FLIP EINFÜHRUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm FLIP Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Das Familienzentrierte Linzer Interventionsprogramm (FLIP) wurde für Familien mit Kindern mit Hörbehinderung entworfen. Die vorliegenden Elternunterlagen sollen Hilfe und Unterstützung zu einem selbstbestimmten Umgang mit der Behinderung geben. Einführung Die familienzentrierte Therapie hörbehinderter Kinder wurde 2008/09 vom Frühtherapieteam des Pädoaudiologischen Beratungs- und Therapiezentrums des Instituts für Sinnes- und Sprachneurologie (Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Linz), in Anlehnung an das erfolgreiche CHIP Programm in den USA (Colorado Home Intervention Program), entwickelt. Ziel ist es, mit den Eltern gemeinsam eine hohe Kommunikationskompetenz mit ihrem hörbehinderten Kind zu entwickeln. Das interdisziplinäre Team des Pädoaudiologischen Beratungs- und Therapiezentrum soll begleiten, unterstützen und die Familie fachlich kompetent machen. Das Programm wird für Familien mit hörbehinderten Säuglingen und Kleinkindern angeboten. Es ist familienzentriert, d.h. die frühe Intervention findet zu Hause in gewohnter Umgebung statt. Die Familie steht also im Mittelpunkt des Programms. Eltern sind die besten Förderer ihrer Kinder, wenn sie fachlich beraten und unterstützt werden. Die FLIP-Therapeutin, die die Familie besucht, entwirft mit der Familie ein individuelles Programm, das den Bedürfnissen und den Möglichkeiten der Familie entspricht. Das Förderprogramm startet möglichst unmittelbar nach der Diagnosestellung. Ziel ist ein Erstkontakt zwischen Eltern und der Frühtherapeutin innerhalb von 48 Stunden nach der Diagnoseeröffnung „Ihr Kind ist hörbehindert“. Studien des Home Intervention Programs in Colorado bestätigen die Wichtigkeit der sehr frühen Intervention. Fördermaßen, die vor dem 6. Lebensmonat eingeleitet werden, ermöglichen eine weitaus bessere sprachliche Entwicklung als spätere Interventionen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 1 FLIP EINFÜHRUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Die kurze Zeit, die uns für einen möglichst natürlichen Spracherwerb zur Verfügung steht, muss unbedingt effizient genutzt werden. Diese Phase ist somit entscheidend für die spätere Schul- und Berufswahl. Aber auch das Gelingen der Integration ist abhängig von einer guten Kommunikationsfähigkeit des hörbehinderten Kindes. FLIP beinhaltet folgende Bausteine: Logopädische, familienzentrierte Unterstützung in der Ver- Intervention zu Hause, wendung von Hörhilfen d.h. mit Ziel der Befähigung der Eltern zu optimaler Kommunikation mit ihrem Kind Unterstützung und Orientie- FLIP rung im Netzwerk „Hörbehinderung“: Diagnosegeleitete Förderung, angepasst an die besonderen Elternselbsthilfegruppe, Akustiker, HNO-Abteilungen, Kindergärten, Schulen, Sonder-pädagogisches Zentrum... Bedürfnisse Ihres Kindes Beobachtungen der Eltern Beobachtungen der Therapeutin Audiologische/audiometrische Diagnostik Psycholinguistische Diagnostik Entwicklungsneurologische Diagnostik je nach Bedarf Ergotherapeutische Maßnahmen Psychologische Beratung und Betreuung von Eltern und Kind Gebärdentraining mit einer Assistentin für Visuelle Kommunikation (Native Speaker der Gebärdensprache) Kontakt mit gehörlosen Erwachsenen Hilfe und Unterstützung in sozialen Fragen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 2 FLIP EINFÜHRUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Erwartungen und Verpflichtungen Die Familie und die Therapeutinnen gehen eine Partnerschaft ein. Um eine gute Partnerschaft leben zu können, gibt es für beide Seiten Verantwortungen und Pflichten. Die FLIP-Koordinatorin ist verantwortlich für: Die Aufnahme der Familie in das Förderprogramm Fachlichen Austausch mit der Therapeutin Besondere Fragestellungen oder Beschwerden der Familien Die FLIP- Therapeutin ist verantwortlich für: Die Anleitung der Eltern zur Förderung des Kindes Umfassende Wissensvermittlung an die Eltern Die Dokumentation der Entwicklung des Kindes Die Organisation der erforderlichen Abklärungen und Entwicklungskontrollen Hilfe bei der Kontaktnahme mit Betroffenen Die Familie ist verantwortlich für: Mitarbeit und Umsetzung des Programms Teilnahme an allen Untersuchungen Ihr Flip-Therapeuten-Team Verlässliche Absage der Therapie bei Krankheit (möglichst mindestens 24 Stunden vorher) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 3 FLIP EINFÜHRUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Ihr Expertenteam Sie werden vorerst ein großes Team von Experten benötigen, um eine möglichst große Unterstützung für sich und ihr Kind zu bekommen. Entscheiden Sie sich für Ärzte, Audiologen/Audiometristen, Akustiker und Therapeuten, die Erfahrung mit Hörstörungen und im Speziellen Erfahrungen mit Säuglingen und Kleinkindern haben. Sie sollen das Gefühl vermittelt bekommen, vertrauensvoll angenommen und beraten zu werden. Sie, als Eltern, sollen aktiv Entscheidungen für Ihr Kind treffen dürfen. Ihre Meinung ist wichtig und muss akzeptiert werden. Da Sie von einigen Experten über eine längere Zeit begleitet werden, ist es wichtig, eine gute offene Gesprächsbasis zu finden. Wenn Ihr Kind älter wird und sich weiterentwickelt, wird sich auch das Team um ihre Familie ändern. Manche Experten werden nicht mehr gebraucht, andere werden dazukommen. Für die Entwicklung Ihres Kindes ist es wichtig, dass Sie den Teammitgliedern Vertrauen entgegenbringen. Wenn das nicht der Fall ist, bitten wir Sie um Rückmeldung, um eine gemeinsame Lösung des Problems zu suchen. Mit welchen Berufsgruppen werden sie Kontakt haben? FLIP-Therapeutin/Logopädin Sie fördert und unterstützt die Familie auf dem Weg zur erfolgreichen Kommunikation. Sie gibt Anleitungen und Tipps für den Spracherwerb und die Kommunikation, die Hörentwicklung und die Verwendung von Hörhilfen oder auch Hilfestellung für die richtige Nahrungsaufnahme. FLIP- Koordinatorin Hier erfolgt die Aufnahme in unserem Institut. Die Koordinatorin ist Anlaufstelle für alle Fragen, aber auch für Beschwerden. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 4 FLIP EINFÜHRUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Assistentin für visuelle Kommunikation In unserem Pogramm hat Kommunikation einen sehr hohen Stellenwert. Deshalb steht Ihnen auch eine Muttersprachlerin der Gebärdensprache für Hausbesuche oder im Zentrum Bischofstraße zur Verfügung. Unser „Native Speaker“ lehrt Sie Sprachstrategien, und die Umsetzung dieser Strategien in den Alltag, damit Kommunikation von Anfang an gelingt. Audiologin Die Audiologin führt Hörtests durch und überprüft die Hörhilfen auf ihre Effizienz. Wenden Sie sich nur an eine Audiologin/einen Audiologen, der Erfahrung mit dem Umgang mit Babies und Kleinkindern hat. An den CI- Zentren führt die Audiologin/der Audiologe auch die Sprachprozessoranpassung nach Cochlear- implantationen durch. HNO-Arzt Der HNO Arzt bestätigt den Hörverlust, nachdem er verschiedene Hörtestungen durchgeführt hat. Er empfiehlt und verschreibt die erforderlichen Hörhilfen. Regelmäßige HNO-fachärztliche Kontrollen sind außerdem wichtig, um Veränderungen des Hörvermögens und Schallleitungsprobleme (im Mittelohr) rasch zu erkennen und gegebenenfalls zu beheben (z.B. durch die Entfernung von Ohrenschmalz). Klinischer Linguist Klinische Linguisten führen Untersuchungen des Sprachentwicklungsstandes sowie der Sprach- und Hörverarbeitung Ihres Kindes durch, um so die Fördermaßnahmen optimal an die Voraussetzungen Ihres Kindes anpassen zu können. Entwicklungsneurologe/Neuropädiater Entwicklungsneurologen führen Kontrollen der Lern- und Denkentwicklung, der motorischen Fertigkeiten und der psychischen und sozialen Befindlichkeit Ihres Kindes durch. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 5 FLIP EINFÜHRUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Wichtig ist, dass Ihre Familie von Experten betreut wird, die mit Hörbehinderung und den Folgen derselben gut vertraut sind. Dies gilt auch für Physiotheraupeutinnen und Physiotherapeuten oder Ergotherapeutinnen und - therapeuten. Ihr Expertenteam - Kontakte Um sich möglichst oft und genau austauschen zu können sind die folgenden Kontakte sehr hilfreich. Institut für Sinnes- und Sprachneurologie Adresse: Bischofstraße 11 Telnr. 0732 7897 24900 E-mail: [email protected] Fax: 0732 7897 24979 Erreichbarkeit: Mo – Do 8.00-18.30 Uhr, Fr 8.00-13.00 Uhr FLIP Therapeutin ______________________________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ Audiologin/Audiologe ____________________________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 6 FLIP EINFÜHRUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Akustiker ______________________________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ Assistentin/Assistent für visuelle Kommunikation ___________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ Klinische Linguistin/Klinischer Linguist ____________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ HNO Fachärztin/Facharzt ________________________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 7 FLIP EINFÜHRUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Sonstige ______________________________________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ Sonstige ______________________________________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ Sonstige ______________________________________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ Sonstige ______________________________________________________________ Adresse ______________________________________________________________ Telnr. ______________________________________________________________ E-mail ______________________________________________________________ Erreichbarkeit: ______________________________________________________ FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 8 FLIP HÖREN Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Das Hören Das folgende Kapitel gibt Ihnen wichtige Information über gesundes und beeinträchtigtes Hören, über verschiedene Verfahren der Hörtestung und schließlich über technische Hörhilfen. Wussten Sie, dass von tausend Neugeborenen zwei bis drei Babys unter einem Hörverlust leiden? Eine Diagnose mit Konsequenzen, denn das Hörvermögen ist enorm wichtig für die gesunde Entwicklung Ihres Kindes. Ein Blick auf die Funktionsweise des Ohrs erklärt besser, wie es zu einem Hörverlust kommen kann. Wie hören wir? Das Ohr Das menschliche Ohr besteht aus drei Bereichen: dem Außen-, Mittel- und Innenohr. Der ankommende Schall wird im Außen-ohrbereich von der Ohrmuschel gesammelt und über den äußeren Gehörgang ins Mittelohr geleitet. Erreicht der Schall das Trommelfell, eine flexible, runde Membran, beginnt diese zu vibrieren. Die Bewegungen des Trommelfells schicken den Schall ins Mittelohr weiter, das mit Luft gefüllt ist. Dort befinden sich die kleinsten Knochen des menschlichen Körpers: Hammer, Amboss und Steigbügel. Sie bilden die sogenannte Gehörknöchelchenkette. Diese wandelt Schallwellen in mechanische Energie um, die durch das sogenannte “ovale Fenster” ins Innenohr geleitet werden. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz 9 FLIP HÖREN Der Hörvorgang - Wie unsere Ohren hören! Was ist ein Geräusch? Geräusche sind überall um uns herum. Menschen machen Geräusche. Tiere machen Geräusche. Es gibt überall Geräusche. Geräusche sind innerhalb von Häusern und auf Straßen und Feldern. Geräusche bewegen sich, wir können sie aber nicht sehen. Sie bewegen sich durch die Luft wie der Wind. Sie bewegen sich auf und ab. Sie bewegen sich wie eine Welle. Deine Ohren bestehen aus vielen Teilen. Die Ohrmuscheln kannst du sehen. Was aber passiert mit den Geräuschen, den Stimmen und Musik, nachdem sie in Deinen Ohren angekommen sind? Wie dein Ohr funktioniert! Jemand ruft „Hallo“! Die Welle mit dem Wort „Hallo“ bewegt sich zu Deinen Ohren. Sie fliegt mitten in die Löcher im Ohr und wandert dann einen Tunnel, den Gehörgang, entlang. Das Ende des Gehörgangs ist verschlossen und zwar durch das Trommelfell. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 10 FLIP HÖREN Das Trommelfell ist über das Ende dieses Tunnels gespannt. Wenn die Welle am Trommelfell ankommt, bewegt sich das Trommelfell wie ein Trampolin, auf und ab. (Bild) Auf der anderen Seite des Trommelfells sind ganz kleine Knöchelchen – die Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel. Diese kleinen Knöchelchen sind mit dem Trommelfell verbunden. Sie bewegen sich auch hin und her und helfen dabei mit, die Wellen weiterzutragen. Der unsichtbare Teil Deiner Ohren ist etwas ganz Besonderes. Dieser lässt Dich die Geräusche hören. Dieser Teil nennt sich Cochlea. Cochlea ist ein griechisches Wort. Es bedeutet Schnecke. Diese Cochlea in unseren Ohren sieht aus wie ein winziges Schneckenhaus. Sie ist so klein wie eine Erbse. Wie funktioniert nun die Cochlea? Die Cochlea hat drei Tunnel – einen oberen, einen mittleren und einen unteren. Hier siehst du eine Vergrößerung des mittleren Tunnels. In ihm kommen die Geräusche an. Du siehst viele kleine Haare. Jedes einzelne Haar ist mit dem Hörnerv verbunden. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 11 FLIP HÖREN In unserem Beispiel schlängelt sich die Welle für das Wort „Hallo“ durch den Wald der kleinen Haare. Dabei beugen sich einige der kleinen Härchen – manche sehr stark und andere nur ganz sanft. Bei anderen Wörtern werden wieder andere Härchen berührt. Die Bewegungen der kleinen Haare werden an den Hörnerv weitergeleitet. Wie auf einer Autobahn gelangt das Wort „Hallo“ nun blitzschnell zu Deinem Gehirn. Dein Gehirn sagt Dir dann, dass Du etwas hörst: nämlich, dass jemand „Hallo“ zu Dir gesagt hat. Die Entwicklung des Hörsinns Schon im Mutterleib nimmt ein Kind Klänge von außen wahr. Ab der 24. Schwangerschaftswoche reagiert es bereits auf das, was es hört. Die Reifung und Ausdifferenzierung der Hörbahnen erfolgt jedoch erst nach der Geburt und wird durch akustische Reize angeregt. Spielerischer Spracherwerb Für die Sprachentwicklung eines Kindes ist es enorm wichtig, dass es akustische Signale wahrnimmt. Kultur- und sprachübergreifend weisen Kinder in der ersten Spracherwerbsphase – der sogenannten Babbel- oder Lallphase – die gleichen phonetischen Lautbildungsmuster auf. Im Alter von vier bis sechs Monaten nimmt der Hörsinn aktiv Einfluss auf die Sprachentwicklung. Im sechsten Monat nach der Geburt beginnt normalerweise die zweite Stufe der Lallphase. Fängt ein Kind in diesem Alter nicht an, mit Lauten zu experimentieren und erste Silben zu artikulieren, könnte ein Hördefekt vorliegen. Hierin liegt die Gefahr: Selbst mit nur einer leichten Hörminderung FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 12 FLIP HÖREN könnte ein Kind schnell die Neugier verlieren, unterschiedliche Laute auszuprobieren und sich der Sprache spielend zu nähern. Die spielerische Annährung an seine Ausdrucksformen und somit seine sprachliche Entwicklung wären enorm eingeschränkt. Die Entdeckung der Welt Doch nicht nur der Spracherwerb, sondern auch die geistige und persönliche Entwicklung eines Kindes hängen maßgeblich von seiner Hörfähigkeit ab. Von Geburt an sprechen Eltern mit ihren Kindern. Ihre Stimme vermittelt Sicherheit und Wärme. Noch bevor ein Kind lernt, selbst zu sprechen, kann es genau unterscheiden, ob es ermahnt, gelobt oder zu etwas ermuntert wird, weil es den Tonfall seiner Eltern zu interpretieren lernt. Die Entdeckung der Welt vollzieht sich für ein Kind hauptsächlich über den Hörsinn. Denn seine Fähigkeit zu sprechen und sich mit anderen auszutauschen, hängt von seiner Hörfähigkeit ab. Daher ist es besonders wichtig, Hördefekte frühzeitig zu erkennen und behandeln zu lassen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 13 FLIP HÖREN Akustisches Verhalten von normalhörenden Säuglingen und Kleinkindern: Alter in zu erwartende Reaktion Monaten Wahrnehmungsschwelle in dB HL Geburt – 3 Monate Das ruhig schlafende Baby wacht durch plötzliche Geräusche auf. Die Stimmen der Eltern besänftigen und beruhigen es wieder. Es gibt gurgelnde, gurrende und lachende Laute von sich. 70-80 dB 3-6 Monate Das Kind bewegt die Augen und dreht den Kopf, um zu sehen, woher die Klänge stammen, die es hört. Es reagiert auf die Stimmen seiner Eltern und gibt eine Reihe von Lalllauten von sich. Es imitiert erste Laute wie „oh“ und „ba-ba“ und verändert die Tonhöhe der Stimme. Spielzeuge, die Geräusche machen, sind jetzt besonders interessant. Gleichzeitig beginnt das Kind, seine Umgebung und andere Menschen wahrzunehmen. 40-60 dB 6-10 Monate Das Kind dreht sich selbständig und versucht, Schallquellen außerhalb seiner Sichtweite zu entdecken. Es reagiert auf seinen Namen, das Telefonklingeln und sobald es Stimmen – selbst in lauter Umgebung - hört. Es versteht das Wort „nein“ und andere häufig benutzte Wörter. Das Kind macht Töne mit steigender oder fallender Modulation und lauscht, wenn es Musik oder Gesang hört. 30-40 dB 10-15 Monate Das Kind kann eine hinter ihm befindliche Geräuschquelle finden und reagiert jetzt auch auf entfernte Geräusche. Es imitiert einfache Laute und Wörter, kann eine Vielzahl unterschiedlicher Töne (auch Vokale und Konsonanten) machen und reagiert durch Geplapper, wenn es angesprochen wird. Nach Aufforderung zeigt es auf Gegenstände oder Personen und kann sich Wissen auch passiv aneignen, d.h. durch Zuschauen oder Nachmachen von Dingen, die nicht direkt mit ihm zu tun haben. 20-30 dB 15-18 Monate Das Kind hört aktiv zu und reagiert, wenn es aus einem anderen Zimmer gerufen wird. Seine Stimme klingt normal, und es beginnt, erste Worte zu formen. Das Kleinkind kann einfachen Anweisungen oder Hinweisen durch Deuten, gezieltes Blicken oder taktile Hilfe folgen. Es erkennt Körperteile oder Spielsachen, wenn man es danach fragt, und zeigt darauf. Wenn es Musik hört, wippt es dazu und wiederholt ihm vorgesprochene Wörter. 10-20 dB FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 14 FLIP HÖREN Ursachen einer kindlichen Hörstörung Ist der Hörsinn ihres Kindes beeinträchtigt, versuchen Eltern sofort herauszubekommen, welche Ursachen dafür verantwortlich sein könnten. Hierfür gibt es eine Vielzahl von Gründen. Die Hauptursachen sind Risikoschwangerschaften, verschiedene Infektionskrankheiten, die Einnahme von bestimmten Medikamenten oder der Missbrauch von Alkohol oder Drogen während der Schwangerschaft. Erberkrankungen und frühkindliche Hirnhautentzündung können ebenso mögliche Ursachen für eine Hörstörung sein. Risikofaktoren, die vor oder kurz nach der Geburt eine Rolle spielen können: o Geburtsgewicht unter 1.500 g und/oder Geburt vor der 32. Schwangerschaftswoche o Sauerstoffmangel oder Atemstillstand o Verordnung von ototoxischen Medikamenten, also solchen, die das Innenohr und/oder die zugehörigen Hirnnerven schädigen (Schleifendiuretica, Aminoglycoside) o Mechanische Geburtsschäden Bei rund 50% der Kinder mit einer Hörstörung tritt diese erst nach der Geburt auf. Zum Beispiel: o bei Säuglingen und Kleinkindern, die an bakterieller Meningitis oder Encephalitis erkrankt sind o nach einer schweren Masern- oder Mumpserkrankung o nach Unfällen o infolge einer Chemotherapie o nach chronischen Ohrentzündungen o bei Kindern, die an bestimmten Syndromen erkrankt sind (z.B. MoebiusSyndrom, Anthrogryposis multiplex u.a.) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 15 FLIP HÖREN An eine mögliche Hörschädigung sollte man außerdem denken bei Kindern: o mit schwachen bis schwerwiegenden Mittelohrmissbildungen (z.B. Franceschetti-Syndrom) o mit zerebralen Bewegungsstörungen o die keine Sprachentwicklung zeigen oder deren Sprachentwicklung ins Stocken geraten ist o die verhaltensauffällig werden, indem sie z.B. sehr laut, aggressiv oder vollkommen still sind Diagnose Neugeborenen-Hörscreening (NHS) Ein bis zwei von 1.000 Neugeborenen kommen mit Hörverlust auf die Welt. Da ein gesundes Gehör entscheidend für die geistige, emotionale und soziale Entwicklung von Kindern ist, sollte ein angeborener Hörverlust so früh wie möglich diagnostiziert werden. Das Neugeborenen-Hörscreening (NHS) wird in der Regel einige Tage nach der Geburt durchgeführt, bevor Mutter und Kind das Krankenhaus verlassen. Es nimmt nur wenige Minuten in Anspruch und kann durchgeführt werden, während Ihr Kind schläft oder still liegt. Zum NHS gehört in der Regel die Messung otoakustischer Emissionen (OAE). Die technischen Geräte, die beim Screening benötigt werden, arbeiten vollautomatisch und können selbst von Laien bedient werden. Ein weiterer Vorteil: Die Testergebnisse liegen direkt nach der Messung vor. Einige grundlegende Dinge muss man wissen, um die Ergebnisse interpretieren zu können. Wenn Sie ein normales Testergebnis erhalten haben: Die äußeren Haarsinneszellen und die Gehörgänge funktionieren normal. Das NHS gibt jedoch keinen Aufschluss über die Funktionalität des Hörnervs und die Verarbeitung von Schallsignalen im Gehirn. Allerdings treten Störungen in diesen Bereichen äußerst selten und in der Regel in Zusammenhang mit anderen Erkrankungen auf. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 16 FLIP HÖREN Wenn Sie ein Testergebnis erhalten haben, das von den Normwerten abweicht: Wenn das Testergebnis Ihres Kindes Abweichungen von den üblichen Normwerten aufweist, kann das ein Hinweis auf einen möglichen Hördefekt sein. Es gibt jedoch eine Reihe von anderen Ursachen, die ebenfalls dafür verantwortlich sein könnten. Wurde der Test zum Beispiel in den ersten drei Lebenstagen gemacht, könnte sich noch Gebärmuttergewebe oder Fruchtwasser im Gehörgang Ihres Kindes befinden. Vielleicht war aber auch die Testumgebung nicht ausreichend ruhig. In jedem Fall sollten Sie die Ergebnisse sehr ernst nehmen und sich mit Ihrem Baby in zwei bis drei Wochen zu einem zweiten Screening einfinden. Wenn auch dieser Test Abweichungen von der Norm zeigt, müssen Sie einen Facharzt für Pädaudiologie, also einen Hals-Nasen-Ohren-Facharzt für Kinder, hinzuziehen, um weitere Hörtests zu machen. In vielen Industrieländern wird das Hörvermögen von Kindern erneut bei den kinderärztlichen Vorsorgeuntersuchungen überprüft. Sollten Sie als Elternteil oder Betreuer/-in dennoch den Eindruck haben, dass Ihr Kind unter Hörverlust leidet, verlieren Sie keine Zeit, einen Facharzt für Pädaudiologie oder eine pädaudiologische Klinik aufzusuchen, um eine zuverlässige Diagnose stellen zu lassen. Eine schnelle Reaktion kann entscheidend sein: Je eher ein Hörverlust behandelt wird, desto besser wird Ihr Kind damit leben und durch medizinische und technische Maßnahmen ein erfülltes und sorgenfreies Leben führen. Audiometrieverfahren Wie lässt sich erkennen, inwieweit und wie stark ein Kind von einer Hörschädigung betroffen ist? Die grundsätzliche Herausforderung für den behandelnden Kinderarzt liegt darin, dass Säuglinge und Kleinkinder nicht so auf konventionelle Testverfahren reagieren können wie Erwachsene. Es gibt dennoch verschiedene Methoden, um zu überprüfen, wo die Hörschwelle Ihres Kindes liegt und wie stark es unter einem Hördefekt leidet. Einige dieser Tests können durchgeführt werden, während Ihr Kind schläft. Die fachärztliche Betreuung stellt in jedem Falle sicher, dass keines der angewandten Verfahren für Ihr Kind unangenehm ist. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 17 FLIP HÖREN Das Testverfahren zur Überprüfung der Hörfähigkeit wird Audiometrie genannt. Man unterscheidet subjektive, also solche, bei denen die Beteiligung Ihres Kindes vonnöten ist, von objektiven, also eher medizinisch-technischen Messverfahren. Zu den subjektiven Verfahren zählen: Reflexaudiometrie Visuelle Verstärkungsaudiometrie (VRA) Spielaudiometrie Tonaudiometrie Sprachaudiometrie Zu den objektiven Verfahren zählen: Tympanometrie Messung otoakustischer Emissionen (OAE) Hirnstammaudiometrie (BERA) In der Regel werden Verfahren aus beiden Gruppen miteinander kombiniert, um eine möglichst zuverlässige Aussage über den Schweregrad der Hörschädigung treffen zu können. Subjektive Audiometrie-Verfahren Reflexaudiometrie Die Reflexaudiometrie macht sich die frühkindlichen (neonatalen) Reflexe von Neugeborenen und Säuglingen zunutze, die sie acht bis 16 Wochen nach der Geburt wieder verlieren. Die normale Hörschwelle von neugeborenen Kindern liegt bei rund 80 dB HL. Während des Tests werden den Kleinkindern kurze, laute Geräusche vorgespielt. Der Tester überprüft dabei, ob das Kind das übliche Reflex-Verhalten zeigt. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 18 FLIP HÖREN Visuelle Verstärkungsaudiometrie (VRA) Auf den russischen Mediziner Pavlov geht das Prinzip der klassischen Konditionierung zurück, das für dieses Testverfahren grundlegend ist. Bei der VRA wird die Reaktion Ihres Kindes auf ein Geräusch durch ein visuelles Signal verstärkt. Beispielsweise wird ihm eine Puppe aus der Richtung gezeigt, aus der ein Ton zu hören ist. Spielaudiometrie Sobald die Kinder das Alter von zwei Jahren und älter erreicht haben, können sie aktiver an den Testverfahren beteiligt werden. Die Spielaudiometrie lässt Ihr Kind den Test als spielerische Situation erleben. Beispielsweise wird es aufgefordert, für jeden Ton oder Klang, den es hört, z.B. ein Bauklötzchen in einen Korb zu werfen. Der Test kann individuell an Ihr Kind angepasst werden: Je nachdem, wie alt und groß es ist und wie es auf Kopfhörer reagiert, können die Testgeräusche über Lautsprecher oder Kopfhörer eingespielt werden. Bei Lautsprechern verkürzt sich die Testzeit naturgemäß, da beide Ohren gleichzeitig getestet werden. Bedenken Sie jedoch: Das Testergebnis ist dafür weniger genau und gibt nicht darüber Aufschluss, inwieweit sich die Hörschwelle Ihres Kindes auf beiden Ohren unterscheidet. Tonaudiometrie Dieses Testverfahren eignet sich für Kinder ab dem Alter von vier bis fünf Jahren. Die Tonaudiometrie ist ein grundlegendes Hörtestverfahren, mit dem Art und Grad eines Hördefekts festgestellt werden können. In der Regel bilden ihre Ergebnisse die Basis für die fachärztliche Diagnose und die weitere Behandlung. Das Verfahren ist einfach und effektiv: Zunächst werden Ihrem Kind über normale Kopfhörer - also über den Luftleitungsweg - Töne vorgespielt, und es soll die Hand heben, sobald es einen Ton hört. Auf diese Weise lässt sich die Hörschwelle für unterschiedliche Tonfrequenzen bestimmen. Danach wird mit dem gleichen Prinzip die Knochenleitung im Ohr mithilfe von Knochenleitungskopfhörern getestet. Dieses zweite Verfahren lässt erkennen, ob es sich bei dem diagnostizierten Hördefekt um eine Schallleitungsschwerhörigkeit (konduktiver Hörverlust) oder einen sensorineuralen Hörverlust handelt. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 19 FLIP HÖREN Sprachaudiometrie Die oben beschriebenen Verfahren werden eingesetzt, um die Hörschwelle Ihres Kindes zu bestimmen. Mithilfe der Sprachaudiometrie, bei der Wörter und Sätze zum Testen benutzt werden, wird speziell die Hörschwelle für Sprachsignale ermittelt. Dieses Verfahren hilft, die bislang gestellte Diagnose zu überprüfen, unterschiedliche Hörsysteme miteinander zu vergleichen und die Anpassung der Hörsysteme zu kontrollieren. Je nach Alter und Sprachkompetenz Ihres Kindes gibt es unterschiedliche Testmaterialien, die ganz individuell zusammengestellt werden können. Objektive Audiometrie-Verfahren Um eine möglichst zuverlässige Aussage über Art und Grad einer kindlichen Hörschädigung treffen zu können, werden in der Regel subjektive mit objektiven Verfahren kombiniert. Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über die bekanntesten objektiven Verfahren, die bei Hörtests von Kindern eingesetzt werden. OAE: Messung otoakustischer Emissionen Da sich das Kleinkind bei diesem Verfahren nicht aktiv beteiligen muss, wird die OAE am häufigsten eingesetzt, um die Hörfähigkeit von Neugeborenen zu untersuchen. Der Test macht sich die Funktion der Haarsinneszellen im Innenohr zunutze, die von den Schallsignalen bewegt werden. Die Schwingungen der Härchen erzeugen ein feines Geräusch – die otoakustischen Emissionen. Im Testverfahren wird eine Sonde, in die ein winziger Lautsprecher integriert ist, in den äußeren Gehörgang eingeführt. Wenn der Testreiz, den die Sonde ins Ohr schickt, die Haarsinneszellen zum Schwingen bringt, kann das Mikrofon die otoakustischen Emissionen messen – allerdings nur, wenn die Testumgebung vollkommen ruhig ist. Sollten sich keine otoakustischen Emissionen messen lassen, bedeutet dies jedoch nicht zwangsläufig, dass Ihr Kind unter Hörverlust leidet. Eine Reihe anderer Ursachen könnte dafür verantwortlich sein: FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 20 FLIP HÖREN o Die Testumgebung könnte nicht ruhig genug gewesen sein. o Speziell bei Neugeborenen kann in den ersten drei Lebenstagen noch Gewebe aus der Gebärmutter oder Fruchtwasser den Gehörgang blockieren. o Eine Mittelohrentzündung oder eine gewöhnliche Erkältung können ebenfalls kurzzeitig ein negatives OAE-Screening zur Folge haben. Lassen sich hingegen otoakustische Emissionen messen, bedeutet dies, dass die äußeren Hörsinneszellen - mit möglicher Einschränkung - funktionstüchtig sind. Die Einschränkung bezieht sich auf die Funktionalität des Hörnervs oder benachbarter Hirnregionen, über die das OAE-Messergebnis keinerlei Rückschlüsse zulässt. Aus diesem Grund werden im Rahmen einer Hirnstammaudiometrie die sogenannten akustisch evozierten Potentiale (AEP, wie z.B. ABR/BERA) gemessen, um die Hörschwelle objektiv zu bestimmen. Hirnstammaudiometrie ABR (auditory brainstem responses) oder BERA (brainstem evoked response audiometry) Für die Hirnstammaudiometrie existiert eine Reihe von Abkürzungen, die auf ihre englischen Bezeichnungen zurückgehen. Mit diesem Verfahren kann die Hörschwelle ohne die aktive Beteiligung Ihres Kindes gemessen werden. Es ist eine spezielle Enzephalografie (EEG), bei der die elektrischen Hirnströme Ihres Kindes gemessen werden, während es schläft. Zu diesem Zweck werden ihm hinter den Ohren Elektroden aufgeklebt und Kopfhörer aufgesetzt. Während ihm Klicktöne als Testsignale vorgespielt werden, messen die Elektroden, ob die Schallwellen als elektrische Impulse aus dem Innenohr im Gehirn ankommen. Ist die Signalübertragung gestört, liegt ein Hinweis auf eine Hörminderung vor. Das Verfahren dokumentiert aber nicht nur, ob die Testsignale richtig im Gehirn verarbeitet wurden, sondern misst auch die Hörschwelle in unterschiedlichen Frequenzen. Die Länge der Untersuchung hängt davon ab, wie viele Frequenzbereiche untersucht werden und wie lange Ihr Kind schläft. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 21 FLIP HÖREN Um eine zuverlässige Diagnose stellen zu können, bewertet der Arzt das aus der Untersuchung resultierende Kurvendiagramm, welches ähnlich wie ein EEG gemessen wird. Aus der Form der Wellen bei unterschiedlichen Lautstärken wird die Hörschwelle des Kindes ermittelt. Wie lese ich ein Audiogramm? Die Ergebnisse eines Hörtests werden im Audiogramm festgehalten. Die Schwere des Hörverlusts wird in genormten Frequenzen in dB/HL gemessen. Die im Diagramm eingezeichneten Kurven geben Aufschluss über die Abweichung der gemessenen Hörschwelle gegenüber einer normalhörenden Durchschnittsperson. Die Hörschwelle ist diejenige Lautstärke eines Tons, die ein Mensch gerade eben wahrzunehmen beginnt. Der Vergleichswert liegt immer bei 0 dB. Aufgrund individueller Unterschiede gelten jedoch alle Ergebnisse bis 20 dB als normal. Die Symbole auf dem Audiogramm zeigen die unterschiedlichen Hörergebnisse für die Luft- und Knochenleitung in den genormten Frequenzen sowie die Unterschiede zwischen rechtem und linkem Ohr. Im Audiogramm wird immer die unterste Schwelle verzeichnet, ab der ein Ton von der Testperson wahrgenommen wird – die individuelle Hörschwelle also. Die „Sprachbanane“ zeigt die Lautstärken und Tonhöhen unterschiedlicher Anteile eines Sprachsignals. Vokale haben eine geringe Frequenz und eine höhere Lautstärke. Konsonanten hingegen sind leiser und besitzen eine höhere Frequenz. Während Vokale die Lautstärke unserer Sprache bestimmen, sind Konsonanten sinntragende Einheiten. Was damit gemeint ist, lässt sich gut erkennen, wenn Sie z.B. die Worte „Haus“ und „Maus“ im Schrift- und Klangbild vergleichen – die Vokale bestimmen die Lautstärke, die Konsonanten verändern die Bedeutung. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 22 FLIP HÖREN Konduktiver Hörverlust (Schallleitungsschwerhörigkeit) Ein konduktiver Hörverlust tritt auf, wenn Fehlbildungen im Außen- oder Mittelohr oder eine Funktionsstörung vorliegen: Durch sie wird das Hörvermögen gemindert. Ist eine vorübergehende Funktionsstörung der Grund für den Hörverlust, lässt er sich oftmals durch operative Eingriffe und/oder die Gabe von Medikamenten behandeln. Zu den häufigsten Gründen für konduktiven Hörverlust zählen: o Verletzungen des Außenohrs o Blockierung des Gehörgangs durch Cerumen (Ohrenschmalz) oder kleine Objekte wie Essen, Perlen oder Insekten o Infektionen des Außen- oder Mittelohrs, die mit Ohrausfluss einhergehen o Perforation des Trommelfells o angeborene Missbildungen (etwa durch Syndrome wie Down, Franceschetti, Treacher-Collins oder Achondroplasie) In diesem Audiogramm können Sie den konduktiven Hörverlust erkennen. Das Beispiel zeigt, dass das Innenohr der Testperson funktionstüchtig ist (jeweils obere Linie im Audiogramm). Doch trotzdem hindert etwas den Schall daran, durch das Außen-/Mittelohr ins Innenohr zu gelangen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 23 FLIP HÖREN Gerade bei Kindern wird ein leichter oder mittelschwerer Hörverlust oft durch Mittelohrentzündungen verursacht oder zusätzlich verschlechtert. Die medizinische Behandlung oder ein kleiner chirurgischer Eingriff können diese Form von konduktivem Hörverlust beheben. Sollte sich die Mittelohrentzündung mit Ohrausfluss allerdings zu einer chronischen Erkrankung ausweiten und länger als nur ein paar Tage oder Wochen bestehen, kann eine apparative Therapie hilfreich sein. Der Einsatz eines Hörsystems kann in einem solchen Fall dazu beitragen, die Sprachentwicklung Ihres Kindes aktiv zu unterstützen. Der Hörverlust, den Sie oben sehen, verläuft im rechten Ohr im Bereich zwischen 30 und 50 dB HL und auf der linken Seite zwischen 35 und 45 dB. Dieses Kind wäre somit nur noch in der Lage, Bruchteile eines normalen Gesprächs mit einer Lautstärke von 65 dB zu verstehen. Ein Normalhörender verfügt über einen Dynamikbereich von bis zu 65 dB zwischen der Hörschwelle (0 dB) und der durchschnittlichen Gesprächslautstärke (65 dB). Unser Beispielkind hingegen verfügt lediglich über einen Dynamikbereich von rund 20 dB. Die fehlenden 45 dB müssten also durch ein Hörsystem ausgeglichen werden, um Sprachsignale und Klänge klar hörbar zu machen. Je nach der individuellen Diagnose bieten folgenden Systeme die nötige Unterstützung: o Knochenleitungs-Hörsysteme: Vibrierende Signalwandler hinter dem Ohr, die am Knochen mithilfe eines Bandes oder einer Halterung angebracht sind o Knochenverankerte Hörsysteme: Vibrierende Hörsysteme, die durch Verschraubung mit einer hinter dem Ohr implantierten Schraube fest mit den Schädel verbunden werden; eignen sich nur für Kinder, die ihren Kopf muskulär kontrollieren können und unter dauerhaftem Hörverlust leiden o Konventionelle Hörsysteme: sind in vielen Fällen ungeeignet, weil sie sich bei chronischer Mittelohrentzündung, Ohrausfluss und Missbildungen des Außenohrs oder des äußeren Gehörgangs nicht optimal einsetzen lassen Wenn das Innenohr keine Funktionsstörung aufweist, besteht die Aufgabe des Knochenleitungs-Hörsystems nicht darin, die akustische Umgebung zu verstärken. Es sorgt vielmehr dafür, Klänge durch die Vibration des Schädels hörbar zu machen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 24 FLIP HÖREN Der Schädelknochen überträgt die Schallinformationen direkt ins Innenohr. Von dort aus vollzieht sich der Hörprozess auf normalem Weg. Sensorineuraler Hörverlust (Schallempfindungsschwerhörigkeit) Diese am häufigsten auftretende Form des Hörverlusts hat ihren Ursprung im Innenohr oder entlang des Hörnervs. In der Regel liegt eine Schädigung des Innenohrs (Cochlea = Schnecke) vor, bei der die Haarsinneszellen beschädigt sind und daher die neuro-elektrischen Impulse nicht weiter zum Gehirn leiten können. Sensorineuraler Hörverlust kann sowohl angeboren sein als auch nach der Geburt auftreten. Zu den häufigsten Ursachen des angeborenen sensorineuralen Hörverlusts zählen: Erbfaktoren Virale Infektionen Frühgeburt Geburtstraumata wie z.B. Hypoxie (drastischer Sauerstoffmangel und Erstickungsgefahr) Tritt der sensorineurale Hörverlust nach der Geburt auf, kann dies eine Vielzahl von Gründen haben, z.B.: Reaktionen auf ototoxische Medikamente (also solche, die sich negativ auf den Hörapparat auswirken) Ohrinfektionen Meningitis Enzephalitis Kopfverletzungen Beeinträchtigungen durch konstanten starken Lärm Das Audiogramm zeigt einen abfallenden Hörverlust, der in den niedrigen Frequenzbereichen bei 20 dB HL beginnt und in den höheren Frequenzen bis zu 75 dB HL reicht. Die Messergebnisse sind für beide Ohren fast gleich. Ein herkömmliches Hörsystem wäre bei einem derartigen Hörverlust die richtige Lösung. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 25 FLIP HÖREN Übersteigt ein sensorineuraler Hörverlust in den sprachrelevanten Frequenzen Werte zwischen 80 und 90 dB HL, kann es schwierig werden, Sprache so zu verstärken, dass sie verständlich wird. Der Grund dafür liegt in der Unbehaglichkeitsschwelle von lauten Signalen: Obwohl das Kind in diesem Beispiel unter einem gravierenden Hörverlust leidet, empfindet es laute Geräusche oft genauso unangenehm wie eine normalhörende Person oder ist sogar noch empfindlicher gegenüber hohen Lautstärken. Die Herausforderung besteht also darin, das komplette Sprachspektrum in den begrenzten Dynamikbereich des schwerhörenden Kindes zu integrieren. Umfasst dieser Bereich jedoch nur noch 10 bis 20 dB, können Hörsysteme meist keine ausreichende Verstärkung mehr liefern. In diesem Fall kann ein sogenanntes Cochlea-Implantat (CI) die beste Lösung sein. Dieses kleine Implantat übernimmt die Funktion des Innenohrs, leitet Schallsignale weiter und wandelt sie in elektrische Impulse um. Diese stimulieren den Hörnerv und reizen den Hörprozess im Gehirn. Damit die dort ankommenden Schallsignale richtig interpretiert werden können, ist es allerdings unerlässlich, dass das Kind bereits früher Hörerfahrungen sammeln konnte oder das CI schon in den ersten Lebensjahren eingesetzt wird. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 26 FLIP HÖREN Selbst unter idealen Bedingungen brauchen Patienten mit CI ein intensives Hörtraining und fortlaufende Unterstützung. Doch selbst dann gibt es keine Garantie, dass ein Cochlea-Implantat bei allen Patienten die erhoffte Wirkung erzielt. Kombinierter Hörverlust Liegen die Messwerte für die Luft- und Knochenleitung über 20 dB HL und übersteigt die Differenz zwischen beiden 15 dB, spricht man von einem kombinierten Hörverlust. Das heißt, der Hörverlust liegt sowohl im Innenohr (Cochlea) als auch im Mittelohr/ Außenohr begründet. Diese Form des Hörverlusts wird je nach Grad, anatomischen Gegebenheiten und anderen Einflussfaktoren behandelt. Für Kinder mit dieser Diagnose können sich sämtliche Hörsysteme, die bereits vorgestellt wurden, eignen. Die individuelle Auswahl sollten Sie daher mit Ihrem Hörgeräteakustiker treffen: Konventionelle Hörsysteme Knochenleitungs-Hörsysteme Knochenverankerte Hörsysteme (BAHA) Cochlea-Implantate (CI) Die richtige Lösung hängt vom Anwendungsbereich jedes einzelnen Hörsystems und dem Schweregrad des jeweiligen Hörverlusts ab. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 27 FLIP HÖREN Behandlung Für Eltern ist es schwer, wenn sie erfahren, dass ihr Kind unter einem Hörverlust leidet. Sie müssen diese Erkenntnis nicht nur emotional bewältigen, sondern sich mit den praktischen Aspekten auseinandersetzen, die nun auf sie und ihr Kind zukommen. Die Auswahl des passenden Hörsystems und seine individuelle Anpassung sind dabei besonders wichtig, weil sie den Grundstein zu einem aktiven Leben für ihr Kind legen. Nachdem bei Ihrem Kind ein Hörverlust diagnostiziert wurde, ist eine gründliche audiologische Untersuchung vonnöten, um Art und Grad des Hörverlusts festzustellen. Durch sie kann bestimmt werden, worin die Ursache für die Erkrankung liegt und welches die richtige Behandlungsmethode für Ihr Kind ist. Hörsysteme: Hörgeräte In der Regel bekommt Ihr Kind ein Hörsystem verordnet, das unauffällig hinter dem Ohr sitzt (HdO). Zunächst muss dafür ein Ohrabdruck genommen werden, nach dem die sogenannte Otoplastik hergestellt wird. Die Otoplastik ist das Ohrpassstück, das der Hörgeräteakustiker als Plastik von Gehörgang und Ohrmuschel anfertigt. Sie sorgt für den richtigen Sitz des Hörsystems im Ohr Ihres Kindes. Das Verfahren ist weder schmerzvoll noch unangenehm für Ihr Kind und nimmt auf jeder Seite etwa 5 Minuten in Anspruch. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 28 FLIP HÖREN Wenn die maßangefertigte Otoplastik ein paar Tage später fertig ist, wird das Hörsystem angepasst. Für Kinder ist die Auswahl des richtigen Hörsystems noch wichtiger als für Erwachsene, da ihre individuelle Entwicklung sehr stark davon abhängt, wie gut es angepasst wurde. Aus diesem Grund wird in den meisten Ländern eine vergleichende Hörsystemeanpassung vorgeschrieben, die es Ihnen erlaubt, mehrere Hörsysteme auszuprobieren. So hat das Kind die Möglichkeit, zwei bis drei verschiedene Systeme über einen Zeitraum von ein paar Wochen hinweg zu testen und die ideale Lösung zu finden. Die Hörsysteme werden an die Hörschwelle des Kindes angepasst. Der Hörgeräteakustiker nimmt die Voreinstellung der Geräte meist in einer sogenannten Messbox vor, in der die Verstärkung und der maximale Ausgangsschallpegel ob-jektiv gemessen werden können. Für die individuellen Bedürfnisse ist in der Regel jedoch noch Fein-einstellung nötig. Dann ist es soweit: Im nächsten Schritt – vielleicht dem wichtigsten auf dem Weg in ein unbeschwertes Hörerleben – werden die Hörsysteme zum ersten Mal eingesetzt. Dabei sollten Sie besonders die spontane Reaktion Ihres Kindes beobachten. Es sollte auf die nun lauter hörbaren Geräusche und Klänge keinesfalls ängstlich oder abwehrend reagieren. Allerdings ist es auch völlig normal, dass es selbst mit einem schwachen oder mittleren Hörverlust einige Tage braucht, bis sich Ihr Kind an das neue Hörgefühl gewöhnt hat und erste Hörreaktionen zeigt. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 29 FLIP HÖREN Bitte denken Sie daran, dass man sich auch daran gewöhnen muss, einfach nur etwas in und hinter dem Ohr zu spüren. Bleiben Sie geduldig, wenn Ihr Kind neugierig ist und die Hörgeräte herausnimmt, um sie zu betrachten. Geben Sie ihm die Chance dazu. Sorgen Sie allerdings nach einiger Zeit für Ablenkung und setzen die Hörsysteme vorsichtig wieder ein. Die Benutzung und der regelmäßige Einsatz werden so zur täglichen Routine für Ihr Kind. Eine Routine, die ihm schon bald wieder die Freiheit geben wird, seine Welt mit allen Sinnen zu erleben. Klein, aber voller Power: Hörsystem-Technologien Digitale Hörsysteme sind klein, aber besonders leistungsstark und können so eingestellt werden, dass sie den Bedürfnissen Ihres Kindes genau entsprechen. Ob fortschrittliche Signalverarbeitung, Sprach- und Störgeräuschmanagement oder Störlärmunterdrückung – mit modernen Hörsystemen hat Ihr Kind wieder die Chance, die Welt mit offenen Ohren zu entdecken. Normalerweise besitzen die Hörsysteme vier oder mehr separate Frequenzkanäle, über die die richtige Verstärkung in der jeweiligen Frequenz eingestellt werden kann. Für den Hörkomfort und ein möglichst klares Hörverstehen ist es dabei wichtig, dass die eingehenden Schallsignale nicht über- oder unterverstärkt werden. Zur Ausstattung für Ihr Kind gehören: robuster, anschraubbarer Tragehaken Gehäuse mit Nanobeschichtung, das Schmutz und Feuchtigkeit abhält programmierbarer Lautstärkeregler mit Ein-/Ausfunktion programmierbarer Programmwahltaster LED-Anzeige für den Gerätezustand babysichere Batterieklappe Bereit für jede Herausforderung – aber sicher! Hörsysteme für Kleinkinder müssen besonders stabil sein und eine Reihe von Sicherheitsmerkmalen besitzen. Ob babysichere Batterieklappe oder ein robuster FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 30 FLIP HÖREN Tragehaken, der einfach aufzuschrauben und gleichzeitig schwer zu entfernen ist – es wurde an jeden Sicherheits- und Komfortaspekt gedacht, damit Ihr Kind seine Welt aktiv und sorglos erleben kann. Die Optik spielt mit: Die Nanobeschichtung seines Hörsystems weist Schmutz, Fett und Feuchtigkeit ab und sorgt dafür, dass das Hörsystem auch nach starker Beanspruchung noch wie neu aussieht. So bleibt das Hörsystem Ihres Kindes für jede Herausforderung bereit. Und sicher! Mit den Ansprüchen wachsen – wie mit den Ohren Solange sich Ihr Kind im Wachstum befindet, verändern sich auch die Ansprüche an eine adäquate Hörsystemeversorgung. Aus diesem Grund müssen sich die Hörsysteme Ihres Kindes den unterschiedlichen Entwicklungsstadien entsprechend anpassen. Für Hörfreiheit, die mitwächst, sorgt eine Vielfalt von Technikstandards, die Ihrem Kind mehr Flexibilität geben: Die FM-Kompatibilität ist besonders für Kindergartenund Schulkinder von großer Bedeutung, denn sie sorgt dafür, dass die Stimme des Lehrers direkt ins Ohr Ihres Kindes gelangt. Dank verschiedener Programme hat Ihr Kind die Möglichkeit, das Hörsystem bestimmten akustischen Situationen anzupassen, z.B. durch Programme wie Hören in lauter Umgebung, Fernsehen oder Telefon. Eine spezielle Fernbedienung ermöglicht es sogar, einige Hörsysteme mit bluetooth-fähigen Telefonen zu verbinden. Dank dieser Technologie kann das Hörsystem auch an sämtliche Geräte moderner Unterhaltungselektronik angeschlossen werden – speziell für Teenager und aktive Kinder eine Freiheit, auf die sie nun nicht mehr verzichten müssen. Farben und Sticker: Kinder mögen es bunt. Wenn Ihr Kind die Wahl hat, seine Hörsysteme ganz nach seinen persönlichen Wünschen und Vorlieben zu gestalten, wird es ihm mehr Spaß machen, es jeden Tag zu tragen. Die meisten Hörsysteme sind in einer Vielzahl frischer Farben erhältlich und können durch coole Sticker zusätzlich aufgepeppt werden. Fragen Sie außerdem Ihren Hörgeräteakustiker nach Ohrpassstücken in unterschiedlichen Farben und Mustern! Denn auch Farbe und Design spielen eine Rolle dabei, ob sich Ihr Kind mit seinen Hörsystemen wohl und selbstbewusst fühlt. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 31 FLIP HÖREN Hören kinderleicht: gemeinsam für ein besseres Hörerleben Wenn Ihr Kind Hörsysteme bekommt, hat es die Chance, akustische Informationen besser zu erkennen, zu verarbeiten und zu verstehen – es kann die Welt wieder aktiv mit seinen fünf Sinnen erfassen. Hörsysteme verstärken den Schall, doch das reine Verstärken von akustischen Signalen reicht für klares und verständliches Hören längst nicht aus. Viele Kinder beklagen sich trotz gut angepasster Hörsysteme darüber, dass es ihnen schwer fällt, in einer lauten und hallenden Umgebung wie dem Klassenzimmer, Sprache richtig zu verstehen. Das Rascheln von Papier, das Flüstern der Mitschüler oder eine laute Klimaanlage erschweren es Ihrem Kind, Hintergrundgeräusche von Sprache zu unterscheiden. Fazit: Wann immer Sprachsignale mit anderen Geräuschen konkurrieren, hat Ihr Kind es schwer, das Gesprochene zu verstehen. Der Audio-Schuh ist ein kleines Zubehör für HdO-Hörsysteme, um z.B. FMEmpfänger anzuschließen – eine Technologie, die in punkto Sprachverstehen Abhilfe schafft: Das FM-System nimmt Sprache über ein separates Mikrofon direkt vom Sprecher auf und übermittelt sie geradewegs in das Ohr Ihres Kindes. Klares Verstehen trotz Umgebungslärm wird so verbessert. FM-Systeme können Hintergrundgeräusche unterdrücken, indem sie das sogenannte Signal-Rausch-Verhältnis durchschnittlich um mindestens 12-20 dB verbessern. Auf diese Weise sorgt die FM-Technologie dafür, dass sich Ihr Kind bestens entwickeln und seine kommunikativen Fähigkeiten optimal schulen kann. Im Kindergarten und in der Schule sind FM-Systeme für Kinder mit Hörverlust nicht mehr wegzudenken: Die direkte Hörverbindung zum Kindergartenpädagogen/Lehrer verstärkt das Gefühl Ihres Kindes, aktiv dabei zu sein und nichts zu verpassen. Egal, wie laut die Umgebungsgeräusche sind. Mehr als nur dabei: FM-Systeme sind in Klassenzimmern, Veranstaltungszentren, Theatern und anderen Versammlungsräumen hilfreich, damit Kinder und Erwachsene auch mit Hörverlust ohne Probleme rege und selbstbewusst an der Veranstaltung teilnehmen können. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 32 FLIP HÖREN Die wichtigsten Fragen an Ihren Hörgeräteakustiker Im Folgenden haben wir die wichtigsten Fragen von Eltern und Betreuern zusammengestellt, die Ihnen im Gespräch mit Ihrem Hörgeräteakustiker helfen sollen. Denn je mehr Sie über die individuelle Situation Ihres Kindes erfahren, desto einfacher wird es, die Hörsystemeanpassung für Ihr Kind so optimal wie möglich zu gestalten. Sind die verordneten Hörsysteme Hinter-dem-Ohr-Geräte? Werden sie für Kinder besonders empfohlen? Dazu sollten Sie wissen: Es gibt verschiedene Typen von Hörsystemen, die für unterschiedliche Arten des Hörverlusts und für verschiedene Altersgruppen entwickelt wurden. Achten Sie bei der Auswahl für Ihr Kind auf Sicherheit, Aussehen und natürlich auf die notwendigen akustischen Leistungsmerkmale. Denken Sie daran: Nicht alle Hörsysteme sind für den Einsatz bei Kindern und Kleinkindern geeignet. Lassen Sie sich daher eingehend von Ihrem Hörgeräteakustiker beraten. Besitzen die Hörsysteme einen direkten Audioeingang (DAI)? Dazu sollten Sie wissen: Der direkte Audioeingang (DAI = Direct audio input) unterstützt die automatische FM-Signalerkennung. Die für Ihr Kind ausgewählten Hörsysteme sollten unbedingt kompatibel mit den gängigen FM-Systemen sein. Wie steht es mit den Kosten für die Hörsysteme und die Anpassung? Die Krankenkasse übernimmt bei Kindern die Kosten von 2 Hörgeräten. Die Anpassung ist im Preis inbegriffen. Die Batterien für die Hörsysteme müssen Sie zusätzlich kaufen. Gibt es spezielles Hörsysteme-Zubehör für Kinder? Zum Kinderzubehör gehört zum Beispiel ein Clip, mit dem man die Hörsysteme zusätzlich an der Kleidung befestigen kann, damit sie nicht verloren gehen. Zudem gibt es ein spezielles Pflegeset, mit dem Eltern Hörsysteme überprüfen und reinigen können (Trockenbox, Desinfektionstabletten, Stethoclip…). FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 33 FLIP HÖREN Und wie steht es mit den Farben? Kinder lieben bunte Farben. Oft ist die Farbe der Hörsysteme entscheidend dafür, ob Ihr Kind sie gerne trägt und sich damit wohl fühlt. Damit der neue Begleiter auch zum treuen Begleiter wird, bieten die Hörgerätefirmen verschiedene Farbschalen, Stickers, … an. Tipps für den Alltag Das Hörsystem einsetzen und herausnehmen Fassen Sie das Ohrpassstück mit Daumen und Zeigefinger und setzen es vorsichtig in den Gehörgang ein, bis es sicher und fest sitzt. Dabei kann es helfen, die Ohrmuschel leicht nach oben und hinten zu ziehen. Setzen Sie das Hörsystem hinter das Ohr und schalten sie es ein. Bevor Sie das Hörsystem entfernen, schalten Sie es bitte aus. Drücken Sie leicht von hinten gegen die Ohrmuschel, fassen Sie das Ohrpassstück mit Daumen und Zeigefinger und ziehen Sie es vorsichtig aus dem Gehörgang. Weil jedes Kind sich individuell entwickelt, ist es wichtig, dass Sie darauf achten, ob die Ohrpassstücke Ihres Kindes auch immer (noch) richtig sitzen oder Sie das Gefühl haben, seine Ohren seien gewachsen. Wenn ein hohes Pfeifen (akustische Rückkopplung) zu hören ist, kann das ein Hinweis darauf sein, dass das Ohrpassstück Ihres Kindes zu FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 34 FLIP HÖREN klein geworden ist. Dieses Pfeifen tritt nämlich immer dann auf, wenn verstärkte Signale nicht ins Ohr geleitet werden, sondern wieder nach außen zum Mikrofon gelangen, weil das Ohrpassstück z.B. nicht mehr ausreichend gut sitzt bzw. dichtet. Pflege und Wartung Spielen, fangen, herumtollen, lachen – das alles gehört zu einem erfüllten Alltag in Kindergarten und Schule. Ihr Kind braucht Bewegung und will aktiv sein. Unterstützen Sie seine Bedürfnisse, und bringen Sie ihm gleichzeitig bei, was es heißt, verantwortungsvoll mit seinen Hörsystemen umzugehen. Ihr Kind muss lernen, dass sich Feuchtigkeit, Staub und Schweiß ungünstig auf seine Hörsysteme auswirken. Doch es reicht schon, ein paar wichtige Tipps und Ratschläge zu beherzigen, damit die Hörsysteme über lange Zeit funktionsfähig bleiben. Noch ein Hinweis für die Kleinsten: Gerade bei Kleinkindern, die sich noch nicht selbst mitteilen können, ist es wichtig, täglich zu kontrollieren, ob die Batterien ihres Hörsystems immer noch funktionieren. Überprüfen der Funktionalität Mithilfe eines sogenannten Stethoclips können Sie die Funktionalität eines Hörsystems überprüfen. Verbinden Sie dazu den Schallschlauch des Stethoclips mit dem Tragehaken des Hörsystems und stecken Sie den Stethoclip nun in die Ohren. Wenn Sie sprechen, sollten Sie Ihre eigene Stimme durch das Hörsystem hören können. Hören Sie dabei ein Knistern oder unnatürliche Geräusche, kann das ein Hinweis darauf sein, dass etwas mit dem Hörsystem nicht in Ordnung ist. In diesem Falle sollten Sie sich an Ihren Hörgeräteakustiker wenden. Die tägliche Pflege In den meisten Fällen liegt es an Feuchtigkeit, wenn ein Hörsystem nicht mehr so funktioniert wie es soll. Daher sollten Sie täglich überprüfen, ob sich in den Ohrpassstücken, Schallschläuchen oder Tragehaken Feuchtigkeit, Schmutz oder Staub abgelagert haben. Ihr Hörgeräteakustiker und Ihre Therapeutin zeigt Ihnen und Ihrem Kind, wie man die Hörsysteme am einfachsten überprüft und mit einem weichen Stofftuch reinigt. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 35 FLIP HÖREN Batteriewechsel Die meisten Hörsysteme werden heute mit Zink-Luft-Batterien betrieben, die genauso wie andere Batterietypen einen Plus- und Minuspol besitzen. Wenn Sie neue Batterien einsetzen, ziehen Sie vorher die Schutzfolie ab, warten sie ca. zwei Minuten bis die Batterie aktiviert ist und setzen die Batterien so in das Hörsystem ein, wie es Ihnen Ihr Hörgeräteakustiker gezeigt hat. Denken Sie auch daran, in regelmäßigen Abständen einen Batterietester zu benutzen, um den Status der Batterien zu überprüfen. WICHTIG: Bitte lassen Sie Ihr Kind niemals mit den Batterien spielen. Sie sind so klein, dass sie leicht verschluckt werden können. Wenn dies aus Versehen einmal passieren sollte, kontaktieren Sie umgehend einen Arzt! Achten Sie außerdem darauf, dass Ihr Kind die Ohrpassstücke nie in den Mund steckt. Wenn sie verschluckt werden, besteht Erstickungsgefahr! Verantwortung fängt früh an: Wenn Ihr Kind schon alt genug ist, bringen Sie ihm bei, wie es mit seinen Hörsystemen am besten umgeht und wie die Batterien gewechselt werden. Schnelle Hilfe zur Fehlerbehebung Das Hörsystem pfeift nicht, wenn man es in der Hand hält (gilt nur für Hörsysteme ohne automatische Rückkopplungsauslöschung). Überprüfen Sie folgende Möglichkeiten: Ist das Hörsystem eingeschaltet? Ist der Lautstärkeregler in der richtigen Position? Reicht die Batterieleistung noch aus? Ist das Ohrpassstück verschmutzt oder mit Ohrenschmalz blockiert? Wurde das richtige Hörprogramm gewählt (z.B. ist das Pfeifen nicht zu hören, wenn das Hörsystem im Telefon-Modus ist)? Ist das Hörsystem beschädigt? FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 36 FLIP HÖREN Das Hörsystem pfeift, wenn Ihr Kind es trägt. Überprüfen Sie folgende Möglichkeiten: Sitzt das Ohrpassstück korrekt im Ohr? Ist der Lautstärkeregler in der richtigen Position? Sind Risse im Ohrpassstück, in den Schallschläuchen oder im Tragehaken? Befindet sich überschüssiges Ohrenschmalz im Gehörgang Ihres Kindes? Ist das Ohrpassstück zu klein, weil sich der Gehörgang Ihres Kindes verändert hat (durch Wachstum)? Ist der Schallschlauch richtig mit Ohrpassstück und Tragehaken verbunden? Sind Tragehaken oder Schallschlauch beschädigt? Lehnt sich Ihr Kind an eine flache Oberfläche an und blockiert dabei das Mikrofon (wie es z.B. bei Kleinkindern im Kindersitz der Fall sein kann)? Das Hörsystem funktioniert nicht. Überprüfen Sie folgende Möglichkeiten: Funktioniert die Batterie noch? Ist die Batterie richtig eingesetzt? Ist das Hörsystem eingeschaltet? Sind die Batterie oder die Batteriekontakte korrodiert (angerostet)? Wird das Ohrpassstück von Ohrenschmalz blockiert? Ist der Schallschlauch blockiert? Befinden sich Wassertröpfchen im Tragehaken? Ihr Kind sagt, dass sein Hörsystem nicht mehr richtig funktioniert. Überprüfen Sie folgende Möglichkeiten: Ist der Lautstärkeregler in der richtigen Position? Ist der Mikrofoneingang durch Schmutz oder Staub blockiert? Funktioniert die Batterie noch? Wird das Ohrpassstück von Ohrenschmalz oder Schmutz blockiert? Befindet sich überschüssiges Ohrenschmalz im Gehörgang Ihres Kindes? Ist das Hörsystem beschädigt? Sind Tragehaken und Schallschlauch trocken? FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 37 FLIP HÖREN Das Hörsystem setzt aus und/oder verursacht ungewöhnliche Geräusche (wie Knistern). Überprüfen Sie folgende Möglichkeiten: Können Sie an der Batterie oder im Batteriefach Korrosion entdecken? Ist die Batterie richtig eingesetzt? Ist der An-/Aus-Schalter in der richtigen Position? Ist der Lautstärkeregler in der richtigen Position? Ist das Ohrpassstück blockiert? Befinden sich Wassertröpfchen im Tragehaken oder im Hörerkabel? Sitzt das Ohrpassstück richtig im Ohr? Das Hörsystem ist nass geworden Gehen sie folgendermaßen vor: Schütteln Sie überschüssiges Wasser so schnell wie möglich ab. Tauschen Sie die Batterien aus. Lassen Sie das Hörsystem von Ihrem Hörgeräteakustiker überprüfen. Sollte das nicht möglich sein, benutzen Sie bitte Ihre Trockenkapseln. Legen Sie das Hörsystem an einen trockenen Ort. Schließen Sie den Stethoclip an und überprüfen Sie, ob das Hörsystem noch funktioniert. Bitte sprechen Sie Ihren Hörgeräteakustiker an, wenn Sie weitere Fragen haben sollten. Dort werden Sie bestens beraten, wann immer Sie Ratschläge und Unterstützung beim Umgang mit den Hörsystemen Ihres Kindes brauchen. Tipps für den täglichen Gebrauch Ein selbstverständlicher Umgang mit den Hörsystemen stärkt das Selbstvertrauen Ihres Kindes. Was Sie ihm positiv vorleben, wird es annehmen – so werden die Hörsysteme zu seinen täglichen Begleitern und ihr Gebrauch zur Routine. Wenn sich Ihr Kind schon früh daran gewöhnt, seine Hörsysteme jeden Tag zu tragen, wird es bald nicht mehr spüren, dass sie da sind und kann seinen Alltag unbeschwert erleben. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 38 FLIP HÖREN Die ersten Hörsysteme für Ihr Kind Es kann eine echte Herausforderung sein, einem Kind zum ersten Mal Hörsysteme einzusetzen. Einige Kinder reagieren von Anfang an positiv auf die Hörverbesserung, die die Hörsysteme ihnen ermöglichen. Andere hingegen verhalten sich eher abweisend. Nachfolgend finden Sie eine Reihe von Vorschlägen, die Ihrem Kind dabei helfen sollen, sich an seine Hörsysteme zu gewöhnen und die neuen Vorteile genießen zu können. o Die Hörsysteme gehören zum täglichen Anziehen. Pulli an, Jeans an, Hörsysteme rein. Helfen Sie Ihrem Kind, seine Hörsysteme zu tragen, indem Sie sie beim morgendlichen Anziehen einsetzen. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind seine Hörsysteme einsetzt, sobald es aufsteht und sie erst herausnimmt, bevor es schlafen geht – so gehört es zur Tagesroutine. o Behalten Sie die Kontrolle. Wenn Ihr Kind noch sehr klein ist, machen Sie es zur Regel, dass Sie die Person sind, die ihm die Hörsysteme einsetzt und herausnimmt. o Wecken Sie die Neugier Ihres Kindes. Besser hören macht Spaß. Machen Sie ein positives Ereignis daraus, wenn Ihr Kind seine Hörsysteme die ersten Male einsetzt. Ihr Hörgeräteakustiker kann Ihnen vielleicht eine Nachbildung mitgeben, die Sie bei sich einsetzen können. Damit zeigen Sie Ihrem Kind wie es aussieht, wenn man Hörsysteme trägt. Loben Sie Ihr Kind, wenn es seine Hörsysteme einsetzt und tragen Sie Ihre Nachbildung gleichzeitig, damit es sich nicht allein fühlt. o Es soll ein besonderer Tag sein. Wenn Ihr Kind zum ersten Mal seine Hörsysteme einsetzt, soll es dieses Ereignis mit anderen positiven Erlebnissen verbinden. Machen Sie sich einen besonders schönen Tag mit ihm (z.B. einen Ausflug o.ä.). o Spielzeuge schaffen Ablenkung. Lassen Sie Ihr Kind mit seinen Lieblingsspielzeugen spielen, wenn Sie ihm die Hörsysteme einsetzen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 39 FLIP HÖREN o Belohnung tut gut. Belohnen Sie Ihr Kind, wenn es seine Hörsysteme trägt, und erlauben Sie ihm etwas Besonderes (z.B. eine Kleinigkeit zu naschen). o Die Hörsysteme gehören dazu. Geben Sie Ihrem Kind die Möglichkeit, sich seine Hörsysteme nach seinen Wünschen zu gestalten. Farbe und Sticker spielen eine Rolle dabei, ob Ihr Kind seine Hörsysteme akzeptiert und sie selbstbewusst trägt. o Benutzen Sie ein Gel für komfortables Einsetzen. In der Regel werden für Kleinkinder besonders weiche Ohrpassstücke angefertigt. Ein spezielles Gel kann es erleichtern, diese ins Ohr einzuführen. Fragen Sie Ihren Hörgeräteakustiker nach entsprechenden Gels (Vaselin). o Verlängern Sie langsam die Tragedauer. Jeder Mensch braucht eine gewisse Zeit, um sich an seine Hörsysteme zu gewöhnen. Besonders Kinder müssen erst lernen damit umzugehen. Verlängern Sie die Tragedauer daher langsam innerhalb einer Woche. Solange Ihr Kind seine Hörsysteme nur eine gewisse Zeit pro Tag trägt, achten Sie darauf, in dieser Zeit verstärkt mit ihm zu sprechen und sich besonders mit ihm zu beschäftigen. o Sind die Ohren ihres Kindes sehr klein und weich und fallen die Hörgeräte deshalb ständig von den Ohren, hilft ein hautfreundliches doppelseitiges Toupetklebeband. Bei jedem neuen Raufgeben des Hörgerätes erneuern. Was tun, wenn Ihr Kind seine Hörsysteme ablehnt? Bleiben Sie ruhig und geduldig, aber geben Sie nicht nach. Wenn sich Ihr Kind seine Hörsysteme immer wieder aus den Ohren zieht, bleiben Sie geduldig und setzen Sie sie einfühlsam immer wieder ein. Wenn Ihr Kind die Hörsysteme sofort wieder herausnimmt, warten Sie am besten einige Zeit, bevor Sie sie wieder einsetzen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 40 FLIP HÖREN Stellen Sie eine Belohnung in Aussicht. Kinder lieben Belohnungen und Geschenke. Stellen Sie Ihrem Kind daher eine kleine Belohnung in Aussicht, wenn es seine Hörsysteme jeden Tag für eine festgelegte Zeit trägt. Verhandeln Sie ruhig über den „Preis“, der ihm am Ende der Woche zusteht. So wächst die Vorfreude auf den begehrten Gewinn und Ihr Kind verbindet seine Hörsysteme mit einem positiven Erlebnis. Suchen Sie nach Gründen für die Ablehnung. Gerade kleine Kinder können oft noch nicht sagen, was sie empfinden. Wenn Ihr Kind sich seine Hörsysteme immer wieder herausnimmt, könnte dies auch ein Zeichen dafür sein, dass es zu laut oder zu leise ist oder unbequem in der Ohrmuschel sitzt. Beobachten Sie Ihr Kind sorgfältig. Wenn es gerötete Ohren hat, schmerzende Stellen auftreten oder das Ohrpassstück zu groß ist, sollten Sie sofort Ihren Hörgeräteakustiker aufsuchen. Hörimplantatsysteme Hörimplantate sind hochentwickelte und komplexe elektromedizinische Systeme zur Behandlung von Personen mit Hörverlusten, die nicht mit konventionellen Hörgeräten behandelt werden können. Sie umgehen den funktionsuntüchtigen Teil des Ohrs und ermöglichen ein natürliches Hörerlebnis. Cochlea-Implantatsysteme - CI Ein Cochlea-Implantatsystem (CI) ist ein elektromedizinisches System zur Behandlung von Personen mit hochgradigem Hörverlust, deren Hörnerv noch funktioniert. Es kann sowohl bei prälingualer, als auch bei postlingualer Gehörlosigkeit bei Erwachsenen und Kindern angewandt werden. Die Stimulation von Sinneszellen in der Cochlea ermöglicht es CI-Trägern, Sprache und Geräusche wahrzunehmen und zu verstehen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 41 FLIP HÖREN Ein Cochlea-Implantatsystem besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen: Der externe CI-Audioprozessor Der CI-Audioprozessor besteht aus einer Kontrolleinheit, einem Batterieteil, einem Kabel und einer Spule für die drahtlose Übertragung von Signalen durch die Haut zum Implantat. Beide sind mit modernster Elektronik und Software ausgestattet. Das Implantat Das Implantat wird operativ unter der Haut hinter dem Ohr platziert. Es besteht aus einem Gehäuse, in das die Elektronik und die Empfangsspule zum Empfangen der Signale vom Prozessor integriert sind, einem Elektrodenarray und einer Referenzelektrode. Wie ein Cochlea-Implantatsystem funktioniert Cochlea-Implantatsysteme wandeln Schall in elektrische Pulse um. Diese elektrischen Pulse stimulieren den Hörnerv, und das Gehirn interpretiert sie als akustisches Ereignis. 1. Schallwellen werden vom Mikrofon des CI-Audioprozessors aufgenommen. 2. er CI-Audioprozessor analysiert die Schallschwingungen und wandelt sie in ein spezielles elektrisches Pulsmuster um. 3. Dieses Pulsmuster wird zur Spule und anschließend durch die Haut zum Implantat gesendet. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 42 FLIP HÖREN 4. Das Implantat decodiert das Pulsmuster und leitet es an die Elektroden in der Cochlea weiter. 5. Die Elektroden stimulieren die Cochlea. 6. Der Hörnerv empfängt das Signal und schickt es an das Hörzentrum im Gehirn. Das Gehirn erkennt das Signal als akustisches Ereignis (Geräusch, Sprache). Zehntausende Erwachsene und Kinder mit Hörverlust können so die Welt der Klänge erleben. Wie bekomme ich ein Cochlea-Implantatsystem? Implantatsysteme eignen sich für Menschen mit schwerem bis völligem Hörverlust. Eine Implantation kann bereits einige Monate nach der Geburt oder auch erst in fortgeschrittenem Alter erfolgen. CIs umgehen den nicht funktionierenden Teil des Innenohrs und ermöglichen damit Sprachverständnis, Musikwahrnehmung und ganz allgemein Kommunikation mit der Umwelt. Untersuchungen Vor der Operation müssen sich Kandidaten für ein Cochlea-Implantatsystem einer Reihe von Routineuntersuchungen unterziehen. Diese helfen auf der einen Seite dem CI-Team, den allgemeinen Gesundheitszustand und individuelle Bedürfnisse des jeweiligen Kandidaten zu erfassen, auf der anderen Seite ermöglichen sie den Kandidaten, realistische Erwartungen an das Cochlea-Implantatsystem zu stellen. Die Operation Der interne Teil eines CI-Systems wird hinter dem Ohr unter die Haut implantiert. Der Chirurg führt den Elektrodenarray in die Cochlea ein. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 43 FLIP HÖREN Für erfahrene HNO-Chirurgen ist die Operation ein Routineeingriff und dauert normalerweise zwischen einer und drei Stunden. Die mit einer CI-Operation verbundenen Risiken sind im Vergleich mit anderen operativen Eingriffen am Ohr gering. Ihr behandelnder Arzt wird Sie über alle Einzelheiten der Operation informieren. Die Aktivierung eines Cochlea-Implantatsystems Der Audioprozessor eines CI-Systems wird zwischen zwei und sechs Wochen nach der Operation aktiviert. Von diesem Zeitpunkt an kann der Nutzer die Welt des Klangs in all ihren Facetten wahrnehmen. CI für Kinder Das Gehör ist einer unserer wichtigsten Sinne. Hören ermöglicht uns, sprechen zu lernen, soziale und kommunikative Fähigkeiten zu erwerben, Musik zu genießen und eine Welt der Klangvielfalt zu erleben; unser Gehör warnt uns aber auch rechtzeitig vor nahenden Gefahren. Die Erkenntnis, dass ein Kind an einem schweren Hörverlust leidet, ist für Eltern meistens ein Schock. Sie sind plötzlich mit Fragen und Entscheidungen konfrontiert, die den weiteren Lebensweg ihres Kindes wesentlich beeinflussen. HNO-ÄrztInnen, KinderaudiologInnen und SprachtherapeutInnen können Betroffenen mit professionellem Rat und Unterstützung beistehen. Erfreulicherweise gibt es viele Gruppen und Organisationen, die Hilfe anbieten und Eltern die Möglichkeit geben, ihr Wissen und ihre Erfahrungen auszutauschen. Eltern, die eine Cochlea-Implantation für ihr Kind in Betracht ziehen, müssen schwierige Entscheidungen treffen. Ein Cochlea-Implantatsystem ist mehr als nur ein medizinisches Gerät. Es ist eine leistungsstarke Kombination der neuesten Errungenschaften aus Technologie, Wissenschaft und Medizin. Begleitet von einem effizienten Rehabilitationsprogramm, können Cochlea-Implantate Ihrem Kind viele Möglichkeiten eröffnen, etwa Sprache zu erlernen, die Sprechfähigkeit zu verbessern, Musik zu hören und allgemein das Selbstbewusstsein Ihres Kindes zu fördern. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 44 FLIP HÖREN Früherkennung und Frühförderung: Erste Schritte zum Erfolg Das Gehör eines Kindes entwickelt sich ab dem dritten Schwangerschaftsmonat. Kinder mit gesundem Gehör kommunizieren von Geburt an. Sie hören alle Töne und Geräusche in ihrer Umgebung und erkennen vertraute Stimmen schon in den ersten Tagen. Durch das Nachahmen der Geräusche, die sie hören, lernen sie sprechen. Vorteile einer frühen Cochlea-Implantation Wenn das Gehirn Höreindrücke niemals verarbeitet hat, verlernt es diese Fähigkeit nach wenigen Jahren. Da sich das Gehirn von Kindern schneller und leichter an neue Höreindrücke anpasst, ist eine frühe Cochlea-Implantation sehr wesentlich für die Versorgung Ihres Kindes mit wichtigen akustischen Informationen. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die bei der Implantation jünger als zwei Jahre waren, schneller ein offenes Sprachverständnis erreichen als ältere Kinder. Früh implantierte Kinder, die vor dem Erlernen von Sprache ertaubt sind („prälingual ertaubt“), lernen Sprache nachweislich ebenso rasch wie gleichaltrige hörende Kinder. Kinder, die als Säuglinge oder Babys mit einem Cochlea-Implantatsystem versorgt wurden, erhalten Höreindrücke in einem Alter, in dem das Gehirn für das Erlernen von Sprache am aufnahmefähigsten ist. Ihre Hör- und Sprachentwicklung kann mit normal hörenden Kindern verglichen werden; sie lernen fast natürlich sprechen. Das Mindestalter von Kindern bei Cochlea-Implantationen ist in den vergangenen Jahren dank besserer Operationstechniken und überzeugenden Ergebnissen ständig nach unten korrigiert worden. Manche Babys wurden bereits im Alter von wenigen Monaten mit einem CI versorgt. Auf Kinder, die ihr Gehör erst nach der Geburt verloren haben, trifft Ähnliches zu: je kürzer die Zeitspanne ohne Höreindrücke, desto größer der wahrscheinliche Nutzen durch das CochleaImplantatsystem. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 45 FLIP HÖREN Das Implantationsalter ist nur ein Faktor, der den Nutzen Ihres Kindes aus dem Cochlea-Implantatsystem beeinflusst. Eine Umgebung, in der viel gesprochen wird und viele akustische Reize angeboten werden (singen, Musik, etc.), ein gut angepasster CI-Audioprozessor, Motivation, Rehabilitation und eine realistische Erwartungshaltung, sind weitere wichtige Parameter, die zum Hörerfolg Ihres Kindes beitragen. Es ist äußert wichtig, viel mit dem Kind zu reden, auch wenn es nicht alles versteht. Das ist die beste Möglichkeit, den Spracherwerb und das Sprechen Ihres Kindes zu fördern. Mimik und Körpersprache unterstreichen die Bedeutung Ihrer Worte und helfen Ihrem Kind, Sie besser zu verstehen. Nach der Implantation: Rehabilitation und Training Etwa drei bis sechs Wochen nach der Operation kann das Cochlea-Implantatsystem zum ersten Mal aktiviert werden. Ein Audiologe stellt bei der sogenannten Erstanpassung den CI-Audioprozessor genau auf das Gehör Ihres Kindes ein. Am Anfang benötigt Ihr Kind regelmäßige Anpassungen zur Feineinstellung des CIAudioprozessors. Da sich das Gehirn erst allmählich an Höreindrücke gewöhnt, können Geräusche, die bei der Erstanpassung laut genug waren, mit der Zeit zu leise werden. Deshalb sind regelmäßige Anpassungen wichtig für den Erfolg Ihres Kindes mit dem CI. Eine hohe Motivation der Eltern und die aktive Unterstützung Ihres Kindes sind wichtig für den Erfolg mit dem Cochlea-Implantatsystem. Ihr Kind muss den CIAudioprozessor regelmäßig tragen, um das Gehirn zu trainieren und den Fortschritt mit dem CI nicht zu verzögern. Fragen Sie bei Interesse ihre Flip-Therapeutin um Infomationsmaterial (CDs, Broschüren) zu Cochleaimplantaten. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 46 FLIP HÖREN Ling-Test Praktische Überprüfung der Wirksamkeit von Hörgeräten oder von Cochleaimplantaten: Der Ling-Test wurde von Daniel Ling, Kanada, für Eltern, Lehrer und Therapeuten konzipiert. In Nordamerika wird er von allen Vertretern der oralen Methode empfohlen und eingesetzt. Zu Beginn eines jeden Tages können Eltern auf einfache Weise die Funktionsfähigkeit der Hörhilfe testen. Auch im Verlauf des Tages können sie mehrmals spielerisch von ihrem kleinen Kind, wenn es den Test kennt, die 5 Sprachlaute einfordern. So haben Sie Kontrolle über die Qualität der Wahrnehmung Ihres KIndes und zusätzlich wird ein Übungseffekt im bewussten Hören erzielt. Zu Beginn jeder Hörerziehungs- oder Artikulationssitzung ist der Test unbedingt durchzuführen; das Kind stellt sich auf das konzentrierte Zuhören ein; es wird quasi hör- gerichtet. Besonders empfehlenswert ist der Ling-Test nach der Neuanpassung beim Akustiker oder in der Klinik, um die Wahl der Hörhilfe und damit die Qualität der Wahrnehmung zu überprüfen und abzusichern. Der Test ist verblüffend einfach und führt dennoch zu verlässlichen Aussagen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 47 FLIP HÖREN Die (erweiterte) Liste der Ling-Laute: A I U SCH S F M Diese Laute repräsentieren das gesamte Frequenzspektrum der Sprache. Sie werden benutzt, um festzustellen, ob das Kind mit seinen Hörhilfen Sprache verstehen kann. Testdurchführung: Die Eltern oder der Therapeut müssen überprüfen können, welche Laute ein Kind hören und akustisch unterscheiden kann. Das Kind schließt die Augen. Es zeigt durch Händeklatschen oder ein anderes Signal, wenn es den angebotenen Laut hört, oder es wiederholt den Laut, wenn es ihn erkannt hat. Die für das Kind angemessene Entfernung (Hörweite) wird individuell herausgefunden. Es wird in üblicher Lautstärke gesprochen. Bei sehr jungen Kindern empfiehlt sich ein Überprüfen der Reaktionen auf die Ling Laute, die dem Kind von hinten oder mit verdecktem Mundbild vorgesprochen werden. Optimale Situationen sind hierbei Zeiten unmittelbar nach Einsetzen der Hörgeräte nach dem Aufwachen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 48 FLIP HÖREN Worauf Sie im Einzelnen achten sollten, wenn Sie selbst die Hörhilfe mit dem Stethoclip überprüfen bzw. abhören: o Alle 7 Sprechlaute sollten ohne störende Verzerrung verstärkt werden. o Die 3 Vokale (a, i, u) sollten gleich laut gehört werden, und die Konsonanten (s, sch, f, m) sollten klar und deutlich erkennbar sein. o Ein /s/, das Sie nicht hören können, kann das hörbehinderte Kind selbstverständlich auch nicht hören. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 49 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Die kindliche Entwicklung Das erste Lebensjahr bringt viele Veränderungen in der Selbstständigkeit, in der körperlichen Entwicklung und in der Sprachentwicklung mit sich. Das Wichtigste, was Sie als Eltern für Ihre Kinder tun können ist, sie mit Sicherheit, Wärme und Aufgeschlossenheit zu umgeben. Es ist wichtig zu wissen, wie sich ein Kind sprachlich normal entwickelt, um das Kind angelehnt an den gesunden Spracherwerb fördern zu können. Außerdem ist es nötig, die Entwicklungsschritte Ihres Kindes zu beobachten, d.h. die innerhalb eines entsprechenden Zeitfensters zu erwartenden Fertigkeiten zu überprüfen. Eine Schwerhörigkeit wirkt sich auf Entwicklungsmeilensteine aus, speziell in den Bereichen der Hör-, Sprach- und Sprechentwicklung. Die Entwicklungsmeilensteine können in Form von Prüflisten kontrolliert werden, anhand von formellen Beurteilungen und mit Hilfe der FLIP-Therapeutin. Darüber hinaus erfolgen linguistische und entwicklungsneurologische Kontrolluntersuchungen am Institut für Sinnes- und Sprachneurologie, nach denen Sie ausführlich über den Entwicklungsstand Ihres Kindes informiert werden. Ziel aller Entwicklungsbeobachtungen und –kontrollen Ihres Kindes ist es, in der Förderung genau da anzusetzen, wo Ihr Kind in seiner Entwicklung gerade steht, das heißt, Überforderungen aber auch Unterforderungen zu vermeiden. Jedes Kind ist einzigartig und entwickelt sich unterschiedlich schnell, innerhalb der zeitlich definierten Entwicklungsphasen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Prüfliste für die Entwicklung Die folgende Prüfliste ist eine Zusammenfassung mehrerer Veröffentlichungen von standardisierten Entwicklungsmeilensteinen. Das Neugeborene Das Neugeborene schläft sehr viel und sein Schlaf kann leicht, regelmäßig oder tief sein. Wenn es einen leichten Schlaf hat, kann man viele unterschiedliche Verhaltensmuster erkennen, wie zum Beispiel Lächeln, Wimmern oder Grimassieren. Das Schlafmuster des Neugebornen verläuft in kurzen, sich oft wiederholenden Phasen. Ein Neugeborenes schreit sehr viel, was wiederum eine frühe Form von Kommunikation darstellt. Es lässt einen wissen, dass es Aufmerksamkeit braucht, weil es vielleicht hungrig, müde oder frustriert ist. Kognition Das Neugeborene verwendet seine Sinne um seine Umwelt wahrzuneh- (Denken und men: Lernen) − Visuelle Wahrnehmung (Sehen): Das Neugeborne sieht Gegenstände, die sich im geringen Abstand zu ihm befinden. Es folgt sich bewegenden Gegenständen mit seinem Blick − Olfaktorische Wahrnehmung (Riechen): Das Neugeborene wendet sich von intensiven und unangenehmen Gerüchen ab − Taktile Wahrnehmung (Tasten): Beim Neugeborenen sind die Hände und der orale Bereich am empfindlichsten − Auditive Wahrnehmung (Hören): Das Neugeborene kann bereits zwischen verschiedenen Geräuschen unterscheiden und darauf reagieren, wenn keine Hörstörung vorliegt FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 51 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Motorik − Das Neugeborene reagiert großteils über reflektorische Bewegungen, (Bewegung) wie zum Beispiel Schlucken, Saugen, Husten, Gähnen oder Blinzeln auf seine Umwelt − Die frühkindlichen Reflexe, wie zum Beispiel der Brustsuchreflex (das Baby wendet sich auf die Seite der Wange, welche von den Eltern berührt wurde), der Schreckreflex (wird ausgelöst durch plötzliche, laute Geräusche; dieser fehlt bei Babys mit mittelgradiger- und hochgradiger Schwerhörigkeit, die keine Hörgeräte haben) können beobachtet werden. Reflexe sind im Neugeborenenalter lebensnotwendig − Einen weiteren Automatismus stellen auch die gefausteten Hände dar − Die Augen funktionieren noch unabhängig voneinander Sprach- und − Das Neugeborene hat bereits Interesse am Klang und Rhythmus der Sprechvermögen Sprache − Das Neugeborene kommuniziert über Glucksen, Schreien und Gurren mit seiner Umwelt, um seine Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen − Es findet Gefallen an der direkten Kommunikation von Angesicht zu Angesicht über den Blickkontakt Soziale − Das Neugeborene schläft 17 bis 19 Stunden pro Tag, wobei es großteils Entwicklung durch das Hungergefühl wach wird und nach der Fütterung wieder ein- (Beziehungsauf- schläft nahme und – − Das Neugeborene sucht engen Körperkontakt zur Bezugsperson. Es pflege) reagiert adäquat, zum Beispiel auf Trost durch positive Reaktionen (Gurren) und negativ (Schreien) auf Schmerzen. Es kann somit Zufriedenheit oder Unbehagen zum Ausdruck bringen - Es beginnt eine intensive Bindung zu den Eltern einzugehen − Je nachdem, wie sich das Neugeborene in der Umgebung einer anderen Person wohl fühlt, passt es seine Körperhaltung der Situation an, indem es sich zum Beispiel bei Wohlgefühl entspannt und ruhig wird oder bei Unbehagen mit den Händen und Beinen zu strampeln beginnt − Aber: Jedes Neugeborene ist ein Individuum und unterscheidet sich im Blickkontakt, in der Körperhaltung, seiner Aktivität und seinen Reaktionen von anderen Neugeborenen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 52 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Ernährung des Säuglings und des Kleinkindes Der Saug-Schluck-Reflex hat nach der Geburt lebenserhaltende Funktion. Dieser Reflex sollte sich in den ersten Lebensmonaten zu einem gegen den Gaumen gerichteten Schlucken wandeln. Durch ungünstige Säuglings- und Kleinkindernährung kann das Schlucken gegen die Zähne und Lippen aufrechterhalten bleiben. Stillen 6-monatiges Stillen wirkt einer Störung der Mundfunktionen (Saugen, Kauen Schlucken) entgegen. Stillen bewirkt eine intensive Aktivierung der Gesichtsmuskulatur. Beachten Sie beim Stillen: 6 Stillmahlzeiten à 20 min oder, wenn das Kind nicht so lange saugt, entsprechend häufigeres Stillen pro Tag (sodass kein Zufüttern notwendig wird) ist ideal. Ein zu starker Milchfluss veranlasst das Kind, die Zunge nach vorne zu schieben, um diesen zu stoppen. In diesem Fall sollten Sie vor dem Stillen etwas Milch herausdrücken, damit ihr Kind normal saugen kann. Bei zu frühem Abstillen z.B. nach 6 Wochen, ist der Übungseffekt für die Mundmuskulatur nicht groß genug. (ca. 6 Monate!). Das korrekte Stillen ist das beste Mittel, einer ungünstigen Entwicklung der Mundmuskulatur entgegenzuwirken. Beim Stillen werden die Kau-, Lippen- und Zungenmuskeln in adäquater Weise eingesetzt. Die Zunge übt das spätere gegen den Gaumen gerichtete Schlucken. Dadurch wird die Gaumen- und Kieferentwicklung günstig beeinflusst. So können spätere Zahn- und Kieferanomalien weitgehend vermieden werden. Außerdem wird die Zungen- und Lippenmuskulatur so trainiert, dass ein guter Mundschluss und richtiges Sprechen möglich sind. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 53 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Flaschenernährung Wenn Sie Ihren Säugling mit der Flasche ernähren, sollten Sie auf folgendes achten: Häufig werden noch Flaschensauger mit zu kleinem Durchmesser des Lippenschildes angeboten. Bei kleinem Durchmesser kann dieses Lippenschild vom Säugling zwischen die Lippen gebracht werden, woraus eine zu geringe Lippenspannung resultiert. Bei großem Durchmesser liegen die Lippen fest um den Nippel, den die Zunge zum Saugen fassen muss. Die Zunge ist gezwungen, wie beim Stillen, den Nippel nach oben zu nehmen und ihn gegen den Gaumen auszusaugen. Eine Vergrößerung des Sauglochs mit einer Nadel hat einen ungünstigen Einfluss auf die Mundmotorik. Das Kind wehrt sich gegen den viel zu schnellen Milchandrang, indem es die Zunge vorschiebt. Dadurch wird das Verhalten des Zungenstoßes nicht abgebaut, sondern verstärkt. Essen und Trinken Nach dem Abstillen oder Flaschetrinken mit 4–6 Monaten sollte das Kind an das Essen mit dem Löffel und das Trinken aus der Tasse gewöhnt werden. Achten Sie dabei auf eine gute Haltung. Das Füttern mit schlechter Kopf- und Körperhaltung kann die Entwicklung einer guten Mundfunktion beeinträchtigen. Wie soll das Kind gelagert werden? Der Kopf sollte vom Nacken her gestreckt und symmetrisch etwas nach vorne in Richtung Brustbein gebeugt sein. Und so füttern Sie richtig: Drücken Sie den Löffel leicht auf den Zungenrücken des Kleinkindes, dadurch kommt es zu einer Gegenbewegung der Zunge. Sie legt sich beim anschließenden Schlucken an den Gaumen. Ziehen Sie den Löffel gerade aus dem Mund, die Lippen des Kindes sollen nach dem Brei „greifen“. Für die Lippenfunktion ist es sehr ungünstig, den Löffel nach oben hin abzustreifen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 54 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Art der Nahrung Zu weiche und viel süße Nahrung regt die Mundmuskulatur nicht genügend an. Sie wirkt erschlaffend auf die Muskulatur. Bieten Sie dem Kind feste Nahrung an, um ein gutes Kauverhalten und eine richtige Ernährungsweise anzulegen. Beim Kauen soll das ganze Gesicht, also die Kau- und Gesichtsmuskulatur, mitarbeiten. Wichtig: Das Kind sollte an verschiedene Geschmacksrichtungen gewöhnt werden - nicht nur an süße. Zucker macht süchtig nach erneutem Zuckergenuss und verursacht starke Blutzuckerschwankungen. Er verhindert, dass andere, gesunde Nahrungsmittel überhaupt noch schmecken. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 55 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Entwicklungsskalen Monat Kognition Motorik Sprache Persönlichkeit 1 LM •Das Neugeborene hört gerne Musik •Es ist pro Tag durchgängig 2 bis 3 Stunden wach •Es beruhigt sich, wenn es getragen wird oder wenn es einen interessanten Gesichtsausdruck sieht •Der Säugling beobachtet mit großen Augen die Umgebung •Er bevorzugt Personen gegenüber Gegenständen •Er hat Vorfreude auf bestimmte Objekte •Die Bewegungen sind reflexartig •Die Augenbewegungen sind nicht koordiniert •Es erfolgen unterschiedliche Reaktionen auf Stimmen •Es reagiert auf ein Lachen der Umgebung mit einer Veränderung der eigenen Mimik •Der Säugling verbringt die meiste Zeit in Rückenlage und kann den Kopf nur ruckartig (unkoordiniert) bewegen •Der Säugling macht kurze, kehlige, gurrende Laute • Die visuellen Fertigkeiten verbessern sich •Der Säugling beginnt, bekannte Objekte zu erkennen und betrachtet seine eigenen Hände über einen längeren Zeitraum •Er sucht bereits nach Schallquellen •Der Säugling imitiert die Gestik des Gegenübers und exploriert verschiedene Objekte mit dem Mund. Er kaut gerne an unterschiedlichen Materialien. •Der Unterkörper ist aktiver als der Oberkörper. Der Säugling wackelt mit den Füßen und strampelt in die Luft oder auf verschiedene Untergründe •Er kann bereits mit viel Unterstützung sitzen •Der Oberkörper ist aktiver als der Unterkörper •Der Säugling beginnt um die eigene Achse zu rollen und sitzt gerne mit Unterstützung •Wenn er in den Stand hochgezogen wird, presst er die Füße gegen die Oberfläche und steht kurz an •Er kann den Kopf in alle Richtungen bewegen und kann nach Dingen suchen •Der Säugling gurrt (Vokale) und quietscht vergnügt vor sich hin •Es folgen Lautäußerungen auf die Stimme der Mutter hin •Der Säugling kann sich selbst durch Saugen beruhigen •Er beobachtet Personen und fesselt sie durch Anlächeln •Er bleibt länger wachsam, wenn jemand mit ihm spielt •Das Schreien nimmt ab und der Säugling beginnt zu lallen, wenn jemand mit ihm spricht •Es erfolgen positive Reaktionen auf bekannte Gesichter 2 LM 3 LM 4 LM •Der Säugling lallt und gurrt verstärkt (hörende Babys lallen ab dem 3. LM mit Vokaltönen) und lächelt viel •Der Säugling spielt mit den Fingern und Zehen. Er hat Freude an bekannten Routinen und wendet sich gezielt Personen zu oder von ihnen ab FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 56 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Monat Kognition Motorik Sprache Persönlichkeit 5 LM •Der Säugling ist bis zu zwei Stunden wachsa. •Er möchte Objekte angreifen, halten, drehen und oral explorieren •Er kann schnellen Bewegungen visuell folgen und erkennt bekannte Objekte •Er imitiert Bewegungen und Geräusche und lässt ein Objekt zielgerichtet fallen, um ein anderes nehmen zu können •Der Säugling verwendet Vokale beim Lallen (a, o, e) und lallt auch mit Konsonanten, vor allem die Laute /b/, /d/, /m/ treten auf •Der Säugling lacht und lautiert beim eigenen Anblick im Spiegel •Er trommelt, schlägt spielerisch auf Gegenstände und protestiert, wenn die Eltern versuchen ihm seine Spielsachen wegzunehmen •Er bevorzugt das Spiel mit Rasseln und kann Vorfreude zeigen 6 LM •Der Säugling greift nach Objekten, die hinunterfallen oder hinuntergefallen sind. •Die visuelle Wachheit dauert einen halben Tag an •Er kann nach Objekten greifen, die er sieht und sie aufheben •Er beginnt bei Wohlbefinden zu gurren und hört zum Beispiel bei Musik auf zu weinen •Wenn er auf dem Bauch der Mutter liegt, bewegt er sich in Richtung Brust •Es gibt bereits leichte Ansätze zu stehen •Er sitzt mit Unterstützung 30 Minuten lang und kann mit Unterstützung ein Fläschchen in der Hand halten •Er greift und wirft Objekte mit beiden Händen und bringt die Füße zum Mund, um diese oral explorieren zu können •Der Säugling kann mit Unterstützung stehen und ist sehr lebhaft •Er sitzt mit wenig oder gar keiner Unterstützung frei •Er kann das Fläschchen alleine sicher halten •Der Säugling quietscht, brummt und kichert vergnügt vor sich hin •Vokale werden in Kombination mit Konsonanten verwendet •Er hört auf seinen eigenen Namen 7 LM •Der Säugling imitiert verschiedene Gesten und schaut gezielt auf Bilder, wenn diese benannt werden •Er zeigt Interesse an Details •Zur Vorwärts- und Rückwärtsbewegung verwendet der Säugling Hände und Knie •Er hält verschiedene Objekte in den beiden Händen und schlägt sie zusammen •Die Hände sind frei während des Sitzens •Der Säugling sagt /ma-ma/ und /baba/ jedoch noch ohne Bedeutung für Mama und Papa •Er verwendet Vokale und Konsonanten •Der Säugling grinst das eigene Spiegelbild an und ahmt verschiedene Gesichtsaudrücke nach •Er spielt gerne „GuckGuck“ •Er schläft üblicherweise die Nacht durch •Er spielt 2-3 Minuten mit einem Spielzeug und schaut zielgerichtet nach bekannten Dingen, wenn diese benannt werden •Der Säugling beginnt zu fremdeln •Er unterscheidet positive und negative Stimmqualitäten voneinander •Er geht geschickt mit Alltagsgegenständen (Löffel, Tasse) im Spiel um und isst mit den Fingern FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 57 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Monat Kognition Motorik Sprache Persönlichkeit 8 LM •Der Säugling nimmt und gibt kleine Sachen in verschiedene Behälter •Er kann bereits kleine Probleme lösen, deren Handlung ihm bekannt sind •Er sucht nach Objekten, die versteckt wurden •Der Pinzettengriff (Zeigefinger und Daumen greifen nach etwas) verfeinert sich •Der Säugling kann sich an Möbeln in den Stand aufziehen •Er krabbelt rückwärts und macht Schritt-fürSchritt-Bewegungen •Der Säugling wirft Dinge weg, die er nicht mag und ist hartnäckig, wenn er ein bestimmtes Spielzeug nehmen möchte •Die Bindung zur Mutter verstärkt sich in diesem Lebensalter noch 9– 12 LM •Die Exploration des eigenen Körpers und von Fremdobjekten steht noch immer stark im Vordergrund, wobei die orale Exploration dominiert •Der Säugling beginnt Objekte in andere zu stecken und hat Spaß am Stapeln von Dingen 13 – 15 LM •Das Kleinkind schaut sich gezielt für einige Sekunden lang ein Bild im Bilderbuch an •Es steckt kleine Objekte in eine Schachtel oder in ein Loch und hat noch kein Verständnis für Gefahren •Es beginnt zu verstehen, dass es durch eine bestimmte Verhaltensweise ein bestimmtes Reaktions-verhalten vom Gegenüber hervorrufen kann •Es sucht nach versteckten Spielsachen •Das Krabbelmuster hat sich stabilisiert und der Säugling kann sich nun selbstständig in den Stand hochziehen •Er hat Spaß daran, mit Hilfe die ersten Schritte zu gehen und er isst gerne selbstständig mit den Fingern • Der Säugling „tanzt“ zu Musik •Er lässt Objekte fallen und hebt sie dann wieder auf. Er kann sie jedoch noch nicht zielgerichtet ablegen •Er sucht nach versteckten Spielsachen •Das Kleinkind bückt sich, um einen Gegenstand aufzuheben •Es krabbelt rückwärts die Treppe hinunter und dreht den Oberkörper, während es sitzt •Es macht die ersten selbstständigen Schritte und kann zwei Objekte in einer Hand halten •Es hält einen Becher mit Hilfestellung in beiden Händen •Es bewegt sich zu Musik und tanzt mit •Es kritzelt gerne und ist sehr aktiv. •Der Säugling verwendet zweisilbige Lautäußerungen und schreit damit nach den Eltern •Das Lallen differenziert sich und das Lautinventar der Muttersprache wird übernommen und gefestigt •Das erste Wort wird gesprochen oder gebärdet •Der Säugling winkt situationsadäquat „auf Wiedersehen“ •Er ruft den Eltern zu, um deren Aufmerksamkeit zu erlangen und imitiert Geräusche (zum Beispiel Tierlaute) •Er versteht kurze Anweisungen und kann diese korrekt ausführen, zum Beispiel „gib mir…“ •Er versteht das Wort „nein“ •Das Kleinkind spricht 3 – 8 Wörter •Es gibt auf Aufforderung hin das richtige Spielzeug her und versteht Namen und Objekte, die ihm wichtig und bekannt sind •Es reagiert adäquat auf die Fragestruktur „Wo“ und versteht „auf“ und „zu“ •Es kennt die Namen der Objekte, die täglich verwendet werden und imitiert Wörter ohne Verständnis der Wortbedeutung. •Es konzentriert sich auf jeweils EINE Person •Das Kleinkind wirft Objekte weg, die es nicht haben will und bietet anderen Personen Spielsachen an •Es imitiert das Verhalten der Bezugspersonen und hat Lieblingsspielsachen •Es spielt gerne „GuckGuck“ und fremdelt noch immer •Es zeigt den Wunsch zum Schlafengehen und hat Freude an Applaus und Lob •Es verlangt Aufmerksamkeit und möchte die Eltern immer in Sichtweite haben •Es bevorzugt bestimmte Personen •Es versucht selbstständig mit dem Löffel zu essen •Der Säugling wirft Objekte, die er nicht mag weg und bietet anderen Personen Spielsachen an •Er imitiert das Verhalten der Eltern •Er hat schon Lieblingsspielsachen und – spiele und spielt gerne „Guck-Guck“ •Der Säugling fremdelt noch immer gegenüber unbekannten Personen •Er zeigt den Wunsch zum Schlafengehen selbstständig FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 58 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Monat Kognition Motorik Sprache Persönlichkeit 16 – 18 LM •Das Kleinkind schaut gerne Bilderbücher an •Das Spielverhalten wird komplexer. Es liebkost Puppen und Stofftiere •Nun kann das Kleinkind bereits sicher gehen und sitzt selbstständig auf einem Sessel •Es geht die Treppe mit Hilfe eines Erwachsenen sicher hinauf und hinunter •Es wirft den Ball zu und versucht einen Ball zu fangen •Das Kleinkind geht gerne Baden und spielt gerne mit Wasser •Es spielt mit dem Essen und versucht die Schuhe selber anzuziehen •Es spielt gerne mit anderen Bezugspersonen zusätzlich zur Mama und winkt „auf Wiedersehen“ •Es zeigt erste Selbstständigkeit •Es spielt gerne verstecken, suchen und mit Bällen 19 – 21 LM •Das Kind erkennt Gefahren und kann Angst ausdrücken •Es macht einfache Puzzles mit zwei oder drei Teilen und erkennt bestimmte Objekte auf einer Abbildung in Büchern •Das Kind kann sicher laufen •Es baut Türme mit 4 oder 5 Bausteinen und setzt sicht selbstständig auf einen Kindersessel •Die Aufmerksamkeit für verbale Kommunikations-phasen verlängert sich •Das Kleinkind spricht oder gebärdet ca. 10 bis 50 Wörter aktiv •Es beginnt ZweiWort-Sätze zu verwenden, wobei die Wörter, die verwendet werden, Bedürfnisse ausdrücken •Es erfragt Bilder aus einem Buch, indem es auf sie zeigt •Es zeigt Ablehnung mit zusätzlichem Körpereinsatz •Das Kind zeigt auf den Körperteil, wenn Sie ihn benennen •Es bildet korrekte Zwei-Wort-Sätze und sagt „ein“ und „aus“ 22 – 24 LM •Das Kind baut gerne Türme und wirft sie dann wieder um •Es entwickelt die Fähigkeit für Humor •Es ist neugierig auf nicht bekannte Personen und Objekte •Es wirft Gegenstände über den Kopf hinweg •Das Kind klettert alleine auf einen Sessel •Es hüpft mit beiden Füßen aus dem Stand •Es hebt Gegenstände vom Boden auf, ohne dass sie ihm wieder hinunterfallen •Es fädelt große Perlen auf eine Schnur auf •Das Kind verwendet das Fragewort „Was?“ •Wiederholungen eines Buches sind besonders interessant •Das Kind verwendet einfache 1- oder 2Wort-Fragesätze •Es hört gerne zu, wenn die Eltern einfache Geschichten erzählen •Es kennt 3 bis 5 verschiedene Körperteile in der Wortform •Der aktive Wortschatz liegt bei 20 bis 50 Wörtern (verwendet werden Wörter, die im Alltag gebräuchlich sind) •Das Kind kann selbstständig mit dem Löffel und der Gabel essen •Es hat Spaß daran, sich auszuziehen und nackt herumzulaufen •Es fährt gerne mit dem Bobycar •Es spielt selbstständig, die Eltern müssen nur mehr in der Nähe sein •Das Kind kommt, wenn es gerufen wird •Es hilft gerne bei der Hausarbeit mit und testet Grenzen aus •Es ist beleidigt, wenn es kritisiert wird •Es stellt andere Personen gerne zufrieden FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 59 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Monat Kognition Motorik Sprache Persönlichkeit 25 – 30 LM •Das Kind schaut gerne Bücher an und blättert dabei selber um •Im Vordergrund steht die Entdeckung des „Ich“ •Es versteht einfache Ursache-WirkungAufgaben •Das Kind versteht lange, zusammengesetzte Sätze mit HauptsatzNebensatz-Struktur •Es sagt „ich mag“ und gebärdet Phrasen von Liedern mit •Es fängt an, Verneinungen zu bilden •Das Kind zeigt anderen Personen stolz, wie selbstständig es schon ist •Die Bindung zur Mutter ist sehr intensiv •In diesem Lebensalter spielen die Kinder noch parallel: zwei Kinder spielen nebeneinander d.h. für sich. Es gibt noch kein gemeinsames Spiel •Das Interesse am Kritzeln wird größer 31 – 36 LM •Das Kind baut ein Konzept für Mengenverhältnisse (1 und mehrere) auf •Es erkennt unterschiedliche Farben, kann diese aber noch nicht benennen •Es kann sich bereits zwei bis drei Aufgaben merken und diese dann ausführen •Das Kind kann auf einem Fuß stehen und klettert an verschiedenen Objekten hinauf/hinunter, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen •Es spielt gerne mit beweglichem Spielzeug und kann die Türe selbstständig öffnen •Es macht einen Deckel auf (Rotation des Handgelenkes ist möglich) •Es geht auf Zehenspitzen, um leise zu sein und geht nicht mehr gerne an Mamas„ Hand. Es möchte selbstständig etwas unternehmen •Das Kind kann mit einem Dreirad fahren •Es baut Türme mit acht Bausteinen und geht die Treppe mit alternierendem Gang hinunter •In diesem Zeitfenster findet ein rapider Wortschatzanstieg statt – der Wortschatzspurt •Das Kind kann Dreibis Vier-Wortsätze bilden •Die Fragestrukturen „Was“ und „Wo“ werden gebildet •Das Kind ist besonders hilfsbereit (große Schwester/ Bruder) •Die Sauberkeitsentwick-lung spielt eine große Rolle •Es verwendet immer einen Löffel und einen Becher zum Essen und Trinken •Es kann sich selber ausziehen und beginnt mit anderen Kindern zu spielen (Fantasie- und „SoTun-Als-Ob“-Spiele) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 60 FLIP KINDLICHE ENTWICKLUNG Vorschläge für entwicklungsspezifische Spiele 0 – 3. Lebensmonat Mobile Spiegel Rasseln Anregender Gesichtsausdruck Spielsachen zum Saugen, Angreifen und Drücken Z.B: Kuschelbär, Spieluhr, ... 4. – 6. Lebensmonat Mobile Spiegel Bücher Bälle, Spielsachen mit verschiedenen Oberflächen Spielsachen für das Zahnen z.B.: Beißring, Zahnbürste, ... Bücher z.B.: Fühlbücher, Erstlingsbücher, ... 9. – 12. Lebensmonat Holzbausteine Trommel Töpfe und Pfannen Schachteln mit Deckeln Einfache Puzzles Töpfe, Trommel, Pfannen zum Geräusche machen Badespielzeug Stapel- und Sortier- Spielsachen Sachen zum Reinleeren, Umschütten oder Ausleeren Bücher z.B.: Tierbücher zum Tierlaute nachahmen, Fahrzeugbücher (Feuerwehr, Traktor, Auto, ...) 13. – 24. Lebensmonat Bauernhof 3-D-Spiel Puzzle Rutschen Puppenhaus Seifenblasen Alltagsgegenstände Spielsachen, die man schieben und ziehen kann z.B.: Ente zum nachziehen, Leiterwagen, ... Alltagsgegenstände z.B.: Staubsauger zum nachahmen von der Mama/ Papa; Bausteine zum aufbauen - umwerfen Bälle zum hin und herrollen Bücher mit Handlungsabläufen 25. bis 36. Lebensmonat Duplo Bausteine Puzzle Fahrzeuge Küche spielen Puppen für Rollenspiele Kreide, Buntstifte und Papier zum malen und basteln Bücher zum vorlesen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 61 FLIP KOMMUNIKATION Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Kommunikation Frühe Kommunikation Bei Taubheit geht es nicht um das Hören; bei Taubheit geht es um Kommunikation. Paul Ogden, The Silent Garden (1996) Kommunikation ist viel mehr als sprechen und gebärden. Kommunikation beinhaltet Schreien, Mimik, Körpersprache, Gesten, Blickkontakt, Lautieren, Lautmalereien, Wörter und Zeichen. Kommunikation bedeutet auch Gefühle des Gegenübers zu erkennen und seine Gedankenwelt zu verstehen. Es bedeutet, mit anderen Personen eine Verbindung einzugehen. Kommunikation ermöglicht, eigene Gefühle, Gedanken, Ideen und Wünsche auszudrücken. Alle Eltern warten sehnsüchtig auf das erste Wort ihres Kindes, egal ob gesprochen oder gebärdet wird. Doch schon vor dem ersten Wort kommunizieren die Kinder! Diese frühen Kommunikationssignale sind wichtige erste Schritte: sie müssen eingesetzt werden, damit darauf aufbauend die ersten Wörter gesprochen oder gebärdet werden können. Diese vorsprachliche Kommunikation zu erkennen und zu bestärken ist ein wichtiger Teil der Elternarbeit. Je früher man die Kinder zur Kommunikation ermutigt, desto mehr und schneller lernen sie. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz FLIP KOMMUNIKATION Und - Kinder lernen Kommunikation nicht von alleine - sie sind auf ihre Umgebung angewiesen. Kommunikation erfordert Interaktion, sie erfordert und fordert Sie, als Eltern! Um die frühe Kommunikationsentwicklung zu fördern sind zwei Schritte erforderlich: 1. Erkennen der frühen Kommunikationsversuche (am Gesicht, am Körper und an der Stimme), d.h. Verstehen, was das Kind mitzuteilen versucht. 2. Das Kind durch Eingehen auf diese Kommunikationsversuche dazu ermutigen, neue Versuche der Kommunikation zu starten. Das Kind soll dabei merken, dass Kommunikation Reaktionen beim Gegenüber auslöst. Wie kommuniziert das Kind mit seinem Körper? o Triangulärer Blickkontakt (Das Kind schwenkt seinen Blick von Ihnen zu einem (meist neuen) Gegenstand und danach wieder zu Ihnen zurück. Meist, um ein Erlebnis zu teilen oder auch zu erfahren, worum es sich hierbei handelt) o Lächeln oder böse schauen o Mit seinen Händen gestikulieren, um Aufmerksamkeit zu erhalten: auf etwas zeigen, winken o Gebärdenlallen (wenn es mit Gebärdensprache aufwächst) o Einsatz der Stimme, um Aufmerksamkeit zu erregen: schreien, um Bedürfnisse auszudrücken (hungrig, heiß,…) o Lachen, wenn es vergnügt ist o Lallen Es ist sehr wichtig, auf diese frühe Kommunikation zu reagieren. Indem Sie reagieren, ermutigen Sie das Kind zu mehr Kommunikation und legen die Basis für den Spracherwerb. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 63 FLIP KOMMUNIKATION Eltern-Kind-Bindung Über die ersten Formen der frühen Kommunikation entsteht eine starke ElternKind-Bindung. Frühe Kommunikation ist die Grundlage für eine stabile und anhaltende Vertrauensbeziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind. Wenn Sie Ihr Baby halten, drücken Sie Liebe, Fürsorge und Sicherheit aus. Diese Bindung zwischen Eltern und Kind ist die erste und tiefgreifendste Bindung im Leben und ermöglicht erst weitere Bindungen im späteren Leben des Kindes. Sie wollen, dass Ihr Baby glücklich, sicher und gesund aufwächst, fähig ist, zu lernen, zu lieben und sich sozial gut entwickelt. Sie wissen aber auch, dass Sie Ihr Kind nicht vor allen negativen Einflüssen beschützen können. Babys brauchen in den ersten Lebensmonaten viel Wärme, Liebe, Zuwendung von ihren Müttern oder Vätern. Diese fürsorgliche Umgebung besteht aus weit mehr als nur füttern und anziehen. Es bedeutet, die Babys in ihren Gefühlen zu verstehen und zu unterstützen. Ihr Kind braucht Blickkontakt, Knuddeln, Streicheln und Zärtlichkeit um zu einer gesunden Persönlichkeit heran wachsen zu können. Wenn Ihr Baby Ihre Zuneigung erfährt, kann es diese erwidern. Diese Bindung führt zu einem Urvertrauen, das die Basis für die Gefühlsentwicklung und das Lernen ist. Manchmal gibt es Mütter oder Väter, die aus verschiedenen Gründen Schwierigkeiten haben, eine Bindung mit ihrem Kind aufzubauen. Möglicherweise haben diese Eltern durch Behinderung oder die Krankheit des Kindes zu wenig Zeit mit ihren Kindern verbringen können. Aber auch Depressionen oder Krisen im Leben der Eltern können Ursachen für eine erschwerte Bindungsentwicklung sein. Es ist sehr wichtig, dass diese Eltern Unterstützung und Hilfe erhalten, um eine normale Eltern Kind Interaktion aufbauen zu können. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 64 FLIP KOMMUNIKATION Berührung ist der wichtigste Weg, um mit Ihrem Kind zu kommunizieren. Für ein junges hörbehindertes Kind bedeutet die Berührung Fürsorge und Zuneigung. Berührung kann aber auch trösten und beruhigen. Ein anderer Weg der Bindungsförderung besteht darin, auf die Bedürfnisse der Kinder sofort zu reagieren. Wenn Sie auf Ihr Kind rasch und konsequent reagieren, vermitteln Sie ihm, dass Sie zuverlässig sind und immer da sind. Das Kind wird Ihnen mit ganzem Herzen Vertrauen entgegenbringen. Für das Kind ist seine Welt dann in Ordnung. Jedes Kind ist anders und reagiert auch anders. Beobachten Sie, wie Ihr Kind gehalten und gestreichelt werden möchte, was es bevorzugt. Beachten Sie, wie Ihr Kind auf Ihre Kommunikationsversuche reagiert und was Ihrem Kind angenehm ist. Förderung effektiver Kommunikation Gute Kommunikation geschieht von Angesicht zu Angesicht Begeben Sie sich auf Augenhöhe des Kindes oder bringen Sie das Kind auf Ihre Höhe (durch Hochnehmen, Trip-Trap-Sessel). Diese direkte Kommunikation bringt Ihnen die volle Aufmerksamkeit Ihres Kindes. Ihre Stimme empfindet das Kind dann lauter als die Hintergrundgeräusche. Das Kind kann Ihre Mimik besser sehen und wird zur Imitation ermutigt. Diese intensive Zuwendung bewirkt auch eine sichere Bindung. Bleiben Sie dem Kind sehr nahe Sprechen Sie mit Ihrem Kind nicht über weite Entfernungen. Das sehr nahe Sprechen (innerhalb eines Radius von einem Meter) hebt ihre Stimme vom Störlärm ab. Verwenden sie natürliche „Ammensprache“ Die Ammensprache (auch als die mütterliche bzw. väterliche Sprach- und Sprechweise bezeichnet) ist eine spezielle Art des Sprechens von Müttern (oder Vätern) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 65 FLIP KOMMUNIKATION mit ihren kleinen Kindern. Es bedeutet, dass man langsamer spricht und eher weniger Wörter oder Gebärden verwendet. Die Ammensprache beinhaltet viele Wiederholungen und gebraucht kurze einfache Phrasen sowie insbesondere eine sehr lebendige Modulation der Stimme und eine starke, eindeutige Mimik. Wenn wir mit kleinen Kindern sprechen, ändern wir also normalerweise ganz automatisch unsere Sprache in Bezug auf die Menge des Gesprochenen, die Satzlänge und den Schwierigkeitsgrad, um so die Sprache für das Kind interessant und besser wahrnehmbar zu machen. Damit erleichtern wir den Spracherwerb. Die Auffangmethode Turn-Taking. d.h. der Wechsel zwischen der Sender- und Empfängerrolle (Sprecher und Hörer) in der Kommunikation, ist eine wichtige Grundlage der Kommunikationsentwicklung. Zu starke Einseitigkeit der Kommunikation, z.B. überwiegendes aktives Kommunizieren auf einer Seite und wenig Reagieren auf der anderen Seite (aber auch umgekehrt), behindert den Spracherwerb. Ein balancierter Wechsel von „Geben und Nehmen“ in der Kommunikation hält das Gespräch aufrecht. Ein gutes Turn-Taking umfasst zunächst von Seiten des Erwachsenen ein Abwarten, das Zuhören und Beobachten von kindlichen Signalen und dann erst ein Reagieren auf die Handlungsweisen des Kindes (ob nun mit Gesten, Lauten oder Wörtern). Kinder zeigen ihren „Turn“ mit einem Lächeln, mit einem Blick auf den Kommunikationspartner, Blinzeln, Saugen oder Innehalten beim Saugen oder mit Imitation (der Mimik, Lautmalereien, Lallen,…) Es ist wichtig, diese Mitteilungsversuche zu erkennen und auszubauen. Das heißt, man beobachtet das Kind, imitiert sein Verhalten und wartet auf den nächsten Kommunikationsversuch. Wichtig! Eine ständige Aufforderung des Kindes zum Sprechen oder Nachsprechen „Sag ....!“, wirkt eher einschränkend als förderlich auf die Sprachentwicklung. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 66 FLIP KOMMUNIKATION Wenn das Kind älter wird, kann man Aktivitäten in den Alltag einbauen, die ein Turn-Taking herausfordern (z.B. Ball spielen). Fordern Sie ihr Kind zum Sprechen mit einem kurzen „Du bist dran!“ auf. Herumblödeln und herumtollen mit Mama und Papa sind hervorragende Möglichkeiten, um Turn-Taking anzuregen. Warum wollen Säuglinge und Kleinkinder kommunizieren? Kleine Kinder erleben und fühlen während des ganzen Tages viel, was sie uns mitteilen wollen, auch wenn sie die richtigen Wörter dafür noch nicht kennen. Man kann sie zur Kommunikation ermuntern, indem man ihnen bei diesen ersten Versuchen Aufmerksamkeit schenkt und ihnen die Wörter für ihre Gefühle anbietet, vorspricht („Ach mein Schatz ist müde, deine Augen fallen dir schon zu“, „oh so viel gähnen muss mein Liebling“,…) Hier sind einige Bedürfnisse aufgelistet, worüber Ihr Kind sich mitteilen möchte. Hören Sie aufmerksam zu, beobachten Sie genau und freuen Sie sich über diese frühe Kommunikation. Ihr Kind will o Gefühle ausdrücken o Ihre Aufmerksamkeit gewinnen o Zustimmung erhalten o Hilfe einfordern o Andere begrüßen o Information erhalten o Antworten/Informationen liefern FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 67 FLIP KOMMUNIKATION Wie erkennen Sie die ersten Kommunikationssignale Ihres Kindes? Ihr Kind will mit ihnen kommunizieren. Es ist wichtig, über die frühen Kommunikationszeichen Bescheid zu wissen, um darauf auch richtig zu reagieren. Kommunikationssignale des Kindes Möglichkeiten der Eltern darauf zu reagieren Schreien Die Bedürfnisse des Kindes stillen Greifbewegungen Deuten Sie die Wünsche des Kindes Gesten Reagieren Sie durch Lächeln und Blickkontakt Etwas haben wollen Streicheln Sie Ihr Kind zärtlich und geben Sie dem Kind den Gegenstand, den es möchte Auf etwas zeigen Benennen Sie die Dinge, auf die ihr Kind zeigt und sprechen Sie darüber Lallen, Lautieren Imitieren Sie das Lallen und Plaudern Sprechen oder Gebärden Ahmen Sie die Laute oder Zeichen des Kindes nach. Erweitern sie das Gesagte oder die Zeichen (korrektives Feedback siehe Kapitel: Sprache lernen) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 68 FLIP KOMMUNIKATION Non-verbale Kommunikation – Kommunikation ohne Sprache Gelungene Kommunikation bedeutet weitaus mehr als nur Worte. So lesen wir z.B. Gefühle wie Ärger oder Freude in den Gesichtern unseres Gegenübers, noch bevor ein Wort gesprochen wurde. Kleine Kinder teilen uns über Mimik und Körpersprache ihre Befindlichkeiten mit, lange bevor sie zu sprechen oder gebärden anfangen. Viele Botschaften werden über diesen „nonverbalen (nichtsprachlichen)“ Kanal versandt. Wenn sich gesprochene und visuelle Botschaften überlagern (z.B. reden alle durcheinander, sodass man nichts mehr versteht), nehmen wir als Erstes die visuelle Botschaft wahr (wir sehen die Freude, die Aufgeregtheit,…). Die nonverbalen (nichtsprachlichen) Anteile des Gespräches sind: Mimik Berührung Sprachmelodiemuster Gesten Körpersprache Berührung Die Berührung ist ein wichtiger Teil der Eltern–Kind-Kommunikation. Durch zärtliche Berührung erfährt das Kind Zuwendung und Zuneigung. Berührung spielt eine entscheidende Rolle im Bindungsprozess. Sie hilft, das Sicherheitsgefühl des Säuglings zu fördern. Mit Berührungen kann man das Kind beruhigen und es besänftigen. Berührung ist eine Möglichkeit, dem Kind Liebe und Akzeptanz zu zeigen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 69 FLIP KOMMUNIKATION Gesten Natürliche Gesten (wie baba-Winken, zeigen, Arme strecken, um aufgehoben zu werden…) sind ein wichtiger Teil der Eltern-Kind-Interaktion, egal, ob das Kind hörend, taub oder schwerhörig ist. Forschungen haben gezeigt, dass diese frühen natürlichen Gesten bereits im Alter von 9 bis 10 Monaten als Ausdruck des Kindes zu beobachten sind. Diese Gesten werden immer häufiger, bis das Maximum im 16. - 18. Lebensmonat erreicht wird. Wenn das Kind zu sprechen oder gebärden beginnt, nimmt die Häufigkeit dieser natürlichen Gesten wieder etwas ab. Gesten behalten jedoch auch in der Erwachsenenkommunikation, begleitend zum Sprechen, eine wichtige Rolle. Weiters hat die Forschung gezeigt, dass mit gehörlosen oder schwerhörigen Kindern, egal ob sich die Eltern für einen lautsprachlichen Kommunikationsansatz oder einen Gebärdensprachansatz entschieden haben, die Häufigkeit der Gesten, welche die Mutter benutzt, sich eher erhöht, als dass sie reduziert wird. Hörende Mütter mit gehörlosen oder schwerhörigen Kleinkindern haben bemerkt, dass sie bei ihrer Kommunikation dreimal mehr Gesten verwenden, als Mütter hörender Kinder. Diese natürlichen Gesten sorgen für mehr Klarheit, besonders zur Übermittlung der Wortbedeutung. Versuchen Sie Ihre natürlichen Gesten auszuweiten und häufig anzuwenden, wenn Sie mit Ihrem Kind kommunizieren. Das bedarf natürlich einer gewissen Übung, bis es zur Routine wird. Für manche Eltern ist der vermehrte Einsatz von Gesten befremdend, weil sie vielleicht eher introvertiert sind. Dann wirken die Gesten möglicherweise auch weniger natürlich. Einige natürliche Gesten SCHHHHHHH! Zeigefinger an die Lippen führen Zeigen: mit dem Zeigefinger auf eine Person oder ein Ding zeigen Offene Hand: mit der offenen Hand anzeigen, dass ich etwas möchte „OK“ Geste: Daumen nach oben zeigen, Kopf nicken Beifallklatschen Bauch reiben- mmh, etwas schmeckt gut! FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 70 FLIP KOMMUNIKATION Mimik Über die Mimik offenbart man seine Gefühle und seinen Gefühlszustand. Es ist ganz wichtig, dass unsere Mimik und unsere Wörter/Botschaften übereinstimmen (z.B. sollte man nicht amüsiert dreinschauen, wenn man schimpft. Das passt nicht zusammen, das Kind kann sich nicht orientieren). Wenn man mit seinem Kind spricht, wendet man sich dem Kind interessiert zu. Die Mimik soll Verständnis und Interesse ausdrücken. Körpersprache Die Körpersprache erweitert die Bedeutung des Gesprochenen. Haben Sie schon einmal auf die Körpersprache einer Person eher reagiert als auf ihre Wörter? Z.B. wenn eine Freundin weint, sie aber sagt, es gehe ihr gut. Glauben Sie das oder trösten Sie sie? Wir nützen diese non-verbalen Zeichen, um einschätzen zu können, was eine Person wirklich denkt, fühlt oder glaubt. Sprachmelodie Auch wenn ein Kind Probleme hat, Sprache zu hören oder zu verstehen, kann es doch die Sprachmelodie unserer Stimme hören. Die Sprachmelodie drückt unsere Gefühle aus. Ein guter Weg mit dem Kind zu kommunizieren wäre z.B. der Wechsel der Sprachmelodie und das Anpassen der Sprachmelodie an meine Mitteilung. Aktivitäten, die den Gebrauch von Mimik, natürlichen Gesten und Intonation fördern: Überlegen Sie! Wie könnten Sie folgende Botschaften mittels Gesten, Körpersprache, und/oder Mimik ausdrücken? Hallo! Baba Ja Nein Schhhhhhhh! auweh mmh… traurig Komm her! Geh! Stop! Gib mir! Warte Super FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 71 FLIP KOMMUNIKATION Schauen Sie sich ein Buch über Gefühle an. Probieren Sie die verschiedenen Gesichtsausdrücke aus! Schneiden Sie vor einem Spiegel Grimassen. Machen Sie Ihr Kind nach! Zeigen Sie „heiß“, indem Sie die Hand plötzlich zurückziehen und „heiß“ sagen. Schütteln Sie dabei ihren Kopf (nein) um dem Kind zu zeigen, dass das gefährlich ist. Spielen Sie „Guck-Guck“ oder verstecken Sie etwas. Machen Sie ein stark überraschtes Gesicht, wenn Ihr Kind Sie oder das Ding findet! Spielen Sie Geschichten durch. Machen Sie ein „müdes“ Gesicht, ein „glückliches Gesicht… Schauen Sie sich Videos mit gehörlosen Erwachsenen als Geschichtenerzähler an. Beobachten Sie die Mimik und die Körpersprache des Geschichtenerzählers. Wie wichtig ist der Blickkontakt (die visuelle Aufmerksamkeit) für die frühe Kommunikation? Visuelle Informationen (alles was man sieht) sind von größter Bedeutung für hörbehinderte Kinder. Egal ob Ihr Kind spricht, gebärdet oder beides macht. Es nützt seine Augen, um Informationen über unsere Welt zu erhalten. Einige Strategien, um die visuelle Aufmerksamkeit des Kindes zu fördern: Wenn ein Kind normal hörend ist, kann es gleichzeitig ein Ding betrachten und zuhören (z.B. beim Bilderbuch anschauen) oder Information aus seiner Umgebung aufschnappen. Das normal hörende Kind lernt ganz nebenbei, beiläufig. Das hörbehinderte Kind ist auf visuelle Hinweise angewiesen, um dieselben Informationen zu erhalten. Es nützt das Sehen als erste Informationsquelle, um die Kommunikationsinhalte zu deuten. Oder es nützt das Sehen, um die fehlenden Lücken zu ergänzen. Es ist wichtig, dass man Blickkontakt herstellt, bevor man zu sprechen beginnt. Wenn die visuelle Aufmerksamkeit gesichert ist, hat das Kind die Möglichkeit, unsere Mimik und die Gebärden zu sehen und Lippen zu lesen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 72 FLIP KOMMUNIKATION Wir nutzen diese visuelle Aufmerksamkeit bei der „Joint attention“, wenn gemeinsame Aufmerksamkeit hergestellt wird. Dies geschieht, wenn beide, Kind und Eltern, ihren Blick auf etwas richten und darüber sprechen. Beide blicken auf dieselbe Person oder dasselbe Spielzeug. Diese gemeinsame Aufmerksamkeit wird auch mit Gesten kombiniert. Man kann aber genauso der Aufmerksamkeit des Kindes folgen und die Aktivitäten des Kindes sprachlich begleiten. Ein Baby kann schon sehr bald (bereits ab 6 Monaten, manchmal auch etwas früher) dem Blick der Eltern folgen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 73 FLIP KOMMUNIKATION Möglichkeiten der Kommunikation Kommunikation besteht aus verschiedenen Teilen und Möglichkeiten. Diese Bausteine kann man verschiedenartig kombinieren, vorrangig sollten sie immer den Bedürfnissen des Kindes angepasst werden. Dasselbe gilt auch für hörbehinderte Kinder. Die Kommunikation der Eltern soll immer den Fähigkeiten der Kinder angepasst werden. Bausteine der Kommunikation: Hören Lippen lesen PMS Deutsch Taktile Unterstützung Gebärden Fingeralphabet Sprechen Adapted from K.Biernath, MD(1997) centers for Diseases Control FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 74 FLIP KOMMUNIKATION Kommunikationsanbahnung Wenn das Kind wächst und sich weiterentwickelt, entdeckt man erst, welche verschiedenen Möglichkeiten der Kommunikation am sinnvollsten sind. Man kann verschiedene Kommunikationswege ausbauen oder auch weglassen. Wichtig ist, dass man nicht stur einen eingeschlagenen Weg geht, sondern immer wieder reflektiert, ob die Richtung stimmt. Es gilt somit, flexibel zu bleiben. Wir wissen nie, welcher Weg der beste ist. Ziel ist auf jeden Fall die Kommunikation. Welchen Weg wir dabei einschlagen, hängt von uns und den Fähigkeiten des Kindes ab. Kommunikationswege Sprechen Sprechen PMS Lippenlesen Gesten Hören Auditiv-Verbal Hören Auditiv-Oral FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 75 FLIP KOMMUNIKATION GebärdenSprache (ÖGS) Hören Gesten PMS Deutsche Schriftsprache Sprechen Lippenlesen Gebärden Fingeralphabet Fingeralphabet Hören Sprechen Bilingual (zweisprachig) Gesten Simultane (Totale) Kommunikation Welche Kommunikationssysteme soll ich mit meinem Kind verwenden? Es ist ein wichtiges Grundprinzip von FLIP, dass Eltern über verschiedene Kommunikationswege (z.B. auditiv-oral, konzeptuell angepasste, unterstützende Gebärden, Gebärdensprache) informiert und beraten werden. Die Entscheidung darüber, welche Kommunikationsmöglichkeiten in den verschiedenen Lebensphasen Ihres Kindes eingesetzt werden, liegt bei der Familie. Auch lassen sich diese Entscheidungen jederzeit hinterfragen und können offen mit der Frühtherapeutin besprochen werden. Für jedes Kind – insbesondere im Alter bis zu 3 Jahren – stellt eine eindeutige Körpersprache, die das Sprechen der Eltern begleitet, einen wichtigen Teil der Kommunikation dar. Darunter ist insbesondere eine lebendige und eindeutige Mimik und FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 76 FLIP KOMMUNIKATION natürliche Gestik zu verstehen. Dadurch wird dem Kind das Verstehen der gesprochenen Sprache erleichtert. Insbesondere bei hochgradig schwerhörigen Kindern und resthörigen Kindern, bei denen eine Cochleaimplantation zu erwarten ist, hat sich der Einsatz von konzeptuell angepassten, unterstützenden Gebärden sehr bewährt. Dadurch wird die frühe Kommunikation der Eltern mit ihrem Kind abgesichert und die Begriffsbildung gefördert. In amerikanischen Studien konnte gezeigt werden, dass Kinder, die vor der Cochleaimplantation schon einige Gebärdenzeichen beherrschten, nach der Implantation schneller Wörter der gesprochenen Sprache erlernten. Diese Vorteile für die lautsprachliche Entwicklung zeigten sich insbesondere in den frühen Phasen nach der Cochleaimplantation. Hinzuweisen ist auch darauf, dass bei einem Einsatz von Lautsprache und Gebärden in der Alltagskommunikation keine negativen Auswirkungen von Gebärden auf die lautsprachliche Entwicklung (z.B. die Sprechqualität, Grammatik oder Wortschatz) festgestellt werden konnten. Der Einsatz von konzeptuell unterstützenden Gebärdenzeichen ist unabhängig von der jeweiligen Lautsprache, d.h. auch bei einer nicht deutschen Familiensprache gut möglich. Der Verlauf der lautsprachlichen Entwicklung lässt sich nie mit ganzer Sicherheit vorhersagen. Neben dem Grad der Hörstörung, dem Alter bei der Erstversorgung mit Hörgeräten und der Akzeptanz derselben, sind es auch Anlagen oder Grenzen des Kindes, die hier von Bedeutung sind. Dazu gehören etwa die allgemeine Begabung des Kindes, seine Aufmerksamkeitssteuerung, die spezielle Sprachbegabung oder auch Sprechmotorik. Wie bei normalhörenden Kindern auch, können Kinder mit Hörstörungen von Sprachentwicklungsschwierigkeiten betroffen sein, die manchmal gehäuft in einer Familie auftreten können. Je nach Verlauf der Entwicklung des Sprechens und Verstehens, kommt den unterstützenden Gebärden eine unterschiedliche Rolle zu. Oftmals stoßen Kinder auch nur in bestimmten Situationen (z.B. in Gruppensituationen oder bei störenden Hintergrundgeräuschen) an ihre Grenzen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 77 FLIP KOMMUNIKATION In vielen Familien nimmt die Gebärdenunterstützung im Laufe der Jahre von selber automatisch ab, da die lautsprachliche Kommunikation gut funktioniert. In anderen Familien werden die unterstützenden Gebärden nur vereinzelt bei Missverständnissen oder in kommunikativ schwierigen Situationen eingesetzt. In anderen Fällen sind die begleitenden Gebärden auf Dauer nötig, um eine leistungsfähige Kommunikation innerhalb der Familie zu gewährleisten. Wenn sich Eltern dafür entscheiden, ihrem Kind ein zweisprachiges Heranwachsen und somit auch Zugang zur Österreichischen Gebärdensprache zu ermöglichen, empfiehlt sich dafür insbesondere der Besuch einer bilingualen Kindergartengruppe, wo auch eine gehörlose Betreuungsperson - als voll kompetentes Sprachmodell - zur Verfügung steht, während mit anderen Kindergartenpädagoginnen und Kindergartenpädagogen lautsprachlich kommuniziert wird. Die Gebärdensprache ist rein visuell orientiert und kann somit von Kindern mit einer Hörbehinderung und ohne gravierende Entwicklungsprobleme zumeist leicht und auf natürlichem Wege erlernt werden. Dadurch wird eine Stärke des Kindes im visuellen Kanal genützt. Die Gebärdensprache stellt eine Möglichkeit zur entspannten und weitgehend anstrengungsfreien Kommunikation dar, wie das häufig in der Lautsprache nicht der Fall ist. Zudem wird es dem Kind ermöglicht, sich aufgrund seiner gebärdensprachlichen Kompetenz im Lebensverlauf für bewusste Kontakte zur Gehörlosengemeinschaft zu entscheiden. Diese Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe, die sich nicht über eine Beeinträchtigung, sondern insbesondere über die gemeinsame Gebärdensprache definiert, kann für die Lebensqualität und Identität eines hörbehinderten Kindes, Jugendlichen oder Erwachsenen von großer Bedeutung sein. Da die einzelnen Gebärden, die in konzeptuell angepassten unterstützenden Gebärdensystem verwendet werden, aus der Österreichischen Gebärdensprache stammen, können diese Kompetenzen als eine Basis für das Erlernen der Gebärdensprache (z.B. im Kindergartenalter) gut genützt werden. Familien mit Kindern mit Cochleaimplantat schätzen mitunter auch die Möglichkeit des Einsatzes von Gebärden als „Sicherheitsnetz“ für Ausnahmesituationen (technische Ausfälle, Schwimmbad). FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 78 FLIP KOMMUNIKATION Gebärdensprache Überblick über visuelle Kommunikation Visuelle Kommunikation ist eine Art sich auszudrücken. Wir alle verwenden sie jeden Tag. Visuelle Kommunikation beinhaltet natürliche Gesten, Mimik (Gesichtsausdruck) und Körpersprache. Babys können von Natur aus unseren Gesichtsausdruck und unsere Körpersprache besonders gut verstehen. Sie sind auch natürlicherweise auf Gesichter fixiert und von Bewegungen besonders fasziniert – speziell von Bewegungen, die Mama oder Papa machen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Babys schon kommunizieren können, lange bevor die Sprechwerkzeuge so weit ausgereift sind, dass Wörter gesprochen werden können. Babys gurren, lächeln und schreien, um ihre Bedürfnisse auszudrücken. Außerdem benutzen sie Mimik und Körpersprache, um ihre Gefühle und Bedürfnisse zu zeigen. Kleine Kinder reagieren auf Gesten und benutzen sie selbst, um zu kommunizieren. Sie zeigen zum Beispiel mit den Händen, dass sie hochgenommen werden wollen oder sie winken „baba“. All diese Gesten, Gesichtsausdrücke und Körpersignale sind Bestandteile von visueller Kommunikation. Ob die Eltern nun beschließen, auditiv-oral, in Gebärdensprache oder in einer Kombination aus Sprechen und Gebärden mit ihrem Kind zu kommunizieren - Mimik und Körpersprache sind in jedem Fall entscheidend, um die Kommunikation mit dem gehörlosen oder schwerhörigen Kind zu verbessern. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 79 FLIP KOMMUNIKATION Gebärdensprache und Gebärdensysteme In der Gebärdensprache werden die Hände zusammen mit Gesichtsausdrücken verwendet, um Gedanken, Ideen und Gefühle auszudrücken. Alles, was in der gesprochenen Sprache gesagt werden kann, kann auch in Gebärdensprache ausgedrückt werden. Im Folgenden werden einige Kommunikationsansätze dargestellt, die Gebärden beinhalten. Es muss unterschieden werden zwischen Gebärdensprachen (z.B. Österreichische Gebärdensprache) und künstlich entwickelten Gebärdensystemen. Natürliche Gebärdensprachen sind als echte Sprachen anerkannt und zeichnen sich durch eine eigenständige Grammatik aus. Die anderen hier angeführten Gebärdensysteme sind vereinfachte gebärdete Ausdrucksmittel für eine gesprochene Sprache (z.B. das Deutsche). Als Illustration für die Gebärdensprache und andere Gebärdensysteme finden Sie im Folgenden jeweils einen Beispielsatz. Österreichische Gebärdensprache (ÖGS) ÖGS ist eine visuell-gestische Sprache, die von vielen gehörlosen Erwachsenen in Österreich verwendet wird. Sie hat ihre eigenen Regeln, eigene Grammatik, Satzbau und Struktur, die sich alle vom geschriebenen und gesprochenen Deutsch unterscheiden. Da ÖGS eine eigene Sprache, unabhängig vom Deutschen ist, kann man nicht gleichzeitig Deutsch sprechen und ÖGS gebärden. Personen, die fließend ÖGS gebärden und Deutsch sprechen sind bilingual, d.h. zweisprachig. Beispielsatz: „Auf dem Dach sitzen viele Katzen“ KATZEN DACH SITZEN (Wiederholung für: SITZEN) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 80 FLIP KOMMUNIKATION Lautsprachbegleitende Gebärden = LBG LBG sind keine Gebärdensprache, sondern ein Verfahren zur - mehr oder weniger exakten - Visualisierung der Lautsprache durch Gebärden. Dabei werden die Gebärden aus der natürlichen Gebärdensprache entnommen und parallel zu jedem gesprochenen Wort gebärdet. Bei lautsprachbegleitenden Gebärden werden klar die grammatikalischen Strukturen der Lautsprache verwendet und die Grammatik der ÖGS nicht berücksichtigt. Gibt es nun für manche Wörter keine passende Gebärde, wie z.B. für Funktionswörter (er, ist, auf...), Steigerungsformen oder grammatische Endungen, so werden neue Gebärden dafür erfunden. Unter gehörlosen Menschen wird dieses System kaum zur Kommunikation verwendet. In der Hörgeschädigtenpädagogik aber, spielen LBG sehr wohl eine Rolle, um etwa beim Deutschunterricht in der Schule, die Grammatik der Lautsprache visualisieren zu können. LBG bieten gehörlosen und schwerhörigen Menschen eine gute Absehhilfe (größer und vollständiger als das Mundbild allein), die es ihnen erleichtert, grammatikalische Regeln der gesprochenen Sprache zu entschlüsseln. Die Problematik der LBG besteht in möglichen Sinnentstellungen, die entstehen, wenn die Lautsprache eins zu eins mit Gebärden begleitet wird und dabei oft der Sinn der Gebärdenaussage leidet. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 81 FLIP KOMMUNIKATION Beispielsatz: „Auf dem Dach sitzen viele Katzen“ Auf sitz- Katz- dem -e -e -n Dach viel- -e -n Außerdem ist eine exakte Ausführung von LBG nicht gleich schnell wie die Produktion einer natürlichen Lautsprache (gesprochenes Deutsch) oder Gebärdensprache möglich. Bei einer genauen Ausführung ist die Produktion verlangsamt, was auch ein Verstehen erschwert. Somit erfolgt in der Praxis die Gebärdenproduktion üblicherweise so, dass nicht alle grammatischen Informationen (Wörter- und Wortteile) in Gebärden übertragen werden (siehe lautsprachunterstützende Gebärden LUG). FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 82 FLIP KOMMUNIKATION Konzeptuell angepasste lautsprachunterstützende Gebärden Lautsprachunterstützendes Gebärden wird vorwiegend als alternative Kommunikation bei Menschen, die sich nur sehr unzureichend oder gar nicht in Lautsprache ausdrücken können, verwendet. Es wird ähnlich vorgegangen wie beim LBG, d.h. man orientiert sich an der Struktur der Lautsprache und gebärdet gleichzeitig mit dem gesprochenen Wort. Es werden hier aber nur Schlüsselwörter einer Aussage mitgebärdet, auf grammatische Formen (Mehrzahl, Endungen) wird verzichtet. Das Konzept, der Inhalt des Wortes, wird sinngemäß aus der Gebärdensprache entnommen und nicht Wort für Wort an der Lautsprache orientiert gebärdet wie beim LBG. Die Zeichen für LUG werden teils aus der nationalen Gebärdensprache entnommen, können aber auch veränderte oder eigens entwickelte Zeichen sein (z.B. „Schau doch meine Hände an“ oder „GUK – Gebärdenunterstützte Kommunikation“) Empfohlen wird der Einsatz von Gebärden aus einer natürlichen Gebärdensprache, da so dem Kind die Möglichkeit gegeben wird, bei Interesse und Bedarf eine natürliche Gebärdensprache auf den bereits erlernten Gebärdenzeichen aufzubauen. Neuerdings haben Sie die Möglichkeit auf eine Videodatenbank von ca. 1000 Gebärden der Österreichischen Gebärdensprache (Variante Oberösterreich) via Internet zuzugreifen: www.uni-klu.ac.at (kostenlose Gebärdensprach-Datenbank – ledasila) Beispielsatz: „Auf dem Dach sitzen viele Katzen“ Auf dem Dach sitzen viele Katzen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 83 FLIP KOMMUNIKATION Totale (Simultane) Kommunikation Unter „Totaler Kommunikation“ wird ein Ansatz in der Bildung und Förderung hörbehinderter Kinder verstanden, in welchem je nach Bedürfnis des Kindes und Lebenssituation, gleichwertig verschiedenste Kommunikationswege Verwendung finden, z.B. Sprechen, Nützen von Hörresten, Ablesen vom Mund, LUG, LBG, Gebärdensprache, Körpersprache, Schriftsprache, Bilder etc. Bestandteile von Gebärdensprache und Gebärdensystemen Es gibt fünf „Bausteine“ von Gebärdensystemen oder Gebärdensprache. Diese fünf Bestandteile werden auf spezielle Art miteinander kombiniert, um eine Gebärde auszudrücken, ganz ähnlich der Art, wie einfache Laute in der gesprochenen Sprache zu einzelnen Wörtern verbunden werden. Wir können in der Lautsprache die Bedeutung eines Wortes verändern, indem wir einen einzigen Laut verändern (z.B. Buch – Tuch). Genauso kann man durch Verändern eines Bestandteiles beim Gebärden die Bedeutung der Gebärde ändern oder sie bedeutungslos machen. 1. Ausführungsort Der Ort, wo eine Gebärde am Körper/im Raum ausgeführt wird 2. Handform Die Form, die die Hände bei der Produktion einer Gebärde annehmen 3. Bewegung Die Richtung und die Art der Bewegungen der Hände, um eine Gebärde auszführen 4. Richtung der Handinnenfläche Die Richtung, in die die Handinnenflächen zeigen 5. Gesichtsausdruck, Mimik Der Gesichtsausdruck wird verwendet, um Gefühle aber auch grammatische Eigenschaften auszudrücken. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 84 FLIP KOMMUNIKATION In den einzelnen Gebärdensprachen gibt es weniger als 50 Handformen und mindestens 25 verschiedene Orte, an denen die Gebärde am Körper oder im Raum ausgeführt werden kann. Gebärden zu lernen heißt nicht nur, die Vokabeln und Einzelwörter einzuüben, sondern auch, wie obengenannte Bestandteile eine Aussage beeinflussen. Die Wichtigkeit von Blickkontakt und visueller Aufmerksamkeit Wenn Sie mit Ihrem Kind Gebärden in der Kommunikation verwenden wollen, müssen Sie zuerst seine visuelle Aufmerksamkeit sicherstellen. Das ist bei einem viel beschäftigten Zweijährigen oft leichter gesagt als getan! Junge Kinder benützen all ihre Sinne, um ihre Welt zu erforschen. Ihr Kind muss nicht nur lernen, sich auf Ihre Gebärden zu konzentrieren, sondern auch auf andere Arten visueller Informationen achten. Eine wichtige Fähigkeit für junge gehörlose und schwerhörige Kinder ist es, auf Menschen und Dinge besonders zu achten. Um eine funktionierende Kommunikation einzuführen und zu erhalten, ist Aufmerksamkeit besonders wichtig. Wenn ein Kind nicht alles hören kann, ist es von Vorteil, visuelle Information zu nützen, um die Informationslücken zu füllen und eine Aussage verständlicher zu machen. Eltern und Kinder benützen verschiedene Arten von Blickkontakt, um miteinander zu kommunizieren. Eltern lernen mit der Zeit zu erkennen, was ihre Kinder mit Blicken ausdrücken wollen und gebärden dann das, was sie glauben, dass ihr Kind sagen will. Zum Beispiel schaut das Kind einen Gegenstand an und dann seine Mama. Das ist eine perfekte Gelegenheit für die Mutter, um ihrem Kind die Gebärde für dieses Objekt zu zeigen. Beobachten Sie, wofür sich Ihr Kind interessiert und kommunizieren Sie darüber mit ihm. Denken Sie daran, dass Sie beginnen können zu kommunizieren, sobald Ihr Kind zu Ihnen Blickkontakt herstellt. Blickkontakt ist das Signal für den Beginn visueller Kommunikation! FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 85 FLIP KOMMUNIKATION Exkurs: Gelungene Interaktion und Kommunikation zwischen gehörlosen Eltern und ihren gehörlosen Kindern – Was können hörende Eltern daraus lernen? Die wahrscheinlich wichtigste und eindrucksvollste Fähigkeit in der kindlichen Entwicklung ist das Erlernen von Sprache und Kommunikation. Diese Fähigkeit beinhaltet weit mehr als nur den Erwerb von Namen, Begriffen und grammatischen Strukturen. Zusätzlich zu einigen grundlegenden und angeborenen Vorläuferfertigkeiten, braucht das Kind dazu ein unterstützendes soziales und emotionales Umfeld, es muss motorische, organische und kognitive Funktionen erlernen und benötigt eine aufmerksame, aufnahmebereite Haltung. Die Bezugspersonen des Kindes benützen instinktiv eine kindgerechte Sprache, sogenanntes „motherese“ und bieten damit sowohl die zum Lernen notwendigen Wiederholungen, als auch ein vorsichtiges Anstoßen von Neuem, als Reaktion auf die kindlichen Signale. Gehörlose Eltern passen ihre Gebärden in der gleichen Art und Weise an ihre Kinder an, als hörende Eltern dies in ihrer Sprechweise tun. Dazu gehören: langsameres Tempo mehrere Wiederholungen übertriebenere Bewegungen beim Gebärden Studien zeigen, dass diese Art der kindgerechten Kommunikation stärkere Antworten bei jungen Säuglingen auslöst und für sie besonders attraktiv ist. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 86 FLIP KOMMUNIKATION Gehörlose Mütter zeigen spezielle Verhaltensmuster, um von Beginn an eine gute Beziehung zu ihrem gehörlosen Kind und eine funktionierende Kommunikation aufzubauen. Einige dieser Verhaltensweisen können hörenden Müttern helfen, besser in Kontakt zu ihrem gehörlosen oder hochgradig schwerhörigen Kind zu treten und eine für beide Seiten entspannte, freudvolle und befriedigende Kommunikation aufzubauen. Durch Langzeitstudien ist bekannt, dass hörende Mütter von früh diagnostizierten gehörlosen Kindern sich sehr gut an die kommunikativen Bedürfnisse ihrer Kinder anpassen können. Eine der besonderen Verhaltensweisen von gehörlosen Müttern ist die Art, wie sie die Aufmerksamkeit des jungen, gehörlosen Säuglings wecken. Sie tun dies auf verschiedene Weise: Winken im Gesichtsfeld des Kindes Berühren des Kindes am Körper, v.a. an Händen und Füßen Lebendiger Gesichtsausdruck Gebärden direkt am Körper des Kindes ausführen Gebärden am Objekt, für das sich das Kind gerade interessiert Wiederholen von Gebärden Gehörlose Mütter verwenden zu Beginn mehrere verschiedene, angepasste Arten der Stimulation mit ihren gehörlosen Kindern, wie z.B. mehr Lächeln sehr lebendiger Gesichtsausdruck mehr visuell-gestische Spiele Kommunikation mit Gesten und Gebärden häufigere, wirksame Berührungen beim älteren Kind werden im freien Spiel auch häufiger Objekte verwendet Mit der Zeit gewöhnen sich auch hörende Eltern daran, mehr und häufiger visuellgestische Aktivitäten in das interaktive Spiel mit dem Kind einzubauen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 87 FLIP KOMMUNIKATION Unterstützung der sozial-emotionalen Bedürfnisse des gehörlosen Kindes Emotionaler Bindungsaufbau: Eine gesunde emotionale Bindung an eine Bezugsperson ist für Babys und Kleinkinder die Grundlage für jedes Lernen, da sie nur von einer sicheren Basis aus wagen, ihre Umwelt zu erkunden. Feinfühlige Bezugspersonen geben vermehrten Input, wenn das Kind Blickkontakt hält und verringern den Input beim Wegschauen des Kindes. Dies ist ein entscheidender Faktor für das Lernen gehörloser Kinder. Selbsterkennung, Ich-Findung, Verwendung des eigenen Namens: Die Art, wie Eltern kindliche Aktivitäten spiegeln und kindliche Lautäußerungen wiederholen, spielt wahrscheinlich eine wichtige Rolle in der Entwicklung der kindlichen Selbstwahrnehmung, der Wahrnehmung seiner eigenen Verhaltensweisen und deren Einfluss auf das Gegenüber. Gehörlose Mütter wiederholen die kindlichen Äußerungen in Gebärde, also für das gehörlose Kind gut sichtbar und bieten so ihrem Kind eine adäquate Möglichkeit, eine gute Selbstwahrnehmung aufzubauen. Selbststeuerung und emotionaler Ausdruck: Die vorsprachlichen Äußerungen des Säuglings bestehen aus Körperbewegungen und anderen nonverbalen Signalen. Eltern müssen eine gute Feinfühligkeit und gute emotionale Übereinstimmung mit ihrem Baby erreichen, um alle seine Bedürfnisse, Wünsche und Gefühlsäußerungen verstehen zu lernen. Wenn ein gehörloses Kind keine Möglichkeit hat, seine Gefühle, inneren Erfahrungen und Gedanken auszudrücken (durch gesprochene oder gebärdete Worte), ist die Gefahr groß, dass die gesamte Entwicklung des Kindes sich verzögert oder stehen bleibt. Auch hier zeigt sich wiederholt die Wichtigkeit des gemeinsamen Aufmerksamkeitsfokus von Eltern und Baby, um durch eine gute nonverbale Kommunikationsbasis die Entwicklung des gehörlosen Kindes optimal zu fördern. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 88 FLIP KOMMUNIKATION Wie sie Gebärdensprache lernen können Besuchen Sie einen Gebärdensprachkurs Kontakt: Bildungszentrum der Gebärdensprachgemeinschaft in OÖ Leharstrasse 28, 4020 Linz Tel: +43 (0)732 / 65 12 19 Fax: +43 (0)732 / 65 12 17 E-Mail: [email protected] Web: www.gehoerlos-ooe.at Landesverbandsleiter Prof. Peter Dimmel E-Mail: [email protected] Schauen Sie Gebärdenvideos an, z.B. im Internet: ledasila Treffen Sie sich mit erwachsenen Gehörlosen Kaufen Sie sich Gebärdenbücher z.B. vom Gehörlosenbund (siehe Literaturempfehlung im letzten Kapitel) Fragen Sie nach der FLIP Assistentin für visuelle Kommunikation Lernen Sie jeden Tag einige wenige neue Gebärden Machen Sie eine Liste von Wörtern und Sätzen, die Sie jeden Tag brauchen. Lernen Sie, diese zu gebärden Lernen Sie, kurze Zwei- und Dreiwortsätze zu gebärden Üben, üben, üben! Gebärden macht Spaß! Wie Sie Ihre Gebärdensprachkompetenz verbessern können: o Üben Sie zusammen mit einem Freund/einer Freundin o Verwenden Sie natürliche Gesten o Zeigen Sie auf Gegenstände oder Personen, um Ihre Aussage zu verdeutlichen o Verwenden Sie Ihre Mimik! Zeigen Sie schauspielerisches Talent! FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 89 FLIP KOMMUNIKATION Wie sie mit ihrem Kind am besten Gebärden und visuelle Kommunikation verwenden: Warten Sie ab, bis Ihr Kind Sie anschaut, und kommunizieren Sie dann erst mit ihm Beobachten Sie, was Ihr Kind gerade ansieht und gebärden Sie darüber Gebärden Sie nahe an dem Objekt, für das Ihr Kind sich interessiert Zeigen Sie Freude darüber, wenn Ihr Kind erste Gebärden ausprobiert Verwenden Sie natürliche Gesten und zeigen Sie auf Dinge Seien Sie lebendig und benutzen Sie lebhafte Gesichtsausdrücke Gebärden Sie immer, sobald Ihr Kind sich im selben Raum befindet, auch wenn Sie nicht direkt mit ihm sprechen. Denken Sie daran, dass viel Sprache nebenbei erworben wird Halten Sie Ihre Gebärden kurz und einfach. Versuchen Sie, mit dem Gebärden fertig zu sein, bevor Ihr Kind wieder wegschaut Gebärden Sie Wörter, die Sie schon können. Sobald Sie mehr Gebärden lernen, werden Sie mehr von dem, was Sie sagen, auch gebärden können Was sollten Sie beim Gebärden als erster lernen? Als Erstes werden Sie Informationen gebärden wollen, die für Ihr Kind wichtig sind. Beschreiben Sie, was Ihr Kind gerade tut, was es braucht, wofür es sich interessiert und was mit den Menschen passiert, die für Ihr Kind wichtig sind. Natürlich ist es auch wichtig, Wörter und Sätze gebärden zu können, die für die Sicherheit und die Erziehung Ihres Kindes von Bedeutung sind. Junge Kinder kommunizieren gerne über folgende Themen: Was sie gerne möchten oder was sie fühlen (z.B. „au“) Menschen, die ihnen wichtig sind (z.B. „Mama“ oder „Papa“) Dinge oder Personen, die verschwunden sind (z.B. „Wo ist Papa?“) Fragen nach mehr (z.B. „mehr Saft“) Wenn etwas jemandem gehört (z.B. „meins“ oder „Mamas Tasche“) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 90 FLIP KOMMUNIKATION Das Handalphabet Das Handalphabet ist ein wichtiger Teil der Gebärdensprache. Es wird allerdings nur zum Ausdruck von Konzepten/Bedeutungen verwendet, für die noch keine Gebärde existiert, d.h. ein deutsches Wort wird mit den Händen buchstabiert. Das Handalphabet wird jedoch nicht (wie z.B. die Gebärdensprache) als alleiniges Kommunikationsmittel benützt, da es nicht ausreichend schnell produziert und „abgelesen“ werden kann. Einige Dinge, die beim Buchstabieren mit den Fingern zu beachten sind: o Buchstabieren Sie mit Ihrer dominanten Hand. Das ist die Hand, mit der Sie schreiben o Buchstabieren Sie so, dass Ihre Handinnenfläche zum Gesprächspartner zeigt o Halten Sie Ihren Arm und Ihre Hand entspannt o Halten Sie Ihr Handgelenk möglichst ruhig o Machen Sie kurze Pausen zwischen einzelnen Wörtern FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 91 FLIP KOMMUNIKATION Das Internationale Handalphabet FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 92 FLIP KOMMUNIKATION Phasen des Gebärdenspracherwerbs bei Kindern Falls einer der untenstehenden Ausdrücke für Sie unbekannt oder unklar ist, bitten Sie Ihren Gebärdensprachlehrer oder Ihre Therapeutin, Ihnen ein Beispiel dafür zu geben. 0 – 12 Monate Das Kind beginnt schrittweise: Verschiedene Gesichtsausdrücke zu unterscheiden Mit Gesten zu kommunizieren „Lallgebärden“ zu verwenden (d.h. Finger- und Handbewegungen, die ähnlich wie Gebärden aussehen, aber keine Bedeutung haben) Absichtsvolle Kommunikation zu verwenden Einige echte Gebärden zu verwenden, um Bedürfnisse oder Wünsche auszudrücken – diese Gebärden können anders aussehen als die üblichen Erwachsenengebärden Einzelne Wörter zu gebärden und dabei auf Dinge zu zeigen 12 – 24 Monate Das Kind beginnt schrittweise: einfache Anweisungen zu befolgen Gebärdennamen von Dingen in seiner Umgebung zu verstehen einfache Handformen richtig zu verwenden (die ersten Handformen, die erworben werden, sind die „5Finger-Hand-Form“ und die „A-Hand-Form“. Das Kind wird z.B. beginnen, „Auto“ mit der „A-HandForm“ oder „Baum“ mit der „5-Finger-Hand-Form“ zu gebärden) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 93 FLIP KOMMUNIKATION Zwei- oder Dreiwortäußerungen zu gebärden zu zeigen, in Verbindung mit einer Gebärde, um eine Zweiwortäußerung zu produzieren (z.B. zeigt das Kind auf eine Banane und gebärdet dazu „essen“ und drückt damit aus, dass es die Banane essen möchte) Gesichtsausdrücke mit Gebärden zu verbinden Gebärden in der richtigen Reihenfolge zu verwenden, um Beziehungen auszudrücken (z.B. „Mama Arbeit“) Klassifikatoren (Platzhalter) zu verwenden, um Objekte zu zeigen (z.B. kann die Gebärde „Tasse“ dazu verwendet werden zu zeigen, wo die Tasse gerade ist) Verneinungen mit Kopfschütteln oder Gebärden auszudrücken (z.B. schüttelt das Kind den Kopf, um „nein“ zu sagen, oder es gebärdet „nein“) W-Fragen zu stellen (z.B. Wo? Was?) mit passendem fragenden Gesichtsausdruck 24 – 36 Monate Das Kind verwendet mehr Wörter (Gebärden) um sich auszudrücken, als motorische Aktivitäten beginnt, grundlegende Satzbauregeln der Gebärdensprache zu verstehen verwendet Gebärdensprache im symbolischen Spiel beginnt, drei oder vier Gebärden zu verbinden (Zeigen und Mimik mit eingerechnet) beginnt, einfache Sätze zu gebärden verwendet Klassifikatoren (sprachliche Platzhalter), um Dinge und ihre Position oder Bewegungen im Raum anzuzeigen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 94 FLIP KOMMUNIKATION Frühe Handformen 5-Finger-Hand Klauenhand S-Hand A-Hand I-Hand O-Hand Typische Merkmale der Österreichischen Gebärdensprache Da die Gebärdensprache eine visuelle Sprache ist, ist es oft schwierig, ein Beispiel ihrer Merkmale in deutscher Schriftsprache wiederzugeben. Fragen Sie bitte Ihre Therapeutin, Ihren Gebärdensprachlehrer oder eine erwachsene gehörlose Person nach einem Beispiel für diese Merkmale. Reihenfolge der Gebärden ÖGS ist eine visuelle Sprache und folgt visuellen Regeln, während die deutsche Lautsprache eine gesprochene Sprache ist und akustischen Regeln folgt. In einer gesprochenen Sprache ist deshalb häufig die Wortreihenfolge sehr wichtig. Im Deutschen verwenden wir für den Hauptsatz die Verbzweitstellung (z.B. „Der Bub klettert auf den Baum“). FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 95 FLIP KOMMUNIKATION Im Gegensatz dazu beruht die Reihenfolge in ÖGS auf einer visuellen Darstellung. In ÖGS wird zuerst das Hauptthema präsentiert, um dann Details daran anzuknüpfen. In ÖGS würde man die Wörter „Baum“ und „Bub“ als Erstes darstellen und dann erklären, wie die beiden miteinander verbunden sind. Stellen Sie sich eine Leiter vor Ihrem Körper vor. Sie würden also „Baum“ dort gebärden, wo der Baum ist, „Bub“ dort, wo der Bub ist und das Verb „klettern“ würden Sie gebärden, indem Sie zeigen, was der Bub auf dem Baum macht. Zeit und zeitliche Aspekte Zuerst wird die Zeit oder der Tag gebärdet und nicht mehr wiederholt, sobald der zeitliche Rahmen einmal klar gestellt wurde. Vergangenheit und Zukunft der Verben werden innerhalb dieses Zeitrahmens gezeigt. Die Ausdrucksweise „fertig“ wird gern gebraucht, um zu zeigen dass eine Handlung abgeschlossen ist. Gesichtsausdruck (Mimik) und Körpersprache Mimik und Körpersprache werden verwendet, um Gefühle und Betonung zum Ausdruck zu bringen (gleich wie Betonungsmuster in der gesprochenen Sprache). Klassifikatoren (Platzhalter) Klassifikatoren sind keine Gebärden im eigentlichen Sinn. Es sind Handformen, die verwendet werden, um Form, Größe, Ort, Menge, Handlungen, Bewegungen, etc. zu beschreiben. Z.B. würde ein Kind die „V-Handform“ (nach unten gerichtet) benützen, um die Beine einer Person darzustellen. Wird diese „V-Handform“ nun verschieden bewegt, bedeutet dies „gehen, bummeln, knien, liegen, hüpfen“ und kann in verschiedenste Richtungen im Raum „nach oben, zur Seiten, hin- und her, nach unten...“ ausgeführt werden. Richtungsgebärden Viele Verben der ÖGS sind Richtungsverben. Die Richtung der Gebärde (z.B. „geben“) zeigt durch ihren Anfangspunkt im Raum das Subjekt (z.B. „Ich“) und durch ihre Richtungsausführung im Raum das Objekt (z.B. „Du“), ohne dass die Fürwörter FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 96 FLIP KOMMUNIKATION („Ich“ und „Dir“) gebärdet werden müssen. Einige Beispiele für solche Verben sind: „besuchen“ „geben“ „fragen“ und „sagen“. Mehrzahlbildung Mehrzahl kann gebärdet werden, indem eine Zahl oder Menge vor oder nach eine Gegenstandsgebärde gestellt wird, oder indem die Ausführung der Gebärde wiederholt wird, z.B. kann man „Baum“ zweimal gebärden, um „Bäume“ auszudrücken. Gehörlosenkultur und Gehörlosengemeinschaft Viele gehörlose oder schwerhörige Personen identifizieren sich mit der Gehörlosengemeinschaft, die als grundlegende kulturelle Basis die gemeinsame Kommunikationsform der Gebärdensprache ansieht. Die Gehörlosengemeinschaft ist tatsächlich eine kulturelle Gruppierung, die gemeinsame Erfahrungen, Anliegen und eine gemeinsame Sprache hat. Wenn eine Familie sich dazu entschließt, ÖGS mit ihrem Kind für den Spracherwerb und die Erziehung zu verwenden, bemerkt sie oft, dass sie damit einen bi-bi-Ansatz gewählt hat, d.h. sowohl bilingual (zweisprachig) als auch bikulturell. Dieser Name zeigt den Wunsch der Erzieher und der Eltern, das Kind sowohl zwei Sprachen (ÖGS und Deutsch) fließend erlernen zu lassen, als auch, sich in zwei Kulturen (Gehörlos und Hörend) zurechtzufinden. Förderung der Kommunikation Es ist wichtig, dass Sie immer, wenn Sie mit Ihrem Kind kommunizieren, dabei Gebärden verwenden. Verwenden Sie die Gebärden, die Sie kennen, durchgehend. Denken Sie daran, dass Ihr Kind nur dann Sprache lernen kann, wenn es dieser Sprache durchgehend in interaktiver und sinnvoller Weise ausgesetzt ist. Kinder müssen eine Gebärde sehr oft sehen, bevor sie sie selbst verwenden können! FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 97 FLIP KOMMUNIKATION Gebärden bei alltäglichen Handgriffen – erklären Sie Ihrem Kind, was Sie gerade tun Gebärden Sie - beim Baden des Babys - beim Anziehen - beim Wickeln - beim Füttern - wenn Sie Ihr Kind in den Autositz setzen - wenn Sie Ihr Kind ins Bett bringen Gebärden beim Spiel mit dem Kind - Beschreiben Sie, worauf das Kind schaut - Beschreiben Sie, was das Kind gerade macht - Beschreiben Sie, die Dinge, mit denen es spielt - Beschreiben Sie, wie das Kind sich fühlt Gebärden Sie, um Ihrem Kind zu erklären, was Sie tun: Gebärden Sie - beim Kochen - beim Wäschewaschen - beim Putzen - beim Einkaufen Gebärden Sie immer, wenn Ihr Kind im gleichen Raum ist, egal, ob Sie mit Ihrem Kind sprechen oder nicht. Denken Sie daran, dass Sie Ihrem Kind viele Gelegenheiten bieten müssen, Sprache zu erlernen. Sprache lernen passiert sowohl indirekt, als auch direkt in der Kommunikation. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 98 FLIP KOMMUNIKATION Fragen stellen, Bemerkungen machen und Anweisungen geben Eine passende Art und Weise, wie Fragen gestellt werden, Bemerkungen gemacht und Anweisungen ans Kind gegeben werden, ermuntert Ihr Kind zu weiterer Kommunikation. Registrieren Sie selbst, wie Sie mit Ihrem Kind sprechen. Stellen Sie viele Fragen? Kommentieren Sie, was Ihr Kind gerade macht? Verwenden Sie offene Fragen (zB „Was möchtest Du?“) um Ihr Kind zur Kommunikation anzuregen um ein Gespräch zu beginnen und es in Gang zu halten um Ihrem Kind neue Informationen zu geben Machen Sie Bemerkungen, um Dinge zu beschreiben, die für Ihr Kind interessant sind um mit Ihrem Kind Informationen, Erfahrungen und Wissen auszutauschen um gemeinsam mit Ihrem Kind Aktivitäten durchzuführen, bei denen Sie über das sprechen können, was Sie gerade machen, sehen, denken, fühlen und hören um die Sprachentwicklung Ihres Kindes positiv zu beeinflussen Geben Sie Anweisungen, um die Möglichkeit zu haben, eine Idee mit einem anderen zu teilen um Erklärungen zu geben um Ihrem Kind zu helfen, auf Sie aufmerksam zu werden um anderen zu erklären, was sie tun sollen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 99 FLIP HÖREN LERNEN Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Hören lernen Entwicklung auditiver Fähigkeiten Hören und Kommunizieren sind komplizierte Fähigkeiten. Auditive Fähigkeiten sind entscheidend für das Erlernen der gesprochenen Sprache. Bei einem tauben oder hörbehinderten Kind können wir diese Fähigkeiten nicht voraussetzen. Diese Kinder müssen das Hören erst erlernen. Hören ist nicht dasselbe wie Zuhören. Hören bedeutet nur, dass ein Geräusch vom Ohr aufgenommen wurde. Zuhören beinhaltet, das Gehörte aktiv zu verarbeiten. Zuhören ist eine Fähigkeit, die wir erst erlernen. Wenn Ihr Kind zum ersten Mal Hörgeräte oder ein Cochleaimplantat bekommt, muss es die akustische Umwelt erst kennen lernen. Wir nennen diesen Zeitpunkt den Beginn des „Höralters“ eines Kindes. Durch seine Hörhilfen hat Ihr Kind die Möglichkeit zu hören. Trotzdem braucht es noch Zeit, Erfahrung und wiederholte Gelegenheiten, um Geräusche und Laute sinnvoll verarbeiten zu können, also um Zuhören zu lernen. Für den ersten Schritt zum Hörenlernen für Ihr Kind ist sicherzustellen, dass es seine Hörgeräte oder sein Cochleaimplantat durchgehend trägt. Jeder Tag bietet eine Fülle von Möglichkeiten zum Zuhören, diese können aber nur dann ausreichend genutzt werden, wenn das Kind seine Hörhilfen trägt. Ihr Kind muss seine Hörhilfen in jeder wachen Stunde tragen. Es braucht sehr viele Hör-Gelegenheiten und spezielle Erfahrungen, um akustische Fähigkeiten zu entwickeln und Geräusche und Laute verstehen zu lernen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz FLIP HÖREN LERNEN Sie können Ihr Kind dabei unterstützen, die Fähigkeit zum Zuhören zu entwickeln, wenn Sie ihm helfen, aufmerksamer auf die Geräusche und Laute in seiner Umgebung zu werden. Sie können ihm zeigen, woher Geräusche und Laute kommen und dass sie eine Bedeutung haben. Diese Fähigkeiten helfen Ihrem Kind, mehr über seine Umwelt zu erfahren. Reagieren Sie selbst auf Geräusche und lenken Sie die Aufmerksamkeit Ihres Kindes darauf! Sobald es diese einfachen Fähigkeiten der auditiven Entwicklung beherrscht, können Sie es dabei unterstützen, anspruchsvollere Hörfähigkeiten, wie das Unterscheiden verschiedener Laute der gesprochenen Sprache oder Verstehen von Sprache, zu erlernen. Es wird dann fähig sein, das Hören als Lernkanal zu benutzen. Das Kind wird durch das Hören lernen, wenn es zuvor Hören gelernt hat! Das Erlernen von akustischen Fähigkeiten verläuft nicht geradlinig. Ihr Kind wird verschiedene Fähigkeiten gleichzeitig erwerben. So wird es zum Beispiel zur gleichen Zeit lernen, ein Geräusch genau zu lokalisieren und, dass bestimmte Geräusche eine Bedeutung haben. Trotzdem ist Hörenlernen hierarchisch aufgebaut, das heißt gewisse Fähigkeiten müssen erworben sein, bevor Ihr Kind in anderen Bereichen Neues erlernen kann. Hören braucht sehr viel Übung. Jedes Kind ist einzigartig und wie gut es auf gesprochene Sprache reagiert, hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, wie: Schweregrad der Hörstörung Alter bei Diagnose der Hörstörung Tragedauer der Hörgeräte/des CI Wie durchgängig es die Hörgeräte/das CI trägt Wie gut es seine Hörgeräte/sein CI nutzen kann Das höchste Ziel des auditiven Trainings Ihres Kindes ist, gesprochene Sprache zu verstehen. Gute auditive Fähigkeiten sind wiederum die Grundlage für Ihr Kind, selbst gesprochene Sprache zu entwickeln. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 101 FLIP HÖREN LERNEN Tabelle funktioneller auditiver Fähigkeiten Ein einheitlicher Ansatz zur Entwicklung auditiver Fähigkeiten Die Tabelle funktioneller auditiver Fähigkeiten wird an unserem Institut verwendet, um die praktischen Hörfähigkeiten von Kindern mit einem Hörverlust zu testen. Er wurde für FLIP-TherapeutInnen entwickelt, damit diese in Zusammenarbeit mit den Eltern den aktuellen Leistungsstand des Kindes feststellen können. Ebenso wird überprüft, wie Ihr Kind in Alltagssituationen seine Hörgeräte oder sein CI nutzen kann. Diese Tabelle ist ein umfassendes Instrument. Jede auditive Fähigkeit wird anhand von vielen verschiedenen Kriterien erfasst. So wird zum Beispiel die Fähigkeit Ihres Kindes, auf laute Umweltgeräusche zu reagieren, in verschiedenen Hörsituationen gemessen, wie etwa: mit oder ohne visuelle Hilfen, in ruhiger oder lauter Umgebung, in geringer oder größerer Entfernung von der Geräuschquelle, mit Hilfe eines Erwachsenen oder spontan. Die Tabelle führt auditive Fähigkeiten in aufsteigender Reihenfolge an, so wie sie normalerweise spontan erworben werden. Sie teilt sich in sieben Kapitel, von denen jedes genau im Anschluss erklärt wird. 1. Auditive Aufmerksamkeit und Erkennen der Bedeutung von Geräuschen: Das Kind ist aufmerksam, wenn ein akustischer Reiz auftritt. Das Kind zeigt Aufmerksamkeit, wenn es Umweltgeräusche, Musik und/oder Sprechen wahrnimmt 2. Hörreaktionen des Kindes und Verarbeitung des Gehörten: Das Kind hört sein eigenes Lallen, verändert und steuert dies aufgrund des Gehörten und seiner eigenen Vorerfahrungen 3. Lokalisieren von Geräuschquellen: Das Kind sucht nach einer Geräuschquelle und findet sie 4. Auditive Unterscheidung: Das Kind kann die Besonderheiten von verschiedenen Geräuschen unterscheiden und unterscheidet Umweltgeräusche von Sprechen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 102 FLIP HÖREN LERNEN 5. Entwicklung auditiven Verstehens: Das Kind zeigt, dass es Information, die es gehört hat, auch versteht (Geräusche und einfache Sprache) 6. Auditives Kurzzeitgedächtnis: Das Kind kann sich Gehörtes merken, wiedergeben und wiederholt abrufen (z.B. eine Ziffernfolge) 7. Hör- und Sprachverarbeitung: Das Kind verwendet auditive Informationen, um Sprache zu verarbeiten und zu verstehen Der Katalog funktioneller auditiver Fertigkeiten wird verwendet, um die Hörfähigkeiten Ihres Kindes beobachten zu können, aber auch als Beurteilungskriterium, um die nächsten Therapieschritte und die passenden Ziele entwicklungsgemäß planen zu können. Die Entwicklung der Hörfähigkeiten Ihres Kindes hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab: o Grad der Hörstörung o Profitieren von Hörgerät oder CI o Bisherige Tragezeit von Hörgerät oder CI o Durchgehendes Tragen von Hörgerät oder CI o Durchgängigkeit der Betreuung des Kindes durch Fachpersonal o Alter des Kindes o Andere Faktoren FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 103 FLIP HÖREN LERNEN Charakteristische Entwicklung von Auditiven Fähigkeiten Fähigkeit 0 - 3 Monate Aufmerksamkeit Lauschhaltung Lokalisieren Auditive Rückmeldung 3 - 6 Monate Aufmerksamkeit Lauschhaltung Lokalisieren Auditive Rückmeldung 6 - 9 Monate Lauschhaltung Lokalisieren Auditive Rückmeldung Unterscheidung 9 - 12 Monate Unterscheidung 1 - 2 Jahre Unterscheidung Sprachverständnis 2 - 3 Jahre Spracherwerb 3 - 5 Jahre Spracherwerb 6 - 8 Jahre Spracherwerb Beobachtete Verhaltensweisen Erschrickt bei lauten Geräuschen Lässt sich durch Stimme beruhigen Hört auf leise Geräusche Hört Musik zu Unterschiedliche Reaktion auf verschiedene Geräusche Sucht nach Schallquellen mit dem Kopf oder mit den Augen Hört sich selbst und lautiert Weint bei beängstigenden Geräuschen Hört interessanten Geräuschen zu Lallt oder hört auf zu lallen bei Musik Erkennt die Stimme der Eltern Sucht nach einer Schallquelle Dreht sich zur Schallquelle Hören hilft bei der räumlichen Orientierung genießt den Klang der eigenen Stimme Lauscht einer Unterhaltung Lauscht auf interessante Geräusche Findet eine Schallquelle Lautspiele, ahmt Geräusche nach Reagiert auf seinen Namen Bestimmte Geräuschfolgen werden mit bestimmten Erwartungen verknüpft Sprechen erster Wörter (nach einem Jahr Hörerfahrung) Reagiert auf Musik mit Stimme Versteht bekannte Sätze Befolgt einfache Anweisungen Spricht ein bis zwei Wörter als Satz z.B. wo Mama? großer, verständlicher Wortschatz Lernen übers Hören verläuft nebenbei Korrekte Artikulation FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 104 FLIP HÖREN LERNEN Begriffserklärungen zur Entwicklung auditiver Fähigkeiten Begriffe aus der Elternmappe Ähnliche Begriffe mit gleicher Bedeutung Auditive Aufmerksamkeit Höraufmerksamkeit Auditive Rückmeldung Hörreaktion, auditives Feedback Lokalisieren Richtungshören Auditive Unterscheidung auditive Diskrimination, Hörunterscheidung, Hördiskrimination Auditives Verstehen Bedeutung von Geräuschen erkennen, Sprachverstehen Auditives Kurzzeitgedächtnis Hör-Merk-Spanne Wie Sie Ihrem Kind helfen können, auditive Fähigkeiten zu entwickeln: o Sorgen Sie dafür, dass Ihr Kind die Hörgeräte durchgehend trägt (während der gesamten Wachzeit) o Stellen Sie sicher, dass die Hörgeräte immer einwandfrei funktionieren o Geben Sie Ihrem Kind Gelegenheit, Umweltgeräusche und Sprechlaute wahrzunehmen o Reduzieren Sie Hintergrundlärm (Fernseher und Radio ausschalten, Fenster schließen, etc.) o Verwenden Sie auditive Hinweisreize o Zeigen Sie Ihrem Kind, woher ein Geräusch kommt o Beobachten Sie genau, wie ihr Kind auf verschiedene Geräusche und Laute reagiert und notieren Sie die Beobachtungen o Verstärken Sie die Reaktionen Ihres Kindes auf akustische Ereignisse. Loben Sie Ihr Kind und seien Sie positiv! o Verändern Sie die Dauer, Lautstärke und Höhe Ihrer Stimme, wenn Sie mit dem Kind sprechen! o Helfen Sie Ihrem Kind, Geräusche als wichtigste Informationsquelle zu entdecken (z.B. machen Sie zuerst ein Geräusch und verbinden es erst danach mit einer visuellen Hilfe, indem Sie das geräuscherzeugende Spielzeug zeigen!) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 105 FLIP HÖREN LERNEN o Helfen Sie Ihrem Kind, Geräuschquellen zu finden o Helfen Sie Ihrem Kind, in immer schwieriger werdenden Hörsituationen eine Geräuschquelle zu finden (z.B. aus größerer Entfernung und mit Störgeräuschen wie Radiomusik) o Helfen Sie Ihrem Kind, die Unterschiede zwischen einzelnen Umweltgeräuschen zu erkennen Wie können Sie die Entwicklung auditiver Fähigkeiten unterstützen? Jede der nun folgenden Strategien macht Ihrem Kind das Hören ein wenig leichter. Aus diesem Grund sollten sie diese Strategien so oft wie möglich anwenden, während Ihr Kind hören lernt. Je besser die Hörfähigkeiten Ihres Kindes werden, desto weniger dieser Hilfen müssen Sie anwenden. Längerfristiges Ziel ist es, dass Ihr Kind in jeder alltäglichen Situation ohne spezielle Hilfen hören kann. Geben Sie Ihrem Kind ein Signal, dass es jetzt horchen soll. Führen Sie eine „Horch-Geste“ ein, indem Sie mit ausgestrecktem Zeigefinger auf Ihr Ohr zeigen. Sprechen Sie mit akustischen „Höhepunkten“, das ist eine Technik, um die Verständlichkeit gesprochener Sprache zu verbessern. Zu den „Höhepunkten“ gehört: - Schlüsselwörter besonders betonen - Pausen einbauen, um die Aufmerksamkeit auf Wichtiges zu lenken - Etwas langsamer sprechen - Einzelne Sprechaspekte betonen, z.B. lauter/leiser sprechen, länger/kürzer sprechen, höher/tiefer sprechen - Übertriebene Betonung verwenden - Visuelle Hilfen verwenden - Dem Kind genug Zeit geben, um zu verarbeiten, was es gehört hat - Laute und Wörter oft wiederholen und auch das Kind dazu animieren, sie selbst zu wiederholen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 106 FLIP HÖREN LERNEN Schwierigkeitsstufen bei der Darbietung von auditiven Reizen Wenn Ihr Kind eine auditive Fähigkeit erworben hat, können Sie die Art, wie Sie das Geräusch präsentieren, verändern. Im Alltag treten Geräusche und Sprechlaute auch nicht immer in völlig ruhiger Umgebung und mit visueller Unterstützung auf. Es ist sehr wichtig, Ihrem Kind neue auditive Fähigkeiten Schritt für Schritt beizubringen, indem die Schwierigkeit langsam erhöht wird. So wird Ihr Kind schließlich in alltäglichen, herausfordernden Situationen hören können. Denken Sie daran, dass das Hörenlernen für Ihr Kind eine freudige Erfahrung sein soll und daher das Kind immer merken muss, dass es erfolgreich ist. Wenn Ihr Kind zu hören beginnt, sollten Sie möglichst unterschiedliche Geräusche und Laute anbieten, d.h. Sie wechseln zwischen langen und kurzen Geräuschen, hohen und tiefen, lauten und leisen Geräuschen. Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Schwierigkeitsgrade von Hörsituationen. Sobald Ihr Kind eine Fähigkeit unter optimalen Bedingungen beherrscht, erhöhen Sie die Schwierigkeit, indem Sie schwierigere Bedingungen herstellen. Einfachere Bedingungen schwierigere Bedingungen Horch-Geste als Hilfe Spontane Reaktion Geräusch in der Nähe (ca.1m od. weniger) Geräusch ist mehr als 1,5m entfernt Ruhige Umgebung Hintergrundlärm Visuelle Hilfen (Gesten, Gebärden Rein akustische Darbietung oder Ablesen vom Mund) Beschränkte Auswahlmöglichkeiten Unbeschränkte Auswahl Bekannte Wörter Unbekannte Wörter Wörter Sätze Einzelne Aktivität Mehrere Aktivitäten FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 107 FLIP HÖREN LERNEN Erlernen von auditiver Aufmerksamkeit und der Bedeutung von Geräuschen und Lauten Was bedeutet auditive Aufmerksamkeit? Auditive Aufmerksamkeit ist eine sehr frühe Fähigkeit. Auf dieser Stufe kann Ihr Kind Laute und Geräusche wahrnehmen, aber oft noch nicht zuordnen, welche Laute es sind, woher sie kommen oder was sie bedeuten. Wenn Ihr Kind lernt, akustisch aufmerksam zu sein, wird es lernen, Umweltgeräusche, Musik und Sprache wahrzunehmen. Es wird darauf aufmerksam werden. Jetzt ist es besonders wichtig, dass Sie als Eltern viele Hilfen geben, damit Ihr Kind die Schallquelle erkennen kann. Als nächstes wird Ihr Kind zu lernen beginnen, dass Geräusche eine Bedeutung haben. Sobald Ihr Kind Interesse an Geräuschen und Lauten zeigt, können Sie ihm beibringen, dass diese auch etwas bedeuten. Ihr Kind wird bald Umweltgeräusche mit der Geräuschquelle in Verbindung bringen und Laute mit einem Sprecher. Wie können Sie feststellen, dass Ihr Baby auditiv aufmerksam ist und die Bedeutung von Geräuschen und Lauten erkennt? o Es erschrickt bei plötzlichen oder lauten Geräuschen o Die Augen werden groß o Das Verhalten ändert sich, wenn die Hörhilfen eingeschaltet werden o Das Baby wird ruhiger o Mehr Vokalisationen, das Baby plaudert mehr o Das Saugverhalten ändert sich (tritt mit ca. 3 Monaten auf) o Es lässt sich von Stimme beruhigen o Es sucht nach der Geräuschquelle o Das Verhalten ändert sich, wenn ein Geräusch beginnt oder endet FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 108 FLIP HÖREN LERNEN Folgende Dinge helfen, die auditive Aufmerksamkeit zu fördern: o Helfen Sie dem Kind, indem Sie sagen „Horch“ und auf Ihr Ohr (oder das Ohr des Kindes) zeigen o Präsentieren Sie Geräusche und Laute im Abstand von einem Meter zu den Hörgeräten des Kindes und zeigen Sie ihm die Geräuschquelle o Achten Sie auf die Reaktionen des Kinde o Wenn das Kind reagiert, verstärken Sie dies mit Freude und Lob o Wenn das Kind nicht reagiert, zeigen Sie auf Ihr Ohr und zeigen Sie ihm die Geräuschquelle. Lassen Sie es das Geräusch oder den Laut nochmals hören Machen Sie die „Horch-Geste“! Produzieren Sie ein Geräusch! Beobachten Sie die Reaktion des Kindes! Verstärken Sie die Reaktion positiv! Zeigen Sie die Geräuschquelle! Einige Elternaktivitäten, die die auditive Aufmerksamkeit fördern und dem Kind helfen, die Bedeutung von Geräuschen zu verstehen Sprechen Sie so oft wie möglich nahe am Ohr Ihres Kindes Beugen Sie Sich über Ihr Baby und rufen Sie es beim Namen. Sobald Ihr Baby Sie ansieht, machen Sie verschiedene interessante Geräusche mit dem Mund, wie z.B. Lippenschmatzen, Pfeifen oder Schnalzen mit der Zunge. Machen Sie jeweils nur ein Geräusch. Wenn Ihr Baby ein Höralter von ca. 6 Monaten hat, wird es versuchen herauszufinden, woher die Geräusche kommen. Wenn Ihr Baby schon sicher auf Ihre Stimme reagiert, wenn Sie ihm nahe sind und es Sie ansieht, können Sie in einem nächsten Schritt versuchen zu lautieren, wenn Ihr Baby Sie gerade nicht anschaut. Achten Sie darauf, ob Ihr Baby auch ohne visuelle Hilfe auf den Laut reagiert. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 109 FLIP HÖREN LERNEN Entwicklung auditiven Feedbacks und auditiver Integration Auditives Feedback und Integration bezeichnen die Fähigkeit, die eigenen Vokalisationen wahrzunehmen und zu steuern. Wenn Ihr Kind diese Fähigkeit erworben hat, zeigt es das, indem es möglicherweise mehr lautiert, wenn seine Hörgeräte oder das CI eingeschaltet sind. Oft wird es auch seine Vokalisationen verändern, wenn jemand spricht oder wenn es etwas hört. Auf dieser Stufe sollten Sie Ihrem Kind helfen, seine eigenen Vokalisationen wahrzunehmen und Gesprochenes von anderen Personen zu wiederholen. Elternaktivitäten: o Spielen Sie Nachahmspiele: Wenn Ihr Kind einen Laut oder ein Geräusch macht, ahmen Sie es nach. Genauso umgekehrt: wenn Sie einen Laut machen, ermuntern Sie Ihr Kind, dass es ihn nachmacht. o Wenn Sie Ihrem Kind die Hörgeräte oder das CI raufgeben, sprechen Sie die Ling – Laute. Achten Sie darauf, dass Ihr Kind zeigt, dass es die Laute gehört hat. Merken Sie sich, welche Laute für das Kind leichter und welche schwieriger zu hören waren. Die (erweiterten) Ling – Laute sind: Ling – Laute A U I SCH S M F o Wenn Ihr Kind älter wird, sprechen Sie ihm immer wieder die Ling–Laute vor, ermuntern es aber auch dazu, diese zu wiederholen. o Beobachten Sie, wie sich das Sprechen Ihres Kindes verändert, wenn es seine Hörgeräte oder sein CI trägt. Plaudert es mehr? Ändert sich die Qualität der Vokalisationen? Wird das Kind lauter oder leiser beim Sprechen? FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 110 FLIP HÖREN LERNEN Lokalisieren von Geräuschquellen Lokalisieren ist die Fähigkeit, ein Geräusch zu finden oder ein Geräusch mit der Geräuschquelle in Verbindung zu bringen. Die Geräuschquelle kann rechts oder links, über oder unter dem Kind sein, vor ihm oder hinter ihm. Bevor das Kind lernt, zu lokalisieren, werden Sie bemerken, dass es das Geräusch sucht. Das Suchen ist eine sehr wichtige Stufe, weil es zeigt, dass Ihr Kind auf ein Geräusch aufmerksam ist und versucht, herauszufinden, woher es kommt. Später werden Sie feststellen, dass Ihr Kind Geräusche aus einigen Richtungen bereits lokalisieren kann, aus anderen jedoch noch nicht. Das ist ganz normal. Wenn Ihr Kind einen einseitigen oder seitenunterschiedlichen Hörverlust hat (ein Ohr hört besser, das andere schlechter), wird es möglicherweise Probleme haben, eine Geräuschquelle zu lokalisieren. Zum Üben dieser Fähigkeit können Sie sowohl gesprochene Sprache als auch Umweltgeräusche verwenden. Sobald Ihr Kind Geräuschquellen findet, können Sie die Übungen schwieriger gestalten, indem Sie den Abstand zum Geräusch erhöhen oder zusätzliche Geräusche dazunehmen. Elternaktivitäten: o Benutzen Sie ein beliebiges geräuscherzeugendes Spielzeug, das Sie nahe zum Kopf Ihres Babys halten. Beobachten Sie, ob das Baby versucht, die Schallquelle zu finden. Wenn es den Kopf zum Geräusch dreht, loben sie Ihr Baby. o Spielen Sie Verstecken. Eine Person versteckt sich und ruft nach dem Kind. Ein zweiter Erwachsener hilft dem Kind, die versteckte Person zu finden, indem sie gemeinsam versuchen, die Stimme zu orten. o Verstecken Sie einen Wecker und lassen Sie ihn läuten. Lassen Sie Ihr Kind den versteckten Wecker suchen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 111 FLIP HÖREN LERNEN o Lassen Sie Erwachsene auf verschiedenen Plätzen im Raum stehen. Das Kind soll nun versuchen, sich zu dem Erwachsenen zu drehen, der seinen Namen gerufen hat. o Konzentrieren Sie sich auf alltägliche Gelegenheiten, um Geräusche zu lokalisieren. Wenn Sie z.B. einen Spaziergang machen und einen Hund bellen hören, dann suchen Sie zusammen mit Ihrem Kind den Hund. Entwicklung auditiver Unterscheidung/Diskrimination Auditive Diskrimination bedeutet, den Unterschied zwischen verschiedenen Geräuschen, Lauten und Wörtern zu erkennen. Um diese Fähigkeit zu erlernen, werden Geräusche paarweise angeboten, manchmal auch mehrere Geräusche hintereinander. Zu Beginn werden Umweltgeräusche oder andere nicht sprachliche Reize verwendet, um die Übung für das Kind einfacher zu gestalten. Sobald als möglich sollten Sie aber auch sprachliche Unterscheidungsübungen durchführen, da ja das Ziel aller unserer auditiven Übungen das Verstehen von gesprochener Sprache ist. Bieten Sie Ihrem Kind verschiedene Arten von Geräuschen zur Unterscheidung an: Unterscheiden von langen und kurzen Geräuschen (z.B. ein langes Pfeifen – ein kurzer Knall) Unterscheiden von andauernden und unterbrochenen Geräuschen (z.B. fließendes Wasser – Klopfen an der Tür) Unterscheiden von hohen und tiefen Geräuschen (z.B. Vogelgezwitscher – Brummbär) Unterscheiden von leisen und lauten Geräuschen (z.B. Flüstern – Rufen) Unterscheiden von schnellen und langsamen Geräuschen (z.B. ein schneller Trommelschlag – ein langsamer, gleichbleibender Schlag) Unterscheiden von verschiedenen Sprechlauten Erkennen der Anzahl der Silben eines Wortes Unterscheiden von Vokalen und Konsonanten FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 112 FLIP HÖREN LERNEN Elternaktivitäten: Wenn Sie sprechen, versuchen Sie das in verschiedenen Tonhöhen zu tun, um interessante Geräusche zu produzieren. Wenn Ihr Baby beim Füttern den Mund aufmacht, sagen Sie jedes Mal „AAAH!“. Dann sagen Sie „MMMH!“ und reiben sich den Bauch. Nutzen Sie jede Gelegenheit im Alltag, um sinnvolle Hörübungen einzubauen (z.B. können Sie beim Öffnen einer Flasche dazu sprechen „auf, auf, auf, wir machen die Flasche auf!“) Entwicklung des auditiven Verstehens Mit auditivem Verstehen meinen wir das Verstehen gesprochener Sprache. Ihr Kind zeigt, dass es Sprache versteht, wenn es erkennt, was gesprochen wird, wenn es entscheidende Teile einer Botschaft versteht und wenn es Anweisungen befolgt. Um mit Ihrem Kind diese Fähigkeit zu trainieren, sollte das Kind: ...auf einfache Anweisungen hören und sie befolgen ...einfache Aufträge verstehen ...einfachen Erzählungen und Geschichten zuhören ...Fragen hören und beantworten Elternaktivitäten: Nehmen Sie Tiere und einen Lastwagen. Spielen Sie nun mit den Namen der Tiere. Sagen Sie z.B: „Gib die Kuh auf den Lastwagen. Schieb die Kuh zur Mama!“ Wenn Sie Bilder oder Bücher anschauen, nennen Sie Dinge, die das Kind kennt. Ihr Kind soll diese Dinge nun zeigen. Schauen Sie gemeinsam in einen Spiegel. Benennen Sie nun verschiedene Körperteile und lassen Sie Ihr Kind darauf zeigen. Sobald Ihr Kind die Namen der Familienmitglieder kennt, fragen Sie: „Wo ist die Mama?“ oder „Wo ist der Papa?“. Warten Sie seine Antwort ab. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 113 FLIP HÖREN LERNEN Entwicklung des auditiven Kurzzeitgedächtnisses Auditives Gedächtnis ist die Fähigkeit, zuzuhören und die gehörten Einzelheiten im Gedächtnis abzuspeichern. Oft wird das auditive Gedächtnis damit beschrieben, wie viele einzelne Elemente das Kind hören und sich merken kann. Die Anzahl der Zahlen oder Wörter, die sich ein Kind merken kann, hängt ungefähr von seinem Alter ab: Ein dreijähriges Kind merkt sich üblicherweise 3 Zahlen oder Wörter, ein vierjähriges Kind kann 4 Zahlen oder Wörter im Gedächtnis speichern. Das auditive Gedächtnis ist eine wichtige Fähigkeit für den späteren schulischen Lernerfolg. Die typische Situation in einem Klassenzimmer baut sehr stark auf die Fähigkeit auf, akustische Informationen aufzunehmen und zu behalten. Elternaktivitäten: o Geben Sie Ihrem Kind eine kurze Aufzählung, die es sich merken soll. Etwa wenn Sie einkaufen gehen, soll sich das Kind zwei oder drei Dinge merken, die Sie kaufen wollen. o Fordern Sie Ihr Kind auf, kurze Nachrichten an andere weiter zu geben. Sagen Sie z.B: „Geh und sag Papa…..“ o Fordern Sie Ihr Kind auf, zwei oder drei Gegenstände, Spielsachen oder Bücher, aus seinem Zimmer zu holen. o Spielen Sie Rollenspiele wie „Einkaufen“ oder „Gasthaus“. Ihr Kind muss sich dabei merken, was Sie bestellt haben. o Ältere Kinder im Vorschulalter sollen die eigene Telefonnummer und Adresse lernen und wissen. Entwicklung der sprachlichen Hörverarbeitung Sprachliche Hörverarbeitung ist die Fähigkeit, gesprochene Sprache zu verarbeiten. Diese Fähigkeit zeigt, wie das Hören dazu verwendet wird, Sprache in kleinere Einheiten zu unterteilen, Morpheme (bedeutungstragende Wortteile) zu erlernen und anzuwenden, Satzstrukturen zu erlernen und anzuwenden und gesprochene Sprache zu verstehen. Diese Fähigkeit überschneidet sich mit den sprachlichen Zielen, die im übernächsten Kapitel behandelt werden. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 114 FLIP HÖREN LERNEN Elternaktivitäten: Geben Sie Ihrem Kind alltägliche Anweisungen oder einfache Aufgaben, wie z.B.: „Gib dem Papa die Gabel!“. Bücher sind eine gute Möglichkeit, diese Fähigkeit zu trainieren. Lesen Sie eine bekannte Geschichte vor und fragen Sie Ihr Kind, was als nächstes passieren wird. Spielen Sie „Ich seh´, ich seh´, was du nicht siehst“. Beschreiben Sie einen Gegenstand und lassen Sie Ihr Kind raten, was es ist. Lautmalereien Die Geräusche dieser Liste können Sie verwenden, um auditives Unterscheiden und Verstehen Ihres Kindes zu trainieren. Die Tierlaute können Sie zum Beispiel im Spiel mit einem Bauernhof verwenden. Sie machen einen Tierlaut und beobachten, ob Ihr Kind den Laut dem richtigen Tier zuordnen kann. Die Umweltgeräusche können Sie z.B. in ein Spiel mit Autos einbauen. Suchen Sie Gelegenheiten, um diese Laute in alltäglichen Situationen einzusetzen. Machen Sie Spaß und Unsinn, wenn Sie mit den Lautmalereien spielen. Ihr Kind wird es lieben! Tierlaute Umweltgeräusche Handlungsbegleitende Laute miau bumm (wenn etwas hinunterfällt) mmmh (zum Essen) wau-wau ding-dong mjam mjam wiiiihaha (Pferd) tuck-tuck (Traktor) aua; au-au quak-quak (Ente) brrmm (Auto) Guck-guck (verstecken) grunz-grunz tsch-tsch (Zug) oh-oh (Überraschung) piep-piep (Vogel) ring-ring (Telefon) uuuh (Angst) muh Klopf-klopf igitt-igitt; iiih FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 115 FLIP HÖREN LERNEN ts-ts-ts (Zungenschnalzen b. Erstaumehhehe (Ziege) tuut-tuut (Schiff) mäh (Schaf) nen) pscht (wenn jd. schläft) Stimmhaftes sss (Biene) ei-ei (liebhaben) i-ah brrrr (kalt) baba (immer wenn etwas ver- u-u-u (Affe) schwindet) rrrr (Löwe) törööh (Elefant) au-au (Igel) Kinderlieder und Reime, die das genaue Zuhören fördern Ein guter Weg, um das Hinhören auf spielerische Art zu fördern, sind Kinderlieder und -reime. Bekannte Kinderlieder und Fingerreime machen kleinen Kindern großen Spaß. Sie wiederholen sich immer wieder und sind einfach zum Zuhören. Wenn Sie Reime sprechen, fördert das die Fähigkeit Ihres Kindes, den Rhythmus der gesprochenen Sprache zu verstehen. Begleiten Sie die Spiele immer mit den passenden Finger- oder Körperbewegungen, dann wird auch Ihr Kind diese bald übernehmen. Eine Liste von altersentsprechenden Kinderreimen erhalten sie bei Ihrer Therapeutin. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 116 FLIP SPRECHEN LERNEN Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Sprechen lernen Frühes Sprechen Normal entwickelte Kleinkinder erwerben Sprache im Laufe der Zeit. Bevor ein Kind beginnen kann, Sprache aktiv zu verwenden, müssen bestimmte Fähigkeiten erworben sein. Diese frühen Fähigkeiten sind die Basis für die Kommunikation. Ihre FLIP-Therapeutin wird Sie bei der Einschätzung des Erwerbs dieser Fähigkeiten Ihres Kindes unterstützen. Einführen von Blickkontakt Ein Säugling oder Kleinkind muss fähig sein, seine Aufmerksamkeit auf das Gesicht eines anderen zu lenken. Wenn Sie z.B. Ihr Baby beim Füttern halten, sehen Sie ihm dabei liebevoll in die Augen. Einführen des gemeinsamen Aufmerksamkeitsfokus Damit Kommunikation stattfinden kann, müssen Eltern und Kind ein gemeinsames Thema haben. Bei Babies und jungen Kindern werden oft Blicke und Gesten verwendet, um die gemeinsame Aufmerksamkeit einzuführen. Ihr Baby sieht z.B. eine Puppe an und blickt dann zu Ihnen. Sie können dann beginnen, mit ihm über die Puppe (das Objekt der gemeinsamen/geteilten Aufmerksamkeit) zu sprechen. Einführen des Turn-Takings (Kommunikatives Wechselspiel) Jede Kommunikation umfasst ein Hin und Her, d.h. Senden und Empfangen. Kommunikation ist Austausch, also ein Wechselspiel, z.B. zwischen Eltern und Kind. Dieses Wechselspiel zeigt sich z.B. im Spiel mit frühen Sprachlauten. Das Kind produziert Laute und die Eltern imitieren diese. Das Kind merkt, dass seine Laute freudige Reaktionen hervorrufen. Es beginnt noch mehr zu FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz FLIP SPRECHEN LERNEN lautieren. Die Eltern ahmen dies wieder nach. So entsteht das Turn-Taking, das einen Motor für die weitere Kommunikation darstellt, wie das „Baba“-Winken, einen Ball rollen usw. Einführen von Imitation (Nachahmung) von Gesichtsausdrücken und Mundbewegungen Aktivitäten wie Lächeln, Küssen, Lippenbewegungen, Zunge herausstrecken etc., sollen Ihr Kind zur Nachahmung anregen. Diese Verhaltensweisen gehen der Vokalisierung voraus und helfen dabei, die Entwicklung der oralen Muskulatur zu fördern. Gesichtsausdrücke spielen in der Kommunikation zwischen Kindern und Eltern eine entscheidende Rolle. Entwicklung der Kommunikation Das Kind ist mit der Zeit in der Lage, einen Gedanken einer anderen Person zu übermitteln. Diese frühen Kommunikationsabsichten werden oft durch die Körpersprache junger Kinder oder bestimmte Aktivitäten ausgedrückt, z.B. beginnt ein Baby begeistert zu strampeln, wenn es seine Flasche entdeckt, um den Eltern zu übermitteln, dass es diese Flasche haben will. Wenn Eltern auf diese frühen Kommunikationsversuche antworten, bestärken diese Reaktionen das Kind, mehr zu kommunizieren. Die Auswirkungen von Hörverlust auf die Sprechentwicklung Zahlreiche Faktoren beeinflussen den Spracherwerb Ihres Kindes, wie z.B. das Alter des Kindes bei der Diagnosestellung des Hörverlustes, das Alter bei der ersten Hörgeräteversorgung, die konsequente Verwendung der Hörgeräte, die passenden Hörgeräte, der Grad des Hörverlustes, andere zusätzliche Behinderungen, das Alter bei Therapiebeginn, die Art der Therapie und die konsequente Teilnahme am Therapieprogramm. Ein anderer entscheidender Faktor, der die Sprechentwicklung beeinflusst, ist die Sprachbegabung Ihres Kindes. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 118 FLIP SPRECHEN LERNEN Kinder mit normalem Gehör entwickeln durch das Hören ihre Sprechfähigkeit. Diese Fähigkeiten werden normalerweise in „gesunder“ Interaktion mit ihren Eltern und anderen Bezugspersonen erworben. Gehörlose oder schwerhörige Kinder zeigen in den frühen Stadien der Sprechproduktion die gleichen Fähigkeiten wie normal hörende Babies (z.B. gurren, quietschen, glucksen). Wenn die Kinder älter werden, kann man Unterschiede in der Qualität der Sprechproduktion erkennen. Viele Forschungsergebnisse zeigen, dass ein Zusammenhang zwischen dem Grad des Hörverlustes und der Verständlichkeit des kindlichen Sprechens besteht. Ein Kind mit hochgradigem Hörverlust wird Sprache häufig langsamer entwickeln als normal hörende Kinder oder Kinder mit geringgradigem Hörverlust. Es ist wichtig zu wissen, dass die Sprechverständlichkeit bei allen kleinen Kindern variiert und dass diese Schwankungen normal sind. Das Sprechen entwickelt sich im Laufe der Zeit, bestimmte Abweichungen können auf bestimmten Entwicklungsstufen auftreten (Reihenfolge der Sprechentwicklung siehe unten). Die Verständlichkeit des Sprechens Ihres Kindes kann variieren. Wenn es Sie imitiert, kann das verständlicher sein, als wenn es das Wort spontan, von sich aus spricht. Indem Sie lernen, die auditiven Fertigkeiten und den Stand der Sprach- und Sprechentwicklung Ihres Kindes einzuschätzen, können Sie gemeinsam mit Ihrer Therapeutin notwendige Anpassungen im Therapieprogramm durchführen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 119 FLIP SPRECHEN LERNEN Sprechentwicklung Die folgenden Meilensteine sind Fähigkeiten, die wir zu einem bestimmten Zeitpunkt bei normalentwickelten, hörenden Kindern erwarten können. Prälinguistische (vorsprachliche) Sprechfähigkeiten 1. Lebensmonat Schreien Unterschiedliches Schreien für unterschiedliche Stimmungen (Hunger, Kummer, Schmerz) Vokallaute 2. Lebensmonat Gurren Vokale wie glucksen (Gurgellaute) 3. Lebensmonat Das Gurren tritt gewöhnlich in einem Zustand auf, in dem sich das Kind wohlfühlt Das Kind vokalisiert mehr, wenn eine Bezugsperson sich mit ihm beschäftigt 4. Lebensmonat Es kreischt oder gurrt, wenn man mit ihm spricht Das Kind vokalisieret, wenn man es aufsetzt Es fordert Aufmerksamkeit, z.B. durch Lärm machen Es lacht oder „antwortet“ anderen Es beginnt die Höhe beim Gurren zu verändern (Intonation) Es hält Gurren, Kreischen usw. länger aus Erste Konsonanten (Mitlaute) treten auf Es beginnt Konsonanten und Vokale zu kombinieren FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 120 FLIP SPRECHEN LERNEN 5. Lebensmonat Das Lallen beginnt Konsonant–Vokal-Kombinationen („ba“) treten auf Es verwendet m, b, p Mehr Vokale als Konsonanten werden eingesetzt Das Kind verwendet hohe Stimme und Kreischen Es macht spontan Geräusche (wie schnauben,...) Es kann noch nicht bewusst imitieren (nachahmen) 6. Lebensmonat Das Lallen setzt sich fort Das Kind zeigt vermehrtes vokalisches Spiel, wenn mit ihm gesprochen wird (dies findet ungeachtet des Hörvermögens statt und wird durch die visuelle Stimulation des Gesichtes ausgelöst) Das Kind zeigt unterschiedliche Vokalisationen, um zu kommunizieren (z.B. Das Kind will Aufmerksamkeit, protestiert, drückt Vergnügen aus, unterbricht mit Eifer andere,...) Die Vokalisation beginnt, die Betonungsmuster der zu Hause gesprochenen Sprache zu enthalten (d.h. das Lallen von Kindern verschiedener Muttersprache klingt nun auch verschieden) 7. Lebensmonat Wiederholtes Lallen (d.h. kanonisches Lallen) tritt auf Das Kind erweitert die Konsonant–Vokal-Kombination von „da“ zu „da-da-da“ Das Kind mag es, seine eigene Stimme zu hören (Auditorische Rückkoppelungsschleife) Das Kind beginnt, vermehrt verschiedene Konsonanten zu produzieren (b, p, m, n) und (d, t) Das Kind versucht, Sprechgeräusche zu imitieren, aber noch nicht immer erfolgreich (z.B. sagen die Eltern „da – da“ und das Kind „ga – ga“) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 121 FLIP SPRECHEN LERNEN 8. Lebensmonat Wiederholtes Lallen setzt sich fort („da – da – da“) Das Kind imitiert die Mundbewegungen und das Plappern von Konsonant– Vokal - Kombinationen, die es bereits beherrscht. Es imitiert die Betonungsmuster und Sprechmelodien der Erwachsenen Es imitiert bilabiale Konsonant–Vokal–Kombinationen, z.B. „ma – ma“ 9. Lebensmonat Das Kind imitiert nichtsprachliche Geräusche, z.B. Schnauben, Schnalzen mit der Zunge, Schmatzen mit den Lippen Es produziert abwechselnd mit Erwachsenen vokalische Beiträge Es versucht, vertraute Geräusche zu imitieren (Tier- oder Fahrzeuggeräusche) – lässt Anfangs- oder Schluss-Konsonanten teilweise noch aus 10. - 12. Lebensmonat Das Kind beginnt eine Vielfalt von sich nicht-wiederholenden Konsonant– Vokal- Silben zu produzieren, d.h. buntes Lallen einzusetzen („ba – ma“ oder „ba – go“) Spielt mit verschiedenen Konsonant–Vokal–Kombinationen als Vorbereitung für das 1. Wort Einige Äußerungen beginnen sich wie Wörter anzuhören Es verwendet zum 1. Mal spontan einzelne Wörter Es verwendet Geräusche, die Tiere und Objekte repräsentieren (z.B. „brrrm“ für Auto) Es steigert die Zahl der Konsonanten Das Kind produziert einige bedeutungstragende Wörter, die noch Konsonantenfehler enthalten können FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 122 FLIP SPRECHEN LERNEN 12. - 13. Lebensmonat Das Kind imitiert vermehrt Es beginnt auch Singen zu imitieren 13. - 15. Lebensmonat Das Kind versucht gesprochene Wörter zu imitieren Es lässt häufig Konsonanten am Wortanfang und -ende aus 16. - 18. Lebensmonat Das Kind verwendet Gesten in Kombination mit Vokalisationen Es beginnt einzelne Wörter konsequent zu verwenden Konsonanten /t, d, n, h, b, m, g/ werden konsequent verwendet Das Kind wiederholt was gesagt wird, wie ein Echo, ohne es zu verstehen (Echoloalien) Es verwendet Jargonlallen (mehrsilbige Vokalisationen, die die Betonungsmuster, der zu Hause gesprochenen Sprache enthalten, aber keine richtigen Wörter sind) 22. - 24. Lebensmonat Das Kind beherrscht im Großen und Ganzen die Verschlusskonsonanten /b, p, t, g, k/ Es beherrscht nasale Laute /m, n/, Reibelaute (Frikative) /f/ und Halbvokale /w/ Endkonsonanten (Vokale) können weiterhin in einzelnen Wörtern ausgelassen werden Konsonanten im Inlaut werden oft ausgelassen, ersetzt oder vertauscht, z.B. kann „Traktor“ zu „Ta-tor“ werden FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 123 FLIP SPRECHEN LERNEN 25. - 30. Lebensmonat Das Kind beginnt mehrsilbige Wörter zu verwenden, aber lässt oft noch Silben aus oder bringt diese durcheinander Es kann zu Auslassungen bei Konsonantenverbindungen kommen, z.B. kann „blau“ zu „bau“ werden Sprechlaute Die folgende Liste zeigt die Sprechlaute der deutschen Sprache. Diese Tabelle soll Ihnen eine grundlegende Vorstellung über den Erwerb der verschiedenen Sprechlaute geben. Diese Laute werden generell nach der Schwierigkeit der Bildung oder dem Entwicklungsalter gruppiert. Ihr Kind wird nicht notwendigerweise alle Laute jeder Gruppe produzieren und muss nicht alle Laute einer Gruppe beherrschen, bevor es zur nächsten weiter geht. Auch normal hörende Kinder beherrschen nicht alle Laute zur gleichen Zeit. Sie erwerben diese im Verlauf einiger Jahre. Konsonantenverbindungen sind am Ende der Tabelle angeführt, weil sie schwieriger zu produzieren sind. Das Ausmaß des Restgehörs Ihres Kindes und die Verwendung der Hörgeräte wird seine Fähigkeit zu hören und diese Laute zu produzieren beeinflussen. Erwerbsreihenfolge der deutschen Sprechlaute 15. – 20. LM p, m, t, n, j 21. – 23. LM k 24. – 27. LM s, ch, h 27. – 29. LM f, w, b* 30. – 32. LM l, r * in dieser Phase beginnen Kinder harte und weiche Konsonanten zu verwenden FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 124 FLIP SPRECHEN LERNEN Produktion von Sprechlauten Alle Konsonanten (Mitlaute) werden durch teilweise oder vollständige Blockierung des Luftstroms produziert. Beispielsweise wird ein /p/ (z.B. in <Paul>) durch eine vollständige Blockierung des Luftstroms und dann durch die Lösung des Verschlusses produziert. Um ein /s/ (wie in <Haus>) zu produzieren, wird der Luftstrom nur teilweise durch die Zunge und die Zähne blockiert. Ein Teil der Luft kann heraus strömen und erzeugt dabei das typische Geräusch. Konsonanten werden durch 3 Charakteristika beschrieben: Art Ort Stimmhaftigkeit a) Art der Produktion: beschreibt, wie die Laute produziert werden (wie der Luftstrom durch den Mund- und Nasenraum entweicht bzw. wie dieser beim Ausströmen behindert wird) Die Art der Produktion kann zum Beispiel durch die Antwort auf die Frage „Wird die Luft gestoppt und dann plötzlich frei gelassen?“ erklärt werden. Ein Laut, der auf diese Art gebildet wird, wird „Plosiv“ (Verschlusslaut) genannt. Beispiele dafür sind /p/, /b/, /t/, /d/, /k/, und /g/. Bei einer anderen Gruppe von Lauten entweicht ein Teil des Luftstroms durch die Nase. Das sind die „Nasale“ /n/, /ng IPA Zeichen/ (wie im Wort <eng>) und /m/. Eine Liste der Sprachlaute und ihre Bildungsart finden Sie nachfolgend. Wichtig! Ohne ausreichendes Hörvermögen bei 1000 Hz kann ein Kind Schwierigkeiten haben, die Unterschiede der Bildungsart zu hören. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 125 FLIP SPRECHEN LERNEN b) Bildungsort: beschreibt den Ort, an dem die Laute im Mund produziert werden (Ort an dem der Luftstrom behindert wird). Ein Beispiel ist jene Lautgruppe, die mit beiden Lippen gebildet wird. Dies sind „bilabiale“ Laute /m/, /p/ und /b/. Ein anderes Beispiel ist die Gruppe von Lauten die mit Unterlippe und den Zähnen produziert wird, wie /f/ (z.B. in <faul>) und /v/ (wie bei <Wal>). Diese werden „labiodentale“ Laute genannt. Die Bildungsorte der Laute sind auf der folgenden Seite (siehe Tab.) beschrieben. Wichtig! Ohne ausreichendes Hörvermögen bei 2000 Hz, kann ein Kind Schwierigkeiten beim Hören von Lauten haben, die sich nur im Bildungsort unterscheiden (z.B. der Unterschied zwischen /k/, /p/ und /t/). c) Stimme: Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Stimme Ist der Laut „stimmhaft“ (so wie /b/ im Wort <haben>) oder „stimmlos“ (so wie /p/ in <Hupe>). Andere Paare von Lauten, die sich durch die Stimme unterscheiden sind /f/ und /v/ oder /t/ und /d/. Wichtig! Wenn die tieferen Frequenzen von 250 Hz und 500 Hz nicht gehört werden, kann ein Kind die stimmlichen Charakteristiken der Konsonanten nicht wahrnehmen. (vgl. Ling, D. 1978.) Konsonanten (Mitlaute) Art, Ort und Stimme Dies ist eine Tabelle einiger Konsonanten. Sie zeigt, wie die Laute produziert werden (Art), wo im Mund sie produziert werden (Ort) und ob sie stimmhaft oder stimmlos sind. Bitte besprechen Sie diese Information auch mit Ihrer FLIPTherapeutin. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 126 FLIP SPRECHEN LERNEN Stimmhaft Stimmlos Bildungsort Bildungsart b d p t Plosiv Plosiv g k beide Lippen (bilabial) Zunge berührt den Ort hinter den oberen Schneidezähnen (alveolar) velar (Zunge hebt sich zum Velum) bilabial alveolar velar Zunge und Zähne (labiodental) alveolar glottal Frikativ Frikativ Frikativ m n Ng IPA-Zeichen v f s h Plosiv Nasal Nasal Nasal Velum (Gaumen) hinterer Gaumenbogen Vorderer Gaumenbogen Uvula Gaumenmandel FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 127 FLIP SPRECHEN LERNEN Aktivitäten, Bücher und Lieder, die die Sprechentwicklung unterstützen Es folgen einige Vorschläge, die die Produktion bestimmter Sprechlaute betonen. Denken Sie daran, dass die Aktivitäten Spaß machen sollen. Babies und junge Kinder lieben es, mit Mama und Papa zu spielen und zu interagieren. Indem man Geräuschlaute und Aktivitäten verbindet, gibt man dem Kind die Möglichkeit, zu hören und zu imitieren. Wenn Sie die Entwicklung der Hörfähigkeit und des Sprechens unterstützen möchten, ist es wichtig, das vokalische Spiel in die täglichen Routinen zu integrieren. Wenn Sie z.B. am Laut „p“ arbeiten, können Sie Seifenblasen zerplatzen und dabei „pa, pa, pa“ sprechen. Fragen Sie Ihre Logopädin nach passenden Sprüchen und Kinderreimen. b – den Laut /b/ können Sie während folgender Aktivitäten betonen „ba–ba“ Winken Sie und sagen „ba–ba“ zu Personen, die fortgehen und zu Spielsachen, während sie diese weg geben Bus Spielen Sie mit einem Spielzeugbus und sagen Sie „brrrr“ und „Bus“ aufräumen Werfen Sie beim Aufräumen die Gegenstände in eine Box und sprechen Sie dazu „bum“ m – Betonen Sie den Laut /m/ während folgender Spiele „muh“ Spielen Sie mit einer Spielzeug-Kuh und wiederholen Sie „muh“ „mmm“ Reiben Sie während des Essens Ihren Bauch und sagen Sie „mmmm“. Wenn Ihr Kind mit dem imitativen Spiel beginnt, können Sie es ermutigen „mmmm“ zu sagen, wenn es die Puppe oder Tiere füttert „mehr“ Ermutigen Sie Ihr Kind während des Essens „mehr“ zu sagen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 128 FLIP SPRECHEN LERNEN p – Betonen Sie den Laut /p/ während folgender Dialoge Kerze Sprechen Sie „p“ und versuchen Sie mit der ausströmenden Luft eine Kerze auszublasen Seifenblasen Zerplatzen Sie Seifenblasen, sprechen Sie „plopp“ oder „platsch“ Wasser Spielen Sie mit Wasser z.B. in der Badewanne „plitsch, platsch“ oder „patsch, patsch“ Malen Malen Sie z.B. Punkte und sprechen Sie dazu „Punkt, Punkt, Punkt ...“ s – verwenden Sie diese Spiele um den Laut /s/ zu betonen Bienen Biene summen lassen „sssss“ (stimmhaft) summ-summ-summ, Bienchen summ herum ... Sonne Sonnenstrahlen zeichnen oder auch Fäden heraus ziehen und „s“ sprechen Schlange Sagen Sie „ssss“, wenn Sie eine Stofftier-Schlange über den Boden bewegen k – wiederholen Sie den Laut /k/ mit diesen Routinen Knetmasse Mit dem Handballen Kekse drücken und dazu „k“ sprechen Verstecken „Guguck, wo ist denn die...?“ Lied „Kuckuck, kuckuck, ruft´s aus dem Wald...“ f – verwenden Sie diese Routinen um den Laut /f/ zu betonen Wind Sprechen Sie „ffff“ als Windgeräusch und blasen Sie etwas weg (z.B. Watte, Federn, Blätter) Auto, Flugzeug Lassen Sie verschiedene Dinge mit dem Auto fahren oder mit dem Flugzeug fliegen und sprechen Sie dazu, z.B. „der Hund fährt mit FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 129 FLIP SPRECHEN LERNEN dem Auto“. Lassen Sie dann auch das Kind bestimmen, ob die Dinge „fahren oder fliegen?“ „auf“ Öffnen und schließen Sie etwas, heben Sie etwas auf w – verwenden Sie diese Spiele um den Laut /v/ zu betonen Wind siehe /f/ waschen Hände usw. waschen und singen Sie z.B. ein Lied dazu (Waschfrauenlied) t – wiederholen Sie den Laut /t/ während dieser Aktivitäten Uhr Die Uhren machen “tick, tick, tick“ Lied „Große Uhren machen….“ Traktor Der Traktor macht „tuk, tuk, tuk“ Fahrzeuge Spielen Sie mit verschiedenen Fahrzeugen und wenn diesen ein Hindernis im Weg steht, sprechen Sie „tüü, tüü“ d – Vorschläge für Phrasen um den Laut /d/ zu betonen „da“ Suchen Sie etwas und beim Finden „daaa ist der Ball“ usw. auch beim Bilderbuch anschauen Fingerfarben Gestalten Sie mit Fingerfarben ein Bild und sprechen Sie bei jedem Fingerabdruck „d, d, d“ „danke“ FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 130 FLIP SPRECHEN LERNEN Weitere Ideen „mmh“, „ham-ham“: beim Essen Sprechen Sie „hui“ beim Schaukeln, beim Rutschen Hopp-hopp-hopp: Hüpfspiele, Pferdchenreiten Malen Sie Kreise und sprechen Sie „ooo“ „Schnipp – schnapp“ sprechen und etwas ausschneiden Los! Stopp! – Spiele (Signalspiele) Strategien, um die Sprechentwicklung anzuregen o Sorgen Sie für eine passende Einstellung und konsequente Verwendung der Hörgeräte! o Sprechen Sie häufig mit Ihrem Baby! o Sprechen Sie mit normaler Sprachmelodie und verwenden Sie natürliche Gesten! o Sprechen Sie klar und deutlich! o Wiederholen Sie wichtige Wörter! o Verwenden Sie eine angemessene Sprechgeschwindigkeit (sprechen Sie evtl. etwas langsamer)! o Ermuntern Sie Ihr Kind zum vokalischen Spiel! o Verwenden Sie besondere Betonung, um wichtig Wörter hervorzuheben! o Geben Sie Ihrem Kind Zeit, um zu antworten! o Sprechen Sie über Dinge, die Ihr Kind interessieren! o Lassen Sie Ihr Kind die Unterhaltung führen! o Kommentieren Sie die Dinge, die Ihr Kind erfährt, sieht oder gerade macht! o Singen Sie Lieder! o Lesen Sie auch schon Ihrem Baby vor! o Führen Sie „sprachliche“ Rituale ein (z.B.: Essenssprücherl, Guten-MorgenKitzel-Sprücherl, Badewannenlied, Gute-Nacht-Geschichte/Gedicht/Lied…)! FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 131 FLIP SPRACHE LERNEN Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Sprache Was ist Sprache? Sprache ist ein Regelgerüst, das Kommunikation ermöglicht. Diese kann durch gesprochene, geschriebene oder Gebärdensprache ausgedrückt werden. Es ist ein gesellschaftlich etabliertes Regelsystem, das uns erlaubt, miteinander zu kommunizieren, da die anderen die gleichen Regeln kennen. Sprache und Sprechen sind nicht das gleiche. Tatsächlich kann Sprache ohne Sprechvermögen erlernt werden, so wie zum Beispiel in der Gebärdensprache. Sprache ermöglicht es uns, unsere Ideen auszudrücken, die Gefühle mit anderen zu teilen, uns Wissen anzueignen, über Werte zu diskutieren, Informationen weiter-zugeben, die Welt an sich zu verstehen und Kontakt untereinander herzustellen. Wir sind von Sprache umgeben! Das Erlernen der Sprache beginnt bereits sehr früh. Babys werden bereits mit den Grundlagen, mit den Werkzeugen geboren, um Sprache erlernen zu können. Wahrscheinlich ist für Eltern nichts aufregender, als das erste Wort ihres Kindes – egal ob es gesprochen oder gebärdet ist. Das Erlernen der Sprache ist einfach spannend. Beides – die Veranlagung (also die angeborenen Voraussetzungen des Kindes) als auch die Erziehung (der Einfluss der Umwelt) - spielen wichtige Rollen im Spracherwerb. Der intensivste Zeitraum des Sprach- und Sprecherwerbs ist während der ersten drei Lebensjahre, da das Gehirn sehr schnell wächst. Auch bevor Kinder lernen zu sprechen oder zu gebärden, sind sie motiviert, in unterschiedlicher Weise zu kommunizieren – über den Gesichtsausdruck, das Schreien, Brabbeln und FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz FLIP SPRACHE LERNEN Gurren, Gestik und Blickkontakt. Genau diese Vorläuferfertigkeiten ebnen den Weg für das Erlernen der Sprache. Sprache entwickelt sich über Interaktion zwischen den Eltern und dem Kind in vielen täglichen Aktivitäten. Sprache entwickelt sich also im gesellschaftlich bedeutungsvollen interaktiven Kontext, denn dann ist ihr Baby auch motiviert, mit ihnen zu kommunizieren. Das Gehirn ist darauf vorbereitet die Informationen zu verwerten und zu verarbeiten. Sprache hat einen rezeptiven Anteil (das Verstehen, was der andere gesagt hat) und einen expressiven Anteil (die Fähigkeit, ein Wort zu sprechen oder eine Gebärde auszuführen). Wenn Sie Ihr Kind fragen „Wo ist Papa?“, und es schaut sich um, um Papa zu finden, dann zeigt uns das, dass es verstanden hat, wofür das Wort Papa steht, auch wenn es dieses Wort selbst noch nicht sprechen kann oder die Frage beantworten kann. Wenn Ihr Kind „Papa“ sagt, während es auf den Papa schaut, dann hat es bereits eine expressive Fertigkeit gezeigt. Bedenken Sie, dass die rezeptiven Fertigkeiten den expressiven Fertigkeiten immer voraus gehen. Bevor Ihr Kind lernt, die eigenen Wünsche, Gedanken und Gefühle auszusprechen, muss es das Sprachverstehen dafür entwickelt haben. Jeder Spracherwerb erfordert dauerhafte, kontinuierliche Anwendung in alltäglichen, bedeutungsvollen, interaktiven Handlungen bzw. in einer solchen Umwelt. Babys müssen ein Wort einige Male im passenden Zusammenhang sehen oder/und hören, bevor dieses Wort dann auch tatsächlich Bedeutung erlangt. Kinder mit Normalgehör beginnen zwischen 9 und 14 Monaten erste Wörter zu verstehen. Das Kind verwendet dann Gesten oder andere Handlungen, um zu zeigen, dass es verstanden hat und um tatsächlich mit den Eltern weiter zu kommunizieren. Das erste Wort folgt dann einige Zeit nach diesen ersten Gesten. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 133 FLIP SPRACHE LERNEN Der Spracherwerb braucht Zeit. Kinder erlernen Sprache durch bedeutungsvolle Gespräche mit wichtigen Personen ihres Lebens. Wenn Eltern hinhorchen, antworten bzw. adäquat auf die Gestik reagieren, ermutigen Sie Ihr Baby in seiner Kommunikation. Die typische Sprachentwicklung: Im folgenden Teil sehen Sie die durchschnittlichen oder typischen Muster einer Sprachentwicklung. Bedenken Sie, dass es in diesen Entwicklungsskalen immer eine Spanne für jede Fertigkeit, die Ihr Kind gerade lernt, gibt. Konkret heißt das, dass ein zweijähriges Kind mit Normalgehör einen aktiven Wortschatz von 250 Wörtern haben könnte. Genauso in der Norm wäre allerdings auch noch ein aktiver Wortschatz von 75 Wörtern. Vorläuferfertigkeiten der Sprache Babys beginnen zu kommunizieren, sobald sie schreien oder weinen. Sobald Mama oder Papa auf das Schreien reagieren, beginnt die aktive Kommunikation. Während das Kind wächst, erweitert sich auch das Vokalspiel. Mit etwa 6 Monaten beginnt das Kind mit der 2. Lallphase (das bewusste Wiederholen von Lauten oder Lautkombinationen). Es beginnt Vokale und Konsonanten miteinander zu verbinden (z.b. Mama oder Papa). Diese Lautkombinationen stehen vielleicht schon für etwas Bestimmtes oder sind einfach noch Zufallsergebnisse des Lallens. Erstes Wort: Mit etwa einem Jahr steigen die rezeptiven Fertigkeiten Ihres Kindes – also das Verstehen der Sprache – enorm. Sogenannte „Zeig mir – Spiele“ werden sehr interessant und beliebt. Vielleicht spricht Ihr Kind aber auch bei seinem ersten Geburtstag das erste richtige Wort. Auf jeden Fall wird Ihr Baby zu diesem FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 134 FLIP SPRACHE LERNEN Zeitpunkt überwiegend mehr lallen oder Lautmalereien verwenden. Mit 18 Monaten beobachten Sie bei Ihrem Kind vielleicht bereits einen aktiven Wortschatz von 25 Wörtern. 2-Wort-Äußerungen. Beginnend mit oder um das 18 Lebensmonat wird Ihr Kind beginnen, einzelne Wörter zu kurzen Sätzen zu verbinden – z.B.: „mehr Saft“ oder „Papa Arbeit“. Mit etwa 2 Jahren schafft es dann schon, viele Wünsche oder Ideen in kurze Sätze zu fassen. Sätze: Zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr passiert in der Entwicklung der Sprache unheimlich viel: Frageformen entwickeln sich, der Wortschatz explodiert, längere und komplexere Sätze werden gebildet. Zwar erscheinen noch viele grammatikalische Fehler, allerdings macht die komplexere Sprache, die das Kind nun spricht, auch Sinn. Kinder, die mit etwa 5 Jahren den Kindergarten besuchen, verstehen etwa 6000 Wörter – man sieht also, dass Kinder die Sprache in einem unglaublichen Tempo erwerben. Der mögliche Einfluss des Hörverlustes auf den Spracherwerb: Ein Hörverlust kann maßgeblichen Einfluss auf den Spracherwerbsprozess haben. Wie sich dieser Einfluss genau darstellt, hängt von einer Vielfalt von Faktoren ab. Zum einen vom Lebensalter, bei dem der Hörverlust begann, weiters vom Grad der Hörstörung, vom Alter des Kindes bei der Diagnosestellung, dem Zeitpunkt der Frühintervention, der konsequente Verwendung der Hörhilfen, möglicher zusätzlicher Einschränkungen oder Behinderungen, geistiger Beeinträchtigung und dem Ausmaß der Mitarbeit der Eltern. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 135 FLIP SPRACHE LERNEN Falls Sprachverzögerungen tatsächlich beobachtbar sind, kann es sein, dass auch andere Entwicklungsbereiche betroffen sind – insbesondere die akademischen, sozialen und emotionalen Bereiche. Es ist nicht der Hörverlust selbst, sondern eher die relative Unzugänglichkeit zur gesprochenen Sprache und die Schwierigkeit des Lippenlesens, die wichtige Konsequenzen für die Sprachentwicklung haben. Akademische Herausforderungen wurden bei älteren gehörlosen und schwerhörigen Kindern beobachtet – hauptsächlich in Zusammenhang mit verzögerten sprachlichen Fertigkeiten, die als Ergebnis eines eingeschränkten Zuganges zur Sprache erscheinen. Sprache wird von Kindern mit Hörverlust - auch mit Hörhilfen – nicht so klar verstanden wie von normal hörenden Kindern. Das wiederum erschwert das Erlernen der gesprochenen Sprache für gehörlose oder hörbehinderte Kinder. Der Hörverlust beeinflusst sowohl die Quantität als auch die Qualität des von Ihrem Kind Gehörten. Einige Geräusche der Sprache werden möglicherweise besser gehört als andere. Wie gut Ihr Kind hört, kann auch durch die Qualität der Hörsituation selbst beeinflusst werden. Wenn Sie zu diesem Thema mehr Information brauchen, lesen Sie bitte das Kapitel „Hören lernen“. Normalhörende Kinder und Kleinkinder lernen die Sprache oft „nebenbei“, indem sie vieles bei der Unterhaltung um sich herum aufschnappen. Diese Form des Spracherwerbs nennt man „beiläufiges Lernen“. Gehörlose oder hochgradig schwerhörige Kinder haben diese Möglichkeit des Spracherwerbs nicht. Diese Kinder brauchen unbedingt ein vollständiges Sprachvorbild. Ihr Kind sollte also in Sprache eintauchen können, unterstützt durch viele Möglichkeiten, die Sprache im familiären und kulturellen Umfeld zu erlernen. Manchmal wird Ihr Kind bestimmte Laute oder Geräusche der Sprache überhören, möglicherweise wichtige Wörter oder grammatische Informationen eines Satzes nicht hören und aus diesem Grund nur einen unvollständigen Satz hören. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 136 FLIP SPRACHE LERNEN Viele Familien entschließen sich, Gebärden einzusetzen, um Ihr Kind visuell im Spracherwerb zu unterstützen. Die Gebärden geben den Kindern die Möglichkeit, eine Kommunikation zu führen, die nicht auf das Hören aufgebaut ist. Wenn Sie dazu weitere Informationen brauchen, lesen Sie bitte das Kapitel „Kommunikation - Gebärdensprache“. Strategien, die den Spracherwerb unterstützen In diesem Teil finden Sie einige Strategien aufgelistet, die den Spracherwerb von Kindern unterstützen. Versuchen Sie, diese Strategien im Spiel mit Ihrem Kind und in Alltagssituationen umzusetzen. Lassen Sie sich vom Kind führen! Beobachten Sie, wofür sich ihr Kind gerade interessiert und versuchen Sie über genau diesen Gegenstand oder diese Erfahrung zu sprechen. Folgen Sie der Aktivität Ihres Kindes und lassen Sie diese auch Ihr Kind frei wählen. Das Erlernen der Sprache ist effektiver, wenn Sie als Eltern dem Interesse Ihres Kindes folgen, anstatt Ihrem Kind Ihre Interessen aufzudrängen. Versuchen Sie Ihre Wahrnehmung dahingehend zu schärfen, immer besser zu erkennen, woran Ihr Kind gerade Interesse zeigt, worauf es gerade schaut oder womit es gerade spielt. Haben Sie Ihre Beobachtung dahingehend verbessert, können Sie nun versuchen, die dazu passende Sprache anzubieten. Kommentieren Sie das Spielen oder den Blick ihres Kindes. Handlungsbegleitendes Sprechen Handlungen bzw. das kindliche Spiel werden versprachlicht. Bsp.: Die Mutter wickelt das Kind und sagt dazu „Ei, jetzt wirst du gewickelt!“ Bsp.: Die Mutter gießt mit dem Kind auf dem Arm die Blumen und sagt dazu „SCHSCHSCH – so viel Wasser!“. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 137 FLIP SPRACHE LERNEN Bsp.: Die Mutter setzt das Kind in den Autokindersitz und sagt dazu „Wir fahren mit dem Auto! BRMMMM“. Bsp.: Das Kind spielt mit der Puppe und die Mutter sagt „Oh, du spielst ja mit deiner neuen Puppe“. Bauen Sie TURN-TAKING SPIELE ein! Unter Turn-Taking versteht man den Wechsel zwischen Senden und Empfangen (z.B. Sprechen und Zuhören) im kommunikativen Austausch zwischen zwei Personen. Turn-Taking kann sowohl durch nonverbale als auch verbale Spiele gefördert werden. Es ist eine wichtige Grundlage für die weitere Kommunikationsentwicklung. Kommunizieren Sie mit direktem Blickkontakt! Direkter Blickkontakt ist für die Kommunikation besonders wichtig! Begeben Sie sich auf die Ebene Ihres Kindes, um tatsächlich Blickkontakt halten zu können. Dadurch erlangen Sie die Aufmerksamkeit Ihres Kindes. Zusätzlich verringert es zum einen des Abstand zwischen Ihrer Stimme und dem Ohr Ihres Kindes (bzw. der Hörhilfe), zum anderen kann Ihr Kind Ihr Mundbild bzw. Ihren Gesichtsausdruck viel besser sehen. Abwarten! Geben Sie Ihrem Kind Zeit, seine Gedanken, Wünsche oder Absichten selbst in Worte zu fassen. Setzten Sie Ihr Kind dabei nicht unter Druck! Bestätigen Sie Ihr Kind! Versuchen Sie Ihr Kind in seinen Kommunikationsversuchen positiv zu bestärken! Lächeln Sie, imitieren und erweitern Sie das Gesagte oder die Gebärde! Dadurch zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie seine Kommunikationsversuche wertschätzen. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 138 FLIP SPRACHE LERNEN Imitieren Sie die Sprache Ihres Kindes! Nehmen Sie die Äußerungen Ihres Kindes auf und ahmen Sie diese nach. So zeigen Sie Ihrem Kind, dass Sie ihm zuhören und das Gesagte auch wertschätzen. Bsp.: Wenn das Kind „ba“ sagt, geht die Mutter darauf ein und wiederholt „ba. Baba-ba-ba.“ Verwenden Sie kurze, einfache aber korrekte Sätze Es ist wichtig, mit Ihrem Kind so zu sprechen, dass es die Informationen verarbeiten kann und auch die Möglichkeit findet, darauf zu antworten. Präsentieren und gezieltes Wiederholen (Input) Das Zielwort wird immer wieder angeboten. Bsp.: „Schau ein Auto. Bringst du mir das Auto? Das Auto ist aber groß. So ein schnelles Auto“. Korrektives Feedback Die kindliche Aussage wird – auch wenn sie noch nicht korrekt ist - positiv verstärkt, noch einmal richtig wiederholt und die korrigierte Wiederholung besonders betont. Bsp.: Das Kind zeigt auf ein Flugzeug und sagt: „Auto“. Die Mutter antwortet: „Genau, da ist ein Flugzeug“. Bsp.: Das Kind sagt: „Da Flugzeug fliegen“. Die Mutter antwortet: „ Ja, da fliegt ein Flugzeug“. Bsp.: Das Kind sagt: „Da Fugzeug fiegen“. Die Mutter wiederholt: „Ja, da fliegt ein Flugzeug“. Bsp.: Kind sagt: „ Da fahren viele Auto“. Die Mutter antwortet: „Ja, so viele Autos! Erweitern Sie die Sprache Ihres Kindes! Die Äußerung des Kindes wird inhaltlich vervollständigt und ergänzt. Bsp.: Das Kind spricht: „Auto schnell“ und die Mutter erweitert: „ Ja, das rote Auto fährt schnell“. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 139 FLIP SPRACHE LERNEN Bsp.: Das Kind spricht: „Auto schnell fahren“ und die Mutter erweitert: „ Ja, das Auto fährt schnell über die Brücke“. Reduzieren Sie sprachhemmende Fragen! Vermeiden Sie JA/NEIN Fragen und auch solche, die mit nur einem Wort beantwortet werden können (z.B.: Was ist das? Welche Farbe hat das?). Versuchen Sie stattdessen zu kommentieren, was Ihr Kind gerade macht oder stellen Sie offene Fragen (z.B. Was ist denn da los? Was habt ihr denn gemacht? Was hast du dort alles gesehen? ...). Das hält die Konversation in Fluss und führt dazu, dass sich eine natürlichere Kommunikation entwickelt. Schärfen Sie Ihr Auge für alltägliche Sprachfördermöglichkeiten! Der Alltag ist reich an Möglichkeiten und Gelegenheiten, Sprache zu fördern! Machen Sie sich diese Situationen bewusst und nutzen Sie diese! Bestandteile der Sprache und die dabei möglichen Herausforderungen für hörbehinderte Kinder: Bestandteile der Sprache Alle Kinder, egal ob taub, hörbehindert oder hörend, müssen ihre sprachlichen Fertigkeiten in den folgenden fünf Bereichen entwickeln: Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik, Pragmatik. a) Syntax Was versteht man unter dem Begriff SYNTAX? Syntax beschäftigt sich mit dem Satzbau und der Struktur der Sätze. Was passiert nun bei Kindern mit Hörverlust? Wenn Ihr Kind nicht den ganzen Satz hört, verliert es möglicherweise wichtige grammatikalische Hinweise – z.B.: das „s“ am Wortende um die Mehrzahl zu markieren; möglicherweise kurze Wörter (im, am, um, Artikel…). Diese grammatikalischen Elemente fehlen dann im gesamten Zusammenhang. Dadurch wird primär das FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 140 FLIP SPRACHE LERNEN Verstehen komplexerer Sätze schwieriger, später werden dadurch möglicherweise auch die schulischen Fähigkeiten beeinflusst. b) Phonologie Was versteht man unter dem Begriff PHONOLOGIE? Die Phonologie befasst sich mit der kleinsten Einheit der Sprache – also den Lauten. In der gesprochenen Sprache hören wir beispielsweise das Wort „Mama“ – die phonologischen Elemente, also die Einzellaute wären /m/ /a/ /m/ /a/. Was passiert nun bei Kindern mit Hörverlust? Meist sind bei Kindern mit Hörverlust sowohl das Verstehen als auch die Produktion von Wörtern betroffen. Es kann also sein, dass Ihr Kind statt „Haus“ „Maus“ versteht, oder statt „Kanne“ „Tanne“ hört. Möglicherweise können Sie aber auch beobachten, dass Ihr Kind den Auslaut oft auslässt – beispielsweise die Mehrzahlendung „-en“ auslässt (Elefante statt Elefanten). Wenn Kinder nicht genau und regelmäßig die phonologischen Elemente der Sprache hören, wird es ihnen auch schwer fallen, diese selbst korrekt einzusetzen. c) Pragmatik Was versteht man unter dem Begriff PRAGMATIK? Pragmatik beschreibt, wie wir Sprache adäquat einsetzen. Haben die Kinder die pragmatischen Funktionen der Sprache verstanden, wird es ihnen auch gelingen, eine Kommunikation zu führen, in der sie die passenden Begriffe/Wörter verwenden. Ein Beispiel dafür wäre: das Kind fragt: „Kann ich bitte ein Kekserl haben“, anstatt nur zu rufen „Keks“ oder überhaupt nur darauf zu zeigen. Dieses Beispiel zeigt, dass dieses Kind verstanden hat, wie man höflich nach einer Sache fragen kann. Auch die Art, wie Befehle formuliert werden, Gefühle ausgedrückt werden, nach Erklärungen gefragt wird oder das eigene Wissen weitergegeben wird, gibt uns Aufschluss darüber, ob die Kinder die pragmatischen Elemente verstanden bzw. verinnerlicht haben. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 141 FLIP SPRACHE LERNEN Was passiert nun bei Kindern mit Hörverlust? Kinder mit Hörverlust antworten möglicherweise unpassender auf Fragen. Gehörlose Kinder im Vorschulalter verwenden oft nur sehr einfache Strategien, um Gespräche zu beginnen oder aufrechtzuerhalten. d) Morphologie Was versteht man unter dem Begriff MORPHOLOGIE? Die Morphologie beschreibt den internen Aufbau von Wörtern – also den Wortstamm, die Wortbildung, die Beugung des Wortes. Es gibt Wortteile (auch Morpheme genannt), die eigenständige Wörter sein können (z.B.: /lauf/ – als Befehlsform), und Elemente, die nie eigenständig sein können (z.B.: /en/ – als 2.Wortteil bei /lauf-en/). Was passiert nun bei Kindern mit Hörverlust? Taube oder hörbehinderte Kinder überhören in der gesprochenen Konversation diese kleinen Worteinheiten oft. Wenn Kinder diese wichtigen Einheiten allerdings konsequent überhören, dann werden sie möglicherweise in der eigenen Sprache auch nicht angewandt, es fällt ihnen schwer, neue Wörter zu bilden und Wörter aus anderen Wörtern abzuleiten. e) Semantik Was versteht man unter dem Begriff SEMANTIK? Die Semantik beschäftigt sich mit der Bedeutung von Wörtern. Was passiert nun bei Kindern mit Hörverlust? Kinder mit Hörverlust neigen dazu, einen kleineren Wortschatz zu haben, als gleichaltrige, hörende Kinder. Möglicherweise ist das das Ergebnis einer zu einfachen Sprache. Einer Sprache mit zu wenigen unterschiedlichen, differenzierenden Benennungen, mit denen wir die Kinder mit einer Hörbehinderung „füttern“. Wir neigen dazu, einfachere Wörter zu verwenden – z.B.: nur „groß“ und „klein“ statt „breit“ und „schmal“ oder „hoch“ und „niedrig“. Wir wissen, dass ein größerer Wortschatz in Zusammenhang mit besserer Lesekompetenz steht. Somit kann es sein, dass durch das Nichtanbieten eines differenzier- FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 142 FLIP SPRACHE LERNEN ten, reichen Wortschatzes, sowohl die Sprachentwicklung an sich als auch die Lesekompetenz beeinträchtigt werden. Symbolische Bedeutungen der Wörter und Phrasen oder Redewendungen werden schwerer erlernt. Gezielte Möglichkeiten, Sprache in den Alltag einzubauen Jeder Tag ist voll an Möglichkeiten, Sprache in den Alltag einzubauen. Viele Aktivitäten lassen sich auf natürliche Weise einbauen und wirken daher auch natürlich. Hier sehen Sie eine Auswahl an Aktivitäten, die in folgende drei Kategorien unterteilt werden: Aktivitäten während der Kinderbetreuung/Kinderpflege Aktivitäten während der Erledigungen im Haushalt Bewusste „Spielsituationen“ einbauen a) Aktivitäten während der Kinderbetreuung/Kinderpflege Während Sie sich um Ihr Kind kümmern, können Sie mit ihm sprechen oder gebärden. Sprechen Sie mit Ihrem Kind darüber, was Sie gerade machen. Beobachten Sie, wohin Ihr Kind gerade schaut und kommentieren Sie das. An/Ausziehen Baden Wickeln Pflegen, wenn Ihr Kind krank oder verletzt ist Gesicht und Hände waschen Schlafen gehen Beruhigen, wenn Ihr Kind verärgert ist oder weint Anschnallen im Kindersitz Familienfeste Treffen mit Freunden Einkäufe Besuche in Kirche, Schule, Kindergarten Spaziergänge Essen und Jausnen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 143 FLIP SPRACHE LERNEN b) Erledigungen im Haushalt Wenn Sie Ihre Aufgaben im Haushalt erledigen, versuchen Sie mit Ihrem Kind über das zu sprechen, was Sie gerade machen. Binden Sie Ihr Kind in Ihre Aktivitäten ein. Lassen Sie Ihr Kind dabei auch helfen. Geschirr abwaschen/abtrocknen Tisch decken/abräumen Abstauben, aufräumen Staubsaugen, kehren Geschirrspüler einräumen/ausräumen Mistkübel ausleeren Rasenmähen Blumen gießen Betten machen Kochen Wäsche in Waschmaschine einräumen Kleidung in den Kasten einräumen Bügeln Gartenarbeiten Spielsachen einräumen/einordnen Auto putzen c) „Bewusste“ Spielsituationen einbauen Versuchen Sie im Lauf des Tages ganz „bewusste“ Spielsituationen – sogenannte „Spiel- und Sprachinseln“ - einzubauen. Diese Situationen bieten Ihnen großartige Möglichkeiten, die Sprache Ihres Kindes auf spielerische und lustvolle Art und Weise zu erweitern. Gemeinsames Singen Gemeinsames Anschauen von Büchern, Bildern, Postkarten, Katalogen, Zeitschriften, Zeichnungen… Zeichnen Kreatives Spielen FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 144 FLIP SPRACHE LERNEN Anschauen von Fotos Schneiden, kleben, basteln Puzzle bauen Entwicklungsabhängige Aktivitäten und Spiele, die die Sprachentwicklung unterstützen Jeder Tag ist voll an unzähligen Möglichkeiten, die Sprache zu erlernen. Die folgende Liste beinhaltet einige Aktivitäten und Spiele, die dem Entwicklungsstand Ihres Kindes angemessen sind und das Erlernen der Sprache fördern. Probieren Sie die Spiele aus, erweitern Sie die Liste und versuchen Sie vor allem, die Tipps lustbetont umzusetzen!!! Die ersten 18 Lebensmonate Sprachfördernde Aktivitäten Spielen Sie „Sooooo groooooß“ Verbinden Sie eine Handlung mit einer Lautmalerei (z.B.: beim Essen – „MMMMM“, während dem Winken – „baba!“, ) GUCK-GUCK-Spiele Einige der üblichen ersten Wörter Lautmalereien: als Übergang vom Lallen zu den ersten Wörtern. Sie spiegeln die Art, wie das Kind die Welt erlebt („wauwau“ für Hund, „hamham“ für Essen, „bä“ für Windel voll, grauslich…) Das Handlungswort (Verb) und das Gegenstandswort (Nomen) werden mit dem gleichen Wort bezeichnet (z.B. ist es egal, ob das Auto oder das Fahren gemeint ist, das Kind sagt „brummbrumm“) Silbenverdoppelungen: aus dem Lallen „mamamama“ wird das Wort “Mama“ mit Bedeutung, „Papa“, „hamham“, „baba“,… Da! Pragmatische Wörter: weg, da, baba, hallo, bitte Deiktische (hinweisende) Wörter: Oh! Au!.... FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 145 FLIP SPRACHE LERNEN 18. – 24. Lebensmonate Sprachfördernde Aktivitäten Versteckspiele verbunden mit Aktivität Verstecken Sie ein Lieblingsspielzeug Ihres Kindes beispielsweise in einer Schuhschachtel oder unter einem Tuch – nun muss Ihr Kind etwas machen, um an das Spielzeug heranzukommen. Sie können es dabei sprachlich begleiten: „Wo ist…? Wo? Zieh das Tuch weg, zieh! Zieh fest! Ja da ist es! Da ist….“ Material ertasten Nehmen Sie sich verschiedene Materialien – z.B. ein Stück Fell, Schmirgelpapier und ein Stück Korkplatte – die Oberflächen greifen sich völlig unterschiedlich an. Versuchen Sie nun die Beschaffenheiten zu verbalisieren (z.B.: „Oh, das Fell ist weich, kuschelig weich. Das fühlt sich gut an. Das Schmirgelpapier ist nicht weich. Es ist rau.“) Leere Schachteln auffüllen: Bestimmt haben Sie eine leere Schachtel, die nur darauf wartet, befüllt zu werden. Stellen Sie die Schachtel vor Ihr Kind und legen Sie auch verschiedene Dinge dazu. Nun versuchen Sie Ihr Handeln sprachlich zu begleiten: „Das Auto kommt in die Schachtel, der Apfel auch, ...“ Wenn die Schachtel voll ist, leeren Sie diese wieder aus und fordern Sie Ihr Kind auf, die Schachtel anzufüllen. Typische Merkmale in der Sprachentwicklung a) Der Anteil der Nomen (Hauptwörter) und Verben (Tun- oder Zeitwörter) wächst, die Lautmalereien werden weniger. Lebensmittel: Apfel, Keks, Saft,… Körperteile: Augen, Ohren,… Möbel: Fernseher, Bett, Sessel, … Kleidung: Socken, Schuhe,… Begriffe von draußen: Baum, Blume, Auto, … Spielsachen: Teddy, Puppe, … FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 146 FLIP SPRACHE LERNEN Personen: Mama, Papa, … Beschreibende Begriffe: leer, mehr, ... Verben: laufen, spielen, aufmachen, zumachen, … b) Zweiwortphrasen entstehen Nomen + Verb: Ball werfen, Mama essen, Topferl gehen, Puppe eiei,… Beschreibung + Nomen: guter Saft, mehr Keks 24. –BIS 36. LEBENSMONAT Sprachfördernde Aktivitäten Turm bauen Durch das Turmbauen werden die Steigerungen (groß – größer – am größten) unterstrichen. Verwenden Sie dazu Bausteine, leere Schachteln, volle Schachteln, Steine, Bücher usw. Außerdem lernt das Kind, sein Handlungsresultat zu beobachten – „Turm baut“ – und damit beginnt auch der Grammatikerwerb! Sortierspiele Nehmen Sie einen Korb voll Schuhe und Bücher und mischen Sie diese. Nun soll Ihr Kind diese wieder auseinander sortieren. Bei diesem Spiel lernt Ihr Kind, ein Konzept von Oberbegriffen (nämlich Schuhe und Bücher) und Unterbegriffen (Winterschuhe, Sommerschuhe, Stöckelschuhe, Wanderschuhe, …, Märchenbuch, Bilderbuch, Zeitung, ...) zu entwickeln. Wichtig dabei ist, dass Sie Ihr Kind bei seinem Handeln sprachlich begleiten: „ Ja genau! Das gehört zu den Schuhen. Das ist ein Wanderschuh. Mein Wanderschuh. Schau, der hat eine besonders feste Schuhsohle.“ Das gleiche Spiel funktioniert natürlich auch mit Bildern. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 147 FLIP SPRACHE LERNEN Gegenstand – Bild – Zuordnungsspiele Schneiden Sie Bilder aus Zeitschriften aus und lassen Sie die richtigen Objekte den Gegenständen zuordnen. Beispielsweise legen sie das Bild einer Spielzeugkiste und einer Küche auf – nun soll Ihr Kind aus den echten Spielsachen und Küchenutensilien (die Sie auch vor Ihrem Kind aufgelegt haben) das jeweils richtige zu den Oberbegriffsbildern zuordnen. Auch bei diesem Spiel ist die sprachliche Begleitung wieder wichtig: „Ja genau, das Auto gehört in die Spielzeugkiste. Schau, es hat vier Räder, vorne und hinten hat es auch Lichter. Glaubst du, kann man mit diesem Auto fahren? Nein, genau, es ist zu klein.“ Natürlich funktioniert dieses Spiel auch umgekehrt – also als Oberbegriff einen echten Gegenstand verwenden und die Unterbegriffe als Bilder anbieten. Das gemeinsame Anschauen von Bilderbüchern Sprache kann durch das gemeinsame Anschauen von Bilderbüchern gut gefördert werden. Ihr Kind kann sein Interesse zeigen und sich aktiv am Bilderbuch anschauen beteiligen. Wenn Ihr Kind ein Bild sehr erfreut, können sie erklären, was man sieht oder was gerade passiert. Gemeinsam taucht man in Entdeckungsreisen ein und lernt mit Hilfe der Bilderbücher verschiedene Bereiche, z.B. die Tierwelt oder verschiedenste Fahrzeuge, kennen. Entscheidend ist, dass das Kind beim Buchanschauen nicht nur Sprache hört. Es soll durch die ansprechenden Bilder und die anregenden Worte des Erwachsenen selbst zum Sprechen ermuntert werden. Es ist sehr wichtig, dass Sie regelmäßig mit Ihrem Kind ein Buch anschauen. Lesen Sie Ihrem Kind den Text des Buches nicht vor. Erzählen Sie etwas über die Bilder, die man sieht und lassen Sie Ihr Kind auch erzählen. Vorlesen ist erst für ältere Kinder ab 4 Jahren wichtig. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 148 FLIP SPRACHE LERNEN Beim Anschauen von Bilderbüchern lernt das Kind viele neue Wörter. Schauen Sie das gleiche Bilderbuch immer wieder an, damit das Kind die gleichen Wörter immer wieder hört. Für ein hörgeschädigtes Kind ist es besonders wichtig, dass es ein Wort sehr oft hört. Sprechen Sie die wichtigsten Wörter sehr oft vor, damit Ihr Kind diese Wörter später selbst sprechen lernt. Zu beachten ist auch, dass Bilderbücher das reale Leben nicht ersetzen. Wenn das Kind viele Eindrücke zu einem Begriff hat, kann es sich diesen besser merken und ihn auch schneller wieder benützen. Ein Beispiel: Wenn das Kind den Begriff „Affe“ mittels Bilderbuch das erste Mal hört, ist es von großem Vorteil wenn es den Affen im Zoo ansehen kann. Wie sieht ein Affe aus? Welche Geräusche macht der Affe? Was frisst ein Affe? All diese Informationen sind sehr wertvoll für das Kind. 1. Einmal am Tag Buch anschauen Sie sollten versuchen, möglichst jeden Tag ein Buch mit Ihrem Kind anzuschauen. Suchen Sie eine passende Zeit aus. Überlegen Sie, wann eine gute Zeit für Sie und Ihr Kind ist. (z.B. vor dem Schlafengehen oder nach dem Frühstück, wenn die älteren Kinder nicht mehr zu Hause sind). Wenn Sie mit dem Kind jeden Tag ein Buch anschauen, wird es sich schon darauf freuen und vielleicht selbst mit dem Buch zu ihnen kommen. 2. Sich Zeit nehmen Nehmen Sie sich selbst genug Zeit, damit Sie keinen Stress beim Bilderbuchanschauen haben. Vielleicht möchte Ihr Kind zehn Minuten Buchanschauen, vielleicht aber auch länger. Wenn Ihr Kind nicht lange dabei sitzen bleiben kann, ist dies nicht schlimm. Mit der Zeit wird es lernen, länger dabei zu bleiben. 3. Ruhige Umgebung Schalten Sie den Fernseher (Bild und Ton) und den Radio aus. Telefonieren Sie während des Bilderbuchanschauens nicht. FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 149 FLIP SPRACHE LERNEN 4. Die richtige Sitzposition Wo Sie das Bilderbuch anschauen, ist egal. Sie können am Boden, auf der Couch oder am Küchentisch sitzen. Wichtig ist, dass es Ihrem Kind gut gefällt. Das Kind kann auf Ihrem Schoß sitzen. Dabei können Sie sehr gut in das Ohr sprechen. Ihr Kind wird Ihre Stimme gut hören, aber Ihren Mund nicht sehen. Wenn Ihr Kind neben ihnen sitzt, kann es leichter auf Ihren Mund schauen. Sie sprechen nahe beim Ohr Ihres Kindes und sehen sehr gut, welches Bild im Buch für das Kind interessant ist. 5. Das Interesse des Kindes beobachten Lassen Sie Ihr Kind das Buch in die Hand nehmen oder halten Sie es gemeinsam. Das Kind darf selber die Seiten umblättern und weiter blättern, wenn es auf dieser Seite für sich genug gesehen hat. Beachten Sie, was Ihr Kind macht. Worauf schaut Ihr Kind? Wann blättert Ihr Kind um? Welches Bild möchte Ihr Kind länger anschauen? Erzählen Sie ihm dann etwas über dieses Bild. 6. So fördern Sie das Sprechen Zeigt Ihr Kind z.B. auf ein Bild mit einem Hund, ohne dabei das Wort zu benennen, sagen Sie: „Ja, da ist ein Hund.“ Zeigt Ihr Kind auf ein Bild mit einem Hund und sagt: „au-au“, antworten Sie: „Ja! Der Hund macht wau-wau. Der bellt.“ Zeigt Ihr Kind auf ein Bild mit einem Hund und sagt: „da wau-wau‟ “, antworten Sie: „Ja! das ist der Hund. Das ist ein großer Hund.“ So kann Ihr Kind neue Wörter lernen. Überlassen sie dem Kind immer wieder die Führung – d.h.: ABWARTEN – BEOBACHTEN – ZUHÖREN. Geben sie dem Kind die Chance, selbst zu entdecken und das Gespräch auf die Dinge zu lenken, für die es sich interessiert! Entscheidend beim Anschauen eines Bilderbuches ist es, dass Kinder nicht nur zuhören, sondern zum Sprechen angeregt werden! FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 150 FLIP SPRACHE LERNEN 7. Sprachmelodie Sprechen Sie mit Begeisterung. Sprechen Sie laut/leise, lustig/traurig. Betonen Sie einzelne Wörter besonders. Einige Beispiele dazu: „Wo ist die Katze?“ – Betonen Sie das Wort ‚Wo‟ und dehnen Sie es. „Die Kinder lachen laut, ha-ha-ha-ha-ha.“ – Betonen Sie das Wort ‚laut‟ und lachen Sie besonders laut und lustig dazu. 8. Fragen stellen Durch eine Frage kann ein Gespräch in Gang gebracht oder aufrechterhalten werden. Ältere Kinder können durch gezielte Fragen aber auch zum Überdenken der eigenen Äußerung angeregt werden. Es gibt sprachförderliche Fragen z.B. „Was passiert denn da?“ und eher sprachhemmende Fragen wie „Wo ist die Katze?“ 9. Was tun, wenn das Kind wenig Interesse zeigt? Wenn Ihr Kind nichts spricht und auf kein Bild zeigt, zeigen Sie selbst auf das Bild und erzählen Sie etwas dazu. Ein Beispiel: „Schau, die Katze. Die Katze mag essen.“ Dann sagen Sie: „Ham-ham macht die Katze.“ Spielen Sie dabei „Katze füttern“. Auswahl der Bilderbücher Die ersten Bücher sollten nur wenig Text enthalten – günstig wäre es, wenn sie einige der Dinge, die im Buch vorkommen, bei sich liegen haben, damit Ihr Kind sie sehen und anfassen kann (die Bedeutung der Wörter wird dadurch schneller erlernt). Zu Beginn eignen sich vor allem Bilderbücher, die von alltäglichen Dingen erzählen (essen, spielen, waschen, an/ausziehen, schlafen, einkaufen…). Es kennt dazu schon viele Wörter und kann neue Informationen besser in sein Wissen einfügen. Selbst gebastelte Bücher mit Fotos von bekannten Personen oder beliebten Gegenständen sind von besonders großem Interesse und lassen sich beliebig erweitern (Erlebnisfotobuch). FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 151 FLIP SPRACHE LERNEN Zum Wecken der Neugierde eignen sich besonders solche Bilderbücher, bei denen man etwas fühlen, aufklappen oder herausziehen kann. Bilderbücher, die Geräusche machen, sind natürlich auch ein besonderer Anreiz. Wenn Ihr Kind schon Erfahrung mit dem Bilderbuchanschauen hat, kann man bei der Auswahl neuer Bücher Themen aufgreifen, die für das Kind gerade besonders aktuell sind (z.B. Geburtstagsfeier, Zoobesuch, …) Beispiele für erste Bilderbücher: Mein erstes Fühlbuch, Ravensburger Mein Badespaß, Oetinger Verlag Meine Lieblingsfotos (eigene Fotos verwenden), JAKO-O Das ist die Mama von…, arsEdition Mausi hat Geburtstag, Sauerländer Verlag Flo fährt los, Oetinger Verlag Was passiert auf der Baustelle?, Ravensburger Wo bist du kleine Ente?, Ravensburger Viel Spaß beim Bilderbuchanschauen mit Ihrem Kind! FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 152 FLIP ANHANG Familienzentriertes Linzer InterventionsProgramm Wichtige Adressen Pädaudiologische Beratungsstellen Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Linz Leitung der Hals-, Nasen- und Ohrenabteilung: Prim. Dr. Josef Meindl Seilerstätte 4, 4010 Linz Tel. 0732/7677-7356 Fax. 0732/7677-7257 E-Mail: [email protected] Allgemeines Krankenhaus der Stadt Linz Leitung der Hals-, Nasen- und Ohrenabteilung: Prim. Univ.-Prof. Dr. Ernst Richter Krankenhausstraße 9, 4021 Linz Tel: +43 (0)732/7806-1134 Fax: +43 (0)732/7806-1131 E-Mail: [email protected] A. Ö. Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern Ried Leitung der Hals-, Nasen- und Ohrenabteilung: Prim. Dr. Werner Habicher Schlossberg 1, 4910 Ried i.I. Tel: 07752/602-0 Fax: 07752/602-6500 E-Mail: [email protected] Landeskrankenhaus Salzburg Universitätsklinikum der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Leitung der Hals-, Nasen- und Ohrenabteilung: Univ.-Prof. Dr. Gerd Rasp Müllner Hauptstraße 48, 5020 Salzburg Tel:+43(0)662/4482-4000 Fax: +43(0)662/4482-4043 E-Mail: [email protected] Klinikum Kreuzschwestern Wels Leitung der Hals-, Nasen- und Ohrenabteilung: Prim. Dr. Thomas Keintzel Grieskirchner Straße 42, 4600 Wels Tel.Nr.: +43 (0) 7242/415-2313 E-Mail: [email protected] FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischofstraße 11, 4021 Linz FLIP ANHANG Frühförderstellen Diakonie Zentrum Spattstraße Willingerstraße 21, 4030 Linz Tel: (0732) 34 92 71 - 43 E-Mail: [email protected] Lebenshilfe Oberösterreich Dürnauer Straße 94, 4840 Vöcklabruck Tel: (07672) 27 55 0 0 Fax: (07672) 27 55 0 101 95 E-Mail: [email protected] Miteinander GmbH Schillerstraße 53/3, 4020 Linz Tel: (0732) 66 33 28 E-Mail: [email protected] Hilfswerk Oberösterreich mobile Frühförderung wird für den Bereich Innviertel angeboten Dametzstraße 6, 4020 Linz Tel: (0732) 77 51 11 109 Sehfrühförderung der Barmherzigen Brüder Seilerstätte 2, A-4021 Linz Primaria Dr. Barbara Neudorfer Tel: 0732/7897-21300 Fax: -21389 email: [email protected] Selbsthilfegruppen Elternverein Gemeinschaft Eltern und Freunde Hörgeschädigter Walzwerkstraße 67, 4050 Traun Ansprechperson: Fr. Claudia Oberauer, 07229/72264 www.elternundfreunde.at Bildungszentrum der Gebärdensprachgemeinschaft und Landesverband der Gehörlosenvereine in OÖ Leharstraße 28, 4020 Linz Tel: 0732/651217 Fax: 0732/651219 FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 154 FLIP ANHANG ÖCIG Österreichische Cochlea-Implant Gesellschaft Präsident Franz Jank Rolandweg 11, A-1160 Wien www.oecig.at Junge Stimme c.o. Österreichische Schwerhörigen Selbsthilfe (ÖSSH) Triesterstrasse 172/1, 8020 Graz www.jungestimme.at, [email protected] Fax: +43 (0)316 262157-4 Pädagogische Einrichtungen Caritas für Menschen mit Behinderung, Fachberatung Integration am Zentrum für Hör- und Sehbildung Kapuzinerstraße 40, 4020 Linz Integration im örtlichen Kindergarten Ansprechpersonen: Waltraud Ramsmaier-Rupp, 0676/87767066 Petra Brandel, 0676/87767065 Heilpädagogischer integrativer Kindergarten am Zentrum für Hör- und Sehbildung Kapuzinerstraße 40, 4020 Linz www.caritas-linz.at Pädagogisches Zentrum für Sinnesbehinderte Beratung hörgeschädigter SchülerInnen Integration in der örtlichen Schule Kapuzinerstraße 40a, 4020 Linz Landesschulzentrum für Hör- und Sehbildung, Michael Reiter Schule Kapuzinerstraße 40a, 4020 Linz Dir. Wilfried Schögl www.llhs.eduhi.at FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 155 FLIP ANHANG Hilfreiche Internetadressen www.phonak.at (Hörgeräteinfos) www.cochlear.at (Cochlea-Implantat-Infos) www.medel.at (Cochlea-Implantat-Infos) www.advancedbionics.com (Cochlea-Implantat-Infos) www.auditiv-verbale-erziehung.de www.babyhearing.org (englischsprachige Informationen rund um´s Hören) www.elternundfreunde.at (OÖ Elternverein) www.oeglb.at (Ö Gehörlosenbund) www.jungestimme.at (lautsprachlich komm. Erwachsene) www.ci-a.at (CI-Selbsthilfeverein, Med-el) www.oecig.at (CI-Selbshilfeverein, Cochlear) www.oesb.at (Ö Schwerhörigenbund) www.vonohrzuohr.or.at (Schwerhörigen-Selbsthilfeverein) www.ooe.gv.at (Land Oberösterreich) www.uni-klu.ac.at (kostenlose Gebärdensprach-Datenbank – ledasila) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 156 FLIP ANHANG Literaturempfehlung Fachbücher »Unser Kind ist hörgeschädigt« , Susanne Diller Hörgeschädigte Kinder spielerisch fördern, Ein Elternbuch zur frühen Hörerziehung, Gisela Batliner Cochlea Implantat- mit dem CI leben, hören und sprechen, Dorothea Senf Der Elternratgeber, Cochlea-Implantat bei gehörlosen und ertaubten Kindern, Klaus- B. Günther Möglichkeiten der Begegnung und des Austauschs für Eltern hörgeschädigter Kinder, Manfred Hintermair „Unser gehörloses Kind“, Wegweiser für Eltern gehörloser Kinder in Österreich, Österreichischer Gehörlosenbund Gemeinsames Lernen von hörenden und hörgeschädigten Schülern, Annette Leonhardt Gebärdensprachführer für OÖ, Kinderwortschatz, Bildungszentrum der Gebärdensprachgemeinschaft OÖ Kinderbücher »Hörwins erster Erdenflug«, von Sieglinde Breitschwerdt LENA, Monika Kalienke „Oliver bekommt Hörgeräte“, Fa. Phonak „Oliver bekommt FM“, Fa. Phonak FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 157 FLIP ANHANG Glossar akademische Entwicklung: schulische/akademische Laufbahn aktiver Wortschatz: Menge der verwendeten/gesprochenen Wörter Akustiker: Fachperson, die sich mit der Lehre vom Schall und den Tönen beschäftigt Anomalie: Unregelmäßigkeit, Ausnahme Artikulation: alle ablaufenden Bewegungen, um Laute hervorbringen oder ausformen zu können Audioeingang: Vorrichtung in Hörgeräten oder Cochlear Implantaten, um zusätzliche externe Schallquellen zuführen zu können (FM-Anlage, Telefonspule.) auditive Unterscheidungsfähigkeit: auditives Diskriminieren, Laute und Geräusche können unterschieden werden auditives Training: Hörtraining auditiv-verbale Therapie: Ziel dieser Methode ist es, Lautsprache über das Gehör zu erlernen auditorische Neuropathie/auditorische Dys-Synchronie: der Schall erreicht im Normalfall ungestört das Innenohr, Weiterleitung zum Gehirn ist jedoch beeinträchtigt. Dies kann an einer Schädigung der inneren Haarzellen der Cochlea liegen, an einer Übertragungsstörung zwischen den Haarzellen und dem Hörnerv oder einer Schädigung des Hörnervs selbst auditorische Rückkoppelungsschleife: das Gesprochene wird durch das Gehör ständig kontrolliert und ev verändert Aufmerksamkeitsfokus: worauf die Aufmerksamkeit gerichtet ist Auslaut/Anlaut: letzter Laut eines Wortes oder einer Silbe/erster Laut eines Wortes Bezugsperson: Person zu der das Kind besonderes Vertrauen hat (zB Eltern, Großeltern,..) Bilabial: Unter- und Oberlippe betreffend Bilinguale: zweisprachig (zB türkisch und deutsch, Gebärdensprache und Lautsprache) buntes Lallen: silbige Lautgebilde mit verschiedenen Lauten (da-ga, we-de) CHIP – Program: Colorado Home Intervention Program FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 158 FLIP ANHANG CI – Cochlea Implantat: Innenohrhörprothese für gehörlose Kinder mit Schäden am Innenohr, CI wird hinter dem Ohr in den Knochen eingesetzt; Mikrophon hinter dem Ohr nimmt Schallwellen auf, die durch den Prozessor gehen und durch die Haut an das Implantat gegeben werde. Elektroden stimulieren den Nervenfasern im Innenohr Cochlea: Schnecke des Innenohrs; Hörorgan deiktische Wörter : hinweisende, zeigende Wörter (diese, hier, dort, jetzt) Dezibel/dB: Maß für die Hörschwellenmessung Diskriminieren: unterscheiden von Reizen (auditives Diskriminieren: lautliche Unterscheidung von Gehörtem) Dynamikbereich der Sprache: Lautstärkendifferenz zwischen dem leisesten Konsonanten und dem lautesten Vokal Dynamkikbreite: Bereich zwischen Hörschwelle und Unbehaglichkeitsschwelle Echolalie: wörtliche od leicht abgewandelte spontane Wiedergabe von Gehörtem. Eltern-Kind-Interaktion: gegenseitiges Bezugnehmen von Partnern durch Handlungen und Sprache, die so aufeinander einwirken Enzephalitis: Entzündung des Gehirns Enzephalografie: „Röntgen“ des Gehirns Explorieren: ausprobieren Expressiver Wortschatz: Menge der spontan gesprochenen Wörter Flexibilität: Biegsamkeit FLIP – Therapeut: Therapeut/Logopädin des „Familienzentrierten Linzer InterventionsProgrammes fluktierendes Gehör: schwankendes Gehör FM-Anlage: Frequenz-Modulations-Anlage, ermöglicht optimales Stör-NutzschallVerhältnis und so besseres Verständnis der Sprache. Sprache wird über einen Sender (Mikrofon) aufgenommen und drahtlos an einen Empfänger (direkt mit den Hörgeräten verbunden) übermittelt Frequenz: Anzahl von Schwingungen/sek. 1 Hertz = 1 Schwingung/sek. Ein Ton wird umso höher empfunden, je höher die Frequenz ist Gebärdensprache: Kommunikationsform Gerhörloser. Begriffe, Wörter, Phrasen werden durch bestimmte Finger- und Handstellungen und – bewegungen dargestellt, die zu Sätzen zusammengefügt werden Gestik: kommunikative Bewegungen vor allem der Arme, Hände und des Kopfes FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 159 FLIP ANHANG Glottal: mit der Glottis (Stimmritze, Spalt zw den Stimmlippen) als Artikulationsstelle bzw Luftstrominitiator Grammatik: System, das Regeln für die Verbindung von Wörtern und Sätzen vorgibt Hirnstammaudiometrie.: Messung mittels Elektroden, die Aussagen über Störungen des Mittel- und Innenohres sowie des Hörnervs erlaubt HNO-Arzt: Facharzt für Hals – Nasen – Ohrenheilkunde Hörbahnen: Verbindung aus Nerven zwischen Innenohr und Hörzentrum Hörschwelle: derjenige Schalldruck, bei dem unser Gehör Töne oder Geräusche gerade wahrnimmt. Imitation: Nachahmung Implantation: Einpflanzung Initiieren: anregen, in Gang setzen Innenohrschwerhörigkeit: Schallempfindungsschwerhörigkeit, Hörverlust durch Störung im Innenohr od in der Hörbahn Interagieren: siehe Interaktion Interaktion: miteinander in Kontakt treten und sich austauschen interaktiver Kontext: Zusammenhang in dem die Interaktion stattfindet Intervention: Maßnahme zur Verhinderung bestimmter Ereignisse Intonation: Veränderung der Tonhöhe und Dynamik einer Silbe, eines Wortes oder Satzes (Satzmelodie) Joint attention: gemeinsame Aufmerksamkeit kanonisches Lallen: siehe buntes Lallen Kommunikation: zwischenmenschliche Verständigung mittels sprachlicher und nichtsprachlicher Mittel Kommunikationsmodalitäten – Möglichkeiten, Ausführungsarten der Kommunikation Kompatibel: zusammenpassend Konduktiver Hörverlust: Schallleitungsschwerhörigkeit, Mittelohrschwerhörigkeit konservative Einstellung: vorsichtige, langsame Einstellung der Hörsysteme Konsonant: Mitlaut; Sprachlaut, der durch die Hemmung des Luftstromes an bestimmten Stellen des Ansatzrohrs entsteht. Mitlaute bestehen aus Geräuschen oder Klanggemischen im Frequenzbereich von 200 – 800 Hz. Einteilung in stimmhaft und stimmlos, Art des Überwindungsmodus der Luft, Ort der Lautbildung, Artikulationsorgan oder Artikulationsmodus FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 160 FLIP ANHANG konzeptuell angepasste LUG: vlg. LUG; Der Inhalt (das Konzept) des Wortes, wird sinngemäß aus der Gebärdensprache entnommen und nicht Wort für Wort an der Lautsprache orientiert gebärdet wie beim LBG Labiodental: Lippenzahnlaut Lallphase: spielerisch angewandtes unbewusstes (1.Lallphase) oder bewusstes (2.Lallphase) Auftreten von Lauten als Äußerung von Lust- oder Unlustgefühlen. Lautmalerei (Onomatopoetika): meist in der Kindersprache vorkommend, an Geräuschen orientiert zB muh, wau-wau, ham-ham,... LBG: Lautsprachbegleitende Gebärden, jedes gesprochene Wort wird gebärdet Linguist: (Linguistik) moderne Sprachwissenschaft, die v.a. Theorien über Struktur der Sprache erarbeitet Logopädin: beschäftigt sich in Theorie und Praxis mit Sprach – Sprech – Redefluss – Stimm – Kommunikations- und Hörstörungen Lokalisation: örtliche Zuordnung LUG: Lautsprachunterstützendes Gebärden wird vorwiegend als alternative Kommunikation bei Menschen, die sich nur sehr unzureichend oder gar nicht in Lautsprache ausdrücken können, verwendet. Man orientiert sich an der Struktur der Lautsprache und gebärdet gleichzeitig mit dem gesprochenen Wort. Es werden hier aber nur Schlüsselwörter, die für das Verstehen wichtigsten Wörter, mitgebärdet, auf grammatische Formen (Mehrzahl, Endungen) wird verzichtet. Meilensteine der Entwicklung: sind Fähigkeiten, die in einem bestimmten chronologischen Reihenfolge erreicht/beherrscht werden Membran: zarte Haut Meningitis: Hirnhautentzündung Mimik: meist unwillkürliche Veränderung der Gesichtszüge. Ausdruck der seelischen Verfassung monaural/binaural – ein Ohr/beide Ohren betreffend Morphologie: Lehre von der äußeren Gestalt der Organismen. Teilbereich der Grammatik. Lehre von der Funktion der kleinsten sprachlichen Zeichen (Morpheme) unter dem Aspekt ihres Vorkommens u. ihrer Kombination bei der Wortbildung sowie ihrer Stellung im Sprachsystem. Interner Aufbau von Wörtern (Wortstämme, Wortbildung, Wortbeugung) FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 161 FLIP ANHANG multidisziplinärer Prozess: mehrere Disziplinen (zB Linguistik, Logopädie, Psychologie) arbeiten zusammen Neonatologie: Teilgebiet der Kinderheilkunde, das sich mit Diagnose und Therapie von Erkrankungen des Neugeborenen befasst. Neuropädiater: Facharzt für Diagnose und Behandlung der Erkrankung des Nervensystems bei Kindern nonverbale/verbale (Spiele): nichtsprachlich/sprachlich Nutzschall(diskrimination): die aus dem Störschall herausragenden, verständlichen Schalleindrücke Nutzschall-Störschall-Verhältnis: wichtig für ein gutes Sprachverständnis ist, dass der Nutzschall größer als der Störschall ist orale (Muskulatur): zum Mund gehörend Orthoptistin: Spezialdisziplin der Augenheilkunde Otoakustische Emissionen: objektives Hörprüfverfahren zur Untersuchung der Haarzellenfunktion im Innenohr Passiver Wortschatz: Menge der verstandenen, aber nicht unbedingt auch gebrauchter Wörter Phonetik: Lehre von der Lautbildung Phonem: Laut der gesprochenen Sprache Phonologie: Lehre vom Phonem, seiner Verbindungsmöglichkeit, seinem Vorkommen, seiner Funktion im Sprachsystem, zB Lautdauer usw. Plosiv: Konsonant, bei dessen Artikulation der Atemluftstrom vollkommen blockiert wird; durch die Wiederfreisetzung des gestauten Luftstromes entsteht eine kleine „Explosion“, die den Klang erzeugt Pragmatik: Reihe von soziolinguistischen Regeln, die sich auf den Gebrauch der Sprache in kommunikativen Kontexten beziehen Prälinguistisch (Prälingual)/Postlingual: vor/nach dem Spracherwerb Prozessor: digitale Rechenanlage Psycholinguistik: Lehre vom Zusammenhang zwischen Denken und Sprechen Reflex: unwillkürlicher, ohne willentliche Beeinflussung ablaufende Reaktion auf einen Reiz Rehabilitation: Maßnahmen, die als Ziel die Wiederherstellung des normalen oder eines dem Optimalen angenäherten Status haben Rezeptiv: aufnehmend, empfangend, empfänglich FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 162 FLIP ANHANG Rhythmus: Gliederung des zeitlichen Ablaufes der Sprache unter Berücksichtigung von Takt, Tempo und Betonung Rückkoppelung: durch das Hörgerät verstärkter Schall tritt wieder auf das Mikrofon, wird wieder verstärkt…usw., endet im lauten Pfeifen. Schallempfindungsschwerhörigkeit: siehe Innenohrschwerhörigkeit Schallleitungsschwerhörigkeit: Hörverlust durch Störung an Ohrmuschel, im äußeren Gehörgang, Trommelfell, Mittelohr Semantik: Lehre von den Bedeutungen u. Inhalten von Wörtern u. Zeichen Sensorineuraler Hörverlust: Innenohrschwerhörigkeit sensorische Hörstörung: siehe Innenohrschwerhörigkeit Sensorischer Hörverlust: Innenohrschwerhörigkeit subjektive/objektive Messverfahren: bei diesen Prüfverfahren ist die aktive Mitarbeit des Kindes erforderlich/nicht erforderlich Syndrom: Gruppe von regelhaft gleichzeitig zusammentreffenden Symptomen einer Krankheit Syntax: Teil der Grammatik, beschäftigt sich mit Bau u. Gliederung eines Satzes, zB Haupt- u. Nebensatz Tonaudiogramm: bei bestimmten Frequenzen im Bereich von 0,125 – 12 kHz werden die Lautstärken in Dezibel (dB) bestimmt, die beim Untersuchten gerade eine Hörempfindung hervorrufen. Turn taking – im Gesprächsverhalten von der Rolle eines Sprechers in die eines Zuhörers wechseln u. umgekehrt. Wichtiger Teil der pragmatischen Sprachfähigkeiten: Übernehmen einer dialogischen Gesprächsstruktur Tympanometrie: Messung des Paukenhöhlendrucks (Mittelohr) unilateral - einseitig visuell(e Stimulation): das Sehen betreffend(e Anregung) Vokale: Selbstlaut; Stimmhafter Laut mit beliebig langer Haltedauer, bei dessen Bildung die Luft ungehindert das Ansatzrohr passiert. Einteilung nach dem Öffnungsgrad des Mundes (offen bis geschlossen) und dadurch entstehende Klangfarbe (dunkel und hell), nach der Stellung des höchsten Teils der Zunge (Vorder –Mittel-Hinterzungenvokal) und nach der Form der Lippen (gerundet bis ungerundet) Vokalisierung/Vokalisation/vokalisieren: Hervorbringen von Vokalen durch das Kind in der vorsprachlichen Phase Zerebral: das Großhirn betreffend FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 163 FLIP ANHANG Quellennachweis Baker& Coakely. 1980. Batliner, G. 2006. Bilderbücher in der Sprachanbahnung hörgeschädigter Kinder. Linz, Seminarunterlagen. Beams, 2002. Bloom, 1988. Bloom. 1988 Buschmann, A. 2006. Wie kann ich mein Kind beim Sprechen lernen unterstützen? Begleitmaterialien für Eltern. Heidelberger Elterntraining zur frühen Sprachförderung. CHIP- Colorado Home Intervention Program, Stradler-Brown et al COED, 1988 COED, 1988. Connor et. al. 2000. Cooke, J., Williams, D. 1995. Therapie mit Sprachentwicklungsverzögerten Kindern. Stuttgart Jena, Gustav Fischer Verlag. De Villers, et al, 1993. Director of Early Education Programs, University of Colorado, USA French, M. 1999. Jahn, T. 2001. Phonologsiche Störungen bei Kindern. Diagnostik und Therapie. Stuttgart New York, Georg Thieme Verlag. Kruse, S., 2002. Kindlicher Grammatikerwerb und Dysgrammatismus. Verstehen - Erkennen - Behandeln. Vern Stuttgart Wien, Verlag Paul Haupt. Largo, R.H., 2006. Babyjahre. Die frühkindliche Entwicklung aus biologischer Sicht. Aktualisierte Neuausgabe. München, Piper Verlag GmbH. Lederberg & Everhart,1998. Lube`, Doris. 1991. Aus Sprechenlernen und Gebärden Schmitz, U. 1997. Das Bilderbuch in der Erziehung. Donauwörth, Auer Verlag. Siegmüller, J., Kauschke, C. 2006. Patholinguistische Therapie bei Sprachentwicklungsstörungen. München, Urban Fischr Verlag. Stredler-Brown, A. Developing a Treatment Program for Children with Auditory Neuropathy. 2009 FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 164 FLIP ANHANG Szagun, G. 2001. Wie Sprache entsteht. Spracherwerb bei Kindern mit normalem und beeinträchtigtem Hören. Weinheim und Basel, Berltz Verlag. Weigl, I., Reddemann-Tschaikner, M.2002. HOT - ein handlungsorienterter Therapieansatz für Kinder mit Sprachentwicklungsstörungen. Stuttgart New York, Georg Thieme Verlag. Wendlandt, W. 1995. Sprachstörungen im Kindesalter. Materialien zur Früherkennung und Beratung. Stuttgart New York, Georg Thieme Verlag. www.medel.at www.siemens.at Yoshinaga. 2006. Zollinger, B. 1997. Die Entdeckung der Sprache. Bern Stuttgart Wien, Verlag Paul Haupt FLIP - Pädoaudiologisches Beratungs- und Therapiezentrum, Bischhofstraße 11, 4021 Linz 165