Genetik der Haut- und Haarfarben beim Schwein Generell lässt sich festhalten, dass die Genetik der Farbvererbung beim Schwein noch lange nicht vollständig entschlüsselt ist. Eine recht umfassende, wenn auch gleichzeitig etwas verwirrende Abhandlung über die Genetik der Farbvariation beim Schwein findet sich in „The Genetics of the Pig“ (herausgegeben von M. F. Rothschild und A. Ruvinsky). Weiterhin wurden mehrere Studien zu diesem Thema auch in neuerer Zeit durchgeführt. Folgende phänotypische Ausprägungen der Haut- und Haarfarbe sind bei Schweinen zu beobachten: 1. Wildtyp: schwarzes Haar mit gelber subterminaler Bänderung, speziell beim Wildtyp ist die longitudinale gelbe Streifenzeichnung bei den Ferkeln, die später verschwindet, tritt auch bei domestizierten Rassen wie Mangalitza oder Duroc auf 2. Schwarz: am häufigsten vertreten bei chinesischen, vietnamesischen und iberischen Rassen 3. Rot: komplett rot nur bei Duroc, Tamworth und Minnesota No. 1 4. Domino (schwarz gefleckt): schwarze Flecken erscheinen auf weißer Haut, aber auch rote Haare können mit weiß vermischt sein bis hin zum uniform roten Untergrund, mittelgroße schwarze Flecken, die unregelmäßig über den ganzen Körper verteilt sind mit Ausnahme vom Kopf, Beinen und Schwanz, Rassen Poland China, Piétrain, Bayeux 5. Dalmatiner: große Anzahl kleiner schwarzer Flecken auf rotem Grund, F1 Pi x Du 6. Schwarz und rot gescheckt: wenige große schwarze oder rote Flecken vor allem an Kopf und Rumpf, 3 Varianten: • schwarz gescheckt mir schwarzem Kopf: bei alten französischen Rassen (Limousin, Basque) und 13 chinesischen Rassen (Meishan, Jinhua) • schwarz gescheckt mit weißen Abzeichen am Kopf: vorkommend bei 10 chinesischen Rassen, wenn Untergrund rot dann Hereford-Typ • weißer Gürtel: weißer Gürtel auf schwarzem Grund (Hampshire, Essex, Wessex British), bei rotem Grund Bayerisches Landschwein 7. Schwarz mit weißen Flecken: Haut ist schwarz mit Ausnahme von 6 weißen Stellen an Kopf, Schwanz und den 4 Beinen, Poland China, Berkshire, bei Meishan nur 4 weiße Füße 8. Weiß: reinweiß wie beim Edelschwein oder den Landrassen oder schmutzigweiß auf pigmentierter Haut wie bei Mangalitza, Longchang ist das einzige chinesische weiße Schwein 9. Seltene Farben: sepia ist Mischung auf weißen, dunklen und gebänderten Haaren, grau ist Mischung aus schwarzen und weißen Haaren, blau sind weiße Haare auf schwarzem Grund Wenn es um Zucht geht, interessiert natürlich immer der Genotyp, der hinter einer phänotypischen Ausprägung steht. Nur so können gezielte Anpaarungen vorgenommen werden. In der folgenden Tabelle sind alle Hautfarbengene mit den möglichen Allelen beim Schwein aufgeführt. Locus A C D Allele Agouti mit weißem Bauch b A Dachsgesicht1 a Kein Agouti as Sepia1 C Normal ce Extreme Verdünnung (schmutzigweiß)1 D Normal A d E s I Rezessives Verdünnungsgen1 Ed Dominant schwarz1 E Schwarz oder schwarz-gescheckt p Domino oder schwarz mit 6 weißen Punkten + E wildfarben e Rot eh Weißes Gesicht1 He Weißes Gesicht he normal I Unterdrückung von Farbe Id Be Sp1 R 1 Sepia1 dp E He Bezeichnung w Stichelhaar I p Schwarze Flecken I be Gürtel i Pigmentiert im Schmutzigweiß1 Bew Gürtel be Mantel? beb Halb gefärbt und evtl. weißes Gesicht1 Sp Keine Flecke sp Flecke bei heterozygotem I-Locus R Normal r Rote Augen Für dieses Allel gibt es bisher nur Vermutungen 1. Agouti (A): Vermutet werden 4 verschiedene Allele, wobei das dominante A-Allel dem Wildtyp entspricht, aber auch in einigen roten Rassen vorhanden ist. Das rezessive a-Allel ist in den meisten domestizierten Rassen vorhanden. Das aw-Allel bewirkt den weißen Bauch und ist dominant über a. Über das Ab-Allel wird bislang nur gemutmaßt. Einige Autoren halten es für wahrscheinlich, dass dieses Allel das sogenannte Dachsgesicht hervorruft. Ein weiteres Alles as wird hinter der Ausprägung sepia vermutet2. Albinismus (C): Albino-Schweine sind unbekannt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass das schmutzigweiß beim Mangalitza durch ein Allel des C-Locus hervorgerufen wird. 3. Verdünnung (D): Es kann angenommen werden, dass die Rasse Piétrain häufig Träger eine D-Gens ist. Für die graue Färbung (sepia) bei Tieren aus Poland China Kreuzungen soll ebenfalls ein Verdünnungsallel verantwortlich sein. Dies steht allerdings im Widerspruch zu dem as-Allel, das auch als Träger für die sepiaAusprägung in Betracht gezogen wird. 4. Ausbreitung (E): Durch dieses Gen wird die Menge an Eumelanin und Phäomelanin in den Haaren reguliert. Bei 100% Eumelanin und 0% Phäomelanin ist das Haar schwarz. Tiere, die das dominante ED-Allel tragen, sind einheitlich dunkel unbeachtet des Agouti-Allels. Das rezessive Allel e führt zu einer vollständigen Unterdrückung von Eumelanin und dadurch zu einer rotgelben Färbung der Haare. Zwischen diesen beiden Extremen gibt es verschiedene Abstufungen, die auch die Wirkung des ALocus zulassen. Eine genaue Zuordnung bestimmter Phänotypen zum E- oder zum A-Gen ist daher oft nicht möglich. Das Ep-Allel ist verantwortlich für schwarze Flecken auf weißem Grund. Orange nimmt eine intermediäre Stellung zwischen weiß vom Piétrain und rot vom Duroc ein und hat den Genotyp Ep/e. Der E-Locus wurde kartiert auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 nahe dem Marker S0035. Das Gen für den Mast-/ Stammzellen-Wachstumsfaktor-Rezeptor (MC1R) codiert den E-Locus. 5. Weiß (I): Die weiße Färbung bei Schweinen ist erst im Lauf der Domestikation entstanden. Es sind keine Fälle von weißen Wildschweinen bekannt. Das dominante Allel I inhibiert sowohl die Eumelanin- als auch die Phäomelaninbildung. Die Haut und Haare sind somit unpigmentiert. Das Id-Allel ist rezessiv gegenüber I und bewirkt unabhängig vom E-Locus eine komplette oder teilweise Hemmung der Farbbildung. Es kommt zu so genannten Stichelhaaren. Gegenüber Ep verhält es sich wie I und unterdrückt die Ausbildung der schwarzen Farbe. Die Phäomelaninbildung wird dagegen nicht vollständig unterdrückt, so dass ein verdünnter roter Phänotyp entsteht. Es wird angenommen, dass das Id-Allel homolog ist zum Stichelhaar-Allel, das man bei Rindern und Pferden gefunden hat. Bei der Verpaarung einheitlich weißer Tiere kann es zu Scheckungen kommen, die auf das Ip-Allel zurückzuführen sind. Dieses Allel ist auch in weißen Rassen in niedriger Frequenz vorhanden. Es gibt Vermutungen, dass ein weiteres Allel, das im-Allel, verantwortlich ist für die schmutzigweiße Färbung bei Mangalitza-Schweinen. Kommt es bei weißen Tieren zu schwarzen Flecken der Haut und schwarzen Haaren, geht man von somatischen Mutationen aus. Eine Autorengruppe beschreibt “graue Flecken” als einen isolierten Phänotyp, den sie einem Genort für Flecke (Sp) zuordnen, der mit dem Weiß-Locus gekoppelt ist. Durch die Kombination eines heterozygoten Genotypen des I-Locus mit einem homozygoten Zustand des rezessiven Allels sp des Flecken-Locus soll der gefleckte Phänotyp entstehen. Ein anderer Autor schloss dagegen einen genetischen Hintergrund des Unterschieds zwischen beiden Phänotypen aus. Der Genotyp des Sp-Locus ist unabhängig vom E- und Be-Locus. Möglicherweise begründet der SpLocus einen Vorgang, der somatische Mutationen begünstigt. Das Gen für dominantes Weiß ist dicht verknüpft mit Genen für Albumin und Wachstumshormonrezeptor (KIT-Gen). Die weiße Farbe kann aber, wie bereits angesprochen, auch unabhängig vom I-Gen ausgelöst werden, z.B. durch Aufhellung. 6. Weißer Gürtel (BE): Es wird hier von einem einzelnen dominanten Gen ausgegangen, das eine Gürtelung hervorruft. Es wird angenommen, dass dieses Gen polygen beeinflussbar ist, weshalb es zu so starker Varianz in der Breite des Gürtels kommen kann. Auch wenn auf einen breiten Gürtel selektiert wird, kann es daher vorkommen, dass einheitlich schwarze Tiere entstehen. Eine andere Theorie ist, dass der homozygote Genotyp BeBe einen breiten, der heterozygote Genotyp Bebe einen schmalen und der rezessive Genotyp bebe die Schwarzfärbung hervorruft. Ein drittes Allel beb wird verantwortlich gemacht für die Ausdehnung der weißen Farbe im Gesicht (Halbfärbung). Würde die Gürtelzeichnung von mehreren Genen hervorgerufen, spielte auf jeden Fall das E-Gen wieder eine Rolle. So konnte gezeigt werden, dass in schwarz gescheckten Rassen, wie der Rasse Meishan, durch eine Selektion auf die Ausbreitung der weißen Farbareale eine Gürtelzeichnung erzeugt werden konnte. Nach neuen Erkenntnissen scheint es jedoch, dass das Allel Be ein Allel der I-Serie darstellt und somit als IBe bezeichnet werden müsste. 7. Hereford (He): Hierbei handelt es sich um ein Gen, das einen weißen Kopf hervorruft, wie bei der Rasse Hereford zuerst beobachtet. Weiße Kopfabzeichen können sowohl auf schwarzem wie auf rotem Hintergrund gefunden werden und zeigen eine starke Variation in der Ausdehnung. Es ist nicht sicher, ob das Gen allein für die weiße Kopffärbung zuständig ist. Der Phänotyp “halb gefärbt” (beb) wird durch das Gen He für Hereford-Zeichnung zumindest unterstützt. Abweichend davon wurde ein Allel der E-Serie als Ursache vermutet. Eine spezielle Form der Hereford-Zeichung ist die Panda-Zeichung, wie sie bei der Kreuzung aus Piétrain x Hampshire (white-belted) auftreten kann. Bei diesen Kreuzungstieren ist der Kopf weiß mit Ausnahme schwarzer Flecken um die Augen. 8. Rote Augen (R): Das autosomal rezessive R-Gen ist verantwortlich für rote Augen und eine Verdünnung der schwarzen Pigmente in sepia Farbe bei der Rasse Hampshire. 9. Haarmutationen: • Hypotrichose: Haarlosigkeit, verantwortlich ist ein autosomal rezessives Gen, das die Anzahl der Haarfollikel reduziert, bei einer anderen Form der Haarlosigkeit ist ein dominantes Gen verantwortlich. Hier verläuft die Krankheit lethal, die Ferkel sterben innerhalb von 10 Tagen nach der Geburt. Die Vitalität heterozygoter Tiere ist ebenfalls reduziert. • Wollhaare: autosomal dominantes Gen. Es segregiert unabhängig von Genen der Hautfarbe. Eine Unabhängigkeit vom rezessiven Gen für Hypotrichose konnte bisher nicht geklärt werden. • Verwirbelungen: Kommen vorwiegend an der Wirbelsäule vor. Sie entstehen durch eine komplementäre Aktion von 2 dominanten Genen. Wie oben beschrieben, ist es nicht so einfach und eindeutig, bei einem ausgeprägten Phänotyp auf den Genotyp zu schließen. Kreuzungsversuche oder eine genaue Analyse der beteiligten Gene sind notwendig, um den Genotyp eines Schweins zu identifizieren. Die nachfolgende Tabelle soll abschließend noch ein Überblick über mögliche Phänotypen und die dahinter stehenden Genotypen geben. Genotyp Rassen Phänotyp A I E Edelschwein, Landrasse Weiß aa II EpEp hehe bebe Gascon, Jiaxing, Large Black Schwarz aa ii EE hehe bebe aa ii EE hehe bebe aa ii EE hehe Bebe aa ii EE HeHe bebe aa ii EpEp HeHe bebe aa ii ee hehe bebe Schwarz mit weißem Gürtel aa ii EdEd hehe Bebe Dalmatiner aa ii EpE Grau gestichelt (saphir) aa Schmutzigweiß aa Meishan, Jinhua Limousin, Sattelschwein Asiatische Rassen Schwarz gescheckt, schwarzer Kopf Schwarz gescheckt, schwarzer Kopf Schwarz gescheckt, weißer Kopf Piétrain, Berkshire, Poland Domino schwarz gefleckt China Duroc, Tamworth, Minnesota Rot No.1 Hampshire, Hannover He Be - - Idi EE - - Idi EpEp - -