Zr+1 ) positiv ist, ansonsten λ µ ; ≺ ist vollständige Ordnung auf Nr+1 . Für g ∈ K[T1 , . . . , Tr , T ], g 6= 0, setzen wir lexp g := max≺ supp g und ∆g := supp g \ {lexp g}. Sei (i1 , . . . , ir , i) := lexp f . (1) ist bewiesen, wenn wir zeigen können, dass es n1 , . . . , nr ∈ (N+ )r gibt mit i1 n1 + . . . + ir nr + i > j1 n1 + . . . + jr nr + j für alle (j1 , . . . , jr , j) ∈ ∆f . Ist nämlich α Koeffizient von T1i1 · . . . · Trir · T i in f , so gilt dann lk T f (T1 + T n1 , . . . , Tr + T nr , T ) = α 6= 0K . Dies ist sicher richtig, wenn ∆f = ∅ (setze dann z. B. n1 = . . . = nr = 1). Sei also ∆f 6= ∅. Wir verwenden Induktion nach r, wobei für r = 0 nichts zu zeigen ist. Sei also r ≥ 1 und ∆0 := {(j2 , . . . , jr , j) ∈ Nr | (i1 , j2 . . . , jr , j) ∈ ∆f }. Da (i2 , . . . , ir , i) (j2 , . . . , jr , j) für alle (j2 , . . . , jr , j) ∈ ∆0 , gibt es nach Induktionsvoraussetzung n2 , . . . , nr ∈ N+ mit i2 n2 + . . . + ir nr + i > j2 n2 + . . . + jr nr + j für alle (j2 , . . . , jr , j) ∈ ∆0 . Sei nun n1 ∈ N+ so gewählt, 3.4. NOETHERSCHE NORMALISIERUNG 85 dass n1 > (j2 − i2 )n2 + . . . + (jr − ir )nr + j − i für alle j2 , . . . , jr , j ∈ N, für die es ein j1 ∈ N gibt mit (j1 , j2 , . . . , jr , j) ∈ ∆f . Dann ist klar, dass i1 n1 + . . . + ir nr + i > j1 n1 + . . . + jr nr + j für alle (j1 , . . . , jr , j) ∈ ∆f . (2) Wir schreiben f = f0 + f1 + . . . fd mit homogenen Polynomen f0 , f1 , . . . , fd ∈ K[T1 , . . . , Tr , T ] vom Grad 0, 1, . . . , d := grad f , s. Übungsaufgabe 52a. Da somit fd 6= 0, gilt f˜ := fd (T1 , . . . , Tr , 1) 6= 0, denn ansonsten hätten wir fd = (T − 1)g mit einem geeigneten Polynom g ∈ K[T1 , . . . , Tr , T ] im Widerspruch zur Homogenität von fd . Da K unendlich ist, gibt es nach Übungsaufgabe 51a α1 , . . . , αr ∈ K mit α := f˜(α1 , . . . , αr ) 6= 0. Es gilt aber lk T f (T1 + α1 T, . . . , Tr + αr T, T ) = α 6= 0. (3) Wir wählen n1 , . . . , nr ∈ N wie in (1) beschrieben und setzen g := α−1 f (T1 + T n1 , . . . , Tr + T nr , T ) (α wie im Beweis von (1)) sowie xi := x0i − y ni , i = 1, . . . , r. Ist K unendlich, so können wir α1 , . . . , αr ∈ K wählen wie in (2) beschrieben und setzen g := α−1 f (T1 + α1 T, . . . , Tr + αr T, T ) (α wie im Beweis von (2)) sowie xi := x0i − αi y, i = 1, . . . , r, Definition 3.17. Sei R eine K-Algebra. (a) R heißt Polynomalgebra über K, wenn es eine Menge X von Unbestimmten gibt, so dass R ∼ = K[X ] (als K-Algebren). (b) Ist R eine Polynomalgebra über K, sagen wir, R ∼ = K[X ] mit einer Menge X von Unbestimmten und gilt r := #X < ∞, so sagt man auch, R sei eine Polynomalgebra in r Unbestimmten über K, s. hierzu Folgerung C.9(2). (c) Ist S K-Unteralgebra von R und ist S Polynomalgebra, so sagen wir, S sei (K-)Polynomunteralgebra von R. Bemerkungen 3.18. tegritätsring. 1. Jede Polynomalgebra über einem Körper ist ein In- 2. Ist R Polynomalgebra über K, sagen wir, R ∼ = K[X ] mit einer Menge X von Unbestimmten, so ist X Transzendenzbasis von K(X )|K (s. Bemerkung C.2.3) und es gilt #X = trgradK Q(R), wenn Q(R) den Quotientenkörper von R bezeichnet (s. Satz und Definition C.8). 3. Sei R eine K-Algebra und X eine Menge von Unbestimmten. Dann gibt es für jede Abbildung e : X → R einen eindutig bestimmten K-Homomorphismus : K[X ] → R mit e = |X , s. Übungsaufgabe LA II26 für den Fall einer 86 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE Unbestimmten. Man nennt auch Einsetzungshomomorphismus mit e. Offensichtlich gilt Bild = K[E], wenn E := {e(X) | X ∈ X }. Ist insbesondere E Erzeugendensystem von R als K-Algebra, so ist K-Epimorphismus. Damit ist jede (endlich erzeugte) K-Algebra epimorphes Bild einer KPolynomalgebra (in endlich vielen Unbestimmten). Insbesondere ist jede endlich erzeugte K-Algebra damit noethersch, s. Folgerung 1.9 und Folgerung 1.14. Lemma 3.19. Sei R eine endlich erzeugte K-Algebra, sagen wir R = K[x1 , . . . . . . , xs ] mit x1 , . . . , xs ∈ R. Weiter sei S ∼ = K[X ] Polynomunteralgebra von R, wobei X eine Menge von Unbestimmten ist. Mit P bezeichnen wir die Menge aller minimalen Primideale P von R mit P ∩ S = 0. Dann gilt P 6= ∅ und #X ≤ trgradK Q(R/P ) ≤ s für alle P ∈ P. Beweis. Nach Bemerkung 3.18.3 ist R noethersch. Da AssR somit endlich ist, und da min Spek R ⊆ AssR (s. Satz 2.10(3)), besitzt R nur endlich viele minimale Primideale, sagen wir, P1 , . . . , Pm . Nach Übungsaufgabe 31b gilt P1 ∩ . . . ∩ Pm = radR 0. Da S Integritätsring ist, gilt radS 0 = 0 und wir erhalten 0 = radS 0 = radR 0 ∩ S = (P1 ∩ S) ∩ . . . ∩ (Pm ∩ S). Da P1 ∩ S, . . . , Pm ∩ S Primideale von S sind, gilt daher Pi ∩ S = 0 für wenigstens ein i, 1 ≤ i ≤ m nach Satz 1.16(1), d. h. P 6= ∅. Sei o. B. d. A. S = K[X ] und sei P ∈ P. Indem wir zu R/P übergehen, dürfen wir annehmen, dass P = 0. Nach Bemerkung 3.18.2 ist X Transzendenzbasis von Q(S)|K und kann nach Folgerung C.5 zu einer Transzendenzbasis B von Q(R)|K erweitert werden. Wiederum nach Folgerung C.5 (setze dort X = {x1 , . . . , xs }) gibt es eine Transzendenzbasis B 0 von Q(R)|K mit B 0 ⊆ {x1 , . . . , xs }. Aus Satz und Definition C.8 ergibt sich dann #X ≤ #B = #B 0 ≤ s und trgradK Q(R) = #B. Satz und Definition 3.20 (Noethersche Normalisierung). Sei R eine endlich erzeugte K-Algebra. (1) Es gibt eine K-Polynomunteralgebra S von R, so dass R endlich über S ist. Man nennt S eine Noethersche Normalisierung von R. (2) Sei r := max{trgradK Q(R/P ) | P ∈ min Spek R} und seien X1 , . . . , Xr Unbestimmte. Dann gilt S ∼ = K[X1 , . . . , Xr ] für jede Noethersche Normalisierung S von R. 3.4. NOETHERSCHE NORMALISIERUNG 87 (3) Ist R ganz über einer Unteralgebra S von R der Gestalt S = K[z1 , . . . , zr ], wobei r := max{trgradK Q(R/P ) | P ∈ min Spek R}, so ist S bereits Noethersche Normalisierung von R und {z1 , . . . , zr } ist Transzendenzbasis von Q(S)|K. Beweis. (1) Wir schreiben R = K[x01 , . . . , x0s ] mit x01 , . . . , x0s ∈ R und verwenden Induktion über s, wobei für s = 0 nichts zu zeigen ist. Sei also s ≥ 1 und seien T1 , . . . , Ts Unbestimmte. Wenn f (x01 , . . . , x0s ) 6= 0R für alle f ∈ K[T1 , . . . , Ts ] \ {0}, so gilt K[T1 , . . . . . . , Ts ] ∼ = R (vermöge f 7→ f (x01 , . . . , x0s ), f ∈ K[T1 , . . . , Ts ]) und wir sind fertig. Wenn es ein f ∈ K[T1 , . . . , Ts ] \ {0} gibt mit f (x01 , . . . , x0s ) = 0R , so gibt es nach Lemma 3.16(3) (setze dort r = s − 1, y = x0s und T = Ts ) ein g ∈ K[T1 , . . . , Ts−1 , Ts ] mit lk Ts g = 1 sowie x1 , . . . , xs−1 ∈ R, so dass g(x1 , . . . , xs−1 , x0s ) = 0 und R = K[x1 , . . . , xs−1 , x0s ]. Damit ist R endlich über R0 := K[x1 , . . . , xs−1 ]. Nach Induktionsvoraussetzung gibt es eine Polynomunteralgebra S von R0 , so dass R0 endlich über S ist. Nach Satz 2.17(2) ist R ganz und somit endlich über S. Dieser Beweis liefert außerdem, dass S Polynomalgebra in r < s Unbestimmten ist, wenn es ein f ∈ K[T1 , . . . , Ts ] \ {0} gibt mit f (x01 , . . . , x0s ) = 0R . (2) Sei S ∼ = K[X1 , . . . , Xr ], X1 , . . . , Xr Unbestimmte, Noethersche Normalisierung von R. Sei zunächst R ein Integritätsring. Da Q(R) algebraisch ist über Q(S) (s. Bemerkung 2.14(1)) und da X1 , . . . , Xr Transzendenzbasis von Q(S) über K ist (da Q(S) = K(X1 , . . . , Xr ), s. Lemma C.11.2), gilt r = trgradK Q(R). Sei nun R beliebig und sei P ∈ Spek R. Mit Q := P ∩ S ist R/P endlich über S/Q und S/Q ist endlich über U , wenn U Noethersche Normalisierung von S/Q ist. Sei U Polynomalgebra in u Unbestimmten über K. Da R/P endlich über U ist, erhalten wir mit dem soeben Gezeigten und mit Lemma 3.19: trgradK Q(R/P ) = u ≤ r. Wenn hierbei gilt Q = 0 (also P ∩ S = 0), so können wir U = S wählen und haben trgradK Q(R/P ) = r. Da es nach Lemma 3.19 ein P ∈ min Spek R gibt mit P ∩ S = 0, folgt hiermit r = max{trgradK Q(R/P ) | P ∈ min Spek R}. (3) Seien T1 , . . . , Tr Unbestimmte. und sei π : K[T1 , . . . , Tr ] → S der durch Ti 7→ zi , i = 1, . . . , r, gegebene K-Epimorphismus. Dann gilt S = K[T1 , . . . , Tr ]/I mit I := Kern π. Angenommen, I 6= 0, d. h. es gibt ein f ∈ K[T1 , . . . , Tr ]\{0} mit f (z1 , . . . , zr ) = 0R . Sei U Noethersche Normalisierung von S. Nach dem Beweis von (1) ist dann U Polynomalgebra über K in ρ < r Unbestimmten. Da R endliche S-Algebra ist, ist R auch endliche U -Algebra im Widerspruch zu (2). 88 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE Somit gilt I = 0, d. h. S ist Polynomalgebra mit den angegebenen Eigenschaften, Folgerung 3.21. Sei R eine endlich erzeugte K-Algebra, sagen wir R = K[y1 , . . . . . . , ys ] mit y1 , . . . , ys ∈ R. Dann kann eine Noethersche Normalisierung S := K[x1 , . . . , xr ] ⊆ R von R mit r := max{trgradK Q(R/P ) | P ∈ min Spek R} wie folgt gewählt werden: (1) x1 , . . . , xr sind jeweils Summen von Potenzen der y1 , . . . , ys mit geeigneten positiven Exponenten. (2) Ist K unendlich, so sind x1 , . . . , xr jeweils K-Linearkombinationen der y1 , . . . . . . , ys . Sei R ein noetherscher Ring und seien P, Q ∈ Spek R mit Q ⊆ P . Jeder Primidealkette K von R zwischen Q und P entspricht umkehrbar eindeutig eine Primdealkette in dem lokalen Ring RP /QRP und daher hat K endliche Länge (≤ dim RP /QRP ≤ dim RP ). Insbesondere kann damit jede Primidealkette von R in eine maximale Primidealkette von R eingebettet werden. Es ist jedoch zu beachten, dass hieraus nicht folgt, dass ein noetherscher Ring endliche Krulldimension hat. Für K-Algebren (K ein Körper) ist das jedoch richtig, wie wir jetzt u. a. zeigen wollen. Satz 3.22. Sei R eine endlich erzeugte K-Algebra und sei S eine Noethersche Normalisierung von R. Wenn S ∼ = K[X1 , . . . , Xr ] mit Unbestimmten X1 , . . . , Xr , so gilt dim R = r = max{trgradK Q(R/P ) | P ∈ min Spek R}. Ist R Intergritätsring, so hat jede maximale Primidealkette von R die Länge r. Beweis. Wir benutzen Induktion über r. Für r = 0 gilt S = K und daher besteht Spek R nach Folgerung 3.3 nur aus maximalen Idealen, so dass in diesem Fall nichts mehr zu zeigen ist. Sei also r > 0. Zum Nachweis der ersten Aussage reicht es nach Satz 3.20(2) zu zeigen, dass dim R = r. Nach Satz 3.15(1) gilt dim R = dim S, so dass wir hierfür o. B. d. A. R = S annehmen dürfen. Aber auch zum Beweis der zweiten Aussage dürfen wir annehmen, dass R = S: Indem wir für jedes Q ∈ Spek S eine Noethersche Normalisierung von S/Q wählen, ergibt sich aus Folgerung 1.55 und Satz 2.20, dass die Voraussetzung von Lemma 3.14 erfüllt ist. Ist nun K := {P0 , . . . , Pm } maximale Primidealkette von R mit P0 ⊂ . . . ⊂ Pm , so ist daher L := {Q0 , . . . , Qm } mit Qi := Pi ∩ S, 3.4. NOETHERSCHE NORMALISIERUNG 89 i = 1, . . . , m, nach Lemma 3.14 eine maximale Primidealkette von S der Länge m, denn da notwendigerweise P0 = 0, gilt Q0 = 0, und da Pm maximales Ideal von R ist, ist Qm maximales Ideal von S nach Lemma 3.1(2). Sei also K := {P0 , . . . , Pm } maximale Primidealkette von S mit P0 ⊂ . . . ⊂ Pm . Dann ist Pm maximales Ideal von S und es gilt P0 = 0. Wegen r ≥ 1 ist daher m ≥ 1. Sei f ∈ P1 , f 6= 0. Da S faktoriell ist, besitzt f eine Primfaktorzerlegung in S. Wenigstens einer der irreduziblen Faktoren von f liegt in P1 , so dass wir f als irreduzibel voraussetzen dürfen. Da dann aber f S ein Primideal ist mit 0 6= f S ⊆ P1 , gilt P1 = f S. Wir setzen S := S/f S und K := {Pi /f S | 1 ≤ i ≤ m}. S ist Integritätsring und K ist maximale Primidealkette in S der Länge m − 1. Es gilt S = K[x1 , . . . , xr ] mit xi := Xi + f S, i = 1, . . . , r, und f (x1 , . . . , xr ) = 0. Nach Lemma 3.16(3) dürfen wir o. B. d. A. annehmnen, dass lkXr f = 1 und damit insbesondere grad Xr f > 0. Dann ist xr algebraisch abhängig von X := {x1 , . . . , xr−1 } über K. Nach Folgerung C.5 enthält X eine Transzendenzbasis Y von Q(S)|K. Angenommen, x1 , . . . , xr−1 sind algebraisch abhängig über K. Dann gibt es ein Polynom h ∈ K[X1 , . . . , Xr−1 ] mit h 6= 0 und h(x1 , . . . , xr−1 ) = 0. Da h(x1 , . . . , xr−1 ) = h+f S, würde dann folgen h ∈ f S, d. h. f |h. Das ist aber wegen grad Xr h = 0 und grad Xr f > 0 unmöglich. Damit sind x1 , . . . , xr−1 algebraisch unabhängig über K und wir haben Y = X . Es gilt also trgradK Q(S) = r − 1. Sei nun S 0 eine Noethersche Normalisierung von S. Nach Satz 3.20 ist S 0 Polynomalgebra in r − 1 Unbestimmten über K und nach Lemma 3.14 gibt K Anlaß zu einer maximalen Primidealkette der Länge m − 1 in S 0 . Nach Induktionsvoraussetzung gilt daher m − 1 = r − 1, also m = r, Folgerung 3.23. Sei R eine endlich erzeugte K-Algebra. Dann gilt: (1) Wenn R Integritätsring ist, so gilt dim RP + dim R/P = dim R für jedes Primideal P von R. (2) Sind P, Q Primideale von R mit Q ⊆ P , so haben alle Primidealketten zwischen Q und P die gleiche Länge (nämlich dim RP /QRP ). Beweis. (1) Sei P ∈ Spek R und sei K0 maximale Primidealkette zwischen 0 und P und K00 maximale Primidealkette zwischen P und einem maximalen Ideal in VR (P ). Dann ist K := K0 ∪ K00 maximale Primidealkette in R mit K0 ∩ K00 = {P }. Nach Satz 3.22 gilt l(K00 ) = dim R/P und l(K) = dim R. Damit folgt l(K0 ) = l(K) − l(K00 ) = dim R − dim R/P. Damit haben alle maximalen Primidealketten zwischen 0 und P die gleiche Länge, und diese ist definitionsgemäß gleich dim RP . 90 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE (2) Indem wir zu R/Q übergehen, ergibt sich die Aussage aus (1), Definition 3.24. Sei R ein noetherscher Ring. Man sagt, R erfülle die Kettenbedingung für Primideale oder (vereinfachend) R sei ein Kettenring, wenn für alle P, Q ∈ Spek R mit Q ⊆ P gilt: Je zwei maximale Primidealketten von R zwischen Q und P haben die gleiche Länge (nämlich dim RP /QRP , s. o.). Man sagt, R erfülle die universelle Kettenbedingung für Primideale oder R sei ein universeller Kettenring, wenn jede endlich erzeugte R-Algebra ein Kettenring ist. Bemerkungen 3.25. 1. Folgerung 3.23 zeigt, dass jede Polynomalgebra in endlich vielen Unbestimmten über K ein Kettenring ist. 2. Jedes epimorphe Bild eines (universellen) Kettenringes ist (universeller) Kettenring. 3. Jede über einem universellen Kettenring endlich erzeugte Algebra ist universeller Kettenring. 4. Jeder Quotientenring eines Kettenringes ist Kettenring. Satz 3.26. Sei K ein Körper. Dann ist jede endlich erzeugte K-Algebra ein universeller Kettenring. Beweis. Sei R eine endlich erzeugte K-Algebra. Da jede endlich erzeugte RAlgebra auch endlich erzeugte K-Algebra ist, ergibt sich die Behauptung aus Folgerung 3.23, Satz 3.27. Jeder Quotientenring eines universellen Kettenringes ist universeller Kettenring. Beweis. Sei S ein universeller Kettenring und sei U Unterhalbgruppe von (S; ·) mit 0S 6∈ U . Sei weiter R eine endlich erzeugte U −1 S-Algebra. Um zu zeigen, dass R Kettenring ist, dürfen wir nach Bemerkung 3.25.2 o. B. d. A. annehmen, dass R = (U −1 S)[X1 , . . . , Xn ] mit Unbestimmten X1 , . . . , Xn . Da andererseits (U −1 S)[X1 , . . . , Xn ] ∼ = U −1 (S[X1 , . . . , Xn ]), ergibt sich die Behauptung aus Bemerkung 3.25.4, 3.5. GRUNDLAGEN DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE 3.5 91 Grundlagen der algebraischen Geometrie In diesem Abschnitt sei L|K eine Körpererweiterung. Weiter seien X1 , . . . , Xn Unbestimmte, wobei n ∈ N+ . Wir setzen R := K[X1 , . . . , Xn ]. Nach Folgerung 1.14 ist R noethersch. Wir erinnern daran, dass ein (n-dimensionaler) affiner Raum A über L ein geordnetes Paar (A, V ) ist, wobei A eine Menge ist, deren Elemente man als Punkte von A bezeichnet, auf welcher der (n-dimensionale) L-Vektorraum V , dessen Elemente man auch Parallelverschiebungen von A nennt, einfach transitiv operiert. Die Schreibweise ”x ∈ A” oder ”X ⊆ A” soll bedeuten ”x ∈ A” oder ”X ⊆ A”. Weiter setzen wir AnL := (Ln , Ln ), wobei die Operation von Ln auf sich durch die Addition in Ln definiert ist. Jeder n-dimensionale affine Raum über L ist isomorph zu AnL . Lemma 3.28. Für E ⊆ AnL setzen wir IK (E) := {f ∈ R | f (x) = 0 für alle x ∈ E}. Dann gilt: (1) Für E ⊆ AnL ist IK (E) ein Ideal von R mit rad IK (E) = IK (E). (2) IK (AnL ) = 0 genau dann, wenn #L = ∞. Beweis. (1) Die erste Aussage ergibt sich aus Lemma 3.9(1) (setze dort S = L, R = K). Nach Übungsaufgabe 8a gilt IK (E) ⊆ rad IK (E), so dass wir nur rad IK (E) ⊆ IK (E) zu zeigen haben. Sei also f ∈ rad IK (E). Dann gibt es ein t ∈ N+ mit f t ∈ IK (E), d. h. es gilt f (x)t = f t (x) = 0 für alle x ∈ E. Dann folgt aber f (x) = 0 für alle x ∈ E, d. h. f ∈ IK (E) und wir haben rad IK (E) ⊆ IK (E). (2) Wenn #L < ∞, so ist L|K endlich und damit algebraisch. Q Für a ∈ L sei fa ∈ K[T ], T Unbestimmte, Minimalpolynom von a. Dann ist a∈L fa (X1 ) ∈ IK (AnL ) \ {0}. Sei nun #L = ∞ und sei f ∈ R, f 6= 0. Aus Übungsaufgabe 51a folgt, dass f (x) 6= 0 sogar für unendlich viele x ∈ AnL , so dass f 6∈ IK (AnL ), Definition 3.29. (a) (S. Lemma 3.9(1)) Für eine Teilmenge E des AnL heißt das Ideal IK (E) := {f ∈ R | f (x) = 0 für alle x ∈ E} ⊆ R Verschwindungsideal von E über K oder kurz Ideal von E über K. 92 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE (b) Sei F Teilmenge von R. Wir setzen VL (F ) := {x ∈ AnL | f (x) = 0 für alle f ∈ F } ⊆ AnL und nennen Teilmengen des AnL dieser Art algebraische K-Mengen (des AnL ). Weiter sei DL (F ) := AnL \ VL (F ) . Bemerkungen 3.30. 1. Ist Z Zwischenkörper von L|K, so gilt VZ (F ) ⊆ VL (F ) für jede Teilmenge F von R. Die Elemente von VZ (F ) nennt man Z-rationale Punkte von VL (F ). 2. Ein Ideal I von R mit rad I = I heißt Radikalideal (s. Übungsaufgabe 8d). Nach Lemma 3.28(2) sind die Ideale von Teilmengen des AnL in R Radikalideale von R. 3. Ist Z Zwischenkörper von L|K, so gilt IK (E) = IZ (E)∩R für jede Teilmenge E ⊆ AnL . In den folgenden Aussagen geht es um Eigenschaften algebraischer K-Mengen sowie der Ideale von Teilmengen des AnL in R und um den Zusammenhang, der zwischen algebraischen K-Mengen und den Idealen von Teilmengen des AnL besteht. Satz 3.31. Seien F, F 0 , Fι , ι ∈ I (I Indexmenge), Teilmengen von R. Dann gilt: (1) VL (∅) = AnL und VL (R) = ∅. (2) Wenn F ⊆ F 0 , so folgt VL (F 0 ) ⊆ VL (F ). T S (3) ι∈I VL (Fι ) = VL F . ι ι∈I (4) VL (F ) = VL (F R) = VL (radF R). (5) VL (F ) ∪ VL (F 0 ) = VL ({f g | f ∈ F, g ∈ F 0 }) = VL (F R ∩ F 0 R). Beweis. (1) ist klar. (2) Sei x ∈ VL (F 0 ). Dann gilt g(x) = 0 für alle g ∈ F 0 , also erst recht f (x) = 0 für alle f ∈ F , d. h. wir haben x ∈ VL (F ). Damit folgt VL (F 0 ) ⊆ VL (F ). S S (3) T Aus (2) folgt VL ⊆ VL (Fι ) für alle ι ∈ I, also VL ⊆ ι∈I Fι ι∈I Fι V (F ). ι ι∈I L T Sei nun x ∈ ι∈I VL (Fι ), d. h. x ∈ VL (Fι ) für alle ι ∈ I. S Dann gilt f (x) = 0 für alle f ∈ FSι und alle ι ∈ I, also f (x) = 0 für alle f ∈ ι∈I Fι . Damit haben S S wir x ∈ VL ι∈I Fι , also gilt ι∈I VL (Fι ) ⊆ VL ι∈I Fι . 3.5. GRUNDLAGEN DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE 93 (4) Wegen F ⊆ F R ⊆ rad F R gilt zunächst VL (rad F R) ⊆ VL (F R) ⊆ VL (F ) nach (2). Sei nun x ∈ VL (F ) und sei f ∈ rad F R. Dann existiert ein t ∈ N+ mitPf t ∈ F R und somit gibt es f1 , . . . , fm ∈ F und h1 , . . . , hm ∈ R mit f t = m i=1 fi hi . Damit erhalten wir P Pm f (x)t = f t (x) = ( m i=1 fi hi ) (x) = i=1 fi (x)hi (x) = 0 , also f (x) = 0. Wir haben daher x ∈ VL (rad F R), also VL (F ) ⊆ VL (rad F R) und damit VL (F ) = VL (F R) = VL (rad F R). (5) Sei I := F R und J := F 0 R. Da {f g | f ∈ F, g ∈ F 0 }R = IJ, gilt VL ({f g | f ∈ F, g ∈ F 0 }) = VL (IJ) nach (4). Wegen IJ ⊆ I ∩ J folgt aus (2) und (4) VL (F ) ∪ VL (F 0 ) = VL (I) ∪ VL (J) ⊆ VL (I ∩ J) ⊆ VL (IJ) = VL ({f g | f ∈ F, g ∈ F 0 }). Sei nun x ∈ VL ({f g | f ∈ F, g ∈ F 0 }) und nehmen wir an, dass x 6∈ VL (F ). Dann gibt es ein f ∈ F mit f (x) 6= 0. Sei g ∈ F 0 . Dann gilt f (x)g(x) = (f g)(x) = 0, also g(x) = 0. Damit haben wir x ∈ VL (F 0 ) und es folgt VL ({f g | f ∈ F, g ∈ F 0 }) ⊆ VL (F ) ∪ VL (F 0 ), Folgerung 3.32. Sei F ⊆ R. Dann gibt es eine endliche Teilmenge F0 von F mit VL (F ) = VL (F0 ). Insbesondere gibt es für jede algebraische K-Menge V ⊆ AnL endlich viele Polynome f1 , . . . , fm ∈ R mit V = VL (f1 , . . . , fm ). Beweis. Da R noethersch ist, gibt es eine endliche Teilmenge F0 von F mit F R = F0 R und damit folgt die Behauptung aus Satz 3.31(4), Folgerung 3.33. Betrachtet man die algebraischen K-Mengen des AnL als abgeschlossen (bzw. ihre Komplemente als offen), so ist damit eine Topologie auf dem AnL gegeben. Definition 3.34. Die durch die algebraischen K-Mengen des AnL gegebene Topologie auf AnL heißt Zariski-Topologie des AnL bzgl. K. Satz 3.35. Seien E, E 0 , Eι , ι ∈ I (I Indexmenge), Teilmengen des AnL . Dann gilt: 94 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE (1) IK (E) = R genau dann, wenn E = ∅, und, falls #L = ∞, IK (AnL ) = 0. (2) Wenn E ⊆ E 0 , so folgt IK (E 0 ) ⊆ IK (E). T S (3) IK ι∈I Eι = ι∈I IK (Eι ). Beweis. (1) Die erste Aussage ergibt sich aus Lemma 3.9(1) und die zweite aus Lemma 3.28(2). (2) Sei f ∈ IK (E 0 ). Dann gilt f (x) = 0 für alle x ∈ E 0 , also erst recht für alle x ∈ E. Damit haben wir f ∈ IK (E) und somit folgt IK (E 0 ) ⊆ IK (E). S (3) Aus S(2) ergibt sich IK ι∈I Eι ⊆ IK (Eι ) für alle ι ∈ I, d. h. wir haben T IK ι∈I Eι ⊆ ι∈I IK (Eι ). T Sei f ∈ ι∈I IK (Eι ). Dann S gilt f ∈ IK (Eι ) für alleSι ∈ I, d. h. wir haben fT(x) = 0 für alle xS∈ ι∈I ι∈I Eι und dies liefert Eι . Damit ist f ∈ IK ι∈I IK (Eι ) ⊆ IK ι∈I Eι , Satz 3.36. Seien E, E 0 Teilmengen des AnL und sei F ⊆ R. Dann haben wir: (1) F ⊆ rad F R ⊆ IK (VL (F )). Dabei gilt F = IK (VL (F )) genau dann, wenn F Ideal einer Teilmenge des AnL ist. (2) E ⊆ VL (IK (E)). Dabei gilt Gleichheit genau dann, wenn E algebraische KMenge ist. (3) Wenn E, E 0 algebraische K-Mengen des AnL sind, so gilt E ⊆ E 0 genau dann, wenn IK (E 0 ) ⊆ IK (E) und E ⊂ E 0 genau dann, wenn IK (E 0 ) ⊂ IK (E). Beweis. (1) , (2) Es ist klar, dass F ⊆ IK (VL (F )) und dass E ⊆ VL (IK (E)). Ebenso ist klar, dass F Ideal einer Teilmenge des AnL ist bzw. dass E algebraische K-Menge ist, wenn F = IK (VL (F )) bzw. E = VL (IK (E)). Sei also F = IK (X) mit X ⊆ AnL . Dann folgt X ⊆ VL (IK (X)) = VL (F ) und somit IK (VL (F )) ⊆ IK (X) = F nach Satz 3.35(2), d. h. es gilt F = IK (VL (F )). Aus F ⊆ IK (VL (F )) folgt weiterhin F R ⊆ IK (VL (F )) und Lemma 3.28(1) liefert zusammen mit Übungsaufgabe 8b F ⊆ rad F R ⊆ rad IK (VL (F )) = IK (VL (F )). Sei nun E algebraische K-Menge, sagen wir E = VL (Y ) mit Y ⊆ R. Dann folgt Y ⊆ IK (VL (Y )) = IK (E) und Satz 3.31(2) liefert VL (IK (E)) ⊆ VL (Y ) = E, d. h. E = VL (IK (E)). 3.5. GRUNDLAGEN DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE 95 (3) ist unmittelbare Konsequenz aus (2), Satz 3.31(2) und Satz 3.35(2), Folgerung 3.37. Jede absteigende Kette E0 ⊇ E1 ⊇ E2 ⊇ . . . algebraischer K-Mengen des AnL wird stationär, d. h. es gibt ein t ∈ N mit Et = Et+1 = . . .. Beweis. Da R noethersch ist, wird die Idealkette IK (E0 ) ⊆ IK (E1 ) ⊆ IK (E2 ) ⊆ . . . stationär und damit ergibt sich die Behauptung aus Satz 3.36(3), Satz 3.38. (1) AnL ist mit der Zariski-Topologie bzgl. K ein noetherscher topologischer Raum. (2) Jede algebraische K-Menge des AnL ist irredundante Vereinigung endlich vieler eindeutig bestimmter irreduzibler algebraischer K-Mengen. (3) Eine algebraische K-Menge E des AnL ist irreduzibel genau dann, wenn IK (E) Primideal von R ist. Beweis. (1) ist Konsequenz aus Folgerung 3.37. (2) ist eine generelle Eigenschaft noetherscher topologischer Räume. (3) Sei E irreduzibel und seien f, g ∈ R mit f g ∈ P := IK (E). Nach Satz 3.36(2) und Satz 3.31(5)) gilt E ⊆ VL (IK (E)) ⊆ VL (f g) = VL (f ) ∪ VL (g), d. h. E = (E ∩ VL (f )) ∪ (E ∩ VL (g)). Daher folgt E = E ∩ VL (f ) oder E = E ∩ VL (g). O. B. d. A. gelte E = E ∩ VL (f ), d. h. E ⊆ VL (f ). Dann folgt f ∈ IK (VL (f )) ⊆ IK (E) = P (s. Satz 3.36(1) und Satz 3.35(2)), d. h. P ist Primideal. Sei nun P := IK (E) Primideal von R. Angenommen, E = U ∪ V mit algebraischen K-Mengen U, V ⊆ AnL , U ⊂ E, V ⊂ E. Dann gilt P = IK (E) = IK (U ) ∩ IK (V ) (Satz 3.35(3)) und IK (E) ⊂ IK (U ), IK (E) ⊂ IK (V ) (Satz 3.36(3)). Nach Satz 1.16(1) ist das aber unmöglich und damit ist E irreduzibel, Abschließend beweisen wir ein weiteres grundlegendes Resultat der algebraischen Geometrie, das den Zusammenhang zwischen den algebraischen K-Mengen des AnL und den Radikalidealen von R noch genauer beschreibt, wenn L algebraisch abgeschlossen ist. Damit wird auch der Hilbertschen Nullstellensatz verallgemeinert, s. Folgerung 3.40. Es sei jedoch bemerkt, dass dieses Resultat gleichzeitig eine Folgerung aus dem Hilbertschen Nullstellensatz ist, wie ein von S. Rabinowitch 1929 veröffentlichter sehr eleganter Beweis zeigt. Dieser Beweis, den wir unten auch verwenden werden, wird häufig auch als ”Trick von Rabinowitch” bezeichnet. 96 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE Theorem 3.39. Sei L algebraisch abgeschlossen. Dann sind durch E → 7 IK (E), E algebraische K-Menge des AnL , und I → 7 VL (I), I Radikalideal von R = K[X1 . . . , Xn ] , jeweils inklusionsumkehrende zueinander inverse bijektive Abbildungen IK : {X | Xalgebraische K-Menge des AnL } → {I | I Radikalideal von R} und VL : {I | I Radikalideal von R} → {X | Xalgebraische K-Menge des AnL } gegeben. Beweis. Generell (d. h. ohne die Voraussetzung ”L algebraisch abgeschlossen”) gilt: • IK bildet nach Satz 3.35(4) in die Menge der Radikalideale von R ab und IK sowie VL sind jeweils inklusionsumkehrende Abbildungen, s. Satz 3.35(2) und Satz 3.31(2). • VL ◦ IK = id, s. Satz 3.36(2). • id ⊆ IK ◦ VL , s. Satz 3.36(1). Damit ist IK insbesondere injektiv und VL surjektiv. Sei nun L algebraisch abgeschlossen. Es ist nur noch zeigen, dass IK (VL (I)) ⊆ I für jedes Radikalideal I von R. Sei also I Radikalideal von R und sei f ∈ IK (VL (I)), f 6= 0. Wir müssen zeigen, dass f ∈ I. Dazu wählen wir eine weitere Unbestimmte T und setzen S := R[T ] = K[X1 , . . . , Xn , T ] sowie J := (f T − 1)S + IS. Dann gilt VL (J) ⊆ An+1 L . Angenommen, VL (J) 6= ∅. Sei y ∈ VL (J). Wir schreiben y = (x1 , . . . , xn , t) mit x1 , . . . , xn , t ∈ L. Mit x := (x1 , . . . , xn ) ∈ AnL gilt dann x ∈ VL (I) (wegen I ⊂ J) und daher f (x) = 0. Dies liefert aber 0 = (f T − 1)(y) = f (x)t − 1 = −1, Widerspruch. Somit gilt VL (J) = ∅ und aus der idealtheoretischen Version des Hilbertschen Nullstellensatzes (Satz 3.10) folgt daher J = S. Es gibt also f1 , . . . , fm ∈ I sowie g, g1 , . . . , gm ∈ S, so dass (f T − 1)g + Pm i=1 fi gi = 1. 3.5. GRUNDLAGEN DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE 97 Sei : S → Rf (zur Bezeichnung s. den Beginn von Abschitt 3.2) der durch (T ) := f1 gegebene Einsetzungshomomorphismus. Dann folgt für i = 1, . . . , m mit qi := (gi ) ∈ Rf : Pm Pm i=1 fi qi = (f T − 1)g + i=1 fi gi = (1) = 1. Da qi = fhλii mit geeigneten hi ∈ R und λi ∈ N, i = 1, . . . , m, gilt mit λ := max{λ1 , . . . , λm }: P Pm λ−λi fλ = fλ m ∈ (f1 , . . . , fm )R ⊆ I, i=1 fi qi = i=1 fi hi f also f ∈ rad I = I, Folgerung 3.40. Sei L algebraisch abgeschlossen. Dann ist durch Y 7→ IK (Y ), Y irreduzible algebraische K-Menge des AnL , eine inklusionsumkehrende bijektive Abbildung von der Menge der irreduziblen algebraischen K-Mengen des AnL auf Spek R gegeben. Beweis. Nach Satz 3.38(3) ist IK (Y ) ∈ Spek R für jede irreduzible algebraische K-Menge Y des AnL (und zwar auch ohne die Voraussetzung ”L algebraisch abgeschlossen”). Ist umgekehrt P ∈ Spek R, so gilt nach Theorem 3.39 mit Y := VL (P ): IK (Y ) = IK (VL (P )) = rad P = P, da jedes Primideal Radikalideal ist. Nach Satz 3.38(3) ist Y damit irreduzibel, Bemerkung 3.41. Aus dem Beweis von Folgerung 3.40 ergibt sich, dass die Einschränkung von IK auf die Menge Y der irreduziblen algebraischen K-Mengen des AnL ganz allgemein, d. h. ohne die Voraussetzung ”L algebraisch abgeschlossen”, eine injektive Abbildung IK : Y → Spek R induziert, die für algebraisch abgeschlossenes L surjektiv und damit bijektiv ist. Sei L = K. In diesem Sinn kann die Aussage von Satz 3.10 (idealtheoretische Version des Hilbertschen Nullstellensatzes) bzw. von Folgerung 3.11 etwas allgemeiner wie folgt formuliert werden: Die Einschränkung von IK auf die Punkte des AnK beschreibt eine injektive und im Sinne der jeweilgen Zariski-Topologien stetige Abbildung IK : AnK → max Spek R, die für algebraisch abgeschlossenes K bijektiv und sogar ein Homöomorphismus ist. 98 3.6 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE Koordinatenringe Sei L|K wieder eine Körpererweiterung, wobei wir annehmen, dass L unendlicher Körper ist. Wie oben sei R := K[X1 , . . . , Xn ] mit Unbestimmten X1 , . . . , Xn . Sei E ⊆ AnL . Eine Abbildung ϕ : E → L nennt man K-polynomial, wenn es ein f ∈ R gibt mit ϕ(x) = f (x) für alle x ∈ E. Es ist klar, dass die Menge der Kpolynomialen Abbildungen E → L mit punktweiser Addition und Multiplikation eine K-Algebra bildet, die einerseits K-Unteralgebra der L- und damit K-Algebra Abb(E, L) aller Abbildungen von E nach L und andererseits epimorphes Bild von R ist, wobei der Kern dieses Epimorphismus IK (E) ist. Daher können wir die Menge der K-polynomialen Abbildungen E → L mit R/IK (E) identifizieren. Definition 3.42. Für E ⊆ AnL heißt die K-Algebra K[E] := R/IK (E) Koordinatenring oder affine K-Algebra von E. Seien E, E 0 Teilmengen von AnL mit E 0 ⊆ E. Es ist klar, dass jede K-polynomiale Abbildung E → L durch Einschränkung eine K-polynomiale Abbildung E 0 → L liefert und dass die dadurch induzierte Abbildung K[E] → K[E 0 ] der durch IK (E) ⊆ IK (E 0 ) (s. Satz 3.35(2)) induzierte K-Epimorphismus ist. Nach dem Homomorphiesatz ist sein Kern das Ideal IK (E, E 0 ) := IK (E 0 )/IK (E) von K[E]. Sei E ⊆ AnL . Die Abschließung E von E in AnL im Sinn der Zariski-Topologie ist definitionsgemäß der Durchschnitt aller algebraischen K-Mengen in AnL , die E enthalten. Aus Satz 3.35(2), Satz 3.31(2) und Satz 3.36(2) ergibt sich sofort, dass dies die algebraische K-Menge VL (IK (E)) ist, denn jede algebraische K-Menge von AnL , die E enthält, muss demnach VL (IK (E)) enthalten. Daher ist der durch Einschränkung gegebene Epimorphismus K[E] → K[E] Isomorphismus, so dass man sich bei der Betrachtung von Koordinatenringen auf algebraische K-Mengen beschränken kann. Sei nun X algebraische K-Menge in AnL . Indem wir von den Polynomen aus R zu den polynomialen Abbildungen aus K[X] und von den algebraischen K-Mengen in AnL zu den in X enthalenen algebraischen K-Mengen von AnL übergehen, erhalten wir zu den Aussagen in Abschnitt 3.5 analoge Aussagen. Die Nullstellenmengen von Teilmengen von K[X] sind dann Teilmengen von X und die Ideale von Teilmengen von X liegen in K[X]. (Genauer gilt für Φ ⊆ K[X] und Y ⊆ X: VL (Φ) = VL (F ), wenn F ⊆ R das Urbild von Φ unter dem kanonischen Epimorphismus R → K[X] ist, und IK (X, Y ) = IK (Y )/IK (X) ⊆ K[X] ist das Verschwindungsideal von Y ⊆ X, s. oben.) 3.6. KOORDINATENRINGE 99 Algebraische K-Mengen in X sind genau dann in X irreduzibel, wenn sie in AnL irreduzibel sind und entsprechen daher genau den Primidealen von K[X]. Ist L algebraisch abgeschlossen, so gilt der Hilbertsche Nullstellensatz mit seinen Folgerungen für algebraische K-Mengen in X. Darüber hinaus haben wir für jede algebraische K-Menge Y in X K[X]/IK (X, Y ) = K[Y ] . Da IK (X) Radikalideal in R ist, ist K[X] reduziert (d. h. das Nullideal von K[X] ist Radikalideal). Damit ist auch die Umkehrung obiger Überlegungen in dem folgenden Sinn richtig: Satz 3.43. Für jede endlich erzeugte reduzierte K-Algebra A gibt es ein n ∈ N, einen geeigneten Erweiterungskörper L von K und eine algebraische K-Menge X in AnL , so dass A ∼ = K[X] (als K-Algebren). Beweis. Sei A = K[x1 , . . . , xn ] mit x1 , . . . , xn ∈ A. Durch f 7→ f (x1 , . . . , xn ), f ∈ R, ist ein K-Algebra-Epimorphismus π : R → A gegeben. Sei I := Kernπ. Da A reduziert ist, ist I Radikalideal von R und nach Theorem 3.39 gilt I = IK (X) für eine geeignete algebraische K-Menge X des AnL , wenn L z. B. die algebraische Abschließung von K ist. Somit haben wir A ∼ = R/I = K[X], Im folgenden sei X eine beliebige nicht leere algebraische K-Menge im AnL . ”Abgeschlossen” bzw. ”offen” soll immer ”Zariski-abgeschlossen” (also ”algebraische K-Menge in X”) bzw. ”Zariski-offen” (also ”Komplementärmenge bzgl. X einer algebraischen K-Menge in X”) bedeuten. Sei U ⊆ X offen, sagen wir U = D(I) mit einem Ideal I von K[X]. Da K[X] noethersch ist, gibt es f1 , . . . , fm ∈ I mit I = (f1 , . . . , fm )K[X], so dass nach Satz 3.31(3) und (4) gilt U= Sm i=1 D(fi ) . Die D(f ), f ∈ K[X], bilden daher eine Basis für die Zariski-Topologie in X und darüber hinaus gibt esSfür jede Menge U offener Mengen aus X eine endliche S Teilmenge U0 , so dass U ∈U U = U ∈U0 U . Da K[X] i. a. kein faktorieller Ring ist, muss man bei der Definition von Abbildungen von Teilmengen von X in L, die durch Elemente von Q(R) gegeben sind, sorgfältiger vorgehen. Dazu definieren wir: Definition 3.44. Sei E nicht leere Teilmenge von X und ϕ : E → L eine Abbildung. 100 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE (a) Für x ∈ E heißt ϕ K-regulär in x, wenn es eine offene Teilmenge V von E (y) für mit x ∈ V sowie f, g ∈ K[X] mit V ⊆ DL (g) gibt, so dass ϕ(y) = fg(y) alle y ∈ V . (b) ϕ heißt K-regulär in E, wenn ϕ K-regulär ist für alle x ∈ E. Die Menge der K-regulären Abbildungen E → L bezeichen wir mit OX,K (E). Wenn Verwechslungen ausgeschlossen sind, kann man dabei den Index K weglassen. Bemerkungen 3.45. Mit den Bezeichnungen aus Definition 3.44 haben wir: 1. Sei Y weitere algebraische K-Menge des AnL mit E ⊆ Y ⊆ X. Dann ist die Definition K-regulärer Abbildungen E → L unabhängig davon, ob wir E als Teilmenge von X oder von Y auffassen, denn für x ∈ E und f ∈ K[X] gilt f (x) = f |Y (x) und eine Teilmenge V von E ist offen in E unabhägig davon, ob E als Teilmenge von X oder Y aufgefasst wird, so dass OX.K (E) in diesem Sinn eigentlich unabhängig von X ist. Die Angabe von X ist allerdings wichtig, wenn man Morphismen algebraischer K-Mengen und ihre Wirkung auf die K-regulären Abbildungen entsprechender Teilmengen betrachtet. 2. Man setzt OK (∅) := 0 (Nullring). 3. Jede K-polynomiale Abbildung f : E → L ist regulär, so dass K[E] ⊆ OK (E) ⊆ Abb(E, L). 4. Seien x und V wie in Definition 3.44(a). Dann ist ϕ K-regulär in allen Punkten von V und damit ist die Menge U aller Punkte von E, in denen ϕ K-regulär ist, offen in E. Da die Einschränkung von ϕ auf U regulär ist, bezeichnet man U als Regularitätsbereich von ϕ, kurz Rb(ϕ). 5. In Definition 3.44(a) kann man die offene Menge V und g ∈ K[X] so wählen, dass V = D(g) ∩ E. Wenn nämlich V ⊂ D(g) ∩ E, so wähle man ein Ideal I von K[X] mit V = D(I)∩E, sodann h ∈ I mit h(x) 6= 0 und ersetze g durch h)(y) (y) = (f für gh. Dann gilt x ∈ D(gh) ∩ E ⊆ D(I) ∩ E = V und ϕ(y) = fg(y) (gh)(y) alle y ∈ D(gh) ∩ E. Wenn dabei E sogar offen ist, kann man g ∈ K[X] und V so wählen, dass V = D(g). (Es gilt dann nämlich zunächst V = D(I) mit einem geeigneten Ideal I von K[X]. Dann wählt man h ∈ I mit h(x) 6= 0, ersetzt wieder g durch gh und erhält x ∈ D(gh) ⊆ D(I) = V .) 3.6. KOORDINATENRINGE 101 6. Sei E 0 ⊆ E. Ist x ∈ E 0 und ϕ K-regulär in x, so ist auch die Einschränkung von ϕ auf E 0 K-regulär in x. Damit ist durch Einschränkung eine Abbildung ρE,E 0 : OK (E) → OK (E 0 ) gegeben. Man nennt sie Restriktionsabbildung. Für ϕ ∈ OK (E) schreibt man statt ρE,E 0 (ϕ) oft nur ϕ|E 0 . (x) für alle x ∈ D(g) 7. Seien f, g ∈ K[X], g 6= 0. Dann ist die durch ϕ(x) := fg(x) gegebene Abbildung ϕ : D(g) → L K-regulär. Die Frage ist, ob ϕ auf eine D(g) umfassendere Teilmenge von X fortgesetzt werden kann, d. h. ob ϕ Einschränkung einer auf einer größeren Teilmenge von X definierten K-regulären Abbildung ist. Wenn X = AnL und f, g ∈ OK (AnL ) = R teilerfremd sind, so besitzt ϕ keine echte Fortsetzung. Beispiel 3.46. Sei n = 4, f := X1 X4 − X2 X3 ∈ R = K[X1 , X2 , X3 , X4 ], X := VL (f ) ⊆ A4L und Y := VL (X1 , X3 ) ⊆ A4L . Dann gilt Y ⊆ X da f ∈ (X1 , X3 )R . Weil f in jeder der Unbestimmten den Grad 1 hat, ist f irreduzibel, und damit sind f R und P := (X1 , X3 )R Primideale von R (ersteres, da R faktoriell ist, und letzteres nach Übungsaufgabe 13b). Insbesondere sind X und Y nach Satz 3.38(3) irreduzible algebraische K-Mengen. Wir schreiben K[X] := K[x1 , x2 , x3 , x4 ] mit xi := Xi + f R, i = 1, 2, 3, 4 und setzen U1 := DL (x1 ), U3 := DL (x3 ). U1 , U3 sind offene Teilmengen von X und bc | damit ist U := U1 ∪ U3 offene Teilmenge von X. Genauer gilt U = { a, b, c, 1 a ad a, b, c ∈ L, a 6= 0}, U3 = { a, c , c, d | a, b, c ∈ L, c 6= 0} und U = X \ Y . Für i = 1, 3 definieren wir Abbildungen ϕi : Ui → L durch ϕi (a1 , a2 , a3 , a4 ) := ai+1 ai für alle (a1 , a2 , a3 , a4 ) ∈ Ui . Es ist klar, dass ϕi regulär auf Ui ist, i = 1, 3. Da für alle x ∈ U1 ∩ U3 offensichtlich gilt ϕ1 (x) = ϕ3 (x), liefern ϕ1 , ϕ3 durch ”Verkleben” eine Abbildung ϕ : U → L, die für x ∈ U durch ( ϕ1 (x) wenn x ∈ U1 ϕ(x) := ϕ3 (x) wenn x ∈ U3 definiert ist. Es ist klar, dass ϕ regulär auf U ist, d. h. ϕ ∈ OX,K (U ). Man kann sich überlegen, dass U sogar Regularitätsbereich von ϕ ist, d. h. dass es keine auf einer U echt umfassenden offenen Teilmenge V von X reguläre Abbildung ψ : V → L gibt mit ϕ = ψ|U . Erste wichtige Eigenschaften K-regulärer Abbildungen formulieren wir in folgendem Lemma. Dabei werden in Aussage (3) die Überlegungen aus Beispiel 3.46 102 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE verallgemeinert. Aus garbentheoretischer Sich besagt diese Aussage unter Berücksichtigung von Satz 3.48(2) übrigens, dass OX,K ein Garbe (von Ringen) auf X bildet. Lemma 3.47. Für jede Teilmenge E von X gilt: (1) ρE,E = idOK (E) . (2) ρE 0 ,E 00 ◦ ρE,E 0 = ρE,E 00 für alle Teilmengen E 0 , E 00 von E mit E 00 ⊆ E 0 . S (3) Wenn E = ι∈I Uι für offene Teilmengen Uι von E, ι ∈ I (I Indexmenge), und wenn für alle ι ∈ I K-reguläre Abbildungen ϕι ∈ OX,K (Uι ) gegeben sind, so dass ϕι |Uι ∩Uλ = ϕλ |Uι ∩Uλ für alle ι, λ ∈ I, so gibt es ein eindeutig bestimmtes ϕ ∈ OX,K (E) mit ϕ|Uι = ϕι für alle ι ∈ I. Beweis. (1) und (2) sind generelle Eigenschaften, die bei Einschränkungen von Abbildungen gelten. Es ist daher nur (3) zu zeigen. Hierzu definiert man ϕ : E → L wie folgt: Für x ∈ E wählt man ι ∈ I, so dass x ∈ Uι und setzt ϕ(x) := ϕι (x). Nach Voraussetzung ist klar, dass ϕ(x) unabhängig von der Wahl von ι ist und dass ϕ dadurch eindeutig bestimmt ist. ϕ ist aber auch K-regulär, da für ι ∈ I jede offene Teilmenge von Uι auch offene Teilmenge von E ist, Satz und Definition 3.48. Sei E Teilmenge von X. (1) Sind Abbildungen ϕ1 , ϕ2 : E → L regulär in x ∈ E, so auch ϕ1 − ϕ2 und ϕ1 · ϕ2 . (2) OX,K (E) ist eine K-Unteralgebra von Abb(E, L) und damit insbesondere eine K-Algebra. Sie heißt K-Algebra der K-regulären Abbildungen auf E. (3) OX,K (E)∗ = { ∈ OX,K (E) | (x) 6= 0 für alle x ∈ E}. (4) Für jede Teilmenge E 0 von E ist die Restriktionsabbildung ρE,E 0 : OX,K (E) → OX,K (E 0 ) ein K-Algebra-Homomorphismus. Die Restriktionsabbildungen nennt man daher Restriktions(homo)morphismen. Beweis. (1) Für i = 1, 2 gibt es offene Teilmengen Vi von E mit x ∈ Vi sowie (y) fi , gi ∈ K[X] mit Vi ⊆ D(gi ), so dass ϕi (y) = fgii (y) für alle y ∈ Vi . Sei 3.6. KOORDINATENRINGE 103 V := V1 ∩ V2 , f := f1 f2 , g := g1 g2 und h := f1 g2 − f2 g1 . Dann gilt x ∈ V , V ⊆ D(g1 ) ∩ D(g2 ) = D(g) und wir haben für alle y ∈ V f1 (x) f2 (x) h(x) − = g1 (x) g2 (x) g(x) f1 (x) f2 (x) f (x) · = (ϕ1 · ϕ2 )(x) = ϕ1 (x) · ϕ2 (x) = , g1 (x) g2 (x) g(x) (ϕ1 − ϕ2 )(x) = ϕ1 (x) − ϕ2 (x) = sowie d. h. ϕ1 − ϕ2 und ϕ1 · ϕ2 sind regulär in x. (2) folgt aus (1). (3) Sei ∈ OK (E)∗ . Dann gibt es ein 0 ∈ OK (E) mit · 0 = 1. Für alle x ∈ E folgt hieraus aber (x) · 0 (x) = 1, insbesondere also (x) 6= 0. Umgekehrt gelte (x) 6= 0 für alle x ∈ E. Dann ist durch x 7→ (x)−1 , x ∈ E, eine Abbildung 0 : E → L definiert. Sei x ∈ E. Wähle eine offene Teilmenge V von E und f, g ∈ K[X] mit (y) x ∈ V ⊆ D(g), so dass (y) = fg(y) für alle y ∈ V . Nach Voraussetzung gilt V ⊆ D(f ) und damit 0 (y) = g(y) f (y) für alle y ∈ V , d. h. 0 ist regulär in x. Folglich gilt 0 ∈ OK (E) und, da · 0 = 1, ∈ OK (E)∗ . (4) ist wiederum klar, 104 KAPITEL 3. ELEMENTE DER ALGEBRAISCHEN GEOMETRIE Anhang A Idealquotienten Alle hier betrachteten Ringe seien kommutativ und besitzen ein Einselement. Definition A.1. R ein Ring, M ein R-Modul und A ein R-Untermodul von M . Für eine Teilmenge X von R setzen wir A :M X := {m ∈ M | xm ∈ A für alle x ∈ X} ⊆ M und A :M hXi := {m ∈ M | für alle x ∈ X gibt es ein n ∈ N mit xn m ∈ A} ⊆ M Bemerkungen A.2. Unter Verwendung der Bezeichnungen aus Definition A.1 haben wir: 1. Wenn X = {x} mit x ∈ R, so schreibt man statt A :M {x} bzw. A :M h{x}i kurz A :M x bzw. A :M hxi. 2. S Für x ∈ R gilt A :M x ⊆ A :M x2 ⊆ A :M x3 ⊆ . . . und A :M hxi = n n∈N A :M x . 3. Offensichtlich gilt A ⊆ A :M X ⊆ A :M hXi. Lemma A.3. Seien R ein Ring, M ein R-Modul, A, B R-Untermoduln von M mit A ⊆ B und X, Y Teilmengen von R mit X ⊆ Y . Dann gilt: (1) A :M X und A :M hXi sind R-Untermoduln von M . (2) A :M Y ⊆ A :M X und A :M hY i ⊆ A :M hXi. (3) A :M X = A :M I und A :M hXi = A :M hIi, wenn I := XR das von X erzeugte Ideal von R ist. 105 106 ANHANG A. IDEALQUOTIENTEN (4) A :B X = B ∩ (A :M X) und A :B hXi = B ∩ (A :M hXi). Beweis. (1) Nach Bemerkung A.2.3 sind A :M X und A :M hXi nicht leer. Seien r, r0 ∈ R. Sind m, m0 ∈ A :M X, so gilt x(rm+r0 m0 ) = rxm+r0 xm0 ∈ A für alle x ∈ X, so daß rm + r0 m ∈ A :M X. Damit ist A :M X R-Untermodul von M . Sind m, m0 ∈ A :M hXi und ist x ∈ X, so gibt es p, q ∈ N+ mit xp m, xq m0 ∈ A. Hieraus folgt xmax(p,q) (rm + r0 m0 ) = rxmax(p,q) m + r0 xmax(p,q) m0 ∈ A, d. h. rm + r0 m0 ∈ A :M hXi und damit ist auch A :M hXi R-Untermodul von M . (2) ergibt sich unmittelbar aus der Definition. (3) Nach (2) ist klar, daß A :M X ⊇ A :M I und A :M hXi ⊇ A :M hIi. Sei m ∈ A :M X und a ∈ I. Dann gibt es x1 , . . . , xn ∈ X und r1 , . . . , rn ∈ R mit a = r1 x1 + . . . + rn xn und wir erhalten am = r1 x1 m + . . . + rn xn m ∈ A, d. h. m ∈ A :M I. Somit gilt A :M X ⊆ A :M I, also A :M X = A :M I. Sei nun m ∈ A :M hXi und sei a ∈ I. Wie eben schreiben wir a = r1 x1 + . . . + rn xn mit x1 , . . . , xn ∈ X und r1 , . . . , rn ∈ R. Für jedes i = 1, . . . , n gibt es pi ∈ N+ mit xpi i m ∈ A. Mit p := p1 +. . .+pn gilt dann ap = s1 xp11 +. . .+sn xpnn mit geeigneten s1 , . . . , sn ∈ R und wir erhalten wie eben ap m ∈ A, also m ∈ A :M hIi. Damit folgt A :M hXi ⊆ A :M hIi, also A :M hXi = A :M hIi. (4) ist klar, Wegen Lemma A.3(3) bezeichnet man A :M X mitunter als Idealquotient und A :M hXi als Filter-Idealquotient von A in M mit X. Wir listen nun eine Reihe weiterer Regeln für Idealquotienten auf. Dabei kann man nach Lemma A.3(3) die auftretenden Ideale auch durch Teilmengen von R ersetzen. Bei den entsprechenden Aussagen hat man dann jedoch die Idealsumme durch die (mengentheoretische) Vereinigung und die Voraussetzung ”endlich erzeugt” durch die stärkere Bedingung ”endlich” zu ersetzen. Lemma A.4. Seien R ein Ring, M ein R-Modul, A, B R-Untermoduln von M mit A ⊆ B und A eine Menge von R-Untermoduln von M . Weiter seien I, J Ideale von R und I eine Menge von Idealen von R. Mit IJ bezeichnen wir das von {xy | x ∈ I, y ∈ J} erzeugte Ideal von R. Dann gilt: (1) (a) Wenn I ⊆ J, so folgt A :M J ⊆ A :M I. (b) (A :M I) :M J = A :M IJ. (c) A ⊆ A :M I ⊆ A :M I 2 ⊆ . . .. 107 (d) Wenn A :M I n = A :M I n+1 für ein n ∈ N, so folgt A :M I n = A :M I n+1 = A :M I n+2 = . . .. (e) A :M I ⊆ B :M I. T T (f ) A∈A A :M I = A∈A (A :M I). T P (g) I∈I (A :M I) = A :M I . I∈I (h) (B/A) :M/A I = (B :M I)/A. S S (i) A∈A (A :M I) ⊆ A∈A A :M I, wenn A Untermodulkette von M ist, mit Gleichheit, wenn I endlich erzeugt ist. (j) A ∩ xM = x(A :M x) für alle x ∈ R. (2) (a) Wenn I ⊆ J, so folgt A :M hJi ⊆ A :M hIi. (b) (A :M hIi) :M hJi ⊆ A :M hI ∩ Ji = A :M hIJi mit Gleichheit, wenn I endlich erzeugt ist. (c) A :M hIi = A :M hrad Ii. S (d) n∈N+ (A :M I n ) ⊆ A :M hIi mit Gleichheit, wenn I endlich erzeugt ist. (e) A :M hIi ⊆ B :M hIi. T T A : hIi = (f ) M A∈A (A :M hIi). P T A∈A (g) I∈I (A :M hIi) = A :M I∈I I . (h) (B/A) :M/A hIi = (B :M hIi)/A. S S (i) A∈A (A :M hIi) ⊆ A∈A A :M hIi, wenn A Untermodulkette von M ist, mit Gleichheit, wenn I endlich erzeugt ist. Beweis. (1) (a) folgt aus Lemma A.3(2). (b) Sei m ∈ (A :M I) :M J und seien x ∈ I, y ∈ J. Dann gilt ym ∈ A :M I und folglich xym ∈ A, also m ∈ A :M IJ nach Lemma A.3(3). Damit gilt (A :M I) :M J ⊆ A :M IJ. Die umgekehrte Inklusion ist klar. (c) Aus Bemerkung A.2.3 und (b) folgt A :M I n ⊆ (A :M I n ) :M I = A :M I n+1 für alle n ∈ N. (d) Mittels Induktion über k ergibt sich A :M I n+k = A :M I n+k+1 für alle k ∈ N aus (b). (e) ergibt sich sofort aus der Definition. T T (f) Nach (e) gilt A∈A A :M I ⊆ A∈A (A :M I). Die umgekehrte Inklusion ist klar. T P T (g) Aus (a) ergibt sich A : I ⊆ (A : I). Sei m ∈ M M I∈I I∈I I∈I (A :M P I) und x ∈ I∈I I. Dann gibt es I1 , . . . , In ∈ I und x1 ∈ I1 , . . . , xn ∈ In mit x = x1 +P . . . + xn und wir erhalten m ∈ A, d. h. T xm = x1 m + · · · + xnP m ∈ A : I . Somit folgt (A : I) ⊆ A : I , also M M M I∈I I∈I I∈I T P I∈I (A :M I) = A :M I∈I I . 108 ANHANG A. IDEALQUOTIENTEN (h) Sei m ∈ B :M I, also xm ∈ B für alle x ∈ I. Dann gilt x(m + A) = xm + A ∈ B/A für alle x ∈ I, also m + A ∈ (B/A) :M/A I und damit haben wir (B :M I)/A ⊆ (B/A) :M/A I. Wenn umgekehrt m ∈ M , so daß m + A ∈ (B/A) :M/A) I, also xm + A = x(m + A) ∈ B/A für alle x ∈ I, so folgt xm ∈ B für alle x ∈ I, also m ∈ B :M I und damit m + A ∈ (B :M I)/A. Es gilt also (B/A) :M/A I ⊆ (B :M I)/A und damit (B/A) :M/A I = (B :M I)/A. (i) S Nach (e) ist {A :M S x | A ∈ A} Untermodulkette in M und es gilt (A : I) ⊆ A :M I. Sei nun I endlich sagen M A∈A A∈A S erzeugt, wir I = (x1 , . . . , xn )R mit x1 , . . . ,S xn ∈ I und m ∈ A∈A A :M I. Für alle i = 1, . . . , n gilt dann xi m ∈ A∈A A und somit gibt es ein Bi ∈ A mit xi m ∈ Bi . S O. B. d. A. gelte B1 ⊆ B2 ⊆ S . . . ⊆ Bn =: B.SDann gilt m ∈ B :M I ⊆ A∈A (A :M I) und folglich A∈A A :M I ⊆ A∈A (A :M I). (j) Sicherlich gilt x(A :M x) ⊆ A ∩ xM . Sei also m ∈ A ∩ xM . Dann gibt es ein m0 ∈ M mit m = xm0 . Da somit xm0 ∈ A, folgt m0 ∈ A :M x, also gilt m ∈ x(A :M x). (2) (a) folgt aus Lemma A.3(2). (b) Wegen (I ∩ J)2 ⊆ IJ ⊆ I ∩ J gilt rad (I ∩ J) = rad (I ∩ J)2 ⊆ rad IJ ⊆ rad (I∩J), also rad (I∩J) = rad IJ. Daher folgt A :M hI ∩ Ji = A :M hIJi aus (c). Sei m ∈ (A :M hIi) :M hJi und sei z ∈ I ∩ J. Wegen z ∈ J gibt es ein p ∈ N+ mit z p m ∈ A :M hIi und wegen z ∈ I gibt es ein q ∈ N+ mit z p+q m = z q (z p m) ∈ A. Daher gilt m ∈ A :M hI ∩ Ji und wir haben (A :M hIi) :M hJi ⊆ A :M hI ∩ Ji ⊆ A :M hIJi. Sei nun I endlich erzeugt, sagen wir I = (x1 , . . . , xn )R. Sei m ∈ A :M hIJi und sei y ∈ J. Für i = 1, . . . , n gibt es dann ti ∈ N+ mit (xi y)ti m ∈ A. Mit t := max(t1 , . . . , tn ) gilt dann xti y t m = (xi y)t m ∈ A für i = 1, . . . , n, d. h. y t m ∈ A :M hIi nach Lemma A.3(3). Hieraus folgt aber m ∈ (A :M hIi) :M hJi, d. h. wir haben A :M hIJi ⊆ (A :M hIi) :M hJi und daher gilt die behauptete Gleichheit. (c) Wegen I ⊆ rad I gilt A :M hrad Ii ⊆ A :M hIi nach (a). Sei nun m ∈ A :M hIi und sei x ∈ rad I. Dann gibt es ein p ∈ N+ mit xp ∈ I und folglich gibt es ein q ∈ N+ mit xpq m = (xp )q m ∈ A, d. h. m ∈ A :M hrad Ii, so daß A :M hIi ⊆ A :M hrad Ii und damit A :M hIi = A :M hrad Ii. (d) Da für alle n ∈ N wegen rad (I n ) = rad I gilt A :M I n ⊆ A :M hI n i = S A :M hrad (I n )i = A :M hrad Ii = A :M hIi nach (c), folgt n∈N+ (A :M I n ) ⊆ A :M hIi. Sei nun I endlich erzeugt, sagen wir I = (x1 , . . . , xn )R, und sei m ∈ A :M hIi. Für i = 1, . . . , n gibt es dann ein ti ∈ N+ mit xtii m ∈ A. Mit 109 t := t1 + . . . + tn gilt dann aber xp11 · . . . · xpnn m ∈ A für alle S p1 , . . . , pn ∈nN t mit p1 + . . . + pn = t, S d. h. wir haben m ∈ S A :M I ⊆ n∈N+ (A :M I ). n Somit gilt A :M hIi ⊆ n∈N+ (A :M I ), also n∈N+ (A :M I n ) = A :M hIi. (e) ergibt sich sofort aus der Definition. T T (f) Nach (e) gilt A∈A A :M hIi ⊆ A∈A (A :M hIi). Die umgekehrte Inklusion ist klar. P T T (g) Aus (a) folgt P A :M I∈I I ⊆ I∈I (A :M hIi). Sei nun m ∈ I∈I (A :M hIi) und x ∈ I∈I I. Dann gibt es I1 , . . . , In ∈ I und x1 ∈ I1 , . . . , xn ∈ In mit x = x1 + . . . + xn . Für i = 1, . . . , n gibt es weiter pi ∈ N+ mit xpi i m ∈ A. Mit p := p1 + . . . + pm gilt P dann xp m ∈ A, T wie man sofort bestätigt. , d. h. I∈I (A :M hIi) ⊆ I∈I IP haben P Damit T wir m ∈ A :M (A : hIi) = A : A :M I , also M M I∈I I∈I I . I∈I (h) wird völlig analog bewiesen wie (1h). S S (i) A∈A A :M hIi ⊆ A∈A (A :M hIi) ergibt sich wie (1i). Ist I endlich erzeugt, so gilt dabei Gleichheit nach (1i) und (d), denn mit I ist auch I n endlich erzeugt für alle n ∈ N, Wir untersuchen nun, wie Quotientenbildungen mit Idealquotienten verträglich sind. Lemma A.5. Seien R ein Ring und U Unterhalbgruppe von (R; ·). Weiter seien M ein R-Modul, A R-Untermodul von M , X Teilmenge von R und I Ideal von R. Dann gilt mit X 0 := ϕU (X) = { ux | x ∈ X}, wobei u ∈ U beliebig gewählt sei, u 0 −1 und I := ϕU (I)(U R): (1) (a) U −1 (A :M X) ⊆ U −1 A :U −1 M X 0 mit Gleichheit, wenn X endlich ist. (b) U −1 (A :M I) ⊆ U −1 A :U −1 M I 0 mit Gleichheit, wenn I endlich erzeugt ist. (2) (a) U −1 (A :M hXi) ⊆ U −1 A :U −1 M hX 0 i mit Gleichheit, wenn X endlich ist. (b) U −1 (A :M hIi) ⊆ U −1 A :U −1 M hI 0 i mit Gleichheit, wenn I endlich erzeugt ist. Beweis. Sei zunächst X einelementig, sagen wir, X = {x}. Mit x0 := ϕU (x) gilt dann: xm Seien m ∈ A :M x und u ∈ U . Da x0 m = uxm ∈ U −1 A, folgt u u2 u x0 und wir erhalten U −1 (A :M x) ⊆ U −1 A :U −1 M x0 . m u ∈ U −1 A :U −1 M Seien m ∈ M und u ∈ U , so dass m ∈ U −1 A :U −1 M x0 . Da dann xm = x0 m ∈ u u u −1 U A, gibt es ein v ∈ U mit vxm ∈ A, d. h. vm ∈ A :M x. Damit folgt aber 110 ANHANG A. IDEALQUOTIENTEN = vm ∈ U −1 (A :M x) und wir erhalten U −1 A :U −1 M x0 ⊆ U −1 (A :M x), also vu U −1 (A :M x) = U −1 A :U −1 M x0 . m u Aus den Bemerkungen B.32.4 sowie A.2.2 ergibt sich hieraus wegen (xn )0 = (xn )0 (n ∈ N) [ [ U −1 (A :M hxi) = U −1 A :M xn = U −1 (A :M xn ) n∈N = [ U −1 n∈N A :U −1 M (x0 )n = U −1 A :U −1 M hx0 i . n∈N Sei nun X beliebige (endliche) Menge. Setzen wir für x ∈ X wieder x0 := ϕU (x), so gilt mit dem soeben Gezeigten, den Lemmata A.3(3) sowie A.4(1g) und Satz B.31(4) \ \ U −1 (A :M X) = U −1 (A :M XR) = U −1 A :M xR = U −1 A :M x x∈X ⊆ (=) = \ U x∈X −1 U −1 0 A :U −1 M x = \ U x∈X −1 0 A :U −1 M x (U −1 R x∈X 0 A :U −1 M X (U −1 R = U −1 A :U −1 M X 0 und entsprechend mit den Lemmata A.3(3) sowie A.4(2g) U −1 (A :M hXi) = U −1 A :U −1 M hX 0 i , womit das Lemma bewiesen ist, Bemerkung A.6. Folgende Beobachtung erweist sich bei der Behandlung von (Filter-)Idealquotienten (s. Anhang A) häufig als sehr nützlich: Seien hierzu R ein kommutativer Ring, M ein R-Modul und I ein Ideal von R. Dann sei α : Hom R (R/I, M ) → M die durch α(f ) := f (1R + I) für alle f ∈ Hom R (R/I, M ) definierte Abbildung. Man bestätigt schnell, dass α ein R-Monomorphismus ist mit Bild α = 0 :M I, s. hierzu auch Übungsaufgabe 3(d). Daher induziert α einen R-Isomorphismus Hom R (R/I, M ) ∼ = 0 :M I , vermöge dessen man 0 :M I mit Hom R (R/I, M ) identifizieren kann. Ist A ein RUntermodul von M , so ergibt sich hieraus mit Lemma A.4(1h) (man setze dort B = A) (A :M I)/A ∼ = Hom R (R/I, M/A) . 111 Unter Verwendung von Satz B.29 zusammen mit Bemerkung B.32.1 lässt sich damit ein einfacher Beweis von Lemma A.5 gewinnen. 112 ANHANG A. IDEALQUOTIENTEN Anhang B Quotientenstrukturen Wir wollen hier folgenden Problematik diskutieren: Sei H eine Halbgruppe und U Teilmenge von H. Gibt es ein Monoid M , das H als Unterhalbgruppe enthält und in dem alle Elemente von U invertierbar sind (d. h. für den U ⊆ M ∗ gilt)? Bekannte Beispiele hierfür erhält man für H = N. In Z besitzen sogar alle Elemente von N ein additives Inverses (hier ist U = N) und in Q+ besitzen alle Elemente von N+ ein multiplikatives Inverses (hier ist U = N+ ). Dabei stellt sich heraus, dass Z bzw. Q+ in einem noch zu präzisierenden Sinn sogar kleinstmöglich mit dieser Eigenschaft sind. Diese Überlegungen werden wir danach auf Ringe und Moduln erweitern. Dann ist z. B. Q ein Körper, der N und Z enthält und in dem alle Elemente von N additiv und alle von Null verschiedenen Elemente von N und von Z multiplikativ invertierbar sind. Auch Q ist dann kleinstmöglich mit dieser Eigenschaft. Es wird sich jedoch zeigen, dass das eingangs formulierte Ziel nur unter zusätzlichen Voraussetzungen an U erreichbar ist. Auch wird der Monoid M i. a. H nicht als Unterhalbgruppe enthalten, sondern es wird lediglich einen ”universellen” Homomorphismus H → M geben. Entsprechendes gilt dann auch für den Ringfall. B.1 Quotientenbildungen in Halbgruppen Sei H eine Halbgruppe. Ein Element von H heißt zentral, wenn es mit allen anderen Elementen von H kommutiert. Die Menge der zentralen Elemente von H heißt Zentrum von H und wird mit Z(H) bezeichnet (s. Übungsaufgabe LAI 43), d. h. Z(H) := {a ∈ H | ab = ba für alle b ∈ H} . 113 114 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN Wenn Z(H) 6= ∅, so ist Z(H) Unterhalbgruppe von H, wie man sofort erkennt. Ist H Monoid, so ist Z(H) stets Untermonoid von H und es gilt Z(H) ∩ H ∗ ⊆ Z(H ∗ ). Definition B.1. (a) Ein Element a einer Halbgruppe H heißt linkskürzbar oder linksregulär (rechtskürzbar oder rechtsregulär), wenn für alle x, y ∈ H mit x 6= y gilt ax 6= ay (xa 6= ya). a heißt kürzbar oder regulär, wenn es linksund rechtskürzbar ist. (b) Sind alle Elemente einer Halbgruppe H linkskürzbar (rechtskürzbar, kürzbar), so sagt man, in H gelte die linke Kürzungsregel (rechte Kürzungsregel, Kürzungsregel). Bemerkungen B.2. 1. Invertierbare Elemente eines Monoids sind kürzbar. Damit gilt in einer Gruppe und folglich in jeder Unterhalbgruppe einer Gruppe die Kürzungsregel. 2. Ein Element eines Ringes ist in Bezug auf dessen multiplikative Struktur genau dann kürzbar, wenn es Nichtnullteiler dieses Ringes ist. 3. Sei H eine Halbgruppe. Für a ∈ H definieren wir Abbildungen λa , ρa : H → H , indem wir für alle x ∈ H setzen λa (x) := ax, ρa (x) := xa. λa heißt Linkstranslation und ρa Rechtstranslation von H mit a. Offenbar sind für a ∈ H folgende Bedingungen äquivalent: (i) a ist linkskürzbar (rechtskürzbar) (ii) λa (ρa ) ist injektiv (iii) Die durch die zweistellige Operation in H gegebene Linksoperation (Rechtsoperation) von H auf sich selbst ist einfach (vgl. Definition LA 3.1 und Bemerkung LA 3.2.2). 4. Ist die Menge der linkskürzbaren (rechtskürzbaren) Elemente einer Halbgruppe H nicht leer, so bildet sie eine Unterhalbgruppe von H. Ist dabei H Monoid, so bildet die Menge der linkskürzbaren (rechtskürzbaren) Elemente von H sogar ein Untermonoid von H, das H ∗ enthält, s. 1. 5. Für zentrale Elemente einer Halbgruppe fallen die Begriffe ”linkskürzbar”, ”rechtskürzbar” und ”kürzbar” zusammen und Links- und Rechtstranslation mit solchen Elementen stimmen überein. B.1. QUOTIENTEN IN HALBGRUPPEN 115 Definition B.3. Sei H eine Halbgruppe und X eine nicht leere Menge, auf der H von links operiert (s. Definition LA 3.1). Für jede Unterhalbgruppe U von H definieren wir eine zweistellige Relation U ≈ auf U × X, indem wir für alle (u, x), (v, y) ∈ U × X setzen (u, x) U ≈ (v, y) ⇐⇒ es gibt ein w ∈ U mit wva = wub . Operiert H von rechts auf X, so definieren wir entsprechend eine zweistellige Relation ≈U auf X × U , indem wir für alle (x, u), (y, v) ∈ X × U setzen (x, u) ≈U (y, v) ⇐⇒ es gibt ein w ∈ U mit avw = buw . Bemerkungen B.4. Mit den Bezeichnungen von Definition B.3 haben wir: 1. Da die zweistellige Operation in einer Halbgruppe H eine Links- und eine Rechtsoperation von H auf sich selbst bewirkt (s. Bemerkung LA 3.2.2), sind die Relationen aus Definition B.3 auch auf U × H bzw. auf H × U definiert (man setze dort X = H). 2. Wenn für x, y ∈ X und u, v ∈ U gilt vx = uy, so folgt selbstverständlich (u, x) U ≈ (v, y). Die Umkehrung ist richtig, wenn die Elemente von U einfach auf X operieren (s. Definition LA 3.1(c)). 3. Aus 2. ergibt sich sofort, dass für alle x ∈ X, alle a ∈ H und alle u, v ∈ U gilt (vx, uv) U ≈ (x, u) und (va, uv) U ≈ (a, u) ≈U (av, vu) . Ist U kommutativ, so ergibt sich z. B. hieraus insbesondere (v, v) U ≈ (u, u) und (v, v) ≈U (u, u) für all u, v ∈ U . Im folgenden werden wir uns der Einfachheit halber auf Linksoperationen und die Relation U ≈ beschränken. Alle Aussagen gelten natürlich auch entsprechend für Rechtsoperationen und die Relation ≈U . Lemma B.5. Sei H eine Halbgruppe, U kommutative Unterhalbgruppe von H und X eine nicht leere Menge, auf der H von links operiert. Dann ist U ≈ Äquivalenzrelation auf U × X. Wenn U ⊆ Z(H), so gilt außerdem: Für alle (u, a), (u0 , a0 ) ∈ U × H und alle (v, x), (v 0 , x0 ) ∈ U × X mit (u, a) U ≈ (u0 , a0 ) und (v, x) U ≈U (v 0 , x0 ) folgt (uv, ax)U ≈U (u0 v 0 , a0 x0 ). 116 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN Beweis. Reflexivität und Symmetrie von U ≈ sind klar. Seien also (u, x), (v, y), (w, z) ∈ U × X mit (u, x) U ≈ (v, y) und (v, y) U ≈ (w, z). Dann gibt es a, b ∈ U mit avx = auy, bwy = bvz und wir erhalten (abv)wx = bwavx = bwauy = aubwy = aubvz = (abv)uz , d. h. (u, x) U ≈ (w, z) (Transitivtät), und damit ist U ≈ Äquivalenzrelation. Es gelte nun U ⊆ Z(H). Laut Voraussetzung gibt es b, w ∈ U mit wu0 a = wua0 , bv 0 x = bvx0 und hieraus folgt (bw)(u0 v 0 )(ax) = (wu0 a)(bv 0 x) = (wua0 )(bvx0 ) = (bw)(uv)(a0 x0 ) , also (uv, ax) U ≈ (u0 v 0 , a0 x0 ). Definition B.6. (a) Sei H eine Halbgruppe, U kommutative Unterhalbgruppe von H und X eine nicht leere Menge, auf der H von links operiert. Die Menge der Äquivalenzklassen von U × X bzgl. U ≈ wird mit U −1 X bezeichnet, d. h. U −1 X := (U × X)/U ≈. Man nennt sie Linksquotientenmenge von X zur Nennermenge U . (b) Für (u, x) ∈ U × X sei U ux oder, wenn Verwechslungen ausgeschlossen sind, ux die Äquivalenzklasse von (u, x) bzgl. U ≈. Ein derartiges Element nennt man auch Linksbruch von X zur Nennermenge U . Bemerkungen B.7. 1. Die zweite Aussage von Lemma B.5 kann nun auch 0 0 wie folgt formuliert werden: Wenn ux = ux0 in U −1 H und xv = xv0 in U −1 X, 0 0 ax so folgt uv = ua 0xv0 in U −1 X. 2. Operiert H von rechts auf X 6= ∅, so bezeichnet man für eine kommutative Untergruppe U von H die Menge der Äquivalenzklassen von X × U bzgl. ≈U mit XU −1 und nennt sie Rechtsquotientenmenge von X zur Nennermenge U . Ihre Elemente heißen entsprechend Rechtsbrüche von X zur Nennermenge U , Bezeichnung ux U (x ∈ X, u ∈ U ). In Satz B.8(11) werden wir sehen, dass unter bestimmten Voraussetzungen an U die entsprechenden Links- und Rechtsquotientenmengen sogar bis auf Isomorphie übereinstimmen. Satz B.8. Sei H eine Halbgruppe, die auf einer nicht leeren Menge X von links operiert, und sei U Unterhalbgruppe von Z(H). Dann gilt: ab (1) Durch ua · vb := uv (a, b ∈ H, u, v ∈ U ) ist eine zweistellige Operation auf −1 U H erklärt, bzgl. derer U −1 H ein Monoid ist. Ist H kommutativ, so auch U −1 H. B.1. QUOTIENTEN IN HALBGRUPPEN 117 ax (2) Durch ua xv := uv (a ∈ H, x ∈ X, u, v ∈ U ) ist eine Linksoperation von U −1 H auf U −1 X erklärt. (3) (U −1 H)∗ = U −1 Sat(U ). Zur Definition der Sättigung Sat(U ) ⊆ H von U s. Übungsaufgabe 2; man beachte, dass U ⊆ Sat(U ) ∩ Z(H) ⊆ Z(Sat(U )). (4) Sei u ∈ U . Durch x 7→ ux , x ∈ X, ist eine von der Wahl von u unabhängige u −1 Abbildung ϕX : X → U X erklärt, für die gilt U X H ϕX U (ax) = ϕU (a)ϕU (x) für alle a ∈ H, x ∈ X . −1 Insbesondere ist ϕU := ϕH H ein Homomorphismus, für den U : H → U −1 −1 ∗ ϕU (U ) ⊆ Z(U H) ∩ (U H) gilt. Ist dabei H Monoid, so ist ϕU Monoidhomomorphismus. (5) Für jeden Homomorphismus f : H → M in ein Monoid M mit f (U ) ⊆ Z(M ) ∩ M ∗ gibt es einen eindeutig bestimmten Monoidhomomorphismus g : U −1 H → M mit f = g ◦ ϕU . (6) Sei V weitere Unterhalbgruppe von Z(H) mit U ⊆ V . Durch U ux 7→ V ux , −1 x ∈ X, u ∈ U , ist eine Abbildung ϕX X → V −1 X erklärt. Hierfür gilt U,V : U H mit ϕU,V := ϕU,V : X a x x a • ϕX U,V U u U v = ϕU,V U u ϕU,V U u , a ∈ H, x ∈ X, u, v ∈ U . X X • ϕX U,W = ϕV,W ◦ϕU,V für alle Unterhalbgruppen W von Z(H) mit V ⊆ W . (7) Sei V weitere Unterhalbgruppe von Z(H) mit U ⊆ V . ϕX U,V ist genau dann injektiv, wenn für alle x, y ∈ X gilt: Aus ux 6= uy für alle u ∈ U folgt vx 6= vy für alle v ∈ V . (8) Sei V weitere Unterhalbgruppe von Z(H) mit U ⊆ V . ϕX U,V ist genau dann X bijektiv, wenn ϕU,V injektiv ist und es für alle x ∈ X und alle v ∈ V ein y ∈ X und ein u ∈ U gibt mit vy = ux. Insbesondere sind folgende Bedingungen äquivalent: (i) ϕX U,V ist bijektiv für alle Mengen X 6= ∅, auf denen H von links operiert (ii) ϕU,V ist bijektiv (iii) V ⊆ Sat(U). (9) ϕX U ist genau dann injektiv, wenn für alle x, y ∈ X mit x 6= y und alle u ∈ U gilt ux = 6 uy (d. h. die Elemente von U operieren einfach auf X). (10) ϕX U ist genau dann bijektiv, wenn es für jedes x ∈ X und jedes u ∈ U genau ein y ∈ X gibt mit uy = x. Ist H Monoid, so sind folgende Eigenschaften äquivalent: 118 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN (i) ϕX U ist bijektiv für alle Mengen X 6= ∅, auf denen H von links operiert (ii) ϕU ist bijektiv (iii) U ⊆ H ∗ . (11) Durch U ua 7→ ua U , a ∈ H, u ∈ U , ist ein Monoidisomorphismus U −1 H → HU −1 definiert. Beweis. (1) , (2) Aus Lemma B.5 (s. auch Bemerkung B.7.1.) ergibt sich die Wohldefiniertheit von ua · vb (a, b ∈ H, u, v ∈ U ) bzw. von ua xv (a ∈ H, x ∈ X, u, v ∈ U ). Seien nun (u, a), (v, b) ∈ U × H und (w, x) ∈ U × X. Dann gilt (ab)x a(bx) u b x ab x · = uv = (uv)w = u(vw) = . . . = ua vb wx . v v w w Hieraus folgt, dass U −1 H Halbgruppe ist, die zudem auf U −1 X von links operiert. Die Kommutativitätsaussage ergibt sich unmittelbar aus der Definition. Sei v ∈ U . Da für alle (u, a) ∈ U × H gilt (s. Bemerkung B.4.3) a u · v v = av uv = a u = va vu = v v · ua , ist vv neutrales Element von U −1 H, d. h. U −1 H ist Monoid. Entsprechend ergibt sich ebenfalls mit Bemerkung B.4.3 für alle x ∈ X, u ∈ U vx vu = x u , d. h. U −1 H operiert von links auf U −1 X. (3) Sei (u, a) ∈ U × H, so dass ua ∈ (U −1 H)∗ . Dann gibt es (v, b) ∈ U × H mit ab ba = vb · ua = vv = . . . = uv , d. h. für geeignete w, w0 ∈ U gilt (wvb)a = vu wvuv ∈ U und a(w0 vb) = w0 vab = w0 uv 2 ∈ U . Wir haben also a ∈ Sat(U ), d. h. ua ∈ U −1 Sat(U ), und somit (U −1 H)∗ ⊆ U −1 Sat(U ). Wenn umgekehrt (v, b) ∈ U × Sat(U ), so gibt es c, d ∈ H mit bc, db ∈ U bcv und es gilt vb · cv = vbc = vv sowie vd · vb = vdb = vv , d. h. cb ∈ (U −1 H)∗ mit bc db dbv −1 b = cv = vd und somit U −1 Sat(U ) ⊆ (U −1 H)∗ . c bc db (4) Nach Bemerkung B.4.3 gilt ux = vx für alle x ∈ X und alle u, v ∈ U , so dass u v X ϕU von u unabhängig ist. Nach Übungsaufgabe 2(a) und nach (3) gilt weiter −1 ϕU (U ) = ϕH H)∗ . Da für u, v ∈ U und a ∈ H gilt uv ua = uva2 = U (U ) ⊆ (U av = ua uv , ist uv zentral und damit folgt ϕU (U ) ⊆ Z(U −1 H) ∩ (U −1 H)∗ . u2 Seien nun a ∈ H und x ∈ X. Dann gilt ϕX U (ax) = uax u = u2 ax u2 = uaux u2 = ua ux u u X = ϕH U (a)ϕU (x) . Ist H Monoid mit neutralem Element e, so gilt ϕU (e) = Monoidhomomorphismus. ue u = uu , d. h. ϕU ist B.1. QUOTIENTEN IN HALBGRUPPEN 119 (5) Sei M ein Monoid mit neutralem Element e und f : H → M ein Homomorphismus mit f (U ) ⊆ Z(M ) ∩ M ∗ . Sind (u, a), (v, b) ∈ U × H mit ua = vb , so gibt es ein w ∈ U mit wva = wub und wir erhalten f (w)f (v)f (a) = f (wva) = f (wub) = f (w)f (u)f (b). Wegen f (u), f (v), f (w) ∈ Z(M ) ∩ M ∗ folgt hieraus f (u)−1 f (a) = f (u)−1 f (v)−1 f (w)−1 f (w)f (v)f (a) = f (u)−1 f (v)−1 f (w)−1 f (w)f (u)f (b) = f (v)−1 f (b) . Daher ist durch ua 7→ f (u)−1 f (a), a ∈ H, u ∈ U , eine Abbildung g : U −1 H → M erklärt. Da für a, b ∈ H, u, v ∈ U gilt g( ua · vb ) = = u g( u ) = (g ◦ ϕU )(a) = ab g( uv ) = f (uv)−1 f (ab) = f (v)−1 f (u)−1 f (a)f (b) f (u)−1 f (a)f (v)−1 f (b) = g( ua )g( vb ) , f (u)−1 f (u) = e und g( ua ) = f (u)−1 f (ua) = f (u)−1 f (u)f (a) = f (a) , u ist g Monoidhomomorphismus mit g ◦ ϕU = f . Angenommen, h : U −1 H → M ist weiterer Monoidhomomorphismus mit h(U ) ⊆ Z(M ) ∩ M ∗ und h ◦ ϕU = f . Da dann für alle a ∈ H, v ∈ U gilt )−1 · ua ) = h( uv )−1 h( ua ) = (h ◦ ϕU )(v)−1 (h ◦ ϕU )(a) h( av ) = h(( uv u u u u = f (v)−1 f (a) = (g ◦ ϕU )(v)−1 (g ◦ ϕU )(a) = . . . = g( av ) , gilt h = g, d. h. g ist mit den angegebenen Eigenschaften eindeutig bestimmt. (6) Seien x, y ∈ X, u, v ∈ U mit U ux = U yv . Dann gibt es ein w ∈ U ⊆ V mit wvx = wuy. Daher gilt V ux = V yv , so dass ϕX U,V wohldefiniert ist. Nun gilt für a ∈ H, x ∈ X und u, v ∈ U X X a x ax ax a x a x ϕX U,V (U u U v ) = ϕU,V (U uv ) = V uv = V u V v = ϕU,V (U u )ϕU,V (U v ) und x X X X X X x x x x ϕX V,W ◦ ϕU,V ( u ) = ϕV,W ϕU,V (U u ) = ϕV,W (V u ) = W u = ϕU,W (U u ) , X X also ϕX U,W = ϕV,W ◦ ϕU,V . 120 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN 0 (7) Sei ϕX U,V injektiv und seien x, y ∈ X, v ∈ V mit vx = vy. Wähle u ∈ U . Da x vu0 x = vu0 y, gilt V ux0 = V uy0 (s. Bemerkung B.4.2) und folglich ϕX U,V (U u0 ) = y y y x x X 0 V 0 = V 0 = ϕ U,V (U u0 ), also U u0 = U u0 . Somit gibt es ein w ∈ U mit wu x = u u 0 0 wu y, d. h. wir haben ux = uy mit u := wu ∈ U . Umgekehrt gelte für alle x, y ∈ X: Aus ux 6= uy für alle u ∈ U folgt vx 6= vy x x0 X für alle v ∈ V . Seien x, x0 ∈ X und u, u0 ∈ U mit ϕX U,V (U u ) = ϕU,V (U u0 ), d. h. 0 x V = V ux0 . Dann gibt es ein v ∈ V mit vu0 x = vux0 und folglich existiert ein u 0 w ∈ U mit wu0 x = wux0 , d. h. wir haben U ux = U ux0 . Damit ist ϕX U,V injektiv. (8) Sei ϕU,V bijektiv. Dann ist ϕU,V insbesondere injektiv. Zu x ∈ X, v ∈ V gibt y0 y0 0 0 es y 0 ∈ X, u0 ∈ U mit V xv = ϕX U,V (U u0 ) = V u0 , d. h. wvy = wu x für geeignetes X w ∈ V . Wegen der Injektivität von ϕU,V dürfen wir nach (7) annehmen, dass w ∈ U . Dann folgt vy = ux mit y := wy 0 ∈ X, u := wu0 ∈ U . Umgekeht sei ϕX U,V injektiv und zu jedem (v, x) ∈ V × X gebe es ein (u, y) ∈ U × X mit vy = ux. Seien dann x ∈ X, v ∈ V . Wähle y ∈ X, u ∈ U vy y X = V vu = V uy = ϕX mit vy = ux. Dann folgt V xv = V ux U,V (U u ), d. h. ϕU,V ist uv surjektiv und damit bijektiv. Wir zeigen nun die Äquivalenz der weiterhin genannten drei Eigenschaften, wobei die Implikation (i) ⇒ (ii) trivial ist. (ii) ⇒ (iii): Sei ϕU,V bijektiv und sei v ∈ V . Wähle u ∈ U . Da ϕU,V insbesondere surjektiv ist, gibt es a ∈ H und u0 ∈ U mit V uv = ϕU,V (U ua0 ) = V ua0 , d. h. es existiert ein v 0 ∈ V mit v 0 u0 u = v 0 va. Wegen der Injektivität von ϕU,V gibt es daher nach (7) ein w ∈ U mit wva = wu0 u ∈ U . Da wegen v ∈ V ⊆ Z(H) gilt wva = vwa = wav, haben wir v ∈ Sat(U ) und folglich V ⊆ Sat(U ). (iii) ⇒ (i) Sei (v, x) ∈ V × X. Dann gibt es ein a ∈ H mit av ∈ U und wir = ϕU,V (U ax ). erhalten wegen (av)x = v(ax) (s. Bemerkung B.4.2) V xv = V ax av av ax X −1 Damit ist ϕU,V wegen U av ∈ U X surjektiv. Seien nun x, y ∈ X und v ∈ V mit vx = vy. Wir wählen c ∈ H mit cv ∈ U und erhalten (cv)x = (cv)y. Nach (7) ist ϕX U,V daher injektiv, also bijektiv. (9) , (10) werden analog wie (7) und (8) gezeigt. (11) Wenn für (u, a), (v, b) ∈ U × H gilt (u, a)U ≈ (v, b), so gibt es ein w ∈ U mit wva = wub und wegen U ⊆ Z(H) folgt hieraus avw = buw, d. h. (a, u) ≈U (b, v). Umgekehrt folgt für (a, u), (b, v) ∈ H × U aus (a, u) ≈U (b, v) natürlich auch (u, a)U ≈ (v, b), so dass durch U ua 7→ ua U , a ∈ H, u ∈ U , eine bijekive Abbildung U −1 H → HU −1 definiert ist. Es ist klar, dass es sich dabei sogar um einen Monoidhomomorphismus, also um einen Monoidisomorphismus handelt, B.1. QUOTIENTEN IN HALBGRUPPEN 121 Folgerung B.9. Eine kommutative Halbgruppe H ist genau dann Unterhalbgruppe einer Gruppe, wenn in H die Kürzungsregel gilt. In diesem Fall ist H sogar Unterhalbgruppe einer abelschen Gruppe. Beweis. Nach Bemerkung B.2.1 gilt in jeder Unterhalbgruppe einer Gruppe die Kürzungsregel. Sei nun H eine kommutative Halbgruppe mit Kürzungsregel. Nach Satz B.8(9) ist dann der Homomorphismus ϕH : H → H −1 H =: G injektiv, also Monomorphismus. Indem wir die Elemente von H mit ihren Bildelementen unter ϕH identifizieren, dürfen wir o. B. d. A. annehmen, daß H Unterhalbgruppe von G ist. Nach Satz B.8(1) ist G kommutatives Monoid und nach Satz B.8(3) gilt G∗ = H −1 Sat(H) = H −1 H = G, d. h. G ist abelsche Gruppe, Bemerkung B.10. Mit den Bezeichnungen von Satz B.8 ist U −1 H durch die in Aussage (5) gezeigte Eigenschaft bis auf (sogar eindeutig bestimmte) Isomorphie eindeutig bestimmt. Ist nämlich K Monoid und ϕ : H → K Homomorphismus, so dass ϕ(U ) ⊆ Z(K)∩ K ∗ und es für jeden Homomorphismus f : H → M in ein Monoid M mit f (U ) ⊆ Z(M ) ∩ M ∗ einen eindeutig bestimmten Monoidhomomorphismus h : K → M mit f = h◦ϕ gibt, so gibt es einen (eindeutig bestimmten) Monoidisomorphismus λ : K → U −1 H mit λ ◦ ϕ = ϕU . Die Existenz eines Monoidhomomorphismus λ mit λ ◦ ϕ = ϕU ergibt sich, indem man hier zunächst M = U −1 H und f = ϕU setzt. Setzt man dann in Satz B.8(5) M = K und f = ϕ, so ergibt sich die Existenz eines Monoidhomomorphismus µ : U −1 H → K mit µ ◦ ϕU = ϕ. Da somit (λ ◦ µ) ◦ ϕU = ϕU und (µ ◦ λ) ◦ ϕ = ϕ und andererseits idU −1 H ◦ ϕU = ϕU und idK ◦ ϕ = ϕ, folgt wiederum mit den jeweiligen Eindeutigkeitsaussagen λ ◦ µ = idU −1 H und µ ◦ λ = idK . Folgerung B.11. Seien H, K Halbgruppen, U Unterhalbgruppe von Z(H) und V Unterhalbgruppe von Z(K). Dann gibt es für jeden Homomorphismus γ : H → K mit γ(U ) ⊆ Sat(V ) einen eindeutig bestimmten Monoidhomomorphismus g : U −1 H → V −1 K K mit g ◦ ϕH U = ϕU ◦ γ (s. auch Folgerung B.14 für eine allgemeinere Aussage). Konkret gilt für alle a ∈ K und u ∈ U g( ua ) = cγ(a) cγ(u) , wobei c ∈ K so gewählt ist, dass cγ(u) ∈ V . (Wenn bereits γ(u) ∈ V , so kann c jeweils weggelassen werden.) 122 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN −1 K Beweis. Sei f := ϕK K. Da f (U ) = ϕK V ◦γ : H → V V (γ(U )) ⊆ ϕV (Sat(V )) = V −1 Sat(V ) = (V −1 K)∗ (s. Satz B.8(3)), induziert f nach Satz B.8(5) einen eindeutig bestimmten Monoidhomomorphismus g : U −1 H → V −1 K mit g ◦ ϕH U = f = ϕK ◦ γ. Der Rest ergibt sich aus den Beweisen der Aussagen (3) und (5) von V Satz B.8, Eine Halbgruppe operiere von links auf einer nicht leeren Menge X. Für x ∈ X ist Hx := {ax | a ∈ H} die Bahn (oder der Orbit) von x bzgl. H, vgl. Definition LA3.1(b). Wir setzen Hx := {x} ∪ Hx und nennen diese Menge erweiterte Bahn von x bzgl. H. Ist H Monoid, so ist klar, dass Hx = Hx. Definition B.12. Sei H eine Halbgruppe und seien X, Y nicht leere Mengen, auf denen H von links operiert. (a) Eine Abbildung f : X → Y heißt H-verträglich oder H-Morphismus, wenn für alle a ∈ H und alle x ∈ X gilt f (ax) = af (x). Injektive (surjektive, bijektive) H-Morphismen nennt man H-Monomorphismen (H-Epimorphismen, H-Isomorphismen). (b) Eine Teilmenge Z von X heißt H-Teilmenge, wenn Z = 6 ∅ und für alle a ∈ H, z ∈ Z gilt az ∈ Z (d. h. wenn die Einbettung Z ⊆ X H-Morphismus ist). H-Teilmengen von H bzgl. der Linksoperation (Rechtsoperation) von H auf sich selbst heißen Linksideale (Rechtsideale) von H. Eine Teilmenge von H, die Links- und Rechtsideal von H ist, heißt zweiseitiges Ideal von H. Bemerkungen, Beispiele B.13. 1. Links-, Rechts- oder zweiseitige Ideale einer Halbgruppe H sind insbesondere Unterhalbgruppen von H. 2. Im kommutativen Fall erübrigt sich die Unterscheidung zwischen Links-, Rechts- und zweiseitigen Idealen einer Halbgruppe. 3. Eine Halbgruppe H operiere auf einer nicht leeren Teilmenge X von links. Für eine Teilmenge Z von X sind offenbar folgende Bedingungen äquivalent: (i) Z ist H-Teilmenge von X (ii) Z 6= ∅ und Z enthält mit jedem Element z auch die Bahn Hz von z bzgl. H (iii) Z 6= ∅ und Z ist Vereinigung von erweiterten Bahnen bzgl. H (s. oben). Dementsprechend nennt man eine H-Teilmenge Z von X endlich erzeugt, wenn Z Vereinigung endlich vieler erweiterter Bahnen bzgl. H ist. Ist X endlich erzeugt, so auch U −1 X für jede Unterhalbgruppe U von Z(H). B.1. QUOTIENTEN IN HALBGRUPPEN 123 4. Eine Halbgruppe H operiere auf einer nicht leeren Teilmenge X von S links. Für eine Teilmenge E von X ist HE := {ax | a ∈ H, x ∈ E} = x∈E Hx S S ebenso wie HE := E ∪ HE = x∈E ({x} ∪ Hx) = x∈E Hx H-Teilmenge von X. Definitionsgemäß gilt E ⊆ HE und HE ist die bzgl. ⊆ kleinste Teilmenge von X mit dieser Eigenschaft. HE heißt von E erzeugte H-Teilmenge von X. E nennt man auch Erzeugendensystem von HE. Wir bemerken, dass jede H-Teilmenge Z von X ein solches Erzeugendensystem E besitzt (notfalls wähle man E = Z). Ist H Monoid, so gilt HE = HE. 5. Die Ideale von (Nn ; +) spielen eine wichtige Rolle in der Computeralgebra. Nach dem sogenannten Dickson-Lemma sind sie endlich erzeugt, s. 3. 6. (Ideale in (N; +)) Sei I Ideal in N. Mit m := min≤ I gilt dann I = m + N = {m + n | n ∈ N} = {p ∈ N | p ≥ m} , wie man sofort bestätigt. Umgekehrt sind Mengen der Gestalt m + N mit m ∈ N Ideale von N. 7. Seien H, K Halbgruppen (Monoide) und ϕ : H → K ein (Monoid-)Homomorphismus. H operiere von links auf einer Menge X 6= ∅ und K von links auf einer Menge Y 6= ∅. Dann ist durch ay := ϕ(a)y für alle a ∈ H, y ∈ Y eine Linksoperation von H auf Y erklärt. Man sagt, sie sei durch ϕ induziert. Einen Abbildung f : X → Y heißt dann mit ϕ verträglich oder kurz ϕMorphismus, wenn für alle a ∈ H und alle x ∈ X gilt f (ax) = ϕ(a)f (x) . Es ist klar, dass f genau dann ein ϕ-Morphismus ist, wenn f ein HMorphismus bzgl. der durch ϕ auf Y induzierten Linksoperation von H ist. Beispiele hierfür erhält man für K = U −1 H, Y = U −1 X, ϕ = ϕX U und f := ϕX , wenn U Unterhalbgruppe von Z(H) ist, s. Satz B.8(4). U 124 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN Folgerung B.14. Seien H, K Halbgruppen, U Unterhalbgruppe von Z(H), V Unterhalbgruppe von Z(K) und f : H → K Homomorphismus mit f (U ) ⊆ Sat(V ). Sind weiter X bzw. Y nicht leere Mengen, auf denen H bzw. K von links operieren, so gibt es für jeden f -Morphismus τ : X → Y einen eindeutig bestimmten Y −1 g-Morphismus h : U −1 X → V −1 Y mit h ◦ ϕX H → V −1 K U = ϕV ◦ τ , wenn g : U der in Folgerung B.11 beschriebene Homomorphismus ist. Dabei gilt für alle x ∈ X, u ∈ U h( ux ) = cτ (x) cf (u) , wenn c ∈ K so gewählt ist, dass cf (u) ∈ V . Der Beweis wird analog geführt wie bei Folgerung B.11 sowie den Aussagen (3) und (5) von Satz B.8, so dass wir darauf verzichten. Die folgende Aussage verallgemeinert Aussage (5) von Satz B.8. Folgerung B.15. Sei H eine Halbgruppe, U Untergruppe von Z(H), M Monoid und f : H → M Homomorphismus mit f (U ) ⊆ Z(M ) ∩ M ∗ . Weiter seien X, Y nicht leere Mengen, wobei H von links auf X und M von links auf Y operiere. Dann gibt es für jeden f -Morphismus ϕ : X → Y einen eindeutig bestimmten −1 g-Morphismus γ : U −1 X → Y mit γ ◦ ϕX H → M der in Satz U = ϕ, wenn g : U B.8(5) beschriebene Monoidhomomorphismus mit g ◦ ϕU = f ist. Dabei gilt für alle x ∈ X und alle u ∈ U γ( ux ) = f (u)−1 ϕ(x) . Der Beweis wird völlig analog geführt wie der von Aussage (5) in Satz B.8, so dass wir darauf verzichten. Lemma B.16. Sei H eine Halbgruppe und seien X, Y nicht leere Mengen, auf denen H von links operiert. Weiter sei f : X → Y ein H-Morphismus. (1) Für jede H-Teilmenge Z von X ist f (Z) H-Teilmenge von Y . (2) Für jede H-Teilmenge T von Y ist f −1 (T ) H-Teilmenge von X. (3) Die Vereinigung von H-Teilmengen von X ist wieder H-Teilmenge von X (4) Ist der Durchschnitt von H-Teilmengen von X nicht leer, so ist er wieder H-Teilmenge von X. B.1. QUOTIENTEN IN HALBGRUPPEN 125 Der Beweis dieses Lemmas ergibt sich unmittelbar aus den Definitionen und wird daher weggelassen. Sei nun H eine Halbgruppe, die auf einer nicht leeren Menge X von links operiert, und sei U Unterhalbgruppe von Z(H). Für eine H-Teilmenge Z von X kann man damit die Linksquotientenmenge U −1 Z von Z zur Nennermenge U und die −1 −1 von ϕX X erzeugte U −1 H-Teilmenge (U −1 H)ϕX X (s. U (Z) ⊆ U U (Z) von U −1 Bemerkung B.13.4) bilden. Auf beiden Mengen operiert U H von links, wobei die erste aus Äquivalenzklassen von U × Z und die zweite aus Äquivalenzklassen von U × X ⊇ U × Z jeweils bzgl. der Äquivalenzrelation U ≈ besteht. Aus der Definition ergibt sich sofort, dass jede Klasse κ von U × Z in genau einer Klasse κ0 von U × X enthalten ist und dass jede Klasse von U × X, die zu (U −1 H)ϕX U (Z) gehört, genau eine Klasse von U × Z enthält. Daher ist mit diesen Bezeichnungen durch κ 7→ κ0 , κ ∈ U −1 Z, eine Bijektion U −1 Z → (U −1 H)ϕX U (Z) gegeben. Es ist auch sofort klar, dass diese Bijektion mit der Operation von U −1 H verträglich, also ein U −1 H-Isomorphismus ist. Üblicherweise identifiziert man vermöge dieses H-Isomorphismus U −1 Z mit (U −1 H)ϕX U (Z) und fasst daher −1 −1 −1 U Z als U H-Teilmenge von U X auf. Satz B.17. Seien H eine Halbgruppe, U Unterhalbgruppe von Z(H) und X, Y, Z nicht leere Mengen, auf denen H von links operiert. Dann gibt es für jeden HMorphismus f : X → Y einen eindeutig bestimmten U −1 H-Morphismus Y ψ : U −1 X → U −1 Y mit ψ ◦ ϕX U = ϕU ◦ f . ψ wird oft mit U −1 f bezeichnet. Hierfür gilt nun: (1) (U −1 g) ◦ (U −1 f ) = U −1 (g ◦ f ) für jeden H-Morphismus g : Y → Z. (2) U −1 idX = idU −1 X . (3) Bild (U −1 f ) = U −1 Bild f . (4) Ist f Monomorphismus (Epimorphismus, Isomorphismus), so auch U −1 f . Beweis. Seien (u, x), (u0 , x0 ) ∈ U × X mit wu0 x = wux0 und wir erhalten x u = wu0 f (x) = f (wu0 x) = f (wux0 ) = wuf (x0 ) , d. h. f (x) u x u = 7→ f (x0 ) u0 f (x) , u (in U −1 Y ). Daher ist durch x ∈ X, u ∈ U , x0 . u0 Dann gibt es ein w ∈ U mit 126 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN eine Abbildung ψ : U −1 X → U −1 Y definiert. Da für a ∈ H, x ∈ X und u, v ∈ U gilt (ψ ◦ a x u v = ψ ϕX U )(x) = ψ ψ ax uv ux u = = f (ax) uv f (ux) u = = af (x) uv uf (x) u = = a f (x) a x = ψ u v u v Y (ϕU ◦ f )(x) , und Y ist ψ ein U −1 H-Morphismus und es gilt ψ ◦ ϕX U = ϕU ◦ f . Y Sei nun ψ 0 : U −1 X → U −1 Y weiterer U −1 H-Morphismus mit ψ 0 ◦ ϕX U = ϕU ◦ f . Da für alle x ∈ X, u ∈ U gilt ψ0 x ) u = ψ0 = u ux ) = uu2 ψ 0 ux ) u2 u u uf (x) = ψ ux ) , u = u (ψ 0 u2 ◦ ϕX U )(x) = u (ϕYU u2 ◦ f )(x) = u f (x) u2 u gilt ψ 0 = ψ, d. h. ψ ist durch die angegebene Bedingung eindeutg bestimmt. Zum Nachweis der restlichen Eigenschaften seien x, x0 ∈ X, y ∈ Y und u, u0 , v ∈ U. (1) Da (U −1 g) ◦ (U −1 f ) ( ux ) = (U −1 f ) = U −1 (f ◦ g). g(f (x)) u = (g◦f )(x) u = U −1 (f ◦ g) ( ux ), gilt (U −1 g) ◦ (2) ist klar. (3) Bild (U −1 f ) = (U −1 f )(U −1 X) = X} = U −1 Bild f . f (x) u | x ∈ X, u ∈ U = U −1 {f (x) | x ∈ 0 (4) Sei f Monomorphismus und es gelte (U −1 f )( ux ) = (U −1 f )( ux0 ), d. h. f (x) = u f (x0 ) 0 0 0 . Dann gibt es ein w ∈ U mit f (wu x) = wu f (x) = wuf (x ) = f (wux0 ) u0 0 und wir erhalten wu0 x = wux0 , also ux = ux0 . Damit ist U −1 f injektiv, also Monomorphismus. Sei nun f Epimorphismus, d. h. Bild f = Y . Nach (3) gilt dann Bild (U −1 f ) = U −1 Bild f = U −1 Y , d. h. U −1 f ist Epimorphismus. Der Rest ist nun klar, Folgerung B.18. Mit den Bezeichnungen von Satz B.17 gilt (1) (U −1 f )(U −1 Z) = U −1 f (Z) für jede H-Teilmenge Z von X und (2) (U −1 f )−1 (U −1 T ) = U −1 f −1 (T ) für jede H-Teilmenge T von Y . B.1. QUOTIENTEN IN HALBGRUPPEN 127 Beweis. (1) ergibt sich ganz analog wie Aussage (3) von Satz B.17. Aus (1) folgt nun zunächst (U −1 f )(U −1 f −1 (T )) = U −1 f (f −1 (T )) ⊆ U −1 T (s. den nachfolgenden Satz B.21), also U −1 f −1 (T ) ⊆ (U −1 f )−1 (U −1 T ). Seien nun x ∈ X, u ∈ U , so dass ux ∈ (U −1 f )−1 (U −1 T ), d. h. f (x) = (U −1 f )( ux ) ∈ u U −1 T . Dann gibt es t ∈ T und v ∈ U mit f (x) = vt und damit gilt wvf (x) = wut u für geeignetes w ∈ U . Da T eine H-Teilmenge von Y ist, haben wir f (wvx) = wvx wvf (x) = wut ∈ T , d. h. wvx ∈ f −1 (T ). Hieraus folgt aber ux = wvu ∈ U −1 f −1 (T ) und damit (U −1 f )−1 (U −1 T ) ⊆ U −1 f −1 (T ), Folgerung B.19. Eine Halbgruppe H operiere von links auf einer nicht leeren Menge X. Für eine Unterhalbgruppe U von Z(H) operiert H vemöge ϕU : H → U −1 H von links auf X := U −1 X, s. Bemerkung B.13.7. −1 −1 X Dann ist ϕX X bijektiv und es gilt ϕX ϕU . U : X → U U = U −1 X X ϕU ergibt sich aus Beweis. Nach Satz B.8(10) ist ϕX U Isomorphismus. ϕU = U −1 X der Eindeutigkeitsaussage von Satz B.17 für U ϕU (setze dort Y = U −1 X = X und f = ϕX U ), Folgerung B.20 (Berechnung von Doppelbrüchen). Sei H eine Halbgruppe, die aus einer nicht leeren Menge X von links operiert. Weiter seien U, V Unterhalbgruppen von Z(H). Dann ist UV U −1 V := {uv | u ∈ U, v ∈ V } Unterhalbgruppe von Z(H) , := { uv | u ∈ U, v ∈ V } Unterhalbgruppe von Z(U −1 H) und durch x u v w 7→ wx uv x ∈ X, u, w ∈ U, v ∈ V, X ist eine Bijektion τU,V : (U −1 V )−1 (U −1 X) → (U V )−1 X gegeben, für die gilt −1 X X X τU,V ◦ ϕUU −1 X V ◦ ϕU = ϕU V . H X Dabei ist τU,V := τU,V Monoidisomorphismus und τU,V ist mit τU,V verträglich (also ein τU,V -Isomorphismus, s. Bemerkung B.13.7). Beweis. Zunächst ist klar, dass U V Unterhalbgruppe von Z(H) und U −1 V Unterhalbgruppe von Z(U −1 H) ist. Sei f := ϕU −1 V ◦ ϕU : H → (U −1 V )(U −1 H) =: M 128 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN −1 X −1 V )(U −1 X) =: Y . f ist Homomorphismus und ϕ und ϕ : ϕUU −1 X V ◦ ϕU : X → (U ist mit f verträglich (also f -Morphismus). Für u ∈ U , v ∈ V und x ∈ X gilt nun v u2 v uv 2 u u = uv v u u v 2 u und v2 u vx v ux u u u = v v , u u f (uv) = f (uv)−1 = ϕ(x) = = v2 u v u2 ∈ Z(M ) ∩ M ∗ mit also f (U V ) ⊆ Z(M ) ∩ M ∗ . Daher gibt es nach Folgerung B.15 einen eindeutig bestimmten g-Morphismus γ : (U V )−1 X → Y mit γ ◦ ϕX U V = ϕ, wenn −1 g : (U V ) H → M der nach Satz B.8(5) eindeutig bestimmte Monoidhomomorphismus mit g ◦ ϕU V = f ist. Dabei gilt für alle x ∈ X, u ∈ U , v ∈ V x ) γ( uv −1 = f (uv) ϕ(x) = v u2 v2 u · vx u v u = v2 x u3 v3 u2 = x u2 v u . Seien nun x ∈ X, u, w ∈ U , v ∈ V . Da uvw ∈ U V , w2 x ∈ X und w2 x ) γ( uvw = w2 x u2 w2 v uw = x u v w , ist γ surjektiv. Seien nun x1 , x2 ∈ X, u1 , u2 ∈ U , v1 , v2 ∈ V mit γ( ux1 1v1 ) = γ( ux2 2v2 ), d. h. für geeignete u3 ∈ U , v3 ∈ V gilt v2 v3 x1 u21 u2 u3 = v3 v2 x1 u3 u2 u1 = v3 v1 x2 u3 u1 u2 = v1 v3 x2 u1 u22 u3 und somit u0 u1 u22 u3 v2 v3 x1 = u0 u21 u2 u3 v1 v3 x2 für geeignetes u0 ∈ U . Wegen u0 u1 u2 u3 v3 ∈ U V folgt hieraus aber und damit ist γ injektiv, also bijektiv. x1 u1 v1 = x2 u2 v2 Seien nun a ∈ H, x ∈ X, u, u1 , u2 ∈ U , v, v1 , v2 ∈ V . Da γ( u1av1 u2xv2 ) = ax u21 u22 v1 v2 u1 u2 = a u21 v1 u1 x u22 v2 u2 = g( u1av1 )γ( u2xv2 ) , ist γ ein g-Isomorphismus und g ist damit wegen uv g( uv )= uv u2 v u = v u v u insbesondere Monoidisomorphismus. X X Wir setzen nun τU,V := γ −1 : Y → (U V )−1 X. τU,V ist dann ein (g −1 = τU,V )Isomorphismus, τU,V ist damit ebenfalls Monoidisomorphismus und es gilt ϕX UV = X X U −1 X X τU,V ◦ ϕ = τU,V ◦ ϕU −1 V ◦ ϕU , B.1. QUOTIENTEN IN HALBGRUPPEN 129 Wir wollen nun untersuchen, welche U −1 H-Teilmengen U −1 X besitzt. Dann haben wir auch einen Überblick über alle Links-, Rechts- und zweiseitigen Ideale von U −1 H. Satz B.21. Seien H eine Halbgruppe, U Unterhalbgruppe von Z(H) und X nicht leere Menge, auf der H von links operiert. Durch Z 7→ U −1 Z , Z H-Teilmenge von X , ist eine inklusionserhaltende surjektive Abbildung von der Menge der H-Teilmengen von X auf die Menge der U −1 H-Teilmengen von U −1 X erklärt. Genauer gilt: −1 Ist Z U −1 H-Teilmenge von U −1 X, so gilt Z = U −1 Z mit Z := (ϕX U ) (Z). Z ist H-Teilmenge von X; sie ist sogar die bzgl. ⊆ grösste unter allen Teilmengen Z 0 von X mit Z = U −1 Z 0 . Demzufolge haben die Linksideale von U −1 H die Gestalt U −1 I mit einem Linksideal I von H. Entsprechendes gilt für Rechtsideale von HU −1 und damit unter Berücksichtigung von Satz B.8(11) für Rechts- und zweiseitige Ideale von U −1 H (und von HU −1 ). Beweis. Es reicht offensichtlich, die erste Aussage zu zeigen, wobei klar ist, dass die genannte Abbildung inklusionserhaltend ist. −1 Sei hierzu Z U −1 H-Teilmenge von U −1 X und Z := (ϕX U ) (Z) ⊆ X. Für (u, x) ∈ U × X gilt ganz allgemein x u = u ux u2 u = u u2 ϕX U (x) und daher (vgl. Satz B.8(3)) u2 x u u = ϕX U (x) . Insbesondere gilt Z 6= ∅. X Wenn a ∈ H und z ∈ Z, so folgt ϕX U (az) = ϕU (a)ϕU (z) ∈ Z und damit az ∈ Z, d. h. Z ist H-Teilmenge von X. Weiter ergibt sich x u ∈ Z ⇐⇒ x ∈ Z ⇐⇒ x u ∈ U −1 Z , so dass Z = U −1 Z. Ist schließlich Z 0 Teilmenge von X mit Z = U −1 Z 0 = 0 X 0 0 X −1 (U −1 H)ϕX U (Z ) ⊇ ϕU (Z ), so folgt Z ⊆ (ϕU ) (Z) = Z, 130 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN B.2 Quotientenringe Wenn nicht ausdrücklich anders gesagt, besitzt jeder Ring ein vom Nullelement verschiedenes Einselement (womit der Nullring ausgeschlossen ist). Wir übertragen nun obige Überlegungen auf Ringe und Moduln. Sei hierzu R ein Ring. Zur Erinnerung (s. Definition LA 3.3): Ein Links-R-Modul ist eine (additiv geschriebene) abelsche Gruppe M , auf der die multiplikative Halbgruppe eines Ringes R von links operiert und diese Operation mit den additiven Strukturen von R und M verträglich ist, d. h. für alle r, r1 , r2 ∈ R und alle m, m1 , m2 ∈ M gilt zusätzlich (r1 + r2 )m = r1 m + r2 m und r(m1 + m2 ) = rm1 + rm2 . Ein Links-R-Untermodul von M ist in der Sprechweise von Abschnitt B.1 eine (R; ·)-Teilmenge von M , die gleichzeitig Untergruppe von (M ; +) ist. Entsprechend ist ein Linksideal von R ein Links-R-Untermodul von R, also eine (R; ·)Teilmenge von R bzgl. der Linksoperation von (R, ·) auf sich selbst, die gleichzeitig Untergruppe von (R; +) ist. Daher sind für eine Teilmenge A von M folgende Bedingungen äquivalent (s. Bemerkung B.13.3) (i) A ist Links-R-Untermodul von M (ii) A ist Untergruppe von (M ; +) und Z enthält mit jedem Element z auch die Bahn Rz von z bzgl. R (iii) A 6= ∅ und A ist Summe von Bahnen bzgl. R. Dementsprechend heißt ein Links-R-Untermodul A von M endlich erzeugt, wenn A Summe endlich vieler Bahnen bzgl. R ist. Seien M, N Links-R-Moduln. Ein R-Homomorphismus M → N ist mit den Bezeichnungen aus Abschnitt B.1 ein (R; ·)-Morphismus M → N , der gleichzeitig Homomorphismus der jeweiligen abelschen Gruppen ist. Sei U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ⊆ Z(R). (Z(R) ist kommutativer Unterring von R, s. Übungsaufgabe LAI 43.) Wir werden zeigen, dass sich die additiven Strukturen von R und M auf U −1 R und U −1 M übertragen, so dass U −1 R damit ein Ring und U −1 M ein Links-U −1 R-Modul mit Nullelement 0uM für beliebiges u ∈ U ist. Dabei ist folgendes zu beachten: Angenommen, 0R ∈ U . Dann gilt in U −1 R r u = 0R r 0R u = 0R u = 0U −1 R für alle r ∈ R, u ∈ U , B.2. QUOTIENTENRINGE 131 d. h. U −1 R ist der Nullring. Auch die Umkehrung ist richtig, wie man sofort erkennt: Ist U −1 R der Nullring, so gilt 0R ∈ U . Da wir den Nullring eigentlich ausschließen wollen, werden wir in der Regel voraussetzen, dass 0R 6∈ U für die hier betrachteten Unterhalbgruppen von (R; ·). Man nennt U −1 R dann Quotientenring von R zur Nennermenge U und entsprechend M Quotientenmodul von M zur Nennermenge U . Im Prinzip lassen sich alle Ergebnisse aus Abschnitt B.1 (ggf. nach geeigneter Modifiziertung) auf den Ring- und Modulfall übertragen. Wir werden das im folgenden stets stillschweigend tun und nur die wichtigsten Definitionen und Resultate nochmal explizit formulieren (und beweisen). Satz B.22. Sei U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ⊆ Z(R) und sei M ein Links-R-Modul. Dann gilt: sowie m + nv := vm+un (r, s ∈ R, m, n ∈ M , u, v ∈ U ) (1) Durch ur + vs := vr+us uv u uv −1 sind zweistellige Operationen auf U R sowie auf U −1 M erklärt, bzgl. derer U −1 R ein Ring und U −1 M ein Links-U −1 R-Modul ist. Ist R kommutativ, so auch U −1 R. (2) Die Abbildung ϕU : R → U −1 R ist Ringhomomorphismus und die Abbildung −1 ϕM M ist R-Homomorphismus, wobei der Links-U −1 R-Modul U : M → U −1 U M vermöge ϕU als Links-R-Modul aufgefasst wird. Dabei ist ϕU genau dann Monomorphismus (Isomorphismus), wenn U keine Nullteiler enthält (nur aus Einheiten besteht, d. h. in R∗ enthalten ist). (3) Für jeden Ringhomomorphismus f : R → S in einen Ring S mit f (U ) ⊆ Z(S) ∩ S ∗ gibt es einen eindeutig bestimmten Ringhomomorphismus g : U −1 R → S (4) Sei V ϕU,V : U −1 M V −1 M mit f = g ◦ ϕU . weitere Unterhalbgruppe von (Z(R); ·) mit U ⊆ V . Die Abbildung U −1 R → V −1 R ist Ringhomomorphismus und die Abbildung ϕM U,V : −1 −1 −1 → V M ist U R-Homomorphismus, wenn der Links-V R-Modul vermöge ϕU,V als Links-U −1 R-Modul aufgefasst wird. M M (5) ϕM U,W = ϕV,W ◦ ϕU,V für alle Unterhalbgruppen V, W von (Z(R); ·) mit U ⊆ V ⊆ W. (6) Durch U ur 7→ definiert. r U, u r ∈ R, u ∈ U , ist ein Ringisomorphismus U −1 R → RU −1 0 0 Beweis. (1) Seien m, m0 , n, n0 ∈ M und u, u0 , v, v 0 ∈ U mit m = m und nv = nv0 . u u0 Dann gibt es w, w0 ∈ U mit wu0 m = wum0 und w0 v 0 n = w0 vn0 und wir 132 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN erhalten ww0 u0 v 0 (vm + un) = w0 vv 0 wu0 m0 + wuu0 w0 v 0 n0 = w0 vv 0 wum0 + wuu0 w0 vn0 = ww0 uv(v 0 m0 + u0 n0 ) , 0 0 0 0 + m3 u3 n also vm+un = v mu0+u . Damit ist die zweistellige Operation + in U −1 M wohluv v0 definiert. Insbesondere ist damit auch die zweistellige Operation + in U −1 R wohldefiniert. Seien nun r, r1 , r2 ∈ R, m, m1 , m2 , m3 ∈ M , u, v, u1 , u2 , u3 ∈ U . Da m1 u1 + m2 u2 = = m1 2 +m u1 u2 m + 0vM u m + −m u u r1 r2 m + u1 u2 u r u m1 u1 + m2 u2 = = = = = = = u2 m1 +u1 m2 3 2 +u1 u2 m3 +m = u3 u2 m1 +uu31uu12m = u1 u2 u3 u3 m1 2 3 + m +m , u1 u2 u3 u2 m1 +u1 m2 2 m1 2 1 = u1 mu22+u =m +m , u1 u2 u1 u2 u1 vm+u0M =m , uv u um+u(−m) 0M = v , u2 u2 r1 +u1 r2 m 1 r2 m = u2 r1um+u = uu21ru12mu + uu11ru22mu u1 u2 u 1 u2 u r1 m + ur22 m , u1 u u r u2 m1 +u1 m2 1 m2 1 2 = ru2 muu1 +ru = rm + rm u u1 u2 uu1 uu2 1 u2 r m1 2 + ur m , u u1 u2 ... gilt mit Satz B.8(1) und (2): (U −1 M ; +) ist abelsche Gruppe mit neutralem Element 0vM (für beliebiges v ∈ U ), (U −1 R; +, ·) ist Ring mit Einselement vv (für beliebiges v ∈ U ) und U −1 M ist Links-U −1 R-Modul. (2) Seien m1 , m2 ∈ M , v ∈ U . Dann gilt ϕM U (m1 + m2 ) = vm1 +vm2 v = vm1 v + vm2 v M = ϕM U (m1 ) + ϕU (m2 ) . Der Rest ergibt sich hieraus und aus den entsprechenden Aussagen von Satz B.8(4). (3) Im Ringfall ist die im Beweis von Satz B.8(5) definierte Abbildung g bereits ein Ringhomomorphimsus, woraus die Behauptung folgt. Die restlichen Behauptungen ergeben sich ganz analog aus den entsprechenden Aussagen von Satz B.8, Bemerkungen B.23. Sei U eine Unterhalbgruppe von (R, ·) mit U ⊆ Z(R) und 0R 6∈ U . B.2. QUOTIENTENRINGE 133 1. Aus Bemerkung B.10 ergibt sich, dass U −1 R (zusammen mit dem Ringhomomorphismus ϕU : R → U −1 R) durch die Bedingung in Satz B.22(3) bis auf einen (eindeutig bestimmten) Isomorphismus eindeutig durch R und U bestimmt ist. Man nennt derartige Bedingungen auch Universalitätseigenschaften. Wir bemerken ferner, dass U −1 R für kommutatives R vermöge ϕU eine R-Algebra ist. 2. Sei M ein Links-R-Modul und A Links-R-Untermodul von M . Dann ist der in Abschnitt B.1 in Vorbereitung von Satz B.17 beschriebene U −1 RIsomorphismus U −1 A → (U −1 R)ϕM U (A) zwischen dem Quotientenmodul −1 von A zur Nennermenge U und dem von ϕM M erzeugten LinksU (A) ⊆ U −1 −1 U R-Untermodul von U M sogar ein Isomorphismus von Links-U −1 RModuln, so dass wir beide identifizieren können und damit U −1 A als LinksU −1 R-Modul von U −1 M auffassen dürfen. Wir bemerken, dass a U −1 A = (U −1 R)ϕM U (A) = u | a ∈ A, u ∈ U mit dieser Identifizierung. Damit folgt z. B. (a) U −1 A = U −1 M gilt genau dann, wenn für alle m ∈ M ein u ∈ U existiert mit um ∈ A. (b) Ist E ⊆ M Erzeugendensystem von M als Links-R-Modul, so ist für jedes u ∈ U die Menge e | e ∈ E ⊆ U −1 M u ein Erzeugendensystem von U −1 M als Links-U −1 R-Modul. (c) Ist M endlich erzeugter Links-R-Modul, so ist U −1 M endlich erzeugter Links-U −1 R-Modul. 3. Bei Links- bzw. Rechtsidealen I von R verwendet man mit R0 := U −1 R und R00 := RU −1 allerdings in der Regel statt U −1 I bzw. IU −1 die (eigentlich korrekte) Bezeichnung R0 I, IR0 , IR00 usw. Offenbar gilt R0 I = R0 bzw. IR0 = R0 genau dann, wenn U ∩ I 6= ∅. Wie in Abschnitt B.1 wollen wir nun untersuchen, welche Links-U −1 R-Untermoduln U −1 M besitzt. Dann kennen wir auch alle Links-, Rechts- und zweiseitigen Ideale von U −1 R. Satz B.24. Seien R ein Ring, M ein Links-R-Modul und U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ⊆ Z(R) sowie 0R 6∈ U . Dann gilt mit R0 := U −1 R und M 0 := U −1 M : −1 Ist A Links-R0 -Untermodul von M 0 , so ist A := (ϕM U ) (A) Links-R-Untermodul von M mit A = U −1 A (unter Berücksichtigung obiger Identifizierung von U −1 A 134 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN mit R0 A, s. Bemerkung B.23.2); A ist sogar die bzgl. ⊆ grösste unter allen Teilmengen A0 von M mit A = U −1 A0 . Damit sind durch A 7→ U −1 A , A Links-R-Untermodul von M bzw. −1 A 7→ (ϕM A Links-U −1 R-Untermodul von U −1 M U ) (A) , inklusionserhaltende Abbildungen ρM U von der Menge der Links-R-Untermoduln von M in die Menge der Links-U −1 R-Untermoduln von U −1 M bzw. σUM von der Menge der Links-U −1 R-Untermoduln von U −1 M in die Menge der LinksM M R-Untermoduln von M erklärt mit ρM U ◦ σU = id. Insbesondere ist ρU damit M surjektiv und σU injektiv. Der Beweis ergibt sich unmittelbar aus Satz B.21, so dass wir darauf verzichten können. Folgerung B.25. Seien R ein Ring und U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ⊆ Z(R) sowie 0R 6∈ U . Dann gilt mit R0 := U −1 R und R00 := RU −1 : 0 Für jedes Linksideal I von R0 ist I := ϕ−1 U (I) Linksideal von R mit I = R I. Entsprechendes gilt für Rechtsideale von R00 und damit unter Berücksichtigung von Satz B.22(6) für Rechts- und zweiseitige Ideale von R0 (und von R00 ). Damit sind durch I 7→ R0 I , I Linksideal von R bzw. I 7→ ϕ−1 I Linksideal von R0 U (I) , inklusionserhaltende Abbildungen ρU von der Menge der Linksideale von R in die Menge der Linksideale von R0 bzw. σU von der Menge der Linksideale von R0 in die Menge der Linksideale von R erklärt mit ρU ◦ σU = id. Insbesondere ist ρU damit surjektiv und σU injektiv. Folgerung B.26. Seien R ein Ring, M ein Links-R-Modul und U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ⊆ Z(R) sowie 0R 6∈ U . Dann gilt mit R0 := U −1 R und M 0 := U −1 M : Ist K eine Links-R-Untermodulkette in M , so ist {U −1 A | A ∈ K} eine LinksR0 -Untermodulkette in M 0 . Umgekehrt entsteht jede Links-R0 -Untermodulkette in M 0 auf diese Weise aus einer Links-R-Untermodulkette in M . B.2. QUOTIENTENRINGE 135 Folgerung B.27. Mit den Bezeichnungen von Satz B.24 gilt: Ist M linksnoetherscher (linksartinscher) Links-R-Modul, so ist U −1 M linksnoetherscher (linksartinscher) Links-U −1 R-Modul. Ist insbesondere R linksnoethersch (linksartinsch), so auch U −1 R. Für Primideale (eines dann kommutativen Ringes) ergeben sich einige Besonderheiten, auf die wir nun eingehen wollen (s. hierzu Übungsaufgabe 16c). Wir bemerken hierzu, dass man mit Spek R die Menge der Primideale eines kommutativen Ringes R bezeichnet und dass für jeden Ringhomomorphismus f : R → S in einen weiteren kommutativen Ring und jedes Primideal (Primärideal) Q von R das Ideal f −1 (Q) Primideal (Primärideal) von R ist. Insbesondere induziert f damit eine Abbildung f ∗ : Spek S → Spek R. Später werden wir sehen, dass die Spektren kommutativer Ringe eine spezielle Topologie tragen, die sogenannte Zariski-Topologie. Bzgl. dieser Topologie ist f ∗ sogar stetig. Lemma B.28. Sei R kommutativ, M ein R-Modul und U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit 0R 6∈ U . Dann gilt mit R0 := U −1 R und M 0 := U −1 M : (1) Für ein Primideal P von R sind folgende Bedingungen äquivalent: (i) P R0 ist Primideal von R0 (ii) P R0 6= R0 (iii) U ∩ P = ∅. (2) Die in Folgerung B.25 beschriebene Abbildung ρU liefert durch Einschränkung auf Primideale eine inklusionserhaltende Bijektion {P ∈ Spek R | U ∩ P = ∅} → Spek R0 . (3) Sei P ∈ Spek R. Für einen P -primären R-Untermodul Q von M sind folgende Bedingungen äquivalent: (i) U −1 Q ist P R0 -Primäruntermodul von M 0 (ii) U −1 Q ist Primäruntermodul von M 0 (iii) U −1 Q 6= M 0 (iv) Es gibt ein m ∈ M , so dass um 6∈ Q für alle u ∈ U (v) U ∩ P = ∅. (4) Die in Satz B.24 beschriebene Abbildung ρM U liefert durch Einschränkung auf Primäruntermoduln eine inklusionserhaltende Bijektion {Q | Q Primäruntermodul von M mit U −1 Q 6= M 0 } → → {Q | Q Primäruntermodul von M 0 } . 136 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN Beweis. (1) Die Implikation (i) ⇒ (ii) ist laut Definition klar und nach Bemerkung B.23.3 sind (ii) und (iii) äquivalent. rs = ur · vs ∈ P R0 . Zum Nachweis von (iii) ⇒ (i) seien r, s ∈ R und u, v ∈ U mit uv rs Dann gibt es x ∈ P und w ∈ U mit uv = wx , d. h. mit einem geeigneten z ∈ U gilt zwrs = zuvx ∈ P . Da P Primideal ist mit U ∩ P = ∅, folgt hieraus rs ∈ P und somit r ∈ P oder s ∈ P , d. h. ur ∈ P R0 oder vs ∈ P R0 . Damit ist P R0 Primideal von R0 . (2) Nach (1) liefert die Einschränkung ρ0U von ρU auf {P ∈ Spek R | U ∩ P = ∅} eine Abbildung {P ∈ Spek R | U ∩ P = ∅} → Spek R0 . Da die ebenfalls in Folgerung B.25 beschriebene Abbildung σU Primideale in Primideale überführt, liefert ihre Einschränkung auf Spek R0 eine Abbildung σU0 : Spek R0 → {P ∈ Spek R | U ∩ P = ∅} und es gilt ρ0U ◦ σU0 = id, s. Folgerung B.25. 0 Sei nun P ∈ Spek R mit U ∩ P = ∅ und sei Q := ϕ−1 U (P R ) ⊇ P . Nach (1) = ϕU (q) ∈ P R0 , gibt es x ∈ P gilt Q ∈ Spek R. Sei q ∈ Q und u ∈ U . Da uq u uq und v ∈ U mit u = xv , d. h. wvuq = wux ∈ P für geeignetes w ∈ U . Wegen U ∩ P folgt hieraus aber q ∈ P . Folglich gilt Q = P und damit σU0 ◦ ρ0U = id, d. h. ρ0U ist bijektiv. (3) Die Implikation (i) ⇒ (ii) ist trivial, die Implikation (ii) ⇒ (iii) ist derfinitionsgemäß klar und nach Bemerkung B.23.2(a) sind (iii) und (iv) äquivalent. Die Implikation (iv) ⇒ (v) ergibt sich aus der Definition P -primärer Untermoduln von M . (Wäre U ∩ P 6= ∅, so wähle u ∈ U ∩ P . Dann gäbe es für alle m ∈ M ein t ∈ N mit ut m ∈ Q, Widerspruch.) Zum Nachweis von (v) ⇒ (i) seien r ∈ R, m ∈ M und u, v ∈ U mit rm = uv q m rm r m −1 0 ∈ U Q und v 6∈ QR . Dann gibt es q ∈ Q und w ∈ U mit uv = w , d. u v h. mit einem geeigneten z ∈ U gilt zwrm = zuvq ∈ Q, und es gilt m 6∈ Q. Da Q P -primär und P Primideal ist mit U ∩ P = ∅, folgt hieraus rm ∈ Q und somit gibt es für jedes n ∈ M ein t(n) ∈ N mit rt(n) n ∈ Q. Damit gilt für n ∈ N und w ∈ U : ( ur )t(n) n w = rt(n) n ut(n) w ∈ U −1 Q und folglich ist U −1 Q Primäruntermodul von M 0 . Sei p Primideal von R, so dass U −1 Q pR0 -primär ist, und seien x ∈ p, m ∈ M und u, v ∈ U . Dann gibt t es ein t ∈ N mit xutmv = ( ux )t mv ∈ U −1 Q und folglich gibt es ein w ∈ U mit wxt m ∈ Q. Wegen w 6∈ P folgt hieraus xt m ∈ Q und damit x ∈ P . Somit gilt p ⊆ P . Sei nun y ∈ P und seien u, v ∈ U , m ∈ M . Dann gibt es ein t ∈ N mit t y t m ∈ Q. Folglich gilt ( uy )t mv = yutmv ∈ U −1 Q, d. h. uy ∈ pR0 . Somit gibt es ein z ∈ U mit zy ∈ p und hieraus folgt y ∈ p (da p ⊆ P und U ∩ P = ∅). Somit gilt P ⊆ p und daher p = P , d. h. U −1 Q ist P R0 -Primäruntermodul von M 0 . B.2. QUOTIENTENRINGE 137 (4) wird analog wie (2) gezeigt, Nun soll das Verhalten von Homomorphismen bei Quotientenbildungen untersucht werden. Satz B.29. Seien M, N Links-R-Moduln, f : M → N ein R-Homomorphismus und U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ⊆ Z(R) und 0R 6∈ U . Dann ist der U −1 R-Morphismus U −1 f : U −1 M → U −1 N aus Satz B.17 bereits ein U −1 RHomomorphismus und durch f 7→ U −1 f , f ∈ HomR (M, N ), ist ein Homomorphismus λM,N : HomR (M, N ) → Hom U −1 R U −1 M, U −1 N U abelscher Gruppen definiert. Ist R kommutativ, so induziert λM,N einen U −1 RU Homomorphismus µM,N : U −1 HomR (M, N ) → HomU −1 R (U −1 M, U −1 N ) . U Ist M in diesem Fall endlich erzeugt, so ist µM,N Monomorphismus. U Weiter gilt allgemein (1) (U −1 g) ◦ (U −1 f ) = U −1 (g ◦ f ) für jeden R-Homomorphismus g : N → P in einen weiteren Links-R-Modul P . (2) U −1 idM = idU −1 M . (3) Kern (U −1 f ) = U −1 Kern f , Bild (U −1 f ) = U −1 Bild f und Kokern (U −1 f ) = U −1 Kokern f . (4) U −1 (M/A) = U −1 M/U −1 A für jeden Links-R-Untermodul A von M . (5) Ist f Monomorphismus (Epimorphismus, Isomorphismus), so auch U −1 f . Beweis. Seien m1 , m2 ∈ M , u1 , u2 ∈ U . Dann gilt m2 1 m2 1 + = (U −1 f )( u2 mu11+u )= (U −1 f ) m u1 u2 u2 = f (m1 ) u1 + f (m2 ) u2 = f (u2 m1 +u1 m2 1 f (m2 ) = u2 f (m1u)+u u1 u2 1 u2 1 2 (U −1 f )( m ) + (U −1 f )( m ), u1 u2 d. h. ist U −1 f ist Homomorphismus abelscher Gruppen und folglich U −1 R-Homomorphismus. Seien nun f, g ∈ HomR (M, N ). Da für alle m ∈ M , u ∈ U gilt (U −1 (f + g))( m ) = (f +g)(m) = f (m)+g(m) = f (m) + g(m) u u u u u −1 −1 m = (U −1 f )( m ) + (U g)( ) = (U f + U −1 g)( m ), u u u 138 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN also λM,N (f + g) = U −1 (f + g) = U −1 f + U −1 g = λM,N (f ) + λM,N (g), d. h. λM,N U U U U ist Homomorphismus abelscher Gruppen. −1 Ist R kommutativ, so auch R und daher ist HomR (M, N ) ein R-Modul und U −1 −1 −1 −1 Hom U R U M, U N ein U R-Modul. Da für r ∈ R, f ∈ HomR (M, N ) und m ∈ M , u ∈ U gilt f (m) λM,N (rf ) ( m ) = (rf )(m) = rf (m) = ur = ϕU (r) λM,N (f ) ( m ) U U u u u u u u = ϕU (r)λM,N (f ) ( m ), U u gilt λM,N (rf ) = ϕU (r)λM,N (f ), d. h. λM,N ist ϕU -verträglich (also ein ϕU -HomoU U U morphismus). Nach Folgerung B.15 (setze dort M = U −1 R) induziert λM,N wegen ϕU (U ) ⊆ U −1 ∗ −1 (U R) einen U R-Homomorphismus µM,N : U −1 HomR (M, N ) → HomU −1 R (U −1 M, U −1 N ) . U Sei nun M endlich erzeugt, sagen wir M = R(m1 , . . . , mp ) und seien u ∈ U , . Dann gilt für i = 1, . . . , p : f ∈ HomR (M, N ), so dass fu ∈ Kern µM,N U f (mi ) i) i) i = ufu(m = f (um = µM,N =0 ( fu ) um 2 U u u2 u und somit gibt es ein vi ∈ U mit vi f (mi ) = 0. Sei v := v1 · . . . · vp ∈ U . Dann gilt für alle m ∈ M , wenn m = r1 m1 + . . . + rp mp für geeignete r1 , . . . , rp ∈ R: Pp Pp r m (vf )(m) = vf (m) = vf = i=1 ri vf (mi ) = 0 , i i i=1 d. h. vf = 0 und damit Monomorphismus. f u = 0. Da somit Kern µM,N = 0, ist µM,N injektiv, also U U (1) und (2) ergeben sich nun aus den entsprechenden Aussagen von Satz B.17, die ersten beiden Aussagen von (3) folgen wegen Kern U −1 f = (U −1 f )−1 (0), Kern f = f −1 (0) aus Folgerung B.18(2) sowie aus Satz B.17(3) und Aussage (5) folgt aus Satz B.17(4). Zum Nachweis von (4) sei π : M → M/A der kanonische R-Epimorphismus. Nach (5) ist U −1 π : U −1 M → U −1 (M/A) U −1 R-Epimorphismus, so dass aus dem Homomorphiesatz (s. Satz LA 4.22) und aus (3) folgt U −1 (M/A) = Bild (U −1 π) = U −1 M/Kern (U −1 π) = U −1 M/U −1 Kern π = U −1 M/U −1 A . Hieraus und aus (3) folgt schließlich U −1 Kokern f = U −1 N/Bild f = (U −1 N )/(U −1 Bild f ) = (U −1 N )/Bild U −1 f = Kokern U −1 f , B.2. QUOTIENTENRINGE 139 Folgerung B.30. Sei U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ⊆ Z(R) und 0R 6∈ U . Ist dann f g M→ − N→ − P eine exakte Folge von Links-R-Moduln (d. h. Kern g = Bild f ), so ist die Folge U −1 f U −1 g U −1 M −−−→ U −1 N −−−→ U −1 P exakte Folge von Links-U −1 R-Moduln. Satz B.31. Sei U Unterhalbgruppe von (R; ·) mit U ⊆ Z(R) und 0R 6∈ U und sei (Mι )ι∈I (I eine Indexmenge). Dann ist für Q eine Familie`von Links-R-Moduln alle f ∈ ι∈I Mι f ∈ ι∈I Mι und alle u ∈ U durch f (ι) u , ι∈I, ` Q Q −1 Dadurch ist U ein Element von ι∈I U −1 Mι Q ι∈I U −1 Mι definiert. ι∈I Mι ` −1 −1 −1 U M M Links-U R-UntermoLinks-U −1 R-Untermodul von U ι ι ι∈I ι∈I ` dul von ι∈I U −1 Mι und es gilt ι 7→ (1) U −1 ` (2) U −1 Q ι∈I Mι = ` ι∈I Mι = Q ι∈I U −1 Mι . ι∈I U −1 Mι , wenn I endlich ist. Die Mι , ι ∈ I, seien nun Links-R-Untermoduln eines Links-R-Moduls M . Dann gilt weiter (3) U −1 P Mι = P (4) U −1 T Mι ⊆ T ι∈I ι∈I ι∈I ι∈I U −1 Mι . U −1 Mι mit Gleichheit, wenn I endlich ist. Q Beweis. Seien f, g ∈ ι∈I Mι und u, v ∈ U mit fu = vg . Dann gibt es ein w ∈ U mit wvf = wug, d. h. wvf (ι) = (wvf )(ι) = (wug)(ι) = wug(ι) für alle ι ∈ I. Da Q für alle ι ∈ I, ist fu Element von ι∈I U −1 Mι , wenn man für alle somit f u(ι) = g(ι) v ι ∈ I setzt f (ι) := f u(ι) . u Q −1 −1 Man bestätigt sofort, dass U R-Untermodul von ι∈I Mι damit ein Links-U Q −1 U M ist. ι ι∈I ` Q ` f −1 Wenn f ∈ M ⊆ M und u ∈ U , so folgt ∈ Mι , so dass ι ι ι∈I U ι∈I ι∈I u ` ` −1 −1 −1 U R-Untermodul von ι∈I U Mι ist. ι∈I Mι Links-U 140 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN ` Sei nun ϕ ∈ ι∈I U −1 Mι . Da supp ϕ = {ι ∈ I | ϕ(ι) 6= 0} endlich ist, gibt es ein u ∈ UQund mι ∈ Mι , ι ∈ supp ϕ, so dass für alle ι ∈ supp ϕ gilt ϕ(ι) = muι . Sei nun f ∈ ι∈I Mι definiert durch ( mι ι ∈ supp ϕ f (ι) := 0 sonst. Dann gilt f ∈ ` −1 U Mι . ι∈I ` ι∈I Mι und damit f u ∈ U −1 ` −1 ι∈I Mι , d. h. U ` ι∈I Mι = Q Q Ist I endlich, so folgt hieraus U −1 ι∈I Mι = ι∈I U −1 Mι , da endliche Produkte mit den entsprechenden Koprodukten übereinstimmen. Die Mι , ι ∈ I, seien nun Links-R-Untermoduln eines ` Links-R-Moduls M . Man P f (ι), f ∈ bestätigt sofort, dass dann durch f → 7 ι∈I P ι∈I Mι , ein R-Homomor` phismus σ : ι∈I Mι → M definiert ist mit Bild σ = ι∈I Mι . Daher gilt mit Satz B.29(3) und mit (1) X X U −1 Mι = U −1 Bild σ = Bild U −1 σ = U −1 Mι . ι∈I ι∈I T T −1 Wir zeigen nun (4). Da ι∈I Mι ⊆ T Mι für alle ι ∈ I, folgt zunächst U ι∈I Mι ⊆ T −1 −1 −1 U Mι für alle ι ∈ I, so dass U Mι . ι∈I Mι ⊆⊆ ι∈I U Sei nun I endlich. Zum Nachweis der Gleichheit können wir uns induktiv über #I auf den Fall I = {1, 2} beschränken. Ist σ : M1 × M2 → M der soeben definierte R-Homomorphismus, so gilt σ(m1 , m2 ) = m1 + m2 , (m1 , m2 ) ∈ M1 × M2 , und damit Kern σ = {(−n, n) | n ∈ M1 ∩ M2 } ∼ = M1 ∩ M2 . Damit folgt aus Satz B.29(3) U −1 (M1 ∩ M2 ) ∼ = U −1 Kern σ = Kern U −1 σ ∼ = U −1 M1 ∩ U −1 M2 , also U −1 (M1 ∩ M2 ) = U −1 M1 ∩ U −1 M2 , Bemerkungen B.32. Mit den Bezeichnungen von Satz B.29 haben wir 1. Sei R kommutativ. Mit Mitteln der homologischen Algebra lässt sich relativ leicht zeigen, dass die Abbildung µM,N : U −1 HomR (M, N ) → HomU −1 R (U −1 M, U −1 N ) U Isomorphismus ist, wenn M von endlicher Darstellung ist, d. h. wenn es p, q ∈ N und eine exakte Folge π Rq → Rp → − M →0 B.3. BEISPIELE 141 von Links-R-Moduln gibt. Jeder Links-R-Modul von endlicher Darstellung ist (trivialerweise) endlich erzeugt. Die Umkehrung ist richtig, wenn R noethersch ist. Ist beispielsweise I endlich erzeugtes Linksideal von R, so ist R/I ein LinksR-Modul endlicher Darstellung. 2. Aus den Aussagen in Satz B.29(3) und aus Satz B.31(1) bzw. (2) folgt, dass Quotientenbildungen mit beliebigen Kolimites und mit endlichen Limites vertauschbar sind. Hieraus würde sich auch sofort der Beweis von Satz B.31(3) und (4) ergeben, da Summen bzw. Durchschnitte von Linksuntermoduln eines Linksmoduls spezielle Kolimites bzw. Limits sind. 3. Für eine Familie (Jι )ι∈I von Linksidealen von R gilt nach Satz B.31(3) und (4) mit R0 := U −1 R: R0 P ι∈I Jι = P ι∈I R 0 Jι und, wenn I endlich ist, R0 T ι∈I Jι = T ι∈I R 0 Jι . 4. Sei K eine Links-R-Untermodulkette eines P S S Links-R-Moduls M . Dann gilt offensichtlich A∈K A = A∈K A, so dass A∈K A insbesondere wieder LinksR-Untermodul von M ist. Ausserdem gilt nach Satz B.31(3) für eine Unterhalbgruppe U von (R; ·) mit U ⊆ Z(R) und 0R 6∈ U [ [ U −1 A . U −1 A= A∈K B.3 A∈K Beispiele Wir nehmen nun an, dass alle betrachteten Ringe kommutativ sind. 1. Mit N (R) bezeichnen wir die Menge der Nichtnullteiler von R. Sie bildet ein gesättigtes Untermonoid von (R; ·) mit 0R 6∈ N (R), s. Übungsaufgabe 2c. Wenn U ⊆ N (R), so ist ϕU nach Satz B.22(2) Monomorphismus. Indem ∈ U −1 R (u ∈ U ) identifiziert, kann man R man r ∈ R mit ϕU (r) = ur u in diesem Fall als Unterring von U −1 R auffassen. ( ur ist unabhängig von u u ∈ U .) Wenn 1R ∈ U , so schreibt man meist ϕU (r) = 1rR . Q(R) := N (R)−1 R heißt (voller) Quotientenring von R. R ist mit obiger Identifizierung Unterring von Q(R). Man rechnet sofort nach, dass in Q(R) jeder Nichtnullteiler bereits Einheit ist, insbesondere sind die Nichtnullteiler 142 ANHANG B. QUOTIENTENSTRUKTUREN von R Einheiten in Q(R). Es ist schließlich klar, dass R genau dann Integritätsring ist, wenn N (R) = R \ {0R }. Nach Satz B.8(3) ist dies äquivalent dazu, daß Q(R) ein Körper ist. In diesem Fall nennt man Q(R) daher auch Quotientenkörper von R. Nach Satz B.22(3) ist er bis auf R-Isomorphie eindeutig durch R bestimmt. 2. Q(Z) = Q 3. Für Primzahlen p1 , . . . , pm ist U := {n ∈ Z | pi - n für alle i = 1, . . . m} ⊂ Z Untermonoid von (Z; ·) mit 0 6∈ U und es gilt U −1 Z = {q ∈ Q | νpi (q) ≥ 0, i = 1, . . . , m} 4. Sei K ein Körper und seien X1 , . . . , Xn Unbestimmte. Der Polynomring K[X1 , . . . , Xn ] ist Integritätsring und somit kann sein Quotientenkörper Q(K[X1 , . . . , Xn ]) gebildet werden. Offenbar gilt Q(K[X1 , . . . , Xn ]) = = K(X1 , . . . , Xn ) (man beachte, daß K ⊆ Q(K[X1 , . . . , Xn ])). Dieser Körper ist - wie man sofort bestätigt - eine rein transzendente Erweiterung von K (d. h. ist f ∈ K(X1 , . . . , Xn ) algebraisch über K, so folgt bereits f ∈ K). Er wird auch als Körper der rationalen Funktionen (oder kurz als rationaler Funktionenkörper) in X1 , . . . , Xn über K bezeichnet. Ist allgemeiner K Integritätsring, so gilt Q(K[X1 , . . . , Xn ]) = Q(K)(X1 , . . . , Xn ). 5. Seien R ein Ring und x ∈ R ein nicht nilpotentes Element (d. h. xn 6= 0R für alle n ∈ N). hxi := {xn | n ∈ N} ist Untermonoid von (R, ·) mit 0R 6∈ hxi. Wir setzen Rx := hxi−1 R = { xri | i ∈ N}. 6. Sei P eine Menge von Primidealen von R. Dann ist U := R \ Untermonoid von (R, ·). S P ∈P P 7. Sei P Primideal von R. Statt (R \ P )−1 R schreibt man kurz RP und entsprechend MP := (R \ P )−1 M . RP bzw. MP heißen Lokalisierung von R bzw. M an P . Ist R Integritätsring, so ist das Nullideal 0 von R Primideal von R (und umgekehrt) und es gilt Q(R) = R0 . 8. Sei R kommutativer Ring, M ein R-Modul, A ein R-Untermodul von M und I endlich erzeugtes Ideal von R. Nach Lemma A.5 gilt für ein Primideal P von R: (A :M I)P = AP :MP IRP . und (A :M hIi)P = AP :MP hIRP i Anhang C Transzendenzbasen von Körpererweiterungen Sei L|K eine Körpererweiterung. Wir erinnern an folgenden Begriff: Ein Element x ∈ L heißt transzendent über K, wenn f (x) 6= 0 für alle f ∈ K[T ] \ {0}, T Unbestimmte. Äquivalent dazu ist, dass der durch f 7→ f (x), f ∈ K[T ], gegebene Einsetzungshomomorphismus K[T ] → L ein Monomorphismus ist. Wir bemerken, dass dieser Monomorphismus dann K-Isomorphismen K[T ] ∼ = K[x] ∼ und K(T ) = K(x) induziert. Diese Begriffsbildungen sollen nun für Teilmengen von L verallgemeinert werden. Dabei stellt sich heraus, dass es eine formale Analogie mit linearer Unabhängigkeit von Vektoren und mit Vektorraumbasen gibt. Definition C.1. (a) Sei X ⊆ L und sei x ∈ L. x heißt algebraisch unabhängig von X über K, wenn x transzendent über K(X) (⊆ L) ist. Ist x nicht algebraisch unabhängig von X über K, so nennt man x algebraisch abhängig von X über K. (b) Elemente x1 , . . . , xn von L heißen algebraisch unabhängig über K, wenn f (x1 , . . . , xn ) 6= 0 für jedes vom Nullpolynom verschiedene Polynom f ∈ K[T1 , . . . , Tn ], T1 , . . . , Tn Unbestimmte. Sind x1 , . . . , xn ∈ L nicht algebraisch unabhängig über K, so nennt man sie algebraisch abhängig über K. (c) Eine Teilmenge X von L heißt algebraisch unabhängig über K, wenn je endlich viele paarweise verschiedene Elemente von X algebraisch unabhängig über K sind. Ist X nicht algebraisch unabhängig über K, so nennt man X algebraisch abhängig über K. 143 144 ANHANG C. TRANSZENDENZBASEN (d) Eine Teilmenge B von L heißt Transzendenzbasis von L|K, wenn • B algebraisch unabhängig ist über K und • L algebraisch ist über K(B). Bemerkungen C.2. 1. Ein Element x ∈ L ist algebraisch abhängig von X ⊆ L über K genau dann, wenn x algebraisch über K(X) ist. 2. Seien x1 , . . . , xn ∈ L. x1 , . . . , xn sind z. B. dann algebraisch abhängig über K, wenn xi algebraisch über K ist für ein i, 1 ≤ i ≤ n oder wenn xi = xj für 1 ≤ i < j ≤ n. x1 , . . . , xn sind algebraisch unabhängig über K genau dann, wenn der durch f 7→ f (x1 , . . . , xn ), f ∈ K[T1 , . . . , Tn ], T1 , . . . , Tn Unbestimmte, gegebene Einsetzungshomomorphismus K[T1 , . . . , Tn ] → L Monomorphismus ist. Er induziert dann K-Isomorphismen K[T1 , . . . , Tn ] ∼ = K[x1 , . . . , xn ] und K(T1 , . . . , Tn ) ∼ K(x , . . . , x ). = 1 n 3. Aus 2. ergibt sich sofort, dass X Transzendenzbasis von K(X )|K ist, wenn X eine Menge von Unbestimmten ist. Lemma C.3. Sei X ⊆ L und x ∈ L. Dann gilt: (1) Ist X algebraisch unabhängig über K, so ist X ∪ {x} algebraisch abhängig über K genau dann, wenn x 6∈ X und x algebraisch abhängig von X über K ist. (2) Ist B maximale über K algebraisch unabhängige Teilmenge von X, so ist K(X) algebraisch über K(B). Beweis. (1) Sei X ∪{x} algebraisch abhängig über K. Dann gilt x 6∈ X, da ansonsten X ∪ {x} = X algebraisch unabhängig über K wäre. Daher gibt es paarweise verschiedene x1 , . . . , xn ∈ X, so dass x1 , . . . , xn , x algebraisch abhängig über K sind und somit finden wir ein vom Nullpolynom verschiedenes Polynom f ∈ K[T1 , . . . , Tn , T ], T1 , . . . , Tn , T Unbestimmte, mit f (x1 , . . . , xn , x) = 0. Wir schreiben nun f = g0 + g1 T + . . . + gm T m mit g0 , . . . , gm ∈ K[T1 , . . . , Tn ] und m := grad T f ≥ 0.P Wegen f 6= 0 und der algebraischen Unabhängigkeit i der x1 , . . . , xn ist f˜ := m i=0 gi (x1 , . . . , xn )T ∈ K(X)[T ] nicht das Nullpolynom. Da aber f˜(x) = f (x1 , . . . , xn , x) = 0, ist x algebraisch über K(X), d. h. x ist algebraisch abhängig von X. Sei nun umgekehrt x 6∈ X algebraisch abhängig von X über K. Nach Bemerkung C.2.1 gibt es ein vom Nullpolynom verschiedenes Polynom f˜ ∈ 145 K(X)[T ], T Unbestimmte, mit f (x) = 0. Wir schreiben f˜ = h0 + h1 T + . . . + hm T m mit h0 , . . . , hm ∈ K(X) und m := grad f˜ ≥ 0. Dann gibt es paarweise verschiedene x1 , . . . , xn ∈ X, so dass h0 , . . . , hm ∈ K(x1 , . . . , xn ). Da x1 , . . . , xn algebraisch unabhängig über K sind, gibt es Polynome g0 , . . . , gm , i (x1 ,...,xn ) , g ∈ K[T1 , . . . , Tn ], T1 , . . . , Tn Unbestimmte, mit g 6= 0 und hi = gg(x 1 ,...,xn ) i = 0, . . . , m. Setzen wir nun f := g0 + g1 T + . . . + gm T m , so gilt f 6= 0 und f (x1 , . . . , xn , x) = 0. Damit sind x1 , . . . , xn , x algebraisch abhängig über K und wegen x 6∈ X sind x1 , . . . , xn , x auch paarweise verschieden, d. h. X ∪{x} ist algebraisch abhängig über K. (2) folgt unmittelbar aus (1), Satz C.4. Für eine Teilmenge B von L sind die folgenden Bedingungen äquivalent: (i) B ist Transzendenzbasis von L|K (ii) Für jede Teilmenge X von L mit B ⊆ X, so dass L algebraisch ist über K(X), ist B maximale über K algebraisch unabhängige Teilmenge von X. (iii) Es gibt eine Teilmenge X von L mit B ⊆ X, so dass L algebraisch über K(X) ist und B maximale über K algebraisch unabhängige Teilmenge von X ist. Beweis. (i) ⇒ (ii) ergibt sich unmittelbar aus Bemerkung C.2.1 und Lemma C.3(1). (ii) ⇒ (iii) Setze X = L. (iii) ⇒ (i) Nach Lemma C.3(2) ist K(X) algebraisch über K(B). Da L laut Voraussetzung algebraisch über K(X) ist, ist L algebraisch über K(B) nach Satz 2.17(1). Da B algebraisch unabhängig über K ist, ist B laut Definition Transzendenzbasis von L|K, Folgerung C.5. Sei X Teilmenge von L, so dass L algebraisch ist über K(X). Ist C über K algebraisch unabhängige Teilmenge von X, so gibt es eine Transzendenzbasis B von L|K mit C ⊆ B ⊆ X. Insbesondere besitzt L|K damit eine Transzendenzbasis. Beweis. Mit Hilfe des Zornschen Lemmas konstruiert man eine maximale algebraisch unabhängige Teilmenge von X mit C ⊆ B. Nach Satz C.4 ist diese Transzendenzbasis von L|K, 146 ANHANG C. TRANSZENDENZBASEN Folgerung C.6. Sei X Teilmenge von L, so dass L algebraisch ist über K(X) und sei C eine über K algebraisch unabhängige Teilmenge von L. Dann gibt es eine Teilmenge Y von X mit C ∩ Y = ∅, so dass C ∪ Y Transzendenzbasis von L|K ist. Beweis. Nach Folgerung C.5 gibt es eine Transzendenzbasis B von L|K mit C ⊆ B ⊆ X ∪ C. Mit Y := B \ C gilt dann C ∩ Y = ∅ und C ∪ Y = B ist Transzendenzbasis von L|K, Folgerung C.7. Seien B, B 0 Transzendenzbasen von L|K. Dann gilt: (1) Für jede Teilmenge C von B gibt es eine Teilmenge C 0 von B 0 mit (B \ C) ∩ C 0 = ∅, so dass (B \ C) ∪ C 0 wiederum Transzendenzbasis von L|K ist. (2) Sei K := {C0 , . . . , Cm } eine Kette in B mit C0 ⊂ . . . ⊂ Cm . Dann gibt es 0 0 , so dass für alle } in B 0 mit C00 ⊂ . . . ⊂ Cm eine Kette K0 := {C00 , . . . , Cm i = 0, . . . , m gilt (a) (B \ Ci ) ∩ Ci0 = ∅ und (b) (B \ Ci ) ∪ Ci0 ist Transzendenzbasis von L|K. Beweis. (1) ergibt sich aus Folgerung C.6, indem wir dort setzen X := B 0 und C := B \ C sowie C 0 := Y . (2) Es reicht zu zeigen: Sind C1 , C2 Teilmengen von B mit C1 ⊂ C2 , so gibt es Teilmengen C10 , C20 von B 0 mit C10 ⊂ C20 und den Eigenschaften (a), (b). Dabei ergibt sich die Existenz von C20 aus (1). Setzen wir B 00 := (B \ C2 ) ∪ C20 , so ergibt sich entsprechend eine Teilmenge C10 von B 00 mit (B \ C1 ) ∩ C10 = ∅, so dass (B \ C1 ) ∪ C10 Transzendenzbasis von L|K ist. Wegen (B \ C2 ) ∩ C10 ⊆ (B \ C1 ) ∩ C10 = ∅ folgt C10 ⊆ C20 . Wäre C10 = C20 , so hätten wir (B \ C2 ) ∪ C20 ⊂ (B \ C1 ) ∪ C10 im Widerspruch zu Satz C.4, wonach die Transzendenzbasis (B \ C2 ) ∪ C20 von L|K maximale über K algebraisch unabhängige Teilmenge von L ist, Satz und Definition C.8. Je zwei Transzendenzbasen von L|K sind gleichmächtig. Die entsprechende Kardinalzahl heißt Transzendenzgrad von L|K, kurz trgradK L. Beweis. Seien B, B 0 Transzendenzbasen von L|K. Völlig ananlog wie beim Beweis der Gleichmächtigkeit zweier Basen eines freien Moduls ergibt sich die Behauptung, wenn B oder B 0 unendlich ist. 147 Wir nehmen daher an, dass B und B 0 endlich sind. O. B. d. A. gelte ]B ≥ ]B 0 . In B wählen wir eine Kette K von Teilmengen von B der Länge #B. Nach Folgerung C.7(2) ergibt sich hieraus eine Kette K0 gleicher Länge von Teilmengen von B 0 . Hieraus folgt aber #B 0 ≥ #B und somit #B = #B 0 , Folgerung C.9. Seien X und Y Mengen von Unbestimmten. (1) Es gibt einen K-Algebra-Monomorphismus K[X ] → K[Y] genau dann, wenn #X ≤ #Y. (2) Genau dann gilt K[X ] ∼ = K[Y], wenn #X = #Y. Beweis. (1) Ein K-Monomorphismus K[X ] → K[Y] induziert einen K-Monomorphismus der entsprechenden Quotientenkörper, also einen K-Monomorphismus f : K(X ) → K(Y). X ist Transzendenzbasis von K(X )|K (s. obige Bemerkung C.2.3) und damit sind f (X1 ), . . . , f (Xr ) über K algebraisch unabhängig in K(Y), wenn X1 , . . . , Xr paarweise verschiedene Elemente aus X sind. Damit ist f (X ) über K algebraisch unabhängige Teilmenge von K(Y) mit #f (X ) = #X . Nach Folgerung C.5 kann f (X ) zu einer Transzendenzbasis B von K(Y)|K erweitert werden und daher gilt nach Satz C.8: #X = #f (X ) ≤ #B = trgradK K(Y) = #Y. Wenn umgekehrt #X ≤ #Y, so gibt es laut Definition eine injektive Abbildung ϕ : X → Y. Diese induziert dann einen eindeutig bestimmten KMonomorphismus gϕ : K[X ] → K[Y] mit gϕ (X) = ϕ(X) für alle X ∈ X . Im Hinblick auf (2) bemerken wir, dass damit gϕ−1 = gϕ−1 , wenn ϕ bijektiv ist, d. h. in diesem Fall ist gϕ ein K-Isomorphismus. (2) Dies ergibt sich aus (1) unter Anwendung des Bernsteinschen Äquivalenzprinzips, Definition C.10. Eine Körpererweiterung L|K heißt rein transzendent, wenn es eine Transzendenzbasis B von L|K gibt mit L = K(B). Bemerkungen C.11. 1. Körpererweiterungen vom Transzendenzgrad 0 sind genau die algebraischen Körpererqweiterungen. 2. Ist X eine Menge von Unbestimmten, so ist X Transzendenzbasis von K(X )|K und K(X )|K ist eine rein transzendente Körpereweiterung vom Transzendenzgrad #X . 148 ANHANG C. TRANSZENDENZBASEN 3. Für jede Kardinalzahl ℵ gibt es eine rein transzendente Körpererweiterung vom Transzendenzgrad ℵ. 4. Ist L|K rein transzendente Körpererweiterung vom Transzendenzgrad 6= 0, so gibt es Transzendenzbasen B von L|K mit K(B) ⊂ L. Ist z. B. B0 Transzendenzbasis von L|K mit K(B0 ) = L, so setze man B := {x2 | x ∈ B0 }. B ist wieder Transzendenzbasis von L|K; jedoch gilt nicht K(B) = L. Folgerung C.12. Es gelte L = K(y1 , . . . , ys ) mit y1 , . . . , ys ∈ L. Wenn s = trgradK L, so ist {y1 , . . . , ys } Transzendenzbasis von L|K und L|K ist damit eine rein transzendente Körpererweiterung. Beweis. Da L insbesondere algebraisch über K(y1 , . . . , ys ) ist, enthält {y1 , . . . , ys } eine Transzendenzbasis B von L|K nach Folgerung C.5. Da #B = s laut Voraussetzung, gilt {y1 , . . . , ys } = B,