Notizen zum Presse-Apéro vom 15. Mai 2012 Zoo Zürich AG Zürichbergstrasse 221 CH-8044 Zürich T +41 (0)44 254 25 00 F +41 (0)44 254 25 10 [email protected] www.zoo.ch Wenn 1‰ des Weltbestandes einer Tierart im Zoo Zürich lebt Willkommener Zuwachs Körperliche Veränderungen, die auf eine Trächtigkeit hinweisen, und ein positiver Schwangerschaftstest hatten das Ereignis vorangemeldet: Am Karfreitag, 6. April, brachte das 10jährige Sumatra Orang-Utan-Weibchen CAHAYA ihr erstes Junge zur Welt. Vater dieses männlichen Nachwuchses, das den Namen MALOU erhielt, ist der 17jährige DJARIUS. So erfreulich diese Geburt war, ein Problem stellte sich gleich zu Beginn: Das Junge lag nicht in den Armen seiner leiblichen Mutter, sondern in jenen seiner Grossmutter TIMOR. Was auch immer die Gründe dafür waren, unser Ziel war es, der jungen Mutter möglichst schnell die Chance zu geben, sich selber um ihr Neugeborenes zu kümmern. Der Tierarzt legte deshalb die beiden Weibchen in Narkose und MALOU wurde seiner Mutter auf die Brust gelegt. Von der Narkose etwas benommen dauerte es seine Zeit, bis CAHAYA Interesse an ihrem Sohn zeigte und diesen zu sich holte. Von der Gruppe abgetrennt hatten CAHAYA und MALOU ein paar Tage Zeit, in aller Ruhe eine MutterKind-Beziehung aufzubauen und zu festigen. Zurück in der Gruppe wurde CAHAYA mit neuen Herausforderungen konfrontiert, die sie aber souverän meisterte. So interessierten sich die anderen Gruppenmitglieder für den ‚Familienzuwachs‘; was CAHAYA nicht weiter zu irritieren vermochte. Schon sportlich ist dann ihr Bemühen, weiterhin die verschiedenen Futtereinrichtungen, die ausserhalb des Geheges montiert sind und zum Teil nur mit geeigneten ‚Werkzeugen‘ erreichbar sind, zu kontrollieren. Standen früher dazu alle vier Extremitäten zur Verfügung, braucht sie jetzt den einen Arm oder ein Bein, um den sich in ihrem Fell festgeklammerten Sohn zu stützen. Und dieser Sohn braucht einen kräftigen Klammergriff, ist seine Mutter doch kletternd und hangelnd zügig unterwegs – und wenn man sich die ganze Situation in den Baumkronen 30 bis 40 m über Boden vorstellt, dem eigentlichen Lebensraum dieser Tiere, so muss dieser Griff sitzen! Spezialisierte Waldbewohner Orang-Utans sind die grössten baumbewohnenden Säugetiere. Früchte und deren Verteilung bestimmen ganz wesentlich die Raumnutzung, saisonale Wanderungen und das Sozial- und Fortpflanzungsverhalten dieser Tiere. Wichtig sind die Orang-Utans – und deshalb werden sie auch als ‚Gärtner des Waldes’ bezeichnet – für die Verbreitung Wer Tiere kennt, wird Tiere schützen. von Samen. Auch wenn Orang-Utans als Einzelgänger oder in kleinen Gruppen unterwegs sind, sind sie durchaus sozial. So können sie sich bei ergiebigen Futterquellen temporär in Gruppen zusammenfinden. ‚Waldmensch’ bedeutet Orang-Utan auf malaysisch. Dieser Name nimmt einerseits Bezug auf die verwandtschaftliche Nähe zu uns und andererseits auf den Lebensraum dieser Tiere, den Wald. ‚Waldmenschen’ leben auf Sumatra und Borneo. Die Populationen der beiden Inseln wurden bis vor kurzem als zwei Unterarten eingestuft, werden jetzt aber als zwei eigenständige Arten betrachtet. Beim Borneo Orang-Utan werden nun gar 3 Unterarten unterschieden. Die Populationsentwicklung dieser Tiere ist langsam: Im Freiland pflanzen sie sich erstmals mit 10 bis 15 Jahren fort, die Geburtsintervalle betragen bei den Tieren aus Borneo 6 bis 8, bei jenen aus Sumatra 8 bis 9 Jahre. Die Zürcher Orang-Utans… Mit MALOU ist die in Zürich lebende Sumatra Orang-Utan-Gruppe wieder auf 8 Tiere angewachsen (2010 haben wir drei Tiere, u.a. ein trächtiges Weibchen, an andere Zoos abgegeben). Da ist der noch junge Zuchtmann DJARIUS, der bisher keine Backenwülste, klassisches Merkmal erwachsener Orang-Utan-Männchen, ausgebildet hat, mit den drei Zuchtweibchen TIMOR, XIRA und CAHAYA und den nicht mehr reproduktionsfähigen Weibchen LEA und OCEH sowie den männlichen Jungtieren HADIAH und MALOU (22. im Zoo Zürich geborenes Orang-Utan-Jungtier). Der Zoo Zürich beherbergte die ersten beiden Orang-Utans in den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Seit 1959 haben diese Primaten ihren festen Platz im Tierbestand. Anfänglich lebten Vertreter beider Arten da, seit 1990 sind es nur noch Sumatra Orang-Utans. …1‰ des Weltbestandes Mit 8 Tieren pflegt der Zoo Zürich eine grosse Gruppe. Erschreckend dabei ist der Umstand, dass damit mehr als 1‰ des Weltbestandes an Sumatra Orang-Utans in Zürich lebt! Die aktuellsten Bestandesschätzungen datieren von 2004 und sprechen von rund 7‘300 Tieren im Freiland, effektiv dürfte dieser Bestand nun aber unter 7‘000 Individuen liegen. In der Roten Liste der IUCN wird der Sumatra Orang-Utan als stark bedroht eingestuft, u. a. weil der Bestand in den letzten 75 Jahren um über 80% abgenommen hat – und weiter abnimmt. Das heutige Verbreitungsgebiet des Sumatra Orang-Utans beschränkt sich auf den Norden von Sumatra und ist stark fragmentiert. Die stärkste Bedrohung dieser Tiere geht von der fortschreitenden Lebensraumzerstörung aus, dem Holzschlag und der Rodung zur Gewinnung von Flächen für die Landwirtschaft und insbesondere für Ölpalm-Plantagen. Zur Gefährdung tragen zudem Strassenbauprojekte bei, die den Lebensraum weiter fragmentieren, sowie Wilderei und illegaler Fang und Handel. Wer Tiere kennt, wird Tiere schützen. Die stetig wachsende Nachfrage nach Palmöl – von uns mit zu verantworten! – droht diese Tiere ihres natürlichen Lebensraumes und damit ihrer Existenz zu berauben. ‚ Reservepopulation‘ in den Zoos Ende 2010 waren im Internationalen Zuchtbuch 1003 Orang-Utans in weltweit 221 Institutionen registriert, wovon 317 der Sumatra-Art zugehörig. Das Europäische Erhaltungszuchtprogramm (EEP) für diese Art umfasste Ende 2011 147 Individuen, 55 Männchen und 92 Weibchen. Diese Population zeigt nur ein geringes Wachstum, was durch die Biologie dieser Tierart bedingt ist. Und dies gilt auch für die freilebende Population und macht es immer schwieriger, diese Art vor der Ausrottung zu bewahren. Da kündet sich ein kleiner Lichtblick in Zürich an: Bei einem weiteren Weibchen war der Schwangeschaftstest kürzlich positiv! Zusammenarbeit mit der Paneco-Stiftung Der Zoo Zürich unterstützt die Stiftung PanEco, die in Sumatra Oran-Utans aufnimmt, die durch das Abholzen und Abbrennen des Regenwaldes heimatlos werden und wildert sie so weit als möglich wieder aus. Zudem haben die europäische Zoos mit einer Petition und 2 Mio. Unterschriften erreicht, dass das europäische Parlament beschlossen hat, dass Palmöl auf den Produkten als solches deklariert werden muss. Diese Zusammenhänge werden auch in unserer Ausstellung im Menschenaffenhaus 'Shopping für den Regenwald – Tipps und Tricks, wie der Wald voll Affen bleibt', dargestellt. Eine Vertreterin von PanEco wird über das Sumatra-Projekt berichten, mit dem der Zoo ideell, personell und durch seine Unterstützung verbunden ist. Dr. Robert Zingg, Kurator Für weitere Informationen stehen Ihnen gerne zur Verfügung: Dr. Alex Rübel, Direktor, Zoo Zürich Dr. Robert Zingg, Kurator, Zoo Zürich Telefon 044 254 25 00, [email protected] Text und Bilder sind elektronisch erhältlich unter www.zoo.ch/medien Wer Tiere kennt, wird Tiere schützen.