Institut für Geometrie und Topologie Prof. Uwe Semmelmann Dr. Tillmann Jentsch Übungsblatt 9: Krümmung von Flächen Für die Gruppenübungen am 26.6.2012 Aufgabe 1. Sei S die Rotationsfläche parametrisiert durch F (s, t) = (s cos(t), s sin(t), 1/2 s2 ) mit s > 0, vgl. Aufgabe 1) von Blatt 8. (a) Berechnen Sie die Normalkrümmungen der Meridiane (also der Kurven cs (t) := F (s, t) mit konstantem s) und der Breitenkreise (also der Kurven ct (s) := F (s, t) mit konstantem t) auf S. ∂F (b) Sei X der Tangentialvektor in F (1, 2), welcher Koordinaten (1, 1) bzgl. der Basis ∂F ∂s (1, 2), ∂t (1, 2) hat. Berechnen Sie außerdem die Normalkrümmung von S in F (1, 2) in Richtung X. Lösung 1. Aufgabe 2. Sei S ⊂ R3 eine orientierte reguläre Fläche mit Weingartenabbildung W und zweiter Fundamentalform II. Sei p ∈ S. Die dritte Fundamentalform in p ist definiert durch IIIp (X, Y ) := Ip (Wp (X), Wp (Y )) für alle X, Y ∈ Tp S. Zeigen Sie: IIIp (X, Y ) − Spur(Wp ) IIp (X, Y ) + Det(Wp ) Ip (X, Y ) = 0 für alle X, Y ∈ Tp S. Hinweis: Benutzen Sie einen Satz aus der linearen Algebra. Lösung 2. Zunächst schreiben wir die obige Gleichung um, Ip (Wp2 X, Y ) − Spur(Wp )Ip (Wp (X), Y ) + Det(Wp )Ip (X, Y ) = 0 Dazu haben wir benutzt, dass Wp selbstadjungiert bzgl. Ip ist. Daher, Wp2 − Spur(Wp )Wp + Det(Wp )Id = 0 weil Ip nicht ausgeartet ist. Nun ist P (x) := Det(x Id−Wp ) = x2 −Spur(Wp )x+Det(Wp ) das charakteristische Polynom von Wp . Also folgt das Resultat aus dem Satz von Caley/Hamilton. Aufgabe 3. Sei S ⊂ R3 eine orientierbare reguläre Fläche mit Einheitsnormalenvektorfeld N und zweiter Fundamentalform II. Gegeben seien p ∈ S und X, Y ∈ Tp S. Sei c : I → S eine Kurve mit 0 ∈ I, c(0) = p und ċ(0) = X. Weiterhin sei Y : I → R3 eine Kurve mit Y (0) = Y und Y (t) ∈ Tc(t) S für alle t ∈ I. Zeigen Sie: Der Vektor IIp (X, Y ) N (p) ist die Orthogonalprojektion von Ẏ (0) längs Tp S. Lösung 3. Wir haben 0 = hN (c(t)), Y (c(t))i und daher 0= d hN (c(t)), Y (c(t))i|t=0 = hdp N (ċ(0)), Y (0))i + hẎ (0), N (p))i dt Weiterhin dp N (ċ(0)) = dp N (X) = −Wp (X). Daher hdp N (ċ(0)), Y i = −Ip (Wp (X), Y ) = −IIp (X, Y ). Das Resultat folgt. Aufgabe 4. Betrachten Sie den Durchschnitt der Einheitssphäre S2 := {(x, y, z) ∈ R3 |x2 + y 2 + z 2 = 1} mit einer affinen Ebene E, welche parallel zur xy-Ebene verläuft. Zeigen Sie: Falls dieser nicht-leer ist und aus mehr als einem Punkt besteht, so ist S2 ∩ E eine Kreislinie in E mit Radius r ≤ 1. Parametrisieren Sie diese nach Bogenlänge und berechnen Sie (in Abhängigkeit von r) sowohl ihre normale Krümmung als auch die geodätische Krümmung in S2 . Für welche r gilt κgeo = 0? Lösung 4. Sei z die Koordinate des Schnittpunktes von E mit der z-Achse, also z 2 + r2 = 1. Wir parametrisieren c(t) = (r cos(t/r), r sin(t/r), z). Es gilt c̈(t) = −1/r(cos(t/r), sin(t/r), 0), daher κ(t) = 1/r. Der Normalenvektor an S 2 ist N (p) = p. Wir haben N (t) = c(t), ċ(t) = (− sin(t/r), cos(t/r), 0) und c̈(t) = −(1/r cos(t/r), 1/r sin(t/r), 0). Also κnormal = hc̈(t), c(t)i = −1 und p(t) := N (t) × ċ(t) = (−z cos(t/r), −z sin(t/r), 0)t . Daher κgeo (t) := hc̈(t), p(t)i = z/r. Nur für r = 1 erhalten wir κgeod = 0. Probe: 1 + z 2 /r2 = 1/r2 = κ2 , wobei κ die Raumkrümmung von c bezeichnet. Aufgabe 5. Beweisen Sie den Satz von Rodriguez: Sei S ⊂ R3 eine orientierbare reguläre Fläche mit Einheitsnormalenvektorfeld N und c : I → S eine nach der Bogenlänge parametrisierte Kurve. Dann ist c eine Krümmungslinie auf S genau dann, wenn es eine Funktion λ : I → R gibt mit d N (c(t)) = λ(t) ċ(t) dt für alle t ∈ I. In diesem Fall ist −λ(t) die entsprechende Hauptkrümmung. Lösung 5. In der einen Richtung, sei c Krümmungslinie, d.h. ċ(t) ist Eigenvektor zu W (c(t)) für alle t. Also existiert eine Funktion λ : I → R so, dass Wc(t) ċ(t) = λ(t) ċ(t). Weiter ist −W per Definition das d Differential der Gaussabblidung. Daher gilt nach der Kettenregel Wc(t) ċ(t) = − dt N (c(t)). Die Aussage folgt (mit λ̃ = −λ). Die andere Richtung geht analog. Schriftliche Aufgabe. Zur Abgabe am 26.6.2012 in Ihrer Übungsgruppe Aufgabe 6. Sei c(s) = (r(s), z(s)) eine ebene Kurve definiert auf dem Intervall I, die nach Bogenlänge parametrisiert ist. Wir nehmen an, dass stets r(s) > 0 und c : I → c(I) ein Homöomorphismus oder I = R und c einfach geschlossen ist. Betrachten Sie die Abbildung F (s, t) := (r(s) cos(t), r(s) sin(t), z(s)) mit s ∈ I und t ∈ R. Also ist S := F (I ×R) eine reguläre Fläche, eine Rotationsfläche. Aus vorangegangenen Aufgaben kennen Sie schon die erste und die zweite Fundamentalform von S bezüglich dieser Parametrisierung. (a) Berechnen Sie die Hauptkrümmungen und die Gaußsche Krümmung von S in Abhängigkeit von (s, t). (b) Sei K eine beliebige reelle Zahl. Welche Differentialgleichung für r(s) charakterisiert Flächen S mit konstanter Gaußscher Krümmung K? (c) Beschreiben Sie alle Rotationsflächen mit konstanter Gaußscher Krümmung K.