Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Dr. Andreas Wünsche TU Bergakademie Freiberg Institut für Stochastik 11. Mai 2017 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 1 1.7 Wichtige stetige Wahrscheinlichkeitsverteilungen 1.7.1 Normalverteilung (Gauß-Verteilung) f(x) = 1 σ 2π e −(x−µ)2 2σ2 mit µ = 5,σ = 3 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 Dichtefunktion −5 0 5 10 15 x I Parameter: Dr. Andreas Wünsche µ ∈ R , σ2 > 0 . Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 2 Normalverteilung (Gauß-Verteilung) I Zufallsgröße X mit Dichtefunktion fX bzw. Verteilungsfunktion FX Z x (x−µ)2 (t−µ)2 1 1 fX (x) = √ e− 2σ2 , FX (x) = √ e− 2σ2 dt , x ∈ R . 2πσ 2πσ −∞ Verteilungsfunktion 1.0 Dichtefunktion 0.12 mit µ = 5,σ = 3 σ 2π e −(x−µ)2 2σ2 0.8 1 X~N(µ, σ2) mit µ = 5,σ = 3 FX(x) 0.0 0.00 0.2 0.04 0.4 0.6 0.08 fX(x) = −5 0 5 10 15 −5 0 x I 10 15 x I Bezeichnung: X ∼ N(µ, σ 2 ) . I Kenngrößen: EX = µ Dr. Andreas Wünsche 5 und VarX = σ 2 . Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 3 Dichtefunktionen mit verschiedenen Erwartungswerten 0.12 X~N(µ, σ2) 0.10 Dichtefunktionen µ = 10, σ = 3 µ = 0, σ = 3 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 µ = 5, σ = 3 −10 −5 0 5 10 15 20 x Die Dichtefunktion ist symmetrisch bezüglich der Geraden x = µ , deshalb gilt für den Median auch x0.5 = µ . Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 4 Dichtefunktionen mit verschiedenen Varianzen X~N(µ, σ2) µ = 5, σ = 5 µ = 5, σ = 3 µ = 5, σ = 2 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 Dichtefunktionen −10 −5 0 5 10 15 20 x Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 5 Verschiedene Dichtefunktionen X~N(µ, σ2) µ = 9, σ = 2.5 µ = 5, σ = 2 µ = 1, σ = 3 0.00 0.05 0.10 0.15 0.20 Dichtefunktionen −10 −5 0 5 10 15 20 x Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 6 Standardnormalverteilung I Die Zufallsgröße X ist standardnormalverteilt, falls X normalverteilt ist mit µ = EX = 0 und σ 2 = VarX = 1, d.h. X ∼ N(0, 1). I Die Dichte- bzw. Verteilungsfunktion sind dann Z x t2 1 1 − x2 φ(x) = √ e 2 bzw. Φ(x) = √ e− 2 dt, 2π 2π −∞ I x ∈ R. Ist die Zufallsgröße X normalverteilt mit Erwartungswert µ und X −µ Varianz σ 2 , dann ist die standardisierte Zufallsgröße Z := σ standardnormalverteilt, d.h. normalverteilt mit Erwartungswert 0 und Varianz 1. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 7 Berechnung von Wahrscheinlichkeiten I Geg.: I Ges.: I I X ∼ N(µ, σ 2 ) , a < b . P(a ≤ X ≤ b) . X −µ Wegen Z = ∼ N(0, 1) gilt σ a−µ X −µ b−µ ≤ ≤ P(a ≤ X ≤ b) = P σ σ σ a−µ b−µ = P ≤Z ≤ σ σ b−µ a−µ = Φ −Φ . σ σ Dabei ist Φ die Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 8 Berechnung von Wahrscheinlichkeiten II I b−µ a−µ −Φ , P(a ≤ X ≤ b) = Φ σ σ a−µ , P(a ≤ X ) = 1 − Φ σ b−µ P(X ≤ b) = Φ . σ I Die Funktionswerte von Φ können aus einer Tabelle (z.B. im Anhang der Formelsammlung zur Lehrveranstaltung) abgelesen werden oder z.B. mit einem Taschenrechner berechnet werden. I Für alle reelle Zahlen x gilt: Φ(−x) = 1 − Φ(x). Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 9 Rechenbeispiel I Geg.: X ∼ N(30, 25) . I Ges.: P(28 ≤ X ≤ 35). 0.08 Dichtefunktion 0.00 0.02 0.04 0.06 X~N(µ, σ2) mit µ = 30,σ = 5 15 I Dr. Andreas Wünsche 20 25 30 35 40 45 x Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 10 Intervall symmetrisch zum Erwartungswert I Geg.: X ∼ N(µ, σ 2 ) und c > 0 . I P(µ − c ≤ X ≤ µ + c) = = = = I Beispiel.: 3σ-Regel: (µ + c) − µ (µ − c) − µ Φ −Φ σ σ c −c Φ −Φ σ σ c c Φ − 1−Φ σ σc 2Φ −1 σ c = 3σ . P(µ − 3σ ≤ X ≤ µ + 3σ) = 0.9974 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 11 k · σ−Regeln für Normalverteilung I I Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Wert einer Zufallsgröße X ∼ N(µ, σ 2 ) um nicht mehr als 3 · σ vom Erwartungswert ( Sollwert“) µ abweicht ? ” Antwort: 3σ P(µ − 3σ ≤ X ≤ µ + 3σ) = 2Φ −1 σ = 2Φ(3) − 1 = 2 · 0.9987 − 1 = 0.9974 I 3σ−Regel: 2σ−Regel: 1σ−Regel: Dr. Andreas Wünsche Innerhalb von µ ± 3σ liegen 99.7% der Messwerte. Innerhalb von µ ± 2σ liegen ca. 95.4% der Messwerte. Innerhalb von µ ± σ liegen ca. 68.3% der Messwerte. Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 11. Mai 2017 12 Beispiel 2σ−Intervall Geg.: X ∼ N(5, 9), d.h. µ = 5 und σ = 3. 0.954 = P(µ − 2σ ≤ X ≤ µ + 2σ) = P(5 − 2 · 3 ≤ X ≤ 5 + 2 · 3) = P(−1 ≤ X ≤ 11) Dichtefunktion fX(x) = σ 2π −(x−µ)2 2σ2 e 0.954 0.00 0.02 0.04 0.06 0.08 0.10 0.12 mit µ = 5,σ = 3 1 −5 0 5 10 15 x Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 11. Mai 2017 13 Quantile der Standardnormalverteilung I Die Quantilsfunktion ist die Umkehrfunktion (inverse Funktion) der Verteilungsfunktion. I Das p-Quantil der Standardnormalverteilung wird mit zp bezeichnet. I Sei 0 < p < 1 eine Wahrscheinlichkeit und Z ∼ N(0, 1), dann ist: P(Z < zp ) = Φ(zp ) = p =⇒ zp = Φ−1 (p). I Die Werte von zp können aus einer Tabelle (z.B. im Anhang der Formelsammlung zur Lehrveranstaltung) abgelesen werden oder z.B. mit einem Taschenrechner berechnet werden. I Es gilt: zp = −z1−p I Beispiel: z0.05 = −z0.95 = −1.645. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 14 Beispielaufgabe vorgegebene Wahrscheinlichkeit I Frage: In welchem Intervall I = [µ − c; µ + c] liegen im Mittel (z.B.) 90% der Messwerte für X ∼ N(µ, σ 2 ) ? I Ges.: I Lsg.: c , so dass P(|X − µ| ≤ c) = 0.9 . 0.9 = P(|X − µ| ≤ c) = P(µ − c ≤ X ≤ µ + c) = 2Φ ⇒ I Φ c σ c σ −1 0.9 + 1 = 0.95 2 = z0.95 = 1.645 (0.95-Quantil) = c σ c = 1.645 · σ . D.h., zwischen µ − 1.645σ und µ + 1.645σ liegen im Mittel 90% der Messwerte. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 15 Beispielaufgabe zum Additionssatz I Additionssatz: X1 ∼ N(µ1 , σ12 ) , X2 ∼ N(µ2 , σ22 ) , unabhängig, a1 , a2 ∈ R ⇒ a1 X1 + a2 X2 ∼ N(a1 µ1 + a2 µ2 , a12 σ12 + a22 σ22 ) . I Geg.: I Ges.: Dr. Andreas Wünsche Abfüllmenge in ml Flasche: Flaschenvolumen in ml: X ∼ N(1000, 100) Y ∼ N(1020, 25) Wahrscheinlichkeit, dass Flasche beim Abfüllen überläuft. Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 16 Zentraler Grenzwertsatz I I Die Summe Sn = n P Xi von n unabhängigen N(µ, σ 2 )-verteilten i=1 Zufallsgrößen X1 , . . . , Xn ist normalverteilt mit Erwartungswert nµ und Varianz nσ 2 . I Näherungsweise gilt eine ähnliche Aussage auch für Zufallsgrößen mit anderen Verteilungen. I Für unabhängige, identisch verteilte Zufallsgrößen X1 , X2 , . . . mit EXi = µ , VarXi = σ 2 > 0 konvergiert die Verteilung der standardisierten Summe gegen die Standardnormalverteilung, d.h. es gilt für z ∈ R Sn − ESn Sn − nµ √ P √ <z =P < z −−−→ Φ(z) , n→∞ VarSn nσ 2 x − nµ bzw. für große n gilt: P (Sn < x) ≈ Φ √ . nσ 2 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 17 Zentraler Grenzwertsatz II I Häufig ergeben sich Zufallsgrößen (z.B. Messfehler) durch (additive) Überlagerung vieler kleiner stochastischer Einflüsse. Der zentrale Grenzwertsatz bewirkt dann, dass man diese Größen (näherungsweise) als normalverteilt ansehen kann. I Spezialfall: Sind X1 , ..., Xn identisch Bernoulli-verteilt, d.h. Xi ∼ Bin(1, p) , so gilt für die Summe Sn ∼ Bin(n, p) und nach dem zentralen Grenzwertsatz gilt für z ∈ R : ! Sn − np P p < z −−−→ Φ(z) n→∞ np(1 − p) bzw. für große n (np(1 − p) > 9) gilt ! x − np P (Sn < x) ≈ Φ p (Satz von Moivre-Laplace). np(1 − p) Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 18 Beispiel Zentraler Grenzwertsatz I I Eine Weinkellerei lädt 200 Kunden zur Weinverkostung ein. Erfahrungsgemäß kommt es mit 60% der Kunden zu einem Verkaufsabschluss. Wie groß sind die Wahrscheinlichkeiten, dass genau 130 Kunden abschließen und dass mehr als 130 Kunden abschließen ? I ZG X = Anzahl der Abschlüsse ∼ Bin(200, 0.6) ⇒ E(X ) = Var(X ) = I P(X = 130) = 200 130 I P(X > 130) = 200 P k=131 Dr. Andreas Wünsche · 0.6130 · 0.470 = 0.0205 200 k · 0.6k · 0.4200−k = 0.0639 . Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 19 Beispiel Zentraler Grenzwertsatz II I Approximation mittels Normalverteilung P(X = 130) = P(129.5 < X < 130.5) ≈ I P(X > 130) = 1 − P(X ≤ 130) = 1 − P(X < 130.5) ≈ Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 6 Version: 9. Mai 2017 20