Das robotische 1,2-Meter-Teleskop ­»el TIGRE« arbeitet seit dem Frühjahr Alexander Hempelmann 2013 in Guanajuato, Zentralmexiko. Supernova 2014J in Messier 82 Mit dem Teleskop »el TIGRE« in Mexiko gelangen erste hochaufgelöste Spektren der hellen Supernova in der Galaxie M 82. E ine der hellsten Supernovae seit gen, dass es ganz unterschiedliche Typen aber nicht besonders massereichen Dop­ der spektakulären Erscheinung von von Supernovae gibt. pelsternsystem. Auf den Weißen Zwerg SN 1987A in der Großen Magellanschen Schon mit dem ersten aufgenomme­ fällt hierbei Materie, die vom Begleiter Wolke wurde beinahe übersehen! Für die nen Spektrum ließ sich SN 2014J als Su­ abströmt. Durch diesen Prozess wächst Algorithmen der automatisierten Such­ pernova vom Typ Ia klassifizieren. Wäh­ die Masse des Weißen Zwergs immer wei­ programme war SN 2014J nämlich zu hell. rend massereiche Sterne meist als Typ- ter an. Letztlich erreicht sie eine kritische Stattdessen verdanken wir die frühzeiti­ II-Supernova enden, explodiert beim Typ Stabilitätsgrenze, die bei etwa 1,4 Son­ ge Entdeckung einigen Studenten von der Ia ein Weißer Zwerg in einem sehr engen, nenmassen liegt. Im Zentrum des Weißen University of London, die am Abend des 20. Januar 2014 mit dem Teleskop ihrer Universität lediglich etwas Astrofotogra­ fie praktizieren wollten. Zufällig wählten Glossar sie die knapp zwölf Millionen Lichtjahre Nickel-Zerfall: Bei der Supernova-Explosion entsteht Nickel-56 (56Ni). Dieses radioak- entfernte Galaxie Messier 82 aus und ent­ tive Nickel-Isotop zerfällt mit einer Halbwertszeit von 6,1 Tagen durch Elektronenein- deckten mitten in ihr einen »neuen«, sehr fang zu Kobalt-56 (56Co): 56Ni + e – → 56Co + g unter Abgabe eines Gammaphotons g. hellen Stern – dieser Eindruck wird mit Dieses wie­de­rum zerfällt mit einer Halbwertszeit von 77,3 Tagen zu stabilem dem lateinischen Wort »nova« ausdrückt. Eisen-56 (56Fe). Dabei handelt es sich aber nicht um einen Spektrales Auflösungsvermögen: Das üb­li­cherweise für das englische »resolving neuen Stern, sondern vielmehr um das power« verwendete R bezeichnet das Verhältnis der betrachteten Wellenlänge l zur spektakuläre Ende eines vorher noch un­ kleinsten Wellenlängenstruktur Dl, die ein Spektrograf noch auflösen kann: R = l/Dl. bemerkten Sterns. Beispielsweise bedeutet R = 20 000 bei der im Visuellen liegenden Wellenlänge l= Supernova ist nicht gleich ­Supernova 500 Nanometer eine spektrale Auflösung von Dl = l/R = 0,025 Nanometer. Signal-zu-Rausch-Verhältnis: Signalquellen lassen sich besonders leicht von ihrer Umgebung unterscheiden, wenn sie einen hohen Wert für das Verhältnis S/N Der Zusatz »super« deutet es schon an: Su­ aufweisen. Dabei bezeichnet S die Signalstärke und N das Rauschen (von englisch: pernovae sind noch heller als Novae und noise). So bedeutet S/N ≈ 100, dass die Stärke das untersuchten Signals rund hundert können die Leuchtkraft einer ganzen Gala­ mal so stark ist wie das Rauschen des die Quelle umgebenden Felds. xie erreichen. Genaue Beobachtungen zei­ 22 April 2014 Sterne und Weltraum Zwergs entzündet sich dann eine thermo­ stattfinden, ähneln sich ihre Lichtkurven nukleare Explosion, die innerhalb von nur sehr und erreichen eine absolute Hellig­ M 82 gehört zur M 81-Galaxiengruppe, die etwa zwei Sekunden den sehr kompakten keit von etwa –19,2 mag. Sie werden des­ unserer Lokalen Gruppe ähnelt und eine Stern komplett zerstört. Bei der Ex­plo­ halb in der Kosmologie als Standardker­ der nächsten solcher kleiner Haufen ist. sion schleudert er seine Materie mit hoher zen zur Entfernungsbestimmung verwen­ Seit ihrer Entdeckung am Abend des 21. Ja­ Geschwindigkeit in den Weltraum. In ei­ det (siehe SuW 6/2011, S. 36 ff.). Dennoch nuar 2014 richteten sich schon viele Teles­ ner solchen Explosion entsteht auch eine sind die Details ihres Explosionsmecha­ kope auf SN 2014J, um dieser Sternexplo­ große Menge an radioaktivem Nickel-56 (56Ni). Die freiwerdende Energie aus dem nismus und der genaue Vorgängertyp im­ sion neue Erkenntnisse zu entlocken – so mer noch nicht genau verstanden. auch das robotische 1,2-Meter-Teleskop anschließenden Zerfall von Nickel zu Ko­ »el TIGRE« in Mexiko. Es ist ein Gemein­ rende Explosionswolke und macht erst da­ Der TIGER behält SN 2014J im Auge durch die Supernova so leuchtkräftig. Um eine Supernova vom Typ Ia genauer balt (siehe Glossar) erhitzt die expandie­ unserer nächsten kosmischen Umgebung. schaftsprojekt der Universitäten von Gu­ anajuato, Hamburg und Liège (siehe Bild linke Seite und SuW 11/2013, S. 26). Da die Explosionen der Typ-Ia-Super­ zu untersuchen, konnte also nichts Bes­ In den zwei Wochen ab dem Morgen novae in weitgehend identischen Sternen seres passieren, als ein solches Ereignis in des 24. Januar gelang es uns, in fast allen Nächten ein hochaufgelöstes Spek­trum 10,0 (R = 20 000, siehe Glossar) der Superno­ va aufzunehmen. Mit bis zu dreistündi­ gen Belichtungen am Echelle-Spektrogra­ fen HEROS erreichten wir dabei eine sehr 10,5 hohe Qualität (S/N ≈ 100, siehe Glossar). Zwar wurde in den Tagen um den 4. Fe­bru­ ar das Maximum im V-Band des sichtba­ V-Helligkeit in mag 11,0 ren Lichts bei V = 10,5 mag durchschrit­ ten (siehe Grafik links), derzeit wird diese Beobachtungsreihe aber erst einmal fort­ 11,5 gesetzt. Die beobachtete Maximumshel­ ligkeit verrät uns sogleich, dass SN 2014J im sichtbaren Licht einer Absorption von 2 mag durch das interstellare Medium in 12,0 AAVSO-Daten / SuW-Grafik M 82 unterliegt – das entspricht einer Ab­ 12,5 13,0 18.1. 20.1. 22.1. 24.1. 26.1. 28.1. 30.1. 1.2. 3.2. 5.2. 7.2. 9.2. Datum 2014 11.2. schwächung um den Faktor 6,3. Einige der bisher beobachteten Spek­ tren sind in der Grafik unten zu sehen. Man erkennt die sehr breite Linie des ein­ fach ionisierten Siliziums (Si II) bei der Laborwellenlänge 635 Nanometer, die für Supernovae des Typs Ia charakteristisch ist. Weitere Merkmale einer Supernova 1,4 Die Supernova SN2014J in M 82 erreichte nach den AAVSO-Beobachtungen ihre maximale visuelle Helligkeit von 10,5 mag in 1,2 den Tagen um den 4. Februar 2014, rund zwei Wochen nach ihrer Entdeckung. Die spektrale Entwicklung der Superno- 0,8 0,6 24. Jan. 2014 27. Jan. 2014 31. Jan. 2014 2. Febr. 2014 5. Febr. 2014 8. Febr. 2014 0,4 va vom 24. Januar bis zum 8. Februar 2014 zeigt ein Vergleich der Spektren von jeder Klaus-Peter Schröder / SuW-Grafik normierter Fluss 1,0 0,2 dritten Nacht. Die spektrale Auflösung und die zeitliche Überdeckung der TIGRE-Beobachtungen sind jedoch viel größer, als es hier dargestellt werden kann. www.sterne-und-weltraum.de 600 620 640 660 680 Wellenlänge in Nanometern April 2014 23 17000 Verdünnung der Hülle, immer tiefer in sie schwindigkeit der hinein zu schauen. Außen sehen wir das blauverschobe- schnellste Material, tiefer im Ex­plo­sions­ 15000 nen Absorption der ball sind die Ex­pan­sions­ge­schwin­dig­ Siliziumlinie bei kei­ten dann niedriger. Das Besondere an 14000 635 Na­no­me­ter do- SN 2014J ist, dass unsere Beobachtungen kumentiert die ho- schon etwa zehn Tage vor dem Maximum he, jedoch scheinbar begannen, als der Feuerball noch sehr langsam abneh- kompakt und die gemessenen Geschwin­ mende Ex­pan­sions­ digkeiten daher noch sehr hoch waren. Klaus-Peter Schröder / SuW-Grafik Radialgeschwindigkeit in Kilometer pro Sekunde 16000 Die Radialge- 13 000 12000 11000 10000 24. Jan. 28. Jan. 1. Febr. ge­schwin­dig­keit Da der Feuerball einer Supernova ver­ des Feuerballs. schiedene Schichten mit unterschiedli­ chen Elementhäufigkeiten aufweist, er­ 5. Febr. scheinen und verschwinden im Lauf Datum 2014 der Entwicklung Linien im Spektrum, die sich bestimmten Elementen zuord­ stoff- und Heliumlinien, obwohl diese Heftige Veränderungen in den ersten zwei Wochen doch die häufigsten Elemente im Univer­ Die Expansion der bei der Explosion aus­ gen Si II-Linien verloren, dafür tauchen sum darstellen. Das Linienprofil der Si II- gestoßenen Materie lässt sich mittels der dann neue Linien von Eisen und auch Linie ist gut als P-Cygni-Typ erkennbar: Blau­ver­schie­bung der Si II-Ab­sorp­tion ge­ Kobalt auf. Eine dichte Serie von Spekt­ Es besteht also aus einer Emission, die gen­über dem Galaxienschwerpunkt mes­ ren erlaubt es auf diese Weise wie bei ei­ zu kürzeren Wellenlängen hin von einer sen, der sich mit 234 Kilometer pro Se­ ner Tomografie, die Supernova komplett kräftigen Absorption (bei 610 Nanome­ kunde von uns fortbe­wegt. Unter Berück­ zu durchleuchten. ter) begleitet ist. In der Grafik S. 23 unten sichtigung dieses Werts betrug die Ex­pan­ Besonders auffällig in allen beobach­ schieben sich diese beiden Komponenten sions­ge­schwin­dig­keit demnach anfäng­ teten Spektren von SN 2014J ist die schar­ im Verlauf der Zeitreihe (siehe Farbzuord­ lich etwa 14 000 Kilometer pro Sekunde fe und tiefe Absorption der beiden Na-D- nung) zusammen, was die anfänglich sehr (sie­he Grafik oben). Allerdings kommt es Linien bei etwa 590 Nanometer. Sie sind große, dann aber scheinbar abnehmende zu keiner wirklichen Abbremsung. Viel­ völlig unveränderlich und weisen beide Expansionsgeschwindigkeit mehr erlaubt es uns die fortschreitende dieselben Expansion und die dadurch erfolgende ten auf (siehe Grafik links unten). Diese Li­ vom Typ Ia sind das Fehlen von Wasser­ des Feuer­ balls anzeigt. nen lassen. So gehen nach dem Hellig­ keitsmaximum die anfangs so auffälli­ nien kommen deshalb auch nicht von der 1,2 Supernova, sondern von der interstella­ Absorption im Milchstraßensystem ren Materie auf der Sehlinie. So erhalten wir auch wertvolle Information über das 1,0 Umgebung. Mit dem Erscheinen der Supernova in M 82 erweiterte sich der Beobachtungsho­ rizont unseres Teleskops »el TIGRE« ganz Klaus-Peter Schröder / SuW-Grafik normierter Fluss 0,6 nerhalb von M 82 und in unserer eigenen Absorption in M 82 Absorption in M 82 interstellare Gas und seine Kinematik in­ 0,8 0,2 588,0 588,5 589,0 Natrium-D1 Natrium-D2 0,4 0,0 Geschwindigkeitskomponen­ 589,5 Wellenlänge in Nanometern 589,0 gewaltig. Neben seiner eigentlichen Auf­ gabe, die Aktivität von Sternen zu verfol­ gen, hatten wir bereits eine sehr helle No­ va beobachten können (siehe SuW 11/2013, S. 26). Für Supernova 2014J planen wir mit vielen weiteren, möglichst täglichen Beob­ achtungen von TIGRE die bisher vollstän­ digste Zeitreihe hochaufgelöster Spektren einer Supernova, um damit ihre Entwick­ lung detailliert zu dokumentieren. Ein stark vergrößerter Ausschnitt im Spek­trum um die interstellaren Absorptionskomponenten der Natrium-D-Doppellinie D1 und D2. Die Wellenlängen- Dennis Jack und Klaus-Peter Schröder skala wurde der Radialgeschwindigkeit von M 82 angepasst, die vertikalen an der Universität von Guanajuato, Mexiko. Linien deuten die Laborwellenlängen des Natrium-D-Dubletts an. Die beiden Marco Mittag, José N. González-Pérez breiten und sehr tiefen Absorptionen werden von kühlem Gas in M 82 ver- und Alexander Hempelmann haben an ursacht, die scharfen Absorptionen jeweils links davon haben einen galakti- der Hamburger Sternwarte »el TIGRE« mit- schen Ursprung. entwickelt. 24 April 2014 forschen über Sterne und Sternentwicklung Sterne und Weltraum SDgoto N150 Gesichtsfeld des 10mm Super Okulares Gesichtsfeld des 10mm Weitwinkel Okulares SDgoto R80 10mm 23mm Alle Teleskope sind mit folgendem Zubehör ausgestattet: - schwach- und hochvergrößernde Okulare (Weitwinkel Okulare) - Multi-Funktionssucher SDgoto N130 SDgoto N114 Star Discovery Die neuste Montierung um einer groen Auswahl an Teleskopen und Kameras eine moderne und intelligente Steuerung zu bieten. 2 verschiedene Steuerhandboxen erhältlich: SDtrack 5 verschiedene Positioniergeschwindigkeit Nachführgeschwindigkeit für Sterne SDgoto 9 verschiedene Positioniergeschwindigkeit Automatische Sternsuche und Nachführung SD TCVP In 8 verschiedenen Kombinationen verfügbar: SDtrack N150 SDgoto N150 SDtrack N130 SDgoto N130 SDtrack N114 SDgoto N114 SDtrack R80 SDgoto R80 Die Star Discovery Montierung ist auch als Multi-Funktions-Montierung für Teleskope, Kameras und Videokameras erhältlich. 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