Neutrinomischung - Server der Fachgruppe Physik der RWTH Aachen

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Ausarbeitung zum Seminarvortrag
Neutrinomischung
Theoretischer Hintergrund
von
Sebastian Arrenberg
Seminar: Neutrinos – Rätselhafte
Bausteine des Mikrokosmos
Tutor : Dr. K. Hoepfner
1
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
3
2 Die Diracgleichung
3
3 Links- und rechtshändige Diracspinoren
3
4 Das Standardmodell als Eichtheorie
4
5 Empirische Hinweise auf Quarkmischung
5
6 Modifikation des Massenterms der Lagrangedichte des Standardmodells im
Hinblick auf Quarkmischung
5
7 Auswirkungen der Quarkmischung auf Teilchenumwandlungen – Cabibbo-Theorie
7
8 Einleitung zur Leptonenmischung
9
9 Massenterme für Neutrinos
9
10 Neutrinooszillationen – Allgemeiner Formalismus
10
11 Neutrinooszillationen am Beispiel von zwei Familien
13
12 Bemerkungen zu Neutrinooszillationen bei drei Familien
14
13 Einleitung zur CP-Verletzung
15
14 Das CPT-Theorem
15
15 Das System der neutralen K-Mesonen
16
16 Analyse der Zerfälle der neutralen K-Mesonen
17
17 Erklärung der CP-Verletzung mit Hilfe der Mischungsmatrix
23
2
1 Einleitung
Unter Neutrinooszillationen versteht man die periodische Umwandlung von Neutrinos zwischen
verschiedenen Flavoureigenzuständen. Hier sollen die theoretischen Grundlagen dieses Phänomens
erläutert werden, wobei neben der eigentlichen Mischung der Zustände ein besonderes Augenmerk auf
die Erklärung von CP-Verletzungen gelegt werden soll.
Es gibt zwei notwendige Bedingungen dafür, dass es überhaupt zu Neutrinooszillationen kommen
kann. Zunächst dürfen nicht alle Neutrinos die gleiche Masse haben, was impliziert dass sie
insbesondere nicht alle masselos sein dürfen. Darüber hinaus dürfen die verschiedenen
Leptonenflavourzahlen nicht streng erhalten sein, was bedeutet, dass die Neutrinos untereinander
mischen können.
Nach dem Standardmodell sind Neutrinos masselos was allerdings ein empirischer Befund ist.
Neutrinos mit Masse widersprechen keinem fundamentalen physikalischen Prinzip. Dies ist zum
Beispiel bei Photonen anders. Spin 1- Teilchen mit Masse genügen nicht den Maxwell- sondern den
Procagleichungen. Diese erzwingen die Lorentzeichung und sind daher nicht eichinvariant.
Die hier eingeführten Begriffe werden natürlich im Folgenden noch eingehend erläutert.
2 Die Diracgleichung
Quarks und Leptonen sind bekanntlich Spin ½ Teilchen und genügen daher der Diracgleichung
i  ∂ −m=0 .
Man erhält sie mit Hilfe der Euler-Lagrangegleichungen
aus der Lagrangedichte
∂ ∂L = ∂L

∂ x ∂ r ,  ∂r
L= i   ∂ −m
Der Index r in den Euler-Lagrangegleichungen bezeichnet verschiedene Komponenten eines Feldes.
Hier ist also = wobei dann r die vier Spinorkomponenten durchnumeriert.
Bei der Diskussion von Neutrinooszillationen ist besonders der Massenterm
von Interesse.
Lm =−m 
3 Links- und rechtshändige Diracspinoren
Im Standardmodell wird prinzipiell zwischen links- und rechtshändigen Komponenten eines Spinors
unterschieden. Man erhält sie indem man auf einen Spinor  die entsprechenden
3
Projektionsoperatoren
PL , R =
1∓5
2
anwendet. Es gilt also
 L , R =P L, R  .
An dieser Stelle ist anzumerken, dass die  L , R offensichtlich Eigenzustände zum Chiralitätsoperator
5
 sind was aber im Folgenden nicht benötigt wird. Darüber hinaus kann man zeigen, dass sie nur
zwei unabhängige Komponenten haben. Weiterhin gelten die beiden folgenden Beziehungen:
=
15
1 −5

= R  L
2
2
= L  R  R  L
Aus der ersten Formel erkennt man, dass man offenbar einen beliebigen Spinor in einen rechtshändigen
und einen linkshändigen Anteil zerlegen kann. Die zweite Formel verdeutlicht dagegen, dass man für
einen (Dirac-)Massenterm der Form
Lm =−m =−m L  R  R  L 
sowohl linkshändige als auch rechtshändige Teilchen benötigt.
Im Standardmodell gibt es zunächst einmal nur linkshändige Neutrinos was zu einem Problem bei der
Definition eines Massenterms führt.
4 Das Standardmodell als Eichtheorie
Im Standardmodell werden die linkshändigen Komponenten der Leptonen bzw. Quarks einer Familie
zu Isospinoren zusammengefasst, gegenüber denen Invarianz der Lagrangedichte bezüglich
SU(2) - Transformationen gefordert wird. Außerdem muß die Lagrangedichte gegenüber lokalen
Eichtransformationen der Gruppe U(1) für alle Teilchen einer Familie invariant sein. (Die
SU(3) - Transformationen im Farbraum der Quarks werden hier nicht benötigt.)
Die Forderungen für die Fermionen führen zur Ankopplung an die Austauschteilchen der
elektroschwachen Wechselwirkung. Diese macht Teilchenumwandlungen innerhalb einer Familie
möglich (z.B. u  d ).
Ebenso wie die Masselosigkeit der Neutrinos ist auch die „Tatsache“, dass es nur linkshändige
Neutrinos gibt, ein empirischer Befund.
Die eben besprochene Gruppierung der Quarks und Leptonen soll hier am Beispiel der 1. Familie
verdeutlicht werden.
e , u L
Isospindubletts:
eL
dL
  
Isospinsinguletts:
eR , uR , d R
4
5 Empirische Hinweise auf Quarkmischung
Da es im Standardmodell Probleme mit Massentermen für Neutrinos gibt soll nun zunächst die
Quarkmischung untersucht werden. Danach können die wesentlichen Ergebnisse unmittelbar auf die
Neutrinos übertragen werden.
Experimentell können u.a. die folgenden Teilchenumwandlungen beobachtet werden:
- ne-  e
-
0
-
K    
sdd udd e-  e
=
-
s uu u  
=
Man erkennt, dass Quarks der einen Familie in Quarks einer anderen Familie umgewandelt werden
können (hier s  u ). Diese Übergänge sind allerdings etwa um einen Faktor 1/5 weniger
wahrscheinlich als Umwandlungen innerhalb einer Familie. Es ist festzuhalten, dass das bisherige
Standardmodell diese Umwandlungen nicht beschreiben kann.
6 Modifikation des Massenterms der Lagrangedichte des
Standardmodells im Hinblick auf Quarkmischung
Zunächst wird erneut der Massenterm der Lagrangedichte der Diracgleichung betrachtet.
Lm =−m =−m L  R  R  L 
Dieser Ausdruck ist ohne Probleme auf die Quarks anwendbar. So ergibt sich zum Beispiel für die
1. Familie:
Lm =−mu  u L u R u R u L −md d L d R d R d L 
Dieser Term ist sowohl lorentzinvariant als auch hermitesch. Durch Ankopplung an ein Higgs-Feld,
das als SU(2) - Duplett angesetzt wird, wird dieser Term gewöhnlich in eine U(1) - und SU(2)
invariante Form gebracht. (Diese Ankopplung ist bei den Fermionen anders als bei den Bosonen
allerdings nicht zwingend erforderlich um die beiden Invarianzeigenschaften zu erreichen.) Die
Forderungen nach Eichinvarianz sind also erfüllt. Nun definiert man
u' 1=u , u ' 2 =c , u ' 3 =t , d ' 1=d , d ' 2 =s , d ' 3 =b
 
und Li =
u' iL
d ' iL
 
u
mit i = 1, 2, 3 also z.B. L1 = L
dL
.
Mit diesen Definitionen nimmt der gesamte Ruhemassenterm der Quarks in der Lagrangedichte die
folgende Form an:
3
Lm =−∑ [mui  u' iL u' iR u ' iR u ' iL mdi d ' iL d ' iR d ' iR d ' iL ]
i=1
Nun kann man allerdings noch einen etwas allgemeineren Ansatz wählen:
5
3
Lm =− ∑ C uij u ' iL u ' jRC uij * u ' jR u ' iL C dij d ' iL d ' jR Cdij * d ' jR d ' iL 
i , j=1
u
d
wobei C ij und C ij beliebige komplexe Koeffizienten sind. Das hier jeweils die komplex
konjugierten Koeffizienten auftauchen liegt daran, dass man an die Lagrangedichte die Forderung nach
Hermitizität stellt.
Jetzt wird verwendet, dass jede komplexe n×n Matrix C mit Hilfe zweier unitärer Matrizen U 1 und
U 2 in der Form C=U 1 M U 2 dargestellt werden kann, wobei M eine Diagonalmatrix mit reellen
u
u
d
d
nicht negativen Diagonalelementen ist. Es existieren also unitäre Matrizen U 1 , U 2 , U 1 , U 2 so
dass gilt:
u
u
u
u
C =U 1 M U 2
u
u
mit M ij =m i ij
d
d
d
d
C =U 1 M U 2
,
M dij =mdi  ij und m ui ≥0 , m di ≥0 .
,
Das bedeutet in Komponenten
3
3
3
u
u
u
u*
u
u
C uij = ∑ U 1uik 
M ukl U u2 lj =∑ U
1 ik m k U 2kj =∑ U 1ki m k U 2kj

k , l=1
k=1
u
mk kl
und analog
k=1
u*
U1ki
3
C = ∑ U d1ki* mdk U d2 kj .
k , l=1
d
ij
Dies kann man nun in den verallgemeinerten Ansatz für den Massenterm einsetzen. Es gilt zum
Beispiel:
3
∑C
i , j =1
3
u
ij
3
u' iL u' jR = ∑ ∑ U
i , j=1 k=1
3
u*
1ki
u
k
m U
u
2 kj
3
u ' iL u ' jR =∑ m  ∑ U
k=1
u
k
3
u*
1ki
u' iL  ∑ U u2 kj u ' jR 
i=1
j=1


:=ukL
:=ukR
Es werden also folgende Definitionen getroffen:
3
3
ukL =∑ U u ' jL
j=1
ukR =∑ U u2kj u ' jR
u
1kj
j=1
3
3
d kL =∑ U d ' jL
j=1
d kR =∑ U d2kj d ' jR
d
1kj
j=1
Mit diesen neuen Definitionen nimmt der Massenterm die einfache Form
3
Lm =−∑ [mui  uiL u iR uiR u iL mdi d iL d iR d iR d iL ]
i=1
an in der den Zuständen unmittelbar Massen zugeordnet werden können. Daher nennt man die neuen
ungestrichenen Zustände Masseneigenzustände wohingegen die ursprünglichen Zustände als
Flavoureigenzustände bezeichnet werden. Bei diesen gibt es keine Familienmischung unter der
schwachen Wechselwirkung.
In der Diracschreibweise, die später bei den Neutrinos benutzt wird gilt:
6
Flavoureigenzustände:
La | b >=ab |  b > , La | b >=− ab | b >
Masseneigenzustände:
< i | M |  j >=mi  ij
Die gerade abgeleiteten Zusammenhänge zwischen Massen- und Flavoureigenzustände lassen sich
besonders übersichtlich in Matrixschreibweise darstellen.
 
 
 
 
u1L
uL
u
=U
u2L
1 cL
u3L
tL
u1R
uR
u
=U
u2R
2 cR
u3R
tR
d 1L
dL
d
=U
d 2L
1 sL
d 3L
bL
d 1R
dR
d
=U
d 2R
2 sR
d 3R
bR
Hier sieht man noch einmal deutlich, dass die Flavour- und Masseneigenzustände durch unitäre 3×3
Matrizen verknüpft sind. Wichtig ist – und das sollte an dieser Stelle erwähnt werden – dass eine
Unterscheidung nur für nicht verschwindende Massen sinnvoll ist.
7 Auswirkungen der Quarkmischung auf Teilchenumwandlungen –
Cabibbo-Theorie
Nun werden die Auswirkungen der Quarkmischung auf die Lagrangedichte des Standardmodells
untersucht. Diese Untersuchung erfolgt mit der Beschränkung auf zwei Quarkfamilien. Außerdem
werden nur die Wechselwirkungen mit den W-Bosonen betrachtet, da die Wechselwirkungen mit den
Z-Bosonen und den Photonen invariant unter Quarkmischung ist. (Dies zu zeigen geht analog zu der
nun folgenden Rechnung.)
Der relevante Teil der Lagrangedichte lautet (für die ersten beiden Quarkfamilien):
L' =−
e
u L  d L c L  s L w-  h. k.
2
sin


W
Aufgrund der Ergebnisse des vorherigen Abschnittes werden nun die Ansätze
  
u L =U u u1L
cL
u 2L
  
d L =U d d 1L
sL
d 2L
und
für Quarkmischungen betrachtet wobei die Matrizen U u und U d unitäre 2×2 Matrizen sind. Wenn
man dies in die Lagrangedichte L' einsetzt erhält man
L' =−

e
e
u L  d L c L  s L w-  h. k.=−
u L c L   d L w- h. k.

sL
2 sin W
2 sin W
7
=−
 
 
e
e
u1L u2L  U u +  U d d 1L w- h. k.=−
u1L u 2L   U d 1L w-  h. k.


d 2L
d 2L
 2 sin W
 2 sin W
mit der unitären Matrix U =U u + U d . Man kann sich also zum Beispiel mit U u :=I und
U d : =U auf die Mischung der beiden „unteren“ Quarks beschränken.
Der allgemeine Ansatz für eine unitäre 2×2 lautet

U=

cos e i 
sin  e i 
−sin  e i  cos e i  − 
wobei die Unitaritätsbedingung U U + =I verwendet wurde. Sie hängt offensichtlich von 22 =4
Parametern ab. Hier ist anzumerken, dass Matrizen der Gruppe U(n) allgemein von n2 Parametern
abhängen. Die Matrix U hat insbesondere nicht-reelle Einträge.
Damit erhält man:
  
u L = u 1L
cL
u 2L
 
i
sin  ei 
d L = cos e
sL
−sin  e i  cos  ei − 
und
 
d 1L
d 2L
Die letzte Matrixgleichung kann man in
 
d L e−i  = cos 
−sin 
s L e−i 
sin 
cos 


d 1L
d 2L ei − 
umformen und dann die Phasen in die Definitionen der Quarkzustände hineinziehen, also z.B.
−i 
dL e  dL .
Daraus erhält man dann unmittelbar
 
 
d L = cos  sin  d 1L
−sin  cos d 2L
sL 
U
.
Die Matrix U wird als Cabibbo-Matrix und der Winkel  als Cabibbo-Winkel bezeichnet. Sie ist
reell, was zur Folge hat, dass es nicht zum Phänomen der CP-Verletzung kommen kann, was später
noch betrachtet wird.
Die soeben erhaltene Transformation wird nun in die Lagrangedichte L' eingesetzt.
L' =−
=−

e
u1L u2L   cos

−sin 
 2 sin W
sin 
cos
 
d 1L w- h. k.

d 2L
e
a
a
a
a
( u1L  d 1L cosu2L  d 2L cos u1L  d 2L sin −u2L  d 1L sin  ) w  h.k.
2 sin W
Die ersten beiden Sumanden des Ergebnisses entsprechen der ursprünglichen Lagrangedichte. Sie
beschreiben Teilchenumwandlungen innerhalb einer Familie, die allerdings wegen dem Faktor cos
8
weniger wahrscheinlich geworden sind. Die neu hinzugekommenen letzten beiden Summanden
repräsentieren dagegen Teilchenumwandlungen von einer Familie in eine andere.
Experimentell erhält man den Cabibbo-Winkel aus der Beobachtung der relativen Häufigkeiten von
Teilchenumwandlungen. Es ergibt sich:
≈13 °
Jetzt soll noch kurz der realistischere Fall von drei Quarkfamilien betrachetet werden. Dann muß die
2×2 Cabibbo-Matrix durch eine von vier Parametern abhängende 3×3 Matrix, die als KobayashiMaskawa (KM)-Matrix bezeichnet wird, ersetzt werden.
Zahlreiche Experimente liefern:

U=
0.9739 to 0.9751
0.221 to 0.227
0.0048 to 0.014
0.221 to 0.227 0.0029 to 0.0045
0.9730 to 0.9744
0.039 to 0.044
0.037 to 0.043 0.9990 to 0.9992

Wie zu erwarten sind die Diagonalelemente mit Abstand am größten.
8 Einleitung zur Leptonenmischung
Konsequenterweise muß man sich nun auch Gedanken über eine Mischung bei den Leptonen machen.
Wie gerade erläutert genügt es z.B. nur die „oberen“ Leptonen, also die Neutrinos zu mischen. Im
Standardmodell sind diese aber masselos so dass man sie nicht durch ihre Ruhemassen, sondern nur mit
Hilfe der schwachen Wechselwirkung unterscheiden kann. Also macht das Konzept der Superposition
von Flavoureigenzuständen aus Masseneigenzuständen unter der Annahme der Gültigkeit des
Standardmodells für Leptonen keinen Sinn. Es stellt sich aber dann die Frage was passiert wenn
Neutrinos doch Masse haben. Diese Frage soll im Folgenden erörtert werden.
9 Massenterme für Neutrinos
Zunächst muß man sich überlegen, wie denn ein Massenterm für die Neutrinos in der Lagrangedichte
aussehen könnte. Wenn sie Diracteilchen wären müßte dieser von der Form
L Dm=−m =−m L  R  R  L 
sein. Hier taucht wie gesagt das Problem auf, dass es im Standardmodell nur linkshändige Neutrinos
gibt. (Allerdings wären rechtshändige auch nur extrem schwer nachzuweisen, da sie weder an der
elektroschwachen noch an der starken Wechselwirkung teilnehmen würden.) Wenn die Neutrinos
dagegen Majorana-Teilchen wären, also Teilchen die gleich ihrem Antiteilchen sind, gäbe es noch eine
andere Möglichkeit zur Definition eines Massenterms ohne rechtshändige Zustände. Dazu betrachte
man die Superposition
X = L  L C
9
mit dem ladungskonjugierten Dirac-Spinor
2
*
C =i  .
Offensichtlich gilt X c =X . (Hier ist anzumerken, dass es sich bei der betrachteten Superposition
nicht um die allgemeine Definition eines Majorana-Teilchens handelt.) Darüber hinaus besteht
folgender Zusammenhang:
 L C =i 2  L * =i 2 
1 −5 *
1−5 * 1 5 2 * 15
  =i 2
=
i  =
C =C R
2
2
2
2
Daraus folgt dann mit X = L  C R
L Mm =−m X X =−m[ L C R  C R  L ] .
Dieser Term ist analog zum Diracmassenterm. Er kann durch die Ankopplung an ein Higgs-Feld in
eine SU(2) - invariante Form gebracht werden. Die U(1)-Invarianz geht dabei allerdings verloren was
aber in über das Standardmodell hinausgehenden Theorien akzeptiert werden kann. Allgemeinere
Ansätze benutzen Kombinationen von Dirac- und Majoranamassentermen.
10 Neutrinooszillationen – Allgemeiner Formalismus
Nun soll mit der Beschreibung von Neutrinooszillationen fortgefahren werden wobei eine Menge von
der Betrachtung der Quarks übernommen werden kann. Dabei wird die Annahme gemacht, dass
Neutrinos eine irgendwie beschreibbare Ruhemasse haben.
Es werden im folgenden orthonormierte Flavoureigenzustände | a > und Masseneigenzustände
| i > betrachtet für die gilt:
Flavoureigenzustände:
La |  b >=ab |  b > , La | b >=− ab | b >
Masseneigenzustände:
< i | M |  j >=mi  ij
Außerdem wird angenommen, dass diese wie bei den Quarks durch eine unitäre Transformation U
verknüpft sind. Es soll nun zunächst der allgemeine Fall von n Flavour- und n Masseneigenzuständen
betrachtet werden. Die Transformation lautet also:
| a >=∑ U ai |  i >
i
bzw.
mit
und für Antineutrinos
| i >=∑ U +ia |  a >=∑ U * ai | a >
a
U + U =I d.h.
a
∑i U ai U * bi= ab
,
| a >=∑ U *ai |  i >
i
10
∑a U ai U *aj =ij
Die 2n-1 relativen Phasen der 2n Neutrinozustände können so festgelegt werden, dass von den n2
Parametern der unitären n×n Matrix nur (n-1)2 übrig bleiben. Dies wurde ja schon am Fall der 2×2
Matrix explizit vorgeführt. Die restlichen Parameter legt man gewöhnlich folgendermaßen fest:
1
n n−1 
2
schwache Mischungswinkel einer n-dimensionalen Rotationsmatrix
1
 n−1 n−2 
2
CP-verletzende Phasen
Was diese Phasen mit CP-Verletzung zu tun haben wird später noch erläutert. Man erkennt aber schon
hier, dass nur für n=1, 2 keine CP-verletzende Phase auftritt.
Die Diracgleichung enthält explizit die Masse. Daher beschreiben deren Lösungen die
Masseneigenzustände. Man kann daher ansetzen:
| i  x , t >=e
i  pi x−E i t 
|  i > mit E i = mi2 p i2
Dabei wurde die Annahme gemacht, dass sich alle Neutrinos in dieselbe Richtung ausbreiten. Darüber
hinaus wird nun noch zusätzlich gefordert, dass alle Neutrinos mit dem gleichen Impuls p erzeugt
werden, also dass pi = p gilt. Allerdings können sie dann wegen den unterschiedlichen Massen nicht die
gleichen Energien haben. Daher sind wiederum die durch Überlagerung gebildeten
Flavoureigenzustände Impulseigenzustände aber keine Energieeigenzustände.
Außerdem wird angenommen, dass die Neutrinos extrem relativistisch sind. Dann kann man
entwickeln...
mi2
2
2
2
2
E i= mi  pi = mi p ≈ p 
2p
Und mit x≈t folgt (c=1, relativistische Teilchen)
2
i  pi x− Ei t 
| i  x , t >=e
|  i >≈e
i  p x− p
mi
 x
2 p
2
−i
| i >≈e
mi
x
2p
| i >
Gewöhnlich wird jetzt noch der Impuls p durch den Mittelwert E der verschiedenen
Masseneigenzustände der Neutrinos ausgedrückt. Es gilt näherungsweise E≈ p woraus man
schließlich folgendes Ergebnis erhält:
2
−i
| i  x>=e
mi
x
2E
| i >
U ai |  i >
Nun soll untersucht werden, wie sich ein bei x=0 reiner Flavourzustand | a >=∑
i
verhält. Unter Verwendung der Formeln für die Transformationen zwischen Massen- und
Flavoureigenzuständen erhält man:
2
−i
|  x >=∑ U ai | i  x>=∑ U ai e
i
i
mi
x
2E
2
−i
|  i >=∑ U ai e
i
mi
x
2E
2
U
∑
c
*
ci
|  c >=∑ U ai U
i,c
−i
*
ci
e
mi
x
2E
Mit diesem Ergebnis ist es nun leicht die Übergangsamplitude A für den Übergang | a > | b >
auszurechnen.
11
| c >
2
Aa  b , x =< b |  x >=∑ U ai U
−i
*
ci
i,c
e
mi
x
2E
2
<
 b | c > =∑ U ai U

i
bc
−i
*
bi
e
mi
x
2E
Für Antineutrinos gilt analog:
2
−i
Aa  b , x =∑ U U bi e
*
ai
i
mi
x
2E
Hier sieht man, dass offensichtlich der Zusammenhang Aa  b , x =Ab a , x  besteht. Dies folgt
auch unmittelbar aus dem CPT-Theorem, welches später noch im Zusammenhang mit diskreten
Symmetrietransformationen etwas genauer untersucht wird. Außerdem erkennt man, dass wenn die
Matrix U ausschließlich reelle Einträge hat (was gleichbedeutend mit CP-Invarianz ist) auch noch der
folgende Zusammenhang gilt:
Aa  b , x =Aa b , x =Ab  a , x =A b  a , x
Der Vergleich der Wahrscheinlichkeiten der entsprechenden Übergänge liefert also Hinweise für oder
gegen eine CP-Verletzung.
Nun kann man die Übergangswahrscheinlichkeit P für den Übergang | a > | b >
berechnen.
2
Pa  b , x =∣Aa b , x ∣ =∣∑ U ai U
2
−i
*
i
bi
e
2
mi
x
2E 2
∣ =∑ U ai U
*
aj
i,j
U
2
= ∑ ∣U ai U bi∣ 2 Re
*
i
2
∑ U ai U
*
i , ji
aj
U
−i
*
bi
U bj e
−i
*
bi
U bj e
2
mi −m j
x
2E
2
mi −m j
x
2E
Der erste Term beschreibt eine mittlere Übergangswahrscheinlichkeit wohingegen der zweite
Oszillationen darstellt. Mittelung liefert:
< P a  b , x >=∑ ∣U ai U * bi∣2
i
Man erhält also durch Messung der gemittelten Übergangswahrscheinlichkeiten keine Informationen
über die Differenzen der Massenquadrate, sondern nur über die Parameter der Mischungsmatrix.
Für die weitere Betrachtung kann man das Ergebnis für die Übergangswahrscheinlichkeiten noch mit
Hilfe der Unitaritätsrelation U U + =I auf die Form
2
Pa  b , x =ab −2 Re ∑ U ai U
i , ji
*
aj
U
−i
*
bi
U bj 1 −e
2
mi −mj
x
2E
bringen woraus im Falle von CP-Invarianz (U reell)
mi2 −m j2
Pa  b , x =ab −4 ∑ U ai U aj U bi U bj sin 
x
4E
i , ji
2
folgt.
12

11 Neutrinooszillationen am Beispiel von zwei Familien
Jetzt soll noch kurz wie bei den Quarks der spezielle Fall der Mischung zweier Familien betrachtet
werden. Wie bereits erwähnt gibt es hier keine CP-verletzende Phase, sondern nur einen
Mischungswinkel. Die unitäre Matrix U hat die gleiche Form wie die Cabibbo-Matrix bei der
Quarkmischung. Dort wurde ja schon gezeigt, wie man die (ursprünglich vorhandene) Phase
eliminieren kann. Daher wird von dem Ansatz
 
 
a = cos sin  1
−sin  cos 2
b 
U
ausgegangen.
Damit kann man nun leicht die Wahrscheinlichkeit für den Übergang | a > | a > , also dafür dass
der Flavourzustand erhalten bleibt, berechnen. Man erhält:
2
2
mi2 −m j 2
2
2
2 m1 −m 2
P|  a > |  a > , x =1−4 ∑ U U sin 
x =1−4 U a1 U a2 sin 
x
4E
4E
i , ji
2
ai
2
aj
2
2
2
m12 −m22
2
2 m 1 −m 2
=1−4 cos  sin  sin 
x=1−sin 2 sin 
x
4E
4E
2
2
2
Analog findet man für den Übergang | a > | b > :
m12 −m22
P| a > |  b > , x =sin 2  sin 
x
4E
2
2
Offensichtlich gilt wie zu erwarten
P|a > | a > , x P| a > | b > , x=1
Man sieht hier, dass der Mischungswinkel die Amplitude und die Differenz der Massenquadrate die
Frequenz der Oszillationen bestimmen. Außerdem zeigt sich hier nochmal, dass nur dann Oszillationen
auftreten, wenn diese Massenquadratdifferenz sowie der Mischungswinkel ungleich Null ist. Bildet
man nun noch die Mittelwerte, so erhält man:
1 2
< P| a > |  a > , x >=1 − sin 2 
2
1 2
< P|  a > |  b > , x>= sin 2  
2
Abbildung 1 zeigt den Verlauf der Übergangswahrscheinlichkeiten in Abhängigkeit von  mit
m 2 −m22
 m2 x
sowie die gemittelten Wahrscheinlichkeiten für den Wert
= 1
x=
2 E
2E
sin2 2 =0.4 .
13
Abbildung 1 : Verlauf der Übergangswahrscheinlichkeiten für den einfachen Fall von zwei Familien.
Aufgetragen ist P gegen
 .
Erläuterungen zu Abbildung 1:
rot:
blau:
schwarz:
grün:
P|a > | a > , x 
P|a > | b > , x 
< P| a > | a > , x >
< P| a > | b > , x>
12 Bemerkungen zu Neutrinooszillationen bei drei Familien
Abschließend sollte erwähnt werden, dass man im realistischeren Fall von drei Neutrinofamilien
natürlich eine unitäre 3×3 Matrix verwenden muß, die dann von vier Parametern abhängt und in der
die CP-verletzenden Phasen nicht mehr komplett eliminiert werden können. Diese ist das Analogon zur
Kobayashi-Maskawa-Matrix bei der Quarkmischung.
Üblich ist die folgende Parametrisierung mit drei Mischungswinkeln und einer CP- verletzenden Phase
sowie den Abkürzungen cij =cosij und sij =sin ij .

c12 c13
U = −s12 c 23−c12 s 23 s13 e i 
s 12 s23 −c 12 c23 s13 e
−i  13
s12 c13
i  13
13
c12 c 23 −s12 s 23 s13 e
s13 e
i  13
i 13
−c12 s23 −s12 c23 s 13 e
s 23 c13
c23 c 13

Im Spezialfall  23 = 13 =0 , 12 : = ist die dritte Familie entkoppelt und man erhält die
Cabibbo-Matrix:
14

cos
U = −sin 
0
sin 
cos
0
0
0
1

13 Einleitung zur CP-Verletzung
Die folgenden Kapitel befassen sich mit der sogenannten CP-Verletzung. Dabei wird dieses Phänomen
zunächst am Beispiel des Zerfalls neutraler K-Mesonen erläutert an dem es auch erstmals beobachtet
wurde. Danach wird versucht diese CP-Verletzung mit Hilfe der KM-Matrix zu erklären.
Bekanntlich verletzt die schwache Wechselwirkung im Gegensatz zur elektromagnetischen und starken
Wechselwirkung die drei diskreten Symmetrien Parität P, Ladungskonjugation C und Zeitumkehr T.
Insbesondere wird auch die Kombination von Parität und Ladungsumkehr verletzt. Man spricht von der
CP-Verletzung.
Die Verletzung der CP-Symmetrie ist u.a. für die Erklärung der Asymmetrie zwischen Materie und
Antimaterie während der Baryogenese im Universum von fundamentaler Bedeutung. So stellte der
russische Physiker Sacharow bereits in den 60er Jahren drei Bedingungen für eine derartige
Asymmetrie auf:
–
–
–
Die zugrundeliegende Theorie, die die Wechselwirkungen der Elementarteilchen untereinander
beschreibt, muss baryonenzahlverletzende Prozesse ermöglichen.
Eine Baryonen-Antibaryonenasymmetrie kann aus einem symmetrischen Zustand nur durch
thermische Nichtgleichgewichtsprozesse entstanden sein.
Weiterhin muss CP-Verletzung in dieser Theorie möglich sein.
14 Das CPT-Theorem
Ob eine der drei diskreten Symmetrien erhalten oder gebrochen ist kann nur experimentell entschieden
werden. Für die Kombination dieser drei, die sogenannte CPT-Transformation, gibt es allerdings eine
allgemeingültige Aussage, die als CPT-Theorem bezeichnet wird. Es lautet:
Jede lokale Quantenfeldtheorie, die durch eine hermitesche und lorentzinvariante
Lagrangedichte L beschrieben wird und deren Feldoperatoren dem Spin-Statistik-Theorem
genügen ist CPT invariant.
Die gestellten Voraussetzungen sind so allgemein, dass das Theorem praktisch immer gilt. Eine
Ausnahme bildet z.B. die Stringtheorie, da sie u.a. keine lokale Theorie ist. Die wichtigsten
Folgerungen dieses Theorems sind die Gleichheit von Massen und Lebensdauern von Teilchen und
Antiteilchen.
15
15 Das System der neutralen K-Mesonen
Im Folgenden werden die beiden neutralen K-Mesonen K0 und K0 , die beide Eigenzustände des
Hamiltonoperators der starken Wechselwirkung sind betrachtet.
Ihr Aufbau aus Quarks
K0 = s d 
K0 = s d 
zeigt, dass sie ein zueinander konjugiertes Teilchenpaar bilden. (Obwohl beide elektrisch neutral sind.)
Sie unterscheiden sich insbesondere in der Quantenzahl Strangeness, die für das K0 den Wert +1 und
für das K0 den Wert -1 annimmt.
Nun weiß man, dass die Strangeness von der schwachen Wechselwirkung verletzt wird, so dass diese
beiden Teilchen auf dem Niveau der starken Wechselwirkung absolut verschiedene Teilchen
darstellen, es aber keinen Grund gibt warum sie nicht durch die schwache Wechselwirkung ineinander
übergehen können sollten. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass beide Teilchen in die gleichen
Teilchen z.B. + - -Paare zerfallen können. Beide Zerfallsprozesse, die sich störungstheoretisch in
erster Ordnung der schwachen Wechselwirkung behandeln lassen werden in Abbildung 2 dargestellt.
Abbildung 2 : Mögliche Zerfälle der neutralen K-Mesonen
Dies impliziert, dass sich in Prozessen zweiter Ordnung ein K0 in ein K0 umwandeln kann und
umgekehrt wie es in Abbildung 3 veranschaulicht wird.
Abbildung 3 : Umwandlung zwischen
und
K0
K0
16
Dieser Umwandlungsprozess kann noch etwas differenzierter wie in Abbildung 4 oder schematischer
wie in Abbildung 5 dargestellt werden.
Abbildung 4 : Detailierte Darstellung der Umwandlung zwischen
Abbildung 5 : Boxdiagramm zur Umwandlung zwischen
K
0
und
K
0
K0 und K0
16 Analyse der Zerfälle der neutralen K-Mesonen
Im Folgenden soll das Verhalten der neutralen Kaonen bei Zerfällen untersucht werden. Gerade wurde
erläutert, dass sich diese ineinander umwandeln können weshalb man die Zerfälle von K0 und K0
nicht separat betrachten kann, sondern das Zweizustandsystem als ganzes behandeln muß. Ein
geeigneter Formalismus um den Zerfall eines Mehrzustandssystems zu beschreiben wurde schon um
1930 von Weisskopf und Wigner entwickelt. Diese störungstheoretische Behandlung wird hier nicht
nachvollzogen, sondern nur kurz die gemachten Voraussetzungen und Ergebnisse zusammengestellt. Es
soll ein Zustand der folgenden Form untersucht werden:
| t >=ct | K0 >c t | K0 >∑ an | n >
n
Dabei sind die n die Zustände in die die Kaonen zerfallen können, also insbesondere + - Paare.
Die Beschreibung dieses an sich recht komplizierten Zustandes kann wesentlich vereinfacht werden,
wenn man die folgenden Annahmen macht:
–
–
–
Für t=0 sind nur c t und c t ungleich null wohingegen alle ai =0 sind, d.h. zu Anfang
gibt es nur Kaonen und noch keine Zerfallsprodukte.
Es soll nur die Dynamik von c t und c t berechnet werden, d.h. man interessiert sich nur
für die Kaonen und nicht für die Zerfallsprodukte.
Die Zeitskalen, die man untersuchen will sind wesentlich größer als die typische Zeitskala der
starken Wechselwirkung.
17
–
Die Wechselwirkungen der Zerfallsprodukte untereinander werden vernachlässigt.
Nun wird noch der Hamiltonoperator H für die störungstheoretische Behandlung in der folgenden Form
aufgespalten:
H =H 0 H W
Dabei bezeichnet H 0 den Anteil der starken und elektromagnetischen Wechselwirkung, der K0
und K0 als Eigenzustände hat, und H W den Anteil der schwachen Wechselwirkung.
Schlußendlich erhält man das Ergebnis, dass der Zustandsvektor
| t >=ct | K0 >c t | K0 >
in dem von K0 und K0 aufgespannten Hilbertraum durch eine „effektive“ Schrödinger-Gleichung
der folgenden Form beschrieben wird:
i
 

 
< K0 | H Weff | K0 > < K 0 | H Weff | K0 >
d c t 
=
dt c t 
< K0 | H Weff | K0 > < K 0 | H Weff | K0 >
c t
c t
R
Die Matrix R ist nicht hermitesch. Ansonsten würden die Mesonen auch nur oszillieren und nicht
zerfallen. Man kann R aber wie jede Matrix in einen hermiteschen und einen antihermiteschen Anteil
zerlegen. Daher kann man den Ansatz
i
R=M − 
2
machen wobei die Forderungen M=M + und =+ gestellt werden.
Man erhält unmittelbar die Zusammenhänge:
1
+
M =  RR 
2
=i R−R+ 
eff
Der Vollständigkeit halber wird nun noch der Operator H W bis zu zweiter Ordnung angegeben,
obwohl er im Folgenden nicht mehr explizit benutzt wird.
H W =H W ∑ H w | n >< n | H W [P
eff
n
1
−i m K −E n ]
mK −E n
Dabei bezeichnet m K die Masse der Kaonen und P die Bildung des Cauchy-Hauptwertes.
Nun soll zunächst die Matrix R im Hinblick auf Invarianzen unter diskreten
Symmetrietransformationen und damit verbundenen Vereinfachungen untersucht werden. Wie bereits
besprochen gilt:
18

i
M 11 − 11
<K |H | K > <K |H | K >
i
2
R=
=M − =
0
0
0
0
2
i
<K |H |K > <K |H | K >
M 21 − 21
2

0
eff
W
eff
W
0
0
eff
W
eff
W

0
i
M 12 − 12
2
i
M 22 − 22
2

Nach dem „allgemeingültigen“ CPT-Theorem verhalten sich Teilchen und Antiteilchen gleich woraus
man die Gleichheit der Diagonalelemente der Matrix R folgern kann.
M 11 =M 22 :=M 0
11 =22 : =0
Für die beiden Nichtdiagonalelemente kann man unter der Annahme von CP-Invarianz dieselbe
Schlußfolgerung ziehen. Um das zu zeigen betrachtet man die Wirkung der unitären Operatoren C und
P auf die Teilchenzustände | K0 > , | K0 > und die Zerfallsprodukte am Beispiel des
+
-
|   > -Paares. Sowohl die Kaonen als auch die Pionen sind pseudoskalare Mesonen, d.h.
P| + >=−| + >
P| - >=−| - >
P| K0 >=−| K0 >
0
0
P| K >=−| K >
Die Ladungskonjugation verwandelt nun jedes Teilchen in sein Antiteilchen.
CP| + >=−| - >
CP| - >=−| + >
CP| K0 >=−| K0 >
0
0
CP| K >=−| K >
Da die Kaonen Spin-0 Teilchen sind können die beiden Pionen beim Zerfall nur in einen Zustand mit
Drehimpulsquantenzahl l=0 emitiert werden. Es folgt:
CP| + - >=P P −1 l | - +>=| + - >
+
-
Damit kann man nun eine nützliche Beziehung für das Übergangsmatrixelement < + - | S | K 0 >
herleiten.
< + - | S | K 0 >=CP|
+ - > |CPS CP−1 CP|
K0 > = −< + - | CPS CP−1 | K0 >


+
0
-
−| K >
|  >
Setzt man nun CP-Invarianz voraus, also S =S ' =CPS CP−1 so erhält man
+ 0
+ 0
<   | S | K >=−<   | S | K > .
Damit folgt direkt die Beziehung
< K0 | S | K0 >≈
∑
+
-
< K 0 | S | + - >< + - | S | K 0 >
|  >
=−1 2
∑
+
-
|  >
< K 0 | S |+ - >< + - | S | K 0 >≈< K 0 | S | K0 > .
Zu der Summe tragen natürlich noch andere Zwischenzustände bei was aber an der Argumentation
nichts ändert.
19
Wendet man diese Beziehung nun auf die Matrix R an so folgt daraus unmittelbar dass im Fall von CPInvarianz auch die beiden Nichtdiagonalelemente gleich sind.
M 12 =M 21 :=M 1
12 =21 : =1
*
*
Aus M ij =M ji und ij = ji , also der Unitarität der Matrizen M und  , folgt dann auch noch
unmittelbar, dass M 0 , 0 , M 1 und 1 reell sind. Damit erhält man schließlich für die Matrix
R die Form
i
i
M 0 − 0 M 1 − 1
2
2
R=
i
i
M 1 − 1 M 0 −  0
2
2


in der alle auftretenden Koeffizienten reell sind.
Zur Lösung der effektiven Schrödinger-Gleichung
i
   
d c t 
=R c t 
dt c t 
c t 
ist es nun wie üblich zweckmäßig die Matrix R zu diagonalisieren. Da dies kein wesentliches Problem
darstellt soll hier nur die Lösung angegeben werden:
Man gelangt von der Darstellung
| t >=ct | K0 >c t | K0 >
durch Diagonalisierung zu der Darstellung
0
0
| t >=c L t | K L >c S t | K S >
wobei die hier auftretenden Größen auf die folgende Weise mit den ursprünglichen verknüpft sind.
c L t =
1
[c t c t]
2
| K L >=
cS t =
1
[c t −c t]
2
| KS >=
0
0
1
0
0
[| K >| K >]
2
1
0
0
[| K >−| K >]
2

In dieser Darstellung nimmt die effektive Schrödinger-Gleichung die einfache Form
 
d c L t 
i
=
dt cS t 

i
 M 0 M 1 − 0 1 
2
0
0
an deren Lösungen offensichtlich durch
−i  M 0 M 1 t
c L t ∝ e
20


c L t 
i
 M 0 −M 1 −  0−1  cS t 
2
1
−  0 1 t
2
e
und
−i  M 0− M 1 t
cS t ∝e
gegeben sind.
1
−  0− 1 t
2
e
Definiert man nun  L : =0 1 und S :=0 −1 von denen man zeigen kann, dass
S ≫ L 0 gilt (bis zu 2.Ordnung gilt sogar  L =0 ),
so erhält man, dass der Zustand
0
| KL>
mit der Funktion
− L t
| c L t | 2 ∝e
und der Zustand
0
| KS >
mit der Funktion
−S t
| cS t | 2 ∝ e
zerfällt.
Offensichtlich kann man S und  L als die Zerfallsbreiten der beiden Kaonenzustände
0
0
interpretieren. Außerdem sieht man, dass der Zustand | KS > kürzer lebt als der Zustand | K L >
woher auch die Bezeichnungen „S“ für „Short“ und „L“ für „Long“ herrühren.
Experimentell werden allerdings bei Reaktionen wie zum Beispiel -  p  K0  , die in der
0
0
Abbildung 6 dargestellt ist nicht die Zustände KS und K L erzeugt, sondern die ursprünglichen
Zustände K0 und K0 .
Abbildung 6 : Erzeugung eines
Reaktion
K0 -Mesons mit der
-  p  K0 
Stellt man nun z.B. den Zustand K0 in der Form
21
0
| K >=
1
0
0
[| K L >| KS >]
2
dar, so erkennt man, dass er offensichtlich aus einer kurzlebigen und einer langlebigen Komponente
besteht. Experimentell findet man die beiden Lebensdauern
S =
1
−10
=0.8953 ±0.0006 10 s
S
und
L =
1
−8
=5.18 ±0.04 10 s .
L
Die unterschiedlichen Lebensdauern führen u.a. zu Phänomenen wie der sogenannten
Strangeness-Oszillation auf die aber nicht näher eingegangen werden soll.
Die unterschiedlichen Lebensdauern kann man unter der gemachten Annahme der CP-Invarianz noch
genauer begründen. Dazu kann man zunächst die Feststellung machen, dass die beiden Eigenvektoren
der Matrix R auch Eigenzustände des CP-Operators sind.
0
CP| KS >=CP
0
CP| K L >=CP
1
1
0
0
0
0
0
[| K >−| K > ]= [−| K >| K >]=| KS >
2
2
1
1
0
0
0
0
0
[| K >| K > ]= [−| K >−| K >]=−| K L >
2
2
Außerdem wurde schon gezeigt:
CP| + - >=| + - >
Analog erhält man z.B.:
CP| 0 0 0 >=−| 0 0 0 >
0
Insgesamt erhält man unter der Annahme von CP-Invarianz, dass nur der Zustand K S in zwei Pionen
0
zerfallen kann wohingegen der Zustand K L nur in drei Pionen zerfallen kann. Der
2-Pionenzerfall geht natürlich viel schneller, da ein Teilchen weniger erzeugt werden muß und mehr
Energie frei wird.
0
Experimentell findet man in der Tat, dass z.B. der Zustand K L hauptsächlich wie folgt zerfällt:
0
+
-
0
K L   
0
0
0
0
KL   
0
+- -+
K L    
K0L  +- e -+  e
12.55 %
21.13 %
27.18 %
38.78 %
Allerdings wurde in dem fundamentalen Experiment von Christensen, Cronin, Fitch und Turlay
(Nobelpreis für Cronin und Fitch) herausgefunden, dass auch die langlebigen K-Mesonen mit einer
allerdings sehr geringen Wahrscheinlichkeit in zwei Pionen zerfallen können.
K0L + K0L 0 0
0.203 %
0.094 %
22
Nach dem was bisher besprochen wurde ist dies ein klarer Hinweis auf CP-Verletzung.
Bei der Untersuchung der effektiven Schrödingergleichung wurde aus der vorausgesetzten
CP-Invarianz gefolgert, dass die Nichtdiagonalelemente der Matrix R gleich sind und dass darüber
hinaus alle in der folgenden Darstellung verwendeten Koeffizienten reell sind. Diese Annahme ist
offenbar nur eine Näherung. Man muß daher für R statt
den allgemeineren Ansatz


i
M 0 − 0
2
R=
i
M 1 − 1
2
i
M 1 − 1
2
i
M 0− 0
2
i
M 0 − 0
2
R=
i *
*
M 1 − 1
2
i
M 1− 1
2
i
M 0− 0
2


machen wobei M 0 und 0 aber immer noch reell sind. Auch hier muß man die Matrix R wieder
diagonalisieren, was auf die Eigenvektoren
0
und
mit den Parametern
und
führt.
0
0
| KS >=N [| K >−q | K >]
| K0L >=N [| K 0 >q | K0 >]

i
M *1 − *1
2
q=
i
M 1 − 1
2

i
i
 M *1 − *1  M 1  1 
1
2
2
=1
2
i
i
N
 M 1 − 1  M *1  *1 
2
2
Man erkennt, dass sich im Fall von CP-Invarianz, also reellwertigen Koeffizienten M 1 und 1 ,
wieder die alten Resultate ergeben und die neuen Eigenvektoren erwartungsgemäß keine
Eigenzustände des CP-Operators sind. Auf eine weitergehende Analyse wird hier verzichtet.
17 Erklärung der CP-Verletzung mit Hilfe der Mischungsmatrix
In diesem letzten Kapitel soll versucht werden die CP-Verletzung mit der Mischung der
Teilchenzustände zu erklären. Dazu betrachte man nochmals das Quarkdiagramm in Abbildung 7
23
das den Übergang zwischen den beiden Kaonenzuständen K0 und K0 veranschaulicht.
K
Abbildung 7 : Boxdiagramm zur Umwandlung zwischen
0
und
K
0
ohne Quarkmischung
Wie aber schon von der Diskussion der Quarkmischung bekannt ist kann dieses Diagramm nicht
vollständig sein. Es müßte stattdessen wie in Abbildung 8 dargestellt erweitert werden.
K0 und K0 unter
Abbildung 8 : Boxdiagramm zur Umwandlung zwischen
Berücksichtigung von Quarkmischung
Zur Untersuchung der Frage, ob die Mischung der Teilchenzustände die CP-Verletzung erklären kann
muß man sich zunächst einmal mit dem Verhalten von Diracspinoren unter einer CP-Transformation
beschäftigen. Es gilt:
P x  P+ =0  x ' 
mit
x= t , x 
und
x' =t ,−x 
C  x C +=i2 *  x =i 2 0  T  x 
Daraus erhält man
0 2 0
CP x CP+ =ie i  
   T  x '=−i e i  2 T  x ' 

−2
.
wobei  noch eine beliebige Phase ist.
Adjungiert man diese Gleichung so erhält man für das Transformationsverhalten des adjungierten
Spinors
CP x CP+ =ie−i  T  x' 2 .
Jetzt wird untersucht ob die Lagrangedichte des Standardmodells unter derartigen Transformationen
invariant ist. Eine kurze Betrachtung zeigt, dass fast alle Teile der Lagrangedichte unmittelbar
CP-invariant sind. Nur der Anteil der geladenen schwachen Ströme bedarf noch einer genaueren
Analyse was im Folgenden durchgeführt werden soll. Dieser Teil ist genau der, der schon bei der
Betrachtung der Quark- bzw. Leptonenmischung näher betrachtet wurde. Die Analyse wird dabei
ebenfalls auf den Quarksektor beschränkt. Der relevante Anteil der Lagrangedichte lautet (diesmal für
alle drei Familien) wobei nun die Spinoren die Masseneigenzustände beschreiben sollen:
24
L' =-


dL
uL
e
e
u L , c L , t L  U s L w-  −
d L , s L , b L  U + c L w+  =L1 L2
2 sin W
 2 sin W
bL
tL
Hierbei bezeichnet U die KM-Matrix. Jetzt wird die CP-Transformation durchgeführt wobei nur der
1. Term betrachtet wird ( L1 und L2 sind zueinander hermitesch konjugiert!) und die Ergebnisse
für Transformationen der Diracspinoren benutzt werden. Man beachte darüber hinaus dass alle Größen
nach der Transformation von x' und nicht mehr von x abhängen.
CP L1 CP+ =−
 
 
 
−i e
i d
2 d TL
e
−i 
−i 
−i 
= ie uTL 2 , i e c TL 2 , ie t TL 2  U −i ei  2 s TL w+
 2 sin W
i
−i e 2 b TL
u
c
t
s
b
i d
e d TL
e
−i  T
−i  T
−i  T
2  2
=−
e u L , e c L , e t L 
  U e i  sTL w+

2 sin W
i

e bTL
u
c
t
s
T

b
−i u
e
uL
e
i
i
i

T
−i

=−
e d L , e s L , e b L   U e c L w+
2 sin W
−i 
e tL
d
s
b
c
t

i d
e
e
=−
d L , s L , b L  0
2 sin W
0
0
i
e
0
s
 
−i u
0
e

T
0  U
0
i
e
0
b
0
0
0
−i c
e
0
−i t
e
 
uL
+
cL w 
tL
Dieser Term sieht (abgesehen von Phasenfaktoren) so ähnlich aus wie
L2 =−

uL
e
d L , s L , b L  U + c L w+
(s.o.).
2 sin W
tL
Wenn die Lagrangedichte invariant unter CP-Transformationen sein soll so muß der transformierte
Term auch in der untransformierten Lagrangedichte vorkommen oder einem dort vorkommenden Term
äquivalent sein. Wie gerade gesehen bietet sich dafür L2 an. Daher wird die Forderung
CP L1  x CP+=e i  L 2  x ' 
gestellt, wobei  eine beliebige Phase ist. Daraus resultiert unmittelbar

i d
e
0
0
0
i
e
0
s

−i u
0
e
T
0 U
0
i
e
0
b
25
0
0
0
−i c
e
0
−i t
e

=e i  U +
oder nach transponieren

−i u
e
0
0
0
0
0
−i c
e
−i t
0
e

e
U
i d − 
0
0
0
e
0
0
i  s − 
0
e
i  b− 

=U * .
Auf der linken Seite wird die KM-Matrix mit zwei unitären Diagonalmatrizen transformiert. Man kann
nun die komplette linke Seite der obigen Bedingungsgleichung als KM-Matrix interpretieren woraus
*
U =U erhalten wird.
Das man die KM-Matrix mit derartigen Transformationen auf „Normalgestalt“ bringen kann wurde ja
schon ausgenutzt um zu zeigen, dass man bei 2 Familien (also 2×2 Matrizen) alle komplexen Phasen
aus der Matrix U eliminieren kann. Dabei wurde die Multiplikation mit den beiden Matrizen allerdings
als „Umdefinition“ der Phasen der Spinoren in
 
i
i
sin  e
cos  ei − 
d L = cos e
sL
−sin  e i 
eingeführt. Es ergab sich
 
d L = cos
−sin 
sL
sin 
cos
 
 
d 1L
d 2L
d 1L
d 2L
.
Man erhält also das Ergebnis, dass die Lagrangedichte nur invariant unter CP-Transformationen ist,
wenn die KM-Matrix reell ist. Wie bereits erläutert wurde ist diese Bedingung für zwei Familien immer
erfüllbar. Für drei Familien ist sie es allerdings nur, wenn die in der Parametrisierung auftauchende
komplexe Phase den Wert 0 oder  annimmt.
Abschließend noch zwei Bemerkungen:
1) Man kann zeigen das die hier hergeleitete notwendige Bedingung U =U * für CP-Invarianz auch
hinreichend ist.
2) Wie besprochen kann es bei nur 2 Familien keine CP-Verletzung geben. Aus der experimentell
beobachteten CP-Verletzung folgerten Kobayashi und Maskawa daher 1973 dass es mehr als
2 Familien geben müsse. Dies wurde inzwischen ja auch bestätigt.
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Literatur
[1]
N. Schmitz: Neutrinophysik
[2]
F. Boehm & P. Vogel: Physics Of Massive Neutrinos
[3]
E. Rebhan: Theoretische Physik II
[4]
W. Greiner & B. Müller: Eichtheorie der schwachen Wechselwirkung
[5]
O. Nachtmann: Elementarteilchenphysik – Phänomene und Konzepte
[6]
Particle Physics Booklet
[7]
C. Berger: Elementarteilchenphysik
[8]
Branco, Lavoura & Silva: CP-Violation
27
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