Finanzkrise 1 Ausblick • • • • Die Rolle der Banken Ausflug: Kreditrisikotransfer Konsequenzen Stilisierte Fakten 2 1 Finanzintermediäre Ersparnis der Volkswirtschaft Geschäftsbanken Investitionen der Volkswirtschaft 3 Bilanz einer Geschäftsbank AKTIVA PASSIVA Kredite 100 Sichteinlagen Anleihen 100 Schuldverschreibungen Gesamtwert 150 30 Eigenkapital 20 200 Gesamtwert 200 • Sichteinlagen stellen Verbindlichkeiten der Bank gegenüber den Sparern dar • Schuldverschreibungen stellen auch Verbindlichkeiten dar (etwa Anleihen, Zertifikate oder Kredite von anderen Banken) • Das Eigenkapital ist eine Residualgröße • Das Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital wird als Leverage-Rate bezeichnet: Hier: l = FK/EK = 180/20 = 9 4 Aufwärtsspirale Wert der Anleihen steigt an Immobilienpreise steigen Nachfrage nach kreditfinanzierten Immobilien steigt Wert des Eigenkapitals steigt Banken weiten Kreditvergabe aus 5 „Originate to distribute“ • Bei Anleihen handelt es sich um verbriefte Wertpapiere, die von anderen Finanzinstituten herausgegeben werden • Diese kaufen Kredite (etwa Subprime Hypotheken) auf und bündeln sie zu verbrieften (durch den Zahlungsstrom des Kreditnehmers abgesicherten) Anleihen • Die mit diesen Anleihen verbundenen Risiken sind für die Bank nur schwer einzuschätzen, so dass sie sich auf Ratingagenturen (Moody‘s, S&P) verlässt, die das Ausfallrisiko dieser Anleihen bewerten 6 2 Kreditrisikotransfer • Vollständige Weitergabe eines Kredits – True Sale – Trennung von Kreditvergabe und Portfolioverwaltung • Trennung des Kreditrisikos von der zugrunde liegenden Kreditposition – Kreditderivate – Isolierte Weitergabe des Kreditrisikos an den Markt 7 Überblick: Instrumente des Kreditrisikotransfers Instrumente des Kreditrisikotransfers Traditionelle Produkte Kapitalmarktorientierte Produkte Kreditverbriefung Kreditversicherung Kreditgarantie Syndizierte Kredite Kreditderivate i. e. S. Asset Backed Securities (ABS) Mortage Backed Securities (MBS) Collateralized Debt Obligations (CDOs) Weitere Instrumente Credit Default Swaps Kreditverkauf Total Return Swaps Asset Swaps Credit Spread Options Hybride Produkte Credit Linked Notes (CLN) Synthetische ABS, MBS und CDOs Kreditderivate i. w. S. Quelle: Rudolph et al. (2007), S. 14. 8 Asset Backed Securities Asset Backed Securities ABS im engeren Sinn ABCP Credit Card-BS Automobile Loan-BS Mortgage Backed Securities RMBS (Residential) Lease-BS Collateralized Debt Obligations CMBS (Commercial) CLO CBO Quelle: Rudolph et al. (2007), S. 40. 9 Struktur einer ABS-Transaktion Originator (verbriefende Bank) Zahlungen Forderungen Zweckgesellschaft Special Purpose Vehicle Zahlungen Bankenkonsortium Wertpapiere Sicherungsgeber Treuhänder Investoren Ratingagentur Service Agent Quelle: Rudolph et al. (2007), S. 43. 10 Tranchen Tranche Senior Tranche Mezzanine Tranche FLP Rating Tranchendicke AAA 93,20 % AA 1,40 % A 1,00 % BBB 1,10 % BB+ 0,70 % NR 2,61 % Quelle: Rudolph et al. (2007), S. 52. 11 Verlustverteilung Mezzanine Tranchen First Loss Piece Wahrscheinlichkeit Senior Tranche Verluste 100 % Quelle: Rudolph et al. (2007), S. 53. 12 Grundstruktur eines typischen Kreditderivats Kreditderivat Prämie Sicherungsnehmer (Protection Buyer) Sicherungsgeber (Protection Seller) Absicherung gegen Kreditrisiko Originäre Kreditbeziehung Synthetische Kreditrisikoposition Referenzschuldner bzw. -aktivum Quelle: Rudolph et al. (2007), S. 66. 13 Credit Default Swap Referenzschuldner Zinszahlung + Kredittilgung Kreditvergabe Prämie in Basispunkten Sicherungskäufer /Risikoverkäufer Sicherungsverkäufer /Risikokäufer Ausgleichszahlung bei Eintreten eines Kreditereignis 14 3 Finanzinstitute als Intermediäre der Krise Kredite Kredite Kredite Emittent der Anleihe • Je nach Rating der Anleihe muss die Bank eine bestimmte Menge Eigenkapital als Vorsorge für einen möglichen Zahlungsausfall halten • Problem bei falscher Risikoeinschätzung Verbriefte Anleihe 15 16 • 17 Abwärtsspirale Wert der Anleihen fällt Immobilienpreise fallen Nachfrage nach kreditfinanzierten Immobilien fällt Wert des Eigenkapitals sinkt Banken schränken Kreditvergabe ein 18 3.1 Kapitalknappheit I • Durch den Wertverlust der Aktiva wird das Eigenkapital der Bank aufgezehrt. Sie besitzt nun keinen Puffer mehr für den Fall, dass die Anleihen weiter im Wert sinken oder Sparer ihre Einlagen abheben wollen • Lösung: – Umschuldung – Kapital aufstocken 19 Kapitalknappheit II • Kann nicht umgeschuldet werden und ist der Weg zu neuem Kapital versperrt, muss die Bank Aktiva verkaufen: Verkauf von Aktiva Banken sind gezwungen weiter Aktiva zu verkaufen Preise der Aktiva fallen Weitere Kursverluste für die Banken 20 Folgen • Banken werden auf keinen Fall ihre Kreditvergabe ausweiten • Die Kreditvergabe zwischen den Banken, an Unternehmen und an private Haushalte kommt vollständig zum Erliegen • Kreditklemme 21 3.2 Bankrun • Sobald Kreditgeber und andere Geschäftspartner die Solvenz eines Finanzinstitutes in Frage stellen, verweigern sie die Kreditvergabe und weitere Transaktionen mit dieser Bank. Dies ist besonders für Banken mit hohem kurzfristigem Refinanzierungsbedarf problematisch, wie etwa Investmentbanken . • Auch Banken, die unter normalen Umständen völlig solvent sind, können von einem Bank-Run betroffen werden 22 3.3 Zins und Erwartungen I Marktzins und Risikoprämie Bislang betrachteten wir im IS-LM-Modell nur den Leitzins, den die Zentralbank direkt kontrolliert. Da ihre Kredite durch erstklassige Wertpapiere besichert sind, besteht keine Ausfallrisiko. i= Zins für risikolose Anleihen Der Marktzins, zu dem Banken untereinander Geld leihen oder Kredite an Unternehmen vergeben, ist in der Regel höher. Die Differenz x ist ein Maß für das Ausfallrisiko. im = i + x © Pearson Studium 2009 © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 23 Zins und Erwartungen II Veränderte Erwartungen • Erwartung einer langlebigen Krise (xe ) Die IS-Kurve wird sich nach weiter nach links verschieben, da die Erwartung einer anhaltenden Kreditklemme die zukünftigen Realinvestitionen begrenzen wird. Dies reduziert bereits heute die Nachfrage. • Erwartung eines Rückgangs der zukünftigen Produktion (Ye ) Die IS-Kurve verschiebt sich erneut stärker nach links, da ein Rückgang der Erwartungen bereits heute auf die Produktion einwirkt. 24 Zins und Erwartungen III • Erwartung zukünftiger Zinssenkungen (ie ) Die IS-Kurve verschiebt sich nicht so stark nach links, da die Realinvestitionen durch den niedrigeren Zins stimuliert werden. Problem: Die in einer Krise nötige expansive Geldpolitik bietet einen Nährboden für zukünftige Inflation. • Erwartung expansiver Fiskalpolitik in der Zukunft (Ge und/oder Te ) Die IS-Kurve verschiebt sich wiederum weniger stark nach links, da die Erwartung einer höheren Produktion in der Zukunft bereits heute die Produktion anheizt. 25 Staatliche Eingriffe • Um die Krise einzudämmen, griffen die Regierungen weltweit dem Bankensektor helfend unter die Arme • Die USA stellten alleine 700 Mrd.$ Steuergelder zur Verfügung. Deutschland unterstützt die Banken mit Bürgschaften von 400 Mrd. € (Rettungsschirm). Problem: staatliche Hilfe kann zu Moral Hazard führen, was die Banken dazu verleitet, noch höhere Risiken einzugehen Jedoch: Nicht-Eingreifen des Staates bei der Pleite von Lehman Brothers verschärfte die Krise weiter 26 27 4 Stilisierte Fakten Quelle: http://www.hotstocked.com/articles-img/small/northern_rock.gif 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 Der TED-Spread seit 2006 Der TED-Spread ist die Differenz zwischen dem LIBOR Zins und dem Zins für US-Staatsanleihen , jeweils mit dreimonatiger Laufzeit. Ein Anstieg signalisiert ein größeres Kreditausfallrisiko und führt zu restriktiverer Kreditvergabe der Geschäftsbanken. © Pearson Studium 2009 © Olivier Blanchard/Gerhard Illing: Makroökonomie 38 Starker Anstieg auch der Zinsen für Unternehmensanleihen Die Zinsen für Unternehmensanleihen selbst guter Bonität sind stark angestiegen 39 Unkonventionelle Maßnahmen der Geldpolitik I Trotz massiver Senkung des Leitzinses: viele Marktzinsen bleiben hoch 40 Unkonventionelle Maßnahmen der Geldpolitik II 41 42 US Geldmenge M0 (blau) und M2 (rot) 2500 9000 8000 2000 7000 in Mio US dollar 6000 1500 5000 4000 1000 3000 2000 500 1000 0 0 Jan Mrz Mai 06 06 06 Jul 06 Sep Nov Jan Mrz Mai 06 06 07 07 07 Jul 07 Sep Nov Jan Mrz Mai 07 07 08 08 08 Jul 08 Sep Nov Jan Mrz Mai 08 08 09 09 09 Jul 09 Sep Nov 09 09 43 Geldmultiplikator USA M2 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 Jan 06 Mrz 06 Mai Jul 06 Sep 06 06 Nov Jan 07 Mrz 06 07 Mai Jul 07 Sep 07 07 Nov Jan 08 Mrz 07 08 Mai Jul 08 Sep 08 08 Nov Jan 09 Mrz 08 09 Mai Jul 09 Sep 09 09 44 45 46 Zitiert nach: Krahnen, Jan Pieter (2004): Ökonomische Analyse von Verbriefungsstrategien. Vortrag im Arbeitskreis „Strategien und Controlling in Banken“ der Schmalenbach-Gesellschaft, Frankfurt am Main, 24. Oktober 2004. 47