Lineare Algebra II Prof. Dr. M. Rost Übungen — Blatt 4 (SS 2011) Abgabetermin: Donnerstag, 12. Mai http://www.math.uni-bielefeld.de/~rost/la2 Erinnerungen, Ergänzungen und Vorgriffe zur Vorlesung: Diagonalisierung von symmetrischen Bilinearräumen Der folgende Satz wurde in der Vorlesung bewiesen. Satz. Es sei char K 6= 2. Jeder symmetrische Bilinearraum über K hat eine orthogonale Basis. Hier ist eine äquivalente Fassung: Korollar. Es sei char K 6= 2 und A ∈ Mn (K) mit At = A. Dann gibt es eine Matrix B ∈ GLn (K) so daß B t AB eine Diagonalmatrix ist. Die Äquivalenz der beiden Aussagen ergibt sich folgendermaßen: Ist (V, h) ein symmetrischer Bilinearraum, so wähle man eine Basis in V . Ist dann A die Matrix von h bezgl. dieser Basis, so gibt es nach dem Korollar eine invertierbare Matrix B mit B t AB diagonal. Die Spalten von B bilden dann eine orthogonale Basis von (V, h). Umgekehrt: Jedes symmetrische A ∈ Mn (K) definiert eine symmetrische Bilinearform h(x, y) = xt Ay auf K n . Nach dem Satz gibt es eine orthogonale Basis v1 , . . . , vn von (K n , h). Die Matrix B = (v1 , . . . , vn ) hat dann die gewünschte Eigenschaft. Ein Beweis des Satzes wurde in der Vorlesung gegeben. Hier nochmal das wichitigste Argument. Beweis des Korollars. Gegeben sei A ∈ Mn (K) mit At = A. Man schreibe A in Blockform mit Blöcken der Länge 1 und n − 1: a vt A= v C mit a ∈ K, v ∈ K n−1 , C ∈ Mn−1 (K). 2 Man nehme nun zunächst an, daß a 6= 0. Man macht den Ansatz 1 xt B= 0 En−1 mit einem noch zu bestimmenden Vektor x ∈ K n−1 . Die Matrix B ist sicherlich invertierbar. Der Vektor x ist so zu bestimmen, daß B t AB diagonal (als Blockmatrix) ist, d. h. 1 0 a vt 1 xt ã 0 = x En−1 v C 0 En−1 0 ? Nach Ausmultiplizeren (machen Sie das!) ergibt sich als einzige Bedingung ax + v = 0 (und nebenbei sieht man ã = a). Damit ergibt sich die Lösung 1 −a−1 v t B= 0 En−1 Wir haben damit A auf die Form a 0 A= 0 A′ gebracht, wobei hier A′ wieder symmetrisch ist. Nach Induktion über n kann man A′ auf Diagonalform bringen und der Beweis ist beendet. Was macht man im Fall a = 0? Im Extremfall A = 0 ist nichts weiter zu beweisen. Andernfalls hatten wir gesehen, daß es einen Vektor u ∈ K n gibt mit ut Au 6= 0 (hier wurde char K 6= 2 verwendet). Man ergänze nun u zu einer Basis u = u1 , . . . , un von K n und betrachte die Matrix U = (u1 , . . . , un ). Dann folgt ′ ′t a v t U AU = v′ C ′ wobei nun a′ = ut Au 6= 0. Bemerkungen zum Beweis: • (Korrigierte Version) Aus der ersten Zeile der erhaltenen TransformationsMatrix B erhält man die Matrix 1 −a−1 v t P = 0 0 Dies ist einfach die Orthogonal-Projektion auf die Gerade e1 K bezüglich der durch A gegebenen symmetrischen Bilinearform. (Man rechne dies nach! Insbesondere gilt P 2 = P .) 3 • Der Fall a = 0 ist theoretisch einfach zu behandeln, macht aber bei einer konkreten Diagonalisierung die meiste Mühe, weil man erst die Matrix U finden muß. • Es ist a = et1 Ae1 das “Längenquadrat” von e1 . Es ist also a = 0 genau dann wenn e1 bezüglich der durch A gegebenen symmetrischen Bilinearform isotrop ist. Im euklidischen Fall ist a > 0, der Fall a = 0 kann also gar nicht auftreten. Der gegebene Beweis reduziert sich dann einfach auf das GramSchmidt-Verfahren. Hinweis: Bei symmetrischen Matrizen verstehen wir unter “Diagonalisierung” das Diagonalisieren bis auf Kongruenz (A ≃ B t AB, B invertierbar), d. h. so wie im Korollar oben. Dieser Begriff ist nicht zu verwechseln mit dem Begriff der Diagonalisierung aus LA1 bis auf Ähnlichkeit (A ∼ B −1 AB). Aufgabe 1. Man diagonalisiere die symmetrischen Matrizen 0 0 1 0 1 A1 = , A2 = 0 1 0 1 0 1 0 1 über dem Körper Q. Aufgabe 2. Man diagonalisiere die symmetrische Matrix 1 7 3 7 4 −5 3 −5 6 über dem Körper Q. 4 Aufgabe 3. Es sei n = r + s. Gegeben sei A ∈ Mn (K) mit At = A. Man schreibe A in Blockform mit Blöcken der Länge r und s: F C′ A= C D (mit F ∈ Mr (K), C ∈ M(s × r, K), etc.) (1) Man zeige F t = F , D t = D, C ′ = C t . (2) Es sei F invertierbar. Man bestimme eine Matrix B ∈ Mn (K) so daß F̃ 0 t B AB = 0 D̃ mit F̃ ∈ Mr (K), D̃ ∈ Ms (K). (3) Man zeige: Ist die Matrix B in (2) von der Form Er X B= 0 Es so ist sie eindeutig bestimmt. Anmerkung. Ein Anliegen der Aufgabe ist es, das Rechnen mit Block-Matrizen zu üben. Die Matrix B in (3) beschreibt die Orthogonal-Projektion auf den Unterraum K r ⊂ K r+s bzgl. der durch A gegebenen Metrik. Dieser Unterraum ist regulär weil F invertierbar ist. Aufgabe 4. ([Erster Schritt zur Klassifikation 2-dimensionaler quadratischer Formen]) Über dem Körper Q betrachte man zwei quadratische Formen q1 = ax2 + by 2 , q2 = cx2 + dy 2 mit gegebenen a, b, c, d ∈ Q \ 0. Man zeige: Die beiden Formen sind genau dann isometrisch wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: (1) Es gibt ein e ∈ Q mit abcd = e2 . (2) q1 und q2 haben einen gemeinsamen von 0 verschiedenen Wert. (Das heißt q1 (u1 , v1 ) = q2 (u2 , v2 ) 6= 0 für gewisse ui , vi ). Hinweis. Zu (1): Man betrachte bei c 0 t a 0 B B= 0 b 0 d auf beiden Seiten die Determinante. Anmerkung. Beispiel: Die quadratischen Formen x2 + y 2 , x2 + 3y 2 , 3x2 + 3y 2 sind über Q paarweise nicht isomorph (Hinweis: Man zeige zuerst, daß 3 keine Summe von 2 Quadraten ist.)