Die Glückseligkeit eines Menschen liegt in seiner Wahl Ethik Islam - Die Religion der Rationalität und Mäßigung R. Ramezani* Der Islam wird heutzutage immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert, die der Wahrheit dieser göttlichen Religion widersprechen, die einzig und allein die Glückseligkeit der Menschheit will. Dies wird deutlich, wenn wir einige der besonderen Merkmale dieser Religion beleuchten. Zunächst gilt es festzuhalten, dass die Muslime aufgrund zahlreicher unwiderlegbarer Beweise glauben, dass Prophet Muhammad (s.a.s.) etwa 600 Jahre nach Jesus (a.s.) in Erscheinung trat. Wir Muslime glauben auch, dass Prophet Muhammad bestimmte Gesetze von Gott offenbart wurden, auf deren Grundlage die Menschen ihr Leben führen können. Diese offenbarte Religion ist der Islam, d. h. die Ergebenheit in die göttlichen Gesetze, die die Menschen letztlich zu ewiger Glückseligkeit führen. Als Muslime glauben wir auch, dass alle Propheten Gottes die Anweisungen des Allmächtigen befolgt haben. Wir sind davon überzeugt, dass die Propheten Gottes unfehlbar waren und in ihrem Leben keine Sünde begingen. Sie sind, in qur’anischen Begriffen gesprochen, maþÈÚm (unfehlbar), wenngleich es hinsichtlich des Maßes ihrer Unfehlbarkeit verschiedene Diskussionsansätze gibt. Der Heilige Qur’an lehrt uns, dass der Islam eine Religion ist, die die menschliche Gesellschaft zu Rationalität, Spiritualität, Gerechtigkeit, Sicherheit und Freiheit einlädt. Gott, der Allmächtige, hat Prophet Muhammad (s.a.s.) auch bestimmte Gesetze offenbart, die kein anderer Prophet mehr modifizieren kann, da er der letzte der von Gott entsandten Propheten ist. Die Umsetzung und Praktizierung dieser Gesetze versetzt die Menschen in die Lage, ihren idealen Status zu erlangen. Diese Gesetze sind zweifelsfrei umfassend. Auf der Grundlage der Bedürfnisse von Individuum und Gemeinschaft formuliert, können diese Gesetze die Grundlage eines religiösen Sozialsystems legen. Unserer Meinung nach ist der Islam eine umfassende und unverfälschte Religion, die darauf abzielt, die Rettung der Menschheit zu bringen, während sie es dem Menschen ermöglicht, sein Potential auszuschöpfen. Das beste Beispiel für dieses Erblühen der menschlichen Potentiale sehen wir im Leben des Propheten Muhammad (s.a.s.). Vor seiner Berufung zum Propheten lebten die Bewohner Mekkas und der umgebenden Gebiete in völliger Torheit. Repressive gesellschaftliche Regeln hatten zur Folge, dass vielen Menschen, Frauen und Sklaven eingeschlossen, grundlegende Rechte verwehrt wurden. Mit dem Erscheinen des Islam und der Etablierung der göttlichen Gesetze, wurde die Gesellschaft in intellektueller, moralischer, sozialer, kultureller und politischer Hinsicht grundlegend verändert. Das Leben der Muslime wurde durch die Lehren Prophet Muhammads (s.a.s) und ihre starke Verbindung zum Allmächtigen grundlegend verändert, Verbindungen, die für die in der Entstehung begriffene islamische Gemeinschaft die Quelle von Sicherheit und Vertrauen war. Diese Veränderung geschah aufgrund der reichhaltigen Lehren dieser Religion, die eine Religion der göttlichen Rechtleitung und Rettung ist. Der Wandel fand statt, weil mit dem Erscheinen des Islam das Menschenbild und die Weltanschauung vollkommen geändert wurden. Als Musterbeispiel an Tugend ertrug Prophet Muhammad in seinen Bemühungen, die Menschen rechtzuleiten, geduldig alle Leiden. Ungeachtet der Hindernisse, die für ihn geschaffen wurden, gab er seine göttliche Aufgabe bis zum letzten Augenblick niemals auf und rief die Menschheit zur Anbetung des Allmächtigen auf. Der Qur’an beschreibt diese Charaktereigenschaft Al-Fadschr Nr. 137 3 Prophet Muhammads mit folgenden Worten: „Und in Anbetracht der Barmherzigkeit Gottes warst Du (o Muhammad) mild zu ihnen; wärst Du aber rau und harten Herzens gewesen, so wären sie Dir davongelaufen. Darum vergib ihnen und bitte für sie um Verzeihung und ziehe sie in der Sache zu Rate; und wenn Du entschlossen bist, dann vertraue auf Gott; denn wahrlich, Gott liebt diejenigen, die auf Ihn vertrauen.“ (Sure Àl-þImrÁn, Vers 159). Prophet Muhammad (s.a.s.) war so sehr darum bemüht, die Menschen rechtzuleiten, dass Gott zu ihm sprach: „Du wirst Dich vielleicht noch aus Kummer über sie zu Tode grämen, wenn sie dieser Rede keinen Glauben schenken.“ (Sure al-Kahf, Vers 6). Prophet Muhammad war der Prophet der Barmherzigkeit, Freundlichkeit, Gerechtigkeit, Sicherheit, Freundschaft und des Friedens. Er war stets darum bemüht, sicherzustellen, dass die Menschen ihre Rechte kannten, so dass niemand Unterdrückung erleiden sollte. Aus diesem Grund forderte er die Menschen unermüdlich auf, auf der Grundlage menschlicher Prinzipien miteinander umzugehen. Es ist heutzutage besonders wichtig, verschiedene Aspekte der islamischen Sichtweise von Toleranz und Gewalt zu bedenken und zu diskutieren. Sicherlich ist es in diesem Rahmen nicht möglich, die vielfältigen Aspekte des Islam zu diskutieren. Deshalb konzentrieren wir uns hier auf die Sichtweise des Islam im Hinblick auf die Anhänger anderer Religionen. Einige behaupten, dass Muslime die friedliche Koexistenz mit den Anhängern anderer Religionen nicht wirklich verfechten können, weil der Islam fest an seine eigene Wahrhaftigkeit glaubt. Natürlich diskutieren wir hier nicht den religiösen Pluralismus und seine Beziehung zum Relativismus, was wiederum den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Hier soll jedoch betont werden, dass der Islam tolerant ist gegenüber denjenigen, die ihn nicht akzeptieren. Dazu sollen nachfolgend einige Aspekte erläutert werden. 4 Al-Fadschr Nr. 137 Ablehnung von Bekehrung mittels Gewalt Eine Bekehrung mittels Gewalt ist eine der Bedrohungen, der sich die Menschheit gegenübersieht. Wenn Anhänger unterschiedlicher Religionen glauben, dass sie ihre Religion anderen aufzwingen können, dann wäre das Ergebnis eine von Furcht durchsetzte Welt. Obgleich der Islam sich selbst als die Religion ansieht, die befolgt werden sollte, sieht er andere Religionen wohlwollend und Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen „Es gibt keinen Zwang im Glauben.“ (Sure al-Baqara, Vers 256) widersetzt sich strikt dagegen, dass Nichtgläubige durch Gewalt bekehrt werden. Die Aufgabe von Prophet Muhammad (s.a.s.) war es einzig und allein, die Menschen zu mahnen und zum Glauben einzuladen, und nicht, Nichtgläubige mittels Gewalt und Drohungen zur Annahme des Islam zu zwingen. In diesem Zusammenhang stellt der Heilige Qur’an fest: „So ermahne; denn Du bist zwar ein Ermahner, Du hast aber keine Macht über sie.“ (Sure al-³ÁÊiya, Verse 21 und 22). Und in einem anderen Vers heißt es: „Wir wissen am besten, was sie sagen; und Du hast keine Gewalt über sie. Ermahne darum durch den Qur'an den, der Meine Drohung fürchtet.“ (Sure QÁf, Vers 45). Diese Verse legen die Aufgabe von Prophet Muhammad (s.a.s.) dar, nämlich den Menschen die göttliche Botschaft zu überbringen, und daran zu erinnern, dass die Menschen ihren Glauben frei und auf der Grundlage von rationalem Beweis und Klarheit annehmen müssen. Dieser Punkt war in den Lehren aller vorherigen Propheten Gottes enthalten. So sagte z. B. Prophet Noah (a.s.) zu seinem Volk: „...‚O mein Volk, (ihr) seht nicht ein, dass ich einen klaren Beweis von meinem Herrn habe; und Er hat mir Seine Barmherzigkeit gewährt, die euch aber verborgen geblieben ist. Sollen wir sie euch da aufzwingen, wo sie euch zuwider ist?’“ (Sure HÚd, Vers 28). Gott, der Allmächtige, sprach zu Prophet Muhammad: Es ist Deine Aufgabe, die Wahrheit zu sagen und den rechten Weg zu weisen, aber Du darfst sie zu nichts zwingen. Den rechten Weg zu beschreiten ist zum Vorteil der Menschen in dieser Welt und im Jenseits, aber jedem steht es frei, seinen eigenen Weg zu wählen. Die Rettung oder Vernichtung der Menschen gründet auf ihrer richtigen oder falschen Wahl, und jeder Mensch muss einen Grund für seine eigene Wahl haben, wie der Heilige Qur’an betont: „Und sage: ‚Es ist die Wahrheit von eurem Herrn.’ darum lass’ den gläubig sein, der will, und den ungläubig sein, der will…“ (Sure al-Kahf, Vers 29). In einem anderen Vers heißt es: „Wahrlich, dies ist eine Ermahnung. So möge, wer da will, einen Weg zu seinem Herrn einschlagen.“ (Sure alInsÁn, Vers 29). Was die Ablehnung des Qur’an gegen eine Bekehrung durch Gewalt anbelangt, so sagt dieser Qur’anvers: „Es gibt keinen Zwang im Glauben. Der richtige Weg ist nun klar erkennbar geworden gegenüber dem unrichtigen…“ (Sure 2, Vers 256). Die Interpreten des Heiligen Qur’an haben im Hinblick auf diesen Vers gesagt, dass die Kinder einer Gruppe neu zum Islam Bekehrter entschlossen hatte, im Unterschied zu ihren Vätern, Christen zu bleiben. Nachdem es ihren Vätern nicht gelungen war, ihre Kinder zu überzeugen, klagten sie dem Propheten Muhammad dieses und forderten ihn auf, es ihren Kindern zur Pflicht zu machen, Muslime zu werden. Aus diesem Anlass wurde dieser Vers offenbart, um einen solchen Zwang und eine solche Gewalt zu verneinen. Rationaler Dialog mit anderen Religionen Eines der Prinzipien, das die heilige Religion des Islam von Beginn an betont, und eines, das Prophet Muhammad nach dem Willen Gottes, des Allmächtigen, beherzigen sollte, ist das Prinzip von Dialog und Rationalität. Zu diesem Schluss gelangt man, wenn man verschiedene religiöse Quellen studiert. Deshalb haben nach dem gesegneten Namen Gottes, der am häufigsten im Heiligen Qur’an vorkommt, der Begriff qawl (d. h. Dialog) und seine Ableitungen die zweithöchste Verwendung. Der Heilige Qur’an fordert den Propheten Muhammad auf, die Grundlage für die Verkündung seiner Botschaft zu schaffen, sei es, indem er jenen begegnet, die gegen ihn sind, oder indem er den Muslimen die Botschaft verkündet über Dialog, Rationalität, Weisheit und die beste Art und Weise, ein Gespräch zu führen. Der Heilige Qur’an stellt fest: „Und streitet nicht mit dem Volk der Schrift; es sei denn auf die beste Art und Weise…“ (Sure al-þAnkabÚt, Vers 46). Und ein anderer Vers betont: „Rufe zum Weg Deines Herrn mit Weisheit und schöner Ermahnung auf, und streite mit ihnen auf die beste Art…“ (Sure an-Na½l, Vers 125). Diese Verse bestimmen die Methode der Verkündung des Islam auf der Grundlage von „Beweis“, „Ermahnung“ und „Streitgespräch in der besten Art und Weise“. Der Heilige Qur’an betont die Fortsetzung des Dialogs und versucht beständig, die Kluft zwischen den Muslimen und den Leuten der Schrift (ahl al-kitÁb) im Hinblick auf Glaubensprinzipien wie Einheit oder die Einzigkeit Gottes zu überbrücken. Diese Verbindung ebnet den Weg für Verständnis und Koexistenz unter den Anhängern göttlicher Religionen. Ebenso, wie es keinen Widerspruch in der Wahrheit der Religion gibt, sollte es keinen Konflikt unter den wahren Gläubigen geben. Zweifellos werden die Flammen der Zwietracht zwischen den Anhängern verschiedner Religionen von denen geschürt, die ihren eigenen gottlosen und egoistischen Zielen dienen. Der Heilige Qur’an stellt fest: „Sprich: ‚O Volk der Schrift, kommt herbei zu einem gleichen Wort zwischen uns und euch, dass wir nämlich Gott allein dienen und nichts neben Ihn stellen …“ (Sure Àl-þImrÁn, Vers 64). Dieser Vers fordert die Schriftbesitzer auf, sich unter dem einen und einzigen göttlichen Schirm, d. h. dem Prinzip der Einheit Gottes (tawhÍd) zu sammeln und ihre friedliche Koexistenz mit den Muslimen fortzuführen. Folglich lehnt der Heilige Qur’an die Vorstellung, dass ein Prophet die Menschheit aufrufen könnte, ihm zu folgen, während er sich vom Rest der Menschheit abtrennt, oder die Vorstellung, dass ein Prophet die Menschen einladen könnte, ihn selbst zu verehren, strikt ab. Es ist eine Tatsache, dass der Heilige Qur’an alle einlädt, der Wahrheit, und zwar der absoluten Wahrheit, zu folgen, d. h. Gott, dem Allmächtigen. Wenn gesagt wird, dass wir einem Propheten folgen und ihm Gehorsam erweisen sollen, dann ist der Grund dafür, dass wir aufgefordert sind, Gott zu folgen, weil die Propheten Gottes nichts aus sich selbst heraus und für sich selbst sagen; alles, was sie betonen, ist die göttliche Offenbarung, und das ist der Grund, warum sie gegen jegliche Götzen, d. h. gegen alles, was außer Gott angebetet wird, kämpfen, und warum sie die Menschheit einladen, sich an diesem Kampf zu beteiligen. Die Propheten Gottes haben ebenfalls dazu aufgerufen, dass kein Mensch und auch keine Regierung andere Menschen ausbeuten dürfen. Aus diesem Grund stellt der Heilige Qur’an fest: „Es darf nicht sein, dass ein Mensch, dem Gott die Schrift und die Weisheit und das Prophetentum gegeben hat, alsdann zu den Leuten spräche: ‚Seid meine Diener neben Gott.’…“ (Sure ÀlþImrÁn, Vers 79). Aus diesem Grund gehörte es zu den Aufgaben und der Mission der Propheten Gottes, die Menschen vom Joch der Sklaverei und Ausbeutung durch bestimmte Klassen zu befreien. Gott spricht im Heiligen Qur’an: „…und Er nimmt ihnen ihre Last hinweg und die Fesseln, die auf ihnen lagen…“ (Sure al-AþrÁf, Vers 157). Der Heilige Qur’an warnt die Schriftbesitzer vor Arroganz, Chauvinismus und der Ausbeutung anderer: „Sprich: ‚O Volk der Schrift, kommt herbei zu einem gleichen Wort zwischen uns und euch, dass wir nämlich Gott allein dienen und nichts neben Ihn stellen und dass nicht die einen von uns die anderen zu Herren nehmen außer Gott.’…“ (Sure Àl-þImrÁn, Vers 64). Friedliche Koexistenz Der Islam ermutigt die Muslime, nicht nur mit den Schriftbesitzern, sondern auch mit denjenigen, die nicht gläubig sind, friedlich zusammenzuleben, solange sie nicht gewaltsam gegen die Muslime vorgehen. Wenn sie jedoch feindselige Handlungen vornehmen, dann haben die Muslime das Recht, sich zu verteidigen. Das ist die allgemeine Vorgehensweise aller Propheten Gottes, die ihren Widersachern nicht erlaubten, ihre Religion zu zerstören. Das war die Vorgehensweise der Propheten Gottes wie z. B. Noah (a.s.), Abraham (a.s.), Moses (a.s.), Jesus (a.s.) und Muhammad (s.a.s.). Wenn also z. B. Nichtgläubige oder Götzendiener in ihrem Unglauben und ihrem Götzendienst verbleiben wollen, und wenn sie keine Feindseligkeiten gegen die islamische Gemeinschaft verüben, dann gebietet der Qur’an eine friedliche Koexistenz mit ihnen: „Und wenn sie jedoch zum Frieden geneigt sind, so sei auch du ihm geneigt und vertraue auf Gott. Wahrlich, er ist der Allhörende, der Allwissende.“ (Sure al-AnfÁl, Vers 61). In einem anderen Vers heißt es: „wenn sie sich von euch fernhalten Al-Fadschr Nr. 137 5 und nicht gegen euch kämpfen, sondern euch Frieden bieten, dann gestattet euch Gott keinen Weg gegen sie.“ (Sure an-NisÁ’, Vers 90). Das Gute und Rechte gebieten Abgesehen davon, dass die Muslime ermutigt werden, mit den Nichtgläubigen friedlich zusammenzuleben, gebietet der Heilige Qur’an den Muslimen auch, mit den Nichtgläubigen freundlich und gerecht zu verfahren: „Gott verbietet euch nicht, gegen jene, die euch nicht des Glaubens wegen bekämpft haben und euch nicht aus euren Häusern vertrieben haben, gütig zu sein und redlich mit ihnen zu verfahren; wahrlich, Gott liebt die Gerechten.“ (Sure alMumta½ana, Vers 8). Und in einem anderen Vers heißt es: „Übe Nachsicht, gebiete das Rechte und wende Dich von den Unwissenden ab.“ (Sure al-AþrÁf, Vers 199). Dieser Vers gehört zu den wichtigsten Versen, die die Art und Weise für soziale Umgangsformen bestimmen, denn er empfiehlt Vergebung für diejenigen, die den Islam in der islamischen Gesellschaft zu Lebzeiten des Propheten Muhammad (s.a.s.) nicht akzeptierten und zuweilen auch psychisch und physisch gegen ihn vorgingen. In einem anderen Vers weist der Heilige Qur’an die Muslime an, Nichtgläubige und Götzendiener und deren Götzen nicht zu beleidigen, damit diese umgekehrt die Heiligkeiten des Islam nicht beleidigen: „Und schmäht die nicht, welche sie statt Gott anrufen, sonst würden sie aus Groll ohne Wissen Gott schmähen…“ (Sure al-AnþÁm, Vers 108). Prophet Muhammad sagte, dass er diejenigen, die die Schriftbesitzer unter der islamischen Herrschaft peinigen, als seine eigenen Feinde ansieht, und er stellte fest, dass er am Tag des Gerichts die Gruppe, der Unrecht zugefügt wurde, verteidigen wird. In einem Vertrag, den er mit den Christen von Nadschran schloss, betonte er: ▪ Die Christen und deren Besitz, Reichtum und Kirchen müssen vor jeglicher Schädigung sicher sein; 6 Al-Fadschr Nr. 137 ▪ die Christen müssen keinerlei Demütigung oder Unannehmlichkeiten erleiden; ▪ die christlichen Gebiete werden nicht von den Muslimen besetzt werden. Natürlich wurden die zuvor genannten Bestimmungen beachtet, solange auch die Christen von Nadschran an dem Abkommen festhielten. Im Friedensabkommen mit den Juden in Medina bestätigte Prophet Muhammad deren individuellen, politischen und sozialen Rechte. In seinem Buch „The World’s Religions“ diskutiert Prof. Huston Smith, wie Prophet Muhammad den Juden und Christen unter der muslimischen Herrschaft Religionsfreiheit gewährte: „Der Prophet hatte ein Dokument entworfen, in dem er festlegte, dass Juden und Christen ‚vor jeglicher Beleidigung und jeglichem Schaden geschützt sein sollen; sie sollen das gleiche Recht auf unsere Unterstützung und unseren Beistand haben wie unsere eigenen Leute’, und ferner, ‚sie sollen ihre Religion ebenso frei praktizieren wie die Muslime’.“1 Smith fügte weiter hinzu, dass die Muslime dieses Dokument als die erste Charta der Gewissensfreiheit in der menschlichen Geschichte und als das maßgebliche Vorbild für jedes darauf folgende muslimische Gemeinwesen ansehen sollen. Als Gesandter Gottes rief Prophet Muhammad die Menschen dazu auf, freundlich und barmherzig miteinander umzugehen, da Gott Selbst freundlich und barmherzig ist. Darüber hinaus war der Prophet auch in seinem Alltagsleben das Musterbeispiel für Barmherzigkeit und Toleranz. Als er die Menschen dazu einlud, Gott zu dienen und Ihn allein anzubeten, sah er sich extremen Feindseligkeiten ausgesetzt seitens der mekkanischen Polytheisten, die ihre Herrschaft über die Stadt erhalten und die Menschen weiter ausbeuten wollten. Sie setzten Prophet Muhammad physischen und psychischen Härten aus, richteten alle Arten von Beleidigungen und Lügen gegen ihn. Sie begannen, ihn als einen pathologischen Lügner, einen Zauberer und einen Besessenen zu beschreiben. Wie andere Propheten Gottes vor ihm litt auch Prophet Muhammad unter den Händen seines eigenen Volkes. Auf dem Höhepunkt dieser Attacken, Beleidigungen und unmenschlichen Handlungen betete Prophet Muhammad für sie: „O Gott, vergib meinem Volk, denn sie wissen nicht.“2 Darüber hinaus erließ Prophet Muhammad eine Generalamnestie gegen seine eingeschworenen Feinde, als er die Höhe der politischen Macht erreicht hatte, und stellte fest, dass es nun an der Zeit sei, barmherzig und freundlich zu sein. Deshalb lehren uns die Verse des Heiligen Qur’an und das Beispiel des Propheten Muhammad, dass ein wahres Vorbild diejenigen, die ihm folgen und auch diejenigen, die ihm nicht folgen, mit der gleichen Freundlichkeit führen muss. Er muss darauf vorbereitet sein, die Erniedrigungen auf dem Weg der Rechtleitung geduldig zu ertragen und nicht in Aggression oder Gewalt zu verfallen als Reaktion auf die Unzulänglichkeiten derjenigen, die rechtgeleitet werden sollen. Anstatt mit Härte zu reagieren muss ein Vorbild solchen Menschen Barmherzigkeit und Freundlichkeiten erweisen. Die Rechtleitung von Menschen hat für die führenden Menschen immer Leid mit sich gebracht. Es gibt aber immer eigennützige Individuen, die nur an ihre eigenen Interessen denken. Diese Individuen akzeptieren diese Methode nicht und zertrampeln die Menschenrechte und ignorieren die Rechte der Bürger. Sie widersetzen sich der Menschlichkeit. Sie beschränken sich nicht darauf, Schwierigkeiten zu verursachen, sondern sie verschwören sich und versuchen, diejenigen, die für die Einheit Gottes stehen, zu misshandeln. Zuweilen erklären sie sogar Krieg gegen diese Vertreter und verursachen Unheil und Spaltung in der Gesellschaft. Natürlich widersetzt sich jeder Mensch gegen ein solches Vorgehen. Aber ein gottesfürchtiger Gläubiger wird sicherlich in besonderem Maße empört und alarmiert. Natürlich waren die Propheten Gottes das beste Beispiel für gottesfürchtige Gläubige. Deshalb kritisierten die Propheten die Unterdrückung zu ihren Lebzeiten. Während sie die Peripherie ihrer Gemeinschaft schützten, engagierten sich die Propheten im Dialog mit jenen rationalen, wahrheitssuchenden Menschen, die nicht ihrer Gemeinschaft angehörten. Es scheint, dass die Propheten Gottes mehr denn alle anderen in der Geschichte mit Dialog befasst waren und an das Prinzip des Dialogs glaubten. Sie begegneten den falschen Ansprüchen mit einem rationalen Diskurs, Weisheit und Beweis, weil es bisher niemandem gelungen ist, sich gegen die Logik der Offenbarung zu stellen. Wenn also die Monotheisten der Welt, Prophet Muhammad eingeschlossen, ihre Entschiedenheit betonen und Kompromisse ablehnen, dann sind damit Kompromisse gemeint, die gegen solche irreführenden Strömungen gerichtet sind. Denn diejenigen, die sich der Religion entgegenstellen, sind zumeist durch persönliche Interessen motiviert. Das ist der Grund, warum sie es als eine Notwendigkeit ansehen, Menschen zu unterwerfen und auszubeuten, um ihre Ziele zu erreichen. Deshalb ist es wesentlich, und in Harmonie mit der von Gott gegebenen inneren Veranlagung, sich jenen entgegenzustellen, die das Recht auf Leben der anderen negieren und den Vertretern der Einheit Gottes nicht erlauben, ihre Botschaft zu verbreiten. Aus diesem Grund betont der Heilige Qur’an, dass man Lügnern nicht folgen soll und dass die Propaganda der Polytheisten und derjenigen, die nicht an die offenbarte Religion glauben, keine schwächende Wirkung auf die Muslime und die frommen Gläubigen haben und ihren Entschluss, die Religion zu befolgen, nicht schwächen sollen. Deshalb gebietet der Heilige Qur’an, dass wir fest gegen jene stehen müssen, die sich verschwören und zu keinerlei Kompromissen bereit sind: „Und neigt euch nicht zu den Ungerechten, damit euch das Feuer nicht erfasse. Und ihr werdet keine helfenden Freunde außer Gott haben, noch wird euch geholfen werden.“ (Sure HÚd, Vers 113). Fazit Eine umfassende Berücksichtigung der Verse des Heiligen Qur’an, der Überlieferungen von der Lebensweise und dem Verhalten des Propheten Muhammad (s.a.s.) und der großen religiösen Persönlichkeiten weisen darauf hin, dass der Islam die Religion der Rechtleitung und der Barmherzigkeit für die Menschheit ist und dass Prophet Muhammad der Botschafter von Frieden, Sicherheit, Rationalität und Spiritualität für die Welt ist. Der Islam zielt darauf ab, die Menschheit auf diesen Weg zu führen, der zugleich göttlich und menschlich ist. Der Islam führt Dialog mit denjenigen, die der Rationalität, dem Beweis und der Weisheit im Dialog offen gegenüberstehen. Der Qur’an gibt allen Menschen Bürgerrechte, seien sie Muslime oder Nichtmuslime, und das ist der Grund, warum die erste Charta der Glaubensund Meinungsfreiheit in der Menschheitsgeschichte, die die Überzeugungen der Nichtmuslime ebenso respektiert wie ihre sozialen, politischen und individuellen Rechte, zu Lebzeiten des Propheten des Islam unterzeichnet wurde. Diejenigen, die in der islamischen Ordnung leben, haben nicht das Recht, irgendjemanden, gleich welchen Glaubens, schlecht zu behandeln oder zu beleidigen. Jeder, der sich solchen Handlungen hingibt, muss für sein Tun am Tag des Gerichts Rechenschaft ablegen. Während der Islam das Prinzip der Toleranz allen gegenüber propagiert, stellt er sich gegen jene, die versuchen, anderen deren Menschenrechte zu negieren, oder die andere Menschen unterwerfen wollen. In solchen Fällen nimmt der Islam eine defensive Haltung ein und erlaubt niemandem, die religiösen moralischen, individuellen und gesellschaftlichen Rechte anderer zu leugnen. Wir müssen die Qur’anverse neben die Überlieferungen stellen, um die islamische Sichtweise vom Zusammenspiel zwischen den Versen und den Überlieferungen zu verstehen. Natürlich ist es wesentlich, die Expertise der wahren Experten und Islamkenner zu nutzen, die ihre Ur- teile auf die heiligen Texte gründen. Wir glauben nicht, dass diejenigen, die nicht in der Lage sind, die grundlegenden Prinzipien des Islam zu verstehen, oder diejenigen, die ihre eigenen vorgefassten Vorstellungen auf den Islam projizieren, glaubwürdige, zuverlässige und professionelle Urteile über diese Religion geben können. Wir hoffen, dass die menschliche Gesellschaft solche Bedingungen schaffen kann, dass der Dialog zwischen den Religionen und Glaubensgemeinschaften und der Dialog zwischen den Kulturen intensiver und präziser verfolgt werden kann, weil dies den besten Weg zur Wahl der richtigen Lebensweise bietet. Wir schlagen ebenfalls vor, dass die Medien und die Presse an diesen Dialogen teilnehmen, so dass mehr Menschen die Botschaft wahrnehmen können. Diese Aktivität sollte nicht auf die akademischen und intellektuellen Krise begrenzt sein, ungeachtet der Tatsache, dass diejenigen, die am Dialog teilnehmen, tatsächlich den geistigen Weitblick und die entsprechende Expertise haben müssen. Die Institutionalisierung des Dialogs zwischen Religionen und Glaubensgemeinschaften und der Beginn einer großen Bewegung für dieses kulturelle Vorhaben, wird eine Veränderung auf internationaler Ebene bewirken und Individuen um den gesamten Globus werden die Religionen der anderen respektieren, während sie ihrer eigenen Religion ergeben bleiben, und kein Individuum wird Affronts gegen die Heiligkeiten der anderen, ein Verhalten das in Irrationalität wurzelt, hinnehmen. Das wird das wichtigste Ergebnis eines umfassenden Dialogs zwischen Religionen und Konfessionen sein. * Ayatollah Dr. Reza Ramezani ist islamischer Theologe und Rechtsgelehrter und leitet seit Mai d. J. das Islamische Zentrum Hamburg. Fußnoten 1 Huston Smith, The World’s Religions, Harper Collin 1991, S. 256. 2 Allameh Majlisi, Bi½Áru-l-anwÁr, Bd. 98, S. 167. Al-Fadschr Nr. 137 7