Dissertation Lina Marie Reischuck

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Aus der Klinik für Frauenheilkunde
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
YB-1 als prädiktiver Marker beim Mammakarzinom
INAUGURAL-DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau
Vorgelegt 2014
von Lina Marie Reischuck
geboren in Hamburg
__________________________________________________________________________________
Dekanin:
Prof. Dr. Kerstin Krieglstein
1. Gutachter:
Prof. Dr. Elmar Stickeler
2. Gutachter:
Prof. Dr. Martin Werner
Jahr der Promotion:
2014
__________________________________________________________________________
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung .............................................................................................................................. 1
1.1 Mammakarzinom ............................................................................................................. 1
1.1.1 Epidemiologie ....................................................................................................... 1
1.1.2 Therapieoptionen beim Mammakarzinom ............................................................ 2
1.1.3 Prognostische und prädiktive Faktoren ................................................................. 6
1.1.4 Therapiestrategien und Behandlungsplanung ....................................................... 9
1.2 Das Y-Box Protein 1 (YB-1) ......................................................................................... 14
1.2.1 YB-1 - Ein Protein mit vielfältigen Funktionen ................................................. 14
1.2.2 Aufbau und Struktur des humanen YB-1............................................................ 14
1.2.3 YB-1 und seine Rolle bei Transkription und Translation ................................... 16
1.2.4 Die Bedeutung von YB-1 bei der Tumorentstehung .......................................... 16
1.2.5 Die Bedeutung von YB-1 bei der Entstehung von Medikamentenresistenz....... 18
1.2.6 YB-1 als mögliches „molecular target“ in der Mammakarzinomtherapie.......... 20
1.2.7 YB-1 als prognostischer und prädiktiver Marker ............................................... 20
2. Ziel der hier vorgestellten Studie...................................................................................... 22
3. Material und Methoden..................................................................................................... 23
3.1 Das Studienkollektiv ...................................................................................................... 23
3.2 Materialien, Chemikalien, Puffer, Lösungen, Geräte .................................................... 24
3.2.1 Gewinnung der Mammastanzbiopsie .................................................................. 24
3.2.2 Immunhistochemische Färbung von YB-1 ......................................................... 24
3.2.3 Auswertung ......................................................................................................... 25
3.3 Methoden ....................................................................................................................... 26
3.3.1 Gewinnung der Gewebezylinder mittels Mammastanzbiopsie........................... 26
3.3.2 Immunhistochemische Färbung von YB-1 ......................................................... 26
3.3.3 Bestimmung der Expression von YB-1 im Tumormaterial ................................ 29
3.3.4 Bestimmung des Tumorregressionsgrades ......................................................... 30
3.3.5 Statistische Methoden ......................................................................................... 31
4. Ergebnisse ........................................................................................................................... 32
4.1 Studiendesign und Analyse des Patientinnenkollektivs ................................................. 32
4.2 Korrelation der Expression von YB-1 mit dem Tumorregressionsgrad ........................ 33
4.3 Korrelation von YB-1 mit weiteren Parametern ............................................................ 35
4.3.1 YB-1-Expression und Menopausenstatus ........................................................... 36
4.3.2 YB-1-Expression und histologischer Tumortyp ................................................. 36
4.3.3 YB-1-Expression und Tumorgröße..................................................................... 37
4.3.4 YB-1-Expression und Lymphknotenstatus ......................................................... 37
4.3.5 YB-1-Expression und Grading ........................................................................... 37
4.3.6 YB-1-Expression, Regressionsgrad und Hormonrezeptorstatus......................... 38
5. Diskussion ........................................................................................................................... 40
5.1 Hintergrund dieser Studie .............................................................................................. 40
5.2 Korrelation der Expression von YB-1 mit dem Tumorregressionsgrad ........................ 42
5.3 Zusammenhang von YB-1, Regressionsgrad und weiteren klinisch-pathologischen
Parametern ........................................................................................................................... 45
5.4 Ausblick und Schlussfolgerungen.................................................................................. 48
6. Zusammenfassung ............................................................................................................. 50
7. Anhang ................................................................................................................................ 51
7.1 Abkürzungsverzeichnis .................................................................................................. 51
7.2 Literaturverzeichnis ....................................................................................................... 53
7.3 Tabellenverzeichnis ....................................................................................................... 71
7.4 Abbildungsverzeichnis................................................................................................... 72
7.5 Danksagung.................................................................................................................... 73
7.6 Curriculum vitae ............................................................................................................ 74
Einleitung
1
1. Einleitung
Eines der obersten Ziele in der gynäkologischen Onkologie ist es, die Therapieoptionen des
invasiven Mammakarzinoms zu verbessern und den betroffenen Patientinnen eine individuell
optimierte und risikoadaptierte Behandlung zukommen zu lassen. Im Zentrum der aktuellen
Forschung steht daher unter anderem die Identifizierung neuer Marker mit prädiktiver
Aussagekraft bezüglich maligner Brustkrebserkrankungen und die sich daraus ergebende
Entwicklung neuer Behandlungsstrategien (Sawyers 2008). Die Rolle des Proteins YB-1 als
ein solcher prädiktiver Marker für das Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie
beim Mammakarzinom soll in der hier vorliegenden Studie näher betrachtet werden.
1.1 Mammakarzinom
1.1.1 Epidemiologie
Gemäß aktueller Daten des Robert-Koch-Instituts erkranken in Deutschland jährlich ca.
70.000 Frauen an einem primären Mammakarzinom. Zusätzlich werden jährlich ca. 6.500 Insitu-Karzinome gezählt (Robert Koch-Institut, Krebs in Deutschland 2009/2010). Demnach
wird eine von acht Frauen im Verlauf ihres Lebens an Brustkrebs erkranken. Damit ist das
Mammakarzinom vor dem kolorektalen Karzinom und dem Bronchialkarzinom die häufigste
maligne Tumorerkrankung der Frau.
Abbildung 1: Prozentualer Anteil der häufigsten Tumorlokalisationen an allen Krebsneuerkrankungen
in Deutschland 2010. Entnommen aus Krebs in Deutschland 2009/2010, 9. Ausgabe. Robert Koch-Institut und
Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (Hrsg.), Berlin, 2013.
Einleitung
2
Nach der deutschlandweiten Einführung des Mammographie-Screenings im Jahr 2005,
welches flächendeckend zweijährliche Reihenuntersuchungen von Frauen zwischen 50 und
69
Jahren
in
spezialisierten
Zentren
vorsieht,
war
zunächst
ein
Anstieg
der
Brustkrebsinzidenz zu verzeichnen, da durch die verbesserte Früherkennung mehr
Neuerkrankungen in frühen Stadien erfasst wurden. Seit 2009 wird jedoch eine leicht
rückläufige jährliche Inzidenz beobachtet. Die brustkrebsbedingte Mortalität nimmt in
Deutschland seit den 1990er Jahren kontinuierlich ab. Derzeit liegt die relative 5-JahresÜberlebensrate zwischen 83–87%. Diese Entwicklung wird auf die stetig verbesserten
Behandlungsstrategien und Therapieverfahren zurückgeführt (Robert Koch-Institut, Krebs in
Deutschland 2009/2010).
Abbildung
2:
Übersicht
über
die
wichtigsten
epidemiologischen
Maßzahlen
bezüglich
des
Mammakarzinoms in Deutschland. Entnommen aus Krebs in Deutschland 2009/2010, 9. Ausgabe. Robert
Koch-Institut und Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (Hrsg.), Berlin, 2013.
Obwohl die Mortalität auch weltweit gesunken ist, bleibt das Mammakarzinom weiterhin die
führende Todesursache unter den malignen Erkrankungen der Frau (Ferlay et al. 2010).
Damit bleibt die kontinuierliche Verbesserung von Prävention, Diagnostik, Therapie und
Nachsorge des Mammakarzinoms ein wichtiges Ziel in der medizinischen Wissenschaft
sowie im klinischen Alltag.
1.1.2 Therapieoptionen beim Mammakarzinom
In der Therapie des Mammakarzinoms haben sich fünf Säulen etabliert: die Chemotherapie,
die Operation, die Radiotherapie, die endokrine Therapie mit dem Antiöstrogen Tamoxifen
oder einem Aromatasehemmer sowie die Immuntherapie mit dem monoklonalen Antikörper
Einleitung
3
Trastuzumab (Herceptin®). Im Zentrum der vorliegenden Studie steht die Beurteilung des zu
erwartenden Ansprechens auf eine neoadjuvante Chemotherapie im Zusammenspiel mit der
chirurgischen Tumorresektion. Daher wird im Hinblick auf eine detaillierte Darstellung der
weiteren Therapieoptionen (Radiotherapie, endokrine Therapie, Immuntherapie) auf die
umfangreiche diesbezügliche Fachliteratur, insbesondere auf die aktuelle interdisziplinäre S3Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms der Deutschen
Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
(Deutsche Krebsgesellschaft 2012) verwiesen.
Eine systemische Chemotherapie zur Behandlung des Mammakarzinoms kann adjuvant
(postoperativ) oder neoadjuvant (primär, präoperativ) erfolgen. Durch den Einsatz der
adjuvanten Chemotherapie beim operablen Mammakarzinom kann das Rezidivrisiko und die
Mortalität signifikant verringert werden (EBCTCG 1992). Die neoadjuvante Chemotherapie
hat sich zunächst vor allem in der Behandlung des inflammatorischen und primär
inoperablen, lokal fortgeschrittenen Mammakarzinoms als Baustein eines multimodalen
Therapiekonzeptes etabliert (Ueno et al. 1997, Fisher B et al. 1997, Kaufmann et al. 2006).
Diese Behandlungsmodalität hatte ursprünglich seit Beginn der frühen 1980er Jahre zum
Ziel, primär inoperable Tumore zu verkleinern und eine anschließende Brust erhaltende
Operation zu ermöglichen (Kaufmann et al. 2003, Bonadonna et al. 1998, Powles et al.
1995). Heute findet die neoadjuvante Chemotherapie jedoch auch in der Behandlung des
primär operablen Mammakarzinoms Anwendung (Mieog et al. 2007, Kaufmann et al. 2006,
Bear et al. 2003, Fisher B et al. 1998). Mehrere Studien konnten zeigen, dass sowohl das
Rezidivrisiko als auch die Mortalität für neoadjuvante und adjuvante Chemotherapie
vergleichbar sind (Rastogi et al. 2008, van der Hage et al. 2001, Fisher B et al. 1998). Im
Gegensatz zur adjuvanten Chemotherapie bietet die neoadjuvante Behandlungsstrategie
jedoch den Vorteil, dass das Therapieansprechen in vivo beurteilt werden kann (Beckmann et
al. 2009). So ermöglicht die pathomorphologische Untersuchung des im Anschluss an die
Chemotherapie
gewonnenen
Operationspräparats
eine
Aussage
über
residuelle
Tumorzellnekrosen, Fibrosierungen, Vakuolisierungen des Zellplasmas und erhöhte
Kernpolymorphie (Länger et al. 2004). Werden bei der Untersuchung des operativ entfernten
Brustgewebes keine intakten Tumorzellen gefunden, so liegt eine histopathologische
Komplettremission (pathological complete response, pCR) vor. Da mehrfach gezeigt wurde,
dass diese mit signifikant längerem Rezidiv-freien Überleben einhergeht, ist das
Herbeiführen einer pCR eines der Hauptziele der neoadjuvanten Chemotherapie (Fisher B et
Einleitung
4
al. 1998, Kuerer et al. 1999, van der Hage et al. 2001, Fisher ER et al. 2002, Kong, X et al.
2011).
In der Literatur finden sich mehrere Klassifikationssysteme, anhand derer sich die
histopathologische Tumorregression nach neoadjuvanter Chemotherapie beschreiben lässt.
Zu nennen sind hier insbesondere der Regressionsgrad nach Sinn (siehe Kap. 3.3.4, Sinn et
al. 1994) sowie der Score nach Miller und Payne (Ogston et al. 2003), die sich in der
Definition der histopathologischen Komplettremission unterscheiden. Statt allein die Grösse
des Residualtumors zu berücksichtigen, wird in neueren Klassifikationssystemen auch die
Zellularität des Tumors, die Invasion in das Lymphgefässsystem und die Anzahl und Größe
möglicher Lymphknotenmetastasen beurteilt (Huang et al. 2006, Symmans et al. 2007).
Bislang hat sich jedoch keines dieser Graduierungssysteme als einheitlicher Standard
international durchgesetzt (Kaufmann et al. 2006, Kurosumi 2006). Im klinischen Alltag in
Deutschland ist die Angabe des Regressionsgrades fakultativ (Deutsche Krebsgesellschaft
2012). In der Regel findet der Regressionsgrad nach Sinn (siehe Kap. 3.3.4) bevorzugt
Anwendung (Deutsche Krebsgesellschaft 2012).
Im Rahmen einer neoadjuvanten Chemotherapie kommen diverse Studienprotokolle und
Therapieschemata zur Anwendung. Ein Beispiel für ein solches Therapieregime ist das auch
in der hier vorliegenden Studie eingesetzte NSABP B-27 Protokoll, welches jeweils vier
Zyklen Doxorubicin/Cyclophosphamid sowie anschließend vier weitere Zyklen Docetaxel
beinhaltet (siehe Kap. 3.1). Dieses Protokoll konnte durch eine prospektive randomisierte
Studie des National Surgical Adjuvant Breast and Bowel Projects (NSABP) etabliert werden
(Bear et al. 2003, Bear et al. 2006). In dieser Studie zeigte sich, dass die Kombination eines
Taxans (z.B. Docetaxel) mit Doxorubicin/Cyclophosphamid gegenüber der alleinigen primär
systemischen Therapie mit Doxorubicin/Cyclophosphamid Vorteile bietet. Die zusätzliche
Gabe von Docetaxel stellte sich dabei in Bezug auf das Erreichen der pCR als wirksamer
heraus. Eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens der Patientinnen konnte
hingegen nicht festgestellt werden (Bear et al. 2003, Bear et al. 2006). In den zweijährlich
stattfindenden
St.
Gallener
Konsensuskonferenzen
zur
Behandlung
des
primären
Mammakarzinoms wurde dementsprechend formuliert, dass die neoadjuvante Therapie
jeweils ein Zytostatikum aus der Gruppe der Taxane (z.B. Docetaxel) und der Anthracycline
(z.B. Doxorubicin) umfassen sollte (Goldhirsch et al. 2009, Goldhirsch et al. 2013). Zudem
sollte bei Her2/neu-positiven Tumoren eine Anti-Her2/neu-Therapie mit Trastuzumab zur
Einleitung
5
Anwendung kommen, da diese das Ansprechen des Tumors auf die Chemotherapie
signifikant verbessern kann (Buzdar et al. 2005).
Auch das operative Vorgehen beim Mammakarzinom wurde in den vergangenen Jahrzehnten
stetig verbessert und individualisiert. Heute gehört die brusterhaltende Operationstechnik mit
Sentinel-Node-Biopsie zu den Standardverfahren und hat die zuvor übliche radikale
Mastektomie mit anschließender axillärer Lymphonodektomie abgelöst. Studien konnten
zeigen, dass die brusterhaltende Operation mit anschließender Radiotherapie hinsichtlich des
Gesamtüberlebens der modifiziert radikalen Mastektomie gleichwertig ist (Fisher B et al.
2002, Veronesi et al. 2002). Die Sentinel-Node-Biopsie bietet den Vorteil einer geringeren
chirurgischen Radikalität, wodurch postoperative Komorbiditäten wie Lymphödem und
Sensibilitätsverlust am betroffenen Arm verringert werden können (Fleissig et al. 2006,
Veronesi et al. 2003). Aktuelle Studien zeigen zudem, dass auch bei Nachweis von
Mikrometastasen im Sentinel-Lymphknoten und selbst bei bis zu zwei makroskopisch
positiven Lymphknoten eine Axilladissektion keinen zusätzlichen Benefit gegenüber der
alleinigen brusterhaltenden Operation mit anschließender Radiotherapie bietet (Galimberti et
al 2013, Giuliano et al 2011). Entscheidend ist jedoch weiterhin, die Therapieempfehlungen
dem Stadium der Erkrankung bzw. der TNM-Klassifikation entsprechend individuell
auszurichten. Die modifizierte radikale Mastektomie z.B. ist auch heute noch empfohlen,
wenn die brusterhaltende Operation nicht möglich ist bzw. bei großen Tumoren mit erhöhtem
Rezidivrisiko.
Eine präoperative histologische Diagnostik suspekter Befunde ist für die Entwicklung
risikoadaptierter und individualisierter Therapiestrategien unerlässlich. Anhand von
Tumorgewebe, welches im Rahmen einer mammographisch oder sonographisch gesteuerten
Biopsie gewonnenen wurde, können bereits präoperativ prognostisch bedeutsame Faktoren
wie histologischer Tumortyp, Grading, Hormonrezeptorstatus, Her2/neu-Status u.a. bestimmt
werden (Deutsche Krebsgesellschaft 2012). Eine solche präoperative Diagnostik sollte heute
standardmäßig erfolgen und ist richtungsweisend für die weiteren therapeutischen Schritte
(NZGG 2009, Alert et al. 2008, siehe Kap. 1.1.4 und Kap. 3.3.1). Gemäß der aktuellen S3Leitlinie sollte zu diesem Zweck vorzugsweise eine minimalinvasive, mammographisch oder
sonographisch
gesteuerte
Stanz-
oder
Vakuumsbiopsie
erfolgen.
Eine
offene
Exzisionsbiopsie sollte nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommen (Albert et al., 2008,
Deutsche Krebsgesellschaft 2012).
Einleitung
6
1.1.3 Prognostische und prädiktive Faktoren
Die Therapie des Mammakarzinoms hat im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte einen
Wandel erlebt. Während früher jeder an Brustkrebs erkrankten Frau zu einer einheitlichen
Therapie geraten wurde, stehen heute verschiedene Behandlungsoptionen zur Verfügung.
Hinzu kommt, dass unter dem Überbegriff „Mammakarzinom“ genotypisch inhomogene
Malignome der weiblichen Brust zusammengefasst werden, die sich in ihrer Histologie, ihren
biologischen
unterscheiden.
Eigenschaften,
Die
Auswahl
ihrer
Aggressivität
eines
für
die
und
Patientin
ihrem
Therapieansprechen
individuell
zugeschnittenen
Therapiekonzepts erfolgt heute entsprechend risikoadaptiert und orientiert sich an den jeweils
aktuellen Leitlinien (Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie 2013, Deutsche
Krebsgesellschaft 2012). Um Behandlungskonzepte beim Mammakarzinom individuell
erstellen zu können, werden jedoch entsprechende Marker benötigt, anhand derer die
Therapieempfehlung ausgerichtet werden kann. Es müssen hierbei zwei Kategorien
voneinander unterschieden werden:
Prognostische Marker erlauben unabhängig von der Therapie eine Aussage über die
Wahrscheinlichkeit eines Rezidives sowie über das Gesamtüberleben. Ein prognostischer
Marker korreliert also mit dem natürlichen Krankheitsverlauf und kann somit bei der
Identifizierung von Hoch-Risiko-Patientinnen hilfreich sein. Als Beispiel ist der
Lymphknotenstatus zum Zeitpunkt der Erstdiagnose zu nennen. Sind zu diesem Zeitpunkt
bereits Lymphknoten befallen, ist im Vergleich zu Patientinnen mit negativem
Lymphknotenstatus und anderweitig ähnlichen Tumoren mit einem signifikant verkürzten
Gesamtüberleben zu rechnen (Carter et al. 1989, Arriagada et al. 2006).
Prädiktive Marker erlauben eine konkrete Angabe zum voraussichtlichen Ansprechen des
Tumors auf eine spezifische therapeutische Intervention (Sawyers 2008, Decker et al. 2009).
Da jede Therapie mit potentiellen Nebenwirkungen verbunden ist, müssen der zu erwartende
Nutzen wie auch das mögliche Risiko für jede Patientin individuell abgewogen werden, um
sowohl Unter- als auch Überbehandlung zu vermeiden (Lønning 2007). Denjenigen
Patientinnen, die voraussichtlich nicht auf eine Therapie ansprechen werden, können so zum
Teil erhebliche Nebenwirkungen erspart werden. Dieser Ansatz findet bereits praktische
Anwendung, beispielsweise bei der Therapie von Hormonrezeptor-positiven Tumoren mit
dem selektiven Östrogenrezeptormodulator Tamoxifen (Bundred 2001, EBCTCG 1992,
EBCTCG 1998, Osborne 1998). Als weiteres Beispiel ist der Einsatz des gegen den
Her2/neu-Rezeptor gerichteten monoklonalen Antikörpers Trastuzumab zu nennen, welcher
Einleitung
7
nur bei denjenigen Mammakarzinomen Erfolg versprechend ist, die den entsprechenden
Rezeptor exprimieren (NCCN 2011, NZGG 2009, NICE 2009). Bedenkt man, dass
therapeutische Optionen, welche anhand eines prädiktiven Faktors als nutzbringend erachtet
werden, das Rezidiv-freie Gesamtüberleben verlängern sollten, kommt vielen prädiktiven
Faktoren gleichzeitig eine prognostische Aussagekraft zu.
Als gesicherte prognostische und prädiktive Faktoren nennt die aktuelle S3-Leitlinie
(Deutsche Krebsgesellschaft 2012) folgende Parameter:
Prognostische Faktoren:
-
pTNM-Status (Tumorgröße, axillärer Lymphknotenbefall, Fernmetastasierung)
(Bundred 2001, Carter et al. 1989, Page al. 1998, Rosen et al. 1991, Rosen et al.
1993, NCCN 2011, NZGG 2009)
-
Resektionsrand (R-Klassifikation) und Sicherheitsabstände (Bundred 2001, Kurtz
et al. 1989, Park et al. 2000, NCCN 2011, NICE 2009, NZGG 2009)
-
histologischer Tumortyp (Fisher ER et al. 1990, NCCN 2011, NZGG 2009)
-
Grading (Elston et al. 1991, NCCN 2011, NZGG 2009)
-
Lymphgefäß- und Gefäßeinbruch (Lx, Vx) (Colleoni et al. 2007, Gasparini et al.
1994, Kato et al. 2003, NCCN 2011, NZGG 2009)
-
Alter der Patientin
Prädiktive Faktoren:
-
Östrogen-/Progesteronrezeptorstatus für eine Hormontherapie (Bundred 2001,
EBCTCG 1992, EBCTCG 1998, Osborne 1998, NCCN 2011)
-
Her2/neu-Status für eine Behandlung mit dem humanen Antikörper Trastuzumab
(Herceptin®) (Bundred 2001, Cobleigh et al. 1999, Piccart-Gebhart et al. 2005,
Romond et al. 2005, Slamon et al. 2001, Wallgren et al. 2003, NCCN 2011,
NZGG 2009, NICE 2009)
-
Menopausenstatus für den Einsatz von GnRH-Analoga (EBCTCG 2000, NCCN
2011)
Wie bereits erwähnt wird der axilläre Lymphknotenstatus als wichtigster Prognosefaktor
angesehen. Ein positiver Lymphknotenbefall geht mit einer deutlich erhöhten Mortalität
einher (Carter et al. 1989, Arriagada et al. 2006). Zudem beträgt das 10-Jahres-Rezivrisiko
Einleitung
8
bei nodal positiven Patientinnen ca. 70%. Im Gegensatz dazu beträgt dieses bei nodal
negativen Patientinnen ca. 20% bis 30% (Fitzgibbons et al. 2000).
Die Tumorgröße stellt einen weiteren entscheidenden Prognosefaktor dar (Mirza et al. 2002).
In einer großen Studie des amerikanischen National Cancer Institute mit knapp 25.000
beobachteten Fällen betrug die 5-Jahresüberlebensrate bei einem Tumordurchmesser < 2 cm
und negativem Lymphknotenstatus über 95%, bei Tumoren mit einem Durchmesser > 5 cm
je nach Lymphknotenbefall zwischen 82% und 45% (Carter et al. 1989).
Das Grading, ein Maß für den Differenzierungsgrad des Tumorgewebes, korreliert ebenfalls
mit dem Rezidiv-freien Überleben und der Prognose. Ein Mammakarzinom wird dabei einem
von drei histologischen Differenzierungsgraden (1 = gut, 2 = mäßig und 3 = schlecht
differenziert) zugeteilt, indem Mitosezahl, Kernpolymorphie und glanduläre Differenzierung
histopathologisch beurteilt werden (Elston 2005, Elston und Ellis 2002).
Die drei oben genannten Faktoren können auch zum sogenannten Nottingham-PrognoseIndex (siehe Tabelle 1) zusammengefasst werden, dessen Angabe im Rahmen der Abklärung
eines primären Mammakarzinoms gemäß der S3-Leitlinien optional ist (Galea et al. 1992,
Page et al. 1998).
Merkmal
Kriterium
Score
Grading (Elston et al. 1991)
G1
G2
G3
1
2
3
Lymphknotenstatus
pN0
1-3 LK positiv
≥ 4 LK positiv
1
2
3
Indexwert = Grösse (in cm) x 0.2 + Score Grading + Score LK-Status
Indexwert
Prognose
15-Jahresüberlebensrate
≤ 3.4
3.41 - 5.40
> 5.40
gut
intermediär
schlecht
80 %
42 %
13 %
Tabelle 1: Nottingham-Prognose-Index. Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (DKG) und Deutsche Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG): Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und
Nachsorge des Mammakarzinoms – Langfassung 3.0. Aktualisierung 2012
Einleitung
9
Die Tumorinvasion in Lymph- und Blutgefäße korreliert mit dem Lymphknotenstatus sowie
der Tumorgröße und besitzt ebenfalls eine prognostische Aussagekraft (Lauria et al. 1995).
Dieser Parameter stellt nach den Empfehlungen der Konsensuskonferenz in St. Gallen ein
Kriterium für die Unterscheidung zwischen Tumoren der niedrigen und der mittleren
Risikokategorie dar (Kap. 1.1.4, Goldhirsch et al. 2005, Goldhirsch et al. 2007).
Der Hormonrezeptorstatus besitzt sowohl prädiktive als auch prognostische Aussagekraft.
Bei
Patientinnen
mit
Hormonrezeptor-positivem
Mammakarzinom
liegt
die
5-
Jahresüberlebensrate bei rund 92%, bei Hormonrezeptor-negativen Karzinomen fällt dieser
Wert auf 66% (Fisher B et al. 1988). Auch die Anzahl der Rezidive ist bei negativem
Hormonrezeptorstatus geringfügig erhöht (McGuire et al. 1990). Da Hormonrezeptorexprimierende Brusttumore auf eine adjuvante Therapie mit dem Antiöstrogen Tamoxifen
ansprechen, kommt der Bestimmung der Rezeptorexpression zudem auch ein prädiktiver
Wert zu (Harris et al. 2007).
Bezüglich des Her2/neu-Rezeptors konnte in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass
eine Überexpression oder Amplifikation dieses Gens mit einem erhöhten Rezidivrisiko sowie
erhöhter Mortalität verbunden ist (Slamon et al. 1987, Haffty et al. 2004). Auch der
Her2/neu-Status besitzt zusätzlich zu seiner prognostischen Bedeutung eine prädiktive
Aussagekraft bezüglich des Ansprechens auf eine spezifische Therapieoption: Ein positiver
Her2/neu-Status stellt die Indikation für den humanisierten, monoklonalen Antikörper
Trastuzumab (Herceptin®) dar, der spezifisch an die extrazelluläre Domäne dieses Proteins
bindet und so eine Überstimulation des Her2-Signalwegs hemmt (Slamon et al 2001,
Goldhirsch et al. 2007).
1.1.4 Therapiestrategien und Behandlungsplanung
Wie im vorausgehenden Kapitel beschrieben richtet sich die Therapieplanung beim
Mammakarzinom nach messbaren prognostischen und prädiktiven Faktoren, die eine
Aussage über den zu erwartenden Nutzen einer therapeutischen Intervention vor dem
Hintergrund der individuellen Prognose zulassen. Basierend auf diesen Faktoren wurden im
Rahmen der St. Gallener Konsensuskonferenzen zum Mammakarzinom unterschiedliche
Risikogruppen definiert und entsprechende Therapieempfehlungen erarbeitet. In den
vergangenen Jahren wurden diesbezüglich verschiedene Klassifikationssysteme vorgestellt
und stetig weiterentwickelt. Zunächst wurde eine Einteilung in Tumore mit niedrigem,
mittlerem und hohem Risiko vorgenommen. Diese beruhte im Wesentlichen auf
Einleitung
10
makromorphologischen (Tumorgrösse), histopathologischen (Grading, Lymphknotenstatus,
peritumorale vaskuläre Invasion) und epidemiologischen Parametern (Alter) und beinhaltete
im Hinblick auf molekulare Marker lediglich die Expression von Her2/neu (Tabelle 2,
Goldhirsch et al. 2005). Diese Klassifikation wird gemäss der S3-Leitlinien von 2012
weiterhin gelegentlich zur Therapieempfehlung beim Mammakarzinom im klinischen Alltag
eingesetzt.
Risikokategorie
Niedriges Risiko
Notwendige Kriterien
Negativer Lymphknotenstatus und alle der folgenden Kriterien:
pT ≤ 2 cm und
G 1 und
keine peritumorale vaskuläre Invasion und
Her2/neu negativ und
Alter ≥ 35 Jahre
Mittleres Risiko
Negativer Lymphknotenstatus und mindestens eines der folgenden Kriterien:
pT > 2 cm oder
G 2-3 oder
peritumorale vaskuläre Invasion oder
Her2/neu positiv oder
Alter < 35 Jahre
Alternativ:
Positiver Lymphknotenstatus (1-3 LK) und
Her2/neu negativ
Hohes Risiko
Positiver Lymphknotenstatus (1-3 LK) und
Her2/neu positiv
Alternativ:
Positiver Lymphknotenstatus (> 4 LK)
Tabelle 2: Risikokategorien für Patientinnen mit operablem Mammakarzinom. (Goldhirsch et al. 2005)
Seit einigen Jahren lässt sich jedoch feststellen, dass molekularbiologische Faktoren,
insbesondere die Expression von ausgewählten Proliferationsgenen, für die Risikobeurteilung
von Mammakarzinomen zunehmend an Bedeutung gewinnen (Perou et al. 2000, Wirapati et
al. 2008). Ausgehend von Microarray-basierten Genexpressionsanalysen konnte somit eine
molekulare Risikoklassifikation des Mammakarzinoms etabliert werden (siehe Tabelle 3,
Perou et al. 2000, Sørlie et al. 2001, Goldhirsch et al. 2013). Da derzeit in der
Einleitung
11
Routinediagnostik eine Genotypisierung mittels molekularbiologischer Methoden jedoch
noch nicht flächendeckend umsetzbar ist, wird üblicherweise auf immunhistochemische
Surrogatparameter wie ER und PgR (Hormonrezeptorstatus), Her2/neu und Ki-67
(Proliferationsindex) zurückgegriffen (Cheang et al. 2009, Hugh et al. 2009).
Intrinsischer Subtyp
Klinisch-pathologische Definition
Luminal A
„Luminal A-like“
ER und PgR positiv
Her2/neu negativ
Ki-67 Expression niedrig (< 14 %)
Rezidivrisiko
„niedrig“
basierend
auf
dem
Resultat
einer
Resultat
einer
Genexpressionsanalyse (Microarray, wenn verfügbar)
Luminal B
„Luminal B-like (Her2/neu negativ)“
ER positiv
Her2/neu negativ
plus mindestens eines der folgenden Kriterien:
Ki-67 Expression hoch (> 14 %)
PgR negativ/niedrig
Rezidivrisiko
„hoch“
basierend
auf
dem
Genexpressionsanalyse (Microarray, wenn verfügbar)
„Luminal B-like (Her2/neu positiv)“
ER positiv
Her2/neu positiv
jedes Ki-67
jedes PgR
Erb-B2-Überexpression
„Her2/neu positiv (nicht-luminal)“
Her2/neu positiv
ER und PgR negativ
„Basal-like“
„Triple negative (ductal)“
ER und PgR negativ
Her2/neu negativ
Tabelle 3: Klinisch-pathologische Definition der Subtypen des Mammakarzinoms. (Goldhirsch et al. 2013)
Tumore der Kategorie „Luminal A“ sind demnach ER- und PgR-positiv, Her2/neu-negativ,
haben eine niedrige Proliferationsrate (Ki-67 <14%) und ergeben in einer gegebenenfalls
Einleitung
12
durchgeführten Genexpressionsanalyse (21-Gen- oder 70-Gen-Microarray) ein „niedriges“
Rezidivrisiko. Im Gegensatz dazu wird in der Kategorie „Luminal B“ zusätzlich zu den
Markern ER, PgR und Ki-67 zwischen Tumoren mit oder ohne Her2/neu-Expression
unterschieden. Gemäss der St. Gallener Empfehlungen kann bei „Luminal A“-Tumoren auf
eine adjuvante Chemotherapie größtenteils verzichtet und ausschließlich eine endokrine
Therapie durchgeführt werden. Eine zusätzliche Chemotherapie wird nur in ausgewählten
Fällen empfohlen wie z.B. bei G3-Tumoren, bei vier oder mehr betroffenen Lymphknoten
sowie bei jungen Patientinnen unter 35 Jahren. Bei den anderen Subtypen wird eine
Chemotherapie als generell sinnvoll erachtet, bei Her2/neu-positiven Tumoren zudem die
Gabe von Trastuzumab (Goldhirsch et al. 2011, Goldhirsch et al. 2013).
Anspruchsvoll und entscheidend für die adjuvante Therapieempfehlung ist somit
insbesondere die Unterscheidung zwischen „Luminal A“ und „Luminal B“ bei einem ERpositiven und Her2/neu-negativen Mammakarzinom. Die oben beschriebene Klassifikation
stützt sich hierbei insbesondere auf die Expressionshöhe des Proteins Ki-67, welches mit der
Zellproliferation assoziiert ist und somit einen Marker für die Wachstumsgeschwindigkeit
eines Tumors darstellt (Beresford et al. 2006, Yerushalmi et al. 2010). Problematisch ist
jedoch, dass derzeit kein etablierter Standard zur Ermittlung der Ki-67-Expressionshöhe
existiert (Mengel et al. 2002). Ferner konnten Metaanalysen den klinischen Nutzen dieses
Markers nicht eindeutig belegen (de Azambuja et al. 2007, Stuart-Harris et al. 2008,
Yerushalmi et al. 2010).
Neben der Subtypisierung mittels Ki-67 erwähnt die Klassifikation auch den Einsatz von
Genexpressionsanalysen zur besseren Risikoeinschätzung (siehe Tabelle 3). Mittels
quantitativer PCR oder Micoarrays kann hierbei die Expressionshöhe mehrerer Gene im
Mammakarzinomgewebe ermittelt werden. Mittlerweile stehen verschiedene kommerzielle
Tests, z.B. EndoPredict® (11 Gene), OncotypeDX® (21 Gene), Prosigna® (50 Gene) und
MammaPrint® (70 Gene) zur Verfügung. Der erhoffte Nutzen dieser Genexpressionsanalysen
liegt in einer verbesserten Identifizierung von Patientinnen, welchen die Anwendung einer
Chemotherapie nicht zu empfehlen ist, da diese auch ohne die Gabe von Zytostatika
ausreichend effektiv behandelt werden können. In einer jüngeren Studie, welche den
diagnostischen Nutzen des Endo-Predict®-Assays im Bezug auf 1702 ER-positive/Her2negative Mammakarzinome betrachtete, konnten mittels des Endo-Predict®-Scores ca. 60%
der „high/intermediate risk“-Tumoren (basierend auf der deutschen S3-Leitlinie und den St.
Gallen-Kriterien) in die Niedrigrisiko-Kategorie umklassifiziert werden. Insgesamt hatten
Einleitung
13
Patientinnen mit niedrigem Endo-Predict®-Redizivrisiko in 96% der Fälle ein tumorfreies 10Jahresüberleben ohne Chemotherapie (Dubsky et al. 2013). In ähnlicher Weise konnten
kürzlich gute 5-Jahresüberlebensraten für eine Patientinnenkohorte bestätigt werden, welche
eine prognostisch günstige Konstellation im MammaPrint® Test aufwiesen und daher keine
Chemotherapie erhalten hatten (Drukker et al. 2013).
Die Haltung der verschiedenen Leitlinienorganisationen bezüglich dieser Genexpressionstests
ist derzeit uneinheitlich. Die aktuellen ASCO- und NCCN-Leitlinien sowie der St. GallenKonsensus empfehlen OncotypeDX® bei ER-positiven, nodal-negativen Karzinomen für den
Fall, dass die klinisch-pathologische Einschätzung zur Risikobeurteilung nicht ausreicht
(Goldhirsch et al. 2011, Harris et al. 2007 NCCN 2011). In der deutschen S3-Leitlinie von
2012 wird der Einsatz von Microarrays zur Genexpressionsanalyse aufgrund der
unzureichenden Datenlage noch nicht flächendeckend empfohlen (EGAPP Working Group
2009, Marchionni et al. 2008, Paik et al. 2004, Paik et al. 2006). Vor einer breiten
Anwendung von Multigen-Assays sind zudem neben Studien zur prädiktiven Aussagekraft in
Anbetracht der hohen Kosten auch Kosten-Nutzen-Analysen erforderlich (Reed et al. 2013,
Vanderlaan et al. 2011, Blohmer et al. 2013, Eiermann et al. 2013). Im klinischen Alltag wird
also zunächst weiterhin die immunhistochemische Beurteilung der etablierten Marker
maßgeblich sein.
Zusammenfassend gewinnen prognostische und prädiktive Faktoren immer stärkeren Einfluss
auf die Therapieplanung des Mammakarzinoms. Somit stellt die Etablierung neuer,
zuverlässiger Tumormarker, sei es als Einzelfaktor oder im Rahmen von Multigen-Analysen,
ein wichtiges Ziel der gynäkologischen Onkologie dar. Insbesondere ein aussagekräftiger
Prädiktor für das Ansprechen auf neoadjuvante oder adjuvante Chemotherapie ist in diesem
Zusammenhang von grossem Interesse. Bereits im Jahr 2002 konnten Janz et al. zeigen, dass
dem Y-Box-Protein 1 (YB-1) eine prädiktive Aussagekraft bezüglich der adjuvanten
Chemotherapie des Mammakarzinoms zugeschrieben werden kann (Janz et al. 2002). In der
hier vorgestellten Studie wurde YB-1 nun hinsichtlich seines prädiktiven Wertes bezüglich
der neoadjuvanten Chemotherapie untersucht.
Einleitung
14
1.2 Das Y-Box Protein 1 (YB-1)
1.2.1 YB-1 - Ein Protein mit vielfältigen Funktionen
YB-1 ist an der Regulation zahlreicher zellulärer Prozesse auf transkriptioneller und
translationeller Ebene beteiligt. Aufgrund seiner Fähigkeit, sowohl an Einzel- als auch an
Doppelstrang-DNA sowie an RNA zu binden, werden diesem Protein, das auch als “DNA
binding protein-B” (dbpB) bekannt ist, zudem eine Vielzahl von wichtigen Aufgaben beim
alternativen Splicing sowie bei der DNA-Reparatur zugeschrieben (Stickeler et al. 2001,
Kohno et al. 2003, Ohga et al. 1996, Gaudreault et al. 2004, Matsumoto und Bay 2005). YB1 ist als Transkriptionsfaktor (Eliseeva et al. 2011) an der Regulation von Zellwachstum
und -proliferation beteiligt (Ladomery und Sommerville et al. al. 1995, Jürchott et al. 2003)
und wird in diversen malignen Tumoren vermehrt exprimiert (Kohno et al. 2003, Matsumoto
und Bay 2005). Hohe Expressionslevel von YB-1 sind mit Tumorprogression und schlechtem
Outcome assoziiert (Bargou et al 1997), da YB-1 neben seinem onkogenen Potential
(Bergmann et al. 2005) auch eine Rolle bei der Aufrechterhaltung malignen
Tumorwachstums zugeschrieben wird. So ist das Protein an der zellulären Antwort auf
diverse Stressfaktoren wie einer Therapie mit Cisplatin und anderen DNA-schädigenden
Zytostatika beteiligt (Ohga et al. 1996, Wolffe 1994) und führt zur Entstehung von MultiDrug-Resistenzen (Bargou et al. 1997).
1.2.2 Aufbau und Struktur des humanen YB-1
YB-1 gehört zur Familie der cold-shock-domain- (CSD-) Proteine, welche sowohl im
Zytoplasma als auch im Nukleus eukaryonter Zellen lokalisiert sind und eine
hochkonservierte, Nukleinsäuren-bindende Kälteschock-Domäne besitzen. Diese Region
stellt das eukaryontische Korrelat zu den ausschliesslich in Prokaryonten vorkommenden
Kälteschock-Proteinen dar (Wolffe et al. 1992, Lee et al. 1994, Kloks et al. 2002, Kloks et al.
2004). Eine vermehrte Synthese von Kälteschock-Proteinen schützt Bakterien vor externem
Stress durch Kälteeinwirkung, indem die Expression von zellproliferativ wirksamen Genen
aufrecht erhalten wird (Jones et al. 1994). In Eukaryonten ist die erhöhte Expression von YBox-Proteinen ebenfalls stressinduziert und mit vermehrter Zellproliferation assoziiert
(Bargou et al. 1997, Kohno et al. 2003). Neben YB-1 finden sich in humanen Zellen weitere
CSD-Proteine. Nahe verwandt sind die DNA-bindenden Proteine A (dbpA) und C (dbpC,
Contrin) (Sakura et al. 1988). Das 19 kb große und 8 Exons umfassende YB-1 Gen ist auf
Einleitung
15
Chromosom 1 auf der Position 1p34 lokalisiert (Toh et al. 1998, Makino et al. 1996). Die
mRNA ist 1,5 kb lang und kodiert für ein 43 kDa großes Protein, das 324 Aminosäuren
umfasst (Kohno et al. 2003).
Abbildung 3: Struktur und funktionelle Domänen von YB-1. (A) YB-1 besteht aus drei Domänen: der
variablen N-terminalen Domäne, der hochkonservierten CSD-Domäne und der C-terminalen Domäne, die aus
basischen (grün) und sauren (violett) Aminosäuresegmenten aufgebaut ist. (B) Die C-terminale Region von YB1 besitzt starke Affinität zu Einzelstrang-DNA und -RNA. (C) Die CSD besitzt Affinität zu Doppelstrang-DNA,
die C-terminale Region vermittelt die Bildung von YB-1-Dimeren. (Kuwano et al. 2003)
YB-1 besteht aus drei Domänen:
1. Von der variablen Alanin- und Prolin-reichen N-terminalen Domäne wird angenommen,
dass sie an der Regulation der zellulären Transkription beteiligt ist (Kohno et al. 2003).
2. Der hochkonservierten Kälteschockdomäne (CSD) kommt eine entscheidende Bedeutung
für den Transport von YB-1 in den Nukleus sowie für dessen Bindung an DNA und RNA
zu (Jürchott et al. 2003, Kloks et al. 2002).
3. Die C-terminale Domäne (CTD) besteht aus alternierend basischen und sauren Regionen,
die jeweils ca. 30 Aminosäuren umfassen und auch als „B/A repeats“ bezeichnet werden.
Diese Domäne besitzt mehrere Phosphorylierungsstellen, die eine Modifikation von YB-1
zum Beispiel durch Casein Kinase II ermöglichen (Kohno et al. 2003).
Es konnten zwei Bereiche in der CTD identifiziert werden, die für die jeweilige subzelluläre
Lokalisation von YB-1 verantwortlich sind (Bader et al. 2005). Dabei handelt es sich um die
Einleitung
16
NLS- („noncanonical nuclear localization“) sowie die CRS- („cytoplasmatic retention site“)
Regionen. Die Translokation von YB-1 vom Zytoplasma in den Zellkern erfolgt über eine
Interaktion der CTD mit der CSD des Proteins (Jürchott et al. 2003). Da die CTD in vitro
ebenfalls eine hohe Bindungsaffinität für DNA und RNA zeigt, scheint dieser gemeinsam mit
der CSD eine entscheidende Bedeutung bei der Bindung von YB-1 an Nukleinsäuren
zuzukommen (Izumi et al. 2001). Es wird zudem angenommen, dass die CTD an ProteinProtein-Interaktionen beteiligt ist (Kohno et al. 2003).
1.2.3 YB-1 und seine Rolle bei Transkription und Translation
In Abhängigkeit vom Zellzyklus sowie als Antwort auf exogene Stressfaktoren (z.B.
UV-Licht oder Zytostatika) verändert YB-1 in entdifferenzierten Zellen seine intrazelluläre
Lokalisation (Jürchott et al. 2003, Kohno et al. 2003). In HeLa-Zellen ist das Protein in der
G1-Phase im Zytoplasma lokalisiert und wandert während des Übergangs von der G1- zur
S-Phase in den Nukleus (Jürchott et al. 2003). Für diesen Lokalisationswechsel sind, wie
bereits beschrieben, sowohl die CSD als auch die CTD des Proteins erforderlich. YB-1 bindet
sowohl an RNA wie auch an einzel- und doppelsträngige DNA und besitzt wie die anderen
Y-Box Proteine eine hohe Affinität für die sogenannte Y-Box (5‘-CTGATTGG-3‘). Es
handelt sich um eine invertierte Version der CCAAT-Box, welche circa 60-100 bp vor dem
Transkriptionsstart in der Promotorregion vieler Gene, die Zellwachstum kontrollieren,
gefunden werden kann (Didier et al. 1988, Ladomery und Sommerville et al. 1995). Im Jahr
1988 wurde YB-1 zum ersten Mal als Transkriptionsfaktor beschrieben, als gezeigt wurde,
dass das Protein an die Y-Box in der Promotorregion von humanen MHC („major
histocompatibility complex“)-Klasse-II-Genen bindet (Didier et al. 1988). Zeitgleich wurde
beschrieben, dass YB-1 mit enhancer-Regionen der egfr- und erbb2-Gene interagiert (Sakura
et al. 1988). Inzwischen konnte gezeigt werden, dass YB-1 über diese Mechanismen die
Regulation diverser weiterer Effektorgene, wie zum Beispiel MDR1 und p21, beeinflusst
(Kuwano et al. 2003, Eliseeva et al. 2011)
1.2.4 Die Bedeutung von YB-1 bei der Tumorentstehung
Auf einen engen Zusammenhang zwischen YB-1, Zellwachstum und -proliferation weisen
hohe Expressionsraten in fetalen Herz-, Muskel-, Leber-, Lungen-, Nebennieren- und
Gehirnzellen hin (Spitkovsky et al. 1992). So scheinen den Y-Box-Proteinen wichtige
Einleitung
17
Aufgaben in der frühen Embryogenese zuzukommen (Moss et al. 1997). Anhand von YB-1-/Knockoutmäusen konnte gezeigt werden, dass das Protein eine lebensnotwendige Rolle in
der späten Embryogenese besitzt. YB-1-defiziente Mäuse zeigten schwerwiegende
Wachstumsretardierung, Neuralrohrdefekte und waren nicht lebensfähig. Zudem zeigte sich
eine zelluläre Proliferationsstörung in Form einer progressiven Hypoplasie aller Organe
(Uchiumi et al. 2006, Lu et al. 2005). Während YB-1 in gesundem, ausdifferenziertem
Brustgewebe nicht nachweisbar ist, wird es in Mammakarzinomzellen vermehrt exprimiert
(Sørlie et al. 2001, Bargou et al. 1997, Janz et al. 2002, Fujita et al. 2005). Zudem konnte
YB-1 im Ovarialkarzinom (Kamura et al. 1999, Oda et al. 2007), im kolorektalen Karzinom
(Shibao et al. 1999), im Bronchialkarzinom (Shibahara et al. 2001), im Prostatakarzinom
(Giménez-Bonafé et al. 2004), im malignen Melanom (Hipfel et al. 2000), im Osteosarkom
(Oda et al. 1998) sowie in kindlichen Glioblastomen (Faury et al. 2007) nachgewiesen
werden. Demzufolge scheint YB-1 in einer Vielzahl von malignen Tumoren eine zentrale
Rolle zuzukommen. Ergebnisse aus diversen Forschungsarbeiten zeigen, dass das Protein
hierbei gleichzeitig über mehrere Mechanismen an der Tumorgenese beteiligt ist: Für das
Mammakarzinom konnte in transgenen Mäusen, in denen humanes YB-1 in den Epithelzellen
der Brustdrüse überexprimiert wurde, bei allen Versuchstieren eine Induktion von invasiven
Tumoren unterschiedlichster histologischer Phänotypen (duktal, lobulär, inflammatorisch)
beobachtet werden. Die erhöhte Expression von YB-1 führte zu Mitosedefekten,
Zentrosomenamplifikationen sowie Aneuploidie (Bergmann et al. 2005). YB-1 nimmt
direkten Einfluss auf den Zellzyklus, indem es mit dem Zentrosom interagiert sowie die
Expression von Cyclin A und Cyclin B1 reguliert (Janz et al. 2000, Jürchott et al. 2003). Eine
erhöhte Expression von Cyclin A in malignen Brusttumoren ist wiederum mit einem
schlechten klinischen Outcome assoziiert (Michalides et al. 2002). Eine Überexpression von
YB-1 führt zudem über die Aktivierung von EGFR zu einem EGF-unabhängigen Wachstum
in humanen Brustkrebszellen (Berquin et al. 2005, Stratford et al. 2007). Darüber hinaus
bindet YB-1 direkt an die Promotorregion des Her2/neu-Gens und bewirkt eine gesteigerte
Expression (Fujii et al, 2008, Wu et al. 2006). Sowohl ein Knockdown mittels small
interfering RNA (siRNA) wie auch die Mutation Ser102Ala in der CSD von YB-1 verringern
die Expression der EGFR- und Her2/neu-Rezeptoren signifikant und setzen die Sensibilität
der Zellen für EGF deutlich herab (Wu et al. 2006). Die Bedeutung der Position Ser102 in
der CSD von YB-1 erklärt sich dadurch, dass an ihr eine über die Serin/Threoninkinasen
Akt/PKB und RSK gesteuerte Phosphorylierungsreaktion stattfindet, über welche YB-1 in
Einleitung
18
übergeordnete Regulationsmechanismen eingebunden ist (Sutherland et al. 2005, Stratford et
al. 2008). Die Mutation Ser102Ala führte in humanen Brustkrebszelllinien (MCF-7) zudem
zu einer Abnahme der Translokation von YB-1 in den Nukleus und zu einer Verringerung
des Tumorwachstums (Sutherland et al. 2005). Takahashi et al. konnten zeigen, dass YB-1
nicht nur in malignen Tumorzellen, sondern auch in tumorassoziierten Endothelzellen
vermehrt exprimiert wird und an deren Wachstum beteiligt ist. Demnach nimmt das Protein
auch Einfluss auf die Angiogenese von malignen Tumoren (Takahashi et al. 2010).
Zusammenfassend kommt YB-1 nicht nur eine entscheidende Rolle bei der Entstehung des
Mammakarzinoms, sondern auch bei der Kontrolle der Zellproliferation sowie der
Aufrechterhaltung von malignem Zellwachstum zu (Lasham et al. 2003). Es handelt sich bei
YB-1 um ein Onkogen mit vollständiger Penetranz, das zur Entstehung von Tumoren
multipler Phänotypen führt (Bergmann et al. 2005).
1.2.5 Die Bedeutung von YB-1 bei der Entstehung von Medikamentenresistenz
Das Ansprechen eines Tumors auf systemische Chemotherapie ist entscheidend für die
Prognose maligner Brustkrebserkrankungen. Beim metastasierten Mammakarzinom scheint
Zytostatikaresistenz in über 90% der Fälle für das Versagen der Therapie verantwortlich zu
sein (Longley und Johnston 2005). Zahlreiche Arbeiten zeigen, dass YB-1 an der Entstehung
von Medikamentenresistenzen beteiligt ist.
In unbehandelten Tumorzellen ist das Protein im Zytoplasma lokalisiert (Bargou et al. 1997).
Unter dem Einfluss von äußeren Stressfaktoren wie Chemotherapeutika, UV-Strahlung sowie
Hypothermie, wird YB-1 in den Nukleus transloziert und nimmt dort Einfluss auf die
Reparatur der entstandenen DNA-Schäden (Abbildung 4, Kuwano et al. 2004). YB-1 erkennt
Cisplatin-modifizierte DNA, besitzt eine 3´-5´-Exonukleaseaktivität und interagiert mit den
an der Exzisionsreparatur beteiligten Komponenten „proliferating cell nuclear antigen“
(PCNA) und ExoIII (Izumi et al. 2001, Kuwano et al. 2004, Gaudreault et al. 2004). Zudem
kontrolliert es die Transkription von multi-drug-restistance-Genen wie MDR1, das für PGlykoprotein kodiert (Koike et al. 1997, Kuwano et al. 2004, Bargou et al. 1997). Dieser
Zusammenhang konnte auch in anderen Malignomen wie dem Adenokarzinom der Ovarien
und dem Osteosarkom demonstriert werden (Oda et al. 1998, Kamura et al. 1999). Bei
P-Glykoprotein handelt es sich um ein 170 kDa großes Transmembranprotein, das als ATPabhängige Effluxpumpe mit breitem Substratspektrum fungiert (Fujita et al. 2005). Der aktive
Einleitung
19
Auswärtstransport führt zu einer verringerten intrazellulären Konzentration zahlreicher
Chemotherapeutika
wie
Vincaalkaloiden
(z.B.
Vinblastin),
Anthrazyklinen
(z.B.
Doxorubicin), Taxanen (z.B. Docetaxel) und Epipodophylotoxinen (z.B. Etoposid) und somit
zu einer deutlich verringerten Wirksamkeit dieser Substanzen (Alvarez et al. 1995,
Gottesman et al. 1993). P-Glykoprotein kommt somit eine entscheidende Rolle bei der
Entstehung eines multi-drug-resistenten Phänotyps zu (Marie et al. 1991, Pauly et al. 1992,
Alvarez et al. 1995, Gottesman et al. 2002).
Abbildung 4: Schematischer Überblick über die Rolle von YB-1 in der zellulären Stressantwort. (Kuwano
et al. 2004)
YB-1 bindet wie bereits beschrieben an die Y-Box im Promotor des MDR1-Gens (Stein et al.
2001, Saji et al. 2003). Unter Einwirkung äußerer Stressfaktoren wie Zytostatikatherapie
(Chaudhary und Roninson 1993, Yang et al. 2010) oder UV-Licht (Uchiumi et al. 1993)
nimmt die MDR1-Promotor-Aktivität zu. In Übereinstimmung mit der in vitro beobachteten,
Einleitung
20
YB-1-gesteuerten Upregulation von P-Glykoprotein konnte auf klinischer Ebene gezeigt
werden, dass bei der Behandlung von Patientinnen mit Mammakarzinom eine Translokation
von YB-1 in den Nukleus mit einem signifikant schlechteren Ansprechen auf Paclitaxel
sowie einer verringerten Sensitivität gegenüber Cisplatin einhergeht (Fujita et al. 2005, Ohga
et al. 1996). Shibahara et al. konnten diesen Zusammenhang in embryonalen
Mäusestammzellen bestätigen. Der Knockout von einem YB-1-Allel führte zu einer Zunahme
der Sensitivität gegenüber Cisplatin und Mytomycin C (Shibahara et al. 2004).
1.2.6 YB-1 als mögliches „molecular target“ in der Mammakarzinomtherapie
Die Entwicklung von effektiven adjuvanten Therapiemöglichkeiten hat zu einer
Verbesserung des Gesamtüberlebens von Patientinnen mit malignen Brusttumoren geführt.
Insbesondere die „molecular cancer therapeutics“ erlangen zunehmend an Bedeutung und
haben in Form des Her2/neu-Antikörpers Trastuzumab (Herceptin®) in die adjuvante
Therapie des Mammakarzinoms Einzug gehalten. Aktuell wird im Bezug auf neue
Behandlungsoptionen die Möglichkeit diskutiert, ob sich YB-1 als zusätzliches „molecular
target“ eignet. Basierend auf dem derzeitigen Forschungsstand lässt sich die Hypothese
aufstellen, dass durch Blockade des YB-1 Signalwegs Tumorwachstum und -progress
gehemmt und die Entwicklung von multi-drug-Resistenzen reduziert werden kann (Fujii,
Yokoyama et al. 2008). Law et al. entwickelten ein “cell permeable peptide” (CPP), das in
Tumorzellen die Phosphorylierung von YB-1 an der Position Ser102 verhindert und damit
die Expression von EGFR und Her2/neu signifikant verringert. Das Wachstum von Brustund Prostatakrebszellen konnte dadurch um bis zu 90% reduziert werden. Ein hemmender
Effekt auf normale Brustepithelzellen wurde nicht beobachtet. Somit stellt die Unterdrückung
des YB-1 Signalwegs über Peptide wie CPP möglicherweise eine neue therapeutische Option
in der Behandlung des Mammakarzinoms dar (Law et al. 2010).
1.2.7 YB-1 als prognostischer und prädiktiver Marker
Der negative Effekt von YB-1 auf das klinische Outcome wurde nicht nur beim
Mammakarzinom sondern auch bei anderen malignen Tumorerkrankungen wie dem
Ovarialkarzinom (Huang et al. 2004) sowie beim kleinzelligen Bronchialkarzinom (Gessner
et al. 2004) gezeigt. Insbesondere die nukleäre Lokalisation von YB-1 geht mit einer
geringeren postoperativen Gesamtüberlebensrate einher (Fujii, Yokoyama et al. 2008). Beim
Einleitung
21
Mammakarzinom konnte für YB-1 eine höhere prognostische Aussagekraft bezüglich des
Gesamtüberlebens als für den Östrogen-Rezeptor oder den Her2/neu-Status nachgewiesen
werden (Habibi et al. 2008). In einem von Janz et al. untersuchten Patientinnenkollektiv
zeigte sich, dass eine hohe gesamtzelluläre YB-1-Expression sowie dessen nukleäre
Lokalisation mit einem schlechteren klinischen Outcome und einer kürzeren Überlebenszeit
einhergeht. Für Mammakarzinom mit hoher YB-1-Expression im Tumor und im
peritumoralen Gewebe, bei denen eine adjuvante Chemotherapie erforderlich war, betrug die
5-Jahres-Rezidivrate 66%. Demgegenüber wurden bei niedriger YB-1-Expression keine
Rezidive nach adjuvanter Chemotherapie verzeichnet. Auch bei Tumoren, bei denen keine
Notwendigkeit für eine adjuvante Chemotherapie bestand, zeigte sich bei hoher YB-1Expression ein deutlich erhöhtes Risiko für Rezidive im Vergleich zu denjenigen Tumoren
mit niedriger YB-1-Expression (30% gegenüber 0%, Nachbeobachtungszeitraum 5 Jahre).
Demnach kann YB-1 sowohl als prognostischer wie auch als prädiktiver Marker für das
Ansprechen auf adjuvante Chemotherapie angesehen werden (Janz et al. 2002).
Ziel der hier vorgestellen Studie
22
2. Ziel der hier vorgestellten Studie
Basierend auf den geschilderten Mechanismen lässt sich festhalten, dass die vermehrte
Expression von YB-1 in komplexer Weise mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von
malignem Zellwachstum assoziiert ist. So reguliert YB-1 verschiedene proliferative
Signalwege, setzt die Zellzyklus-Kontrolle ausser Kraft, fördert genomische Instabilität,
beeinflusst die Angiogenese und begünstigt die Entstehung von Medikamentenresistenzen.
Janz et al. konnten zeigen, dass sich daraus eine unmittelbare klinische Konsequenz
bezüglich des Ansprechens auf adjuvante Chemotherapie ergibt (Janz et al. 2002). Das Ziel
der hier vorgestellten Studie war es, ausgehend von diesen Erkenntnissen die Rolle von YB-1
auch hinsichtlich seiner prädiktiven Aussagekraft gegenüber neoadjuvanter Chemotherapie
zu charakterisieren. Für diesen Zweck wurden Mammakarzinom-Stanzbiopsien eines
Patientinnenkollektivs
der
Universitäts-Frauenklinik
Freiburg
anhand
von
immun-
histochemischen Färbungen semiquantitativ auf deren YB-1 Expression hin untersucht.
Zusätzlich wurden für diese Tumore die histopathologischen Regressionsgrade nach erfolgter
neoadjuvanter Chemotherapie anhand des operativ entnommenen Resektionspräparats
bestimmt. Anschliessend wurde untersucht, ob sich eine positive Korrelation zwischen hoher
YB-1 Expression und schlechter Tumorregression nachweisen lässt.
Material und Methoden
23
3. Material und Methoden
3.1 Das Studienkollektiv
Zu Beginn der vorliegenden Studie wurde anhand der digitalen Patientenakten der
Universitäts-Frauenklinik Freiburg ein Kollektiv von 92 Patientinnen im Alter von 27 bis 70
Jahren gebildet, die im Zeitraum von 08/2002 bis 06/2008 mit einem primären
Mammakarzinom erstdiagnostiziert und mit einer neoadjuvanten Chemotherapie nach dem
NSABP-B-27-Protokoll behandelt wurden. Dieses Therapieregime beinhaltete jeweils vier
Zyklen Doxorubicin (60 mg/m2 KOF) plus Cyclophosphamid (600mg/m2 KOF) im Abstand
von 21 Tagen sowie im Anschluss vier weitere Zyklen Docetaxel (100 mg/m2 KOF) im
Abstand von 21 Tagen (siehe auch Kap. 1.1.2). Für dieses Patientinnenkollektiv wurden
diverse klinischen Daten (Alter, Vorerkrankungen, Menopausenstatus u.a.) erhoben. Zum
Zeitpunkt der Erstdiagnose wurde bei allen Patientinnen eine Stanzbiopsie des klinisch
getasteten Brusttumors entnommen. Das Tumormaterial wurde entsprechend den
Empfehlungen
der
S3-Leitlinie
der
Deutschen
Krebsgesellschaft
routinemäßig
histopathologisch bezüglich des Tumortyps (invasiv-duktal bzw. invasiv-lobulär), des
Hormonrezeptorstatus, des Her2/neu-Rezeptorstatus sowie des Gradings untersucht. Ferner
wurden aus den entnommenen Stanzbiopsien immunhistochemische Färbungen gegen YB-1
durchgeführt (siehe Kap. 3.3.2). Präoperativ wurden zudem die Tumorstadien mittels
apparativer Diagnostik (Röntgen-Aufnahmen des Thorax, Sonographie der Leber,
Knochenszintigraphie) bestimmt.
Einschlusskriterien für die Aufnahme in das Studienkollektiv waren:
- histologisch gesicherte Erstdiagnose eines Mammakarzinoms zwischen 08/2002 und
06/2008
- negativer Her2/neu-Überexpressions-/Genamplifikations-Status
- vollständige neoadjuvante Chemotherapie nach dem NSABP B-27 Protokoll
Als Ausschlusskriterien wurden zu Beginn der Studie formuliert:
- Zweittumor der Brust oder vorausgegangene maligne Erkrankung anderer Entität
- frühere Chemo- oder Strahlentherapie
- positiver Her2/neu-Überexpressions-/Genamplifikations-Status
Material und Methoden
24
Nach der neoadjuvanten Chemotherapie erfolgte bei allen 92 Patientinnen eine chirurgische
Resektion des Resttumors. Das intraoperativ gewonnene Tumorgewebe wurde mit Hilfe der
TNM/UICC-Klassifikation (Deutsche Krebsgesellschaft 2008) hinsichtlich der darin
definierten Kriterien (Tumorgröße, LK-Status, lymphatische und vaskuläre Invasion [LVSI,
VSI] u.a.) beurteilt. Im Pathologischen Institut des Universitätsklinikums Freiburg wurde
zudem der Regressionsgrad nach Sinn bestimmt, um eine Aussage über das Ansprechen des
Tumors auf die neoadjuvante Chemotherapie treffen zu können (Sinn et al. 1994). Sämtliche
Gewebeproben wurden in Formalin fixiert und paraffiniert im Institut für Pathologie des
Universitätsklinikums Freiburg archiviert. Die Patientinnen des Studienkollektivs erteilten
während ihrer Behandlung ihre schriftliche Einwilligung bezüglich einer Nutzung ihrer
klinischen Daten sowie des Biopsie- und Operationsgewebes zu wissenschaftlichen Zwecken.
3.2 Materialien, Chemikalien, Puffer, Lösungen, Geräte
3.2.1 Gewinnung der Mammastanzbiopsie
Sonographiegerät
(GE Healthcare, München)
Weichgewebe-Biopsienadeln
(Carefusion, Langenhagen)
Formalin
(Langenbrinck, Emmendingen)
Paraffin
(Langenbrinck, Emmendingen)
3.2.2 Immunhistochemische Färbung von YB-1
3.2.2.1 Geräte
Schlittenmikrotom
(Leica Microsystems, Wetzlar)
Mikrowelle
(LG Electronics, Ratingen)
3.2.2.2 Materialien und Chemikalien
Objektträger SuperFrost® Plus
(Langenbrinck, Emmendingen)
Xylol
(Sigma-Aldrich, Seelze)
Ethanol
(Sigma-Aldrich, Seelze)
Methanol
(VWR International, Fontenay-sous-Bois)
Wasserstoffperoxid
(Merck, Darmstadt)
Aqua dest.
Material und Methoden
Verdaupuffer: Citratpuffer pH=7.4
25
(Thermo Scientific, Waltham, USA)
Waschpuffer: PBS, Phosphate Buffered Saline, pH=7.4 (Life Technologies, Darmstadt)
Verdünnungspuffer: Dako Antibody Diluent, pH=7.4
(Dako, Hamburg)
Detektionssystem: DAB (3.3’-Diaminobenzidin)
(Dako, Hamburg)
Gegenfärbung: Hämalaunlösung
(Merck, Darmstadt)
3.2.2.3 Antikörper
1. Primärantikörper:
Rabbit polyclonal to YB-1 [ab12148-100]
(abcam, Cambridge, UK)
2. Sekundärantikörper:
EnVision +System-HRP labelled Polymer anti-rabbit
(Dako, Hamburg)
3.2.3 Auswertung
3.2.3.1 Auswertung der immunhistochemischen Färbung
Mikroskop: Leica DM 2500
(Leica Microsystems, Wetzlar)
3.2.3.2 Fotodokumentation
Mikroskop: Axioskop
(Carl Zeiss, Göttingen)
Kamera und Videosystem: CCD-IRIS
(AVT-Horn, Aalen)
Bild-Software: Cell^P
(Olympus, Hamburg)
3.2.3.3 Statische Auswertung
Datenmaske: Microsoft Excel für Windows 2003 und Apple Numbers 2009
Statistikprogramm: SPSS Statistics (Statistical Package for the Social Sciences), Version 18.0
(2009) für Microsoft Windows (SPSS Inc.); SOFA Statistics, Version 1.1.3 (Paton-Simpson
Ltd.)
Material und Methoden
26
3.3 Methoden
In den archivierten Stanzbiopsien des Patientinnenkollektivs wurde das Protein YB-1
immunhistochemisch angefärbt. Die YB-1-Expression in diesen Gewebeschnitten wurde
mikroskopisch quantifiziert und fotographisch dokumentiert. Die Höhe der YB-1-Expression
wurde anschließend im Rahmen der statistischen Auswertung mit dem Tumorregressionsgrad
sowie mit weiteren klinischen und histomorphologischen Parametern korreliert.
3.3.1 Gewinnung der Gewebezylinder mittels Mammastanzbiopsie
Die
in
der
vorliegenden
Studie
Hochgeschwindigkeits-Stanzbiopsie
untersuchten
gewonnen.
Gewebezylinder
Zunächst
erfolgte
wurden
nach
mittels
gründlicher
Hautdesinfektion die Infiltration eines Lokalanästhetikums und eine Stichinzision der Haut.
Anschließend wurde der Tumor unter sonographischer Kontrolle (linearer 7.5-MHzSchallkopf)
punktiert
und
einige
Gewebezylinder
entnommen.
Hierbei
kamen
unterschiedliche Nadeltypen (z.B. TruCut®) verschiedener Durchmesser (1.1–2.2 mm) zur
Anwendung. Die gewonnenen Gewebebiopsien wurden am Pathologischen Institut des
Universitätsklinikums Freiburg in Formalin fixiert, in Paraffin eingebettet und anschließend
histologisch untersucht.
3.3.2 Immunhistochemische Färbung von YB-1
Bei der Immunhistochemie lassen sich grundsätzlich zwei verschiedene Methoden
unterscheiden. Zum einen die direkte Einschritt-Methode, zum anderen die indirekte
Zweischritt- oder Dreischritt-Methode. Beide Verfahren beruhen auf einer AntigenAntikörper-Reaktion, bei der eine bestimmte Oberflächenstruktur des zu bestimmenden
Antigens (Epitop) vom entsprechenden Antikörper erkannt und gebunden wird. Bei der
direkten Methode ist dieser Antikörper selbst mit einem enzymbasierten Detektionssystem
gekoppelt. Im Gegensatz dazu kommt bei der indirekten Methode ein das Detektionssystem
tragender Zweitantikörper zur Anwendung, der an das Fc-Fragment des Primärantikörpers
bindet. Durch Zugabe eines chromogenen Substrates entsteht ein Enzym-Substrat-Komplex,
der zu einem Farbsignal am Ort der Antigenlokalisation führt. Der Nachweis des gesuchten
Material und Methoden
27
Proteins erfolgt demnach vereinfacht nach folgendem Prinzip: Antigen + Primärantikörper +
Sekundärantikörper mit Enzym + Substrat/Chromogen = Farbreaktion.
In der vorliegenden Studie kam bei der immunhistochemischen Färbung von YB-1 die
indirekte Zweischritt-Polymer-Konjugat-Methode EnVision® zur Anwendung (Dako GmbH,
Hamburg). Bei diesem Verfahren sind die Sekundär-AK an ein Dextran-Polymer-Rückgrat
konjugiert, das mit dem Detektionsenzym Meerrettichperoxidase (HRP, Horseradish
peroxidase) markiert ist (Key 2009).
Abbildung 5: Zwei-Schritt Polymer-Konjugat-Methode EnVision®. Entnommen aus Education Guide
Immunohistochemical Staining Methods Fifth Edition, Dako (Key 2009)
Die archivierten Gewebezylinder wurden mittels der zugehörigen Journalnummer aus dem
Archiv des pathologischen Instituts der Universität Freiburg zusammengetragen. Aus diesen
Proben wurden mithilfe eines Schlittenmikrotoms 2 µm dicke Schnitte angefertigt und auf
Objektträger gebracht. Das Gewebematerial von jeweils vier Patientinnen wurde auf einem
Objektträger
angeordnet.
Diese
Anordnung
wurde
zur
späteren
Zuordnung
zur
Journalnummer schriftlich protokolliert. Die Gewebeschnitte wurden über Nacht bei 58°C
trocken gelagert und am folgenden Tag durch dreimalige Inkubation in Xylol für jeweils 8
Minuten bei Raumtemperatur entparaffiniert. Anschließend wurden die Schnitte durch eine
absteigende Alkoholreihe nach folgendem Schema rehydriert: 100% Ethanol (2x 5 min), 95%
Ethanol (2x 5 min), 80% Ethanol (1x 5 min), 70% Ethanol (1x 5 min). Im nächsten Schritt
Material und Methoden
28
wurden die Objektträger mit destilliertem Wasser gespült und für 10 Minuten in PBS
(Phosphate Buffered Saline, pH = 7.4) gewaschen. Um falsch positive Ergebnisse zu
verhindern, wurde im weiteren Färbeprozess ein Austrocknen der Gewebeschnitte vermieden.
Ferner
erfolgte
im
Anschluss
an
die
Rehydrierung
die
Inhibition
endogener
Peroxidaseaktivität durch 30-minütige Inkubation der Objektträger in einem 3%igen Gemisch
aus Wasserstoffperoxid und Methanol bei Raumtemperatur. Nach einem weiteren
Waschschritt in destilliertem Wasser erfolgte eine hitzeinduzierte Antigendemaskierung, um
eine verringerte Immunreaktivität als Folge der bei Formalinfixierung und Paraffineinbettung
entstehenden Proteinquervernetzungen entgegenzuwirken und so durch die Freilegung
maskierter Epitope eine höhere Färbeintensität zu erzielen. Dieser Antigen-Retrieval erfolgte
durch eine 10-minütige Mikrowellenbehandlung bei 700 Watt in einem Citratpuffer (pH =
7.4). Hiernach wurden die Schnitte 20 Minuten bei Raumtemperatur abgekühlt, mit
destillierten Wasser gespült und zweimal für jeweils fünf Minuten mit PBS gewaschen. Im
Anschluss wurde ein polyklonaler, gegen YB-1 gerichteter Kaninchen-Antikörper (abcam,
Cambridge, UK) aufgetragen. Dieser wurde in einer Verdünnung von 1:8000 mit dem
Verdünnungspuffer der Firma Dako (Dako Antibody Diluent) auf die Objektträger gebracht
und über Nacht 24 Stunden bei Raumtemperatur inkubiert. Die Gewebeschnitte wurden
anschließend insgesamt dreimal fünf Minuten mit PBS gewaschen, bevor im nächsten Schritt
als Sekundärantikörper der das Detektionssystem tragende Ziegen-Anti-KaninchenAntikörper aufgetragen wurde (EnVision Kit, Dako GmbH, Hamburg). Nach einer
Inkubationszeit von zwei Stunden wurden die Schnitte wiederum mit PBS Waschpuffer
gespült. Um die entstandenen Immunkomplexe sichtbar zu machen, wurden die
Gewebeschnitte in einer Substrat-Chromogen-Lösung mit 3.3'-Diaminobenzidin (DAB) in
einer feuchten Kammer inkubiert. Anschliessend wurde die überschüssige Lösung entfernt,
indem die Objektträger mit destilliertem Wasser gespült wurden. Im nächsten Schritt erfolgte
eine Gegenfärbung: Die Gewebeschnitte wurden sechs Minuten in Hämalaun inkubiert und
im Anschluss ca. 15 Minuten unter fließendes Leitungswasser gehalten. Anschließend
wurden die Präparate mittels einer aufsteigenden Alkoholreihe [ 70% Ethanol (1x5 min),
80% Ethanol (1x5 min), 95% Ethanol (2x5 min) und 100% Ethanol (2x5 min) ] dehydriert.
Ein dreimaliges Bad in Xylol für jeweils zehn Minuten diente der Klärung von durch
wasserhaltige Lösungen entstandenen Trübungen. Abschließend wurden die Gewebeschnitte
mittels eines Eindeckmittels und Deckgläsern transparent eingedeckelt.
Material und Methoden
29
3.3.3 Bestimmung der Expression von YB-1 im Tumormaterial
Nach der immunhistochemischen Färbung von YB-1 wurde der Grad der Proteinexpression
bestimmt. Das Gewebematerial wurde hierzu lichtmikroskopisch bei verschiedenen
Vergrößerungen
(25x, 100x, 200x und 400x) hinsichtlich der angefärbten Tumorzellen
untersucht. Die Gewebeschnitte wurden an einem Mikroskop des Modells Leica DM 2500 im
Institut für Pathologie des Universitätsklinikums Freiburg ausgewertet. Die Bestimmung der
YB-1-Expression bezog sich auf die gesamtzelluläre Anfärbung und erfolgte in Anlehnung
an die Methodik von Remmele und Stegner (1987), die zur Quantifizierung des
immunhistochemischen Nachweises von Hormonrezeptoren beim Mammakarzinom den
„Immunreaktiven Score” (IRS) etablierten. Zur Bestimmung dieses Scores für YB-1
(IRSYB-1) wurde der Prozentsatz der YB-1 positiven Zellen in den Tumorgeweben ermittelt
und anschließend in vier Gruppen mit entsprechender Punkteverteilung eingeteilt: kein
Nachweis positiver Zellen (0 Punkte), < 10% (1 Punkt), < 50% (2 Punkte), < 80% (3 Punkte)
und > 80% (4 Punkte). Zudem wurde die Farbintensität der immunhistochemischen Färbung
von YB-1 auf einer Skala von 0 (keine Nachweisbarkeit) bis 3 (starke Anfärbung) bestimmt.
Im Anschluss erfolgte die Berechnung des IRSYB-1 indem der Punktwert für den Anteil von
YB-1 exprimierenden Zellen mit dem Punktwert der Färbungsintensität multipliziert wurde.
In Analogie zu Remmele und Stegner wurde ein IRSYB-1 von 0-2 als negativ und ein IRSYB-1
von ≥ 3 als positiv bewertet. YB-1 positive Stanzbiopsien mit einem Score von 3-4 wurden
als schwach positiv, 6-8 als mäßig positiv und 9-12 als stark positiv klassifiziert.
Färbeintensität /
positive Zellen [%]
Keine
Farbreaktion
= 0 Punkte
Schwache
Farbreaktion
= 1 Punkt
Mäßige
Farbreaktion
= 2 Punkte
Starke
Farbreaktion
= 3 Punkte
keine pos. Zellen = 0 Punkte
IRS = 0
IRS = 0
IRS = 0
IRS = 0
<10% pos. Zellen = 1 Punkt
IRS = 0
IRS = 1
IRS = 2
IRS = 3
10-50% pos. Zellen = 2 Punkte
IRS = 0
IRS = 2
IRS = 4
IRS = 6
51-80% pos. Zellen = 3 Punkte
IRS = 0
IRS = 3
IRS = 6
IRS = 9
>80% pos. Zellen = 4 Punkte
IRS = 0
IRS = 4
IRS = 8
IRS = 12
Tabelle 4: Ermittlung des Immunreaktiven Scores (IRS) nach Remmele und Stegner (1987).
Material und Methoden
30
IRS 0, 100x
IRS 2, 100x
IRS 4, 100x
IRS 6, 100x
IRS 8, 100x
IRS 12, 100x
Abbildung 6: Beispiele für die beobachtete Expression von YB-1 und den zugehörigen IRSYB-1
3.3.4 Bestimmung des Tumorregressionsgrades
Das Ansprechen von Karzinomgewebe auf neoadjuvante Chemotherapie lässt sich
histopathologisch durch den Regressionsgrad nach Sinn beschreiben. Dieser wurde im
Rahmen einer Studie entwickelt, in der die Tumorresektate von 51 Patientinnen nach
neoadjuvanter Chemotherapie mit Epirubicin/Cyclophophamid untersucht wurden (Sinn et al.
1994). Die histologischen Veränderungen im Rahmen der Regression wurden hierbei
semiquantitativ mit den Kategorien 0-4 klassifiziert.
Kategorie
Interpretation
0
kein therapeutischer Effekt
1
vermehrte Tumorsklerose mit herdförmiger resorptiver Entzündung
und/oder deutliche zytopathische Effekte
2
weitgehende Tumorsklerose mit nur fokal noch nachzuweisendem, evtl.
auch multifokalem, minimalem invasivem Resttumor (< 0,5 cm), häufig
ausgedehnte intraduktale Tumorausbreitung
3
kein invasiver Resttumor
4
kein Resttumor bzw. komplette Remission
Tabelle 5: Regressionsgrad nach Sinn et al. 1994
Material und Methoden
31
Für das in der vorliegenden Arbeit untersuchte Patientinnenkollektiv wurde der
Regressionsgrad im Pathologischen Institut des Universitätsklinikums Freiburg anhand der
Operationspräparate bestimmt und so das Ansprechen des jeweiligen Tumors auf die erfolgte
neoadjuvante Chemotherapie quantifiziert.
3.3.5 Statistische Methoden
Sowohl die in den Patientenakten dokumentierten klinischen und histopathologischen
Parameter
(Menopausenstatus,
histologischer
Tumortyp
nach
WHO-Klassifikation,
Tumorgröße, Grading, Lymphknoten- und Hormonrezeptorstatus sowie der Her2/neu-Status)
als auch die im Rahmen dieser Studie erhobenen Daten (IRSYB-1, Tumorregressionsgrad)
wurden in einer Microsoft Excel-Tabelle zusammengetragen. Im Rahmen der statistischen
Auswertung dieser Arbeit kamen die Statistikprogramme SPSS Statistics sowie SOFA
Statistics zur Anwendung. Mittels des Spearman-Rho-Korrelations-Tests wurde zunächst die
Expressionshöhe von YB-1 mit dem Regressionsgrad nach Sinn korreliert. Anschließend
wurde
überprüft,
ob
ein
statistisch
signifikanter
Zusammenhang
zwischen
der
Expressionshöhe von YB-1 und weiteren klinischen bzw. histomorphologischen Parametern
existiert. Je nach Erfordernis wurde hierfür ebenfalls der Spearman-Rho-Korrelations-Test,
der Mann-Whitney- oder der Kruskal-Wallis-Test verwendet. Die Ergebnisse wurden bei
einem p-Wert von < 0.05 als statistisch signifikant betrachtet.
Ergebnisse
32
4. Ergebnisse
4.1 Studiendesign und Analyse des Patientinnenkollektivs
In der vorliegenden Studie sollte retrospektiv untersucht werden, ob eine ausgeprägte
Expression des Transkriptionsfaktors YB-1 beim primären Mammakarzinom mit einem
schlechteren Ansprechen auf eine neoadjuvante Chemotherapie einhergeht und damit eine
Aussage über die Chemosensitivität des Tumors zulässt. Hierzu wurde die Expressionshöhe
von YB-1 aus den zum Zeitpunkt der Diagnosestellung gewonnenen Stanzbiopsien mit der
Tumorregression nach erfolgter neoadjuvanter Chemotherapie korreliert. Zur Quantifizierung
der YB-1 Expression wurde der immunreaktive Score nach Remmele und Stegner
(IRSYB-1, siehe Kap. 3.3.3) gebildet. Das Ansprechen auf die neoadjuvante Chemotherapie
wurde durch den Regressionsgrad nach Sinn (siehe Kap. 3.3.4) dokumentiert.
Basierend auf den zu Beginn der Studie festgelegten Ein- und Ausschlusskriterien (siehe
Kap. 3.1) wurde ein Kollektiv aus insgesamt 92 Patientinnen gebildet. Diese erkrankten
zwischen 08/2002 und 06/2008 an einem primären invasiven Mammakarzinom und wurden
in der Frauenklinik des Universitätsklinikums Freiburg mit einer neoadjuvanten
Chemotherapie nach dem National Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project (NSABP)
B-27 Protokoll (siehe Kap. 3.1) gefolgt von einer chirurgischen Tumorresektion sowie einer
multimodalen adjuvanten Therapie nach der S3-Leitlinie der Deutschen Krebsgesellschaft
(Deutsche Krebsgesellschaft 2008) behandelt.
Für 68 dieser Patientinnen (73.9%) ließ sich anhand der initial gewonnenen Stanzbiopsien die
Höhe der YB-1 Expression ermitteln. In den übrigen Fällen wurde aus den
Mammastanzbiopsien entweder zu wenig oder qualitativ unzureichendes Material für
immunhistochemische Färbungen gewonnen. Bei fünf Patientinnen erfolgte die initiale
Tumorbiopsie außerhalb des Universitätsklinikums Freiburg, sodass kein archiviertes
Material für eine Abklärung der YB-1 Expression zur Verfügung stand. Insgesamt konnten
aus diesen Gründen 24 Patientinnen (26.1%) in der Auswertung nicht weiter betrachtet
werden. Sieben Patientinnen (7.6%) haben die neoadjuvante Chemotherapie nicht vollständig
erhalten und wurden daher ebenfalls nicht in die weitere Auswertung einbezogen. Ursache
für
die
Modifikation
des
Therapieprotokolls
war
bei
diesen
Patientinnen
eine
Unverträglichkeit gegenüber intravenös appliziertem Docetaxel (Taxotere®), welche die
Verkürzung der Anwendungsdauer auf 1 bis 3 Zyklen erforderlich machte. Insgesamt wurden
somit die Mammakarzinomgewebe von 61 Patientinnen weiter analysiert. Tabelle 6 gibt
Ergebnisse
33
einen Überblick über klinische und histomorphologische Parameter des untersuchten
Patientinnenkollektivs.
Merkmal
Alter
Menopausenstatus
Histologischer Tumortyp
Tumorgröße
Lymphknotenstatus
Hormonrezeptorstatus
Histologisches Grading
Ausprägung
Anzahl (%)
27 - 40
13 (21.3%)
41 - 60
35 (57.4%)
> 60
13 (21.3%)
prämenopausal
33 (54.1%)
postmenopausal
28 (45.9%)
Invasiv duktal
48 (78.7%)
Invasiv lobulär
10 (16.4%)
Invasiv duktal und invasiv lobulär
1 (1.6%)
Unbekannt
2 (3.3%)
T 1 (< 2 cm)
7 (11.5%)
T 2 (2-5 cm)
42 (68.9%)
T 3 (>5 cm)
5 (8.2%)
T 4 (jede Größe mit Ausdehnung auf die
Brustwand o. Haut)
7 (11.5%)
N=0
26 (42.6%)
N>0
35 (57.4%)
positiv
45 (73.8%)
negativ
16 (26.2%)
G1 (gut differenziert)
0 (0.0%)
G2 (mäßig differenziert)
41 (67.2%)
G3 (schlecht differenziert)
19 (31.2%)
Unbekannt
1 (1.6%)
Tabelle 6: Klinische und histomorphologische Parameter des untersuchten Patientinnenkollektivs
4.2 Korrelation der Expression von YB-1 mit dem Tumorregressionsgrad
In den 61 untersuchten Mammastanzbiopsien konnte mehrheitlich eine Expression von YB-1
(IRSYB-1 ≥ 3) nachgewiesen werden (54/61, 88.5%). In 46/61 Tumorgeweben (75.4%) war
das Protein vergleichsweise stark exprimiert (IRSYB-1 ≥ 6, siehe Abbildung 7). Bezüglich der
intrazellulären Lokalisation zeigte sich, dass YB-1 in allen positiven Mammastanzbiopsien
ausschließlich zytoplasmatisch lokalisiert war. Nukleär lokalisiertes YB-1 wurde nicht
beobachtet.
Ergebnisse
34
25
Anzahl n
20
15
10
5
0
0
1
2
3
4
6
8
12
IRSYB-1
Abbildung 7: Häufigkeitsverteilung der einzelnen YB-1 Scores (IRSYB-1)
Die Stanzbiopsien von sieben Patientinnen (11.5%) wiesen keine YB-1 Expression auf
(IRSYB-1 von 0-2). Diese sieben Tumorgewebe zeigten einige übereinstimmende
Charakteristika, wie zum Beispiel einen positiven Hormonrezeptorstatus. Des weiteren
wurden fünf von sieben Tumorgeweben als invasiv-lobuläre Mammakarzinome klassifiziert.
Hinsichtlich des Regressionsgrads (1-4), der Tumorgröße (1xT1, 5xT2, 1xT3), des LK-Status
(4xN0, 2xN1, 1xN2) sowie des Menopausenstatus (3x prämenopausal, 4x postmenopausal)
verhielten sich die Karzinome mit fehlender YB-1 Expression uneinheitlich.
Bei den 61 Patientinnen mit beurteilbarem IRSYB-1 wurde anhand des Operationspräparates
der Tumorregressionsgrad bestimmt. Bei vier Patientinnen (6.6%) wurde ein Regressionsgrad
von 0, bei 18 Patientinnen (29.5%) von 1, bei 24 Patientinnen (39.3%) von 2, bei fünf
Patientinnen (8.2%) von 3 sowie bei 10 Patientinnen (16.4%) von 4 ermittelt (siehe
Abbildung 8).
30
Anzahl n
25
20
15
10
5
0
0
1
2
3
4
Regressionsgrad
Abbildung 8: Häufigkeitsverteilung der ermittelten Tumorregressionsgrade
Ergebnisse
35
Die folgende Tabelle zeigt die deskriptive Statistik des Zusammenhangs von YB-1
Expression und Tumorregressionsgrad.
IRSYB1
n
Regressionsgrad
Mittelwert Standardabweichung Median Minimum
Maximum
0
3
2.33
1.53
2.0
1.0
4.0
1
1
2.00
0.00
2.0
2.0
2.0
2
3
1.67
0.58
2.0
1.0
2.0
3
2
1.00
1.41
1.0
0.0
2.0
4
6
1.83
0.75
2.0
1.0
3.0
6
12
1.58
1.16
2.0
0.0
4.0
8
20
2.20
1.24
2.0
0.0
4.0
12
14
2.21
1.19
2.0
1.0
4.0
Tabelle 7: Deskriptive Statistik der ermittelten IRSYB-1-Scores und der zugehörigen
Tumorregressionsgrade
In der Spearman-Rho-Korrelationsanalyse ergab sich anhand dieser Daten kein signifikanter
Zusammenhang zwischen der Höhe der YB-1 Expression und dem Tumorregressionsgrad als
Marker für das Ansprechen auf neoadjuvante Chemotherapie (ρ = 0.139, p = 0.114).
4.3 Korrelation von YB-1 mit weiteren Parametern
Neben
der
Betrachtung
des
Zusammenhangs
zwischen
YB-1-Expression
und
Tumorregression im Anschluss an eine neoadjuvante Chemotherapie war es naheliegend, das
Patientinnenkollektiv auf eine mögliche Korrelation der zytoplasmatischen YB-1Expressionshöhe mit weiteren klinischen und histomorphologischen Parametern zu
untersuchen. Hierzu wurden der Menopausenstatus (prä- bzw. postmenopausal), der
histologische Tumortyp nach der WHO-Klassifikation (invasiv-duktal bzw. invasiv-lobulär),
die Tumorgröße (Ø < 2 cm bzw. Ø ≥ 2 cm), der Lymphknotenstatus, das Grading (Grad 1-3
nach Bloom und Richardson) sowie der Hormonrezeptorstatus (ER und PgR, positiv bzw.
negativ) betrachtet.
Ergebnisse
36
4.3.1 YB-1-Expression und Menopausenstatus
Das mittlere Alter der Patientinnen lag bei 49.6 Jahren. 13 Patientinnen (21.3 %) waren bei
Erstdiagnosestellung zwischen 27-40 Jahre, 35 Patientinnen (57.4%) waren zwischen 41-60
Jahre und 13 Patientinnen (21.3%) waren über 60 Jahre alt. In Bezug auf den
Menopausenstatus waren zum Zeitpunkt der Erstdiagnose 32 Frauen (52.5%) prämenopausal
und 29 (47.5%) postmenopausal. Der Mittelwert des IRSYB-1 lag bei den prämenopausalen
Patientinnen bei 7.84 und bei den postmenopausalen Patientinnen mit 6.41 etwas niedriger
(p = 0.093).
Menopausenstatus
n
IRSYB-1 (Mittelwert)
Standardabweichung
prämenopausal
32 (52.5%)
7.84
3.35
postmenopausal
29 (47.5%)
6.41
3.51
p-Wert
0.093
Tabelle 8: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Menopausenstatus
4.3.2 YB-1-Expression und histologischer Tumortyp
Bezüglich des histologischen Tumortyps lag bei den untersuchten Geweben in 48 Fällen
(78.7%) ein invasiv-duktales und in zehn Fällen (16.4%) ein invasiv-lobuläres
Mammakarzinom vor. Bei einem Tumorgewebe (1.6%) ließen sich sowohl invasiv-duktale
als auch invasiv-lobuläre Anteile nachweisen, daher wurde diese Mammastanzbiopsie bei der
statistischen Auswertung nicht berücksichtigt. In zwei weiteren Fällen (3.3%) konnten keine
Daten zur Histologie ermittelt werden. Damit ging die histologische Klassifizierung von
insgesamt 58 Patientinnen in die Statistik ein. Der mittlere IRSYB-1 lag bei den invasivduktalen Mammakarzinomen mit 7.96 signifikant höher als bei den invasiv-lobulären
Karzinomen (mittlerer IRSYB-1 = 3.70). Es konnte für das untersuchte Patientinnenkollektiv
somit gezeigt werden, dass invasiv-duktale Mammakarzinome mit einer höheren YB-1Expression einhergehen als invasiv-lobuläre Tumore (p < 0.001).
Tumortyp
n
IRSYB-1 (Mittelwert)
Standardabweichung
invasiv-duktal
48 (82.8%)
7.96
3.18
invasiv-lobulär
10 (17.2%)
3.70
3.13
p-Wert
< 0.001
Tabelle 9: Korrelation zwischen YB-1-Expression und histologischem Tumortyp
Ergebnisse
37
4.3.3 YB-1-Expression und Tumorgröße
In sieben Fällen (11.5%) lag nach dem TNM-System ein Brusttumor der Größe T1
(Ø < 2 cm) und in 42 Fällen (68.9%) ein Tumor der Größe T2 (Ø 2-5 cm) vor. Bei fünf
Patientinnen (8.2%) wurde ein T3-Tumor (Ø > 5 cm) und bei sieben Patientinnen (11.5%) ein
T4-Tumor (jede Größe mit Ausdehnung auf die Brustwand oder Haut) diagnostiziert. Für die
statistische Auswertung wurden bezüglich der Tumorgröße zwei Subgruppen gebildet. Die
erste Subgruppe (7 Patientinnen, 11.5%) wies eine Tumorgröße von T1 (Ø < 2 cm) auf.
Tumore der Kategorie T2-T4 (Ø ≥ 2 cm) wurden in eine zweite Subgruppe eingeordnet
(54 Patientinnen, 88.5%). Der Mittelwert des IRSYB-1 lag bei einer Tumorgröße von > T1 mit
7.41 höher als bei kleineren Brusttumoren (T1, Mittelwert IRSYB-1 = 5.29, p = 0.108).
Tumorgrösse
n
IRSYB-1 (Mittelwert)
Standardabweichung
T1
7
5.29
2.50
T2-T4
54
7.41
3.53
p-Wert
0.108
Tabelle 10: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Tumorgröße
4.3.4 YB-1-Expression und Lymphknotenstatus
In 26 Fällen (42.6%) waren die untersuchten Lymphknoten tumorfrei (N0), in 35 Fällen
(57.4%) waren diese von Tumorzellen befallen (N > 0). Bezüglich der YB-1-Expressionshöhe ließ sich kein signifikanter Unterschied zwischen Tumoren mit und ohne axillärem
Lymphknotenbefall feststellen (p = 0.912).
Lymphknotenstatus
n
IRSYB-1 (Mittelwert) Standardabweichung
N0
26 (42.6%)
7.04
3.45
N>0
35 (57.4%)
7.26
3.54
p-Wert
0.912
Tabelle 11: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Lymphknotenstatus
4.3.5 YB-1-Expression und Grading
Alle Mammakarzinome des untersuchten Kollektivs waren entweder mäßig (G2) oder
schlecht differenziert (G3). Der Anteil der G2-Tumore war mit einer Anzahl von 41 (67.2%)
größer als der Anteil der G3-Tumore (n=19, 31.2%). Bei einer Patientin (1.6%) konnte kein
Ergebnisse
38
Grading ermittelt werden. Bezüglich der mittleren YB-1-Expressionshöhe zeigte sich kein
statistisch signifikanter Unterschied zwischen G2- und G3-Tumoren (p = 0.562).
Grading
n
IRSYB-1 (Mittelwert)
Standardabweichung
p-Wert
G1
0 (0%)
-
-
-
G2
41 (68.3%)
6.98
3.52
G3
19 (31.7%)
7.53
3.53
0.562
Tabelle 12: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Tumorgrading
4.3.6 YB-1-Expression, Regressionsgrad und Hormonrezeptorstatus
Der Hormonrezeptorstatus wurde als positiv gewertet, wenn entweder der Östrogen- (ER)
oder der Progesteron-Rezeptor (PgR) oder beide Rezeptoren exprimiert wurden. Laut den
Empfehlungen der AGO (Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie 2013) und der
internationalen Konsensuskonferenz von St. Gallen (Goldhirsch et al. 2009) sollte eine
Patientin ab einer Anzahl positiver Tumorzellen von > 1% eine endokrine Therapie erhalten.
Nach diesem Kriterium waren 45 der Brusttumore des Studienkollektivs (73.8%)
Hormonrezeptor-positiv und 16 Gewebeproben (26.2%) Hormonrezeptor-negativ. Anhand
dieser Daten liess sich keine statistisch signifikante Abhängigkeit der YB-1-Expression vom
Hormonrezeptorstatus nachweisen (p = 0.415).
Hormonrezeptorstatus
n
IRSYB-1 (Mittelwert)
Standardabweichung
negativ
16
7.90
2.87
positiv
45
6.90
3.66
p-Wert
0.415
Tabelle 13: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Hormonrezeptorstatus
Das Patientinnenkollektiv bot darüber hinaus die Möglichkeit, die Chemosensitivität der
Tumorgewebe in Bezug auf den Hormonrezeptorstatus zu analysieren. Hierzu wurde der
Tumorregressionsgrad mit der ER- und PgR-Expression korreliert. Zunächst wurde das
Studienkollektiv in zwei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe wies einen vollständig
negativen Hormonrezeptorstatus auf, während in der zweiten Gruppe entweder der ER oder
der PgR oder beide Rezeptoren eine Expressionshöhe von > 0% besaßen. Der mittlere
Regressionsgrad lag in den Hormonrezeptor-negativen Geweben bei 2.75 ± 1.24 und war im
Mann-Whitney-Test signifikant höher als bei den Hormonrezeptor-positiven Tumoren
Ergebnisse
39
(Mittelwert 1.71 ± 0.99, p = 0.003). Dies spricht dafür, dass die invasiven Mammakarzinome
mit negativem Hormonrezeptorstatus besser auf die neoadjuvante Chemotherapie ansprachen
als die Tumore mit positivem Östrogen- und Progesteronrezeptorstatus.
Hormonrezeptorstatus
n
Regressionsgrad
(Mittelwert)
Standardabweichung
negativ
16 (26.2%)
2.75
1.24
positiv
45 (73.8%)
1.71
0.99
p-Wert
0.003
Tabelle 14: Mittlere Regressionsgrade Hormonrezeptor-negativer und -positiver Tumore
Zur Bestimmung der Stärke des Zusammenhanges zwischen Hormonrezeptorexpression
(in %) und Tumorregression wurden zusätzlich die Rangkorrelationskoeffizienten nach
Spearman einzeln für die Kombinationen PgR / IRSYB-1, ER / IRSYB-1, PgR / Regressionsgrad
und ER / Regressionsgrad berechnet.
Parameter
n
Spearman Korrelationskoeffizient (ρ)
p-Wert
PgR/IRSYB-1
61
-0.070
0.591
ER/IRSYB-1
61
0.114
0.383
PgR/Regressionsgrad
61
-0.193
0.135
ER/Regressionsgrad
61
-0.298
0.020
Tabelle 15: Korrelation zwischen IRSYB-1 bzw. Regressiongrad und PgR-/ER-Status
Es zeigte sich somit ein statistisch signifikanter inverser Zusammenhang zwischen der Höhe
der Östrogenrezeptor-Expression und dem Regressionsgrad. Für den Progesteronrezepor
erreichte dieser Zusammenhang nicht das vorgegebene Signifikanzniveau.
Diskussion
40
5. Diskussion
5.1 Hintergrund dieser Studie
Das Mammakarzinom ist die häufigste maligne Erkrankung der Frau in Deutschland (Robert
Koch-Institut, Krebs in Deutschland 2009/2010). Angesichts seiner hohen Inzidenz stellt die
Weiterentwicklung von risikoadaptierten Therapiekonzepten ein wichtiges Ziel in der
gynäkologischen Onkologie dar. Die individuelle Tumorbiologie sowie daraus abgeleitete
prognostische und prädiktive Faktoren können bei der Identifizierung von Risikopatientinnen
hilfreich sein, indem sie über den möglichen Krankheitsverlauf sowie über das zu erwartende
Ansprechen auf eine zytostatische Therapie Auskunft geben. Bereits heute kann anhand von
etablierten Parametern das Risikoprofil einer erkrankten Patientin teilweise objektiviert und
ein entsprechend angepasstes Therapiekonzept entwickelt werden (Goldhirsch et al. 2013).
Diesbezüglich etablierte Faktoren, die im Rahmen einer leitlinienkonformen Therapie zum
Einsatz kommen, sind der pTNM-Status (Tumorgröße, axillärer Lymphknotenbefall,
Fernmetastasierung), der Resektionsrand, der histologische Tumortyp, das Grading, ein
möglicher Gefäß- oder Lymphgefäßeinbruch, das Alter der Patientin, der Östrogen/Progesteronrezeptorstatus, die Expression von Her2/neu sowie der Menopausenstatus
(Deutsche Krebsgesellschaft 2012). Die Optimierung und Erweiterung dieser individuellen
Therapiekonzepte durch die Identifizierung weiterer prognostischer und prädiktiver Marker
steht im Zentrum einer Vielzahl von aktuellen Studien.
Ziel der neoadjuvanten Chemotherapie des Mammakarzinoms ist es, die Operabilität zu
verbessern sowie die Rate der Brust erhaltenden Operationen zu erhöhen (Beckmann et al.
2009). Zunächst wurde dieses Therapiekonzept vor allem bei inoperablen Karzinomen
angewendet, heute hat sich die neoadjuvante Chemotherapie jedoch auch in der Therapie von
primär operablen Tumoren etabliert (Mieog et al. 2007, Kaufmann et al. 2006, Bear et al.
2003, Fisher B et al. 1998). Diverse Studien konnten zeigen, dass das Rezidivrisiko und die
Mortalität bei neoadjuvanten und adjuvanten Therapieformen vergleichbar sind (Rastogi et
al. 2008, van der Hage et al. 2001, Fisher B et al. 1998). Jedoch ist auch bei einer
neoadjuvanten zytostatischen Therapie zu berücksichtigen, dass die systemische Gabe von
Chemotherapeutika schwerwiegende und zum Teil dosislimitierende Nebenwirkungen haben
kann
wie
u.a.
Kardiotoxizität,
Neurotoxizität
sowie
Nausea
und
Erbrechen,
Knochenmarkssuppression mit Neutropenie und Alopezie (Deutsche Krebsgesellschaft
2012).
Diskussion
41
Als Ergänzung zu den bereits erwähnten, allgemein etablierten Prognosefaktoren des
Mammakarzinoms steht bislang kein etablierter prädiktiver Marker für den Nutzen einer
neoadjuvanten Chemotherapie zur Verfügung. Eine Aussage über die Wirksamkeit einer
solchen Behandlung kann somit erst nach mehreren Therapiezyklen getroffen und erst durch
die histopathologische Beurteilung des Operationspräparates nach erfolgter chirurgischer
Resektion bestätigt werden. Validierte Marker bezüglich der Chemosensitivität könnten im
klinischen Alltag somit bereits vor Therapiebeginn zur Identifizierung derjenigen
Patientinnen herangezogen werden, die eher von einer zytostatischen Therapie profitieren
werden als andere. Bei voraussichtlich schlechtem Ansprechen könnten somit die potentiellen
Nebenwirkungen einer unnötigen Chemotherapie vermieden und frühzeitig alternative
Behandlungskonzepte wie zum Beispiel eine unmittelbare chirurgische Intervention erwogen
werden.
Bei einer Vielzahl maligner Tumorerkrankungen konnte eine erhöhte Expression des
Regulationsfaktors YB-1 nachgewiesen werden (Kohno et al. 2003, Matsumoto und Bay
2005). Insbesondere beim Mammakarzinom wird die Bedeutung von YB-1 bei der
Tumorentstehung, der Aufrechterhaltung malignen Tumorzellwachstums sowie der
Entwicklung von Medikamentenresistenzen diskutiert (Jürchott et al. 2003, Bergmann et al.
2005, Bargou et al. 1997). Für die adjuvante Situation konnten Janz et al. zeigen, dass eine
erhöhte YB-1-Expression im Mammakarzinomgewebe und in benachbarten benignen
Brustepitelzellen mit einer höheren Rezidivrate sowie einem geringeren Gesamtüberleben
einhergeht (Janz et al. 2002). In der besagten Studie wurde die klinische Relevanz von YB-1
anhand eines Kollektivs von 83 Patientinnen untersucht, von denen 41 Patientinnen
postoperativ mittels Chemotherapie behandelt wurden, während 42 Patientinnen keine
adjuvante
Therapie
erhielten.
In
chirurgischen
Resektionspräparaten
wurde
die
gesamtzelluläre Expression sowie die intrazelluläre Lokalisation des Proteins ermittelt und
nach einem medianen Follow-up von 61 Monaten mit der Rezidivrate und dem klinischen
Outcome korreliert. Bei hoher YB-1-Expression lag die Rezidivrate nach adjuvanter
Chemotherapie bei 65%, wohingegen bei niedriger YB-1-Expression keine Rezidive
verzeichnet wurden. Im Hinblick auf die adjuvante Chemotherapie konnte somit gezeigt
werden, dass eine hohe YB-1-Expression mit einer höheren Rezidivrate einhergeht. Das Ziel
der hier vorgestellten Studie war es, YB-1 vor diesem Hintergrund auch als möglichen
prädiktiven Faktor für den Erfolg einer neoadjuvanten Chemotherapie zu betrachten.
Diskussion
42
5.2 Korrelation der Expression von YB-1 mit dem Tumorregressionsgrad
Im untersuchten Studienkollektiv aus 61 Patientinnen wurde die YB-1-Expression vor
Therapiebeginn aus Tumorstanzzylindern immunhistochemisch beurteilt und mit dem
Regressionsgrad
des
nach
abgeschlossener
neoadjuvanter
Chemotherapie
operativ
entnommenen Tumorgewebes korreliert. Die Beurteilung der YB-1-Expression erfolgte in
Anlehnung an die Methodik von Remmele und Stegner mittels eines Punktwertes (IRSYB-1,
siehe Kap. 3.3.3) (Janz et al. 2002, Beck et al. 1994, Remmele und Stegner 1987). In 54
Fällen (88.5%) konnte die Expression des Transkriptionsfaktors YB-1 immunhistochemisch
nachgewiesen werden (IRSYB-1 ≥ 3), während bei den übrigen sieben Patientinnen (11.5%)
keine YB-1-Expression nachweisbar war (IRSYB-1 von 0-2). Die YB-1-positiven
Tumorgewebe wiesen mehrheitlich eine hohe Expression mit IRSYB-1-Werten von ≥ 6 auf
(75.4%). In der vorliegenden Arbeit wurde die YB-1-Expression gesamtzellulär bestimmt, da
das Protein in den 54 positiven Mammakarzinomgeweben ausschließlich im Zytoplasma der
Tumorzellen nachweisbar war. Eine Sublokalisation von YB-1 in den Nukleus wurde nicht
beobachtet. Insbesondere bei den Biopsaten mit einem hohen IRSYB-1 von 12 wurde eine
nukleäre Lokalisation diskutiert, von erfahrenen Begutachtern jedoch als Überlagerungen der
zytoplasmatischen Anfärbung über das Kerngebiet gewertet. Die zytoplasmatische
Lokalisation von YB-1 in der neoadjuvanten Situation ohne vorausgehende Chemotherapie
ist mit früheren Arbeiten an naiven Tumorzellen vereinbar, in denen YB-1 ebenfalls
zytoplasmatisch lokalisiert war und erst unter dem Einfluss äußerer Stressfaktoren wie
Chemotherapeutika in den Nukleus translozierte (Bargou et al. 1997, Kuwano et al. 2004,
siehe auch Kap. 5.4). Zu diskutieren wäre, ob eine vergleichende Immunhistochemie aus den
nach erfolgter Chemotherapie gewonnenen Tumorresektaten eine Zunahme von nukleärem
YB-1
gezeigt
hätte.
Zusätzlich
wäre
der
Nachweis
des
YB-1
Effektors
P-Glykoprotein als Kontrolle denkbar. In Tumorzellen mit nukleärer YB-1-Expression wäre
eine höhere P-Glykoprotein-Expression zu erwarten als in Tumoren mit fehlender nukleärer
YB-1-Expression (siehe Kap. 1.2.5).
Im Anschluss an die Ermittlung der Expressionshöhe von YB-1 im Tumorgewebe der 61
Mammastanzzylinder wurde anhand des Operationspräparates der Regressionsgrad der
Tumoren nach erfolgter neoadjuvanter Chemotherapie bestimmt. Hinsichtlich der
Chemosensitivität des Mammakarzinomgewebes und den ermittelten YB-1-Scores konnte
keine statistisch signifikante Korrelation gezeigt werden (p = 0.114). Demnach konnte
anhand der vorliegenden Patientinnenkohorte nicht abschliessend geklärt werden, ob eine
Diskussion
43
hohe YB-1-Expression im Mammakarzinomgewebe in der neoadjuvanten Situation (4 Zyklen
Doxorubicin plus Cyclophosphamid gefolgt von 4 Zyklen Docetaxel) mit einer geringeren
Chemosensitivität des Tumors einhergeht. Dieses Resultat lässt sich möglicherweise durch
die ungleich verteilte Zusammensetzung des untersuchten Patientinnenkollektivs erklären:
Der prozentuale Anteil von YB-1-exprimierenden Tumoren am Gesamtkollektiv (88.5%) ist
zwar gut vereinbar mit früheren Arbeiten (ca. 80%, Bargou et al. 1997, Janz et al. 2002), aus
statistischen Erwägungen wäre jedoch eine größere absolute Zahl von YB-1-negativen
Tumoren günstig, um einen signifikanten Zusammenhang zwischen YB-1-Expression und
Tumorregression nachzuweisen. Ähnliches gilt für die beobachteten Regressionsgrade. Der
prozentuale Anteil an Tumoren mit gutem bis sehr gutem Therapieansprechen
(Regressionsgrad 3-4) war mit 24.6% ähnlich oder sogar höher als in anderen Studien
(Länger et al. 2004, durchschnittlich 15.8%). Allerdings wäre auch hier eine größere absolute
Fallzahl aus statistischer Sicht wünschenswert, sodass sich die Durchführung einer
weiterführenden Analyse an einem entsprechend erweiterten Patientinnenkollektiv anbietet.
Möglicherweise beeinflusste auch der verwendete YB-1-Antikörper die Auswertung des
untersuchten Patientinnenkollektivs. In zwei Arbeiten, welche nach Durchführung der hier
vorgestellten Studie publiziert wurden, wurde für diesen Antikörper eine Kreuzreaktivität mit
einem weiteren Protein beobachtet (Cohen et al. 2010, Woolley et al. 2011). Die Autoren
verglichen drei polyklonale Antikörper, darunter zwei selbst produzierte (“AB-a” und
“AB-c”) sowie den auch in dieser Studie verwendeten, kommerziell erhältlichen Abcam
ab12148 (“AB-b”). Während sowohl AB-a als auch AB-c ausschliesslich die Expression von
YB-1 nachwiesen, zeigte sich bei AB-b eine Kreuzreaktivität mit dem Transportprotein
hnRNP A1, das sowohl nukleär als auch zytoplasmatisch lokalisiert sein kann (Kim et al.
2008). Ähnlich wie in der vorliegenden Studie gelang es auch den Autoren dieser Arbeit
nicht, mit AB-b die nukleär lokalisierte Fraktion von YB-1 verlässlich anzufärben. Des
weiteren ergab sich unter Verwendung von AB-b ebenfalls kein signifikanter Zusammenhang
zwischen YB-1 und dem Tumorgrading sowie dem Hormonrezeptorstatus. Die Autoren
kommen zu dem Ergebnis, dass die prognostische Signifikanz der YB-1 Immunhistochemie
stark Antikörper-abhängig ist, wobei Antikörper, die gegen den N-Terminus von YB-1
gerichtet sind, die zuverlässigsten Resultate generieren und keine Kreuzreaktivität mit
anderen Proteinen besitzen. Demnach wäre die einheitliche Verwendung eines solchen
Antikörpers in nachfolgenden Studien wünschenswert.
Diskussion
44
Weitere Limitationen in der Auswertung der hier vorgestellten Studie ergeben sich aus den
angewendeten pathomorphologischen Graduierungssystemen von YB-1-Expression und
Tumorregression. Der immunreaktive Score zur Bestimmung der YB-1-Expressionshöhe ist
eine semiquantitative Größe, die wesentlich von der Einschätzung und damit der Erfahrung
des Untersuchers abhängt. Eine quantitative Methode, die Untersucher-abhängige Einflüsse
eliminiert, würde eine bessere Vergleichbarkeit der Daten zwischen unterschiedlichen
Studien sowie eine präzisere Beurteilung von möglichen Korrelationen gewährleisten. Auch
in Bezug auf die Bestimmung der Tumorregression finden in der Literatur uneinheitliche
Methoden Verwendung (Kaufmann et al. 2006, Kurosumi 2006). Dies betrifft insbesondere
die Definition der pathologischen Komplettremission (pCR) nach erfolgter neoadjuvanter
Chemotherapie (siehe Kap. 1.1.2). Einige Autoren verstehen darunter das vollständige Fehlen
von Tumorzellen allein in der Mamma (Fisher B et al. 1998, Ogston et al. 2003, Sinn et al.
1994), während andere auch die Beurteilung der Lymphknoten mit berücksichtigen
(Chevallier et al. 1993, van der Hage et al. 2001). Ogston et al. (Score nach Miller und
Payne) weisen darauf hin, dass die Restgröße des Tumors weder makroskopisch noch
mikroskopisch allein ausschlaggebend für die Beurteilung der Tumorregression sein kann, da
diese nach neoadjuvanter Chemotherapie vor allem durch Stromazellen bestimmt werde. Im
Regressionsgrading dieser Autoren steht daher die Anzahl der Tumorzellen im
Residualtumor im Vordergrund. Die pathologische Komplettremission wird als das
vollständige Fehlen von invasiven Karzinomzellen im histologischen Präparat beschrieben
(Ogston et al. 2003). Nach dem im deutschen Sprachraum häufig angewendeten
Graduierungssystem von Sinn et al. hängt das Ausmaß der Regression vom histologischen
Tumortyp, dem Grading sowie der Ausprägung der in-situ-Komponente des Tumors ab.
Ferner wird auch in dieser Klassifikation die Rolle der Tumor-Stroma-Relation betont. So
zeigten invasiv-lobuläre Karzinome im Vergleich zu invasiv-duktalen aufgrund ihres oftmals
höheren
Stromaanteils
eine
geringere
Reduktion
der
Tumorgrösse
bei
gutem
Therapieansprechen hinsichtlich der Tumorzellzahl (Sinn et al. 1994). Zusammenfassend
wäre die Entwicklung einer untersucherunabhängigen Methodik zur Beurteilung von YB-1Expression und Tumorregression und eine einheitliche Definition der pathologischen
Komplettremission (pCR) wünschenswert. Dies würde den Vergleich und die Interpretation
verschiedener Studienergebnisse erleichtern und die Beurteilung des Therapieansprechens im
klinischen Alltag weiter objektivieren.
Diskussion
45
5.3 Zusammenhang von YB-1, Regressionsgrad und weiteren klinischpathologischen Parametern
Um das in der vorliegenden Arbeit untersuchte Studienkollektiv und die daran gewonnenen
Ergebnisse besser in den Kontext der publizierten Literatur einordnen zu können, wurden
neben dem Zusammenhang zwischen YB-1-Expression und Tumorregressionsgrad
zusätzliche Korrelationen zwischen diesen Messgrößen und weiteren klinisch-pathologischen
Parametern gesucht. Hierzu wurde der Menopausenstatus, der histologische Tumortyp, die
Tumorgröße, der Lymphknotenstatus, das Grading sowie der Hormonrezeptorstatus
betrachtet. Als Vergleich wurden insbesondere die Arbeiten von Janz et al. (n = 83) und
Habibi et al. (n = 4049) herangezogen, da bei diesen Studien ein möglicher Zusammenhang
zwischen der Höhe der YB-1-Expression und den entsprechenden Parametern ebenfalls
analysiert wurden (Janz et al. 2002, Habibi et al. 2008). Die Studie von Habibi et al. war
aufgrund der hohen Fallzahl von besonderem Interesse.
Bezüglich des Menopausenstatus ließ sich in der Studienpopulation der UniversitätsFrauenklinik Freiburg kein signifikanter Unterschied im Hinblick auf die Expressionshöhe
von YB-1 nachweisen. Tendenziell lag der IRSYB-1 bei prämenopausalen Patientinnen mit
einem Mittelwert von 7.84 jedoch höher als bei postmenopausalen Frauen (mittlerer IRSYB-1 =
6.41). Dies ist gut vereinbar mit der Arbeit von Habibi et al., in der sich eine höhere YB-1
Expression bei jüngeren Patientinnen (< 50 gegenüber > 50 Jahre) zeigte (Spearman
Korrelationskoeffizient: -0.203, p = 6.5 x 10-17). Ein ähnliches Resultat ergab sich in Bezug
auf die Tumorgröße. Der mittlere IRSYB-1 war bei T1-Tumoren mit 5.29 tendenziell niedriger
als bei größeren Tumoren (T2-T4, mittlerer IRSYB-1 = 7.41). Dabei ist zu bemerken, dass von
61 untersuchten Tumorgeweben lediglich sieben als T1-Tumore klassifiziert wurden.
Während Janz et al. keinen signifikanten Zusammenhang zwischen YB-1-Expression und
Tumorgröße herstellen konnten, ergab sich in der von Habibi et al. durchgeführten Studie
eine signifikante, leicht positive Korrelation (Spearman Korrelationskoeffizient: 0.089,
p = 2.9 x 10-4). Auch hier ist es denkbar, dass die Größe der untersuchten Studienpopulation
ausschlaggebend für die diskrepanten Resultate war. Bezüglich des Lymphknotenstatus
ergaben sich sowohl bei nodal negativen wie auch bei nodal positiven Tumoren nahezu
identische mittlere IRSYB-1 Scores (7.04 beziehungsweise 7.26). Sowohl Janz et al. als auch
Habibi et al. kamen in ihren Patientinnenkollektiven zu demselben Resultat. Der
Lymphknotenstatus und die Höhe der YB-1-Expression im Tumorgewebe korrelieren
demnach nicht miteinander.
Diskussion
Ein
interessantes
46
Resultat
der
vorliegenden
Studie
ist
die
Assoziation
von
histopathologischem Tumortyp und IRSYB-1. Invasiv-duktale Karzinome (n = 48) zeigten im
Vergleich zu invasiv-lobulären Tumoren (n = 10) signifikant höhere YB-1-Expressionslevel
(p < 0.001). Da sich in der jüngeren Vergangenheit auch im deutschen Sprachraum
zunehmend die molekularbiologische Tumorklassifikation in die Subtypen “Luminal A”,
“Luminal B”, “Her2 enriched” und “Basal like” (Goldhirsch et al. 2013, siehe auch Kap.
1.1.4) durchsetzt, gestaltet es sich jedoch schwierig, diesen Zusammenhang im Rahmen von
unabhängig durchgeführten Studien zu verifizieren. Ob die beobachtete höhere Expression
von YB-1 in invasiv-duktalen Tumoren eine prognostische Relevanz besitzt, ist demzufolge
nicht abschließend zu klären.
Bezüglich des Gradings konnten Amat et al. zeigen, dass weiter entdifferenzierte (G3),
invasiv-duktale Mammakarzinome besser auf neoadjuvante Chemotherapie ansprechen als
gut differenzierte G1-Tumore. Demnach kann eine geringe Differenzierung als prädiktiver
Faktor bei der neoadjuvanten Chemotherapie des Mammakarzinoms angesehen werden, was
jedoch nicht impliziert, dass die Prognose dieser Tumore besser ist (Amat et al. 2002). In
dem hier untersuchten Patientinnenkollektiv waren alle Mammakarzinome entweder mäßig
(G2) oder schlecht differenziert (G3). Hinsichtlich der Expressionshöhe von YB-1 und des
Regressionsgrades nach erfolgter Chemotherapie ließ sich in Übereinstimmung mit den
Ergebnissen von Janz et al. bezüglich mäßig (G2) und schlecht differenzierten (G3) Tumoren
kein statistisch signifikanter Unterschied feststellen (p = 0.562). Die Tatsache, dass Habibi et
al. in ihrem deutlich größeren Kollektiv eine signifikante, positive Korrelation zwischen YB1 Expression und Grading gefunden haben (Spearman Korrelationskoeffizient 0.268, p = 3.0
x 10-27) lässt darauf schließen, dass größere Fallzahlen, gegebenenfalls im Rahmen von
multizentrischen Studien, benötigt werden, um statistische Zusammenhänge zwischen YB-1Expression und gewissen klinisch-pathologischen Parametern aufdecken zu können. Im
Hinblick auf eine Erweiterung der hier vorgestellten Patientinnenkohorte wäre demnach
insbesondere der Einschluss von weiteren gut differenzierten G1-Tumoren sinnvoll.
Der Hormonrezeptorstatus, insbesondere in Bezug auf den Östrogenrezeptor, hat sich beim
Mammakarzinom als wichtiger prognostischer Faktor etabliert (siehe Kap. 1.1.3 und 1.1.4).
Zwar konnte sowohl für die neoadjuvante (Petit et al. 2010, Bear et al. 2006, von Minckwitz
et al. 2005) als auch für die adjuvante Situation (Berry et al. 2006) gezeigt werden, dass
Patientinnen mit negativem ER-Status von einer zytostatischen Therapie im Hinblick auf das
Erreichen einer pCR stärker profitieren als diejenigen mit ER-positiven Tumoren. Insgesamt
Diskussion
47
haben Hormonrezeptor-negative Tumore in der Regel jedoch eine schlechtere Prognose,
wahrscheinlich weil diese bereits von vornherein stärker entdifferenziert sind als
Hormonrezeptor-positive Karzinome (Fisher B et al. 1988). Inwieweit bei Hormonrezeptorpositiven Tumoren auf eine zytostatische Therapie vollständig verzichtet werden kann, da die
potentiellen Nebenwirkungen den zu erwartenden Nutzen nicht rechtfertigen, ist Gegenstand
einer aktuellen Debatte (Goldhirsch et al. 2013). Bei „luminal A-like” Karzinomen (ER+,
PgR+, Her2/neu-, niedriggradige Ki-67-Expression) wird die endokrine Therapie mit
Tamoxifen neben der Operation als wichtigste Intervention betrachtet und oftmals ohne eine
zusätzliche Zytostatikagabe empfohlen. Bei „luminal B-like” Tumoren (ER+, Her2/neu +/-,
hohe Ki-67 oder niedrige PgR-Expression) ist die Datenlage für eine Zytostatika-freie
Chemotherapie ungenügend. Für „triple-negative” Tumore (ER-, PgR-, Her2/neu -) wird eine
zytotoxische Therapie dagegen empfohlen (Goldhirsch et al. 2013). Im Rahmen der
vorliegenden
Arbeit
war
es
daher
naheliegend,
den
Zusammenhang
zwischen
Hormonrezeptorstatus, YB-1-Expression und Regressionsgrad zu betrachten. Dabei konnte
eine signifikante Korrelation zwischen dem Hormonrezeptorstatus und der Tumorregression
nach erfolgter Chemotherapie gefunden werden. In Übereinstimmung mit der Literatur zeigte
sich, dass insbesondere der ER einen prädiktiven Wert bezüglich des zu erwartenden
Ansprechens auf neoadjuvante Zytostatikatherapie besitzt (Spearman Korrelationskoeffizient:
-0.298, p=0.020). Für den PgR ergab sich zwar ebenfalls eine negative Korrelation, allerdings
erreichte diese nicht das vorgegebene Signifikanzniveau (Spearman Korrelationskoeffizient: 0.193, p=0.135). Bezüglich YB-1 konnte kein statistisch signifikanter Zusammenhang mit
dem Hormonrezeptorstatus gefunden werden. Zwar steht dies im Widerspruch zu früheren
Ergebnissen (Bargou et al. 1997, Janz et al. 2002, Habibi et al. 2008), allerdings könnte dies
wie bereits erwähnt auf den verwendeten YB-1-Antikörper zurückzuführen sein (Woolley et
al. 2011).
Insgesamt lässt sich festhalten, dass die in der hier vorliegenden Studie vorgenommenen
Korrelationen zwischen YB-1 Expression und den oben genannten klinisch-pathologischen
Parametern weitgehend gute Übereinstimmungen mit den in der Literatur publizierten Daten
zeigten. Die in diesen Korrelationen teilweise nur knapp überschrittenen Signifikanzniveaus
stützen die Annahme, dass sich mit einem größeren und ausgewogeneren Studienkollektiv
viele Zusammenhänge zwischen einzelnen biologischen Parametern mit hinreichender
statistischer Signifikanz erhärten ließen. Die Erfahrungen anderer Gruppen mit dieser
Problematik (Habibi et al. 2008, n = 4049) zeigen jedoch, dass möglicherweise ein
Diskussion
48
multizentrischer Ansatz gewählt werden muß, um ein ausreichend großes Patientinnenkollektiv zu rekrutieren.
5.4 Ausblick und Schlussfolgerungen
Aus dem onkogenen Potential von YB-1 und seiner Beteiligung an einer Vielzahl zellulärer
Regulationsprozesse (siehe Kap. 1.2.3 – 1.2.5) ergibt sich unmittelbar die Frage nach einem
möglichen Zusammenhang zwischen YB-1-Expression in Tumorgeweben und dem
Ansprechen auf Chemotherapeutika. Bereits im Jahr 2002 konnte gezeigt werden, dass
Mammakarzinomgewebe, das YB-1 vermehrt exprimiert, schlechter auf eine adjuvante
Chemotherapie anspricht (Janz et al. 2002). Daher lag es nahe, im Rahmen der hier
vorliegenden Studie die prädiktive Aussagekraft hoher YB-1-Expressionslevel auch
bezüglich der neoadjuvanten Chemotherapie näher zu charakterisieren. Ein prädiktiver
Marker bezüglich des Ansprechens auf neoadjuvante Zytostatikagabe wäre auch im Hinblick
auf die Minimierung unnötiger systemischer Nebenwirkungen der eingesetzten Substanzen
mit teilweise drastischen Einschränkungen der Lebensqualität wünschenswert.
Zwar konnte das vorgegebene Signifikanzniveau bezüglich der Frage nach unterschiedlichen
Regresionsgraden bei Tumoren mit hoher beziehungsweise niedriger YB-1-Expressionshöhe
anhand des untersuchten Patientinnenkollektivs nicht erreicht werden. Insgesamt zeigte sich
jedoch eine gute Übereinstimmung zwischen den in der Literatur publizierten Daten und den
in der vorliegenden Studie gefundenen Assoziationen zwischen YB-1-Expression und
verschiedenen
klinisch-pathologischen
Parametern.
In
Zeiten
individualisierter
Therapiekonzepte auf der Basis von zunehmend molekularbiologisch orientierter
Mammakarzinomdiagnostik bleibt es daher weiterhin wünschenswert, abschliessend zu
klären, ob hohe YB-1-Expressionslevel mit einem schlechteren Therapieansprechen auf eine
neoadjuvante Chemotherapie korrelieren. Die Daten der hier vorgestellten Arbeit weisen
darauf hin, dass eine umfangreichere Betrachtung dieses Transkriptionsfaktors in der
neoadjuvanten Situation lohnenswert bleibt.
Abschließend ist eine Fortführung der vorliegenden Studie mit einem größeren
Patientinnenkollektiv und einem gegen den N-Terminus von YB-1 gerichteten Antikörper zu
empfehlen, der die zuverlässige Beurteilung der intrazellulären Lokalisation von YB-1
(nukleär oder zytoplasmatisch) ermöglicht. Darüber hinaus wäre eine Untersucherunabhängige Bestimmung von YB-1-Expression und Tumorregression wünschenswert.
Gegebenenfalls wäre zudem die Betrachtung des Gesamtüberlebens als zusätzlicher
Diskussion
49
Endpunkt einer Folgestudie denkbar, um nicht nur die prädiktive sondern auch die
prognostische Aussagekraft von YB-1 hinsichtlich der neoadjuvanten Chemotherapie
untersuchen zu können.
Zusammenfassung
50
6. Zusammenfassung
Grundlage für die Entwicklung von individualisierten, risikoadaptierten Strategien zur
Therapie des Mammakarzinoms ist der Einsatz von validierten prädiktiven Markern zur
frühen Identifizierung von Hochrisiko-Patientinnen. Das Y-Box-bindende Protein-1 (YB-1)
ist ein Transkriptionsfaktor, der in zahlreichen malignen Tumoren vermehrt exprimiert und in
engem Zusammenhang mit Tumorwachstum und -progress sowie der Entstehung von
Medikamentenresistenzen gesehen wird. In klinischen Studien zeigte Mammakarzinomgewebe mit hoher YB-1-Expression ein schlechteres Ansprechen auf eine adjuvante
Chemotherapie als Tumorgewebe mit niedriger YB-1-Expression. Eine erhöhte YB-1Expression korreliert demnach mit dem klinischen Outcome und könnte in der adjuvanten
Situation als prognostischer und prädiktiver Marker eingesetzt werden (Janz et al. 2002).
Im Rahmen der hier vorgestellten Studie wurde untersucht, ob YB-1 beim primären
Mammakarzinom auch in der neoadjuvanten Situation eine prädiktive Aussagekraft
bezüglich des Ansprechens auf Chemotherapeutika zugeschrieben werden kann. Die YB-1Expressionshöhe wurde immunhistochemisch an stanzbioptisch gesicherten Gewebeproben
von 61 primären, invasiven Mammakarzinomen ermittelt, welche zusätzlich bezüglich einer
Reihe von klinisch-pathologischen Parametern (Alter, Menopausenstatus, histologischer
Tumortyp, Tumorgrösse, Lymphknotenstatus, Hormonrezeptorstatus, Grading) charakterisiert
wurden.
Anhand
der
zugehörigen
Tumorresektionspräparate
wurde
der
Tumorregressionsgrad nach Sinn nach erfolgter neoadjuvanter Chemotherapie (NSABP-B27-Protokoll; 4x Doxorubicin/Cyclophosphamid, 4x Docetaxel) bestimmt und mit der zum
Zeitpunkt der Erstdiagnose ermittelten YB-1-Expressionshöhe korreliert. Die Studie wurde in
der Annahme durchgeführt, dass eine erhöhte YB-1-Expression mit einer geringeren
Chemosensitivität und damit auch mit einer geringen Tumorregression einhergeht.
Hinsichtlich der ermittelten klinisch-pathologischen Parameter zeigte sich eine insgesamt
gute Vergleichbarkeit des untersuchten Kollektivs mit den in der Literatur publizierten
Patientinnenkohorten. Die Hypothese eines besseren Ansprechens auf neoadjuvanten
Chemotherapie bei Tumoren mit niedriger YB-1-Expression konnte durch die erhobenen
Daten nicht statistisch signifikant belegt werden. Zudem wurde inzwischen für den in der
vorliegenden Studie verwendeten YB-1-Antikörper eine Kreuzreaktivität mit dem
Transportprotein hnRNP A1 demonstriert. Somit empfiehlt sich eine Reevaluation der
Fragestellung an einem größeren Patientinnenkollektiv unter Anwendung eines YB-1
Antikörpers ohne Kreuzreaktivität.
Anhang
51
7. Anhang
7.1 Abkürzungsverzeichnis
A
Adenin
AGO
Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie
AK
Antikörper
C
Cytosin
°C
Grad Celsius
cm
Zentimeter
CSD
Kälteschock-Domäne (cold shock domain)
CTD
C-terminale Domäne
DAB
3.3'-Diaminobenzidin
dbpA
DNA binding protein-A
dbpB
DNA binding protein-B
dbpC
DNA binding protein-C, Contrin
DNA
Desoxyribonukleinsäure (desoxyribonucleic acid)
EGFR
Epidermal Growth Factor Rezeptor
ELISA
Enzyme-Linked Immunosorbent Assay
ER
Östrogenrezeptor
G
Grading oder Guanin
G1-Phase
postmitotische Phase, Präsynthesephase
Her2/neu
Human Epidermal Growth Factor Rezeptor 2
HRP
Meerrettich-Peroxidase (horseradish peroxidase)
IRS
Immunoreaktiver Score
kb
Kilobasen
kDa
Kilodalton
KOF
Körperoberfläche
LK
Lymphknoten
LVSI/VSI
lymphatic vascular and vascular space invasion
MDR
multidrug resistance
MHC
major histocompatibility complex
MHz
Megahertz
min
Minute
Anhang
52
N
Lymphknotenstatus (nodal status)
n
Anzahl
NSABP
National Surgical Adjuvant Breast and Bowel Project
pCR
pathologische Komplettremission (pathological complete response)
PgR
Progesteronrezeptor
RNA
Ribonukleinsäure (ribonucleic acid)
S-Phase
Synthese-Phase des Zellzyklus
TNM
TNM-Klassifikation: T: Tumor, N: Nodes, M: Metastasen
U
Uracil
UV
ultraviolett
WHO
Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation)
YB-1
Y-Box-Protein 1
µm
Mikrometer
Anhang
53
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Anhang
71
7.3 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Nottingham-Prognose-Index ..................................................................................... 8 Tabelle 2: Risikokategorien für Patientinnen mit operablem Mammakarzinom ..................... 10 Tabelle 3: Klinisch-pathologische Definition der Subtypen des Mammakarzinoms .............. 11 Tabelle 4: Ermittlung des Immunreaktiven Scores (IRS) nach Remmele und Stegner ........... 29 Tabelle 5: Regressionsgrad nach Sinn et al. ............................................................................ 30 Tabelle 6: Klinische und histomorphologische Parameter des untersuchten
Patientinnenkollektivs ...................................................................................................... 33 Tabelle 7: Deskriptive Statistik der ermittelten IRSYB-1-Scores und der zugehörigen
Tumorregressionsgrade .................................................................................................... 35 Tabelle 8: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Menopausenstatus............................ 36 Tabelle 9: Korrelation zwischen YB-1-Expression und histologischem Tumortyp ................ 36 Tabelle 10: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Tumorgröße ................................... 37 Tabelle 11: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Lymphknotenstatus........................ 37 Tabelle 12: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Tumorgrading ................................ 38 Tabelle 13: Korrelation zwischen YB-1-Expression und Hormonrezeptorstatus.................... 38 Tabelle 14: Mittlere Regressionsgrade Hormonrezeptor-negativer und -positiver Tumore .... 39 Tabelle 15: Korrelation zwischen IRSYB-1 bzw. Regressiongrad und PgR-/ER-Status ........... 39 Anhang
72
7.4 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Prozentualer Anteil der häufigsten Tumorlokalisationen an allen
Krebsneuerkrankungen in Deutschland 2010.. .................................................................. 1 Abbildung 2: Übersicht über die wichtigsten epidemiologischen Maßzahlen bezüglich des
Mammakarzinoms in Deutschland .................................................................................... 2 Abbildung 3: Struktur und funktionelle Domänen von YB-1 ................................................. 15 Abbildung 4: Schematischer Überblick über die Rolle von YB-1 in der zellulären
Stressantwort. ................................................................................................................... 19 Abbildung 5: Zwei-Schritt Polymer-Konjugat-Methode EnVision®...................................... 27 Abbildung 6: Beispiele für die beobachtete Expression von YB-1 und den zugehörigen
IRSYB-1 ............................................................................................................................. 30 Abbildung 7: Häufigkeitsverteilung der einzelnen YB-1 Scores (IRSYB-1)............................. 34 Abbildung 8: Häufigkeitsverteilung der ermittelten Tumorregressionsgrade ......................... 34 Anhang
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7.5 Danksagung
Die Seiten 73 - 74 (Danksagung und Lebenslauf) enthalten persönliche Daten. Sie sind
deshalb nicht Bestandteil der Online-Veröffentlichung.
Anhang
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7.6 Curriculum vitae
Die Seiten 73 - 74 (Danksagung und Lebenslauf) enthalten persönliche Daten. Sie sind
deshalb nicht Bestandteil der Online-Veröffentlichung.
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