Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Dr. Andreas Wünsche TU Bergakademie Freiberg Institut für Stochastik 4. Mai 2016 Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 1 1.6.2 Negative Binomialverteilung r ∈ N, 0 ≤ p ≤ 1. I Parameter: I Mögliche Werte der Zufallsgröße X : k = r , r + 1, r + 2, . . . . I Wahrscheinlichkeitsfunktion: k −1 r pk = P(X = k) = p (1 − p)k−r , r −1 I k = r , r + 1, . . . . Anwendung in folgender Situation: I I I I zufälliges Experiment mit 2 Versuchsausgängen (A, und A) wird solange wiederholt bis das Ereignis A genau r mal eingetretten ist ; Eintreten der Ereignisse A in den einzelnen Versuchen sei unabhängig ; in jedem Versuch sei die Erfolgswahrscheinlichkeit gleich p , d.h. p = P(A) ; Zufallsgröße X ist gleich die Anzahl der durchgeführten Teilversuche (bis das Ereignis A genau r mal eingetretten ist) . Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 2 Negative Binomialverteilung II X ∼ NegBin(r , p) . I Bezeichnung: I Kenngrößen: I Spezialfall: Geometrische Verteilung: r = 1 X ∼ Geo(p) = NegBin(1, p) . I Eigenschaft: X1 ∼ NegBin(r1 , p) , X2 ∼ NegBin(r2 , p) unabhängig ⇒ I EX = r p und VarX = r (1−p) p2 . X1 + X2 ∼ NegBin(r1 + r2 , p) . Alternative Definition: (vgl. Anwendung in folgender Situation) Die Zufallsgröße Y ist gleich der Anzahl der Versuchsausgänge A. Also ist Y = X − r und damit P(Y = k) = P(X = k + r ), Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 k = 0, 1, . . . . Version: 2. Mai 2017 3 1.6.3. Geometrische Verteilung I Parameter: 0 < p < 1. I Zufallsgröße X mit möglichen Werten k = 1, 2, 3, . . . . I Wahrscheinlichkeitsfunktion: pk = P(X = k) = p(1 − p)k−1 , X ∼ Geo(p) . I Bezeichnung: I Kenngrößen: I Anwendung in folgender Situation: I I k = 1, 2, 3, . . . . EX = 1 p und VarX = 1−p p2 . Gleichartige unabhängige Teilversuche, bei denen jeweils Erfolg“ mit ” Wahrscheinlichkeit p oder Misserfolg“ mit Wahrscheinlichkeit 1 − p ” eintreten kann, werden so lange durchgeführt, bis zum ersten Mal Erfolg“ eingetreten ist. ” Die Zufallsgröße X ist gleich der Anzahl der durchgeführten Teilversuche. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 4 Geometrische Verteilung II I Bemerkung: Manchmal wird nur die Anzahl Y der Misserfolge“ ” vor dem ersten Erfolg“ gezählt. Diese Zufallsgröße hat als mögliche ” Werte 0, 1, . . . , es gilt Y = X − 1 . Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 3. Mai 2017 5 Beispielaufgabe Geometrische Verteilung Die täglichen Kursänderungen einer Aktie seien unabhängig und die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kurs an einem Tag wächst oder höchstens um 5% fällt, betrage 0.8 . Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dies erstmalig am zweiten oder dritten Tag passiert ? Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 6 1.6.4 Hypergeometrische Verteilung N, M, n ∈ N , M ≤ N, n ≤ N . I Parameter: I Zufallsgröße X mit möglichen Werten x0 = 0, x1 = 1, . . . , xn = n . I Wahrscheinlichkeitsfunktion: N−M M k · n−k pk = P(X = k) = , falls n − (N − M) ≤ k ≤ M , N n pk = P(X = k) = 0 , I sonst. Anwendung in folgender Situation: I I I unter N Dingen befinden sich M ausgezeichnete ; von den N Dingen werden n zufällig ausgewählt (ohne Zurücklegen) ; Zufallsgröße X repräsentiert die Anzahl der ausgezeichneten Dinge unter den n ausgewählten. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 7 Hypergeometrische Verteilung II Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 8 Hypergeometrische Verteilung III I Typische Anwendung: Stichprobennahme ohne Zurücklegen, z.B. bei der Qualitätskontrolle. I Bezeichnung: I Kenngrößen: X ∼ Hyp(N, M, n) . EX = n · VarX = n · I M , N M N −M N −n · · . N N N −1 Für großes N (N ≥ 60) und M und im Vergleich dazu kleines n (n/N < 0.1) kann die hypergeometrische Verteilung durch die Binomialverteilung (p = M/N) approximiert werden: N−M M n k k · n−k P(X = k) = ≈ p (1 − p)n−k . N k n Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 9 Beispiel für Binomial-Approximation X ∼ Hyp(100, 70, 5) wird approximiert durch Y ∼ Bin(5, 0.7). Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 10 Beispielaufgabe hypergeometrische Verteilung I Ein Kunde übernimmt alle 50 gelieferten Schaltkreise, wenn in einer Stichprobe von 10 Schaltkreisen höchstens ein nicht voll funktionsfähiger Schaltkreis enthalten ist. Ansonsten wird die gesamte Lieferung verworfen. I Man berechne die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die 50 Schaltkreise a) abgenommen werden, obwohl diese 12 nicht voll funktionsfähige Schaltkreise enthalten; b) zurückgewiesen werden, obwohl nur 3 nicht voll funktionsfähige Schaltkreise enthalten sind ! I Zufallsgröße X . . . Anzahl der nicht voll funktionsfähigen ” Schaltkreise in der Stichprobe“. I Die Zufallsgröße X ist hypergeometrisch verteilt. I N = 50 , n = 10 , M = 12 I Gesucht: Dr. Andreas Wünsche a) P(X ≤ 1) ; bzw. M = 3. b) P(X > 1) . Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 11 1.6.5 Poissonverteilung I λ > 0 (die Intensität“ der Poissonverteilung). ” Zufallsgröße X mit möglichen Werten k = 0, 1, 2, . . . . I Wahrscheinlichkeitsfunktion: I Parameter: pk = P(X = k) = λk −λ e , k! k = 0, 1, 2, . . . . X ∼ Poi(λ) . I Bezeichnung: I Kenngrößen: EX = λ I Eigenschaft: X1 ∼ Poi(λ1 ) , X2 ∼ Poi(λ2 ) unabhängig ⇒ Dr. Andreas Wünsche und VarX = λ . X1 + X2 ∼ Poi(λ1 + λ2 ) . Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 12 Poissonverteilung II I Typische Anwendungen: Poissonverteilung ist typische Verteilung für Anzahl von Ereignissen in gewissem Zeitraum, wenn für beliebige hinreichend kleine Teilintervalle der Länge h gilt: I I I In jedem Teilintervall der Länge h tritt höchstens ein Ereignis ein. Die Wahrscheinlichkeit, ein Ereignis im Teilintervall der Länge h zu finden, hängt nur von der Länge des betrachteten Zeitintervalls ab und ist proportional zu dieser. Das Eintreten eines Ereignisses im Teilintervall wird nicht beeinflusst von Ereignissen, die in der Vorgeschichte stattgefunden haben (Nachwirkungsfreiheit). I Parameter λ entspricht dann der durchschnittlichen Anzahl der Ereignisse im betrachteten Zeitraum. I Beispiele: Anzahl von Telefonanrufen, Anzahl von emittierten Teilchen in Physik (radioaktiver Zerfall), Anzahl von Unfällen, Anzahl von Schadensfällen. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 13 Poissonverteilung und Binomialverteilung Bin(n, λ/n) −−−→ Poi(λ) . I Es gilt I Für großes n (n ≥ 30) und kleines p (p ≤ 0.05, sogenannte seltene ” Ereignisse“) lassen sich Wahrscheinlichkeiten einer Binomialverteilung näherungsweise mit Hilfe einer Poissonverteilung mit Parameter λ = np berechnen, d.h. n k λk −λ P(X = k) = p (1 − p)n−k ≈ e . k k! Dr. Andreas Wünsche n→∞ Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 14 Beispiel für Poisson-Approximation X ∼ Bin(100, 0.04) wird approximiert durch Y ∼ Poi(4). Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 15 Beispielaufgaben Poissonverteilung I Die zufällige Anzahl X der Schadensfälle bei einer Versicherungsagentur sei für Zeitintervalle einer bestimmten Länge poissonverteilt mit Parameter λ = 3 . Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass in einem Zeitintervall dieser Länge mindestens zwei Schadensfälle eintreten ? I Es werden 50 Erzeugnisse aus einer Lieferung mit einer Ausschusswahrscheinlichkeit von 0.01 untersucht. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sich höchstens ein fehlerhaftes Erzeugnis unter den 50 Erzeugnissen befindet ? Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 16 1.6.6 Diskrete Gleichverteilung I Situation: Eine Menge M besteht aus n Elemten, die alle gleichwahrscheinlich sind. I Wahrscheinlichkeitsfunktion: pk = P(X = k) = 1 n für alle k ∈ M. X ∼ U(M) . I Bezeichnung: I Kenngrößen: für diskrete Gleichverteilung auf 1, 2, . . . , n. 2 −1 X ∼ U({1, 2, . . . , n}) : EX = n+1 und VarX = n 12 . 2 I Typische Anwendungen: I I Laplace-Experiment, Würfeln mit einem gerechten Würfel. Dr. Andreas Wünsche Statistik I für Betriebswirte Vorlesung 5 Version: 2. Mai 2017 17