SWR2 Wissen: Aula

Werbung
SÜDWESTRUNDFUNK
SWR2 AULA – Manuskriptdienst
Kepler 22e oder Gliese 581d
Auf der Suche nach Exoplaneten
Autorin und Rednerin: Dr. Lisa Kaltenegger *
Redaktion: Ralf Caspary
Sendung: Sonntag, 4. Mai 2014, 8.30 Uhr, SWR 2
___________________________________________________________________
Bitte beachten Sie:
Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt.
Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen
Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR.
Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Wissen/Aula
(Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr) sind beim SWR Mitschnittdienst in
Baden-Baden für 12,50 € erhältlich.
Bestellmöglichkeiten: 07221/929-26030
Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2?
Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen
Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen.
Mit dem Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen
Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert.
Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de
SWR2 Wissen/Aula können Sie auch als Live-Stream hören im SWR2
Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören:
http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml
Manuskripte für E-Book-Reader
E-Books, digitale Bücher, sind derzeit voll im Trend. Ab sofort gibt es auch die Manuskripte
von SWR2 Wissen/Aula als E-Books für mobile Endgeräte im sogenannten EPUB-Format.
Sie benötigen ein geeignetes Endgerät und eine entsprechende "App" oder Software zum
Lesen der Dokumente. Für das iPhone oder das iPad gibt es z.B. die kostenlose App
"iBooks", für die Android-Plattform den in der Basisversion kostenlosen Moon-Reader. Für
Webbrowser wie z.B. Firefox gibt es auch Addons oder Plugins zum Betrachten von EBooks.
http://www1.swr.de/epub/swr2/wissen.xml
___________________________________________________________________
2
Ansage:
Mit dem Thema: „Kappler 22b oder Gliese 581d Auf der Suche nach Exoplaneten“.
Dank neuer Technik und verstärkter Suche konnte die NASA in den letzten Monaten
715 Neuentdeckungen melden, damit erhöhte sich die Zahl der bekannten
Exoplaneten auf ungefähr 1700. Exoplaneten sind für Astrophysiker begehrte
Objekte, weil sie erdähnliche Strukturen aufweisen: Sie haben die Form der Planeten
in unserem Sonnensystem und kreisen in einem bestimmten Abstand um ihre Sonne.
Verständlich, dass man auf Exoplaneten auch nach außerirdischer Intelligenz suchen
könnte. Lisa Kaltenegger, Astrophysikerin am Heidelberger Max-Planck-Institut für
Astronomie, zeigt, warum Exoplaneten so faszinierend sind.
Lisa Kaltenegger:
Jetzt schauen wir uns erst mal die Umgebung an. Sie wissen, wir leben in der
Milchstraße, das ist unsere Galaxie. Die Milchstraße kann man nachts, wenn es ganz
dunkel ist, gut erkennen als weißes Band am Himmel. Dieses weiße Band sind
eigentlich Sterne, die so nahe beieinander stehen, dass Sie sie mit Ihrem Auge nicht
mehr auflösen können. Das heißt, dass sie so knapp nebeneinander stehen und es
so viele von ihnen gibt, dass Sie ein weißes Band sehen. Daher auch „Milchstraße“.
Wie viele Sterne gibt es nun in unserer Milchstraße? Es sind zwischen 100- bis 300
Milliarden Sterne. Das kann man sich natürlich schlecht vorstellen. Aber es gibt einen
schönen Vergleich: Wenn Sie im Urlaub sind und an einem Strand sitzen, schauen
Sie sich einmal um, schauen Sie sich die Sandkörner um Sie herum an und nehmen
Sie die alle zusammen. Und nicht nur die von Ihrem Strand, sondern von dem
daneben, von dem in Spanien, in Italien, von überall, von der ganzen Welt – nehmen
sie all die Sandkörner zusammen und schauen Sie sich an, wie viele das sind. Aber
das reicht noch nicht. Jetzt nehmen Sie noch alle Kieselsteine von der ganzen Welt,
die Sie finden können, und bauen sie neben dem Sandberg auf. Und dann haben Sie
so in etwa ein Gefühl dafür, wie viele Sterne es überhaupt da draußen im Universum
gibt. Das heißt, es ist eine wahnsinnige riesige Zahl, soviel Sterne wie Sandkörner
und Kieselsteine.
Unsere Sonne ist einer von diesen Sternen. Und alle Sterne, die Sie da draußen
sehen, sind andere Sonnen. Wenn das jetzt alles Sterne sind, andere Sonnen, sollte
es dort nicht auch andere Planeten geben? Und unter denen vielleicht einen wie
unsere Erde? Diese Frage haben sich schon die alten Griechen gestellt. Aber es gab
keine Instrumente, um zu messen, ob es wirklich andere Planeten da draußen gibt.
Ein anderer Vergleich: Nehmen wir unsere Sonne und schrumpfen die einfach mal
zusammen auf die Größe einer Grapefruit, dann wäre unsere kleine Erde im
Vergleich ungefähr so groß wie ein kleines Senfkorn. Das nächste Mal, wenn Sie in
die Küche gehen, legen Sie mal eine Grapefruit und ein Senfkorn nebeneinander.
Dann sehen Sie, wie viel schwerer es ist, ein Senfkorn da draußen zu finden als eine
Grapefruit. Der Vergleich hinkt natürlich. Aber Sie können die Erde 100 Mal
nebeneinander stellen, das gibt dann den Durchmesser der Sonne. Das heißt, wenn
Sie einen Stern am Nachthimmel sehen, eine andere Sonne, dann können Sie sich
SWR2 Aula vom 04.05.2014
Kepler 22e oder Gliese 581d – Auf der Suche nach Exoplaneten
Von Lisa Kaltenegger
3
vorstellen, wie viel lichtschwächer, wie viel kleiner so ein Planet wie unsere Erde ist
und wie viel schwerer so ein Planet zu finden ist.
Aber in letzter Zeit haben Sie vielleicht durch die Medien gehört: „Wir haben einen
anderen Planeten gefunden, und noch einen“. Wie geht denn das, wenn sie doch so
klein und lichtschwach sind? Ein Planet kreist um eine Sonne, weil die Gravitation ihn
in der Umlaufbahn hält. Gleichzeitig zieht aber auch der Planet an seinem Stern, an
seiner Sonne. Das kann man sich so vorstellen: Gehen Sie in den Park, sehen Sie
sich jemanden an, der mit einem Hund spazieren geht. Selbst wenn Sie den Hund
nicht sehen könnten, wenn es ein großer Hund ist, der wirklich irgendwohin will,
können Sie beobachten, wie der Mensch gezogen wird. Je kleiner der Hund ist und
je weniger Zugkraft er hat, desto schwerer wird es für Sie werden, herauszufinden,
ob da jetzt ein Hund zieht – sofern Sie den Hund nicht sehen. Genauso funktioniert
es, wenn wir andere Planeten um andere Sonnen finden. Wenn dieser Planet an
seinem Stern zieht, dann wackelt der Stern, weil er eine Ausgleichbewegung macht.
Das heißt, der Planet zieht in eine Richtung und der Stern lehnt sich zum Ausgleich
ein bisschen zurück. Und das kann man beobachten. Und zwar indem man das Licht
des Sternes anschaut. Sie erinnern sich an Ihre Schulzeit? Da hat es doch mal ein
Experiment gegeben mit weißem Licht und mit einem Prisma, und das Licht wird in
die ganz verschiedenen Farben gebrochen. Oder schauen Sie sich einen
Regenbogen an. Das ist einfach das Licht der Sonne, gebrochen durch einen
Tropfen Wasser in seine eigenen Farben. Das heißt, das weiße Licht wird in die
Farben gebrochen. Diese Farben haben jeweils eine gewisse Intensität, eine
gewisse Stärke. Die kann man messen. Man kann sagen, soviel Intensität kommt in
Rot vor, soviel in Blau usw., soviel Energie kommt von diesem Stern.
Der Stern hat zwar keine Luft wie wir sie kennen, aber er hat eine Atmosphäre aus
Chemikalien, die um diesen ganz heißen Stern herumschwirren als ganz dünne
Atmosphäre, und die blockieren einen Teil dieses Lichts. Sie erzeugen
Absorptionslinien, dunkle Linien im Spektrum. Wenn der Stern durch seine
Ausgleichsbewegungen wackelt, sich also von uns weg und dann wieder zu uns hin
bewegt, während der Planet ihn an sich heranzieht, sieht man sich diese
Absorptionslinien verschieben. Sie verschieben sich ins Rote, wenn der Stern von
uns weggeht, und ins Blaue, wenn der Stern auf uns zukommt. Das ist ein abstraktes
Konzept, aber bleiben Sie einfach mal stehen, wenn Sie spazieren gehen, und hören
Sie einem Auto zu, wenn es auf Sie zukommt und dann von Ihnen wegfährt. Bei der
Ambulanz hört man es auch sehr schön. Diese Tonverschiebung sagt Ihnen, ob die
Ambulanz auf sie zukommt oder von Ihnen wegfährt. Das ist die
Dopplerverschiebung. Das Gleiche funktioniert mit Licht, wie vorher erklärt, diese
Absorptionslinien werden verschoben.
Vielleicht haben Sie sich gefragt, warum wir wissen, dass das Universum sich
ausdehnt. Das ist genau der gleiche Trick: Weil alle Sterne und Galaxien ins Rote
verschoben sind. Wenn wir die Absorptionslinie, z. B. von Natrium, bei einem Stern
messen, sehen wir , dass sie ein bisschen mehr im Rötlichen liegt, als sie sein sollte.
Genau das sagt uns, dass der Stern oder die Galaxie, was immer Sie wollen, sich
von uns weg bewegt. Das heißt, diese Rot-Verschiebung im Universum sagt uns,
dass es sich ausdehnt.
SWR2 Aula vom 04.05.2014
Kepler 22e oder Gliese 581d – Auf der Suche nach Exoplaneten
Von Lisa Kaltenegger
4
Das ist mehr oder weniger der gleiche Effekt, den wir anwenden, um
herauszukriegen, ob sich ein Stern ein wenig bewegt, weil ein Planet an ihm zieht.
Und wie vorhin am Beispiel mit dem Hund gesagt, je größer und schwerer der Planet,
desto einfacher ist er zu finden. So erklärt sich auch, dass unter den inzwischen fast
2.000 Planeten, die wir um andere Sterne gefunden haben, viele und besonders die,
die wir zuerst gefunden haben, wahnsinnig schwer und massiv sind. Das waren
Gasplaneten, sogar größer und massiver als Jupiter. Aber jetzt gibt es größere
Teleskope. Ein Teleskop ist mehr oder weniger wie ein Eimer, der nicht Wasser,
sondern in diesem Fall Licht einsammelt, und je größer das Teleskop, desto mehr
Licht fängt es ein und desto kleinere Abweichungen oder Effekte, kleinere
Wackelbewegungen, in diesem Licht kann man finden. Mit den größeren Teleskopen
finden wir die kleineren Planeten. Aber darüber später noch mehr.
Eine zweite Methode, wie wir solche Planeten finden, sieht so aus: Wenn wir ständig
auf einen Stern, auf dieses heiße Objekt schauen, wird sich irgendwann der Planet
zufällig zwischen uns und seinen Stern schieben. Das heißt, Sie haben diese heiße
Sternenoberfläche, und für einen ganz kurzen Zeitraum deckt der Planet einen Teil
dieser heißen Sternenoberfläche ab. Das ist ein Transit. Dadurch wird der Stern
dunkler. Und so lässt sich erkennen, wie groß dieser Planet ist. Und wenn Sie sowohl
die Größe als auch die Masse kennen, können Sie herauskriegen, wie dicht dieser
Planet ist.
Die Frage ist, was man damit machen kann. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine
riesige kosmische Badewanne. Und dahin hinein werfen Sie die Erde. Sie können
das zuhause nachstellen, indem Sie eine Vase aus Glas nehmen und einen Stein
hineinwerfen. Der Stein – die Erde – sinkt. Wenn Sie jetzt aber Saturn nehmen – das
ist der große Gasplanet mit den Ringen – , der würde auf einer kosmischen
Badewanne oben schwimmen, weil die Dichte von Saturn, dieses Gasplaneten,
weniger dicht ist als Wasser. Deshalb sinkt er nicht. Das zeigt Ihnen, welche Vielfalt
von Welten es da draußen gibt.
Noch ein weiterer Vergleich, nur damit Sie ein Gefühl dafür bekommen, warum es so
spannend ist, diese anderen Welten zu finden. Wir haben gesagt, wir nehmen die
Sonne und schrumpfen sie auf die Größe einer Grapefruit. Jetzt gehen wir weiter und
schrumpfen sie weiter, bis sie so winzig ist wie ein Staubzuckerkügelchen. Unser
ganzes Sonnensystem wäre im Vergleich zu dem Staubzuckerkügelchen so groß wie
ein Keks.
Die Frage, die sich jetzt stellt, ist: Wo ist der nächste Stern in diesem
Größenvergleich? Man sagt zwar, vier Lichtjahre entfernt, aber eigentlich ist das nicht
wirklich vorstellbar. Schauen Sie sich Ihren Keks nochmal an. Wenn das unser
Sonnensystem ist, dann ist der nächste Stern überhaupt zwei Fußballfelder weit weg.
Das zeigt Ihnen die Distanzen im Universum. Und das ist noch nicht einmal das
Universum, wir sprechen ja nur vom nächsten Stern unserer eigene Galaxie. Am
Anfang habe ich gesagt, unsere Galaxie hat Milliarden von Sternen. Aber da draußen
gibt es noch Milliarden von Galaxien. Das heißt, es gibt wahnsinnig viele Sonnen.
Vorhin ging es um die Frage, wie viele von diesen Sonnen haben vielleicht andere
Planeten? Darauf gehe ich jetzt ein. Sie haben jetzt eine Ahnung davon, wie weit
andere Sterne von uns entfernt sind, und es wird noch ein bisschen dauern, bis wir
SWR2 Aula vom 04.05.2014
Kepler 22e oder Gliese 581d – Auf der Suche nach Exoplaneten
Von Lisa Kaltenegger
5
dorthin fliegen können. Aber was es so spannend macht ist, dass wir jetzt das Licht
der anderen Sonnen einfangen können und dadurch schauen können, ob es dort
Planeten, vielleicht sogar erdähnliche, gibt? Und im nächsten Schritt, darüber
sprechen wir gleich, kann man mit diesen Lichtanalysen auch herausfinden, ob es
auf diesen anderen Planeten vielleicht Leben gibt, ähnlich wie bei uns.
Gehen wir zurück zu den Fußballfeldern und den Sternen, dessen Licht bei uns
angekommen ist. Wir fangen jetzt dieses Licht ein von ganz vielen Sternen. Es gibt
eine NASA-Mission, die nennt sich Kepler. Sie ist 2009 gestartet, hat sich einen
Fleck am Himmel ausgesucht und über drei Jahre lang auf diesen Fleck gestarrt.
Damit es keinen dieser Transits verpasst, wenn sich so ein kleiner Planet zwischen
uns und seinen Stern schiebt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das passiert, liegt
ungefähr bei zehn Prozent. Und deshalb hat Kepler 150.000 Sterne gleichzeitig
beobachtet, um statistisch herauszukriegen, wie viele Planeten es da draußen gibt.
Die ersten Daten aus dieser Mission zeigen, dass es Planeten wie Sand am Meer
gibt.
Jeder zweite Stern, den Sie am Abendhimmel sehen können, hat, soweit wir wissen,
einen Planeten. Und jeder fünfte von denen hat einen, der im richtigen Abstand ist,
das heißt, nicht zu weit weg, dann wäre es zu kalt, und nicht zu nah, das wäre viel zu
heiß. Und auch nicht zu groß, so dass er potentiell ein Fels wie die Erde sein könnte.
Das heißt, jeder fünfte Stern hat potentiell einen Planeten, der ähnlich sein könnte
wie die Erde. Überlegen Sie sich das einmal! Das ist doch eine spannende
Entdeckung! Nach Tausenden von Jahren der philosophischen Überlegung, ob es
Planeten wie unseren geben könnte, hat man auf einmal herausgefunden, dass jeder
fünfte Stern so einen kleine Planeten wie unseren haben könnte und jeder zweite
überhaupt einen anderen Planeten hat.
Im Jahr 2018 kommt das Hubble-Teleskop runter und ein anderes, 6,5 Meter großes
Teleskop namens „James Webb Space Telescope“ wird in den Weltraum
geschossen. Das ist eine Kooperation zwischen der europäischen ESA und der
amerikanischen NASA. Und das ist das erste Teleskop, das groß genug sein wird,
um so viel Licht einzusammeln, dass wir das Licht von Planeten einfangen und uns
dadurch die Atmosphäre von Planeten anschauen können, um herauszufinden, ob
es dort diesen Lichtfingerabdruck für Leben gibt. So ein Abdruck ist eine Kombination
von Sauerstoff mit einem reduzierenden Gas, das heißt, mit einem Gas, das mit
Sauerstoff reagiert. Und was wir noch brauchen, ist Wasser. Weil alles Leben, das
wir auf der Erde kennen, basiert auf Wasser. Das heißt, diese drei Gase, Sauerstoff,
Wasserstoff und das reduzierende Gas, sind die Gase, nach denen wir Ausschau
halten, sobald wir ein Teleskop haben, das groß genug ist, um genau dieses Licht
von unserem kleinen Planeten einzufangen.
Wie macht man das? Stellen Sie sich vor, dieser Planet schiebt sich vor seinen
Stern. Während das passiert, wird ein Teil des Sternenlichts durch diese PlanetenAtmosphäre gefiltert. Und genau so erkennen Sie dann: das ist jetzt das Licht vom
Stern, jetzt schiebt sich der Planet davor und jetzt fehlt mir Energie im Licht des
Sterns. Das heißt, im Roten ist es jetzt ein bisschen dunkler als vorher. Oder im
Blauen ist es ein bisschen dunkler als vorher. Und diese Energie fehlt mir, weil das
Licht des Sterns in der Atmosphäre vom Planeten verschiedene Moleküle, z. B.
Wasser oder Sauerstoff, zum Schwingen angeregt hat oder zum Rotieren oder
SWR2 Aula vom 04.05.2014
Kepler 22e oder Gliese 581d – Auf der Suche nach Exoplaneten
Von Lisa Kaltenegger
6
einfach ein Elektron auf eine andere Schale gehoben hat. Das kennen Sie ja auch
noch aus dem Physik-Unterricht. Generell kann man aber einfach sagen, Energie
geht in die Moleküle, in die Luft dieses Planeten anstatt es bis zu uns zu schaffen.
Das heißt, wenn dort keine Atmosphäre wäre, würde das Sternenlicht einfach
blockiert werden von dem felsigen Teil des Sterns, da sehen wir nichts, aber das
andere Sternenlicht kommt ungefiltert bis zu uns. Wenn der Planet jetzt aber eine
Atmosphäre hat, dann wird ein Teil dieses Sternenlichts durch die Atmosphäre mit
gefiltert, und so kann ich über Lichtjahre hinweg, über kosmische Fußballfelder
hinweg die Atmosphäre oder die Luft eines anderen Planeten messen,
charakterisieren.
Ich würde Ihnen wahnsinnig gerne sagen, dass wir schon wüssten, welche Planeten
diese Spuren zeigen. Aber wir müssen noch ein klein wenig warten, um Teleskope
zu kriegen, die so viel Licht einfangen können.
Wir können schon jetzt etwas ganz Wichtiges tun. Wir wissen, wie die Erde heute
aussieht. Es gibt ein wunderschönes Bild von Carl Sagan, der sich die Erde mit der
Voyager 1-Mission angeschaut hat. Die Voyager 1-Mission ist zum Saturn geflogen
und dann weiter zum Rand unseres Sonnensystems. Aber vorher hat sie noch eine
Aufnahme von unserer Erde gemacht. Das ist einfach nur ein kleiner weißer Punkt
auf einem ganz dunklen Hintergrund. So sieht unser Planet aus.
Natürlich, wenn sich der Planet nicht vor den Stern schiebt und wir den Planet sehen,
können wir das Licht vom Planeten auch so auffangen. Das heißt, er muss sich nicht
vor den Stern schieben, damit das geht. Es ist einfach nur eine andere Methode. Und
wieder können wir uns diesen spektralen Fingerabdruck, diesen Lichtfingerabdruck
des Lebens anschauen und versuchen, ihn dort zu finden.
Da müssen Sie jetzt noch warten, und wie gesagt, es wird sehr spannend. Es sind
noch ca. fünf Jahre, bis wir hoffentlich die ersten Signale finden. Was ich Ihnen zum
Schluss noch mitgeben möchte, ist die Vielfalt dieser Welten da draußen, die wir bis
jetzt schon entdeckt haben. Ob die ganzen unbekannten Planeten wirklich Leben
haben, können wir noch nicht feststellen, weil wir das Licht noch nicht einfangen
können. Aber ich kann Ihnen ein kleines Gefühl dafür geben, welche Vielfalt von
Planeten wir schon gefunden haben. Die ersten Planeten, die wir gefunden haben,
die felsartig waren, waren wahnsinnig heiß. Das ist deshalb, wenn Sie einen
Planeten suchen, der sich vor einen Stern schiebt, wenn der nur zehn Tage braucht,
um seinen Stern zu umrunden, brauchen Sie nur zehn Tage dorthin schauen und
finden ihn. Wenn er wie die Erde ein Jahr braucht, müssen Sie sich diesen Stern
ununterbrochen ein Jahr anschauen. Das heißt, die ersten kleinen Planeten, die wir
da draußen gefunden haben, sind wahnsinnig heiß. Lava-Planeten. Aber mit jedem
Monat, mit jedem Jahr findet man Planeten, die weiter und weiter draußen sind.
Gerade hatten wir diese Kepüpler-62-Planeten gefunden, die ersten zwei Planeten,
die klein genug sind, dass sie Felsen sein könnten und im richtigen Abstand, dass es
dort nicht zu heiß und nicht zu kalt ist, dass sie potentiell die ersten beiden Welten
sein könnten, die so ähnlich sind wie unsere.
*****
SWR2 Aula vom 04.05.2014
Kepler 22e oder Gliese 581d – Auf der Suche nach Exoplaneten
Von Lisa Kaltenegger
7
* Lisa Kaltenegger ist Astrophysikerin und arbeitet am Heidelberger Max-PlanckInstitut für Astronomie und am Harvard Smithsonian Center for Astrophysics in
Boston, USA.
SWR2 Aula vom 04.05.2014
Kepler 22e oder Gliese 581d – Auf der Suche nach Exoplaneten
Von Lisa Kaltenegger
Herunterladen