8Wo_Drehimpuls_6/7-6-17 7. Quantenmechanik des Drehimpulses Motivation: (i) Bahndrehimpuls Zentralfeld H-Atom Atomspektren, Orbitale. Bei Bewegung im Zentralfeld spielt die Drehimpulserhaltung eine zentrale Rolle. (ii) Rotierende Ladungsverteilungen erzeugen ein magnetisches Moment. Dieses wechselwirkt mit einem äußeren Magnetfeld, die Energie im B-Feld ist U( r ) B( r ) . L x y pz z p y klassische Mechanik: L r p L y z p x x p z , oder Li ε i j k x j p k L xp yp x z y mit Summenkonvention und i , j, k 1, 2, 3 ( x, y, z ) . Quantenmechanik: Das Bohr´sche Korrespondenzprinzip führt auf L L̂ r̂ p̂ mit den kartesischen Komponenten L̂ x L̂ L̂ y , z.B. L̂ z x̂ p̂ y ŷ p̂ x , kompakt L̂ i ε i j k x̂ j p̂ k , L̂ z und dem Betrag des Bahndrehimpulses 2 L̂ L̂2x L̂2y L̂2z . (7.1a) (7.1b) Wir erwarten, dass die Drehimpulserhaltung auch in der Quantenmechanik eine wichtige Rolle bei der Bewegung in zentralsymmetrischen Feldern U(r) spielt, etwa im Sinne von ( r ) ( r ) Y (, ) . Aus den kanonische Vertauschungsrelationen [x̂ i , x̂ j ] 0 , [p̂ i , p̂ j ] 0 , [x̂ i , p̂ j ] i δ i j folgt [ L̂ i , L̂ j ] i ε i j k L̂ k und 2 [ L̂ , L̂i ] 0 , (7.2) vgl. Übungsblatt, nutze ijk imn jm kn jn km (Summenkonvention). 1 Beweis (z.B.): 0 2 2 2 [ L̂3 , L̂ ] [ L̂3 , L̂1 ] [ L̂3 , L̂ 2 ] [ L̂3 , L̂23 ] L̂3L̂1L̂1 L̂1L̂1L̂3 (1 2) L̂3L̂1L̂1 L̂1L̂3L̂1 L̂1L̂3L̂1 L̂1L̂1L̂3 (1 2) [ L̂3 , L̂1 ] L̂1 L̂1 [ L̂3 , L̂1 ] (1 2) 0 [ L̂3 , L̂1 ] L̂1 L̂1 [ L̂3 , L̂1 ] [ L̂3 , L̂ 2 ] L̂ 2 L̂ 2 [ L̂3 , L̂ 2 ] i ( L̂ 2 L̂1 L̂1L̂ 2 L̂1L̂ 2 L̂ 2 L̂1 ) 0. Schlussfolgerung: Die Komponenten des Bahndrehimpulses L sind nicht gleichzeitig scharf 2 messbar; aber jede Komponente L i und L können gleichzeitig scharf gemessen werden. 2 Welche Messwerte sind für L und (z.B.) L z zu erwarten? Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir die Eigenwerte der zugeordneten Operatoren bestimmen. Die Eigenwertgleichungen schreiben wir in der Form 2 L̂ m 2 ( 1) m L̂ z m m m und (A) mit den gemeinsamen Eigenfunktionen m (vertauschbare Operatoren). Die unbekannten Größen und m sind reelle Zahlen, denn L̂z , L̂ x und L̂ y sind hermitesch, da die Operatoren x̂ , ŷ , ẑ , p̂ x , p̂ y p̂ z es sind und den kanonischen Vertauschungsrelationen 2 [ x̂ i , p̂ j ] i ij genügen. Damit ist auch L̂ L̂2x L̂2y L̂2z hermitesch und besitzt reelle Eigenwerte. Der Ansatz (A) ist keine Beschränkung der Allgemeinheit. Wir könnten die Eigenwert2 gleichungen auch in der Form L̂ m m und L̂ z m m m schreiben. Die Abtrennung der Faktoren 2 bzw. ist aus Dimensionsgründen vernünftig, denn dann sind und m dimensionslos. 2 Der verallgemeinerte Drehimpuls Ĵ und die Drehimpulsalgebra 7.1 Um (7.2) zu verallgemeinern, definieren wir 2 Def.: Jeder Vektoroperator Ĵ mit Ĵ Ĵ 2x Ĵ 2y Ĵ 2z , dessen Komponenten den Vertauschungsrelationen [Ĵ i , Ĵ j ] i ε i j k Ĵ k Drehimpulsalgebra (7.3) genügen, heißt Drehimpulsoperator. Diese Verallgemeinerung erweist sich im Folgenden als überaus sinnvoll. 2 2 Aus [Ĵ i , Ĵ j ] i ε i j k Ĵ k folgt [Ĵ , J i ] 0 , Beweis wie [ L̂ , L̂i ] 0 . Algebraische Lösung des Eigenwertproblems für Drehimpulsoperatoren Wir suchen reelle Zahlen j und m sowie Eigenzustände jm derart, dass 2 Ĵ jm 2 j ( j 1) jm und Ĵ z jm m jm erfüllt sind, wobei die Komponenten Ĵ i der Drehimpulsalgebra genügen. Zur Bestimmung der Werte von j und m halten wir fest: (i) 2 Da 0 Ĵ 2x Ĵ 2y Ĵ Ĵ 2z ein positiver Operator ist, folgen nach Projektion auf die jm 2 von Ĵ und Ĵ z die Relation 2 j ( j 1) 2 m 2 0 . Daraus ergeben sich für m die Schranken j ( j 1) m j ( j 1) . (7.4) 3 (ii) Wir definieren die Operatoren Def.: Ĵ : Ĵ x i Ĵ y , Ĵ : Ĵ x i Ĵ y , Leiteroperatoren (7.5) Ĵ und Ĵ sind nicht selbstadjungiert, ( Ĵ ) Ĵ , ( Ĵ ) Ĵ . Sie erfüllen die Vertauschungsrelationen (prüfen!) 2 [ Ĵ , Ĵ ] 2 Ĵ z , [ Ĵ z , Ĵ ] Ĵ , [ Ĵ , Ĵ ] 0 . (7.6) ( 7.6 ) Ĵ z ( Ĵ jm ) Ĵ z Ĵ jm ( Ĵ Ĵ Ĵ z ) jm ( m 1) Ĵ jm (iii) (7.7) m jm 2 Ist jm Eigenfunktion der kommutierenden Operatoren Ĵ und Ĵ z zu den Eigenwerten 2 j ( j 1) bzw. m , dann sind auch Ĵ jm Eigenfunktionen dieser Operatoren, allerdings zu den Eigenwerten 2 j ( j 1) und (m 1). Deshalb werden die Leiteroperatoren auch Auf- bzw. Absteigeoperatoren genannt: Mehrfache Anwendung von Ĵ auf jm lässt j konstant, ändert aber m in ganzzahligen Schritten. (iv) Wegen m 2 j ( j 1) , (ii) , muss die Leiter in beiden Richtungen abbrechen. Also existiert für jedes j ein mmax und ein mmin mit Ĵ jm max 0 bzw. Ĵ jm min 0 . Ĵ angewendet auf die linke Relation in der letzten Zeile ergibt m max j , denn 0 Ĵ Ĵ jm max ( Ĵ x i Ĵ y ) ( Ĵ x i Ĵ y ) jm max 2 2 J x J y i ( Ĵ x Ĵ y Ĵ y Ĵ x ) jm max i Ĵ z 2 ( Ĵ Ĵ 2z Ĵ z ) jm max 2 [ j ( j 1) m 2max m max ] jm max . Daraus folgt m max j . Analog führt Ĵ Ĵ jm min 0 auf m min j . 4 Da m sich in ganzzahligen Schritten ändert, muss m max m min 2 j eine ganze Zahl sein. Also ist j ganz- oder halbzahlig 1 3 j 0, ,1, , .... 2 2 (7.8) und m nimmt die Werte m j, j 1, ... , 0 , ... , j 1, j (7.9) an. Fazit: Drehimpulsoperatoren besitzen diskrete Eigenwerte. Die Beträge der Drehimpulse sind 1 3 j( j 1) mit j 0, ,1, , .... , ihre Komponenten ganzzahligeVielfache von /2 mit 2 2 m 0, 1 / 2, 1, ... , ( j 1), j . 2 Jeder Zustand mit gegebenem J ist genau (2 j +1) - fach entartet Richtungsentartung. In der "alten" Bohr-Sommerfeld´schen Quantenmechanik musste die aus klassischer Sicht verblüffende Richtungsquantelung zusätzlich postuliert werden. Halbklassisches Vektormodell mit "raumfestem" Vektor als Hilfskonstruktion: Anschaulich "präzediert Ĵ um die z-Achse" auf einem Kegelmantel, da mit gegebenem Ĵ z die Komponenten Ĵ x und Ĵ y nicht gleichzeitig scharf messbar sind. Der auf der Spitze stehende Kegel (Symmetrieachse ist die z-Achse) ist m hoch, seine Mantellinie ist j ( j 1) lang und der Kegelradius ergibt sich zu j ( j 1) m 2 . Matrixdarstellung der verallgemeinerten Drehimpulsoperatoren Die gesuchten Matrixelemente der Operatoren sind 2 jm´ Ĵ jm 2 j ( j 1) m´ m , jm´ Ĵ z jm m m´ m . 5 Übungsaufgabe: Normieren Sie die Zustände Ĵ jm und geben Sie die Matrixdarstellung 2 der Operatoren Ĵ , Ĵ z , Ĵ x , Ĵ y , Ĵ und Ĵ zur Basis jm an. Behauptung: jm´ Ĵ jm j ( j 1) m( m 1) m´ m 1 . Um das zu beweisen, normieren wir zunächst die Eigenfunktionen Ĵ jm Ĵ jm C j , m 1 , Für C erhalten wir Ĵ jm C j , m 1 . jm Ĵ Ĵ jm Ĵ Ĵ Ĵ jm Ĵ jm C 2 j , m 1 j , m 1 C 2 , seien normiert 2 C 2 jm Ĵ Ĵ 2z Ĵ z jm 2 [ j ( j 1) m 2 m ] also C und damit Ausgehend von jm Ĵ Ĵ jm j ( j 1) m 2 m ( j m) ( j m 1) . finden wir analog C ( j m) ( j m 1) . Also ist Ĵ jm j ( j 1) m( m 1) j , m 1 und daraus folgt die Behauptung. Wie oben in (iv) verwendet ergibt sich für m m max j Ĵ j m 0 , denn Ĵ j j j ( j 1) j ( j 1) j, j 1 0 , und auch für m m min j Aus Ĵ x Ĵ j m 0 , da Ĵ j, j j ( j 1) j ( j 1) j , j 1 0 . 1 1 ( Ĵ J ) und Ĵ y ( Ĵ J ) ergeben sich schließlich die Matrixelemente für 2i 2 die x- und die y- Komponente des Drehimpulsoperators ( Übung) 6 Wichtiges Beispiel: j ■ 1 2 Pauli´sche Spin-Matrizen Dann ist 2 j 1 2 und die Drehimpulsoperatoren sind 2 x 2 Matrizen. Die möglichen m–Werte (ganzzahlige Schritte!) sind m 1 . 2 Ĵ x , Ĵ y und Ĵ z hängen mit den Pauli´schen Spinmatrizen zusammen (vgl. Kap. 7.3) Def.: s : 1 0 0 1 0 i , x : , , y : , z : 2 0 1 1 0 i 0 (7.10) 2 1 1 1 1 1 In der Basis , , , sind Ĵ und Ĵ z diagonal. Wir haben ( j ) 2 2 2 2 2 2 1 0 3 21 0 Ĵ 2 j ( j 1) , 0 1 4 0 1 Außerdem finden wir Ĵ z 2 1 0 . 0 1 0 1 Ĵ 0 0 denn von den vier möglichen Matrixelementen 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 , Ĵ , , , Ĵ , , , Ĵ , , , Ĵ , 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 2 ist wegen m´, m1 nur 1 1 1 1 11 1 1 j (j 1) m(m 1) δ m´ m 1 , Ĵ , 1 1 2 2 2 2 22 2 2 1 1 j , m 2 2 δ m´ m 1 m´ 1 1 1 m 1 1 2 2 2 0 0 verschieden von Null. Analog finden wir Ĵ 1 0 0 i 1 1 0 1 . und Ĵ y ( Ĵ Ĵ ) und damit Ĵ x ( Ĵ Ĵ ) 2 2i 2 1 0 2 i 0 7 7.2 Ortsdarstellung des Bahndrehimpulses L Der Übergang in die Ortsdarstellung erfolgt durch Projektion der darstellungsunabhängigen 2 Eigenwertgleichungen L̂ m 2 ( 1) m und L̂ z m m m auf das VONS { r } des Ortsoperators unter Verwendung von r m : m ( r ) . Da die Eigenwerte darstellungsunabhängig sind, folgen 2 L̂ m ( r ) 2 ( 1) m ( r ) und L̂ z m ( r ) m m ( r ) . 2 Ortsdarstellung der Operatoren L̂ und L̂ z Diese verschaffen wir uns am einfachsten über die Bohr´sche Korrespondenzregel 2 L̂ ( i ) 2 ( r ) 2 , L̂ z i (r ) z i x y . x y Nützlich ist, insbesondere im Hinblick auf die Behandlung der Bewegung im Zentralfeld im folgenden Kapitel, vor allem die Ortsdarstellung von L̂ in Kugelkoordinaten r, , gemäß x r sin cos , y r sin sin , z r cos (also mit z-Achse als „Drehachse“). Unter Verwendung von (MMP) r 1 r 1 r sin sin cos cos cos sin und e sin sin , e cos sin , e cos r cos sin 0 folgt sin ctg cos 1 1 i cos e ctg sin (7.10) L̂ i r (e r ) i r e r sin r 0 1 8 denn e r 1 1 e und e r e r 0, e r e e , e r e e . e r r r sin Daran anknüpfend finden wir (prüfen!) L̂ L̂ x iL̂ y ... e i i ctg , (7.10a) und schließlich 2 2 2 sin sin L̂ L̂ L̂ L̂ L̂z ... . 2 sin Übung 2 2 z (7.11) Wie zu erwarten hängt L̂ bei Verwendung von Kugelkoordinaten nur von den beiden Winkeln und ab. Insbesondere gelten die beiden sehr nützlichen Relationen für die z-Komponente des Drehimpulsoperators und den Laplace-Operator in Kugelkoordinaten L̂ z i und Bem.: L̂ z i 2 1 2 L̂ r . 2 r r r r 2 2 2 (7.12) folgt sofort aus x z r sin ( sin ) r sin cos x y . x y y x x y z y x 0 2 Ortsdarstellung der Eigenfunktionen von L̂ und L̂ z Aus der darstellungsunabhängigen Eigenwertgleichung L̂ z m m m wird in Kugelkoordinaten i Ym (, ) m Ym (, ) . Über Trennung der Variablen finden wir Ylm (, ) e i m () . (7.13) 9 Da nur eindeutige Wellenfunktionen physikalisch sinnvoll sind, müssen wir Ym (, ) Ym (, 2) fordern. Daraus ergibt sich e i m 2 1 , d.h., m und (wegen m ) auch müssen ganzzahlig sein. FAZIT: (i) Bahndrehimpulse ( L̂ r̂ p̂ ) werden durch ganzzahlige Quantenzahlen und m charakterisiert 0,1, 2, 3, ... , m 0, 1, 2, ... , . (7.14) 2 (ii) Die Operatoren L̂ und L̂ z sind in der Ortsdarstellung Differentialoperatoren. Der - Anteil der Wellenfunktion Ym (, ) e i m m () hängt von beiden Quantenzahlen und m ab. Wir bestimmen ihn rekursiv mit Hilfe der Leiteroperatoren (wie im Fall des harmonischen Oszillators): Ortsdarstellung d L̂ 0 i ctg e i () 0 , also ctg () 0 mit d der Lösung () C sin und C const . Durch Anwendung von L̂ auf () bestimmen wir , 1 () usw. Nach einiger Rechnung erhalten wir für die Eigenfunktionen Ym (, ) den Ausdruck ( 1) Ym (, ) 2 ! 2 1 ( m)! e i m d 4 ( m)! sin m d cos m 0,1, 2, 3, ... sin 2 , . m 0, 1, 2, ... , Eine häufig verwendete, äquivalente Darstellung ist Ym (, ) 2 1 ( m)! m P (cos ) e i m . 4 ( m)! Kugelflächenfunktionen (7.15) 10 Sie basiert auf den sogenannten zugeordneten Legendre-Polynomen m m ( 1) m 2 2 d P ( x ) : l (1 x ) ( x 2 1) . m 2 ! dx m (7.16) Die Kugelflächenfunktionen sind entsprechend d Y * m (, ) Y 'm ' (, ) ll ' mm' (7.17) orthonormiert; dabei bedeutet d sin d d das Raumwinkelelement. 7.3 Spin Motivation: Wasserstoffatom im äußeren B-Feld Aus der Elektrodynamik wissen wir, dass eine rotierende Ladungsverteilung ein magnetisches Moment erzeugt. Kreist z.B. eine Ladung q mit Geschwindigkeit v = |v| = const auf einer Kreisbahn vom q qv , ein magnetisches Radius r, dann ergibt sich mit Strom I gleich Ladung pro Zeit, I t 2 r qv q Moment I A r 2 v r . Mit L r p , also L m r v , folgt (stets ist || L ) 2 r 2 q L . 2m Der Quotient (7.18) q heißt gyromagnetisches Verhältnis. Über das magnetische Moment tritt die 2m rotierende Ladung in Wechselwirkung mit Magnetfeldern. Die Energie des magnetischen Moments im äußeren B-Feld ist V B . (7.19) 11 Für ein Elektron (m = me, q = e) im H-Atom tritt in der Hamilton-Funktion H 0 in Gegenwart eines Magnetfelds mit B || e z folglich der Zusatzterm V e B L z auf. Nach dem 2me Korrespondenzprinzip wird aus dem Hamiltonoperator Ĥ 0 des freien Wasserstoffatoms der Operator Ĥ Ĥ 0 V̂ Ĥ 0 e B L̂ z . Nach (7.12) sind 2m e 2 2 (also Ĥ 0 ) und L̂ vertauschbar; 2 L̂ und L̂ z kommutieren sowieso. Folglich haben Ĥ und Ĥ 0 haben gemeinsame Eigenfunktionen nm , Ĥ nm E (0B0 ) nm . Der Zusatzterm V̂ ändert die Eigenfunktionen nicht, verschiebt aber die Energieniveaus von Ĥ 0 entsprechend E n( B 0 ) E n( B 0 ) B m B mit B e eV 0,579 10 4 Bohr´sches Magneton 2m e T (7.20) FAZIT: Jedes Energieniveau E n des H-Atoms spaltet im Magnetfeld in 2 + 1 äquidistante Unterniveaus auf. Das äußere Magnetfeld hebt also die Entartung bzgl. m auf. Wegen der Aufhebung der Entartung/Aufspaltung der Energieniveaus im B-Feld wird m Magnetquantenzahl genannt. Experimentell bestätigt sich die Vorhersage (7.20) in Form des (normalen) Zeeman-Effekts. Interessanterweise wird aber zusätzlich beim H-Atom eine magnetfeldbedingte Aufspaltung der Energieniveaus und folglich der Spektrallinien in eine gerade Anzahl von Unterniveaus beobachtet. Beispielsweise spaltet der Grundzustand 100 (1s – Zustand) des H-Atoms trotz 0 in zwei Unterniveaus auf. Um diesen Befund zu erklären, schlug Wolfgang Pauli 1924 einen neuen quantenmechanischen Freiheitsgrad vor, der für das Elektron zwei Werte annehmen sollte. Neben dem Bahndrehimpuls sollte es in der Quantenmechanik halbzahlige "Drehimpulse", den sogenannten Spin geben. Diese Hypothese passt zu unseren Ergebnissen aus Kap. 7.1 über verallgemeinerte Drehimpulsoperatoren Ĵ . 1925 postulieren Samuel Abraham Goudsmit und George Eugene Uhlenbeck den Elektronenspin zur Erklärung der Linienaufspaltung in 12 wasserstoffartigen Atomen (Alkalimetalle, z.B. Natrium-D-Linie) und beim anormalen Zeeman-Effekt. Weitere Experimentelle Befunde zur Existenz des Spins: (i): Stern-Gerlach Versuch: Ag-Atome durchlaufen inhomogenes B-Feld. Obwohl der 5s Zustand ("Leuchtelektron") mit 0 die Eigenschaften dominiert, wird eine Aufspaltung in zwei Strahlen beobachtet. (ii): Ferromagnetismus Einstein-de Haas-Experiment: Drehmomentenstoß auf ferromagnetische Probe bei Umkehr der Richtung des Magnetfeldes. (iii): Spin-Bahn-Wechselwirkung, mit verantwortlich für die Feinstruktur der Spektren (vgl. Berechnung der Feinstruktur des H-Atoms in ThPh V, QM II, MSc). (iv): Die Wechselwirkung zwischen Elektronenspin und Kernspin ist verantwortlich für die Hyperfeinstruktur der Atomspektren. Im H-Atom verursacht die Wechselwirkung zwischen Proton (Spin ½) und Elektron (Spin ½) die Aufspaltung des 1s Zustandes. Der Zustand mit parallel zueinander ausgerichteten Spins hat eine geringförmig höhere Energie als derjenige mit antiparallel orientiertem Elektronen- und Protonen-Spin. Der Energieunterschied zwischen beiden Zuständen beträgt etwa 5.9 10-6 eV , ist also extrem klein im Vergleich zur Grundzustandsenergie des H-Atoms von -13.6 eV. Beim Übergang zwischen beiden Zuständen wird Licht der Wellenlänge 21 cm (1420 MHz) abgegeben. Die Entdeckung der 21 cm-Wasserstofflinie war die Geburt der Spektrallinien-Radioastronomie zum Nachweis von atomarem Wasserstoff im Kosmos. (v): Spin-Statistik-Theorem. Quantenstatistik Bose- und Fermi-Gase. Dirac verdanken wir die Einsicht, dass der Spin ein relativistischer Effekt ist: In einer relativistisch invarianten Bewegungsgleichung des Elektrons Dirac-Gleichung (vgl. ThPh V, QM II) besitzt das Elektron e- neben seiner Masse me und seiner Ladung e eine weitere intrinsische Eigenschaft "mit Drehimpulscharakter", den Spin s = ½. 13 Wir müssen deshalb die fünf Postulate der Quantenmechanik ergänzen: 6. Postulat: In der Quantenmechanik können Teilchen einen intrinsischen Drehimpuls, den Spin besitzen. Der Spin wird durch einen Vektoroperator Ŝ (Ŝx , Ŝy , Ŝz ) T beschrieben. Ŝ genügt der Drehimpulsalgebra [Ŝi , Ŝ j ] i ijkŜk (7.21) 2 1 Eigenwerte von Ŝ : s (s 1) 2 , s 0, , 1, ... s , 2 Eigenwerte von Ŝ z : 1 m s , m s 0, , 1, ... s . 2 Der Spin-Operator Ŝ wirkt im Spin-Zustandsraum: H H -Raum der Teilchenzustände ■ = H Ort OrtsZustandsraum H Spin d.h. s s Spinzustandsraum, aufgespannt von 2s+1 2 gemeinsamen Eigenzuständen von Ŝ und Ŝz Beispiel: Elektron, s = ½ ( j = ½ ) Der Spin ist eine intrinsische, d.h. untrennbar mit dem Elektron verbundene unveränderliche Eigenschaft. Das bedeutet, es existiert genauso wenig ein Elektron ohne Spin s = ½ , wie es kein Elektron ohne Ladung e und kein Elektron ohne Ruhemasse me gibt. Der Wert s = ½ (und damit s(s 1) 3/2 ) liegt fest; ändern kann sich lediglich die Richtung des Spins entsprechend der beiden möglichen Werte für s z s /2 . Diese beiden Orientierungen werden mit "spin up", , bzw. "spin down", , bezeichnet. Der Spin kann zwischen und flippen Flip-Dynamik. 14 Die halbklassische Veranschaulichung spricht von einem "Spin-Vektor" der Länge 3/2 mit zwei möglichen Werten /2 für die z-Komponente. Dieser "Spin-Vektor" ist um arccos (1 / 3 ) 55 gegen die z-Achse geneigt. In der Ortsdarstellung lassen sich die Produktwellenfunktion in der Form 0 1 ( r , t ) ( r , t ) ( r , t ) 1 0 (7.22) schreiben. FAZIT: (i) Spin-½-Teilchen besitzen einen intrinsischen Drehimpuls von 3 / 2 mit genau zwei Orientierungen bzgl. äußerer Magnetfelder. (ii) Deshalb spaltet (z.B.) der Grundzustand im H-Atom (s-Zustand) trotz 0 magnetfeldbedingt in 2 s +1 = 2 Unterniveaus auf. (iii) Ŝ 2 0 2s (s 1) 0 , d.h. es gibt kein klassisches Analogon zum Spin. Dagegen kann der Bahndrehimpuls L̂ 2 den "klassischen Limes" 0 für "überleben" … (iv) Mit Hilfe der Pauli´schen Spinmatrizen lässt sich der Spin des e- ohne die Ortsdynamik behandeln, bzw. von der Ortsdynamik entkoppeln. 2 (v) Die gemeinsamen Eigenzustände von Ŝ und Ŝz bilden keinen Vektor, sondern eine Objekt im Spin-Zustandsraum, ein sogenannter Spinor. Das Transformationsverhalten des Spinors unter Drehungen unterscheidet sich von dem eines Vektors. Beispielsweise gilt für den zweikomponentigen Spinor, der den Zustand von Spin ½ -Teilchen beschreibt, bei ! Drehungen um 2 gerade , denn e i m s e 1 i 2 e 1 i 2 2 e i cos i sin 1 . Erst bei Drehungen um 4 folgt . 15 7.3 Spin ½ . Pauli-Gleichung Wir können den dimensionslosen Proportionalitätsfaktor zwischen Drehimpuls J und magnetischem Moment als Produkt aus Bohr´schem Magneton B und g-Faktor schreiben g B J . Der g- oder Lande-Faktor im gyromagnetischen Verhältnis ist für jede Teilchenart eine charakteristische Konstante, die experimentell ermittelt werden kann. Für das Bahndrehmoment des Elektrons ist g 1 in Übereinstimmung mit (7.18) L e q e L L B L , B . 2me 2m 2m e Dagegen wird für das Spinmoment des freien Elektrons ein etwa doppelt so großer Wert g 2.00232 gemessen μ̂ S 2 μB Ŝ μ B σ . (7.23) Aufgrund seines Spins besitzt das Elektron also in einem äußeren Magnetfeld eine zusätzliche Energie V̂ B B̂ . Pauli führte zur Beschreibung des quantenmechanischen Zustands des Elektrons eine zweizeilige Wellenfunktion (Spinzustandsraum für s = ½ ist zweidimensional) ein, den PauliSpinor (r, t ) (r, t ) Pauli-Spinor . (7.24) Der Pauli-Spinor beschreibt den Zustand des nichtrelativistischen Elektrons im Rahmen der Quantenmechanik vollständig. 16 Befindet sich nun ein Elektron ( m e , e , s 1 / 2 ) im elektromagnetischen Feld mit Vektorpotenzial A(r,t) und skalarem Potenzial (r, t ) , so lautet seine Hamilton-Funktion H ( p, r , t ) 1 ( p eA) 2 e A . 2m e Aus dem Korrespondenzprinzip ergeben sich daraus unter Berücksichtigung von (7.23) der Hamilton-Operator Ĥ und die Schrödinger-Gleichung wie folgt nichtdiagonal im Spinraum , koppelt und Ortsraumoperator diagonal im Spinraum , d . h . multipliziert mit I 1 Ĥ ( p̂ e Â) 2 e ˆ B Â , 2m e i Ĥ Pauli (1927) . t (7.25) Gleichung (7.25) heißt Pauli-Gleichung. Wie die Schrödinger-Gleichung, entspricht sie der nichtrelativistischen Energie-Impuls-Beziehung E p 2 / 2m e . Die relativistisch korrekte Beschreibung des Elektrons auf der Basis der relativistischen Energie-Impuls-Beziehung erfolgt durch die Dirac-Gleichung; das ist eine Differentialgleichung erster Ordnung für eine vierzeilige Wellenfunktion (4-Spinor). (r, t ) : Zur Interpretation von (r, t ) 2 - ( r , t ) d 3 r Wahrscheinlichkeit, das Elektron zur Zeit t am Ort r mit "spin up". - ( ( r, t ) - 2 2 ( r , t ) ) d 3 r Wahrscheinlichkeit, das Elektron zur Zeit t am Ort r . 2 3 d r ( r, t ) Wahrscheinlichkeit für "spin down" zur Zeit t, usw. Bem.: Die Abweichungen g – 2 sind von der Größenordnung der Sommerfeld´schen Feinstrukturkonstante e2 1 ~ . Sie resultieren aus der Wechselwirkung des Elektrons mit c 137 seinem eigenen Strahlungsfeld, die im Rahmen der Quantenelektrodynamik (Bestandteil von ThPh V QM II im Master-Studiengang) behandelt wird. Bei Nukleonen treten auch nicht ganzzahlige Werte für den g-Faktor auf. 17 ■ Beispiel: Spinpräzession im homogenen Magnet-Feld Wir betrachten ein homogenes Magnetfeld in z-Richtung. Die Pauli-Gleichung lautet i ( r, t ) 1 0 1 0 ( r, t ) , Ĥ Ĥ 0 B B ˆ z Ĥ 0 Ĥ B B ( r , t ) 0 1 0 1 t ( r , t ) Für B const wirkt der zweite Term in Ĥ nicht auf die Bahnbewegung, und Ĥ 0 wirkt nicht auf den Spin. Sei Ĥ 0 zeitunabhängig und Ĥ 0( r ) E ( r ) . Nach dem Separationsansatz i E t a(t) ( r, t ) ( r ) e ( r , t ) b ( t ) erhalten wir i 1 0 a d a B B dt b 0 1 b also da B B a dt db i B B b dt i a ( t ) a ( 0 ) e i L t d.h. . b( t ) b(0) e i L t Folglich führt das Elektron eine Präzessionsbewegung um die Feldrichtung mit der Frequenz L : BB e B 2 me Larmor-Frequenz (7.26) aus. Beachte die Abhängigkeit der Präzession vom Anfangszustand. Ist der Anfangszustand Eigenzustand von Ĥ und folglich von ̂ z , so folgt aus e i L t ( r, t ) a ( 0) 1 ( r ) 0 und aus ( r , t ) b ( 0 ) 0 ( r, t ) 0 a ( 0) 0 ( r ) i t . L e b( 0) 1 ( r, t ) Für diese Anfangszustände reduziert sich die Zeitabhängigkeit auf eine Multiplikation des gesamten Zustandsvektors mit einem physikalisch irrelevanten Phasenfaktor, die Richtung des Spins ändert sich nicht. 18 Anders, wenn der Anfangszustand (z.B.) Eigenzustand von Ŝx bzw ̂ x ist. Aus i t ( r, t ) a (0) 1 1 1 e L i t ( r ) 2e L 2 1 b( 0 ) ( r, t ) also Spinpräzession. Durch Einwirkung elektromagnetischer Strahlung der Frequenz L werden in Atomen Niveauübergänge des Kernspins angeregt, so dass mit variierender Frequenz ein Absorptionsspektrum entsteht. Auf dieser Kernspinresonanz basiert der aus der modernen Medizin nicht mehr wegzudenkende Kernspin-Tomograph. 19