5 GRUPPEN 5 Gruppen Hier fehlt eine schöne Einleitung oder ein motivierendes Beispiel. Definition [5.1] Sei G eine nicht-leere Menge, e ∈ G ein (ausgezeichnetes) Element in G und � : G × G −→ G eine Abbildung. Gelten die folgenden Eigenschaften, so nennen wir (G, �, e) eine Gruppe: (i) Für alle x, y, z ∈ G gilt: �(�(x, y), z) = �(x, �(y, z)) (ii) Für alle x ∈ G gilt �(x, e) = x (Assoziativität) (Ex. eines rechtseutralen Elements) (iii) Für alle x ∈ G existiert ein y ∈ G, sodass �(x, y) = x (Existenz von rechtsinversen Elementen) Gilt zusätzlich: (iv) Für alle x, y ∈ G gilt �(x, y) = �(y, x). (Kommutivität) so nennen wir die Gruppe kommutativ. Anmerkung Da die bisher verwendete Abbildungsschreibweise im Umgang mit Gruppen recht umständlich ist, verwenden wir ab jetzt eine Infixschreibweise: �(x, y) � x � y Betrachten wir kommutatve Gruppen, so verwenden wir oft + als Namen unserer Abbildung. Betrachten wir nicht-notwendigerweise-kommutative Gruppen so lassen wir oft das Verknüpfungssymbol weg und schreiben nur xy � x � y = �(x, y) 5.1 Elementare Eigenschaften Bemerkung [5.2] Sei (G, �, e) eine Gruppe und x, y ∈ X, sodass y rechtsinverses Element von x ist (x � y = e), dann ist y auch linksinverses Element von x (y � x = e). Beweis. Da y ∈ G existier für y ein rechtsneutrales Element z ∈ G (y � z = e). Es ergibt sich (i) (ii) y � x =(y � x) � e = (y � x) � (y � z) (iii) (iv) = y � (x � y) � z = y � e � z (v) (vi) = y � z = e. 15 (1) (2) (3) 5 GRUPPEN 5.1 Elementare Eigenschaften Dabei haben wir folgende Argumente verwendet: (i) Rechtsneutralität von e (ii) y � z = e (iii) Assoziativität von � (iv) x � y = e (v) Rechtsneutralität von e (vi) y � z = e � Bemerkung [5.3] Sei (G, �, e) eine Gruppe. Dann ist e auch ein linksneutrales Element, d.h. es gilt für alle x ∈ X auch e � x = x. Beweis. Sei x ∈ X, dann gibt es ein y ∈ X mit x � y = e. Es ergibt sich (i) (ii) (iii) (iv) e � x = (x � y) � x = x � (y � x) = x � e = x. Dabei haben wir folgende Argumente verwendet: (i) x � y = e (ii) Assoziativität von � (iii) Siehe [5.2] (iv) Rechtsneutralität von e � Bemerkung [5.4] Sei (G, �, e) eine Gruppe. Dann ist e das einzige (rechts-)neutrale Element. Mit anderen Worten: Sei ẽ ein weiteres (rechts-)neutrales Element, dann gilt e = ẽ. Beweis. In obiger Situation ergibt sich (i) (ii) e = e � ẽ = ẽ. Wir verwendeten (i) Neutralität von ẽ. (ii) Neutralität von e. � 16 5 GRUPPEN 5.1 Elementare Eigenschaften Bemerkung [5.5] Sei (G, �, e) eine Gruppe und x ∈ G. Dann gibt es nur ein einziges zu x inverses Element. Mit anderen Worten: Seien y, z ∈ X mit x � y = x � z = e, dann gilt bereits y = z. Beweis. In obiger Situation ergibt sich (i) (ii) (iii) (iv) (v) (vi) y = = e � y = (x � z) � y = (z � x) � y = z � (x � y) = z � e = z. Wir argumentierten: (i) Neutralität von e (ii) x � z = e (iii) Siehe [5.2] (iv) Assoziativität von � (v) x � y = e (vi) Neutralität von e � Anmerkung Wir haben bisher gesehen, dass rechtsneutrale Elemente auch linksneutrale Elemente sind. Ausserdem gibt es nur ein eindeutiges Element mit dieser Eigenschaft. Wir nennen dieses Element e ∈ G das neutrale Element oder Einselement von G. Oft schreiben wir für dieses Element auch 1 � e. Betrachten wir kommutatve Gruppen, so schreiben wir 0 � e. Ausserdem haben wir gezeigt, dass rechtsinverse Elemente auch linksinvers sind und es zu einem Element x ∈ G nur ein eindeutiges Element y ∈ G mit diesen Eigenschaften sind. Wir nennen dieses Element das inverse Element von x und schreiben x−1 � y. Insbesondere gilt (x−1 )−1 = x. Bemerkung [5.6] Seien (G, �, e) eine Gruppe und x, y, z ∈ G mit xy = xz. Dann gilt y = z. Diese Tatsache nennen wir auch Kürzungsregel. Beweis. Wir verknüpfen obige Gleichung mit x−1 ∈ G und erhalten x−1 � x � y = x−1 � x � z e�y =e�z y=z � 17 5 GRUPPEN 5.2 Untergruppen und Nebenklassen 5.2 Untergruppen und Nebenklassen Definition [5.7] Sei (G, �, e) eine Gruppe und ∅ � H ⊆ G eine nichtleere Teilmenge. Gilt für alle x, y ∈ H x � y −1 ∈ H, so nennen wir H eine Untergruppen von G und schreiben auch H ≤ G. Bemerkung [5.8] Sei (G, �, e) eine Gruppe und H ≤ G eine Untergruppe. Dann gilt e ∈ H und es ist (H, �, e) mit der auf H eingeschränkten Verknüpfung � selbst eine Gruppe. Beweis. Wir zeigen zunächst e ∈ H. Da H � ∅ gibt es ein x ∈ H. Also gilt, da H Untergruppe, e = x � x−1 ∈ H. Wir rechnen die Gruppenaxiome (in verschiedener Reihenfolge) nach: (iii) Inverse Elmente Sei x ∈ H, dann existiert x−1 ∈ G. Wir müssen zeigen x−1 ∈ H. Da H Untergruppe ist, gilt mit e ∈ H x − 1 = ex−1 ∈ H (0) Wohldefiniertheit der Verknüpfung Seien x, y ∈ H. Wir wollen zeigen: xy ∈ H. Da x ∈ H ist auch x−1 ∈ H. Also gilt (x−1 )−1 y = xy ∈ H. (i) Assoziativität Es gilt für alle x, y, z ∈ H x(yz) = (xy)z, da dies dies in G der Fall ist und H ⊆ G gilt. (ii) (Rechts-)Neutrales Element Es ist e ∈ H. Für alle x ∈ H gilt in der Tat xe = x, da dies in G gilt. (iv) Kommutativität Ist G eine kommutative Gruppe, so ist auch H eine kommutatve Gruppe. Seien x, y ∈ H, dann gilt xy = yx in G, also auch in H. � Bemerkung [5.9] Sei und (G, �, e) eine Gruppe und H ⊆ G eine Teilmenge mit e ∈ H und ist (H, �, e) mit der von auf H eingeschränkten Verknüpfung eine Gruppe, dann ist H eine Untergruppe von G. Beweis. Diesen Beweis überlassen wir als Übungsaufgabe. � Beispiel [5.10] Sei (G, �, e) eine Gruppe. Dann ist die Teilmenge {e} eine Untergruppe von G. Wir nennen diese die triviale (Unter-)Gruppe. 18 5 GRUPPEN 5.2 Untergruppen und Nebenklassen Beispiel [5.11] Sei (G, �, e) eine Gruppe und x ∈ G. Dann definieren wir für n ∈ Z x � x � ... � x xn � e x−1 � x−1 � . . . � x−1 falls n > 0 falls n = 0 falls n < 0 Dann betrachte die Teilmenge H � {xn | n ∈ Z}. H ist eine Untergruppe von G. Wir nennen diese, die von x erzeugte Untergruppe. Definition [5.12] Sei G eine Gruppe und H ≤ G eine Untergruppe. Dann definieren wir eine Relation auf G via x ∼H y : ⇔ x−1 y ∈ H Bemerkung [5.13] Die Relation aus [5.12] ist eine Äquivalenzrelation. Beweis. (i) Reflexivität Sei x ∈ G. Dann ist x−1 x = e ∈ H. Also x ∼H x und damit ∼H reflexiv. (ii) Symmetrie Seien x, y ∈ G mit x ∼H y, d.h. x−1 y ∈ H. Dann gilt wegen [5.8,(iii)] (x−1 y)−1 ∈ H. Wir zeigen: (x−1 y)−1 = y −1 x. Berechne dazu (x−1 y)(y −1 x) = x−1 (yy −1 )x = x−1 x = e. Also gilt y ∼H x. (iii) Transitivität Seien x, y, z ∈ G mit x ∼H y und y ∼H z. Das bedeutet x−1 y ∈ H und y −1 z ∈ H. Dann ist H � (x−1 y)(y −1 z) = x−1 (yy −1 )z = x−1 z, also x ∼H z. � 19 5 GRUPPEN 5.3 Der Satz von Lagrange Bemerkung [5.14] Sei G eine Gruppe,H ≤ G eine Untergruppe und x ∈ G. Dann ist die Äquivalenzklasse von x bzgl. der in [5.12] definierten Äquivalenzrelation gegeben durch [x] = xH � {xh | h ∈ H}. Beweis. „⊆“ Sei y ∈ [x], also x−1 y ∈ H. Es gibt also ein h ∈ H mit x−1 y = h. Verknüpfen wir diese Gleichung mit x, so erhalten wir xx−1 y = y = xh. Also ist x ∈ xH. „⊇“ Sei y ∈ xH, also gibt es ein h ∈ H mit y = xh. Verknüpfen wir diese Gleichung mit x−1 , so erhalten wir x−1 y = x−1 xh = h ∈ H. Es ist demnach x ∼H y und y ∈ [x]. � � Anmerkung Wir bezeichneten die Menge aller Äquivalnzklassen mit G ∼H . Wir schreiben nun einfacher � � � G/H � G ∼H = [x] | x ∈ G . 5.3 Der Satz von Lagrange Definition [5.15] Seien G eine Gruppe und H ≤ G eine Untergruppe. Ist G/H eine endliche Menge, so nennen wir die Mächtigkeit diese Menge den Index von H in G und schreiben � � (G : H) � # G/H Definition [5.16] Sei (G, �, e) eine Gruppe. Wir nennen diese Gruppe endlich (oder endliche Gruppe), falss G (als Menge) nur endlich viele Elemente besitzt. Gegebenenfalls nennen wir #(G) die Ordnung von G. Definition [5.17] Sei (G, �, e) eine Gruppe und x ∈ G. Dann definieren wir � � ord(x) � # {xn | n ∈ Z} � � Bemerkung [5.18] Sei G eine endliche Gruppe. Dann gilt G : {e} = #(G). 20 5 GRUPPEN 5.3 Der Satz von Lagrange Beweis. Wir untersuchen die Gestalt der Äquivalenzklassen [x]. Ist y ∈ [x], so ist x−1 y ∈ {e}, also x−1 y = e. Verknüpfen wir diese Gleichung mit x, so erhalten wir y = x. Also gilt [x] = {x} und �� �� � � �� �� G : {e} = # [x] | x ∈ G = # {x} | x ∈ X = #(G). � Satz [5.19] (Lagrange) Sei G eine endliche Gruppe und H ⊆ G eine Untergruppe. Dann gilt #(G) = #(H) · (G : H). Insbesondere wird die Ordnung der Gruppe von der Ordnung jeden Untergruppe geteilt. Beweis. Da ∼H eine Äquivalenzrelation auf G ist, ist nach [3.9] G/H eine Partition von G. Da G endlich ist, exisieren endlich viele Elemente x1 , x2 , . . . , xn , mit � � G/H = [x1 ], [x2 ], . . . , [xn ] und für alle i, j ∈ {1, 2, . . . , n} mit i � j gilt [xi ] ∩ [xj ] = ∅. (1) Schritt 1 Wir zeigen zunächst, dass alle Äquivalenzklassen die gleiche Mächtigkeit haben. Dazu genügt es, zu zeigen, dass für alle i ∈ {1, 2, . . . , n} gilt � � � � # [xi ] = # [e] . Es ist [e] = {eh | h ∈ H} = {h | h ∈ H} = H. Um zu zeigen, dass [e] = H und [xi ] die selbe Mächtigkeit haben, konstruieren wir eine bijektive Abbildung. Betrachte f : H −→ xi H = [xi ] h �−→ xi h. Hätten wir gezeigt, dass dies Abbildung bijektiv, also injektiv und surjektiv, ist, so helfen uns folgende Argumente (i) f ist genau dann injektiv, wenn #(f (H)) = #(H) gilt. 21 5 GRUPPEN 5.3 Der Satz von Lagrange (ii) Ist f injektiv, so gilt #(xi H) ≥ #(H). (iii) Ist f surjektiv, so gilt #(xi H) ≤ #(H). (Den Nachweis dieser Eigenschaften überlassen wir als Übungsaufgabe.) Aus (ii) und (iii) folgt schließlich die Gleichmächtigkeit aller Äquivalenzklassen. Betrachten wir also die Abbildung f und weisen die Injektivität sowie die Surjektivität nach. (inj.) Seien h, h̃ ∈ H mit f (h) = f (h̃). Dies bedeutet gerade xh = xh̃. Durch anwenden der Kürzungsregel erhalten wir h = h̃. Also ist f injektiv. (surj.) Sei y ∈ xi H, dann gibt es ein h ∈ H mit y = xi h. Damit ist h aber gerade ein Urbild von y. Also ist f surjektiv. Schließlich ist f eine Bijektion und alle Äquivalenzklassen besitzen die selbe Mächtigkeit. (2) Schritt 2 Wir zeigen nun #(G) = #(H) · (G : H). � � Nach obiger Argumentation ist [x1 ], [x2 ], . . . , [xn ] eine Partition von G. Wir verwenden diese Erkenntnis, um die Menge G abzuzählen. Es ist n n n n � � (ii) � � � (iii) � � (i) � #(G) = # [xi ] = # [xi ] = # [e] = #(H) = m · #(H). i=1 i=1 i=1 i=1 Dabei verwendeten wir die Argumente (i) Für alle i � j gilt [xi ] ∩ [xj ] = ∅ (ii) Für alle i gilt [xi ] = [e] � � (iii) Es ist # [e] = #(H) Ausserdem ist m = (G : H). Damit ist alles gezeigt. � 22