Unendliche Reihen - I Zur Wiederholung. Sei eine Folge (ak )k∈N aus R (bzw. C) gegeben (die Folge der Summanden). n P Die Folge (sn )n∈N mit sn = ∞ P in der Form ak heißt unendliche Reihe und wird k=1 ak geschrieben. sn heißt die n-te Partialsumme . k=1 Die Reihe ∞ P ak heißt konvergent zur Summe s , k=1 ∞ P ak = s , wenn k=1 lim sn = s . Eine nichtkonvergente Reihe heißt divergent . n→∞ Wegen der großen Bedeutung von Reihen und der Tatsache, dass es oft sehr schwierig ist, mit der Folge der Partialsummen zu hantieren, ist es sinnvoll, nach weiteren Konvergenzkriterien für Reihen zu suchen. Zum einen lassen sich bereits viele Rechenregeln für Folgen direkt auf Reihen übertragen. Satz. Seien ∞ P ak und k=1 ∞ P Dann ist die Reihe (αak + βbk ) = α k=1 bk konvergente Reihen über R (bzw. C) und k=1 α, β ∈ R (bzw. C). ∞ P ∞ P (αak + βbk ) ebenfalls konvergent und es gilt : k=1 ∞ P ∞ P k=1 k=1 ak + β bk . Beweis. Mittels des entsprechenden Satzes über die Folge der Partialsummen. x Beispiel. (Wir zeigen später, dass e = ∞ P k=0 3·2k −5 4k k! =3 ∞ P k=0 1 k! ¡ 1 ¢k 2 −5 ∞ P k=0 1 k! ¡ 1 ¢k 4 1 ∞ P k=0 xk k! ) √ √ = 3e1/2 − 5e1/4 = 3 e − 5 4 e . Man beachte, dass aus der Konvergenz der Summe (Differenz) von zwei Reihen i.a. nicht folgt, dass die beteiligten Reihen konvergieren. Sei ∞ P ak n P eine unendliche Reihe. Dann heißt sm,n = k=1 ak mit k=m+1 n > m ≥ 0 ein Teilstück der Reihe. ∞ P rn = ak heißt ein Endstück der Reihe (bzw. der Reihenrest). k=n+1 Weil sm,n = sn − sm folgt mit dem Konvergenzkriterium von Cauchy für Folgen ∞ P Satz. Die Reihe ak ist genau dann konvergent, wenn gilt : k=1 ∀ ε > 0 ∃ Nε sodass für alle n > m > Nε |sm,n | = | n P ak | < ε . k=m+1 Folgerungen. • Das Konvergenzverhalten einer Reihe ändert sich nicht, wenn endlich viele Summanden weggelassen, hinzugefügt oder abgeändert werden. • Speziell für n = m + 1 ist |sm,m+1 | = |am+1 | . Dies liefert ein ∞ P notwendiges Kriterium für die Konvergenz einer Reihe : Ist ak k=1 konvergent, dann ist (ak ) eine Nullfolge. Dieses Kriterium ist nicht hinreichend, wie man an der Reihe ∞ P k=1 1 k sieht. Vielmehr gilt offenbar : Ist (ak ) keine Nullfolge, dann ist • Sei ∞ P ak k=1 divergent. ∞ P sofort ak = s konvergent. Wegen s − sm = rm , muß dann die k=1 Folge (rm ) der Reihenreste eine Nullfolge sein, d.h. ”der Reihenrest kann beliebig klein gemacht werden” (ergibt sich auch aus rm = lim sm,n ) . n→∞ 2 Definition. ∞ P ∞ P Eine Reihe ak heißt absolut konvergent , wenn k=1 |ak | konvergiert, und bedingt konvergent , wenn sie konvergent, k=1 aber nicht absolut konvergent ist. Beispiele. ∞ ∞ P P k+1 1 1) (−1) k2 ist absolut konvergent, weil k=1 ∞ P 2) k=1 k=1 1 k2 konvergiert. (−1)k+1 k1 ist bedingt konvergent, weil die Reihe zwar konvergent ist, aber ∞ P k=1 1 k divergent ist. 3) Hat eine reelle Reihe nur positive Summanden, dann sind Konvergenz und absolute Konvergenz gleichbedeutend. n P Wegen |sm,n | = | k=m+1 Satz. Ist ∞ P ak | ≤ n P |ak | gilt offenbar k=m+1 ak absolut konvergent, dann auch konvergent. k=1 ∞ P Satz. (Vergleichskriterium) Sei ak eine Reihe und N0 ∈ N . k=1 1) Gilt |ak | ≤ ck für k ≥ N0 und ist ∞ P ck konvergent, dann ist k=1 absolut konvergent. ∞ ∞ P P ( ck heißt (konvergente) Majorante von ak ) k=1 ak k=1 k=1 2) Gilt |ak | ≥ dk ≥ 0 für k ≥ N0 und ist ∞ P ∞ P ∞ P k=1 |ak | divergent. k=1 3 dk divergent, dann ist ( ∞ P ∞ P dk heißt (divergente) Minorante von k=1 |ak |) k=1 Beweis. n P zu 1) folgt aus |ak | ≤ k=m+1 zu 2) Wäre ∞ P n P ck . k=m+1 |ak | konvergent, dann wäre mit 1) auch k=1 ein Widerspruch. ∞ P dk konvergent, k=1 ¤ Beispiele. ∞ P 1) Betrachte Reihe 5 ∞ P (−1)k k25k . Wegen |ak | = k=1 5 k2k ≤ 5 · 21k ist die geometrische ( 21 )k eine konvergente Majorante der betrachteten Reihe, welche k=1 somit absolut konvergent ist. ∞ P 2) Betrachte Reihe ∞ P k=1 k=1 1 k √ 1+ k k . Wegen |ak | = ak = √ 1+ k k > 1 k ist die harmonische eine divergente Minorante der betrachteten Reihe, welche somit divergent ist. ∞ P 3) Betrachte weil die Reihe k=1 ∞ P 1 k2 . Wegen |ak | = 1 k2 ≤ 1 (k−1)k = ck für k ≥ 2 und ck konvergent ist (siehe Übungen), ist die Reihe k=1 k=1 (absolut) konvergent. 4) Betrachte Bsp. 3) ist 2 ∞ P k=1 ∞ P k=1 k! kk 1 k2 . Wegen |ak | = ∞ P k! kk = 1·2·3···k k·k·k···k = 2 34 k k 2 k k ... k < 2 k2 1 k2 und mit eine konvergente Majorante, somit ist die betrachtete Reihe (absolut) konvergent. Häufig hat man es mit Reihen zu tun, deren Glieder reell und ≥ 0 sind. In 4 diesem Fall ist offenbar die zugehörige Folge der Partialsummen monoton wachsend. Aus dem Monotoniekriterium für Folgen ergibt sich damit Satz. Die Reihe ∞ P ak mit ak ≥ 0 ist genau dann konvergent, wenn k=1 die Folge (sn ) der Partialsummen beschränkt ist. Ohne Beweis sei ein weiteres Ergebnis angeführt. Satz. (Verdichtungssatz von Cauchy) ∞ P Sei ak gegeben, wobei (ak ) monoton fallend ist und ak ≥ 0 ist. k=1 Dann ist ∞ P ak konvergent genau dann, wenn k=1 ∞ P k=0 2k a2k konvergiert. Beispiele. 1) Wir untersuchen die Reihe ∞ P k=1 1 kα . Für α ≤ 0 bilden die Reihenglieder keine Nullfolge, daher ist in diesem Fall die Reihe divergent. Für α > 0 bilden die Reihenglieder eine monoton fallende Nullfolge, sodass wir den Verdichtungssatz anwenden können, d.h. wir betrachten ∞ ∞ ∞ P P P k k 1 die Reihe 2 a2k = 2 (2k )α = (21−α )k . k=0 k=0 k=0 Dies ist aber eine geometrische Reihe, die nur für 21−α < 1 konvergiert. ∞ P 1 Daher konvergiert die Reihe k α nur für α > 1 . k=1 2) Für die Reihe ∞ P k=2 1 k(lnk)α ist im Falle von α > 0 ebenfalls der Verdich- tungssatz anwendbar. Die entsprechende Reihe ∞ P k=2 k 2 a2k = ∞ P k=2 2 k 1 2k (ln2k )α = 1 (ln2)α nach Beispiel 1) nur für α > 1 konvergent, also konvergiert ∞ P k=2 ∞ P k=2 nur für diese α . 1 kα ist aber 1 k(lnk)α auch Aufgabe: Man zeige, dass die Reihe für α ≤ 0 divergiert (Vergleichskri5 terium). Ein weiteres wichtiges Kriterium sei ebenfalls ohne Beweis vermerkt. Satz. (Grenzwertkriterium) Seien (ak ) und (bk ) Folgen positiver reeller Zahlen. Gilt lim abkk = l mit k→∞ ∞ ∞ P P 0 < l < ∞ , dann sind die beiden Reihen ak und bk entweder k=1 beide konvergent oder beide divergent. Mit Hilfe der Reihe ∞ P k=1 1 kα k=1 kann unter Verwendung des Grenzwertkri- teriums über die Konvergenz bzw. Divergenz vieler Reihen entschieden werden. Beispiel. Betrachte ak mit ak = k=2 α = 2). Dann ist ∞ P ak k→∞ bk lim k 2 (k 2 −2k+5) 4 2 k→∞ k −3k +2k = lim k 2 −2k+5 k 4 −3k 2 +2k . Wähle bk = 1 k2 = 1 . Damit ist die Reihe (also ∞ P ak k=2 konvergent. Bemerkung. Ist (ak ) eine Folge positiver Zahlen, dann sind die Reihen ∞ ∞ P P ak und ln(1 + ak ) entweder beide konvergent oder beide divergent. k=1 k=1 Ist (ak ) keine Nullfolge, dann sind beide Reihen divergent. Ist hingegen k) (ak ) eine Nullfolge, dann sind wegen lim ln(1+a = lim ln(1+x) = 1 (siehe ak x k→∞ x→0 später, Regel von de l’Hospital) entweder beide Reihen konvergent oder beide Reihen divergent. 6