Prof. Dr. M. Chipot Institut für Mathematik Universität Zürich Mathematik für die Chemie I – 1. Übung Abgabe: Montag, den 26.09.2011 Lösung Aufgabe 1 (a) Formuliere jeweils die Negation der Aussage sowohl in Kurzschreibweise als auch in einem ausformulierten Satz. Zeige ausserdem jeweils durch Angabe einer geeigneten Menge M , dass die erhaltene Negation eine wahre Aussage ist. (i) ∀M ⊂ R ∃δ > 0 : (x + δ) ∈ M ∀x ∈ M . (ii) ∀M ⊂ R ∀x ∈ M ∃y ∈ M : x + y ∈ M . (b) Es seien A, B ⊂ R. Beweise die folgenden Aussagen: (i) A ⊂ B ⇐⇒ (ii) (A ∩ B) ⊂ (A \ B) (R \ B) ⊂ (R \ A). =⇒ (A ∩ B) = ∅. Lösung: (a) (i) Die Negation der Aussage lautet: ∃M ⊂ R : ∀δ > 0 ∃x ∈ M : (x + δ) 6∈ M . Ausführlich lautet die Negation: Es gibt eine Teilmenge M der reellen Zahlen, so dass zu jedem δ > 0 ein Element x der Menge M existiert, so dass (x + δ) kein Element der Menge M ist. Diese Negation ist eine wahre Aussage. Es gilt z.B. für M = [0, 1], dass zu jedem δ > 0 das Element x = 1 ∈ M die Bedingung x + δ = 1 + δ 6∈ M erfüllt. (ii) Die Negation der Aussage lautet: ∃M ⊂ R ∃x ∈ M : x + y 6∈ M ∀y ∈ M . Ausführlich lautet die Negation: Es gibt eine Teilmenge M der reellen Zahlen und ein Element x der Menge M , so dass für jedes Element y der Menge M das Element x + y kein Element der Menge M ist. Diese Negation ist eine wahre Aussage. Es gilt z.B. für M = {1} und x = 1, dass für jedes y ∈ M (also für y = 1) das Element x + y 6∈ M gilt (da x + y = 1 + 1 = 2 6∈ M gilt). (b) (i) “ ⇒00 : Es gelte A ⊂ B. Sei x ∈ (R \ B). Dann gilt x 6∈ B. Wegen A ⊂ B muss also x 6∈ A gelten (da im Fall x ∈ A auch x ∈ B gelten würde, was wegen x 6∈ B nicht gelten kann). Wegen x 6∈ A gilt x ∈ (R \ A). Da x ∈ (R \ B) beliebig war, gilt (R \ B) ⊂ (R \ A). “ ⇐00 : Es gelte (R \ B) ⊂ (R \ A). Sei x ∈ A. Dann gilt x 6∈ (R \ A). Wegen (R \ B) ⊂ (R \ A) muss also x ∈ B gelten (da im Fall x ∈ (R \ B) auch x ∈ (R \ A) gelten würde, was wegen x 6∈ (R \ A) nicht sein kann). Da x ∈ A beliebig war, folgt A ⊂ B. (ii) Es gelte (A ∩ B) ⊂ (A \ B). Angenommen, es wäre A∩B 6= ∅. Dann gäbe es x ∈ A∩B. Wegen (A∩B) ⊂ B wäre also x ∈ B. Wegen (A ∩ B) ⊂ (A \ B) wäre außerdem x ∈ (A \ B) = (A ∩ (R \ B)) ⊂ (R \ B). Da aber nicht gleichzeitig x ∈ B und x ∈ (R \ B) gelten kann, ist dies ein Widerspruch. Daher ist die Annahme falsch und es folgt A ∩ B = ∅. √ Beweise, dass 5 keine rationale Zahl ist. √ Hinweis: Nimm an, dass 5 = pq mit p, q ∈ Z, q 6= 0 gilt und pq irreduzierbar ist (d.h. der Bruch pq ist vollständig gekürzt). Beweise zuerst, dass p durch 5 teilbar sein muss. Aufgabe 2 Lösung: Angenommen, √ 5 wäre eine rationale Zahl. Dann gibt es p, q ∈ Z mit q 6= 0, so dass √ 5= p q 2 gilt und pq irreduzierbar ist. Dann gilt 5 = pq2 , also p2 = 5q 2 . Somit ist die natürliche Zahl p2 durch 5 teilbar. Da 5 eine Primzahl ist, muss auch p durch 5 teilbar sein (denn wenn ein Produkt a · b mit a, b ∈ Z durch 5 teilbar ist, so muss a oder b durch 5 teilbar sein; also muss wegen p2 = p · p auch p durch 5 teilbar sein). Da p durch 5 teilbar ist, gibt es r ∈ Z mit p = 5r. Wegen p2 = 5q 2 folgt daher 25r2 = 5q 2 , also q 2 = 5r2 . Daher ist q 2 durch 5 teilbar und analog zu oben ist somit auch q durch 5 teilbar. Somit sind p und q beide durch 5 teilbar. √ Dies ist ein Widerspruch dazu, dass pq irreduzierbar ist. Somit ist die Annahme falsch und 5 ist keine rationale Zahl. Aufgabe 3 (a) Bestimme alle Lösungen x ∈ R der folgenden Gleichungen bzw. Ungleichungen. (i) |x − 3| = 7, (iii) |π − x| > 2, (ii) |(x + 1)(x − 3)| = −5, (iv) |2x − 1| ≤ |6x + 7|. (b) Skizziere die Menge { (x, y) ∈ R × R : y = |(x − 1)(x + 2)| } und bestimme daraus für jedes a ∈ R die Anzahl der Lösungen der Gleichung |(x − 1)(x + 2)| = a. Lösung: (a) (i) |x − 3| = 7 ist genau dann erfüllt, wenn entweder x − 3 = 7 oder −(x − 3) = 7 gilt. Wegen x − 3 = 7 ⇔ x = 10 und −(x − 3) = 7 ⇔ x − 3 = −7 ⇔ x = −4 ist die Lösungsmenge der Gleichung |x − 3| = 7 die Menge L1 = {10, −4}. (ii) Wegen |(x + 1)(x − 3)| ≥ 0 hat die Gleichung |(x + 1)(x − 3)| = −5 keine Lösung, so dass die Lösungsmenge L2 = ∅ ist. (iii) |π − x| > 2 ist genau dann erfüllt, wenn entweder π − x > 2 oder −(π − x) > 2 gilt. Wegen π−x>2 ⇔ x<π−2 und −(π − x) > 2 ⇔ π − x < −2 ⇔ x>π+2 ist die Lösungsmenge der Ungleichung |π − x| > 2 die Menge L3 = (−∞, π − 2) ∪ (π + 2, ∞). (iv) Um die Ungleichung |2x − 1| ≤ |6x + 7| zu lösen, gibt es folgende Fälle. Für x ≥ 1 2 gilt |2x − 1| ≤ |6x + 7| ⇔ 2x − 1 ≤ 6x + 7 ⇔ −8 ≤ 4x ⇔ x ≥ −2. Somit ist die Ungleichung für alle x ∈ [ 12 , ∞) erfüllt. Für x ∈ [− 76 , 12 ) gilt |2x − 1| ≤ |6x + 7| ⇔ −(2x − 1) ≤ 6x + 7 ⇔ −6 ≤ 8x ⇔ 3 x≥− . 4 Somit ist die Ungleichung für alle x ∈ [− 34 , 12 ) erfüllt. Für x < − 76 gilt |2x − 1| ≤ |6x + 7| ⇔ −(2x − 1) ≤ −(6x + 7) ⇔ 4x ≤ −8 ⇔ x ≤ −2. Somit ist die Ungleichung für alle x ∈ (−∞, −2] erfüllt. Insgesamt ist die Lösungsmenge der Ungleichung |2x − 1| ≤ |6x + 7| die Menge L4 = (−∞, −2] ∪ [− 43 , 12 ) ∪ [ 12 , ∞) = (−∞, −2] ∪ [− 43 , ∞). (b) Die Menge { (x, y) ∈ R × R : y = |(x − 1)(x + 2)| } sieht folgendermaßen aus: 18 y = |(x−1)(x+2)| 16 14 12 10 8 6 4 2 0 −5 −4 −3 −2 −1 0 1 2 3 4 Die Anzahl der Lösungen der Gleichung |(x − 1)(x + 2)| = a sind genau die Anzahl der Schnittpunkte des obigen Graphens mit der waagerechten Geraden y = a. Somit hat die Gleichung |(x − 1)(x + 2)| = a für a < 0 keine Lösung, für a = 0 zwei Lösungen (nämlich x ∈ {1, −2}), für a ∈ (0, 49 ) vier Lösungen, für a = 94 drei Lösungen und für a > 49 zwei Lösungen. Dies folgt daraus, dass die Funktion y = |(x−1)(x+2)| zwei Minima bei (x, y) = (−2, 0) und (x, y) = (1, 0) sowie ein lokales Maximum bei (x, y) = (− 21 , 94 ) hat. Zwischen diesen lokalen Extrempunkten ist die Funktion streng monoton und außerdem ist die Funktion nach oben unbeschränkt. Aufgabe 4 (a) Sei x = 0.012 = 0.0121212 . . . . Finde a, b ∈ Z mit x = ab . (b) Vergleiche 1 und 0.9 = 0.999 . . . . (c) Es sei ab mit a, b ∈ Z und b 6= 0 ein irreduzierbarer Bruch. Finde und beweise notwendige und hinreichende Bedingungen dafür, dass ab eine Dezimalzahl ist. (Eine Dezimalzahl ist eine reelle Zahl, deren Dezimaldarstellung nur endlich viele Nachkommastellen hat, die ungleich Null sind.) Lösung: (a) Wegen 100x = 1.212 gilt 99x = 100x − x = 1.212 − 0.012 = 1.2 = 12 . 10 Somit folgt x= 12 12 2 = = , 99 · 10 990 165 also a = 2 und b = 165. (b) Es gilt 9 · 0.9 = 10 · 0.9 − 0.9 = 9.9 − 0.9 = 9, also 0.9 = 1. (c) Es sei y = a b mit a, b ∈ Z und b 6= 0 ein irreduzierbarer Bruch. Behauptung: y ist eine Dezimalzahl ⇔ ∃m, n ∈ N mit b = 2m · 5n . Beweis: “ ⇒00 : Es sei y eine Dezimalzahl. Also gibt es r ∈ N, so dass y genau r Nachkommastellen hat. Somit gibt es c ∈ Z mit y = 10cr . Da y = ab ist und ab irreduzierbar ist, muss b ein Teiler von 10r sein. Da 10r = 2r · 5r gilt und 2 und 5 Primzahlen sind, gibt es also m, n ∈ N mit 0 ≤ m ≤ r, 0 ≤ n ≤ r und b = 2m · 5n . “ ⇐00 : Es sei b = 2m · 5n mit m, n ∈ N. Mit r = max{m, n} gilt daher y= a a · 2r−m · 5r−n a · 2r−m · 5r−n a = m n = = . b 2 ·5 2r · 5r 10r Wegen a · 2r−m · 5r−n ∈ Z ist daher y eine Dezimalzahl mit höchstens r Nachkommastellen. Also ist y eine Dezimalzahl. q.e.d.