1 Einleitung - OPUS Würzburg

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1 Einleitung
1.1 Monoklonale Antikörper
In den letzten Jahren hat die Bedeutung von monoklonalen Antikörpern für die
Diagnostik und die Therapie von Erkrankungen enorm zugenommen. Bis heute
hat die US Food and Drug Administration (FDA) 11 monoklonale Antikörper als
Therapeutikum zugelassen, die meisten in den letzten vier Jahren. Die
Indikationen reichen von Krebstherapie über Transplantatabstoßung bis zur
Therapie von Autoimmunerkrankungen.
Tabelle 1: Durch die US FDA zugelassene monoklonale Antikörper (Stand: 06/2002)
Modifiziert nach Gura, 2002, Borchmann, 2001 und Breedveld, 2000
Handelsname
Orthoklone®
OTK3®
Antikörper
Antikörpertyp
Antigen
Indikation
Muromomab
Murin (Maus)
CD3
Transplantatabstoßung
ReoPro®
Abciximab
Chimär
GPIIa/IIIb
Koronare
Revaskularisierung
Eli Lilly
Rituxan®,
Mabthera®
Rituximab
Chimär
CD20
Non-Hodgkin-Lymphom
Genentech
Zenapax®
Daclizumab
Humanisiert
CD25
Simulect®
Basiliximab
Chimär
CD25
Synagis®
Pavilizumab
Humanisiert
RSV
Remicade®
Infliximab
Chimär
TNF-α
Herceptin®
Trastuzumab
Humanisiert
Her2/neu
Mylotarg®
GentuzumabZogamicin
Humanisiert
(Toxingekoppelt)
CD33
Akute myeloische
Leukämie
American Home
Products
Campath®
Alemtuzumab
Humanisiert
CD52
Chronische
lymphatische Leukämie
Milennium
Pharmaceuticals
Zevalin®
IbritumomabTituxetan
Chimär
(Radionukleotidgekoppelt)
CD20
Non-Hodgkin-Lymphom
IDEC
Pharmaceuticals
Transplantatabstoßung
Transplantatabstoßung
Respiratory Syncytial
Virus
Rheumatoide Arthritis,
Morbus Crohn
Metastasiertes
Mammakarzinom
Hersteller
Johnson &
Johnson
Roche
Novartis
MedImmune
Johnson &
Johnson
Genentech
Mindestens weitere 400 monoklonale Antikörper befinden sich derzeit weltweit in
klinischer Erprobung (Carter, 2001; Glennie and Johnson, 2000; Gura, 2002).
Antikörper als antineoplastisches Therapeutikum einzusetzen wurde schon lange
diskutiert wegen ihrer Fähigkeit spezifische Strukturen zu erkennen. Schon Paul
Ehrlich formulierte diese Idee bereits 1900 (Borchmann et al., 2001). Mit der
Entwicklung der Hybridomatechnologie 1975 legten Köhler und Milstein den
1
Grundstein für die Herstellung monoklonaler Antikörper und ermöglichten so große
Fortschritte in der Forschung, im Besonderen bei der Antitumortherapie. Hierbei
werden Lymphozyten aus einer immunisierten Maus gewonnen und durch
somatische Hybridisierung mit Myelomzellen immortalisiert. So gelang es erste
murine Antikörper zu produzieren. Murine Antikörper sind nur begrenzt
therapeutisch
einsetzbar,
da
sie
eine
Immunantwort
des
menschlichen
Immunsystems hervorrufen. Es kommt zur Bildung von Anti-Antikörper (human
anti-mouse antibody, HAMA). Der HAMA- Effekt führt zur Verkürzung der
Halbwertszeit von murinen Antikörpern im Menschen, da diese bei erneuter
Applikation gebunden und eliminiert werden. Deshalb ist es notwendig die Dosis
und die Konzentration der murinen Antikörper zu erhöhen um den therapeutisch
wirksamen Bereich zu erreichen. Weiterhin kann es zu allergischen Reaktionen
bis hin zum anaphylaktischen Schock beim Patienten kommen. Aus diesen
Gründen sind unterschiedliche Strategien entwickelt worden um murine Antikörper
zu verbessern. Mit rekombinaten gentechnischen Methoden lassen sich große
Teile des Antikörpermoleküls gegen humane Aminosäuresequenzen austauschen.
Wird nur das murine Fc-Fragment durch ein humanes ersetzt, spricht man von
einem chimären Antikörper. Wenn in einem zweiten Schritt auch noch Teile des
Fab-Fragments durch humane Sequenzen ersetzt werden und nur noch die
Antigenbindungsstellen (CDR, complementarity-determining regions) murinen
Ursprungs sind, bezeichnet man diese als humanisierte Antikörper (Borchmann et
al., 2001). Jedoch können sich diese gentechnisch hergestellten chimären und
humanisierten Antikörper von der ursprünglichen Struktur des murinen Antikörpers
so sehr unterscheiden, dass dies zu einem Verlust der Affinität und zu einer
Abnahme der Spezifität führt (Clark, 2000; Winter and Harris, 1993). Der klinische
Vorteil dieser Mensch-Maus-Hybrid-Moleküle besteht im Vergleich zum murinen
Antikörper in einer geringeren Immunogenität und einer längeren Halbwertszeit
(LoBuglio et al., 1989; von Mehren and Weiner, 1996).
Durch die verbleibenden Maus-Antikörper Proteinsequenzen kann immer noch
eine HAMA-Immunantwort getriggert werden (Vollmers and Brändlein, 2002),
deshalb stellen rein humane Antikörper die ideale Lösung dar. Trotz allem
befinden sich derzeit folgende murine, chimäre oder humanisierte monoklonale
Antikörper im Zulassungsverfahren der US FDA: BEC2® (mitumomab, Merk)
gegen das kleinzellige Lungenkarzinom, Bexxar® (tositumomab, Glaxo) gegen
2
NHL, CeaVac® (Titan Pharmaceuticals) gegen Kolonkarzinom, Theragyn®
(pemtumomab-90yttrium,
Antisoma)
und
OvaRex®
(Altarex)
gegen
das
Ovarialkarzinom, Centuximab® (ImClone systems) gegen das Kolonkarzinom und
LymphoCide® (epratuzumab, Immunomedics) gegen NHL (Carter, 2001; Drewe
and Powell, 2002).
Die „phage display“ Technik bietet die Möglichkeit humane Antikörperfragmente
herzustellen, indem diese mittels Phagen in Bakterien eingeschleust werden, die
dann diese exprimieren. Große Phagenbanken ermöglichen die Selektion
humaner Antikörper gegen eine Vielzahl von verschiedenen Antigenen. Die positiv
reagierenden Antikörperketten werden in komplette Immunglobuline umgewandelt
und in einen Standard „immunglobulin expression vector“ eingebaut. Hiermit
können dann vollständig humane Antikörper produziert werden, die sich als
therapeutisches Mittel verwenden lassen (Boel et al., 2000; Hoogenboom and
Chames, 2000; Little et al., 1999; Wittrup, 1999). Weiterhin besteht die Möglichkeit
humane monoklonale Antikörper durch Immunisierung transgener Mäuse (humAbmouse, Xenomouse) mit Tumorantigenen zu produzieren, deren Immunglobulin
kodierende DNA-Abschnitte inaktiviert und durch humane Sequenzen ersetzt
wurden. Allerdings müssen in einem zweiten Schritt die murinen Lymphozyten
immortalisiert werden und die humane Immunglobuline produzierenden Hybride
selektioniert werden (Davis et al., 1999; Green, 1999; Neuberger and
Bruggemann, 1997).
Schließlich ist es möglich durch somatische Hybridisierung von B-Lymphozyten
eines Krebspatienten mit einer Heteromyelomzelle Zellklone zu schaffen, welche
tumorspezifische monoklonale Antikörper produzieren. Vorteil dieser Methode ist,
dass sie es ermöglicht in einem Schritt sowohl neue humane monoklonale
Antikörper für Diagnostik und Therapie von Tumoren zu produzieren als auch
neue Tumorantigene zu charakterisieren. Mit Hilfe dieser Methode wurde der
humane monoklonale Antikörper SC-1 aus einem Patienten mit einem
Siegelzellringkarzinom des Magens isoliert (Vollmers et al., 1989). Der IgMAntikörper SC-1 induziert Apoptose in Magenkarzinomzellen in vitro und in vivo
und es konnte dessen Eignung als adjuvantes Immuntherapeutikum bei
Magenkarzinompatienten in klinischen Studien belegt werden (Hensel et al.,
2001b; Hensel et al., 1999a; Vollmers et al., 1998; Vollmers et al., 1998).
3
1.2 Therapiestrategien
und
Wirkmechanismen
von
monoklonalen
Antikörpern
Monoklonale Antikörper können über verschiedene Mechanismen auf ihre
Zielzelle einwirken. Der chimäre Antikörper Infliximab (Remicade®) bindet an sein
Zielantigen
TNF-α
und
unterbricht
hiermit
den
Entzündungsprozess
bei
rheumatoider Arthritis und beim M. Crohn. Ebenso wirkt der Antikörper Abciximab
(ReoPro®), der durch Blockade des thrombozytären GPIIb/IIIa-Rezeptors die
Entstehung von Thromben verhindert (Borchmann et al., 2001; Markham and
Lamb, 2000).
Daneben können monoklonale Antikörper sowohl über Fc-Teil vermittelte
Aktivierung des Komplementsystems (complement-dependent cytotoxity, CDC) als
auch durch die Auslösung einer sekundären zellulären Immunreaktion durch die
Bindung an Fc-Rezeptoren auf Effektorzellen (Neutrophile, Makrophagen und
natürliche Killerzellen) (antibody-dependent cellular cytotoxity, ADCC) indirekt
zytotoxisch auf die antigentragende Zelle einwirken (Goodman et al., 1990;
Valerius et al., 1997). Dies wurde für die monoklonalen Antikörper Rituxan®,
Herceptin® und Campath® beschrieben (Breedveld, 2000; Carter, 2001).
Weiterhin ist ein Mechanismus bekannt, bei dem Antikörper durch direkte Bindung
membranständiger Rezeptoren wie APO-1/Fas (Trauth et al., 1989); (Yonehara et
al., 1989) eine intrazelluläre Signalkaskade induzieren, die schließlich zum
apoptotischen Zelltod führt. Dies wurde auch für den humanen Antikörper SC-1
gezeigt, der an eine neue Variante des CD55/DAF (decay accelerating factor)
bindet (Hensel et al., 1999a). Der CD55/SC-1 Apoptoserezeptor ist auf
Magenkarzinomzellen überexprimiert und hat ein Molekulargewicht von ungefähr
82 kD. Der IgM-Antikörper SC-1 bindet an den Rezeptor und induziert sowohl in
vivo als auch in vitro Apoptose von Magenkarzinomzellen (Vollmers et al., 1997;
Vollmers et al., 1998; Vollmers et al., 1998; Hensel et al., 1999a; Hensel et al.,
2001b). Die Antikörper Rituximab und Trastuzumab scheinen über einen
ähnlichen Mechanismus in die Regulation des Zellzyklus einzugreifen (Borchmann
et al., 2001; Glennie and Johnson, 2000).
Eine andere Therapiestrategie mit Antikörpern besteht in der Konjugation
monoklonaler
Antikörper
mit
Radioisotopen
(Griesinger
et
al.,
2001),
Immunotoxinen (Hertler and Frankel, 1989) oder Zytostatika, wodurch ein
4
zielgenauer Angriff des Tumorgewebes bei gleichzeitig geringer systemischer
Toxizität möglich wird (Trail and Bianchi, 1999). So wurde Anfang 2002 der
chimäre
90
Yttrium-gekoppelte Antikörper Zevalin® (ibritumomab-tituxetan) von der
US FDA zur Behandlung von Non-Hodgkin-Lymphomen (NHL) zugelassen (Gura,
2002). Weitere andere Antikörper befinden sich im Zulassungsverfahren, wie zum
Beispiel Bexxar® (tositumomab,
131
iodine-anti-CD20 mouse mAb), welches
erfolgreich die Phase III der klinischen Studien zur Behandlung von NHL
überstanden hat (Carter, 2001). Mit Mylotarg® (Gemtuzumab-Zogamicin) steht
bereits ein Zytostatika-Immunkonjunjat für die Therapie der akuten myeloischen
Leukämie zur Verfügung (Bernstein, 2000).
Bispezifische Antikörper stellen ein weiteres Therapieprinzip dar. Hierbei handelt
es sich um Strukturen, die zwei unterschiedliche Antigenbindungsstellen besitzen.
Eine CDR-Region ist gegen ein tumorassoziiertes Antigen gerichtet, während die
andere ein Triggermolekül einer zytotoxischen Immuneffektorzelle bindet, wodurch
ein Mechanismus zur Tumorzelllyse ausgelöst wird (Repp et al., 2001).
Aufgrund ihre Spezifität und multiplen Effekorfunktionen stellen monoklonale
Antikörper potentielle Therapeutika gegen Krebs dar. Die Hybridomatechnologie,
der gentechnologische Fortschritt sowie die immer bessere Definition einer
wachsenden Anzahl tumorassoziierter Antigene (Illiger, 1997; Motmans et al.,
1996; Stockert et al., 1998) ermöglichen es heute, monoklonale Antikörper zu
produzieren, die spezifischer, affiner und nebenwirkungsärmer sind und deshalb
effektiver ihre Antitumor-Aktivität entfalten (Illiger, 1997).
Die bisherigen Erfolge in der Behandlung neoplastischer Erkrankungen lassen
erwarten, dass insbesondere humane monoklonale Antikörper aufgrund ihrer
hohen Antigenspezifität und Affinität, ihrer geringen Immunogenität und guten
Verträglichkeit ein potentes adjuvantes Tumortherapeutikum darstellen. Ebenso
spielen monoklonale Antikörper auch eine bedeutende Rolle in der Diagnostik von
Tumoren und Identifizierung von Tumorantigenen und damit auch in der
Prävention von Tumoren.
5
1.3 Antikörper der Klasse IgM
Immunglobuline werden von Plasmazellen produziert und befinden sich in der
Fraktion der γ-Globuline bei der Serumelektrophorese. Sie werden auch als
Antikörper bezeichnet.
Alle Antikörpermoleküle sind nach der gleichen Grundkonfiguration aufgebaut. Sie
bestehen aus zwei identischen schweren Ketten (H-Ketten, heavy chains) und
zwei leichten Ketten (L-Ketten, light chains), die durch nicht-kovalente Bindung
sowie durch Disulfidbrücken miteinander verbunden sind. Hier durch ergibt sich
die Y-förmige Struktur der Antikörper.
Die Antikörper lassen sich in drei Fragmente zerlegen, in zwei Fab-Fragmente und
ein Fc-Fragment: Das Fab-Fragment entspricht dem kurzen Schenkel des Yförmigen Immunglobulins und besteht aus den L-Ketten und einem Teil der HKetten (VL, CL, VH, CH1). Es ist in der Lage Antigene zu binden. Das Fc-Fragment
wird aus dem verbleibenden Rest der H-Kette gebildet und enthält den gesamten
Kohlenhydratanteil des Antikörpers.
In der H-Kette und in der L-Kette lassen sich Bereiche feststellen, die keine oder
nur geringe Unterschiede der Aminosäuresequenz aufweisen, deshalb werden sie
als konstant bezeichnet (CH, CL). Daneben findet sich, speziell im Bereich der
Antigenbindungsstelle, eine große Variabilität der Aminosäuresequenz, so dass
von variablen Bezirken gesprochen wird (VH, VL). Durch diese Variabilität sind die
Antikörper in der Lage spezifisch mit verschiedenen Antigenen zu reagieren.
Bei den L-Ketten unterscheidet man κ- und λ-Ketten. Die H-Ketten lassen sich in
fünf Haupttypen unterscheiden: α, δ, γ, ε, µ. Abhängig von der beteiligten
Hauptkette lassen sich die Antikörper in IgA, IgD, IgG, IgE und IgM unterscheiden.
IgMs sind pentamere Aggregate, die durch ein J-Protein verknüpft werden. Eine
Grundeinheit hat ein durchschnittliches Molekulargewicht von 900 kD (Borchmann
et al., 2001). Sie bilden den größten Anteil der natürlichen Antikörper und werden
im Verlauf einer Immunantwort als erste Antikörperklasse produziert. Sie sind in
der Lage Bakterien zur Phagozytose zu opsonieren, Tumorzellen oder infizierte
Zellen für die antibody-dependent cytotoxity attack durch Killerzellen zu markieren
(Parkin and Cohen, 2001). Ein großer Anteil der natürlichen Antikörper (IgM) ist
(kreuz)reaktiv
mit
entwicklungsgeschichtlich
konservierten
Strukturen,
wie
Nukleinsäuren, Hitzeschockproteinen, Phospholipiden und Kohlenhydraten (Boes,
2000). Durch das Fehlen der somatischen Mutation im V-Segment von IgM
6
Antikörpern neigen diese zu einer niedrigeren Affinität bei der Antigenbindung;
Diese können sie zum Teil durch ihre pentamere Struktur kompensieren. Durch
ihre pentamere Struktur können sie das Komplementsystem besonders wirksam
über den klassischen Weg aktivieren (Boes, 2000).
1.4 Natürliche Immunität
Antikörper spielen eine entscheidende Rolle im Immunsystem des Menschen. Zur
Immunität gehören sowohl zelluläre als auch humorale (Antikörper vermittelten)
Abwehrmechanismen. Die Immunität wird in eine natürliche (innate, angeborene)
und eine erworbene (adaptierte, erlernte) Immunantwort unterschieden. Die
natürliche Immunität besteht bereits seit Geburt im Menschen und kann sofort
nach Antigenkontakt gegen infektiöse Partikel (Bakterien, Viren, Pilze) reagieren.
Sie spielt eine entscheidende Rolle in der primären Erkennung von Erregern und
entarteten Zellen. Während die erworbene Immunität erst durch Reifung und
Mutation nach Antigenpräsentation stattfindet. Hierdurch weist sie ein höhere
Vielfalt und Spezifität auf und bildet das immunologische Gedächtnis.
Die natürliche Immunität ist in der Lage zwischen selbst und nicht-selbst zu
unterscheiden. Sie hat hierzu drei unterschiedliche Strategien entwickelt: Die
Möglichkeit mikrobisches „nicht-selbst“ zu erkennen, liegt in der Fähigkeit
konservierte molekulare Muster des bakteriellen Stoffwechsels zu erkennen. Diese
Strukturen werden pathogen-associated molecular patterns (PAMPs) genannt,
zum Beispiel Lipopolysaccharide (LPS) der gram-negativen Bakterien. Die PAMPs
werden von entsprechenden Rezeptoren (toll-like receptors, TLRs) auf der
Oberfläche
Antigen
präsentierender
Zellen
(APC)
erkannt
und
durch
costimulierende Moleküle werden naive T-Zellen aktiviert und damit die adaptive
Immunantwort (Medzhitov and Janeway, 2002).
Die zweite Strategie das „missing-self“ zuerkennen, beruht auf der Expression
bestimmter Moleküle auf gesunden körpereigenen Zellen. Diese Moleküle werden
in viral infizierten, transformierten oder beschädigten Zellen herunterreguliert.
Hierdurch entfallen die hemmenden Signale und natürliche Killerzellen (NK)
werden aktiviert (Medzhitov and Janeway, 1997).
7
Die dritte Strategie beruht auf der Erkennung von molekularen Markern des
„abnormen Selbst“, welche durch Infektionen, v.a. virale und durch zelluläre
Transformation ausgelöst werden. Die so markierten Zellen können durch das
Immunsystem vernichtet werden.
Natürliche Immunität spielt also eine große Rolle in der primären Abwehr von
Mikroorganismen und auch von Tumorzellen. Neben T-Zellen, NK-Zellen und
Makrophagen scheinen auch B-Zellen mit der Sekretion von natürlichen
Antikörpern (NAb) ohne vorherige Antigen-spezifische Aktivierung oder Selektion
beteiligt zu sein. NAb sind also nicht affinitäts-gereifte Antikörper, deren VH-Region
in nicht-mutierten oder kaum mutierten Keimbahngenen kodiert ist und keine
somatische Mutation stattgefunden hat. Wie oben schon erwähnt handelt es sich
bei NAb hauptsächlich um IgM Antikörper, die bestimmte konservierte Strukturen
wie Phospholipide oder Kohlenhydrate erkennen.
In zahlreichen Tumorpatienten wurden Tumor reaktive Antikörper gefunden, z.B.
SC-1 und PAM-1 (Hensel et al., 2001a; Hensel et al., 1999a). NAb bieten einen
Schutz gegen Tumorzellwachstum in verschiedenen in vivo Modellen. NAb binden
an Antigene der Tumorzelloberfläche (Kohlenhydrate) und induzieren eine
Opsonierung und eine complement- und antibody-depending cell cytotoxicity,
sprich Lyse der Tumorzelle (Bohn, 1999). Auch konnte gezeigt werden, dass
NAbs, wie zum Beispiel SC-1 Apoptose in Tumorzellen über den CD55/DAF
Rezeptor auslösen können (Hensel et al., 1999b; Hensel et al., 2001b).
1.5 PAM-1 und sein Rezeptor CFR-1/PAM-1
Mit Hilfe der Hybridomatechnologie gelang es unter anderem den humanen IgMAntikörper PAM-1 zu generieren, der an eine neue Variante des CFR-1 Rezeptors
bindet.
PAM-1 ist ein vollständig humaner monoklonaler Antikörper, der aus einem
Patienten mit Magenkarzinom gewonnen worden ist. Durch Sequenzanalysen der
variablen Region der schweren (VH) und leichten (VL) Ketten konnte gezeigt
werden, dass es sich um einen Keimbahn-kodierten Antikörper handelt. Die VLKette wird durch das Keimbahngen VL318 aus der λIII-Familie kodiert.
8
Der Antikörper wird durch ein VH-Gen der VH3-Genfamilie exprimiert. Die VH-Kette
ist zu 100% homolog zum Keimbahngen DP-49. Dies und die geringe R/S ratio
der framework region und der complement-determining region (CDR) weisen
daraufhin, dass es sich bei PAM-1 um einen nicht-affinitätsgereiften Antikörper
handelt, ohne somatische Mutation durch Antigenkontakt (Hensel et al., 1999b).
Aus dieser Tatsache lässt sich schließen, dass es sich um einen natürlichen nicht
mutierten IgM-Antikörper handelt.
Der Rezeptor, an den der Antikörper PAM-1 bindet, wurde aus Tumorzellmembranextrakten isoliert und dabei stellte sich heraus, dass es sich um ein
integrales Membranglykoprotein handelt mit einem Molekulargewicht von 130 kD
(Hensel et al., 2001a), das homolog zu CFR-1 (cystein-rich fibroblast growth factor
receptor 1) ist. Dieses Protein wurde bisher nur im Golgi-Apparat von
embryonalen Hühnerzellen und in CHO-Zellen (Chinese hamster ovary cells)
gefunden (Burrus et al., 1992). CFR-1, ein multifunktionales Protein, ist homolog
zu MG 160 und E-selectin ligand 1 (ESL-1). MG 160 ist ein Rattenprotein, das als
ein Golgi spezifisches Protein hergestellt wurde und beteiligt ist an der
Verarbeitung
und
Sekretion
von
Wachstumsfaktoren,
sowie
kürzlich
in
Pankreaskarzinomen entdeckt wurde (Gonatas et al., 1989; Stieber et al., 1995;
Zuber et al., 1997; Gonatas et al., 1998; Crnogorac-Jurcevic et al., 2001). Bei
ESL-1 handelt es sich um ein humanes Zytokin, welches auf Myeloid- und einigen
Lymphomzellen exprimiert wird und durch Zelladhesionsmoleküle moduliert wird,
welche die Bindung von neutrophilen Granulozyten an das Endothel vermitteln
(Steegmaier et al., 1995; Steegmaier et al., 1997). Das Epitop konnte als eine Nlinked Carbohydrate Seitenketten bestimmt werden. Die neue Variante des CFR-1
Rezeptors (CFR-1/PAM-1) ist aus einer intrazellulären (13 Aminosäuren), einer
transmembranen (21 Aminosäuren) und einer extrazellulären Domäne (1142
Aminosäuren) mit FGF-Bindungsstellen und 16 Cystein-reiche-repeats aufgebaut
(Abb.1).
9
Mögliche N-Glykosylierungsstelle
FGF bindende
Domäne
- Integrales Membran-Glykoprotein
Antikörper
PAM-1
- Molekulargewicht 130 kDa
Mögliche N-Glykosylierungsstelle
Extrazelluläre Domäne
(1142 Aminosäuren)
Transmembran Domäne
(21 Aminosäuren)
FGF bindende
Domäne
- Neue Variante von CFR-1 (cysteine-rich
fibroblast growth factor receptor 1)
16 Cysteine
reiche
repeats
- Strukturell homolog zu MG 160 (GolgiApparat von Ratten) und ESL-1
(humanes myeloides Adhesionmolekül)
Membran
Intrazelluläre Domäne
(13 Aminosäuren)
Abb.1: Schematische Darstellung des CFR-1/PAM-1 Rezeptors
Durch Immunperoxidasefärbung wurde gezeigt, dass CFR-1/PAM-1 auf allen
getesteten Karzinomen exprimiert ist, sowie auf der Helicobacter pylori assoziierten Gastritis und der Dysplasie des Magens. Aber nicht entzündlich
veränderte Magenschleimhaut und alle anderen getesteten Normalgewebe zeigen
keine Reaktion mit dem PAM-1 Antikörper, außer der Golgi-Apparat der
Sammelrohre der Niere und die Zona glomerulosa und fasciculata der
Nebenniere. Dieses begrenzte Verteilungsmustermuster lässt vermuten, dass der
CFR-1/PAM-1
Rezeptor
hauptsächlich
auf
präkanzerös
veränderten
und
Karzinomzellen exprimiert wird und essentiell für Proliferationsprozesse ist
(Hensel et al., 2001a; Brändlein et al., 2003).
10
1.6 Ziel der Arbeit
Bei dem in dieser Arbeit verwendeten Antikörper PAM-1 handelt es sich um einen
rein humanen, Keimbahn-kodierten monoklonalen Antikörper, der aus einem
Patienten mit einem Magenkarzinom isoliert wurde. PAM-1 bindet an einen
Membranrezeptor, der auf fast allen getesteten epithelialen Tumoren exprimiert
wird. Dabei handelt es sich um eine post-transkriptionell modifizierte Variante von
CFR-1 (cystein rich fibroblast receptor 1). Die Bindung von PAM-1 erfolgt über
Karbohydrat-Seitenketten des 130 kD schweren integralen Membranglykoproteins.
In der vorliegenden Arbeit soll die Expression des CFR-1/PAM-1 Rezeptors auf
Karzinomen und deren Vorstufen untersucht werden.
Hierzu wurde der Antikörper hinsichtlich seiner Reaktivität auf verschiedenen
humanen Geweben untersucht. Es wurden einerseits Immunperoxidasefärbungen
auf Parafinschnitten von Karzinomen verschiedener Organe und andererseits
zahlreicher Vorstufen, wie tubuläre und villöse Adenome des Kolons, Colitis
ulcerosa
assoziierte
intraepithelialen
Dysplasie,
Neoplasie
I-III,
Barrett-Metaplasie,
-Dysplasie,
Plattenepitheldysplasie
durchgeführt.
11
des
zervikalen
Bronchus
2 Material und Methoden
2.1 Material
2.1.1 Verbrauchsmaterialien und Laborgeräte
Die Verbrauchsmaterialien lieferten folgende Firmen:
Deckgläser: Interessengemeinschaft der Laborfachhändler
Mikrotom-Klingen R 35: Produkte für die Medizin AG, Köln
Objektträger: Menzel; Langenbrinck, Emmendingen
Pipettenspitzen: Greiner, Frickenhausen, Hartenstein, Würzburg
Die für diese Arbeit verwendeten Geräte stammen von folgenden Firmen:
Aquabidest-Anlage Milli-Q Plus PF: Millipore, Molsheim
Brutschränke: Heraeus, Hanau
Kühl- und Gefrierschrank (-20° C): Liebherr; Privileg; Quelle, Fürth
Magnetrührer IKAMAG RTC: Janke & Kunkel, Staufen
Mikroskop DMLB: Leica, Wetzlar
Mikrotom Hn 40: Reichert-Jung
pH-Meter pH 525: WTW, Weilheim i. OB
Pipetten: Eppendorf, Hamburg
Schnellkochtopf
Vortex-Genie: Bender & Hobien, Zürich / Schweiz
Wage: Sartorius, Göttingen
Wasserbad: MEDAX Nagel KG, Kiel
2.1.2 Soft- und Hardware
Immunhistochemische Färbungen wurden mittels eines Olympus Mikroskops und
einer Sony Videokamera über das Programm Image Access 3.02 erstellt.
12
2.1.3 Puffer, Lösungen
PBS: 8 g NaCl
0,2 g KCl
1,15 g Na2HPO4 x 2 H20
0,2 g KH2PO4
1 l A. bidest.
Tris/NaCl:
Lösung 1:
4,5 l A. bidest
40,5 g NaCl
Lösung 2:
1 l A. bidest
6 g Tris (hydroxymethyl)-aminomethan
auf pH 7,6 mit rauchender HCl einstellen
Lösung 1 und 500 ml von Lösung 2 auf pH 7,4 einstellen
BSA/PBS: 5 mg BSA (Albumin bovine, fraction V; Roth, Karlsruhe /ml PBS)
DAB-Reagenz: 5 ml Leitungswasser
1 DAB-Tablette, 1 Wasserperoxyd-Tablette (% ml Sigma Fast 3,3´Diaminobenzidine Tablet; Sigma, Steinheim)
Kaninchenserum: Linaris, Wertheim-Bettingen
Humanserum: aus der Abteilung für Transfusionsmedizin der Universität Würzburg
RPMI 1640: Basismedium (500 ml) (PAA Laboratories, Linz / Österreich)
1% Glutamin (5 ml)
1% Penicillin / Streptomycin (5 ml)
10% FCS (Fetal Calf Serum) (50 ml)
Zitronensäure:
2 l A. bidest
8,4 g Zitronensäure
3,4 g NaOH-Plätzchen
mit NaOH auf pH 5,5 einstellen
13
2.1.4 Chemikalien und Antikörper
Die Chemikalien und Antikörper wurden von folgenden Firmen bezogen:
Aceton: Roth, Karlsruhe
Ethanol: Brüggemann
Glyceringelatine: Merk, Darmstadt
Hämalaun: Merk, München
Methanol: Hausapotheke der Universität Würzburg
Wasserstoffperoxid: Hausapotheke der Universität Würzburg
Xylol: Jäkle Chemie, Nürnberg
Anti-Cytokeratin No. 5/6: DAKO, Hamburg
Anti-Cytokeratin No. 7: DAKO, Hamburg
Anti-Cytokeratin No. 8: Chemicon, Hofheim/ Ts
Chrom Pure Human IgM: Dianova, Hamburg
Ki67 (MIB-1): Loxo GmbH, Dossenheim
PSA: DAKO, Hamburg
Rabbit Anti-Human IgM: DAKO, Hamburg
Rabbit Anti-Mouse Immunglobuline: DAKO, Hamburg
Alle weiteren Chemikalien wurden von den Firmen Noras (Würzburg), Merk
(Darmstadt), Ferak (Berlin) oder Roth (Karlsruhe) bezogen.
2.1.5 Humane monoklonale Antikörper
Gewebeart
Tumorgewebe
M6/47-88
4,14 mg/dl
4,28 mg/dl
Vorläuferstadien
4,14 mg/dl
4,28 mg/dl
Normalgewebe
4,28 mg/dl
PAM-1 (103/51-20)
11,9µg/ml
13,9µg/ml
19,0 µg/ml
11,9µg/ml
13,9µg/ml
19,0 µg/ml
11,9µg/ml
13,9µg/ml
19,0 µg/ml
14
2.2 Methoden der Immunhistochemie
2.2.1 Herstellung von Paraffinschnitten
Das in Formalin fixierte Gewebe wurde in Paraffin eingebettet; die so
entstandenen Gewebeblöcke wurden für ca. 30 min. in einen Gefrierschrank
(-20°C) gelegt. Danach wurden mit dem Mikrotom 2 µm dicke Gewebeschnitte
hergestellt, die zuerst auf ein Wasserbad bei RT zur Entspannung aufgetragen
wurden und dann zum Strecken auf ein Wasserbad bei ca. 30°C. Die gestreckten
Gewebeschnitte wurden dann auf Super Frost Plus Objektträger aufgezogen und
zum Trocknen über Nacht in den Brutschrank (37° C) gestellt.
2.2.2 Immunperoxidasefärbung von Paraffinschnitten
Vor dem immunhistochemischen Färben wurden die Gewebeschnitte durch
Inkubation in folgender Alkoholreihe entparaffiniert:
2 x 5 min 100% Xylol
2 x 5 min 100% Ethanol
1 x 5 min Methanol (70 ml + 500 µl H2O2)
2 x 3 min 90% Ethanol
2 x 3 min 80% Ethanol
2 x 3 min 70% Ethanol
Danach wurden die Gewebeschnitte in einem Schnellkochtopf in Zitronensäure
(pH 5,5) für 5 min gekocht.
Anschließend wurden die Schnitte mit Rinderserumalbumin (BSA 5mg/ml in PBS
gelöst) für 30 min bei Raumtemperatur (RT) geblockt. Die vorbehandelten Schnitte
wurden entweder mit PAM-1 Überstand (10 µg/ml) oder mit dem Antikörper Ki67
(Loxo, Dossenheim, Deutschland, 1:20 verdünnt mit BSA/PBS) für 2,5 h bei 37°C
im Brutschrank in einer feuchten Kammer inkubiert. Nach der Inkubation wurden
die Schnitte 3mal mit Tris/NaCl (pH 7,4) gewaschen und mit dem entsprechenden
2. Antikörper (Peroxidase markierter rabbit anti-human oder rabbit anti-mouse
Konjungat, Dako, Hamburg, Deutschland) 1:50 verdünnt in PBS und mit
Kaninchenserum für den Antikörper PAM-1 oder mit Humanserum für den
15
Antikörper Ki67 für 1h bei RT inkubiert. Danach wurden die Schnitte wieder 3mal
mit Tris/NaCl gewaschen und 10 min in PBS inkubiert bei RT. Die Färbung
erfolgte mit diaminobenzidine (0,05%)-hydrogen peroxide (0,02%) für 10 min bei
RT. Die Reaktion wurde unter fließendem Wasser gestoppt und anschließend mit
Hematoxylin gegengefärbt. Nachdem die Schnitte mit erwärmter Glyceringelatine
eingedeckelt
wurden,
erfolgte
die
lichtmikroskopische
Auswertung
der
Gewebeschnitte.
2.2.3 Verwendete Antikörper für Immunperoxidase-Färbungen
Für die Immunperoxidase-Färbung von Paraffinschnitten verschiedener Gewebe
wurden, neben dem humanen monoklonalen Antikörper PAM-1 und dem anti-Ki67
Antikörper,
sowohl
Negativkontrollen
Positiv-
wurde
zum
als
auch
einen
Negativkontrollen
jeweils
eine
Probe
verwendet.
Als
mitgeführt,
die
ausschließlich mit dem verwendeten Sekundär-Antikörper inkubiert wurde. Dazu
wurde eine Kontrolle mit einem kommerziellen humanen IgM-Antikörper
(Chrompure IgM, Dianova, Hamburg) durchgeführt um eine eventuell auftretende
unspezifische
Bindung
humaner
IgM-Antikörper
kontrollieren
zu
können.
Zusätzlich wurde aus gleichem Grund auch der Kulturüberstand eines IgMAntikörperproduzierenden Hybridoms (M6/47-88) als Kontrolle verwendet, welcher
jedoch nicht tumorspezifisch reagierte. Dabei wurden aus Gründen der besseren
Vergleichbarkeit die zu untersuchenden humanen monoklonalen Antikörper und
die humanen IgM-Kontroll-Antikörper in den gleichen Konzentrationen eingesetzt.
Als Positivkontrolle kamen je nach Gewebe- bzw. Tumortyp verschiedene
kommerzielle Antikörper zum Einsatz. In Tabelle 2 sind die einzelnen verwendeten
Kontrollen sowie ihre eingesetzten Konzentrationen als Übersicht dargestellt.
Alle Sekundär-Antikörper, die im Rahmen der Immunperoxidase-Färbungen zum
Einsatz kamen, sind in Tabelle 3 dargestellt.
16
Tabelle 2: Übersicht über die verwendeten Positivkontrollen bei ImmunperoxidaseFärbungen
KontrollAntikörper
Anti-human
Cytokeratin 5/6
(CK5/6)
Anti-human
Cytokeratin 7
(CK7)
Anti-human
Cytokeratin 8
(CK8)
Anti-human
PSA
Anti-human
Ki67 Antigen
Gewebe
Lunge
Ösophagus
Zervix
Pankreas
Karzinomtyp
Plattenepithel
Plattenepithel
Plattenepithel
Adeno
Konzentration
1:50
Isotyp/
Ursprung
IgG1/ Maus
IgG1/ Maus
1:20
Lunge
Magen
Kolon
Brust
Leber
Uterus
Ovar
Prostata
Adeno
Adeno
Adeno
Adeno
HCC
Adeno
Adeno
Adeno
IgG1/ Maus
1:20
IgG1/ Maus
alle
alle
1:100
IgG1/ Maus
1:20
Tabelle 3: Übersicht über die verwendeten Sekundär-Antikörper bei
Immunperoxidase-Färbungen
SekundärAntikörper
Anti-human IgM
Rabbit
1:50
Anti-Maus Ig
Rabbit
1:50
Ursprung Verdünnung
17
Gelöst in
konjugiert
70% PBS +30% Peroxidase
Kaninchenserum
70% PBS +30% Peroxidase
AB-Plasma
3 Ergebnisse
3.1 Expression von CFR-1 auf malignem Gewebe
Um die spezifische Expression von CFR-1/PAM-1 auf malignem Gewebe
ausführlicher zu untersuchen und zu zeigen wurden 5 bis 13 verschiedene Fälle
der am häufigsten auftretenden Karzinome immunhistochemisch getestet. Die
Reaktivität des PAM-1 Antikörpers wurde verglichen mit der Expression des Ki67Proteins, welches der meist gebrauchte Standardmarker in Proliferationstudien ist
(Brown and Gatter, 2002; Scholzen and Gerdes, 2000). Die Funktion dieses
Proteins, welches im Nucleulus proliferierender Zellen lokalisiert ist, bleibt
unbekannt (Endl and Gerdes, 2000). Ki67 wird von allen proliferierenden Zellen,
sowohl von malignen als auch von nicht-malignen, exprimiert.
Die
Färbungsergebnisse
werden
exemplarisch
für
das
invasiv
lobuläre
Mammakarzinom (Abb. 2A), dem Adenokarzinom der Kardia (Abb. 2B), dem
Plattenepithelkarzinom des Ösophagus (Abb. 2C) und dem Adenokarzinom der
Prostata (Abb. 2D) gezeigt und in Tabelle 4 zusammengefasst.
Tabelle 4: Übersicht über die Expression von PAM-1 auf verschiedenen Karzinomen
Gewebe
Karzinom-Typ
Ösophagus Plattenepithel
Adeno (Barrett)
Magen
Adeno (diffus)
Adeno (intestinal)
Adeno (Cardia)
Kolon
Adeno
Leber
Adeno (HCC)
Pankreas
Adeno (ductal)
Lunge
Adeno
Plattenepithel
Mamma
Invasiv (ductal)
Invasiv (lobular)
Ovar
Adeno
Uterus
Adeno
Zervix
Plattenepithel
Adeno
Prostata
Adeno
Geschlecht
m
w
4
1
12
1
3
2
2
3
7
1
8
5
8
1
5
3
8
3
8
1
0
5
0
5
0
8
0
9
0 10
0
9
9
0
18
Alter
50-70
48-85
50-80
68-89
50-74
38-88
43-76
41-75
42-78
42-82
37-88
40-89
37-80
50-80
46-70
33-65
49-70
PAM-1
+/5/0
11/2
5/0
4/1
8/0
13/0
9/0
8/0
8/3
8/1
5/0
5/0
7/1
8/1
9/1
9/0
9/0
Abb. 2: Immunhistochemische Färbung mit PAM-1 und Ki67 als Kontrolle des
invasiv lobulären Mammakarzinoms (A), des Adenokarzinoms der Kardia (B), des
Plattenepithelkarzinoms des Ösophagus (C), des Prostatakarzinoms (D)
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass PAM-1 eine breite, intensive und
homogene Färbung auf allen getesteten Karzinomen zeigt.
Diese Daten bestätigen, dass CFR-1/PAM-1 spezifisch auf fast allen getesteten
Karzinomen exprimiert ist, was schon in einer früheren Studie erwähnt wurde
(Hensel et al., 2001a).
19
3.2 Expression von CFR-1 auf prämalignem Gewebe
CFR-1/PAM-1 ist auf Vorstufen des Magenkarzinoms wie H.pylori-assozierte
Gastritis und Dysplasie des Magens exprimiert. Es gibt Hinweise, dass das
Ausmaß der Expression mit dem Grad der Malignität zunimmt (Hensel et al.,
2001a). Um diese Beobachtung zu bestätigen wurden immunhistochemische
Färbungen mit einer Vielzahl von Vorstufen durchgeführt. Auch hierbei wurde Ki67
als Positivkontrolle für proliferierende Zellen verwendet.
In den folgenden Kapiteln werden Abbildungen der Vorstufen von Kolon-,
Ösophagus-,
Zervix-
Proliferationzonen
und
gezeigt,
Bronchialkarzinomen
um
die
spezifische
und
den
dazugehörigen
Expression
von
darzustellen. Die Daten sind in Tabelle 5 zusammengefasst.
Tabelle 5: Übersicht über die Expression von PAM-1 auf verschiedenen
Präkanzerosen
Gewebe
Präkanzerose
Geschlecht
m w
Ösophagus Barrett Metaplasie
9
0
Barrett Dysplasie
4
2
Magen
H. pylori Gastritis
5
5
Atrophische Gastritis
1
2
Intestinale Metaplasie
5
2
Tubuläres Adenom
5
4
Tubulovillöses Adenom
2
2
High grade Dysplasie
3
0
Kolon
Dysplasie (Colitis ulcerosa)
4
1
Tubuläres Adenom
5
2
Villöses Adenom
8
2
Zervix
CIN I
0
8
CIN II
0
5
CIN III
0
5
Bronchus
Plattenepithel Metaplasie
5
0
Epitheliale Dysplasie
3
0
20
Alter
42-69
62-86
24-86
53-79
49-86
42-87
54-84
65-74
42-57
54-85
45-85
22-52
30-62
29-41
61-72
64-75
PAM-1
+/9/0
6/0
9/1
3/0
7/0
8/1
3/1
3/0
5/0
6/1
8/2
8/0
5/0
5/0
5/0
3/0
PAM-1
3.2.1 Adenom-Karzinom-Sequenz des Kolonkarzinoms
Maligne Veränderungen und die resultierenden Kolonkarzinome gehören zu den
am häufigsten auftretenden Neoplasien und sind oft mit einer hohen Mortalität
assoziiert. Die Entstehung des Kolonkarzinoms ist ein Vielstufenprozess, der auf
die sogenannte Adenom-Karzinom-Sequenz zurückgeführt werden konnte. Alle
adenomatösen Läsionen entstehen aus proliferativen Veränderungen des Epithels
und es gibt starke Hinweise, dass Adenome die Präkanzerosen des invasiven
kolorektalen Adenokarzinoms sind (Cummings, 2000; Scheiden et al., 2000;
Wehrmann and Fruhmorgen, 2000). Deshalb bietet die Kanzerogenese des
kolorektalen Karzinoms die ideale Möglichkeit das Reaktionsmuster des PAM-1
Antikörpers in Präkanzerosen im Detail zu untersuchen. Daher wurden zusätzliche
Immunperoxidasefärbungen
auf
verschiedenen
Mucosa-
und
Epitheltypen
durchgeführt. Bisher war bekannt, dass der PAM-1 Antikörper mit der H. pyloriassoziierten chronisch aktiven Gastritis, der high-grade Dysplasie des Magens
und den Adenokarzinomen des Magens reagiert (Hensel et al., 2001a). In dieser
Arbeit konnten diese Ergebnisse nicht nur bestätigt werden, sondern auch durch
zusätzliche Daten über atrophische Gastritis und intestinale Metaplasie, ergänzt
werden. Auf beiden Präkanzerosen wurde eine positive PAM-1-Färbung
beobachtet. Deshalb wurde die Reaktion von PAM-1 auf normaler Kolonmucosa,
tubulären und villösen Adenomen, Colitis ulcerosa- assoziierte Dysplasie und
Adenokarzinomen des Kolons untersucht (Abb. 3).
Nicht entzündlich veränderte Kolonmucosa zeigte keine Reaktion (Abb. 3A). Eine
zunehmende Expression des CFR-1 Rezeptors wurde in Adenomen des Kolons
gefunden (Abb. 3B); diese weisen ein erhöhtes Karzinomrisiko auf. Die Expression
des CFR-1 Rezeptors wurde sowohl in tubulären als auch in villösen Adenomen
gesehen, besonders in der verbreiterten Proliferationszone.
Die Colitis ulcerosa assoziierte Dysplasie, welche aus atypisch veränderten
Epithelzellen besteht, soll auch an der Entstehung von kolorektalen Karzinomen
beteiligt sein (Wong et al., 2000). Die high-grade Dysplasie zeigt eine eindeutige
Färbung mit PAM-1, besonders in den atypischen Zellen (Abb. 3C). Die stärkste
Färbung wurde im kolorektalen Adenokarzinom gefunden (Abb. 3D), den
bestehenden Ergebnissen der Magenschleimhaut folgend. In diesem Fall korreliert
die Expression von CFR-1 mit dem Muster von Ki67.
21
Abb. 3: Immunhistochemische Färbung mit PAM-1 und Ki67 im Vergleich auf
Normalgewebe des Kolons (A), Kolonadenom (B), Colitis ulcerosa assoziierte
Dysplasie (high grade) (C), Adenokarzinom des Kolons (D)
3.2.2 Karzinogenese des Barrettkarzinoms
Der Barrettösophagus stellt eine Komplikation des lange andauernden gastroösophagealen Reflux dar. Das distale Plattenepithel wird durch metaplastisches
Zylinderepithel ersetzt, als Antwort auf den verlängerten Entzündungsreiz. Es wird
vermutet, dass das Adenokarzinoms des Ösophagus über Barrett-Metaplasie und
Barrett-Dysplasie entsteht (Devesa et al., 1998; Haggitt, 1994; Spechler, 1996;
22
Spechler, 2001). Um der ansteigenden Inzidenz des Barrettkarzinoms gerecht zu
werden, wurde die Expression von CFR-1 ebenfalls auf Barrettepithel untersucht
mit Hilfe der Immunperoxidasefärbung mit PAM-1 (Abb. 4). Die PAM-1 Färbung
enthüllte
eine
zunehmende
Expression
von
CFR-1
im
metaplastischen
Zylinderepithel der Barrett-Metaplasie (Abb. 4A). Außerdem wurde ein stärkeres
Färbemuster bei der Barrett-Dysplasie beobachtet (Abb. 4B), besonders in den
Zellen mit strukturellen und zytologischen Veränderungen. Letzteres wird als
Vorläufer des invasiven Adenokarzinoms des Ösophagus (Barrettkarzinom)
angesehen (Spechler, 2001) und korreliert mit der Expression von Ki67. Die
stärkste Färbung wurde im Barrettkarzinom gefunden (Abb. 4C).
Abb. 4: Immnunhistochemische Färbung der Barrett-Metaplasie (A), -Dysplasie (B)
und -Karzinom (C) mit PAM-1 und Ki67
23
3.2.3 Zervikale Neoplasie
Eine zunehmende Expression des CFR-1 Rezeptors wurde ebenfalls auf
Zervixepithel mit strukturellen Veränderungen beobachtet. Die Vorläufer des
Plattenepithelkarzinoms der Zervix werden in cervical intraepithelial neoplasia
Grad I, II, III klassifiziert. Milde Dysplasien werden als CIN I bezeichnet bis zu
Carcinoma in situ Läsionen mit CIN III (Arends et al., 1998). Sowohl die
Vorläuferläsionen (CIN I-III) als auch das invasive Plattenepithelkarzinom der
Zervix wurden in dieser Arbeit untersucht (Abb. 5, Tabelle 4 und 5).
Abb. 5: Immunhistochemische Färbung mit
Zervixepithel (A), CIN I (B), CIN II (C), CIN III (D)
24
PAM-1
und
Ki67:
Normales
Ähnlich zu den vorhergehenden Beobachtungen, zeigt das normale Epithel keine
Reaktion mit dem PAM-1 Antikörper (Abb. 5A). Während eine zunehmende
Färbung für die verschiedenen Stufen der zervikalen Neoplasien (Abb. 5B-D)
verzeichnet werden konnte. Das Färbemuster folgt dem Auftreten von atypischen
Zellen in den verschiedenen Zellschichten und der Verbreiterung der basalen
Proliferationszone. Die Reaktion von Ki67 korreliert im Allgemeinen mit dem
Färbemuster des PAM-1 Antikörpers.
3.2.4 Bronchiale Kanzerogenese
Lungenkarzinome
gehören
zu
den
weltweit
am
häufigsten
auftretenden
Karzinomen. Der häufigste Typ ist das bronchiale Plattenepithelkarzinom, welches
mit dem Rauchkonsum des Patienten assoziiert ist. In den Luftwegen von
Rauchern finden sich meistens Plattenepithel-Metaplasie und –Dysplasie wieder.
Bei der Plattenepithel-Metaplasie wird das normale bronchiale Flimmerepithel
durch Plattenepithel ersetzt. Mit dem Auftreten von zytologischen Störungen und
schweren Atypien spricht man von Plattenepithel-Dysplasie (Colby et al., 1998;
Franklin, 2000; Chyczewski et al., 2001).
Normales Flimmerepithel zeigt keine Expression des CFR-1 Rezeptors (Abb. 6A),
während ähnlich positive PAM-1 Reaktivitäten bei Metaplasie und Dysplasie des
Bronchialepithels gefunden werden. Die Plattenepithel-Metaplasie des Bronchus
zeigt eine schwächere Intensität der Färbung im Vergleich zur Dysplasie (Abb.
6B). Bei der Dysplasie, der Vorstufe zum Karzinom, wird eine stärkere Färbung
beobachtet
(Abb.
6C).
Die
stärkste
Färbung
wird
wieder
beim
Plattenepithelkarzinom gefunden (Abb. 6D). Alle drei Stadien korrelieren mit dem
Reaktionsmuster von Ki67.
25
Abb. 6: Immunhistochemische Färbung mit PAM-1 im Vergleich zu Ki67: Normales
Bronchialgewebe (A), Plattenepithelmetaplasie (B), Plattenepitheldysplasie (C), und
Plattenepithelkarzinom des Bronchus (D)
3.2.5 Proliferationszonen
Um zu Überprüfen, ob die CFR-1/PAM-1 Expression spezifisch für maligne
Proliferation ist und nicht an normalen Proliferationsprozessen (z.B. Regeneration
von Gewebe) beteiligt ist, werden Färbungen von verschiedenen Proliferationszonen von gesundem und prämalignem Gewebe mit PAM-1 und Ki67
durchgeführt. Abbildung 7A zeigt, dass die Proliferationszone von normaler
26
Kolonschleimhaut positiv für Ki67, aber negativ für die CFR-1/PAM-1 Expression
ist. Dasselbe Ergebnis findet sich auch auf normalem Zervixgewebe (Abb. 7B).
Auch hier findet sich eine Ki67 positive Proliferationszone, während CFR-1/PAM-1
nicht exprimiert wird. Im Gegensatz dazu zeigt die nicht-dysplastische BarrettMetaplasie (intestinaler Typ) eine positive Expression sowohl für Ki67 als auch für
CFR-1/PAM-1 (Abb. 7C). Die intestinale Barrett-Metaplasie entspricht dem
Barrettösophagus und damit der Vorstufe des Adenokarzinoms des distalen
Ösophagus (Devesa et al., 1998; Haggitt, 1994; Spechler, 2001). Dies zeigt
offensichtlich, dass CFR-1/PAM-1 nicht auf gesundem proliferierenden Gewebe
exprimiert wird.
HE
A
PAM-1
Ki67
B
C
Abb. 7: Darstellung der Proliferationszonen von Kolonschleimhaut (A),
Zervixepithel (B) und der Barrett-Metaplasie (C) durch immunhistochemische
Färbung mit PAM-1 und Ki67.
27
3.2.6 Zusammenfassung der CFR-1/PAM-1 Expression auf Tumorvorstufen
Die immunhistochemischen Daten der Vorläuferstufen sind in Tabelle 3
zusammengefasst. 3 bis 10 verschiedene Fälle von jeder verfügbaren Vorstufe
wurden getestet. Im Allgemeinen zeigt der Antikörper PAM-1 eine positive und
homogene Färbung auf allen verschiedenen Vorstufen und zusätzlich scheint eine
Zunahme der Expression mit dem Grad der Malignität stattzufinden.
Das wichtigste Ergebnis ist, dass die Proliferationszonen von gesundem Gewebe
eindeutig Ki67 positiv sind, aber negativ für CFR-1/PAM-1. Dies ist ein Hinweis für
die Assoziation der Expression von CFR-1/PAM-1 mit maligner Entartung.
28
4 Diskussion
Der CFR-1/PAM-1-Rezeptor wird auf fast allen Karzinomen jeden Typs und
Ursprungs exprimiert, ist aber nicht auf gesundem Gewebe nachweisbar (Hensel
et al., 2001a). Diese Ergebnisse konnten an einer größeren Anzahl von Tumoren
bestätigt werden. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass der CFR-1/PAM-1Rezeptor homogen auf Präkanzerosen der Magen- und Kolonschleimhaut, des
Ösophagus-, Zervix- und Bronchialepithels exprimiert wird. Ein Anstieg der durch
PAM-1 vermittelten immunhistochemischen Färbeintensität scheint mit der
Zunahme der Malignität zu korrelieren. Der humane monoklonale Antikörper
PAM-1 wurde aus einem Patienten mit Magenkarzinom isoliert und bindet an eine
dadurch neu entdeckte Tumor-spezifische Variante des CFR-1-Rezeptors (Hensel
et al., 2001a).
PAM-1 ist ein keimbahnkodierter, nicht-affinitätsgereifter IgM-Antikörper, der an
bestimmte Kohlenhydratseitenketten bindet. Die meisten tumorspezifischen
monoklonalen Antikörper, die bisher entdeckt und beschrieben wurden, sind
ebenfalls keimbahnkodierte IgM-Antikörper; Sie sind oligo-reaktiv und binden
hauptsächlich an Kohlenhydratstrukturen auf Tumorzellen (Hensel et al., 1999a;
Hensel et al., 1999b; Hensel et al., 2001a; Hensel et al., 2001b; Brändlein S.,
2002). Sie werden höchst wahrscheinlich von CD5+ B-Zellen produziert und
gehören deshalb zur natürlichen Immunität (Berczi et al., 2000; Bohn, 1999; Casali
and Notkins, 1989). Es wurde gezeigt, dass die primäre Erkennung und
Bekämpfung von Bakterien und Viren durch die natürliche Immunität erfolgt, indem
spezifische
keimbahnkodierte
und
nicht-affinitätsgereifte
Erkennungs-
und
Zerstörungsmechanismen benutzt werden (Berczi et al., 2000; Janeway, 1989;
Janeway and Medzhitov, 2002; Medzhitov and Janeway, 1997; Medzhitov and
Janeway, 2000). Durch die Parallelen zwischen humoraler Immunität gegen
Tumorzellen und Bakterien ist anzunehmen, dass die natürlichen IgM-Antikörper,
die aus Tumorpatienten gewonnen werden, Teil der ersten Abwehr sind und sicher
stellen, dass der größte Teil der malignen Zellen erkannt und in einem frühen
Stadium der Tumorentstehung entfernt werden. Diese Befunde zeigen, dass
Krebspatienten eine B-Zellimmunität gegen den Tumor besitzen und manifeste
Tumoren nicht eine Ursache der Qualität, sondern wahrscheinlich der Quantität
29
der humoralen Immunität sind. Deshalb werden diese Antikörper für eine effektive
Waffe gegen Krebs gehalten.
In einem Organismus, der ein perfekt organisierter Verbund aus differenzierten
Zellen und Organen ist, unterliegen alle zellulären Prozesse, wie Proliferation,
Regeneration, Reparatur, etc. einer strikten Kontrolle. Während Millionen von
Zellteilungen innerhalb eines Lebens entstehen jedoch häufig natürliche und
induzierte Mutationen, welche zu schweren genetischen Veränderungen und
unkontrolliertem Wachstum der Zellen führen können. Fast alle entarteten Zellen
werden durch Kontrollmechanismen erkannt und entfernt. In einigen seltenen
Fällen können diese Zellen der Kontrolle entkommen und sich im weiteren Verlauf
zu Tumoren entwickeln und zur Schädigung oder zum Tod des Organismus
führen.
Es gibt zahlreiche prädisponierende Faktoren für die Entstehung von Tumoren;
neben Umweltfaktoren, Herkunft, Alter und Vererbung zählen hierzu auch
Präkanzerosen. Man unterscheidet fakultative von obligaten Präkanzerosen,
wobei bei ersteren die Möglichkeit zur Reversibilität besteht. Regenerative,
hyperplastische
und
dysplastische
Proliferationen
können
einen
idealen
Ausgangspunkt für maligne Neoplasien darstellen. Es gibt einige gut untersuchte
Zusammenhänge zwischen Endometriumhyperplasie und Endometriumkarzinom,
zwischen zervikaler intraepithelialer Neoplasie I-III (CIN) und Zervixkarzinom
(siehe Abb.8C) (Arends et al., 1998). Ebenso ist die Plattenepitheldysplasie des
Bronchus, die gehäuft bei Rauchern vorkommt, als Vorläuferstadium des
Bronchialkarzinoms bekannt (Kerr, K.M, 2001). Das hepatozelluläre Karzinom
entsteht in 80% der Fälle auf dem Boden einer Leberzirrhose, die durch aktive
Parenchymregeneration gekennzeichnet ist und häufig mit dem Hepatitis C-Virus
assoziiert ist. Außerdem können in früher Kindheit erworbene HBV-Infektionen zu
einem 200-fach erhöhten Risiko für das hepatozelluläre Karzinom führen, wie
epidemische Studien in Taiwan zeigen (Cotran, R.S, 6th Edition, 1999).
Barrettmetaplasie oder -dysplasie scheinen als Vorläuferstadien bei der
Entstehung eines Barrettkarzinom eine wesentliche Rolle einzunehmen (Devesa
et al., 1998; Spechler, 2002).
30
Normale
Mucosa
A
H.pylori
Gastritis
Intestinale
Metaplasie
Dysplasie Karzinom
Mucosa
Muscularis
mucosa
Submucosa
Normales Kolon
B
Karzinom
Adenome
Mucosa
Submucosa
Muscularis
propria
Normales
Epithel
C
CIN I
CIN II
CIN III
Karzinom
Plattenepithel
Basalzellen
Matrix
Abb.8: Schematische Darstellung verschiedener Präkanzerosen des Magens (A),
des Kolons (B), der Zervix (C)
Über
den
multifaktoriellen
und
vielstufigen
Prozess
der
Magenkarzinomentwicklung ist wenig auf molekularer Ebene bekannt (Correa,
1992). Man nimmt an, dass an der Initiation der Karzinogenese sehr salzhaltige
Speisen, Alkohol, Nitrosamine und die H. pylori -Infektion beteiligt sind. H. pylori
induziert
schwere
präkanzeröse
zelluläre
Veränderungen
in
der
Magenschleimhaut und ist verantwortlich für den Anstieg an Autoantikörpern, die
häufig bei Gastritis- und Magenkarzinompatienten gefunden werden (Negrini et al.,
1996). Diese Autoantikörper sind in der Lage Läsionen in der Magenschleimhaut
hervorzurufen und Apoptose im Magenepithel auszulösen (Steininger et al., 1998).
Ebenso scheinen Karzinome durch Dysplasie auf dem Boden metaplastischer
Epithelveränderungen zu entstehen (Robbins et al., 2003). Neben der H. pyloriassoziierten Gastritis können auch die chronisch atrophische Gastritis, die
intestinale Dysplasie zu den Präkanzerosen des Magenkarzinoms gezählt werden
(Abb.8A).
31
Auch benigne Tumoren wie primär benigne epitheliale Veränderungen, werden
zum Teil zu den Präkanzerosen gezählt, zum Beispiel die tubulären und villösen
Adenome des Kolons. Das Risiko für Kolonkarzinome kann abhängig von Größe
und Typ der Adenome bis zu 50% betragen. Deshalb wird heutzutage die
Adenom-Karzinom–Sequenz
als
wahrscheinlichste
Pathogenese
des
Kolonkarzinoms postuliert (Abb.8B) (Cummings, 2000; Scheiden et al., 2000;
Wehrmann and Fruhmorgen, 2000). Auch auf molekulargenetischer Ebene lässt
sich der Weg vom Adenom zum Karzinom nachvollziehen. Es handelt sich um
einen vielstufigen Prozess bei dem es zum Verlust oder zur Mutation von Genen
kommt, welche Zellteilung, Apoptose und DNA-Reparatur kontrollieren (Cho and
Vogelstein, 1992; Stern and Lagarde, 1998). Daneben zählen genetische
Prädisposition
(familiäre
adenomatöse
Polypose
(FAP);
hereditäres
nichtpolypöses kolorektales Karzinom, (HNPCC), hohes Alter sowie eine an Fett
und tierischen Produkten reiche Ernährung zu den Risikofaktoren (Emmrich and
Holzer, 1999; Held-Warmkessel, 1998). Auch entwickeln Patienten, die unter
chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen leiden (Morbus Crohn und Colitis
ulcerosa), häufiger Kolonkarzinome als die Normalbevölkerung (Gillen et al., 1994;
Mellemkjaer et al., 1995). Jedoch haben Patienten mit Colitis ulcerosa ein höheres
Risiko als Patienten mit M. Crohn. Deshalb sollten diese Patienten regelmäßigen
Kontrollen mit Kolosskopie und Biopsieentnahme unterzogen werden, bei denen
dysplastische Epithelveränderungen rechtzeitig erkannt werden und der Patient
durch eine Hemikolektomie geheilt werden kann (von Herbay et al., 1999; Midgley,
R. and Kerr, D., 1999).
Im Rahmen der Tumorprävention spielt nicht nur die Identifizierung von
Risikofaktoren
und
deren
Beseitigung
eine
Rolle,
sondern
auch
die
Früherkennung von Vorläuferstadien. Dies bietet die Möglichkeit die meisten
soliden Malignome erfolgreicher zu therapieren, da sie in einem früheren Stadium
diagnostiziert werden können. Die Identifizierung präkanzeröser Zellen basiert auf
mikroskopischen Analysen von Biopsien und Abstrichen. Die morphologische
Differenzierung zwischen gesundem und malignem Gewebe kann nur anhand
allgemeiner Kriterien im Zellverband gestellt werden, da die einzelnen zellulären
Veränderungen oft nur minimal sind. Die histologische Diagnose wird dadurch
beeinflusst, dass die Analyse von der Subjektivität des Untersuchers abhängig ist
und keine einheitlichen Diagnosekriterien vorhanden sind (Plummer et al., 1997).
32
Deshalb werden zusätzliche immunhistochemische Methoden zur Erkennung von
zellulären Veränderungen herangezogen, zum Beispiel der Gebrauch von
Proliferationsmarkern. Mit Hilfe dieser können stark proliferierenden Bereiche
nachgewiesen werden. Jedoch differenzieren die meisten Proliferationsmarker,
weder zwischen gesunden und malignen Zellen noch reagieren sie mit allen
Tumorzellen (Brown and Gatter, 2002; Scholzen and Gerdes, 2000; van Diest et
al., 1998).
Die Einteilung dysplastischer Veränderungen ist abhängig von den subjektiven
Fähigkeiten des Pathologen, da sie auf der Bewertung von morphologischen und
zytologischen Veränderung der Zelle beruht, wie zum Beispiel strukturellen
Atypien, Variation in Größe und Form der Zelle und des Kerns, z.B.
Hyperchromasie und atypische Mitosen. Es ist besonders schwierig low gradeDysplasien und regenerative Mukosa und akut entzündlichen Epithelschäden
auseinander zu halten (Plummer et al., 1997; Wong et al., 2000; Riethdorf et al.,
1999; Spechler, 2001). Diagnostisch werden verschiedene immunhistochemische
Marker angewandt. Der am häufigsten verwendete Proliferationsmarker, Ki67, der
in dieser Arbeit als Kontrolle verwendet wurde, differenziert nicht zwischen
gesundem und malignem Gewebe. Außerdem scheinen zusätzliche verwendete
Proliferationsmarker, wie proliferating cell nuclear antigen (PCNA), auch in
nichtproliferierenden
Zellen
hochreguliert
zu
sein,
was
zu
verwirrenden
Ergebnissen führen kann (van Diest et al., 1998; van Oijen et al., 1998). PCNA ist
ein in der Evolution sehr stark konserviertes 36 kD schweres, saures Kernprotein,
welches verantwortlich ist für die Entscheidung zwischen Leben und Tod einer
Zelle. Dieses sliding clamp Protein PCNA ist essentiell für DNA-Replikation, Reparatur, -Postreplikationsverarbeitung und Apoptose der Zelle. PCNA könnte
einen Mechanismus darstellen, um die DNA-Replikation und -Reparatur mit dem
Zellzyklus zu koordinieren. PCNA wurde nicht nur in zahlreichen Tumoren,
sondern auch in proliferierenden Zellen von Normalgewebe nachgewiesen
(Dworakowska et al., 2002; Paunesku et al., 2001; Warbrick, 2000).
Die frühzeitige Diagnose maligner Erkrankungen beeinflusst entscheidend die
Therapiemöglichkeiten und somit die Überlebenschance der Patienten. Deshalb
steht die histopathologische Untersuchung im Zentrum des klinischen Handelns.
33
Ein guter Weg um tumor-spezifische Antikörper zu finden, scheinen humane
Antikörper zu sein, welche aus Krebspatienten isoliert werden.
Mit Hilfe der Hybridomatechnik können vollständig humane monoklonale
Antikörper generiert werden. Bei den hierbei entwickelten Antikörpern handelt es
sich fast ausschließlich um tumorreaktive IgM, die keimbahnkodiert und gering
mutiert sind. Wie bereits erwähnt handelt es sich hierbei höchstwahrscheinlich
immunologisch um natürliche Antikörper und nicht um das Ergebnis einer T-Zellabhängigen Tumorimmunität. Neuerdings konnten neben SC-1 und PAM-1 fünf
weitere humane monoklonale Antikörper etabliert werden, die aus verschiedenen
Tumorpatienten gewonnen wurden. Die Antikörper LM-1, PM-1, PM-2, CM-1 und
CM-2 zeigen alle eine tumorspezifisches Reaktionsmuster und jeder einzelne
induziert in funktionellen in vitro-Aktivitätstests Apoptose (Brändlein, 2002). Eine
neuere klinische Studie zeigt, dass SC-1 i.v. appliziert bei Patienten mit
diagnostiziertem Magenkarzinom zu einem apoptotischen Effekt in primären
Tumoren und Metastasen führt. Dies beweist, dass pentamere IgM Antikörper
sehr wohl in der Lage sind, die Blutbahn zu verlassen und in das Interstitum und
somit zum Tumor zu gelangen.
Die einzigartige Expression von CFR-1/PAM-1 auf malignem und präkanzerösen
proliferierenden
Gewebe
könnte
einen
vielversprechenden
therapeutische und diagnostische Anwendungen bieten.
34
Ansatz
für
5 Zusammenfassung
Die humane Hybridomatechnologie ist ein guter Ansatz um tumorspezifische
humane monoklonale Antikörper zu gewinnen.
Der humane monoklonale IgM-Antikörper PAM-1 wurde aus einem Patienten mit
Magenkarzinom mit Hilfe der humanen Hybridomatechnik isoliert und bindet an
eine neue, post-transkriptionell modifizierte Variante des CFR-1 Rezeptors. Dieser
Rezeptor ist auf fast allen Karzinomen unabhängig von Lokalisation und Art
exprimiert, aber nicht auf gesundem Gewebe. CFR-1/ PAM-1 ist auch auf
Präkanzerosen nachgewiesen worden: Helicobacter pylori-assoziierte Gastritis,
Dysplasie des Magens, Colitis ulcerosa assozierte Dysplasie und Kolonadenome,
Barrettmetaplasie, -dysplasie des Ösophagus, Plattenepitheldysplasie der Lunge
und cervicale intraepitheliale Neoplasie I-III.
Das auf präkanzerös veränderte und maligne entartetet Zellen beschränkte
Expressionsmuster
des
CFR-1/PAM-1
Angriffspunkte für weitere Forschungen.
35
Rezeptors
bietet
interessante
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46
7 Abkürzungenverzeichnis
A. bidest.
Aqua bidestillata
ADCC
antibody-dependent cellular cytotoxity
APC
Antigen präsentierende Zelle
BSA
Bovines Serumalbumin
CDC
complement-dependent cytotoxity
CDR
complementarity determing region
CFR-1
Cysteine rich Fibroblast Receptor 1
CHO
chinese hamster ovary
CIN I-III
Cervical Intraepithelial Neoplasia I-III
CK
Cytokeratin
DAB
3,3´-Diaminobenzidin
DAF
Decay accelerating factor
ESL-1
E-selectin ligand 1
FGF
fibroblast growth factor
HAMA
human anti-mouse antibody
HE
Hämatoxylin-Eosin
IgM
Immunglobulin M
LPS
Lipopolysaccharid
mAb
monoclonal antibody
NAb
natural antibody
NHL
Non-Hodgkin-Lymphom
NK-Zellen
Natürliche Killerzellen
PAMP
pathogen associated molecular pattern
PBS
Phosphate buffered saline
PCNA
proliferating cell nuclear antigen
PSA
Prostate specific antigen
RT
Raumtemperatur
TLR
Toll like receptor
TNF
Tumornekrose Faktor
Tris
Tris(hydroxymethyl)aminomathan
US FDA
United State Food and Drug Administration
47
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